Glomerulär
filtrierte Stoffe werden tubulär rückresorbiert - vorausgesetzt, es
gibt für
sie entsprechende Wege: Entweder durch die Tubuluszellen hindurch
(Transportmechanismen über die apikale und basolaterale Membran der
Tubuluszellen, oder sie sind primär membrangängig) oder zwischen ihnen
(parazellulärer Weg).
Manche Stoffe - wie das Kreatinin aus dem Muskelstoffwechsel oder der Indikatorstoff
Inulin (ein pflanzlicher Zucker) - werden nicht rückresorbiert, das heißt, sie werden nach ihrer Filtration vollständig ausgeschieden (die Kreatinin-
bzw. Inulinclearance dient als Maß für die glomeruläre
Filtrationsleistung).
Fast alle im Filtrat vorhandenen Stoffe werden rückresorbiert, meist zum Großteil in den proximalen Tubuli.
Die dafür vorhandenen Transporter können gelegentlich überfordert sein, Beispiel:
Bei erhöhtem Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie) kann nicht die gesamte filtrierte Glucose bewältigt werden, das tubuläre Maximum für Glucose ist dann überschritten, und Glucose tritt in den Harn über (Glukosurie).
60-70% des glomerulär filtrierten Wassers wird in den proximalen Tubuli
zurückgewonnen. Das erfolgt isoton, osmotisch an die Rückresorption von Salzen (vor allem Kochsalz) geknüpft. Neben Natrium und Chlorid (zu ~65%) werden im proximalen Tubulus vor allem Kalium (~80%), Calcium (~65%), Magnesium (~60%) und Phosphat (~80%) rückresorbiert. Glucose und Aminosäuren gelangen proximal-tubulär vollständig in den Kreislauf zurück (soferne ihr tubuläres Maximum nicht überschritten wurde).
Die Ausscheidung der Salze hängt vom jeweiligen Elektrolytstatus ab: So werden bei minimaler Kaliumversorgung nur 2% der glomerulär filtrierten Menge mit dem Harn ausgeschieden (Clearance etwa 2,5 ml/min), bei
hohem Kaliumangebot hingegen bis zu 150% (blockierte Rückresorption
plus Sekretion: Clearance ca. 180 ml/min). Das heißt, die
Clearanceleistung hat in diesem Fall eine Spanne von etwa 1:70.
Harnsäure
wird sowohl rückresorbiert - so gut wie vollständig, dann wieder zur
Hälfte sezerniert und dann nochmals zum größeren Teil resorbiert, im
Endeffekt werden 10% der glomerulär filtrierten Menge ausgeschieden (~10-fach
konzentriert im Vergleich zur Plasmakonzentration). Etwa 40% des filtrierten Harnstoffs werden mit dem Harn ausgeschieden.
|
Der
in den Millionen Glomeruli aus dem Blutplasma filtrierte "Primärharn"
(150-200 Liter pro Tag) wird in den Tubuli der Nephrone weitgehend
zurückgewonnen. Dabei haben die verschiedenen Tubulusabschnitte
spezielle Eigenschaften und Funktionen, bedingt einerseits durch ihre
unterschiedliche Ausstattung mit Transportsystemen (ohne diese sind die
Tubuluswände praktisch undurchlässig), andererseits durch Spezifitäten
(Konzentrationsverhältnisse) ihrer Umgebung; auch elektrische Gradienten spielen eine gewisse Rolle.
Die Energie für den transepithelialen Transport stammt - direkt oder
indirekt - von der Aktivität der Na/K-ATPase in der basolateralen
Membran der Epithelzellen. Einige Tubulusabschnitte unterliegen
außerdem hormoneller Kontrolle.
Die Rückresorption beansprucht den Großteil des renalen Energieaufwandes, wobei die Rückgewinnung von Natrium bzw. Kochsalz den Löwenanteil des Sauerstoffbedarfs ausmacht:
Abbildung: Renale Sauerstoffaufnahme als Funktion der tubulären Natriumresorption
Nach einer Vorlage in Boron W, Boulpaep E: Medical Physiology (1st ed.). Philadelphia, Saunders, 2003
Die
Kochsalzresorption der Tubuli wurde experimentell durch Manipulation
der glomerulären Filtration (Diuretika, Hypoxie) verändert. Die
Sauerstoffaufnahme wurde über die Sauerstoffextraktion (AVDO2) ermittelt.
Natriumresorption und Sauerstoffkunsumption der Niere sind linear zueinander korreliert
Die Nieren verbrauchen fast ihre gesamte
Stoffwechselenergie für die Rückgewinnung von Kochsalz aus dem primären
Filtrat (
Abbildung). Ohne diese Funktion käme es zu akutem Salz- und damit Volumenverlust und Kreislaufversagen.
Orte und Mechanismen der Rückresorption
Aus
funktioneller und morphologischer Sicht unterteilt man den Tubulus in
mehrere Segmente: Proximaler Tubulus, Henle-Schleife, distaler Tubulus
und Sammelrohr. In all diesen Abschnitten findet sich
eine Lage Tubulusepithelzellen einerseits zwischen dem Innenraum (lumen), der
(modifizierten) Primärharn enthält, andererseits dem Interstitium mit
Blutgefäßen (vor allem vasa recta, also Kapillaren). Die Epithelzellen sind
polar strukturiert: Ihre Zellmembran hat einen
apikalen (lumenwärts gerichteten) und einen
basolateralen (zum Blut hin gerichteten) Abschnitt.

Epithelzellen:
apikale /
basolaterale Membran vgl.
dort
Abbildung: Abschnitte eines Nephrons
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
Proximaler
Tubulus: pars convoluta, pars recta. S = Segment (der Bürstensaum
verliert von S1 zu S3 an Dichte und fehlt den Tubuluszellen der tiefen
Henle-Schleife gänzlich)
Intermediärer Tubulus: pars descendens, pars ascendens der Henle-Schleife
Distaler Tubulus : medullärer, kortikaler dicker aufsteigender Schenkel, distale pars convoluta
Sammelrohrsystem: Verbindungsstück, initiales / kortikales / äußeres medulläres / inneres medulläres Sammelrohr
Bis zu 10 Nephrone münden in ein Sammelrohr (Rindenzone), anschließend
vereinigen sich mehrere Sammelrohre (Nierenmark) und münden an einer
Papille (papilla renalis) in einen Nierenkelch bzw. das Nierenbecken
(pelcis renalis)
An der Grenze zwischen den beiden Membranabschnitten sind die Zellen durch Abdichtungen (Schlussleistensysteme) so verknüpft, dass zwischen ihnen (parazellulärer Weg) kaum ein Austausch von Molekülen / Ionen möglich ist. Nur durch die Zelle hindurch (transzellulär)
findet ausreichend Transport zwischen Tubuluslumen und Blut statt.
Die
unterschiedliche Ausstattung der beiden Membranen mit
Transportmolekülen (Permeasen, Austauschern, ATPase) ermöglicht
gerichteten Transport von Salzen und organischen Bestandteilen -
entweder in Richtung Rückgewinnung (gilt für die meisten Bestandteile
des glomerulären Filtrats) oder Ausscheidung ("harnpflichtige" Stoffe
wie Ammonium, Harnstoff u.a.).
Die verschiedenen Nephronabschnitte haben folgende Hauptaufgaben:
Proximaler Tubulus: Resorption von Wasser und allen Stoffen, die im
Körper verbleiben sollen; reich an Mitochondrien (besonders hoher Stoffwechselaufwand). 60-80% der filtrierten Flüssigkeitsmenge werden im proximalen Tubulus zurückgewonnen; 20-40% betreten die Henle-Schleife.
Henle-Schleife, bestehend aus einem dünnwandigen absteigenden und einem dickwandigen aufsteigenden Schenkel: Aufbau eines osmotischen Gradienten, Harnstoffzirkulation, Resorption von 5-10% der filtrierten Flüssigkeitsmenge.
Distaler Tubulus / Sammelrohr: Feineinstellung der Stoffmengen
(Ausscheidung / Rückgewinnung) und der osmotischen Konzentration. Hier greifen Vasopressin (Wasserresorption), Aldosteron
(Natriumresorption) und natriuretische Peptide an (Natriumausscheidung). Erniedrigte Osmolalität im Blut regt die Freisetzung von Aldosteron an, erhöhte Osmolalität die von Vasopressin.
Tubulusabschnitte. Die Bezeichnungen der einzelnen Segmente der Tubuli sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt (vgl.
Abbildung):
Bezeichnungen tubulärer Nephronsegmente
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deutsch
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englisch
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Abkürzung
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Proximaler Tubulus, pars convoluta
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Proximal convoluted tubule
|
PCT
|
Proximaler Tubulus, pars recta |
Proximal straight tubule
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PST
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Absteigender Schenkel der Henle-Schleife
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Thin descending limb of loop of Henle
|
tDLH
|
Dünner aufsteigender Schenkel der Henle-Schleife
|
Thin ascending limb of loop of Henle |
tALH
|
Dicker aufsteigender Schenkel der Henle-Schleife |
Thick ascending limb of loop of Henle |
TAL
|
Distaler Tubulus, pars convoluta |
Distal convoluted tubule
|
DCT
|
Verbindungstubulus
|
Connecting tubule
|
CNT
|
Initiales Sammelrohr
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Initial collecting tubule
|
ICT
|
Kortikales Sammelrohr
|
Cortical collecting tubule
|
CCT
|
Sammelrohr im äußeren Mark
|
Outer medullary collecting tubule
|
OMCD
|
Sammelrohr im inneren Mark |
Inner medullary collecting tubule |
IMCD
|
Im Glomerulus filtrierte und im Tubulus
nicht
oder nur geringfügig rückresorbierte Stoffe werden im Nephron
automatisch angereichert: Soferne sie zu
einem geringeren Prozentsatz rückresorbiert werden als Wasser (~99%),
nimmt ihre Konzentration in
der Tubulusflüssigkeit zu. Die schließlich verbleibende Flüssigkeit (~1% des Filtratvolumens) wird
als Harn ausgeschieden, und die Konzentration von Stoffen, die tubulär
überhaupt nicht rückresorbiert wurden, erhöht sich im Vergleich zum
Blutplasma auf etwa das Hundertfache. Dies
trifft z.B. für
Kreatinin (eine körpereigene Substanz aus dem Muskelstoffwechsel) und
Inulin
(ein körperfremdes Kohlenhydrat) zu.
Tubuluszellen haben auch über Rückresorption und Sekretion hinausgehende
Funktionen, wie den Abbau von Peptidhormonen.
Bei Nierenversagen
steigen die entsprechenden Hormonkonzentrationen im Blut an.
Tubuluszellen verfügen über je mehrere Tausend (bis ~7.10
3) Mikrovilli. Die Nephrone einer Niere haben eine Gesamtlänge von ~50 km; ihre innere Gesamtoberfläche beträgt ~20 m
2.
Die Filtrationskräfte, die zum Rückstrom von Wasser
aus dem Tubulus in das Blut der vasa recta führen, setzen sich aus
hydrostatischen und kolloidosmotischen Druckkomponenten zusammen:
Tubuläre Filtrations- / Resorptionskräfte
(+ in die Kapillare, - in das Interstitium gerichtet)
|
Blutplasma: Kolloid-
osmotischer Druck
|
Peritubuläre Kapillare: Hydrostatischer Druck (Blutdruck)
|
Interstitium: Hydro-
statischer Druck (Gewebe-
druck)
|
Interstitium: Kolloid-
osmotischer Druck
|
|
~ +30 mmHg
|
~ -20 mmHg
|
~ +10 mmHg
|
~ -5 mmHg
|
Gesamt +15 mmHg
|
In Summe ergibt sich aus diesen Zahlen ein tubulärer Resorptionsdruck (in die peritubuläre Kapillare gerichtet) von etwa 15 mmHg.
Dieser führt zu einem Rückstrom filtrierten Wassers aus den Tubuli in
den Blutkreislauf.
Abbildung: Resorption aus dem proximalen Tubulus
Nach einer Vorlage bei uic.edu/classes
Elektrolyte, Glucose, Aminosäuren, Vitamine werden z.T. durch sekundär-aktiven (durch den Na+-Gradienten
angetriebenen) Transport resorbiert (apikale Membran am Tubuluslumen,
oben) und über die basolaterale Membran (unten) an das Blut
weitergegeben. Seitlich sind die Epithelzellen über tight junctions
verknüpft. Wasser folgt dem osmotischen Gradienten
Mit dem Wasser bewegen sich einige Ionen auf dem
parazellulären Weg mit (solvent drag), Wasser kann aber auch
transzellulär zum Blut gelangen (Aquaporine).
Welche gelösten Stoffe
wie stark parazellulär und/oder transzellulär Richtung Blut gelangen,
hängt von Druck- und Ladungsverhältnissen, Teilchengröße und
insbesondere Ausstattung der Tubulusepithelien mit Transportmolekülen
ab.
Die meisten der glomerulär filtrierten Moleküle werden in den Tubuli (weitgehend oder vollständig)
zurückgewonnen und in den Kreislauf retourniert. Dazu haben die Zellen des proximalen Tubulus gemeinsame Eigenschaften:

Die luminale Membran der Tubulusepithelzellen ist
reichlich mit
Mikrovilli ausgestattet (
Abbildung), das vergrößert die für die Resorption
verfügbare Oberfläche; auch die basolaterale Membran verfügt über
zahlreiche Einstülpungen.

Zellmembran voller Carriermoleküle (vor allem apikal)

Zahlreiche Mitochondrien (Antrieb ATP-verbrauchender Transportvorgänge in der basolateralen Membran)

Seitliche interzelluläre Kontakte (tight junctions) sind für Wasser durchgängig (parazelluläre Resorption)

Membranen enthalten zahlreiche Aquaporin 1-Kanäle (transzelluläre Passage von Wasser)
Transepitheliales Potential: Die Transportvorgänge durch das Tubulusepithel führen zunächst zu einer leichten (-3 mV) negativen Aufladung des Lumens
gegenüber dem Interstitium (es werden - transzellulär - etwas mehr
positive als negative Ladungen resorbiert). Dieses Potential zieht zwar
Chloridionen -
parazellulär - Richtung Interstitium, aber nicht genug, um mit der
Resorption anderer Ionen Schritt zu halten.
Im weiteren Verlauf des
Tubulus reichert sich Chlorid im Lumen an (Cl--Gradient), und das transepitheliale Potential kehrt sich um, es wird in distalen Teilen des proximalen Tubulus lumen-positiv
(+3 mV) Damit wandern nun Kationen zusammen mit Wasser vermehrt
parazellulär Richtung Interstitium (solvent drag). Das treibt in
distalen Teilen des proximalen Tubulus einen beträchtlichen Teil der
Resorption sowohl von organischen Molekülen als auch von Ionen an.
So werden die
meisten Inhaltsstoffe des
Primärharns in
peritubuläre Kapillaren iso-osmotisch zurückgeholt - Wasser,
Elektrolyte, Zucker, Aminosäuren etc. Auch werden jeden Tag 150-200 mg Albumin glomerulär filtriert und von den Tubuluszellen endozytiert.
Der Großteil der Rückresorption erfolgt im proximalen Tubulus
Der
proximale Tubulus ist 12-24 mm lang, hat einen Durchmesser von
50-65 µm und ist stark geschlungen; die proximalen Tubuli machen den
Großteil der Nierenrinde aus. Sie resorbieren 60-80% des glomerulären Filtrats, das sind
etwa 130 Liter pro Tag.
Abbildung: Nephron und Ausscheidung
Modifiziert nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
Harngängige
Stoffe werden glomerulär filtriert. Sie können tubulär rückresorbiert
und/oder auch sezerniert werden (z.B. Kalium). Die im Tubulus letztlich
verbliebene Menge wird mit dem Harn ausgeschieden.
Das Harnvolumen beträgt ~1% des glomerulär filtrierten Volumens
(GFR). Daher wird ein glomerulär filtrierter Stoff, der weder rückresorbiert noch sezerniert
wird, etwa hundertfach konzentriert (z.B. Kreatinin).
Menge einer mit dem Harn ausgeschiedenen Substanz = Menge glomerulär
filtriert - Menge tubulär rückresorbiert + Menge tubulär sezerniert

Die
massive Rückresorption (pro Tag etwa 17.000 mM Natrium, 13.300 mM
Chlorid, 3.000 mM Bicarbonat, 250 mM
Calcium etc) erfolgt osmotisch ausgeglichen
(isoosmotisch), da die proximalen Tubuli mit Aquaporinen ausgestattet
sind und Wasser osmotisch-passiv nachfolgt.
Das Plasma in den peritubulären Kapillaren hat infolge der starken glomerulären Filtration einen hohen kolloidosmotischen Druck
(~35
mmHg) und nimmt mit
zunehmender Rückresorption von Wasser aus den Tubuli wieder auf
"normale" 25 mmHg ab (Durchschnittswert entlang der vasa recta ~30
mmHg). Der
hydrostatische Filtrationsdruck entlang der peritubulären Kapillaren ist relativ niedrig (~20 mmHg), da den vasa
recta das vas afferens und vas efferens in Serie vorgeschaltet sind.
Im Interstitium beträgt der hydrostatische Druck ~10 mmHg, der kolloidosmotische ~5 mmHg (Proteine
werden über Lymphgefäße aus dem Interstitium entfernt).
Die
Resorption der meisten filtrierten Stoffe erfolgt - teils unterstützt
durch elektrische Gradienten - durch die Epithelzellen sowie zwischen
ihnen, je nach Ausstattung mit membranalen Proteinen und
Schlussleistensystemen:
Transzellulärer Transport
(durch die Epithelzelle - d.h. die apikale und basolaterale Membran - hindurch):
Luminale (apikale) Membran

Na
+-H
+-Antiport, aktiviert durch intrazellulären pH-Abfall (zelluläre Azidose), sezerniert H
+ sekundär-aktiv im Austausch gegen Na
+

Natriumkanäle für sekundär-aktiven Kotransport mit Glucose (SGLT 1/2; zum tubulären Maximum s.
unten), Aminosäuren, Phosphat, Laktat, Acetat, Citrat

Peptide und Proteine (Albumin, Mikroglobulin, Lysozym), die glomerulär filtriert wurden, werden mittels
Endozytose zurückgewonnen - s
dort

Abbildung: Proximaler Tubulus
Nach einer Vorlage in Guyton/Hall, Textbook of Medical Physiology, 12th ed. Saunders 2010
Der proximale Tubulus resorbiert ~65%
der glomerulär filtrierten Last an Wasser, Natrium, Kalium, Chlorid,
Bicarbonat, sowie das gesamte Angebot an Glucose (außer bei
Überforderung des tubulären Maximums) und Aminosäuren.
Sezerniert werden Wasserstoffionen, organische Säuren und Basen

Basolaterale Membran

Na
+-K
+-Pumpe

Na
+-Bicarbonat-Cotransport

K
+-Cl
--Symport

Zum
Bicarbonattransport im proximalen Tubulus s. auch
dort
Parazellulärer Transport
(durch den - mit
Schlussleisten abgedichteten - Spaltraum zwischen den Epithelzellen hindurch):
Frühproximal wandert Wasser - dem osmotischen Gradienten folgend - aus
dem Tubulus. Chloridionen folgen diesem osmotischen Gradienten mit
Verzögerung, vorübergehend ladet sich das Lumen leicht negativ auf. Das
lumennegative transepitheliale Potential unterstützt die Wanderung von Anionen (Cl
-) aus dem Lumen. Ein
solvent drag bringt z.B. auch Harnstoff und Na
+ Richtung Blut. Später kann das transepitheliale Potential im Tubulus (durch parazelluläre Resorption von Chloridionen)
lumenpositiv werden und dadurch die Resorption von Na
+ unterstützen.
Sekretion im proximalen Tubulus: Die proximalen Tubuli resorbieren nicht nur, sie verfügen auch über mehrere Sekretionsmechanismen. Dies betrifft organische Moleküle; sie werden über organische Ionentransporter
(Kationen über OCT, Amionen über OAT) über die Zellmembran befördert.
Diese Transporter ermöglichen die Ausscheidung z.B. von Konjugaten
(Sulfatierung, Glukuronierung in der Leber) von Katecholaminen oder Acetylcholin,
Gallensäuren, Oxalsäure oder Hippursäure. Da die organischen
Transporter nicht besonders substratspezifisch sind, können über sie
auch zahlreiche Pharmnaka ausgeschieden werden.
Zu organischen Kationen zählen u.a. Pharmaka wie Morphine oder Chinin
(basolaterale Aufnahme durch das Membranpotential unterstützt, luminale
Sekretion über Kationen-Protonen-Austauscher),
zu
organischen Anionen PAH (dieses wird an der basolateralen Membran gegen
ein Dicarboxylat, an der luminalen Membran gegen ein Anion getauscht),
Oxalsäure, Furosemid, Penicillin oder Salicylat.
Der auf den proximalen Tubulus folgende absteigende
Schenkel der Henle-Schleife verfügt nur über wenige Mitochondrien und
basolaterale Na/K-ATPasen - er erscheint schmal ("dünner" Schenkel). Er
ist für Wasser und Harnstoff durchgängig - sowohl für parazelluläre ("loose junctions") als auch transzelluläre Passage (Aquaporin 1). Da das Nierenmark, in das die Schleife eintaucht,
hyperton ist, verlassen von den ~60 l/d etwa 30 Liter Flüssigkeit in 24 Stunden den absteigenden Schleifenteil.
Der
dicke aufsteigende Schenkel verfügt hingegen über die Möglichkeit zur
Resorption gelöster Teilchen - ohne dass Wasser mitgeht. Dadurch wird
der Inhalt wieder "verdünnt"; etwa 75% der in den aufsteigenden
Schenkel (mehr als 13.000 mOsm pro Tag) gelangten gelösten Stoffe
(Natrium, Chlorid, Bicarbonat u.a.) werden resorbiert. Die
Epithelzellen sind dicht mit Mitochondrien bestückt, um die hohe Zahl
an Na/K-ATPasen anzutreiben (daher "dicker" Schenkel).
Transzellulärer Transport
Schließlich hat der aufsteigende Schenkel so viele Partikel resorbiert,
dass die verbleibende Flüssigkeit - die anschließend in den distalen
Tubulus gelangt - stark hypoton geworden ist (~50 mOsm - weniger als
ein Fünftel der Osmolalität des Blutes).
Distaler Tubulus (pars convoluta)
Der distale Tubulus erstreckt sich von der Kontaktstelle der macula
densa am Glomerulum (juxtaglomerulärer Apparat) bis zum Sammelrohrsystem.
Der distale Tubulus resorbiert ~5% des filtrierten
Kochsalzes via
Weiters ist der distale Tubulus wichtig für die Resorption von
Calcium, wahrscheinlich mittels apikaler Ca-Kanäle und basolateraler Na/Ca-Austauscher. Für
Wasser ist der distale Tubulus
undurchlässig.

Zum
Bicarbonattransport im distalen Tubulus s. auch
dort
Das Sammelrohrsystem kann auf verschiedene externe (vor allem
hormonelle: Vasopressin, Aldosteron) Signale reagieren - welche die
aktuellen Bedürfnisse des Körpers widerspiegeln - und übernimmt
dementsprechend die "Feinabstimmung" des renalen Stoffmanagements.
Dieses System besteht aus mehreren Abschnitten, deren Funktionen sich
weitgehend überschneiden.
Man unterscheidet
Hauptzellen (principal cells), deren Wirkung sich auf die
Salzresorption konzentriert, und
Zwischenzellen (intercalated cells), die sich vor allem um
Säureausscheidung kümmern.
Transzellulärer Transport - Hauptzellen (principal cells)
Apikale Membran:

Na
+-Kanäle (
ENaC - durch Aldosteron angeregt, der Einstrom von Na
+ erzeugt ein lumen-negatives Potential von bis zu -50 mV)

K
+-Kanäle (ROMK -
Renal Outer Medullary Potassium (K) channel: Die Sekretion von Kalium in das Lumen wird durch das lumen-negative Potential gefördert)
Basolaterale Membran:

Na
+-K
+-Pumpe
Die
Wand der Sammelrohre ist (wie beim dicken aufsteigenden Schenkel der
Henle-Schleife) genuin wasserundurchlässig, Einlagerung von Aquaporinen
(vasopressinabhängig) kann aber die Resorption von Wasser Richtung Interstitium ermöglichen.
Die Sekretion von Kalium in das Tubuluslumen wird durch das
lumen-negative Potential angetrieben und ist an die Aktivität der
(durch Aldosteron hinaufregulierten) Na/K-ATPase geknüpft, die für einen
ausreichenden Kaliumgradienten sorgt, sodass Kalium durch Kaliumkanäle
in den Harn gelangen kann.

Abbildung: Ionentransport im Sammelrohrsystem
Nach Roy A, Al-bataineh MM, Pastor-Soler NM. Collecting Duct Intercalated
Cell Function and Regulation. CJASN 2015; 10: 305-24
Hauptzellen (principal cells) exprimieren apikal (luminal) epitheliale Natriumkanäle (ENaC) und ROMK (renal outer medullary potassium channel), basolateral Na/K-ATPase. Der Natriumeinstrom durch ENaC ist elektrogen (die lumenseitige Membran depolarisiert), das fördert den K+-Ausstrom.
Zwischenzellen vom Typ A (type A intercalated cells, A-IC) in der Rinden- und äußeren Markzone sezernieren Säure. Sie verfügen in der luminalen Membran H+-ATPase und H+/K+-ATPase; in der basolateralen Membran Chlorid-Bicarbonat-Austauscher. Der Bicarbonatsensor sAC (soluble adenylyl cyclase) und Proteinkinase A (PKA) regulieren die H+-ATPase.
Zwischenzellen vom Typ B (type B intercalated cells, B-IC) sezernieren Bicarbonat (Pendrin ist ein Chlorid-Bicarbonat-Austauscher).
Die Schlussleisten in der Grenzzone zwischen luminaler und basolateraler Membran sind wasserdurchlässig.
Luminale Transportsysteme links, basolaterale rechts
Nimmt die glomeruläre Filtration
ab, gelangt auch weniger Kochsalz in das Sammelrohr, was den Aufbau
eines ausreichenden Natriumgradienten (apikal) für den Betrieb der
Na/K-ATPase (basolateral) und damit die Sekretion von Kalium (apikal)
erschwert - die Kaliumausscheidung nimmt ab.
Transzellulärer Transport - Typ A-Zwischenzellen
(type A intercalated cells, A-IC)
Apikale Membran:

H
+/K
+-ATPase

H
+-Transporter
(beides P-Typ-ATPasen)
Basolaterale Membran:

Na
+/H
+-Austauscher (
NHE)

Na/K/2Cl-Symporter (
NK2Cl cotransporter)

Cl
-/HCO
3--Antiporter
Transzellulärer Transport - Typ B-Zwischenzellen
Apikale Membran:

Cl
-/HCO
3--Antiporter (Pendrin)
Basolaterale Membran:

H
+-Transporter

Näheres zum
Sammelrohrsystem s.
dort
Elektrische Potentiale entlang des Tubulus im Überblick
Die - transepithelialen - Potentiale beziehen sich auf die Ladung des Tubuluslumens:
Im proximalen Tubulus baut sich nur ein schwaches elektrisches
Potential
auf: Pars convoluta -3 mV (es werden etwas mehr positive als negative
Ladungen resorbiert), pars recta +3 mV (Chloridanreicherung im Lumen)
Im dicken
aufsteigenden Schenkel der Henle-Schleife (TAL) ist das Lumen elektropositiv (+8 bis +15 mV) geladen, weil die apikale Membran stärker aufgeladen ist als die basolaterale (anders als bei den meisten anderen Epithelien).
Die basolaterale Na/K-ATPase und der apikale Na/K/2Cl-Kotransporter pumpen Kalium in die Tubulusepithelzelle, dieses "entkommt" via apikaler ROMK-Kaliumkanäle in das Tubuluslumen und ladet es positiv auf. Das lumen-positive Potential treibt die parazelluläre Resorption (Richtung Interstitium) von Kationen (Na+, K+, Ca++, Mg++) an. Es ist für etwa 50% der Natriumaufnahme im TAL verantwortlich
im distalen Tubulus unterschiedlich (frühdistal -5 mV, später +5 mV)
im Sammelrohrsystem durch Kaliumaustritt in das, und Natriumresorption aus dem Lumen deutlich elektronegativ
(bis zu -50 mV) geladen - verursacht durch Na+-Resorption (apikale ENaC), was die K+-Sekretion (über ROMK) antreibt.
s. untenstehende Tabelle
Abbildung: Wie die Niere mit Chlorid umgeht
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
Oben links: Proximaler Tubulus, pars contorta (S
1);
oben rechts: Proximaler Tubulus, pars recta (S
3);
Mitte links: Dicker Teil des aufsteigendenden Schenkels der Henle-Schleife (TAL);
Mitte rechts: Distaler Tubulus, pars convoluta (DCT);
unten links: Kortikales Sammelrohr, Hauptzelle;
unten rechts: Kortikales Sammelrohr, Typ B-Zwischenzelle
Die Resorption von Chlorid erfolgt
- im
proximalen Tubulus
über solvent drag, Chloridkanäle und K/Cl-Kotransport (basolateral).
Die "Base" (pars recta, rechts oben) kann z.B. OH, Bicarbonat, Oxalat
oder Formiat sein, "HBase" ist die betreffende Säure, die ihr Proton
wiederum im Austausch gegen Chlorid abgeben kann (apikal);
- in der
Henle-Schleife (dicker aufsteigender Schenkel) über Na/K/Cl- Kotransport (apikal), Chloridkanäle und Bicarbonat-Cl- Kotransport (basolateral);
- im
distalen Tubulus üner Na/Cl-Kotransport (apikal) und Chloridkanäle (basolateral);
- im
Sammelrohr elektrisch-parazellulär und transzellulär (apikal Cl/HCO
3- Austausch über Pendrin, basolateral Chloridkanäle).
CA, Carboanhydrase; HBase: z.B. Bicarbonat, Oxalat
Harnstoff: Stickstoff- und Funktionsträger
Harnstoff (urea) stammt aus dem Eiweißabbau in der Leber; es stellt das führende stickstoffhältige Ausscheidungsprodukt aus dem Proteinstoffwechsel dar. Harnstoff wird glomerulär frei filtriert, etwa die Hälfte davon
wird im proximalen Tubulus (passiv) rückresorbiert (
Abbildung).
Abbildung: Wie die Niere mit Harnstoff umgeht
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003
Die Zahlen gelten für juxtemedulläre
Neurone (links), die für die osmotische Regulation im Nierenmark
entscheidend sind. Die Henle-Schleifen übernehmen die Sekretion von
Harnstoff aus dem Interstitium des Nierenmarks in die Tubuli, sodass im
frühdistalen Tubulussystem die Harnstoffmenge größer als im primären
Filtrat des Nephrons sein kann.
Anschließend wird mehr als die Hälfte
der ursprünglich filtrierten Menge nochmals resorbiert (und ist im Mark
osmotisch aktiv), weniger als die Hälfte (~40%) mit dem Harn ausgeschieden
Im
Nierenmark wirkt Harnstoff wesentlich am
osmotischen Multiplikationsmechanismus mit. Die oberen (rindennahen) Teile der Sammelrohre sind für Harnstoff undurchlässig, daher wird Harnstoff im Sammelrohr konzentriert,
wenn Wasser in das Mark diffundiert (ermöglicht durch Aquaporine, die
durch Vasopressinwirkung in die Epithelzellen eingelagert werden).
Harnstofftransporter (UT: Urea transporter) werden
in mehreren Varianten exprimiert. Der Mensch verfügt über UT-A
Transporter (in epithelialen Zellen) und UT-B Transporter (in
Gefäßendothelzellen, Erythrozytenmembranen und an der
Blut-Hirn-Schranke). Es gibt mehrere Subtypen, in der Niere vor allem
UT-A1, UT-A2 und UT-A3:
UT-A1 in der apikalen Membran von Sammelrohrzellen wird
durch
Vasopressin aktiviert und resorbiert
~70% der filtrierten
Harnstoffmenge
UT-A2 transportiert Harnstoff über die apikale Membran
in das Lumen der absteigenden Henle-Schleife
UT-A3 bringt Harnstoff
aus dem inneren Sammelrohr in das Interstitium. Es wird
durch
Vasopressin aktiviert
Zwar scheidet die Niere Harnstoff aus, die Transporter sind aber
notwendig, um Harnstoff zum Zweck der Harnkonzentrierung (und damit,
falls notwendig, sparsamen Umgangs mit Wasser) im Nierenmark anreichern
zu können.
Transport von Harnstoff entlang der verschiedenen Nephronabschnitte (Abbildungen):

Abbildung: Harnstofftransport über Abschnitte des Nephron
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
Links oben:
Proximaler Tubulus. Harnstoff wird parazellulär durch Diffusion und
Lösungsmittelsog rückresorbiert, transzellulär über unbekannte
Transporter (insgesamt ~50% der glomerulär filtrierten Menge)
Rechts oben: Absteigender Schenkel der Henle-Schleife. UT-A2 ermöglicht transzellulären Transport von Harnstoff Richtung Tubuluslumen
Links unten: Dünner aufsteigender Schenkel der Henle-Schleife. Harnstoff wandert Richtung Tubuluslumen (Transporter unklar)
Rechts unten: Medulläres Sammelrohr. Resorption von Harnstoff über UT-A1 (apikal) und UT-A3 (basolateral)

Bei geringer glomerulärer
Filtration (und Harnproduktion) nimmt auch die Ausscheidung an
Harnstoff ab, die Harnstoffwerte im Blut steigen an
(Urämie).