Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
Grundlagen
und Methoden der Physiologie; molekulare und zelluläre Aspekte
Forschungsmethoden, Studiendesign, Modelle, wissenschaftliches Publizieren
Biometrie: βίος = Leben, μέτρον = Maß(stab)
empirisch: εμπειρία = Erfahrung (πειρία = Untersuchung, Experiment)
Impact Factor: impingere = (aus)wirken, facere = machen, tun
Literatur: "das Geschriebene", von littera = Buchstabe
Methode: μέθοδος = Nachgehen (auf
einem Weg)
Modell: modulus = Baumaß
Peer review: peer = Gleichrangiger, Kollege
Publikation: publicus = öffentlich
Theorie: θεωρεῖν = betrachten, θεωρία = Sehen, Anschauung, wissenschaftliche Betrachtung, Überlegung, Einsicht
Forschung bedarf eines planvollen Vorgehens:
Definition des Problems, Literaturstudium, rational begründete
Hypothese, Studienplan, methodisch einwandfreies Vorgehen,
akkurates Datenmanagement, Evaluierung und Publikation der Ergebnisse.
Wissenschaftlichkeit äußert sich u.a. in der Offenheit gegenüber Falsifikation,
d.h. man vermeidet dogmatische Aussagen und stellt sich laufender
Überprüfung. Hypothesen werden vorgeschlagen und überprüft, bessere
Vorschläge ersetzen gegebenenfalls ihre Vorgänger - der Weg zu
Erkenntnisgewinn.
Logische (Computer-) oder materielle (mechanische) Modelle kommen zur Anwendung, wenn sie Vorteile gegenüber dem abgebildeten Original bieten: Leichter manipulierbar, verständlicher, finanzierbar, besser beobachtbar. Sie sollen prädiktiven oder erklärenden Wert haben und können zur Hypothesentestung eingesetzt werden. Das Experiment am realen lebenden Objekt können sie allerdings nicht immer ersetzen.
Wissenschaftliche Publikationen
sollen bestimmten Gütekriterien genügen: Klare Fragestellung und
Zielsetzung, adäquates Studiendesign, zutreffende Methoden,
ausreichende Zahl der Beobachtungen, geeignete biometrische
Vorangsweise, klare Darstellung der Ergebnisse, angemessene
Schlussfolgerungen und zitierte Literatur. Auch spielt die Zeitschrift oder
das Medium, in der/dem die Studie veröffentlich wurde, eine wichtige Rolle: So weist der Impact Factor einer Zeitschrift auf ihre Akzeptanz und die Bedeutung hin, die ihr in der jeweiligen Community beigemessen wird.
Originalpublikationen stellen neue Daten bzw. Verfahren vor; Übersichtsarbeiten (Reviews) fassen die Befunde aus Originalpublikationen zusammen.
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Methodik Publikationen: Qualität Studiendesign Wissenschaftliche Modelle
Core messages
Forschungsprogramme müssen gut durchdacht sein
Wissenschaft bedarf kontinuierlich neuer Erkenntnisse. Wie kommen diese
zustande? Es sind meist nicht (nur) geniale Eingebungen aus dem blauen
Himmel; Erkenntnisgewinn erfolgt im Allgemeinen als sehr
disziplinierter und wohlorganisierter (und meist mühsamer) Prozess, unter Nutzung der Methoden wissenschaftlicher Forschung.
Abbildung: Der Weg von der Idee zur Veröffentlichung (und zurück)
Am Anfang steht eine Idee / Fragestellung. Dann geht es über Literaturrecherche,
Studienplanung, Durchführung, Dateninterpretation bis zur
wissenschaftlichen Veröffentlichung.
Diese dient dann wieder als Ausgangspunkt für weitere
Projekte
Methodik
Zur Methodik wissenschaftlichen Vorgehens gehören folgende Schritte (Forschungsplan):
Festmachen der Fragestellung, Definition des Problems (manch eine Studie scheitert daran, dass nicht klar ist, was eigentlich erforscht werden soll)
Rationaler Ausgangspunkt für die Fragestellung der betreffenden Studie (theoretische Grundlagen, Literaturstudium)
Formulierung einer rational begründeten Hypothese (auf der Basis vorhandener Erkenntnisse)
Abschätzung der wahrscheinlich erfolgversprechenden Strategie
(Studienaufbau, Zahl und Art der notwendigen Beobachtungen / Messungen,
korrekte Messverfahren, bestmögliche statistische Beschreibung,
Bearbeitung und Interpretation)
Absicherung in finanzieller (Projektbudget; Sponsoring?) und ethischer Hinsicht (Votum der Ethikkommission; Helsinki-Kriterien: Die Deklaration von Helsinki zu ethischen Grundsätzen für die medizinische Forschung am Menschen wurde 1964 von der 18. Generalversammlung des Weltärztebundes verabschiedet)
Management der Projektdurchführung (Beschäftigung wissenschaftlich versierter MitarbeiterInnen: "Projektstellen")
Sichtung, Bewertung und Darstellung der resultierenden Daten (Datenmanagement, Statistik)
Kritische Evaluierung der Ergebnisse (wurden die eingangs gestellten Fragen beantwortet? Gibt es Überraschungen?), Interpretation der Daten (was sagen diese aus?)
Adäquate Veröffentlichung (Publikation ) des Studienzwecks und -aufbaus, der Daten und Erkenntnisse, Reflexion vor dem Hintergrund bereits vorhandenen Wissens
Letzteres erfolgt in einer Weise, die eine zusätzliche Absicherung
durch das Urteil von Fachgutachtern (Reviewer) einschließt: Man sendet
den Publikationsentwurf an eine wissenschaftliche Zeitschrift (Scientific Journal), und diese übernimmt den Prozess der Begutachtung. Wird die Arbeit schließlich angenommen ("accepted for publication"), gilt die Arbeit als zitierfähig und kann den persönlichen Publikationslisten der Autoren beigefügt werden.
Ein wesentliches Merkmal guter Untersuchungen ist ein angemessenes Studiendesign, also die Fundierung (Fragestellung, bisherige Erkenntnisse?), Planung (Stichproben?) und Durchführung (Methodik?) der Untersuchungen sowie die Interpretation der Ergebnisse (statistische Plausibilität?)
Abbildung: Klinisches Studiendesign
Wird keine Intervention vorgenommen, dann handelt es sich um eine Beobachtungsstudie (observational study, links). Diese kannn analytisch sein, wenn vergleichende Gruppen mituntersucht werden: Querschnitts-, Kohorten-, oder Fall-Kontroll (case control)- Studien; oder nicht, dann handelt es sich um eine deskriptive Studie.
Wird eine Intervention vorgenommen, dann handelt es sich um eine Interventionsstudie
(rechts): Entweder mit (kontrollierte Studie) oder ohne Randomisierung
Kontrollierte Studien haben im Allgemeinen höhere Aussagekraft; man schützt sich vor Fehlern durch Erwartungshaltung usw. Kontrollgruppen werden einer Vergleichsmaßnahme ausgesetzt (z.B. Placebogabe), die Verumgruppe
erhält die Behandlung, deren objektive Wirkung getestet werden soll,
z.B. ein Medikament oder eine ärztliche Maßnahme. Die Zuordnung der
einzelnen Probanden / Patienten zu einer solchen Gruppe erfolgt durch
"Würfeln", also zufallsgesteuert (random assignment). Die Gruppen müssen möglichst gleichmäßig zusammengesetzt sein (Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand etc).
Bevor eine Studie in Angriff genommen wird,
sind wichtige Fragen zu klären, wie
Prüfplan (Protocol) - was sind die Ziele der Studie? Wie sollen die Hypothesen geprüft werden? etc
Ethische Zulässigkeit - werden die Helsinki-Kriterien erfüllt? Können Probanden zu Schaden kommen, ist ihre Würde gewahrt? etc
Auswahl der Probanden, Art und Größe der Stichproben (Statistische Voraus-Abschätzungen)
Randomisierung - Selektionseffekte durch (unbewusste) Schieflage (bias) bei der Definition der Stichproben werden vermieden
Verblindung - z.B. double blind,
weder Proband noch Untersucher wissen, ob z.B. ein Placebo oder ein
Verum zum Einsatz kommen, Selbsttäuschungseffekte werden vermieden
Festlegung der zu messenden Zustandsvariablen und Messmethoden (sind diese durchführbar, finanzierbar, für die Fragestellung aussagekräftig, möglichst risiko- und schmerzfrei ...?)
Datenauswertung - ist klar, wie mit den Daten zu verfahren ist?
Bei experimentellen Vorgangsweisen unterscheidet man "unabhängige" und abhängige" Variable.
Eine unabhängige Variable
ist ein Faktor, der vom Foscher im Versuch beeinflusst (manipuliert)
wird; zum Beispiel eine Hormongabe oder eine elektrische Reizung. Die
Veränderung einer unabhängigen Variable kann als Reiz (input) gesehen werden, auf den das untersuchte System reagieren soll.
Eine abhängige Variable ist ein Faktor, den der Forscher misst, um die Reaktion (output) des System auf die Manipulation der unabhängigen Variablen zu verfolgen. Diese Vorgangsweise kann als Systemanalyse
gesehen werden: Ungereizte Systeme verharren in einem - meist weniger
aufschlussreichen - Gleichgewichtszustand, gereizte Systeme geben mehr
von ihrer Natur preis (z.B. eine Verhaltensänderung nach einer
Hormongabe oder eine komplexe Bewegung nach Reizung einer Gehirnregion).
Bereit sein für das Unerwartete
So wichtig die Beachtung all dieser Punkte für die Planung eines Forschungsprogramms sind: Eine spielerische Komponente
muss erhalten bleiben - wenn auch auf rationaler Grundlage -, Freiheit
des Denkens "outside the box" gewahrt bleiben. Andernfalls besteht die
Gefahr, dass Unerwartetes gar nicht erkannt wird.
Abbildung: Nicht jede Idee ist von hohem wissenschaftlichem Rang
Quelle: Vadlo.com
Wissenschaftliche
Publikationen müssen aber gerade auch die Frage beantworten, welchen Neuigkeitswert die Daten haben ("what's new?").
Hätte sich z.B. Alexander Fleming nichts dabei gedacht, wie Schimmelpilze in einer Kultur angesetzte Staphylokokken vernichteten und statt einer Analyse seiner Beobachtung die "vergammelten" Objektträger einfach entsorgt, dann hätte er das Penicillin nicht entdeckt. Kreativität erfordert Offenheit im Denken.
Die Veröffentlichung sollte daher einerseits die entsprechenden
etablierten Erkenntnisse ansprechen und auf ihnen aufbauen,
andererseits (mit aller gebotenen Vorsicht) klar darstellen, worin der
Neuheitswert und die Relevanz der Ergebnisse der Untersuchungen besteht, über die berichtet wird.
Damit das alles in der gebührlichen Tiefe und notwendigen Gründlichkeit
erfolgt, bedarf es großer Mühen, Ressourcen und meist auch einer Menge
Zeit. Es kann mehrere Jahre dauern, bis vom Auftauchen einer
Forschungsidee bis zum Abschluss der Forschungsarbeiten mit dem
Verfassen von Veröffentlichungen begonnen werden kann.
Das
Peer-Review-Verfahren (s. unten) benötigt dann meist mehrere Monate,
Kritik der Begutachter muss aufgenommen und im Text entsprechend
berücksichtigt (oder fundiert widerlegt) werden; im Fall einer
Zurückweisung definiert man die weitere Vorgangsweise (Weiterführung,
Vertiefung oder Abänderung der Untersuchungsstrategie, Suche nach einem
anderen Forum etc).
Die Öffentlichkeit ist sich der großen Anforderungen, die an tragfähige
wissenschaftliche Studien gestellt werden, im Allgemeinen nicht
bewusst. Dazu kommt die Tatsache, dass nicht Gewissheiten (die
"Wahrheit"), sondern begründete Vermutungen und Wahrscheinlichkeiten im
Zieldurchlauf warten, die jederzeit durch weitere Untersuchungen mit
neuen Fragestellungen, Begleitumständen und Methoden vertieft und
korrigiert werden können.
Wie publiziert man seine Ergebnisse?
Wie beurteilt
man, welches Gewicht in Publikationen getätigten Aussagen zukommt?
Frage: Woher kommt das Wissen, auf dem wir die Logik medizinischer
- diagnostischer, therapeutischer, kurativer, prophylaktischer -
Maßnahmen aufbauen? Wie gelangt die Heilkunde zu besseren, humaneren,
verlässlicheren, schmerzfreieren Methoden und Handlungen? Woher
kommt der Fortschritt in der Medizin?
Antwort: Aus planvollen Untersuchungen
unter Anwendung wissenschaftlicher Methoden. Dabei gilt das Prinzip der Offenheit
(Nachvollziehbarkeit) und Disziplin (Beachtung aller nötigen Regeln).
Die Ergebnisse
solcher Studien werden in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht (publiziert). Wie beurteilt man deren Qualität?
Dazu wurde vom Institute for Scientific
Information (ISI) in Philadelphia der 'Impact Factor' (IF)
eingeführt. Er ist einer von mehreren Maßzahlen, welche Eigenschaften
wissenschaftlicher Publikationsforen quantifizieren; dazu gehört u.a.
auch die Nachhaltigkeit, mit der Publikationen zitiert werden, die in
einem solchen Organ veröffentlich wurden (citation half-life
- 'Altern' der Information, in Analogie zum radioaktiven Zerfall als
'Halbwertszeit' bezeichnet: die Zeit, nach der die Zitierfrequenz auf
die Hälfte ihres anfänglichen Wertes absinkt).
Der IF einer Zeitschrift 'Z' für das Jahr 'Y' gibt
an, wie oft durchschnittlich in einem bestimmten Jahr Y Publikationen genannt wurden,
die in den beiden vorausgegangenen Jahren in Z erschienen sind. Jedes Jahr wird für jede (erfasste) Zeitschrift ein neuer IF
berechnet. Zeitschriften,
deren Arbeiten - aus welchen Gründen
auch immer - oft zitiert werden, erhalten hohe Impactfaktoren. (Über
die Qualität einzelner Arbeiten sagt der IF direkt nichts aus.)
Beispiel: Z druckt in den Jahren 2008 und 2009 120 zitierfähige Publikationen. Es
wird ermittelt, wie viele Nennungen dieser Arbeiten weltweit im Jahr
2010 (durch andere Arbeiten) erfolgen. Finden sich insgesamt 240 solche Zitate, dann beträgt
der Impactfaktor dieser Zeitschrift für das Jahr 2010 2,0 (240/120).
Für eine
einzelne Publikation kann aus
dem IF des Journals nur insofern etwas ausgesagt werden, als er
angibt, wie oft Arbeiten aus der betreffenden Zeitschrift generell
zitiert werden, wie 'beliebt' für diesen Zweck die Zeitschrift
also ist (bzw. die darin publizierenden Autoren sind). Ein Hauptgrund
für hohe Impactfaktoren ist im Allgemeinen, dass für
die Annahme von Publikationen besonders strenge Maßstäbe angelegt werden.
Experten lesen
und kritisieren eingesandte Publikationstexte und entscheiden, welche angenommen ('accepted for publication') und welche abgelehnt ('rejected') werden, und welche Klärungen, Änderungen oder Ergänzungen vorgenommen
werden müssen, bevor der Text endgültig akzeptiert und zum Druck
freigegeben wird.
Abbildung: Der Vorgang des Peer-Review
Nach einer Vorlage bei recentscientific.com
Für Autoren eine Hürde, für Leser eine Qualitätsgarantie: Der eingesendete Text (paper)
wird zunächst von einem Herausgeber auf grundsätzliche Eignung (für die
betreffende Zeitschrift) geprüft. Schon auf dieser Stufe kann das
Manuskript abgelehnt werden. Gibt der Herausgeber den Text an (von ihm
bestimmte) Begutachter (reviewer)
weiter, befinden diese über sprachliche, formale, statistische,
methodische und andere Qualitäten bzw. Schwächen, und lehnen
(individuell) das Papier entweder ab (rejected) oder schlagen Verbesserungen vor.
Die Autoren können dann entweder das Papier zurückziehen (was selten
ist) oder bearbeiten, um die Kritikpunkte und Vorschläge so gut wie
möglich zu berücksichtigen. Dann senden sie die überarbeitete Vesion
wieder an die Zeitschrift, und der Prozess wird nochmals durchlaufen
(üblicherweise über die selben Begutachter).
Sind Begutachter und Herausgeber schließlich zufrieden, gilt das Manuskript als angenommen (accepted), und es beginnt der Vorgang der Herstellung des endgültigen Textes, der nach einiger Zeit - meist zunächst online, dann im Druck - veröffentlicht (published) wird und von da an wiederum von anderen Publikationen zitiert werden kann
Dieses
Review-Verfahren (
Abbildung) ist ein Qualitätsfilter,
der dem Leser garantiert, dass die Publikation bereits eine mehrfache
strenge Fachprüfung 'überstanden' hat, bevor sie publik gemacht
wird - ein grundsätzlicher Sicherheitsfaktor.
Der IF hängt
also direkt mit dem Qualitätsanspruch des wissenschaftlichen Beirates
zusammen. Ein hoher IF steigert das Renommee der Zeitschrift, und so entsteht
ein Wettlauf der Autoren, in dieser Zeitschrift zu publizieren.
Der IF der Zeitschrift, in der eine Publikation erschienen ist, ist nur ein
Maßstab unter mehreren. Unterschiedliche Fachgebiete (Disziplinen) sind durch unterschiedliche mittlere Häufigkeiten an
Einzelpublikationen (pro Autor) und Impactfaktorhöhen charakterisiert.
So ist etwa ein direkter IF-Vergleich z.B. aus dem Bereich
Molekularbiologie (viele Zitierungen, typisch hohe IF) mit einem spezialisierten
klinischen Fach (z.B. Hals-Nasen-Ohrenheilkunde - wenige Zeitschriften, geringere Zitationshäufigkeit) nicht sinnvoll.
Wichtig bleibt, Publikationen aufmerksam zu
lesen und von Fall zu Fall zu bewerten (Kriterien s. unten), um eine individuelle
Entscheidung zu treffen,
was sie zu einer konkreten Fragestellung beitragen können.
Um
festzustellen, wie glaubhaft und/oder relevant die Ergebnisse und
Behauptungen in einer Publikation sind, gibt es eine Reihe von
Maßstäben:
Ist eine klare Fragestellung und Zielsetzung erkennbar?
Wird der Aufbau der Studie den Zielsetzungen
gerecht? (Studiendesign)
Sind die verwendeten Methoden und Maßnahmen adäquat, eindeutig und ausreichend
dargestellt?
Welche statistischen Verfahren wurden
angewandt? (Biometrie)
Sind die Ergebnisse klar und ausreichend dargestellt?
Werden angemessene Schlussfolgerungen gezogen?
Ist die zitierte Literatur adäquat und ausreichend?
In welcher Zeitschrift ist die Arbeit erschienen?
Abbildung: Beispiel einer Originalpublikation
Nur die erste Seite ist gezeigt: Auch die Kurzzusammenfassung (abstract) ist hier in ähnlicher Weise gegliedert wie die gesamte Publikation
Die klare
Strukturierung wissenschaftlicher Veröffentlichungen erleichtert es,
sie nach den oben genannten Kriterien zu beurteilen. Im Allgemeinen
haben Originalpublikationen (=Veröffentlichungen eigener
/ neuer Forschungsergebnisse im Volltext) folgenden Aufbau:
Titel der Publikation (title): Kurz, prägnant
Autoren (Namen, Institutionen, Adressen, genaue Kontaktdaten des corresponding author)
Zusammenfassung (abstract) mit Zitierdaten (Zeitschrift, Jahrgang, Band-Nr, Seitenzahlen) und Stichworten (key terms)
Einleitung (background / introduction): Der Leser wird in das Thema "hineingezogen"
Methodenteil (procedures, methods, data management / statistics, Studiendesign) - über methodische Fehlerquellen bei der Vermessung von Blutproben s. dort
Ergebnisteil (results):
Darstellung der gefundenen Daten, übersichtlich organisiert. Meistens
ist es von Vorteil, die wichtigsten Daten in Form von Tabellen (tables)
darzustellen. Dabei sollen Pseudogenauigkeiten vermieden werden (z.B.
Angabe von Mittelwerten auf mehr Stellen als die Meßgenauigkeit hergibt)
Besprechung (discussion) mit Eingrenzung / Gültigkeitsbereich (limitations), Schlussfolgerungen (conclusions), Ausblick (perspectives): Der "philosophische" Teil
In der Arbeit zitierte wissenschaftliche Literatur (references): Einheitlich formatiert, in der Reihenfolge der Erwähnung im Text oder alphabetisch nach den Namen der Erstautoren
Eine wichtige Rolle spielen auch Abbildungen (figures):
Sie zeigen z.B. Versuchsanordnungen, fassen Daten in übersichtlicher
Form zusammen und geben eine Übersicht über Muster und Zeitverläufe,
die mit Text alleine nicht zu vermitteln wären.
Auf welche Quellen kann man sich verlassen? Aktuelle Erkenntnisse
aus physiologischer und medizinischer Forschung bezieht man (aus den hier dargestellten Gründen)
am besten aus probaten wissenschaftlichen Medien (d.h.
qualifizierten Fachzeitschriften).
Quellen, die keinen IF aufweisen (z.B.
auch frei ins Internet gestellte Texte), haben möglicherweise
kein verlässliches Review-Verfahren durchgemacht, ihre Beurteilung ist allein dem Leser
überlassen (der damit überfordert sein kann).
Letztlich muss man selbst entscheiden, welche Glaubwürdigkeit und
Relevanz einer gegebenen Publikation - unter Berücksichtigung aller
hier diskutuerten Kriterien - zukommt. Die Erlangung verlässlicher
Erkenntnisse ist jedenfalls kein einfacher, müheloser Prozess - er
erfordert eine fundierte Auseinandersetzung mit Inhalten und Methoden
sowie Vergleiche mit anderweitiger wissenschaftlicher Literatur
(Kontext).
Vorstellung und Realität: Wissenschaftliche Modelle
Oftmals ist
es nicht möglich, eine physiologische / medizinische Fragestellung
durch direkte Untersuchung des (vollständigen) in Frage stehenden
Systems (im realen Alltagszusammenhang, mit allen Komplikationen und
Problemen) zu klären. Die Gründe dafür können vielfältig sein: Ethische
(Menschenversuch? Helsinki-Kriterien?), organisatorische (Aufwand? Geräte?), praktische (Ort, Zeit,
Kosten?) etc.
Abbildung: Hydrodynamisches Kreislaufmodell
Nach Ursino M, Interaction between carotid baroregulation and the pulsating heart: a mathematical model. Amer J Physiol 1998; 275: H1733-47
Das
Modell verhält sich bezüglich bestimmter Eigenschaften ähnlich wie das
modellierte System, hier der Kreislauf. Zweck der Modellierung ist u.a.
eine Vorhersage von Verhaltensweisen, die u.U. in der Realität nur
schwer getestet werden können
C = Compliance F = Strömung p = Druck R = Widerstand
In solchen Fällen kann es Vorteile bringen, Untersuchungen an Modellen durchzuführen. Modelle sind Abbildungen von Vorgängen (physiologische Modelle; z.B. Modell der Blutdruckentstehung) oder Gegenständen.
Sie bilden Teilaspekte der Realität ab, auf die es in einem bestimmten
Zusammenhang ankommt.
Ein Teil der im Original enthaltenen Information geht
zwar verloren ('Verkürzungsmerkmal'), aber in den als wesentlich
definierten Merkmalen sind sie ihm ähnlich ('Abbildungsmerkmal').
Modelle erfüllen einen bestimmten Zweck ('pragmatisches Merkmal')
und sind in Hinblick auf diesen Zweck (auf ihre Eignung) zu beurteilen.
Für die
medizinische Forschung ist die Verwendung von Modellen
oft unverzichtbar. Modelle benützt man aus praktischen Gründen:
Modellkonstrukte sind leichter manipulierbar, durchschaubar, finanzierbar, beobachtbar,
oder haben andere Vorteile gegenüber dem abgebildeten Original.
Sie sollen prädiktiven Wert haben, also das Verhalten realer
Systeme befriedigend voraussagen (z.B. Wetterprognose).
Sie können
zur Überprüfung von Hypothesen eingesetzt werden,
oder zur Entdeckung oder Erklärung von Naturphänomenen (Forschungsmodelle).
Ihrer
Natur nach gibt es
logische (z.B. Computerprogramme) und
materielle Modelle (z.B. mechanisches Kreislaufmodell).
Je nach Zugang zur Modellbildung unterscheidet man weiters
theoretische Modelle,
die auf der Basis vorhandenen Wissens über das modellierte Original
konstruiert werden, erklärende Aufgaben erfüllen und Voraussagen
über das Systemverhalten erlauben sollen in Situationen, die
einer direkten Untersuchung nicht zugänglich sind; und
empirische Modelle ('black-box-Modelle'),
die nicht von Systemeigenschaften ausgehen, sondern von der Struktur
der vorgefundenen Systemvariablen (z.B. Kurvenanpassung oder
Regressivmodelle).
Zur Validierung
des Modells werden experimentelle und Simulationsergebnisse verglichen und
möglichst in Übereinstimmung gebracht. Schrittweise wird die mindestens
nötige Komplexität der Modellstruktur identifiziert, und die Beträge
der verwendeten Modellparameter werden feinjustiert.
Bevor
aus der Modellsimulation gültige Aussagen gezogen werden können,
wird sie validiert, d.h. die Gültigkeit des Modells
wird festgestellt: Es darf keine begrifflichen oder logischen Widersprüche
geben (innere Validitätskriterien), und der Output muss
mit vorhandenen Daten in Einklang stehen (äußere Validitätskriterien).
Nur unter laufender Berücksichtigung dieser Kriterien kann das Modell
'reifen', dies ist ein iterativer Prozess.
Optimierung:
Das Modell soll so einfach wie möglich, aber auch so komplex wie nötig
sein. Ist es zu aufwendig, wird es in der Praxis schwer einsetzbar sein;
ist es zu simpel, hat es zu wenig erklärenden bzw. voraussagenden Wert
und kann leicht in die Irre führen. Zu weit gehende Abstraktionen oder
Idealisierungen können sich sogar kontraproduktiv auswirken ('Modellverliebtheit').
Kein
Modell repräsentiert das Original in allen seinen Eigenschaften. So können Fragen, für deren
Beantwortung kein befriedigendes Modell existiert (etwa weil
man über das reale System zu wenig weiß bzw. dieses zu komplex
funktioniert), nur durch Untersuchung des 'Originals' beantwortet werden
(z.B. Untersuchung am realen biologischen System statt 'Alternativmethode'
wie Computersimulation oder In-vitro-Versuch). Die Untersuchung hochkomplexer
Systeme (wie Organismen, Menschen) erfordert die Anwendung biometrischer
Prinzipien
und ein entsprechendes Studiendesign.
Naturwissenschaftliche Forschungspläne enthalten folgende Anteile:
Definition von Fragestellung und Problem; Literaturstudium;
Hypothesenerstellung; Festlegung von Studienaufbau, Zahl und Art der
notwendigen Beobachtungen, Messverfahren; Plan für die statistische Beschreibung,
Bearbeitung und Interpretation der anfallenden Daten; finanzielle und ethische
Absicherung der Vorgangsweise; Projektdurchführung; Datenmanagement, Statistik,
Interpretation der Daten; Verfassen einer Publikation (Studienzweck
und -aufbau, Daten und Erkenntnisse, Reflexion vor dem Hintergrund
bereits vorhandenen Wissens, belegt mit Zitaten); Einsenden an
wissenschaftliche Zeitschrift; Reaktion auf die Kritik der Begutachter;
Veröffentlichung
Beobachtungsstudien (analytisch oder deskriptiv) bedürfen keiner Intervention, Interventionsstudien
sollten nach Möglichkeit Randomisierungen enthalten. Kontrollgruppen
erhalten z.B. ein Placebo, Verumgruppen die Behandlung, deren Wirkung
getestet werden soll. Bei Doppelblindstudien wissen weder Proband noch Untersucher, ob im Einzelfall Placebo oder Verum zum Einsatz kommt. Die
Gruppen der Untersuchten müssen möglichst gleichmäßig zusammengesetzt
sein (Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand etc). Unabhängige Variable
werden vom Untersucher beeinflusst (z.B. die Dosis
einer Hormongabe), abhängige Variable werden gemessen, um die Reaktion
auf die Manipulation der unabhängigen Variablen zu verfolgen (z.B.
Effekt
der verschiedenen Dosierungen)
Um die
Bedeutung einer Publikation zur beurteilen, kann man sich am Rang der
Zeitschrift orientieren, in der diese erschienen ist. Der Impact Factor (IF) ist eine solche Maßzahl: Sie
gibt sie an, wie oft durchschnittlich in einem bestimmten Jahr
Publikationen genannt wurden, die in den zwei vorausgegangenen Jahren
in der betreffenden Zeitschrift erschienen sind. Jedes Jahr wird für
die Zeitschrift ein neuer IF berechnet. Zeitschriften, deren Arbeiten
oft zitiert werden, erhalten hohe Impactfaktoren - typischerweise weil für die Beurteilung und Annahme von
Publikationen besonders strenge Maßstäbe angelegt werden. Das
Review-Verfahren ist ein Qualitätsfilter und Sicherheitsfaktor: Publikationen haben
mehrfache hochqualifizierte Fachprüfungen überstanden, bevor sie publik gemacht werden. Die citation half-life ist die Zeit, nach der die Zitierfrequenz auf die Hälfte ihres anfänglichen Wertes absinkt - sie gibt die Nachhaltigkeit an, mit der Publikationen dieses Organs zitiert werden ('Altern' der Information)
Wissenschaftliche
Modelle werden erstellt, wenn ethische, organisatorische oder andere
Gründe eine direkte Untersuchung des Problems an einem realen System
ausschließen. Sie sind
leichter manipulierbar, durchschaubar, finanzierbar, beobachtbar, oder
haben andere Vorteile gegenüber dem abgebildeten Original. Solche Modelle bilden
Teilaspekte der Realität ab, auf die es im gegebenen
Zusammenhang ankommt, lassen Hypothesen überprüfen und sollten
prädiktiven Wert haben. Man
unterscheidet logische (z.B. Computerprogramm) und materielle
(mechanisches Modell), theoretische (experimentelle Untersuchung nicht
möglich) und empirische Modelle (z.B. Kurvenanpassung). Experimentelle
und
Simulationsergebnisse sollten möglichst übereinstimmen (Validierung).
Ein Modell soll so einfach wie möglich, so komplex wie nötig
sein (Optimierung)
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Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen:
Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie
sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und
Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.