

Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert

Medizinische
Physiologie der Leberfunktionen

Biotransformation, Abbauwege, Steuerung
der Leberfunktion
© H. Hinghofer-Szalkay
Biotransformation: βίος = Leben, trans = (hin)über, formare = bilden
Kininogen: κινεῖν = bewegen, γενεά = Abstammung
Krebs-Henseleit-Zyklus: Hans A. Krebs, Kurt Henseleit (Harnstoffzyklus)
Zytochrom: κύτος = Zelle, χρῶμα = Farbe (Hämprotein!)
Die Leber funktioniert wie eine äußerst effiziente "Chemiefabrik", die
-- in Moleküle (körpereigen oder körperfremd) funktionelle Gruppen
einfügt (Oxidation, Reduktion, Hydrolyse, Dealkylierung,
Dehalogenierung - Phase-I-Reaktionen) und
-- Moleküle mit zusätzlichen (meist gut wasserlöslichen) Gruppen versieht
(konjugiert: Glukuronierung, Sulfatierung, Methylierung, Acetylierung,
Konjugation mit Aminosäuren und Glutathion - Phase-II-Reaktionen).
So macht sie Stoffe besser löslich und - über Harn, Stuhl, Atemluft, Schweiß - ausscheidbar.
Die Anpassungsfähigkeit der Leberzellen ist enorm - so kann die
Aktivität der HMG-CoA-Reduktase (das limitierende Enzym der
Cholesterinsynthese) bei steigendem Bedarf (abnehmender Konzentration
von Cholesterin oder Mevalonat) enorm erhöhen - durch Bereitstellung
der bis zu 200-fachen Menge (oder durch Aktivierung sonst inaktiver)
HMG-CoA-Reduktase.
Hormone (Insulin, Glukagon, Adrenalin, Kortisol, hGH) und Zytokine
(IL-6, TNF) wirken auf Hepatozyten steuernd ein, andererseits bildet
die Leber IGF und Vorstufen von Mediatoren und Hormonen (Kininogen,
Angiotensinogen).
Stickstoffausscheidung und der Einfluss auf die pH-Regulation sind über
den Glutamin-Harnstoff-Mechanismus miteinander verknüpft.
|

>Abbildung: Detoxifizierung durch Phase-1- und Phase-2-Reaktionen
Nach einer Vorlage in tuberose.com
Phase 1 - Veränderung funktioneller Gruppen: Oxidation, Reduktion, Hydrolyse u.a.
Phase 2: Kopplung: Glukorunierung, Sulfatierung u.a. (Konjugation → Wasserslöslichkeit)
In Phase 3 sezernieren
Leberzellen Produkte der Phasen 1 / 2 entweder in das Blut (sie
gelangen dann u.a. in die Nieren und können über den Harn ausgeschieden
werden) oder in die Galle (sie gelangen dann in den Darm und werden mit
dem Stuhl ausgeschieden)

Durch
Biotransformation
werden verschiedene
körpereigene Stoffe (z.B. Steroidhormone, Bilirubin, Ammoniak) sowie Medikamente oder Gifte z.T.
aktiviert,
z.T. inaktiviert, bzw. in ausscheidbare Form gebracht. Die Erlangung
besserer Wasserlöslichkeit ist dabei ein entscheidender Faktor.
Enzyminduktion, z.B. von Zytochrom
P450 (Phase-1-Reaktion, s. unten), beschleunigt die Vorgänge.
Als First-pass-Effekt
bezeichnet man den Anteil der Eliminierung einer Substanz (eines
Medikaments), der bei der ersten Leberpassage (nach der Sekretion bzw.
"Injektion" der Substanz in die Blutbahn) eliminiert wird.
Meist
erfolgt die Biotransformation in einem mehrphasigen Ablauf:
Zuerst
kommt es am betreffenden Molekül zu Abänderung funktioneller Gruppen (Phase-1-Reaktion); schon dadurch wird das Molekül oft inaktiviert.
In einer Phase-2-Reaktion kommt es zwecks besserer Wasserlöslichkeit zum Hinzufügen polarer Gruppen;
als Phase 3 schließlich bezeichnet man die Sekretion der Produkte aus Phase 1 und 2 in den Darm (über die Galle: Canaliculäre Entfernung) oder in den Kreislauf (via Disse-Raum; Sinusoidale Entfernung).
Phase-1-Biotransformation
Phase-1-Reaktionen fügen in Moleküle (Metabolite,
Fremdstoffe)
funktionelle Gruppen ein (Oxidation, Reduktion,
Hydrolyse, Dealkylierung, Dehalogenierung u.a.) mit dem Ziel der
Metabolisierung bzw. Entgiftung endogener oder exogener Verbindungen.
Für Redox-Reaktionen nutzt die Leberzelle dabei vorwiegend P-450-Enzyme
(oxygenierte Reaktionsprodukte stehen dann für eine Phase-2-Reaktion
bereit). Einige Stoffe (z.B. Proteine) werden in Lysosomen vollständig
abgebaut; für die Aufnahme in Lysosomen gibt es spezifische Carrier.
Mischfunktionelle Monooxygenasen sind die
zentralen Enzyme des Phase-I-Metabolismus. Eine zentrale Stellung haben im endoplasmatischen Retikulum lokalisierte
Zytochrom-P450-Enzyme (CYP), für die ~500 Gene in über 70 Genfamilien bekannt sind.
CYP-Enzyme sind Hämgruppen enthaltende
Oxidoreduktasen. Sie sind in zwei
Organgruppen zu finden: Einerseits in der Leber, wo sie im
endoplasmatischen Retikulum der Hepatozyten zahlreiche Reaktionen
katalysieren (Bildung von Gallensäuren, Aktivierung / Inaktivierung von
Vitaminen, Medikamenten u.a.), andererseits in solchen, die Steroide
produzieren (Ovarien, Plazenta, Hoden, Nebennierenrinde).
Ihre Isoformen sind
unterschiedlich auf die Gewebe verteilt - z.B. metabolisieren
in der Leber CYP 2R1, CYP 3A4, CYP 27A1 Cholecalciferol (
Vitamin D3) zu 25-(OH)D
3,
in der Niere CYP 27B1 25-(OH)D
3 zu 1,25-(OH)2D3, CYP 24A1 zu 24,25-(OH)2D3.
Auch die zytosolischen Alkoholdehydrogenasen
(ADH, 7 Isoenzyme) gehören zu der Gruppe der Phase-I-Enzyme, sie
dehydrieren Alkohole zu Aldehyden und Ketonen und finden sich vor allem
in Leber, Nieren und Lunge. Weitere Beispiele sind
Aldehyddehydrogenasen, Xanthinoxidase, Reduktasen, Esterasen.
Genetische Polymorphismen beeinflussen die enzymatischen Aktivitäten
(z.B. des P-450), was unterschiedliche Geschwindigkeiten der
Verstoffwechselung bedingt (schnelle / langsame Metabolisierer). Folge ist u.a. rascher oder verzögerter Abbau von Medikamenten.
Die
Phase-I-Reaktion betrifft viele wasserunsösliche Stoffe wie Steroide,
Prostaglandine, Medikamente. Die betreffenden Enzyme finden sich in Mikrosomen und im endoplasmatischen Retikulum.
Giftstoffe durchlaufen die Phase 1, werden typischerweise neutralisiert und eventuell in
kleinere Moleküle zerteilt. Diese betreten dann die Phase 2, wo die
Bruchstücke wasserlöslich und ausscheidbar gemacht werden:
Phase-2-Biotransformation
Phase-2-Reaktionen konjugieren (anschließend oder auch alleine) mit endogenen - meist stark hydrophilen (wasserlöslichen) - Molekülen und machen den "Entfernungskandidaten" besser löslich und ausscheidbar (über Harn, Atemluft, Schweißsekretion).
Leberzellen konjuguieren hauptsächlich mit
Glucuronat mittels im endoplasmatischen Retikulum vorhandener UDP-Glucuronyltransferasen,
Sulfat mittels zytosolischer Sultotransferasen (z.B. Steroide),
Glutathion zur Ausscheidung über Blutbahn → Niere → Harn oder Galle → Darm → Stuhl.
Weitere Möglichkeiten der Konjugation sind Methylierung (z.B. Thiole),
Acetylierung (z.B. Amine) oder die Konjugation mit Aminosäuren wie
Glycin, Taurin, Glutamin (z.B. Gallensäuren) und Glutathion.
<Abbildung: Glucuronierung
In diese Gruppe gehören Glukuronyl-, Glutathion-S-, N-Acetyl-, Sulfo-, Methyltransferasen.
So können toxische Substanzen entschärft werden ("Entgiftung"), manchmal aber auch harmlose Metaboliten Toxizität erlangen ("Giftung").
Ein spezielles Beispiel betrifft den Abbau von Alkohol,
der zu Acetaldehyd oxydiert wird: Durch die Alkohol-Dehydrogenase
(ADH), Zytochrom P-450 und Katalase in Peroxisomen. Acetaldehyd wird
anschließend durch Aldehyd-Dehydrogenase zu Acetat abgebaut.

Mehr über Alkoholabbau und Folgewirkungen s. dort
Zu den
Stoffen, die Hepatozyten über ihre apikale Membran in die Galle
sezernieren, gehören Gallensäuren, organische Kationen und Anionen und
Lipide. Verschiedene Transportersysteme kommen dabei zum Einsatz
(>Abbildung):

>Abbildung: Wie Hepatozyten organische Kationen und Lipide ausscheiden
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
Leberzellen
tauschen sowohl mit dem Gallengangsystem (grün) als auch mit dem
Interstitium (Disse-Raum, blau) Stoffe mittles verschiedener
Transportsysteme aus.
ABC, ATP-binding cassette transporter; APL, Aminophospholipid; MATE, multidrug and toxic extrusion (protein); ATP8B1, ATPase phospholpipd transporting 8B1; MATE1, multidrug and toxin extrusion protein 1; MDR1, multidrug resistance protein 1; OATP = organic anion transport protein; OC, organic cation; OCT, organic cation transporter; PL, Phospholipid

Hepatozyten
entfernrn über ihre apikale Membran Gallensäuren, Lipide (Cholesterin!)
sowie organische Kationen und Anionen in das kanalikuläre Lumen, also
das Gallensekret. "Wertvolle" Stoffe wie Aminosäuren und Adenosin
können aus der Gallenkapillare zurückgewonnen werden (Austausch gegen
Natriumionen, >Abbildung).
Gallensaure Salze gelangen ATP-abhängig über BSEP (bile-salt export pump, auch ABCB11 - ATP-binding cassette, subfamily B member 11 genannt) in die Gallenkapillaren (
s. dort),
wobei ein Konzentrationsgefälle bis zu 1 zu 1000 überwunden werden kann
(also Gallensalze auf der kanalikulären Seite konzentriert werden
können).
Zahlreiche organische Anionen
(z.B. glucuronierte oder sulfatierte Gallensäuren,
Bilirubindiglucuronid) nutzen hauptsächlich das ebenfalls
ATP-abhängige, elektrogene MRP2 (Multidrug resistance-associated protein 2, auch ABCC2, ATP-binding cassette, subfamily C member 2 genannt -
s. dort).
Organische Kationen können über das multidrug resistance protein MDR1 oder über das multidrug and toxin extrusion protein MATE1 zur Ausscheidung kommen (>Abbildung).
Lipide - insbesondere Phospholipide - nutzen die Flippase MDR3
(ABCB4) als Transporter - Phosphatidylcholin kann so z.B. von der
inneren in die äußere Schicht der Zellmembran wechseln. Spezielle
Umlagerungen verschiedener Phospholipide (Anreicherung von Cholesterin
und Sphingomyelin in der Außenschicht) üben eine Schutzfunktion aus,
indem sie die apikale Membran der Leberzellen vor oberflächenaktiven
Schädigungen durch die Galle bewahren (Kompartimentierung).
Die Ausscheidung von
Cholesterin erfolgt über die Transporter
ABCG5 und
ABCG8 (>Abbildung).
Die Leber reagiert auf zahlreiche steuernde Einflüsse
Die Leber steht unter dem Einfluss verschiedener chemischer Führungsgrößen - Konzentrationswerte verschiedener Substrate, aber auch von Transmittern, Mediatoren und Hormonen.

<Abbildung: Input- und Outputwege der Leber
Zufluss
über Pfortaderblut: Resorbierte und "eigene" Stoffe aus GI-System.
Abtransport über Hohlvene: Wasser, Salze, Vitamine, Spurenelemente,
Nähr- und Signalstoffe; über Galle: Gallensaure Salze,
Gallenfarbstoffe, Cholesterin, Detoxifikationsprodukte

Beispielsweise kann die Leber je nach Bedarf Energie speichern (Glykogenbildung)
oder bereitstellen. Insulin fördert den Speicherungsmechanismus; Adrenalin bewirkt über ß2-Rezeptoren
Energiebereitstellung durch Glykogenolyse und Glukoneogenese. Für den Kohlenhydratmetabolismus ist sie mit Glucosetransportern (GLUT2)
bestückt, die Glucose in Abhängigkeit von der
aktuellen extrazellulären Konzentration (Blutzuckerspiegel) durch die
Membran schleusen.
Die Bildung von Plasmaproteinen und Lipiden ist ebenfalls substrat- und
hormonabhängig (Insulin, "kontrainsulinäre" Hormone).
Das Wachstumshormon wirkt an der Leberzelle anabol (vermehrte Aminosäureaufnahme und -verwertung) und bewirkt die Freisetzung von IGF1 (s. unten).
Bei Energiemangel werden Fettsäuren zu Ketonkörpern
umgebaut, die zum Teil für mangelnde Glucose im Energiestoffwechsel
einspringen können. Dazu müssen sich die Zellen in Gehirn und
Muskulatur umstellen: Sie erhöhen die Exprimierung der Enzyme, die für
die Überführung von Ketonkörpern in AcCo-A notwendig sind.
Regulation der Cholesterinsynthese: Das limitierende Enzym ist die HMG-CoA-Reduktase - sie reduziert HMG-CoA zu Mevalonat.
Ihre Aktivität kann (durch erhöhte Transkription / Translation /
Enzymstabilität) um das 200-fache steigen, wenn der Bedarf für
Mevalonsäure-Abkömmlinge im Stoffwechsel erhöht ist.

Bei steigender Cholesterin- oder Mevalonatkonzentration in der Zelle
nimmt die Bildung der HMG-CoA-Reduktase ab, und umgekehrt.
Das HMG-CoA-Reduktase-Molekül hat eine Domäne,
welche sich durch die Membran des endoplasmatischen Retikulums
erstreckt und wahrscheinlich als Rezeptor dient. Das könnte die cholesterinabhängige Steuerung der Enzymaktivität erklären.

>Abbildung: Hämoglobinabbau, Urobilinogenausscheidung
Nach
einer Vorlage in Kumar / Abbas / Fausto / Aster, Robbin and Cotran's
Pathological Basis of Disease, 8th ed. Saunders / Elsevier 2010
Leberzellen
nehmen Bilirubin auf, indem sie dieses von der Bindung an Albumin
lösen. Sie glukuronieren es, machen es so wasserlöslich und scheiden es
mit der Galle in den Darm aus. Dort erfolgt die Umwandlung zu
Urobilinogen
s. auch dort

Interleukin-6 und TNF gehören zu den (stressinduzierbaren)
immunologischen Faktoren, die auf die Leberzelle direkt steuernd
einwirken können (stressinduzierte Serumkinasen: Akutphasenproteine).
Die Leber selbst bildet insulinähnliche Wachstumsfaktoren (IGFs) und Vorstufen von Mediatoren / Hormonen (hochmolekulares Kininogen
, Angiotensinogen).
Proteine, Harnstoff, Stickstoffausscheidung
Aus dem Aminosäurestoffwechsel (meist über Transaminierungen) anfallendes Ammoniak wird im Rahmen des Harnstoffzyklus (Krebs-Henseleit-Zyklus
) in Harnstoff
umgewandelt.
Der Harnstoffzyklus ist der wichtigste Ausscheidungsweg für
Stickstoff (Ammoniak ist ein Zellgift). Aufgrund der Enzymausstattung kann der Harnstoffzyklus nur
in Leberzellen vollständig ablaufen (2 Reaktionen in Mitochondrien, 3
im Zytosol, <Abbildung unten).
Die Biosynthese eines Harnstoffmoleküls erfordert den Verbrauch von
ATP, ist also energieaufwändig - aber wesentlich, damit sich
kein Rückstau von (in höherer Konzentration toxischen)
Stickstoffträgern im Körper ergibt.
Der Harnstoffzyklus dient nicht nur der Stickstoffentsorgung des
Körpers, sondern ist auch für die Biosynthese verschiedener Moleküle
dienlich, wie NO, Kreatin oder biogene Amine.
Die Harnstoff-Biosynthese ist
reguliert und kann sich anpassen: Bei hoher Proteinzufuhr kommt es zur
Induktion von
Enzymen des Harnstoffzyklus, d.h. die Kapazität zur
Stickstoffausscheidung nimmt zu.

Die "heilige Formel des Mediziners"
Referenzwerte für Harnstoff s. dort
Bis
ins 19. Jahrhundert galt die Annahme, dass organische Moleküle nur von
lebenden Zellen, nicht aber im Labor ("künstlich") produziert werden
können. 1828 gelang der Gegenbeweis: Friedrich Wöhler stellte Harnstoff als erste organische Substanz synthetisch aus einer "unbelebten" Substanz (Ammoniumzyanat) her.

<Abbildung: Harnstoffzyklus
Nach Blair NF, Cremer PD, Tchan MC. Urea cycle
disorders: a life-threatening yet treatable cause of metabolic
encephalopathy in adults. Pract Neurol 2015; 15: 45-8
Beim
Aminosäurestoffwechsel fällt Ammoniak an, das durch 5 Reaktionen zu
Harnstoff umgewandelt wird: Die ersten beiden laufen in Mitochondrien
ab (Enzyme: CPS1, OTC), die folgenden im Zytoplasma (Enzyme: ASS1, ASL,
ARG1).
Vollständig läuft die Reaktionskette nur in der Leber ab. Die
Harnstoffsynthese benötigt Energie (ATP-Verbrauch)

Der Säure-Basen-Status bestimmt die Art der hepatischen Stickstoffausscheidung - als Ammoniumsalz oder Harnstoff. Beide entstammen dem Eiweißabbau. Über das
Glutamin-Glutamat-System, an dem Leber und Nieren beteiligt
sind, wird dabei auf die Erfordernisse der Säure-Basen-Bilanz Rücksicht
genommen:
Harnstoff konsumiert bei seiner Bildung sowohl H+ - als auch HCO3-; bei ausgeglichenem Säure-Basen-Haushalt wird
Stickstoff vorwiegend als Harnstoff gebunden (periportale Zone 1 des Leberläppchens).
Bei Azidose hingegen wird vermehrt Glutamat herangezogen, um Ammonium
zu binden, es entsteht Glutamin (Zone 3 des Azinus). Im
proximalen Tubulus wird es zu alpha-Ketoglutarat und Ammonium gespalten.
Mit Ammoniumchlorid gelangen saure Valenzen zur
Ausscheidung. Alpha-Ketoglutarat wird abgebaut, und es entsteht Bicarbonat.
Als Ammonium (ammonia) wird die Summe aus Ammonium im chemischen Sinne (NH4+) und freiem Ammoniak (NH3) bezeichnet. Bei einem Blut-pH von 7,4 liegen 98% des Gesamt-Ammoniums als NH4+ vor (pK des NH3 - NH4+ - Systems 8,9). Andererseits kann NH3 leicht durch Barrieren wie die Blut-Hirn-Schranke diffundieren (und bei Hyperammonämie Vergiftungserscheinungen bewirken), da es gut lipidlöslich ist.
Ammonium entsteht renal durch Hydrolyse aus Glutamin und durch bakteriellen Abbau im Darm
(~4g - etwa 240 mM - Ammonium entstehen pro Tag im Colon, das
Pfortaderblut hat eine mehrfach höhere Ammoniumkonzentration als das
systemische Blut. Dieses Ammonium gelangt unmittelbar zur Leber).
Die Leber "entgiftet" Ammonium (neurotoxische Wirkung höherer
Serumkonzentrationen - hepatische Enzephalopathie): Der
Harnstoffzyklus ist normalerweise nur zu einem Viertel seiner maximalen
Kapazität ausgenützt (funktionelle Reserve). Dabei entsteht Harnstoff
(~20g/d), der (wie auch Glutamin) renal ausgeschieden wird. Erhöhung
des Ammoniumspiegels beruht fast immer auf gestörter hepatischer
Elimination.
Skelettmuskulatur und Gehirn
bilden aus Ammonium Glutamat (Glutaminsynthetase), und zwar linear
proportional der Ammoniumkonzentration. Glutamin und Aspartat sind
wichtige Aminogruppenspender; Transaminierungsreaktionen ermöglichen den
Umbau von Aminosäuren ineinander. Die Transaminasen
Aspartat-Aminotransferase (AST) und Alanin-Aminotransferase (ALT)
spielen dabei eine zentrale Rolle.
Referenzwerte für Ammonium s. dort

Hepatische
Biotransformation aktiviert oder inaktiviert körpereigene Stoffe,
Medikamente oder Gifte, und bringt diese in ausscheidbare (wasserlösliche) Form.
First-pass-Effekt bedeutet, dass ein Anteil
resorbierter Substanz bei der ersten Leberpassage umgewandelt oder
eliminiert wird. Meist erfolgt die Biotransformation zweiphasig -
Abänderung funktioneller Gruppen (Phase-1-Reaktion), Hinzufügen polarer
Gruppen (Phase-2-Reaktion)
In Phase-1-Reaktionen wirken Oxidation, Reduktion, Hydrolyse, Dealkylierung, Dehalogenierung - z.B. durch mischfunktionelle Monooxygenasen (insbesondere das Häm-Protein Zytochrom-P450-Enzym (CYP) im endoplasmatischen Retikulum), zytosolische
Alkoholdehydrogenasen (ADH), Aldehyddehydrogenasen, Xanthinoxidase,
Reduktasen, Esterasen. Dies betrifft viele wasserunlösliche Stoffe wie
Steroide, Prostaglandine, Medikamente. Toxische Stoffe durchlaufen die
Phase 1, werden meist neutralisiert, manchmal in kleinere Moleküle
zerteilt (die Bruchstücke werden in der Phase 2 wasserlöslich und
ausscheidbar gemacht)
In Phase-2-Reaktionen
werden die Stoffe konjugiert (Glukuronierung, Sulfatierung,
Methylierung, Acetylierung, Konjugation mit Aminosäuren und Glutathion)
und besser löslich bzw. ausscheidbar gemacht. Glukuronierung erfolgt
durch Glukuronyl-, Glutathion-S-, N-Acetyl-, Sulfo-,
Methyltransferasen. Gifte können so entschärft, gelegentlich auch
harmlose Stoffe toxisch werden. Alkohol wird zu Acetaldehyd
oxydiert (ADH, Zytochrom P-450, Katalase in Peroxisomen), Acetaldehyd durch Aldehyd-Dehydrogenase zu Acetat abgebaut
Die Leber steht unter dem Einfluss verschiedener Substrate, Transmitter, Hormone, Mediatoren (wie IL-6 und TNF)
und speichert (gefördert durch Insulin) oder liefert (z.B. durch
Adrenalin) so je nach Bedarf Energie. GLUT2 ermöglicht die Aufnahme von
Glucose in Abhängigkeit vom Blutzuckerspiegel. Auch die Bildung von
Plasmaproteinen und Lipiden ist substrat- und hormonabhängig (Insulin,
"kontrainsulinäre" Hormone). Wachstumshormon bewirkt die Freisetzung
von IGF1. Bei Energiemangel werden Fettsäuren zu Ketonkörpern umgebaut.
Die Cholesterinsynthese ist durch die Verfügbarkeit von HMG-CoA-Reduktase - deren Aktivität bis
~200-fach ansteigen kann - gesteuert (steigende Cholesterinkonzentration in der Zelle senkt die Bildung der HMG-CoA-Reduktase, und umgekehrt).
Hepatozyten nehmen Bilirubin auf, indem sie dieses von der Bindung an
Albumin lösen, glukuronieren es (machen es wasserlöslich) und
scheiden es mit der Galle in den Darm aus (dort erfolgt die Umwandlung
zu Urobilinogen)
Das stark
toxisch wirkende Ammoniak wird im Rahmen des Harnstoffzyklus
(Krebs-Henseleit-Zyklus) unter ATP-Verbrauch in Harnstoff umgewandelt. Der Harnstoffzyklus läuft nur in
Leberzellen vollständig ab (Enzymausstattung). Der Harnstoffzyklus dient auch der
Biosynthese von NO, Kreatin, biogenen Aminen. Hohe Proteinzufuhr
induziert Enzyme des Harnstoffzyklus (steigende Kapazität zur
Stickstoffausscheidung). Wieviel Stickstoff in Harnstoff (~20g/d) und
wieviel in Ammoniak (~4g/d) zur Ausscheidung kommt, hängt vom
Säure-Basen-Status ab: Die Harnstoffsynthese ist pH-neutral, bei
Azidose wird vermehrt Glutamat genutzt, um Ammonium zu binden (Leber,
Muskeln, Gehirn) - es entsteht Glutamin, die Niere spaltet dieses zu
alpha-Ketoglutarat (dieses wird zu Bicarbonat abgebaut) und Ammonium,
mit Ammoniumchlorid werden saure Valenzen ausgeschieden. Glutamin und
Aspartat sind wichtige Aminogruppenspender; Transaminierungsreaktionen
(AST, ALT) führen Aminosäuren ineinander über
|

Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen:
Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie
sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und
Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.