Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Mineral- und Eisenhaushalt des Körpers, Knochensystem

  Untersuchung des Eisenstatus
© H. Hinghofer-Szalkay

Anämie: ἀν = ohne, αἷμα = Blut
Ferritin: ferrum = Eisen, portare = tragen, bringen

Hyposiderinämie: σίδηρος = Eisen, αἷμα = Blut
Transferrin: trans = hinüber, ferrum = Eisen




Wie groß die Eisenreserven im Körper sind, ist eine wichtige klinische Frage; Eisenmangel kann Ursache einer Anämie und auch anderer Probleme sein. Ob Eisen substituiert werden soll, ist keine triviale Frage: Ein Übermaß ist toxisch, und der Körper verfügt über keine Mechanismen zur Ausscheidung überschüssigen Eisens. (Bei Eisenüberlastung kann eine Hämosiderose auftreten, z.B. nach intensiver Hämolyse.)

Der Eisenspiegel im Blutplasma ist kein verlässlicher Indikator für die Größe des Eisenspeichers, auch nicht das rote Blutbild, da die Erythropoese erst bei weitgehender Entleerung der Eisenreserven abzunehmen beginnt. Vielmehr korreliert der Ferritinspiegel gut mit der Speichergröße. Werte unter 15 ng/ml (15 µg/l) zeigen einen Eisenmangel an; eine Zunahme der Eisenspeicher um 10 mg hebt der Ferritinspiegel um 1 ng/ml. (Diese Korrelation kann allerdings durch pathologische Vorgänge gestört sein.) Ferritinwerte über 1000 ng/ml findet man bei Eisenüberladung des Körpers.

Transferrin - das Transportmolekül im Plasma - ist zu 30% ausgelastet, 70% der totalen Eisenbindungskapazität sind normalerweise noch "verfügbar". Auf Eisenmangel (Hyposiderinämie = reduzierter Eisenpool im Plasma) reagiert die Leber mit zunehmender Transferrinproduktion, sodass - ceteris paribus - die Auslastung der Transportkapazität am Transferrin absinkt, die Zahl verfügbarer Bindungsstellen steigt.


Serumeisen, rotes Blutbild Serum-Ferritin Serum-Transferrin, Eisenbindungskapazität

Praktische Aspekte       Core messages
  
Serumeisen und rotes Blutbild
 
Um den Eisenstatus zu beurteilen, orientiert man sich an verschiedenen Indikatoren: Eisenspiegel im Blutserum, Transportproteine, rotes Blutbild, Ferritinspiegel.
 

  Abbildung: Eisenkinetik im Körper
Nach einer Vorlage bei cdc.gov

Um 1-2 mg Eisen täglich zu resorbieren, muss im Schnitt etwa die zehnfache Menge mit der Nahrung zugeführt werden (Resorptionseffizienz ~10%; bei pflanzlichen Quellen weniger, bei tierischen mehr).
 
Ohne Blutverlust (Menses, Verletzungen, innere Blutungen, Blutspende) geht Eisen nur über Desquamation (Haut, Haare, Nägel) verloren (1-2 mg/d).
 
  Über den Eisenverlust bei Graviden / Stillenden s. dort    


  Eisen (Serum / Plasma)
Männer 7-30 µM (39-168 µg/dl), Frauen 6-26 µM (34-145 µg/dl), Kinder 4-28 µM (22-156 µg/dl)
Gesteigert während der Schwangerschaft


Ausscheidung mit dem Harn: <1,8 µmol/d (<100 µg/d)
 
Eisen im Lebergewebe: 0,1-0,5 mg/g

Eisenmangel führt zu einer Verringerung des Hämoglobin-Pools (~150 Gramm Hämoglobin pro Liter Blut, oder ~350 Gramm pro Liter Erythrozyten) und senkt dadurch die Sauerstoff-Transportkapazität (1,34 ml/g Hb) des Blutes ( s. dort).

Typischerweise ist
die Hämatopoese bei guter Eisenversorgung nicht beeinträchtigt, die Werte des roten Blutbilds (Erythrozyten um 5 Mllionen / mm3...) unauffällig; Anämie ist meist durch Eisenmangel bedingt.
 
Die Bedeutung des Ferritins
   
Die Konzentration an Ferritin im Blutplasma ist ein Maß für die Eisenspeicher im Körper (mehrere pathophysiologischen Zustände verfälschen allerdings diese Korrelation):


Abbildung: Übersicht: Eisentransport, Hämoglobinabbau
Nach einer Vorlage bei videos.medxforum.com

Nach der Hämoglobinsynthese im roten Knochenmark kreisen Erythrozyten für ~3 Monate im kardiovaskulären System. Danach werden die Erys abgebaut - aus Globin werden Aminosäuren, aus Häm Eisenionen und Biliverdin.
 
Das Eisen wird wiederverwertet und gelangt zurück zum Knochenmark


  Ferritin (Serum, Plasma)
Frauen (>16a) 15-150 µg/l, Männer (>16a) 30-400 µg/l
Kinder: bis 30 Tage 150-450, bis 90 Tage 80-500, bis 16 Jahre 20-200 µg/l
Menstruelle, graviditätsbedingte und traumatische Blutverluste reduzieren die Eisenspeicher im Körper
Halbwertszeit ~10 Minuten

Ferritinwerte unter 15 µg/l (ng/ml) deuten auf Eisenmangel hin.
 
 1 µg/l Serumferritin entspricht 10 mg Speichereisen (gilt bis 200 µg/l).
 
Transferrin und Eisentransport
 
Das glykosylierte ß-Globulin Transferrin   (Siderophilin) ist als typisches Bindungsprotein für den Eisentransport zuständig. Seine biologische Halbwertszeit beträgt 1-2 Wochen. Mit 80 kD Molekülmasse entgeht es gerade der glomerulären Filtration in der Niere, es verbleibt bei der renalen Passage in der Blutbahn.

  Transferrin (Serum)
200-360 mg/dl (2,0-3,6 g/l)
Sättigung mit Eisen: ~30% (16-50%)
 
Transerrin im Liquor (Liquor-Transferrin Tf): 9-31 mg/l
 

  Abbildung: Transferrin und Eisenbindung
Nach einer Vorlage bei library.med.utah.edu

Normalerweise liegt der Serum-Transferrinspiegel bei etwa 300 mg/dl, davon ~30% eisenbeladen (dunkelbraun) und ~70% eisenfreies Apotransferrin (chamois, "latente Eisenbindungskapazität").
 
In der Spätschwangerschaft und bei Eisenmangel steigert die Leber die Transferrinproduktion, die TEBK nimmt (hier: auf fast 500 mg/dl) zu. Der eisenbeladene Transferrinspiegel bleibt bei der schwangeren Frau etwa gleich, bei Eisenmangel nimmt er ab. In beiden Fällen sinkt der Anteil unter 15% der TEBK.
 
Hämochromatose ist eine Eisenspeicherkrankheit mit ungebremster Eisenresorption aus dem Darm. Die gesamte Eisenbindungskapazität am Transferrin ist ausgeschöpft, es kommt zu Eiseneinlagerungen in die Gewebe, Organnekrosen und Auftreten freier Eisenionen im Blut.
 
TEBK = Totale Eisenbindungskapazität

Jedes Transferrinmolekül hat Platz für zwei Fe3+-Ionen, das entspricht 1,3 mg Eisen pro Gramm Transferrin. Transferrin transportiert nur etwa 0,1% des Gesamt-Körperbestandes an Eisen, durch die Bindung freier Eisenionen verhindert es aber deren toxische Nebenwirkungen. (Ungehemmte Eisenresorption im Dünndarm führt zu Hämochromatose, einer Erkrankung, die zur Speicherung von mehr als dem Zehnfachen des normalen Körper-Eisenbestandes von 3-4 g und schweren Schädigungen führen kann.)

Transferrin ist normalerweise zu ~30% mit Eisen gesättigt, d.h. es sind normalerweise immer genügend Valenzen für zusätzlich anfallendes Eisen vorhanden. Man spricht von totaler und latenter Eisenbindungskapazität:
 
       Die latente Eisenbindingskapazität bedeutet den eisenfreien Transferrinanteil im Blutplasma, normalerweise ~70% der TEBK. Das eisenfreie Apotransferrin (~30% der TEBK) ist - im Gegensatz zu eisenbeladenem Transferrin, das dem Blutplasma einen zarten rosa Farbton verleiht - farblos. Apotransferrin entzieht Bakterien Eisen, das diese für ihren Stoffwechsel unbedingt benötigen, und wirkt dadurch bakteriostatisch.
 
       Die totale Eisenbindingskapazität (TEBK) bedeutet eisenbeladenes und unbeladenes (Apo-)Transferrin zusammengenommen.
 
Im Normalfall ist Transferrin im Blutplasma zu weniger als 50% mit Eisen beladen
 
Bei Eisenmangel - und in der Schwangerschaft, wo der Fetus Eisen für seinen Aufbau braucht und die Reserven der Mutter konsumiert ( Abbildung) - produziert die Leber mehr Transferrin, die Transferrinkonzentration im Blutplasma (und damit die TEBK) nimmt zu. Dadurch sinkt der Prozentsatz eisenbeladenen Transferrins, der etwa 30% betragen sollte; wenn dieser unter 15% der TEBK absinkt (Kinder und ältere Personen <10%), ist die im Blut transportierte Eisenmenge ungenügend, um den Bedarf für die Erythropoese im roten Knochenmark zu decken.
 
 


 
Infektionen senken den Eisenspiegel: Makrophagen im Gewebe nehmen (hepcidingesteuert) Eisen (und Kupfer) auf, was den Mikroorganismen im Extrazellulärraum Spurenelemente entzieht. Hyposiderinämie fördert die unspezifische Abwehr (umgekehrt nimmt der Immunschutz bei gesteigertem Eisenspiegel - z.B. nach Bluttransfusion - ab).
 
     Bei Eisenmangel steigert die Leber die Transferrinproduktion, wodurch der Prozentsatz an eisenbeladenem Transferrin abnimmt.
Sättigungswerte unter 16% deuten auf unzulängliche Eisenmenge im Plasmapool (Hyposiderinämie ) hin und läßt verringerte Blutbildung erwarten (Eisenmangelanämie!).
 

 
      Der Serum-Ferritinspiegel ist - unter physiologischen Bedingungen - ein Maß für die Eisenspeicher im Körper. 1 µg/l Serumferritin entspricht 10 mg Speichereisen (gilt bis 200 µg/l); Ferritinwerte unter 15 µg/l deuten auf Eisenmangel hin. Ausreichende Eisenzufuhr muss den Bedarf für die Erythropoese im roten Knochenmark decken
 
      Transferrin transportiert ~0,1% der Menge Fe, die im Körper vorhanden ist, verhindert aber toxische Nebenwirkungen freien Eisens. Jedes Transferrinmolekül hat Platz für zwei Fe3+-Ionen (1,3 mg Fe / g Transferrin). Normalerweise liegt der Serum-Transferrinspiegel bei ~300 mg/dl, davon ~30% eisenbeladen (dunkelbraun) und ~70% eisenfreies Apotransferrin (latente Eisenbindungskapazität EBK). Apotransferrin entzieht Bakterien Eisen und wirkt bakteriostatisch
 
      Bei Hämochromatose erfolgt die Eisenresorption im Darm unreguliert, mehr als das Zehnfache des normalen Eisenbestandes von 3-4 g führt zu Gewebeschäden. Die TEBK des Transferrin ist ausgeschöpft, im Blut treten freie Eisenionen auf, Eisen lagert sich in die Gewebe ein, Nekrosen können auftreten
 
      Bei Eisenmangel - speziell in der Spätschwangerschaft - steigert die Leber die Transferrinproduktion, die gesamte Bindungskapazität (TEBK) nimmt bis auf ~500 mg/dl zu, der eisenbeladene Anteil sinkt dabei auf unter 15% der TEBK (Kinder und ältere Personen <10%)
 

 




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