Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

    
Physiologie der Nierenfunktion und der ableitenden Harnwege

Glomeruläre Filtration und tubulo-glomeruläre Balance
© H. Hinghofer-Szalkay
 
Bowman-Kapsel: William Bowman
glomerulär: glomus = Knäuel
juxtaglomerulär: iuxta = nahe neben, glomus = Knäuel
Mesangium: μέσος = mittig, α
νγειον = (Blut)Gefäß
Podozyt: πούς, ποδός = Fuß, κύτος = Zelle
Renin: ren = Niere
Urämie:
ούρα = Harn, αἷμα = Blut
vas afferens, efferens: vas = Gefäß, afferre = herbeitragen, efferre = hinaustragen


Der effektive Filtrationsdruck (Blutdruck minus hydrostatischer Gegendruck und onkotischer Druck) in den Kapillaren der Nierenglomeruli beträgt 5-15 mmHg und treibt die Bildung des glomerulären Filtrats an. Mit steigendem Druck nimmt die Filtration zu, gedrosselte Durchblutung senkt sie. Eine unterdurchblutete Niere kann nicht ausreichend Harn produzieren.

Der Konstriktionsgrad und damit der Strömungswiderstand der zuführenden (vasa afferentia) und abführenden Arteriolen (vasa efferentia) ist durch zahlreiche Mediatoren beeinflusst und bestimmt den glomerulärkapillären Blutdruck. Wird das vas afferens enger, sinken Kapillardruck, Filtration und Durchblutung. Kontrahiert das vas efferens, steigen diese Werte.

Podozyten auf den Glomerulumkapillaren stützen die kapilläre Filterstruktur ab, die negativ geladene Basalmembran zwischen Podozyten und Endothelzellen ist das eigentliche "Sieb" - Ionen und kleinere Moleküle, auch mittelmolekulare Stoffe (Peptide bis ~14 kDa) gelangen mit dem Ultrafiltrat in den glomerulären Kapselraum. Plasmaproteine schlüpfen noch zu ~1% durch die Membran - Größe, Ladung, Gestalt und Verformbarkeit ihrer Moleküle bestimmen das Ausmaß ihrer Filtration.

Der juxtaglomeruläre Apparat besteht aus reninbildenden epitheloiden (juxtaglomerulären) Myozyten des vas afferens, Teilen des vas efferens, und der macula densa, gebildet aus Zellen des frühen distalen Tubulus. Macula-densa-Zellen registrieren Änderungen der tubulären Kochsalzbeladung und beeinflussen Reninbildung und Kontraktion des vas afferens. Die Reninfreisetzung unterliegt auch dem Feedback verschiedener Mediatoren. Renin - ein Enzym - lässt im Blut aus einer Vorstufe (Angiotensinogen) das vasokonstriktorische Angiotensin entstehen.



Übersicht  Filtration Vas afferens vs. vas efferens Durchblutung, Druckdiurese, Natriumausscheidung TGF: Tubulo-glomeruläres Feedback Steuerung der Reninfreisetzung
 
    Siebkoeffizient
    Filtrationsfraktion

Praktische Aspekte       Core messages
   
Die glomeruläre Filterfläche einer Niere beträgt ingesamt ~1 m2. Ausreichende glomeruläre Filtration ist die Voraussetzung für die Erhaltung eines adäquaten extrazellulären Flüssigkeitsvolumens, stabiler Kreislauffunktion sowie optimaler Blutspiegel von Elektrolyten und Stoffwechselprodukten. Beide Nieren bilden zusammen pro Minute etwa 120 ml Ultrafiltrat (GFR: glomerular filtration rate).
 
Blutdruck und Gefäßwiderstände bestimmen das glomeruläre Filtrationsgeschehen
 
Selbst Physiologen konnten lange Zeit nicht glauben, dass die Nieren alle 8 Minuten eine Menge von 1 l Flüssigkeit aus dem Blut pressen (glomeruläre Filtration) - pro Tag 150-200 Liter, mehr als das Zehnfache des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens.

Da in der gleichen Zeit nur ~1-2 Liter Harn entstehen, heißt das, dass 99% der filtrierten Flüssigkeit durch die Wand der Nierenröhrchen (Tubuli) wieder zurückgewonnen werden.
  
Filtration

S. auch dort
 
In das Glomerulum mündet eine zuleitende Arteriole (vas afferens), die sich in 30-40 Glomerulumkapillaren verzweigt (die Gesamtlänge aller Glomerulumkapillaren beträgt ~50 km). Die ableitende Arteriole (vas efferens) stellt dem Blut einen Strömungswiderstand entgegen, der hoch genug ist, um im Glomerulum einen für die Filtration ausreichenden Blutdruck aufrecht zu erhalten.

Ein Nephron besteht aus einem Nierenkörperchen und dem anschließenden Tubulussystem. Ein Nierenkörperchen (renal corpuscle) besteht aus drei Anteilen: Dem Glomerulum, dem Bowman-Raum (Bowman's space) und der Bowman-Kapsel.
 

Abbildung: Glomeruläre Kapillarschleife
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Blick vom Kapselraum auf eine Glomerulumkapillare. Diese ist von sich verästelnden zytoplasmatischen Fortsätzen (primäre, sekundäre, "Füßchen") eines Podozyten bedeckt.
      
Podozyten liegen der - zwischen ihnen und Endothelzellen gelegenen - Basalmembran auf. Ihre Verzweigungen lassen Spalten frei, durch die das Ultrafiltrat des Blutes dringen kann. Die Basalmembran ist der eigentliche molekulare Filter, der Makromoleküle (weitgehend) und Blutkörperchen (vollständig) vor einem Übertritt in den Bowman-Raum - und damit den Tubulus - bewahrt ("Blut-Harn-Schranke")

 
 
   Das Ausmaß der Filtration eines Stoffes hängt von seiner Größe, Ladung, Form und Verformbarkeit ab (negative Ladung behindert die Passage wegen negativ geladener Glykoproteine in der Wand des Siebes).

    Der Siebkoeffizient (S) ist definiert als die Konzentration eines Stoffes im Filtrat (Kf) gebrochen durch die Konzentration im Blutplasma (Kp):

S = Kf / Kp

Der Betrag des Siebkoeffizienten kann zwischen 0 und 1 liegen (s. Tabelle unten). Der Wert gibt Aufschluss über die Barrierefunktion der glomerulären Barriere gegenüber dieser Substanz: Ist er 1, werden diese Moleküle frei filtriert, d.h. sie gehen genauso leicht über die glomerulären Kapillarwände wie Wassermoleküle ([S]=1) und tauchen im Primärharn in gleicher Konzentration auf wie im Plasma; beträgt er 0, ist die Filterbarriere für diese Moleküle undurchdringlich, sie gelangen überhaupt nicht in das Filtrat.


Abbildung: Struktur eines Nierenkörperchens / Glomerulum
Nach einer Vorlage in Kumar / Abbas / Fausto / Aster, Robbin and Cotran's Pathological Basis of Disease, 8th ed. Saunders / Elsevier 2010

Das Nierenkörperchen besteht aus Glomerulum, Epithel der Bowman-Kapsel und dem dazwischen liegenden Kapselraum. Ein Glomerulum hat ~150 µm Durchmesser, ein Erythrozyt ~7 µm.
 
Die Wanddicke des Endothels beträgt ~0,1 µm, die der Basalmembran ~0,3 µm



Stoffe mit niedrigem Molekulargewicht (<5,5 kDa) und geringem effektiven Molekülradius (z.B. Wasser, Harnstoff, Glucose) haben einen [S] nahe 1. Bei Molekulargewichten ab etwa 14 kDa (z.B. Lysozym) wird es für den Stoff zunehmend schwierig, durch die Kapillarbarriere zu gelangen, [S] nimmt deutlich ab.

Auch die elektrische Ladung der Moleküle spielt eine wichtige Rolle: Die negativen Ladungen der Filtermembran halten negativ geladene Teilchen von der Passage ab (
Abbildung unten). Albumin wird so gut wie nicht mehr filtriert (Tabelle unten): Es ist nicht nur mit 7 nm Durchmesser ziemlich groß, es ist auch (beim Blut-pH von 7,4) stark negativ geladen.

Erkrankungen der Glomeruli mit Verlust der negativen Ladung der Filtrationsbarriere (Glomerulonephritis) resultieren in Albuminurie (Ausscheidung nennenswerter Mengen Albumin mit dem Harn).


     Mesangiumzellen sind in das Mesangium eingebettete Makrophagen; Mesangium ist ein aus extrazellulärem Matrixmaterial gebildeter Stiel, auf dem glomeruläre Kapillarschlingen sitzen, s. auch dort). Mesangiumzellen werden durch vasoaktive Stoffe - inklusive Vasopressin - kontrahiert, was den kapillären Filtrationskoeffizienten und damit die glomeruläre Filtration verringert. Dehnung beantworten Mesangiumzellen mit der Freisetzung mehrerer Wachstumsfaktoren.

Einige Mesangiumzellen setzen sich in den extraglomerulären Bereich fort und tragen dort (mit tubulären macula densa- und vaskulären granulären Zellen) zum juxtaglomerulären Apparat bei. Die genaue Rolle der Mesangiumzellen ist noch unklar.


  
  Podozyten im inneren Blatt der Bowman-Kapsel bestimmen zusammen mit der Basalmembran die Filterfunktion der Nieren: Sie bilden mit ihren länglichen, mittels des transmembranalen Nephrin und anderer spezieller Proteine (Abbildungen unten) verbundenen Fortsätzen "Filtrationsschlitze" mit einer Spaltenbreite von 4 bis 20 nm.
 

Molekulare Masse (kDa)
Durchmesser (nm)
Sieb-
koeffizient
Wasser
~0,02
0,2
1
Natrium
~0,02
0,4
1
Chlorid
~0,04
0,35
1
Harnstoff
0,06
0,3
1
Glucose
0,18
0,7 1
Inulin
5,5
~3,0
0,98
Myoglobin
17
3,9
0,75
Hämoglobin
68
6,5
0,03
Albumin
(negativ geladen)
69
7,0
<0,01
  
Diese Schlitze erlauben den Durchtritt des durchsickernden Filtrats in den Bowman-Raum und ergeben sich durch die Abstände zwischen den fingerförmigen Podozytenfortsätzen, die zusammen ein mechanisches Korsett für die unter hohem Druck stehenden Kapillaren bilden. Podozyten und Basalmembran interagieren und bestimmen gemeinsam vor allem die Permeabilität gegenüber Plasmaeiweißen (s. weiter unten).
 

Abbildung: Glomeruläre Filtration
Nach einer Vorlage bei easynotecards.com

Die glomeruläre Filtration wird durch einen relativ hohen Blutdruck in den Glomerulumkapillaren aufrechterhalten. Dieser (hydrostatische) Druck beträgt am Beginn der Glomerulumkapillare etwa 55 mmHg - bedingt durch das Widerstandsmuster der vasa afferentia und efferentia, das sich ändern kann - und bei Verlassen des Glomerulum etwa 50 mmHg.
 
Gegenkräfte sind der hydrostatische Druck in der Glomerulumkapsel (~15 mmHg) und der onkotische Effekt des Blutplasmas (~25-30 mmHg), der durch die Filtration von ~20% des glomerulären Plasmavolumens und Konzentration der (nicht filtrierten) Plasmaeiweiße (vor allem Albumin) so lange zunimmt (bis auf ~40 mmHg), bis der effektive Filtrationsdruck Null beträgt (Filtrationsäquilibrium)


Die "Filtermatte" der Glomeruli enthält mehrere Schichten: Endothel, Basalmembran und Podozyten. Zusammen bilden sie unter dem Einfluss des hohen Kapillardrucks (~55 mmHg) ein Ultrafiltrat des Blutplasmas. Der dabei entstehende "Primärharn" enthält mikromolekulare Bestandteile des Plasmas - Wasser und kleine Ionen gelangen leicht durch die Filtrationsbarriere.

Diese beginnt bei ~5 kD Molekülmasse; bei Teilchen dieser Größenklasse spielt die elektrische Ladung eine wichtige Rolle: Negativ geladene kommen - im Vergleich zu gleich großen ungeladenen - nur schwer oder gar nicht durch die Filtrationsbarriere. Plasmaproteine tragen beim pH-Wert des Blutes überwiegend negative Ladungen (ihr isoelektrischer Punkt liegt im sauren Bereich) und sind von der Filtration weitgehend ausgeschlossen (Albumin: Siebkoeffizient <1%, s. Tabelle oben).

Es gelangen also nicht nur Stoffwechselendprodukte wie Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure in den Primärharn, sondern auch für den Körper wertvolle Substanzen wie Mineralstoffe (Natrium, Kalium, nicht-proteingebundenes Calcium und Magnesium), Chlorid, Bicarbonat, Phosphat, Sulfat, Glucose, Aminosäuren, harnpflichtige Substanzen, Hormone, mittelmolekulare Stoffe (Peptide bis ~14 kDa: z.B. Lysozym noch zu 4/5), aber kaum Plasmaeiweiß (<1%; Protein, das durch den glomerulären Filter schlüpft, wird tubulär resorbiert).
 
Glucose wird glomerulär frei filtriert
 
Je höher der Blutzuckerspiegel, desto mehr Glucose gelangt in die Tubuli
   
Die glomerulären Kapillarwände sind fenestriert, die Lücken haben ~70 nm Durchmesser und blockieren den Durchtritt von Blutkörperchen (für Makromoleküle sind sie kein Hindernis). Der effektive Porenradius des glomerulären Filterapparates beträgt 1,5-4,5 nm (vgl. Tabelle oben). Mit zunehmender Molekülgröße nimmt die Fraktion filtrierten Stoffs ab. An Eiweiß gebundene Moleküle wie z.B. an Albumin angelagerte freie Fettsäuren sind der Filtration entzogen, auch wenn sie an sich kleinmolekular sind.
 

Abbildung: Die Filtrierbarkeit hängt von Größe und Ladung der Teilchen ab
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Neutrale Dextrane passieren umso leichter die Membran, je kleiner ihre Moleküle sind (rote Kurve). Die relative Clearance (clearance ratio) ist die beobachtete gebrochen durch die Inulinclearance (CX / CIn), sie beträgt hier (und bei kationischem Dextran) bei einem Moleküldurchmesser <2 nm fast 100%.
 
Dextrane mit positiver Gesamtladung (kationisch, wie Diethylaminoethyl- Dextran, rechtsverschobene blaue Kurve) sind besser filtrierbar, d.h. bei gegebener Molekülgröße gelangt mehr Substanz in den Primärharn.
 
Dextrane mit negativer Gesamtladung (anionisch, z.B. Dextransulfat, linksverschobene grüne Kurve) werden von der negativ geladenen Filtrationsbarriere abgestoßen und sind erst bei sehr kleinem Moleküldurchmesser filtrierbar


Für die Filtration spielt neben der Molekülgröße deren elektrische Ladung eine Rolle ( Abbildung): Negativ geladene Moleküle (wie - bei einem Blut-pH von 7,4 - Proteine, insbesondere das stark negativ geladene Albumin) gelangen schwerer durch die Filtrationsbarriere als positiv geladene gleichen Durchmessers. Der Grund dafür ist, dass Proteoglykane der Basalmembran negativ geladene Seitenketten aus Heparansulfat enthalten und die Podozytenfortsätze von einer negativ geladenen Glykokalix aus Glykolipiden und Glykoproteinen umhüllt sind.

Verlässt das Blut die Glomeruli, gelangt es in die vasa efferentia. Die Menge des Blutplasmas, das durch die vasa abströmt, ist im Vergleich zu der über die vasa efferentiaafferentia angefluteten um das Volumen des glomerulär übergetretenen Ultrafiltrats (Primärharns) reduziert; die Konzentration der völlig frei filtrierbaren Substanzen im Blutplasma hat sich nicht verändert (und ist etwa gleich groß wie im Ultrafiltrat).

Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)
~1,5 ml / Minute / kg Körpergewicht
(beim Erwachsenen ~100-130 ml/min)
oder:

GFR ~60-70 ml / min / m2 Haut
 
Was diese Dimension bedeutet, kann man an der Tatsache erkennen, dass von den Nieren eines gesunden Erwachsenen pro Tag etwa 1,5 kg (!) Kochsalz filtriert (und fast vollständig von den Nierenkanälchen zurückgewonnen) wird. Für die Rückresorption von NaCl wird der Großteil des renalen Energieverbrauchs konsumiert (entsprechend 15-20 ml O2 / min - zum Vergleich: Der gesamte Ruhe-Sauerstoffverbrauch des Körpers beträgt ~300 ml/min).
 

Abbildung: Glomeruläre Ultrafiltration
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016

Links: Kräfte, welche die glomeruläre Filtration beeinflussen: Hydrostatischer Druck sowie kolloidosmotischer (onkotischer) Effekt jeweils innerhalb und außerhalb der Kapillarschleifen. Da normalerweise so gut wie kein Protein glomerulär filtriert wird, sind Eiweißkonzentration und onkotischer Druck im Kapselraum vernachlässigbar gering, und es gilt: Effektiver Filtrationsdruck = kapillärer Blutdruck minus Kapseldruck (hydrostatisch) minus kolloidosmotischer Druck des Blutplasma.
  
Rechts: Verlauf der Kräfte entlang einer glomerulären Kapillare (von vas afferens bis vas efferens). Durch Ultrafiltration steigt die Proteinkonzentration im Gefäß, der onkotische Einwärtseffekt nimmt dadurch (von 25 mmHg) zu, bis ein Kräftegleichgewicht erreicht ist und die Filtration sistiert.
 
pUF = Netto-Filtrationsdruck (UF = Ultrafiltration): Der Netto-hydrostatische Druck beträgt [pGC - pBS], der Netto-onkotische Sog [π
GC - πBS]. GC = glomerular capillary, BS = Bowman's space


Der Blutdruck in den Glomerulumkapillaren beträgt ~50-55 mmHg - doppelt so hoch wie für die meisten Kapillaren des Körpers. Ursache ist der beträchtliche Flusswiderstand durch die vasa efferentia. Ihm steht der hydrostatische Druck im Bowman-Raum (~10-15 mmHg) und der kolloidosmotische Druck (≥25 mmHg) entgegen, sodass der effektive Filtrationsdruck am Beginn der Glomerulumkapillaren ~15 mmHg, am Ende 0 mmHg beträgt ( Abbildung).

Die ultrafiltrationsbedingte Erhöhung der Proteinkonzentration im Plama der Glomerulumkapillaren bedingt einen relativ hohen onkotischen Sog in peritubulären Kapillaren (vasa recta), was die Rückresorption von Flüssigkeit im Tubulusbereich unterstützt (s. auch dort).
 
Adäquate glomeruläre Filtration ist Voraussetzung für die Ausscheidungsfunktion der Nieren. Ihr Betrag wird über den glomerulären Kapillardruck reguliert
- teils autonom (lokal), teils neurohumoral. Angriffspunkt dieser Regulation sind die zu- und abführenden Widerstandsgefäße, d.h. vasa afferentia und efferentia. Der Filtrationsdruck kann so nicht nur einerseits an wechselnde Anforderungen angepasst, sondern andererseits auch bei variierendem arteriellem (System-) Blutdruck stabil gehalten werden (Autoregulation).

Abschätzung der renalen Filtrationsleistung. Die Größe der glomerulären Filtration läßt sich am besten anhand von Stoffen bestimmen, die nur glomerulär filtriert, aber tubulär weder rückresorbiert noch (zumindest nicht stark) sezerniert werden. So staut sich das körpereigene Kreatinin bei eingeschränkter renaler Filtrationsleistung einerseits im Blut zurück (erhöhte Plasmakonzentration), andererseits erscheint es in reduzierter Menge im Harn (verringerte Clearance).

Die Serum-Kreatininkonzentration steigt allerdings erst dann deutlich an, wenn die Filtrationsleistung bereits erheblich (z.B. auf 50% des Normalwertes) abgesunken ist. Bei weiterer Abnahme der GFR erhöhen sich die Kreatininwerte im Blut allerdings rapide.
 
Die glomeruläre Filtrationsrate ist die pro Zeiteinheit renal filtrierte Flüssigkeitsmenge
 
Sie beträgt bei einer gesunden erwachsenen Person etwa 120 ml/min
 
Die Filtrationsbarriere zwischen dem Kapillarlumen und dem Kapselraum ist vierlagig - pro Schichte mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften: 

     Eine Glykokalyx auf der luminalen Oberfläche der Endothelzellen,

     fenestrierte (Lücken mit etwa 70 nm Durchmesser) Endothelzellen, fast vollständig eingehüllt durch

     die glomeruläre Basalmembran - dem eigentlichen Filter (Teilchen >1 kDa werden zurückgehalten) - sowie

     mechanisch widerstandsfähige (druckresistente) Podozyten mit ihren füßchenförmigen interdigitierenden Fortsätzen, die wie ein Stützgitter fungieren.
  

Abbildung: Glomeruläres Filtersystem
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Oben: Nierenkörperchen (mit Glomerulum im Bowman-Raum, umgeben von der Bowman-Kapsel). Unten links: Podozyten. Inset Mitte: Komponenten der Filtrationsbarriere. Unten rechts: Komponenten der Filtermembran
  
Jede Niere enthält etwa eine Million Glomeruli, deren Kapillarschleifen den glomerulären Filter aufbauen.
    
Diese Barriere besteht aus (fenestriertem) Endothel, Basalmembran, und Podozyten mit ihren interdigitierenden Fußfortsätzen (Podozytenfüßchen).
  
Akt, Protein Kinase B  CD2AP, CD2-assoziiertes Protein DAG, Diacylglycerin Fyn, eine SRC-Kinase IP3, Inositoltriphosphat IQ-GAP, IQ-Motiv mit GTPase aktivierendem Protein NEPH1, Mitglied der NEPH-Protein-Familie, interagiert mit Nephrin  PI3K, Phosphatidylinositol 3-Kinase PLC, Phospholipase C Rac, eine GTPase SYNJ, Synaptojanin TRPC6, transient receptor potential cation channel, subfamily C, member 6


     Die Glykokalyx hat - bedingt durch Glycosaminoglycane - negative Ladungen, die wahrscheinlich die Filtration negativ geladener Teilchen einschränken.

     Über die Eigenschaften fenestrierten Endothels s. dort.

     Der eigentliche Filter ist die Basalmembran zwischen Endothel und Podozyten. Sie ist dreischichtig und negativ geladen (Sialo- und Dicarbonsäuregruppen in Heparansulfat-Proteoglycanen) und behindert den Durchtritt von größeren bzw. negativ geladenen (anionischen) Proteinen. Sie ist aus Typ IV-Kollagen-Triple-Helices aufgebaut und erlaubt sie den Durchtritt von Partikeln bis zu höchstens ~10 nm Durchmesser (vgl. Tabelle oben. Bei einem Durchmesser von etwa 4-5 nm - etwas größer als Myoglobin - beträgt der Siebkoeffizient noch ~50%).

Ein Verlust der negativen Ladungen der Basalmembran (Glomerulonephritis) mindert die Retention anionischer Bestandteile (wie der Plasmaeiweiße) bei der glomerulären Filtration.

     Nach außen stülpen sich Fortsätze der anliegenden Podozyten über die Kapillarwände, die Spalträume zwischen ihnen sind mit einer dünnen, negativ geladenen Membran bedeckt, die 4-20 nm weite Poren aufweist ("Schlitzdiaphragma", slit diaphragm). Körper und  Fortsätze der Podozyten sowie das Schlitzdiaphragma sind von einer Schicht aus negativ geladenen Glycoproteinen bedeckt.

Molekulare Verschlussmechanismen benachbarter Podozytenmembranen beteiligen sich am Aufbau der Schlitzdiaphragmen, z.B. mittels spezifischer Bindung der Proteine Nephrin und NEPH1 aneinander (Abbildungen).
 

Abbildung: Molekulare Verankerungen der Podozyten
Nach einer Vorlage bei Koepen and Stanton, Berne and Levy's Physiology (6th ed), Mosby / Elsevier 2008

Die Podozytenfüßchen sind über Verankerungsmoleküle wie Integrine und Dystroglycan verankert: α-Dystroglycan bindet an die Basalmembran, ß-Dystroglycan transmembranal an Proteine des Zytoskeletts.
 
Das Aktingerüst in Podozyten ist durch α-Aktinin 4 stabilisiert und mittels CD2-assoziiertem Protein (CD2AP) an den Filtrierschlitz befestigt Nephrin überbrückt den Filtrierschlitz und ist mit Proteinen wie Podocin verbunden NEPH1 und NEPH2 sind "KIRREL"-Proteine, deren zytoplasmastische Domänen mit Podocin oder Nephrin interagieren Protocadherine sind Zelladhäsionsproteine ZO- 1 (zonula occludens)  ist ein Tight-junction-Protein


Diese Anordnung ergibt insgesamt ein aus mehreren Lagen bestehendes funktionelles Sieb, das bei der Filtration nur kleine Moleküle, insbesondere Kationen, durchlässt.

Podozyten sind an Aufbau und Erhaltung dieser Barriere aktiv beteiligt: Sie produzieren Bestandteile der glomerulären Basalmembran sowie Enzyme, welche die extrazelluläre Matrix modifizieren können.

Moleküle mit mehr als 80 kD passieren diesen Filter (physiologisch) nicht mehr, Albumin (67 kD) wird wegen seiner Negativität ebenfalls fast vollständig (zu 99,95%) zurückgehalten - nur 150-200 mg werden pro Tag glomerulär filtriert (bei einer glomerulären Albuminpassage von ~35.000 g/d!), 90% davon im Tubulus über Endozytose wieder aufgenommen; 15-20 mg/d erscheinen im Harn ( Grenzwerte s. dort).

Kleinere Proteine
(10-45 kD) filtrieren die Glomeruli zu 1-80%, je nach Größe und Ladung; ihr Anteil im Harn beträgt zwischen 50 und 80 mg/d.
 
Die Kapillarschleifen liegen zentralen Mesangiumzellen direkt auf; diese sind kontraktil, sezernieren extrazelluläre Matrix und setzen sich in den - zwischen vas afferens, vas efferens und Anfangsteil des distalen Tubulus gelegenen - juxtaglomerulären Apparat fort. Dieser besteht aus Teilen des vas afferens (granuläre reninbildende epitheloide Myozyten), Beginn des vas efferens, und der macula densa, einem hochepithelialen Teil in der Wand des frühen distalen Tubulus. Seine Aufgabe ist die Stabilisierung des Gleichgewichts zwischen Filtration und Rückresorption im betreffenden Nephron.

  Abbildung zum juxtaglomerulären Apparat s. dort
 
Durch seine spezielle Lage ist der juxtaglomeruläre Apparat imstande, sowohl die glomeruläre Durchblutung als auch die tubuläre Rückresorption zu registrieren und zu beeinflussen: Macula-densa-Zellen reagieren auf eine Reduktion der tubulären Flüssigkeitsströmung mit Reninfreisetzung aus dem vas afferens. Herabgesetzte glomeruläre Filtration (die Ursache verringerter Strömung im Tubulus) deutet auf reduzierte Flüssigkeitsreserven im Körper hin, und Renin stimuliert das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, das Kochsalz - und damit auch Wasser - reklamiert und dabei Blutdruck und Kreislauf stabilisiert.

Welchen weiteren Faktoren unterliegt die Reninfreisetzung? Dazu zählen
neuronale Anregung über sympathische Efferenzen zur Niere
ß2-Rezeptor-Agonisten (Reninfreisetzung +)
Prostaglandine (diese bewirken auch eine Dilatation der vasa afferentia, was den Filtrationsdruck erhöht)
Angiotensin II (wirkt auf vasa efferentia stärker vasokonstriktorisch als auf vasa afferentia, das erhöht ebenfalls den Filtrationsdruck).
 
Funktionsgleichgewicht vas afferens / vas efferens
 
Sowohl vasa afferentia als auch vasa efferentia sind Widerstandsgewäße, beide Gefäßabschnitte senken den Blutdruck entlang der Passagestrecke. Dieser ist im Glomerulum (nach dem vas afferens) noch ziemlich hoch (50-55 mmHg), in den peritubulären Kapillaren (nach dem vas efferens) beträgt er nur noch ≤10 mmHg.

Für die Durchblutung des Nephrons (bzw. den RPF) ist es einerlei, ob sich vas afferens oder vas efferens (oder beide) kontrahieren; die Perfusion nimmt in jedem Fall entsprechend dem Strömungsgesetz mit steigendem Widerstand ab.

Kontrahieren sich die beiden Widerstandsgefäße jedoch isoliert, wirkt sich dies jeweils unterschiedlich auf glomerulären Kapillardruck und Filtration aus:

     Kontrahiert das vas afferens, nimmt der Druck im Glomerulum und die Filtration ab;
 
     umgekehrt steigen Druck und Filtration bei Verengung des vas efferens - bis ein Punkt erreicht ist, an dem die niedrige Durchblutung auch die Filtration wieder senkt ( Abbildung).


Abbildung: Auswirkungen isolierter Kontraktion der zuführenden (links) und abführenden Arteriole (rechts) eines Nephrons
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003

Bei Kontraktion des vas efferens (rechts) überwiegt zunächst der Effekt des steigenden Kapillardrucks auf die Filtratbildung (GFR nimmt mit Widerstand des vas efferens zu), bei höherem Kontraktionsgrad dominiert die Wirkung der sinkenden Perfusion (GFR nimmt mit Widerstand des vas efferens ab).
 
In diesem Beispiel betragen die Kontrollwerte für die glomeruläre Filtration (GFR) ca. 120 ml/min, für den glomerulären Kapillardruck ~60 mmHg, und für die Plasmaströmung durch die Niere (RPF) etwa 700 ml/min.
 
GRF, glomeruläre Filtrationsrate PGC, glomerulärer Kapillardruck;  RPF, renaler Plasmafluss

Sowohl Sympathikustonus als auch Antiotensin II wirken auf beide Gefäßabschnitte; es gibt aber Situationen, in denen sich die Wirkung vorzugsweise auf

     das vas afferens (Widerstand sinkt hier z.B. nach Nephrektomie in der verbliebenen Niere, wodurch die Filtration zunimmt) oder
 
     das vas efferens konzentriert (z.B. nach Gabe von ACE-Hemmern, z.B. Captopril - sie blockieren ACE (Angiotensin-converting enzyme) und behindern damit die Bildung von Angiotensin).

Der sympathische Tonus zur Niere kann im Rahmen ergotroper Situationen (körperliche Arbeit, Stress, Schmerz, Trauma) erhöht sein, oder als kardiovaskuläre Antwort auf Hypovolämie (Blutverlust). Dann geben Nervenfasern Noradrenalin in das renale Gewebe ab, und es kommt zu Vasokonstriktion an den vasa afferantia und efferentia. Dadurch nehmen die renale Perfusion und glomeruläre Filtration ab. Sinkt die Perfusion (RBF) stärker als die Filtration (GFR), dann liegt das an einem stärkeren vasokonstriktiven Effekt an den vasa efferentia. Bei maximaler sympathischer Stimulation dreht sich dieses Muster um (intensivere Verengung der afferenten Gefäße), in beiden Fällen nehmen sowohl RPF als auch GFR ab.

Für die glomeruläre Filtration gilt - wie in allen Kapillaren - das Starling-sche Filtrationsgesetz. Bei einem effektiven glomerulären Filtrationsdruck von ~10 mmHg werden 20% des durchströmenden Plasmavolumens filtriert (Filtrationsfraktion). Die Filtrationsleistung ist proportional zur Körperoberfläche, hängt aber auch von Geschlecht (m>f) und Alter ab:

      Neugeborene zeigen eine niedrige relative Filtrationsleistung; dann nimmt die (auf die Körperoberfläche bezogene) Filtrationsleistung um einen Faktor von ~10 zu, und

      mit ~6 Monaten übersteigen die Relativwerte diejenigen erwachsener Personen;
 
      mit zwei Jahren stellen sich schließlich Werte ein, die für Erwachsene typisch sind, um dann
 
      mit zunehmendem Alter wieder abzunehmen (Verlust funktionsfähiger Nephrone).
 

Abbildung: Filtration, Rückresorption, Sekretion
Nach einer Vorlage in H. Hinghofer-Szalkay: Praktische Physiologie, 3. Aufl. Blackwell Berlin 1994

Wasser wird im Nephron zu ~99% der glomerulär filtrierten Menge, Glucose vollständig rückresorbiert.
 
Inulin wird nicht rückresorbiert (~100-fach im Endharn konzentriert, seine Clearance entspricht etwa der GFR); PAH wird zusätzlich tubulär sezerniert (die Clearance entspricht fast der Plasmaströmung durch die Nieren, d.h. dem RPF-Wert)

 
    Als Filtrationsfraktion (FF) bezeichnet man denjenigen Anteil des die Nieren durchströmenden Plasmas (RPF), der glomerulär filtriert wird (GFR). Normalerweise beträgt dieser Anteil ~20% des RPF.
 
     Der RPF einer Patientin beträgt 600 ml/min und ihre GFR 84 ml/min. Wie groß ist die Filtrationsfraktion? - Sie beträgt 0,14 oder 14% (84 / 600).
 

Abbildung: Glomeruläre Filtration und Filtrationsfraktion als Funktion der renalen Plasmaströmung
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Der Normalwert der Plasmaströmung durch beide Nieren (RPF) beträgt etwa 600 ml/min. Niedrigere Werte senken den Betrag der Filtration (oben) und erhöhen die Filtrationsfraktion (unten)


Eine Besonderheit des renalen Gefäßsystems liegt darin, dass sowohl zwei Strömungswiderstände (in vas afferens und efferens) als auch zwei Kapillarbette (Glomerulum, peritubuläre Kapillaren) nacheinander angeordnet sind. Daraus ergeben sich mehrere Konsequenzen:

     Der kombinierte Gefäßwiderstand vas afferens und efferens (die in Serie liegen) bestimmt den gesamten Strömungswiderstand und damit die Durchblutung eines Nephrons.

     Der Filtrationsdruck im Glomerulum ist relativ hoch, derjenige in den vasa recte niedrig.

     Die Balance zwischen den beiden Widerständen steuert sowohl den Filtrationsanteil ( Abbildung) als auch die tubuläre Rückresorption.

     Mit zunehmender Nierendurchblutung (bzw. RPF) nimmt die Filtrationsleistung zu (steigendes Flüssigkeitsangebot), die Filtrationsfraktion hingegen ab, weil diese bei höheren Durchströmungswerten "gesättigt" wird ( Abbildung).

Wie die Durchblutung der Nieren gesteuert wird
  
Im Autoregulationsbereich des Nierenkreislaufs (etwa 70-180 mmHg) ist die Filtrationsfraktion ziemlich konstant. Normalerweise werden ~99% der glomerulär filtrierten Flüssigkeitsmenge tubulär wieder rückresorbiert (s. Abbildung unten), ~1% verbleibt letztlich im Harn. Die Rückresorption von Wasser erfolgt über den Transport von Salzen (osmotische Gradienten) teils parazellulär, teils transzellulär.

Voraussetzung für die normalen Funktionsmuster ist die besondere Struktur der Nierengefäße, die nacheinander geschaltete Widerstands- und Austauschgefäße aufweisen:
 

Abbildung: Druckprofil in den Gefäßen der Niere
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Deutlicher Druckabfall erfolgt in den renalen Widerstandsgefäßen: Den vasa afferentia und efferentia. Entlang der glomerulären Kapillaren - die ein stark verzweigtes Gefäßbündel mit minimalem Gesamtwiderstand bilden - ist der Blutdruck stabil (50-55 mmHg), der hydrostatische Druck hat innerhalb eines glomerulären Kapillarbündels überall den gleichen Betrag und garantiert ausreichende Filtration


Kontrahiert beispielsweise in einem Nephron das vas afferens und relaxiert das vas efferens, nimmt der glomeruläre Filtrationsdruck ab; er steigt bei einem umgekehrten Muster. Andererseits beeinflusst die Durchblutung (bzw. RPF) die Filtration auch unabhängig vom glomerulären Filtrationsdruck ( Abbildung oben).

Kontrahiert nur das vas afferens, nehmen sowohl der glomeruläre Kapillardruck als auch die Filtration ab. Umgekehrt verhält es sich mit einer isolierten Kontraktion des vas efferens, die Filtration steigt an. In beiden Fällen nimmt der Strömungswiderstand zu und sinkt damit die Durchblutung.

In der Realität werden vas afferens und efferens meist gleichsinnig beeinflusst (sowohl sympathisch-adrenerge Stimulierung als auch Angiotensin II kontrahieren beide Gefäße, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß). Dadurch kann die Filtration auch bei sinkendem RPF weitgehend stabil gehalten werden.

  Zur Autoregulation der renalen Perfusion s. dort
 
Druckdiurese. Der Filtrationsfraktion-Prozentsatz sinkt mit abnehmendem Blutdruck (<70 mmHg, bei extremer Hypotonie kann die glomeruläre Filtration zum Erliegen kommen), umgekehrt führt hoher Blutdruck zu "Druckdiurese": Die Autoregulation der Durchblutung im Nierenmark schafft es nicht mehr, den osmotischen Gradienten voll aufrechtzuerhalten ("Auswaschen"), die Konzentrierungsfähigkeit nimmt ab und das Harnvolumen zu. Damit steigt auch die Kochsalzausscheidung, das Plasmavolumen sinkt, und letztlich auch der Blutdruck.

Funktioniert dieser Mechanismus nicht, kann dies zur Entwicklung einer arteriellen Hypertonie beitragen.
 
Wird ein filtrierter Stoff nicht im selben Ausmaß wie Wasser rückresorbiert, reichert er sich im Nephron an, seine Konzentration nimmt hier zu. Kreatinin oder Inulin sind solche Stoffe; ihre Clearance erlaubt die Abschätzung der glomerulären Filtrationsleistung (GFR).

  Die renale Natriumausscheidung beträgt zwischen 10 und 500 mM/d, je nach Zufuhr (Nahrung, Getränke, somatische Umbauvorgänge) und allfälligen Verlusten (Schweiss). Die gesunde Niere kann diese große Regulationsspanne bei gleichbleibendem extrazellulären Volumen bewältigen.
 
Tubulo-glomeruläres Feedback (TGF)
 
Der proximale Tubulus resorbiert u.a. ~65% der glomerulär filtrierten Menge an Wasser und Kochsalz. Ein tubulo-glomerulärer Rückkopplungsmechanismus (tubulo-glomerular feedback TGF) stabilisiert die Salz- und Wasser- Ausscheidung der Niere: Die Filtrationsleistung steht in Relation zur Kochsalzmenge, die (im distalen Tubulus) am Glomerulus vorbeiströmt (sodium load).


Abbildung: Macula densa als Strömungsrezeptor
Nach einer Vorlage in Danzinger / Zeidel / Parker: Renal Physiology - A Clinical Approach. Wolters Kluwer / Lippincott Williams & Wilkins 2012

Zunahme der Strömung - insbesondere des Einstroms von Chloridionen über einen nierenspezifischen Na/K/2Cl-Cotransporter (NK2Cl cotransporter, NKCC2, grün) - veranlasst Zellen der macula densa im frühdistalen Tubulus zur lokalen Freisetzung von Adenosin. Dieses bewirkt in Sekundenschnelle eine Erhöhung des Tonus des vas afferens und reduziert dadurch Druck und Strömung im Glomerulum.
 
Über mehrere Minuten anhaltende Reduktion der Strömung im Tubulus beantworten granuläre Zellen mit der Freisetzung von Renin. Dieses triggert die Bildung von Angiotensin (Vasokonstriktion) und Aldosteron (Konservierung von Kochsalz); beides stabilisiert den Kreislauf, erhöht den Blutdruck und stärkt die glomeruläre Filtration



Wie genau die Rückkopplung im juxtaglomerulären Apparat funktioniert, ist Gegenstand der Forschung. Jedenfalls spielt die Nähe zum vas afferens eine entscheidende Rolle, denn dieses steuert die Filtrationsgröße des Glomerulum. Auf diese Weise wird die Perfusion der Glomeruli rasch (Sekundenbereich) und kurzfristig reguliert.

Es scheint so zu sein, dass die macula densa das Ausmaß der Flüssigkeitsströmung durch den frühdistalen Tubulus messen kann - wahrscheinlich über einen Na/K/2Cl-Cotransporter, der durch tubuläres Chlorid aktiviert wird ( Abbildung). Der (furosemidsensitive) Natrium-Kalium-Chlorid-Cotransporter transportiert Ionen konzentrationsabhängig in die Zelle. Dabei spielt die Chloridkonzentration den hauptsächlich steuernden Effekt, da diese im Tubulus 20-60 mM/l beträgt und der Na+/K+/2Cl--Symporter bei einem [Cl-] von ~40 mM halbmaximal angeregt ist. (Für Na+ liegt die halbmaximale Aktivierung des Symporters bei nur 2-3 mM, d.h. der Transporter ist ohnehin immer natriumaktiviert, Na+-Konzentrationsschwankungen ändern seine Kapazität nicht.)

Steigerung der
golumerulären Filtration führt dazu, dass mehr Salz durch die Henle-Schleife gelangt und zur macula densa gelangt. Mit steigender Salzbelastung setzen die macula-densa-Zellen basolateral ATP frei, das durch lokale Enzyme zu Adenosin umgewandelt wird. Dieses führt über Wirkung an purinergen Rezeptoren (P2) zu Freisetzung von Ca++ und Kontraktion der glatten Muskelzellen in der Wand des betreffenden vas afferens (gap junctions zwischen ihnen verbreiten das Signal).

Die Kontraktion des vas afferens limitiert die glomeruläre Filtration und reduziert damit auch die Kochsalzbelastung (negative Rückkopplung). Dieser tubulu-glomeruläre Feedbackmechanismus stabilisiert glomeruläre Durchblutung und Filtration.
 

Abbildung: Tubulo-glomeruläres Feedback
Modifiziert nach einer Vorlage bei pblh2012.wikispaces.com

Erhöhte glomeruläre Filtration wird durch Verengung des vas afferens gegenreguliert


  Der tubulo-glomeruläre Mechanismus umfasst (nach dem aktuellen Forschungsstand) vermutlich folgende Schritte:
 
1.  Steigender arterieller Druck erhöht Perfusion und glomeruläre Filtration
 
2.  Erhöhte glomeruläre Filtration steigert das tubuläre Kochsalz- und Wasserangebot an die Zellen der macula densa
 
3.  Zellen der macula densa lagern vermehrt Na und Cl ein (via apikale Na/K/Cl-Cotransporter)
 
4.  Steigende intrazelluläre Chloridkonzentration depolarisiert (über basolaterale Chloridkanäle) die Zelle
 
5.  Die Depolarisation öffnet basolaterale (nichtselektive) Kationenkanäle, Ca++ strömt in die Zelle ein...
 
6.  ...das aktiviert die Freisetzung parakriner Wirkstoffe, vor allem Adenosin und ATP (das zu Adenosin wird)
 
7.  Adenosin bindet an A1-Rezeptoren, glatte Muskelzellen im vas afferens kontrahieren
 
8.  Kontraktion des vas afferens senkt die glomeruläre Filtration (negatives Feedback zu Punkt 1)

Apikale / basolaterale Membran s. dort
 
Diese Vorstellung von der Funktionsweise des tubulo-glomerulären Feedbacks zeigt das folgende Bild:
 
 
Abbildung: Tubulo-glomeruläres Feedback (Macula-densa-Mechanismus)
Modifiziert nach Vallon V, Unwin R, Inscho EW, Leipziger J, Kishore BK. Extracellular Nucleotides and P2 Receptors in Renal Function. Physiol Rev 2020; 100: 211-69

Erhöhte glomeruläre Filtration und damit Kochsalz-Last wird durch Verengung des vas afferens gegenreguliert.

 1: Na/K/2Cl-Cotransporter (NKCC2, Furosemid-sensitiv) in der apikalen Membran von macula-densa-Zellen steigern konzentrationsabhängig die Aufnahme von Na+, K+ und Cl- ; Na/K-Pumpen befördern Natrium in den Extrazellulärraum
 
 2: An der basolateralen Membran wird sowohl Adenosin (aus ATP-Abbau) als auch ATP in das Interstitium freigesetzt
 
 3, 4: Adenosin (ADO) wird intra- und extrazellulär gebildet, die extrazelluläre Bildung involviert lokale Enzyme (CD39 und CD73: Ektonukleosid-Triphosphat-Diphosphohydrolase 1, 5'-Nukleotidase)
 
 5, 6, 8-10: Adenosin aktiviert A1-Adenosinrezeptoren, das erhöht [Ca++] in extraglomerulären Mesangiumzellen und glatten Muskelzellen in vasa afferentia, was zu deren Konstriktion führt. Das Calciumsignal wird über gap junctions fortgeleitet
 
 7, 11: extrazelluläres ATP aktiviert P2-Rezeptoren, auch an der basolateralen Membran von macula densa-Zellen (Funktion noch unklar)


Der Tonus der vasa afferentia ist proportional der Kochsalzpassage an der macula densa. Der sich daraus ergebende Rückkopplungsmechanismus stabilisiert die Filtration auf einem Mittelwert:

  Steigt die Salzmenge (starke glomeruläre Filtration), kontrahiert sich das vas afferens, und die Filtration in das betreffende Nephron nimmt ab.
  Umgekehrt kommt es bei sinkender Salzbelastung zu Vasodilatation des vas afferens, was Kapillardruck und Filtration steigert.

Erhöhte Kochsalzkonzentration im distalen Tubulus führt über Adenosin zu Kontraktion des vas afferens, das optimiert die Verteilung der Durchblutung auf die einzelnen Nephrone und schützt die Niere insgesamt vor überhöhtem Perfusionsdruck.
 
Der TGF-Mechanismus ist durch Faktoren wie extrazelluläres Flüssigkeitsvolumen (EZV) und Eiweißzufuhr beeinflussbar. So sinkt die Empfindlichkeit der macula densa mit zunehmendem EVZ, was die Volumenausscheidung fördert (und nimmt umgekehrt mit abnehmendem EZV zu, wodurch das extrazelluläre Volumen konserviert wird). Dieser Effekt steht möglicherweise unter dem Einfluss von Angiotensin II, das ein wesentlicher Bestandteil des tubulo-glomerulären Rückkopplungssystems ist.

Intensive Proteinzufuhr ("Sportlerdiät") kann den TGF-Mechanismus abschwächen und dadurch glomeruläre Filtration und renale Durchblutung erhöhen. "Proteinmast" kann so zu verstärkter glomerulärer Belastung und fallweise Schädigung führen.
 
Sympathische Efferenzen zur Niere kontrahieren vor allem vasa efferentia, dadurch stabilisieren sie den Blutdruck bei gleichzeitiger Unterstützung der glomerulären Filtration. Angiotensin II wirkt sowohl auf afferente als auch efferente Arteriolen, es steigert den renalen Gefäßwiderstand bei gleichzeitiger Stabilisierung des Filtrationsdrucks im Glomerulum. Atriale natriuretische Peptide relaxieren renale Gefäße; sie erhöhen die renale Perfusion und die Harnproduktion.
 
Wie wird die Reninsekretion reguliert?
 

Die Reninfreisetzung ist der limitierende Schritt der Renin-Angiotensin-Aldosteron-Kaskade. Schon eine geringe Senkung des arteriellen Drucks (wie z.B. beim Aufrichten des Körpers aus Liegeposition) stimuliert vermehrte Reninwirkung. Die Freisetzung von Renin aus juxtaglomerulären Zellen unterliegt hauptsächlich der Kontrolle durch folgende Regulationspfade und erfolgt in einem langsameren Zeitrahmen (Minuten bis Stunden).
 


Die Regulierung der Reninfreisetzung erfolgt über die Kochsalzlast an der macula densa, renale Barorezeptoren und über sympathische Impulse:

     Zellen der macula densa (
Abbildung) nehmen Kochsalz apikal über den Na+/K+/2Cl--Symporter aus dem Tubulus auf. Die Intensität dieser Transportleistung übersetzt sich in mehrere Steuersignale für die Reninfreisetzung: Erhöhte Kochsalzlast hemmt, erniedrigte aktiviert die Reninfreisetzung. Das entscheidende Signal für die Zellen der macula densa ist also die Geschwindigkeit, mit der sie von NaCl durchströmt werden, nicht die NaCl-Konzentration an sich.
 
 
Abbildung: Steuerung der Reninfreisetzung
Nach einer Vorlage in Hilal-Dandan / Brunton, Goodman & Gilman's Manual of Pharmacology and Therapeutics, 2nd ed., McGraw Hill Education 2014

Nimmt die Salzzufuhr ab, steigt die Produktion von Prostaglandinen in macula-densa-Zellen. Diese regen an juxtaglomerulären Zellen - wie auch Katecholamine - die Bildung von cAMP und damit die Reninfreisetzung an.
 
Steigt die Salzzufuhr, verbrauchen macula-densa-Zellen mehr ATP (Na/K-Pumpe) und es entsteht mehr Adenosin, das die Reninproduktion der juxtaglomerulären Zellen hemmt.
 
ATP kann auch direkt (über purinerge Rezeptoren und intrazellulären Ca++-Anstieg) die Reninfreisetzung dämpfen. Ähnlich wirkt Angiotensin II.
 
A1-R, Adenosinrezeptor AC, Adenylatzyklase AT1-R, Angiotensinrezeptor ß1-R, adrenerger Beta-1-Rezeptor COX-2, Zyklooxygenase-2 G, G-Protein nNOS, neuronale NO-Synthase P2Y-R, purinerger Rezeptor PG-R, Prostaglandinrezeptor PLC, Phospholipase C


     Steigender tubulärer Antransport von NaCl erhöht via ATP-Verbrauch die Produktion von Adenosin, das über einen Nukleosid-Transporter in den Extrazellulärraum gelangt und parakrin an den juxtaglomerulären Zellen - über Adenosinrezeptoren und Gi-Proteine - die Bildung von cAMP und damit die Reninfreisetzung hemmt.

     ATP wird dabei von macula-densa-Zellen freigesetzt und steigert über P2Y-Rezeptoren, Gq-Proteine, Phospholipase C und Inositolphosphat den Ca++-Spiegel in der juxtaglomerulären Zelle. Der erhöhte Ca++-Spiegel hemmt die Reninfreisetzung (was außergewöhnlich ist, ähnlich wie in Epithelkörperchenzellen der Schilddrüse, wo ansteigendes intrazelluläres [Ca++] die Sekretion von Parathormon hemmt).

     Vermehrter tubulärer Antransport von NaCl bremst in macula-densa-Zellen weiters die Bildung (über Zyklooxygenase 2) von Prostaglandinen (PGE2, PGI2), die in juxtaglomerulären Zellen über Prostaglandinrezeptoren, Gs-Proteine, Adenylatzyklase und cAMP die Reninsekretion anregen würden.

      Steigende Druck- bzw. Perfusionswerte im präglomerulären Gefäßbereich hemmen die Reninfreisetzung (und umgekehrt) - wahrscheinlich über Dehnungssignale in der Wand des vas afferens (
intrarenaler Barorezeptor). Dies könnte über Prostaglandine mediiert sein.

      ß1-adrenerge Rezeptoren wirken bei sympathischer Aktivität wie Prostaglandine über G
s-Proteine, Adenylatzyklase und cAMP anregend auf die Reninsekretion.
 
Weitere regulierende Faktoren
 

Dazu kommt die Veränderung der für den transkapillären Flüssigkeitsaustausch relevanten Kräfte infolge der Filtration: Je stärker ein Glomerulus filtriert, desto mehr nimmt die zurückbleibende Plasmamenge und damit der Kapillardruck ab, gleichzeitig wird das zurückbleibende Plasmaprotein konzentriert, der kolloidosmotische Druck nimmt zu. Auf diese Weise steigt automatisch die Rückresorption von Flüssigkeit in diesem Nephron (verändertes Starling-Gleichgewicht).
 
  Zur Durchblutung der Nieren und deren Messung (RPF) s. dort
 
      Prostaglandine (PGE2, PGI2) erhöhen renale Perfusion (wie auch Dopamin) und glomeruläre Filtration. Wird die Prostaglandinsynthese in der Niere unterdrückt, sinkt die Nierendurchblutung.

      Natriuretisch wirken Bradykinin (hemmt wie Prostaglandine ENaC-Kanäle), Dopamin (wirkt lokal vasodilatatorisch und damit natriuretisch), und nicht zuletzt natriuretische Peptide.
 


 
Die Bestimmung der GFR kann einen Hinweis auf beginnende pathologische Veränderungen der Niere geben - die meisten Nierenerkrankungen schädigen zunächst die Glomeruli (z.B. Glomerulonephritis). Blutwerte (Kreatinin, Harnstoff) steigen erst bei starkem renalem Funktionsverlust deutlich an.

Viele Nierenerkrankungen (Nephrosen) gehen mit einer Abnahme der glomerulären Filtration einher. Das führt zu Retention harnpflichtiger Substanzen und Anstieg der entsprechenden Blutwerte (z.B. Ammonium, Harnstoff, Harnsäure, Kalium - Urämie ). Besonders kennzeichnend ist der Anstieg der Kreatininwerte, die Kreatininclearance kennzeichnet die glomeruläre Filtrationsleistung. (Die Kreatininausscheidung erlaubt normalerweise eine Abschätzung der Muskelmasse.)

Weiters können die Kapillaren ihre Siebwirkung verlieren, und es wird so viel Eiweiß filtriert, dass es von den Tubuluszellen nicht rückgewonnen werden kann und im Harn erscheint (Proteinurie).
 

 
      Die glomeruläre Filterfläche einer Niere beträgt ~1 m2. Die "Filtermatte" der Glomeruli ist dreilagig: Endothel, Basalmembran und Podozyten; Podozyten und Basalmembran bestimmen gemeinsam die Permeabilität gegenüber Plasmaproteinen. Die glomerulären Kapillarwände sind fenestriert, die Lücken haben ~70 nm Durchmesser (blockieren den Durchtritt von Blutkörperchen). Wenn Mesangiumzellen kontrahieren (vasoaktive Substanzen wie Vasopressin), sinkt der Filtrationskoeffizient. Das Ausmaß der Filtration eines Stoffes hängt von seiner Größe, Ladung, Form und Verformbarkeit ab. Der hydrostatische Druck beträgt am Beginn der Glomerulumkapillare ~55 mmHg, am Ende ~50 mmHg. Gegenkräfte sind der hydrostatische Druck in der Glomerulumkapsel (~15 mmHg) und der onkotische Effekt des Blutplasmas (~25-30 mmHg), der durch die Filtration auf ~40 mmHg ansteigt, bis der effektive Filtrationsdruck (im Mittel ~10 mmHg) Null beträgt (Filtrationsäquilibrium)
 
      Der Siebkoeffizient (S) ist definiert als die Konzentration eines Stoffes im Filtrat (Kf) in Relation zur Konzentration im Blutplasma (Kp): S = Kf / Kp. Ist sein Betrag 1, werden Teilchen frei filtriert, beträgt er 0, gelangen sie nicht in das Filtrat (Albumin: Siebkoeffizient <1%)Durch fingerförmige Podozytenfortsätze gebildete "Filtrationsschlitze" (Spaltenbreite 4-25 nm) erlauben den Durchtritt des Filtrats in den Bowman-Raum. Der eigentliche Filter ist die Basalmembran zwischen Endothel und Podozyten: Der effektive Porenradius beträgt 1,5-4,5 nm. Mit zunehmender Molekülgröße nimmt die Fraktion filtrierten Stoffs ab (bei ~70 kDa praktisch Null). Von ~35.000 g Albumin, die an einem Tag die Glomeruli passieren, werden 0,15-0,2 g filtriert, 90% davon im Tubulus endozytiert, 15-20 mg/d erscheinen im Harn. Kleinere Proteine (bis 45 kD) filtrieren die Glomeruli zu ≤80%, ihr Anteil im Harn beträgt 50-80 mg/d. An Eiweiß gebundene Moleküle sind der Filtration entzogen. Negativ geladene Moleküle gelangen schwerer durch die Filtrationsbarriere als positiv geladene (negativ geladene Proteoglykane der Basalmembran, negativ geladene Glykokalix)
 
      Der juxtaglomeruläre Apparat besteht aus Teilen des vas afferens (reninbildende Myozyten), Beginn des vas efferens, und der macula densa, einem hochepithelialen Teil des frühen distalen Tubulus; er stabilisiert das Gleichgewicht zwischen Filtration und Rückresorption im Nephron. Macula-densa-Zellen reagieren auf reduzierte tubuläre Strömung (deutet auf reduzierte Flüssigkeitsreserven im Körper hin) mit Reninfreisetzung aus dem vas afferens. Steigender tubulärer Antransport von NaCl erhöht die Produktion von Adenosin, das parakrin an den juxtaglomerulären Zellen die Reninfreisetzung hemmt: Erhöhte Kochsalzlast bremst, erniedrigte aktiviert die Reninfreisetzung. Renin stimuliert das Renin-Angiotensin-Aldosteron- System, das Kochsalz und damit Wasser zurückhält, Blutdruck und Kreislauf stabilisiert. Renin triggert die Bildung von Angiotensin (Vasokonstriktion) und Aldosteron (Konservierung von Kochsalz); beides erhöht den Blutdruck und stärkt die glomeruläre Filtration
 
      Filtrationsfraktion (FF) ist der Anteil des die Nieren durchströmenden Plasmas (RPF), der glomerulär filtriert wird (GFR). Normalerweise beträgt die FF ~20% des RPF. Im Autoregulationsbereich (80-180 mmHg) ist die Filtrationsfraktion ziemlich konstant, <70 mmHg nimmt er ab, bei extremer Hypotonie kann die glomeruläre Filtration zum Erliegen kommen. Der Tonus der vasa afferentia ist proportional der Kochsalzpassage an der macula densa (die Natriumausscheidung beträgt zwischen 10 und 500 mM/d). Steigt die Salzmenge (starke glomeruläre Filtration), kontrahiert sich das vas afferens, und die Filtration in das betreffende Nephron nimmt ab. Umgekehrt dilatiert das vas afferens bei sinkender Salzbelastung, Kapillardruck und Filtration steigen an
 

 




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