Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Medizinische Physiologie der Leberfunktionen

Biotransformation, Abbauwege, Steuerung der Leberfunktion
© H. Hinghofer-Szalkay
Biotransformation: βίος = Leben, trans = (hin)über, formare = bilden
Cytochrom: κύτος = Zelle, χρῶμα = Farbe (Hämprotein!)
Kininogen: κινεῖν = bewegen, γενεά = Abstammung
Krebs-Henseleit-Zyklus: Hans A. Krebs,
Kurt Henseleit (Harnstoffzyklus)





Die Leber funktioniert wie eine äußerst effiziente "Chemiefabrik", die
 
   -- in Moleküle (
körpereigen oder körperfremd) funktionelle Gruppen einfügt (Oxidation, Reduktion, Hydrolyse, Dealkylierung, Dehalogenierung - Phase-I-Reaktionen) und
 
   -- Moleküle mit zusätzlichen (meist gut wasserlöslichen) Gruppen versieht (konjugiert: Glukuronierung, Sulfatierung, Methylierung, Acetylierung, Konjugation mit Aminosäuren und Glutathion - Phase-II-Reaktionen).

So macht sie Stoffe besser löslich und - über Harn, Stuhl, Atemluft, Schweiß - ausscheidbar.

Die Anpassungsfähigkeit der Leberzellen ist enorm - so kann die Aktivität der HMG-CoA-Reduktase (das limitierende Enzym der Cholesterinsynthese) bei steigendem Bedarf (abnehmender Konzentration von Cholesterin oder Mevalonat) enorm erhöhen - durch Bereitstellung der bis zu 200-fachen Menge (oder durch Aktivierung sonst inaktiver) HMG-CoA-Reduktase.

Hormone (Insulin, Glukagon, Adrenalin, Kortisol, hGH) und Zytokine (IL-6, TNF) wirken auf Hepatozyten steuernd ein, andererseits bildet die Leber IGF und Vorstufen von Mediatoren und Hormonen (Kininogen, Angiotensinogen).

Stickstoffausscheidung und der Einfluss auf die pH-Regulation sind über den Glutamin-Harnstoff-Mechanismus miteinander verknüpft.



Biotransformation Steuerung der Leberfunktion Harnstoff, Ammonium, Säure-Basen-Haushalt

    P-450 Cytochrom


Core messages
  
Die Leber kann verschiedene (potentiell) toxische und/oder wasserunlösliche Substanzen so verändern, dass sie biologisch inaktiv und wasserlöslich - und damit ausscheidbar - werden (Biotranformation) - z.B. wird Bilirubin in eine hydrophile Form übergeführt, Gallensäuren werden dutch Anfügen von Glycin oder Taurion zu Salzen, Steroidhormone unwirksam gemacht. Manchmal entstehen durch Biotransformation aus "Prodrugs" auch wirksame Pharmaka, aus anderen toxische Stoffe ("Giftung"). Man unterscheidet Umwandlungsreaktionen (Phase-1-Reaktionen: Oxidation, Reduktion, Hydrolyse), Konjugationsreaktionen (Phase-2-Reaktionen) sowie Transport und Ausscheidung (Phase 3) über die Galle (kanalikulär) in den Darm, oder über den Kreislauf (sinusoidal) über die Nieren in den Harn.
 
Die Leber kann Stoffe biologisch aktivieren, andere entgiften
 
Leberzellen kann man sich als chemische Fabriken vorstellen, in denen verschiedene Vorgänge z.T. räumlich getrennt ablaufen (Kompartmentierung). Proteine können in den Lysosomen der Leberzellen vollständig abgebaut werden. Die lysosomale Aufnahme der Biomoleküle erfolgt z.T. durch spezifische Carrier.
 

Abbildung: Detoxifizierung durch Phase-1- und Phase-2-Reaktionen
Modifiziert nach einer Vorlage in Dancygier H: Hepatic biotransformation. In: Clinical Hepatology. Springer Berlin / Heidelberg 2010

Phase 1 - Veränderung funktioneller Gruppen: Oxidation, Reduktion, Hydrolyse u.a.
 
Phase 2: Kopplung: Glukorunierung, Sulfatierung u.a. (Konjugation → Wasserslöslichkeit)

In Phase 3 sezernieren Leberzellen Produkte der Phasen 1 / 2 entweder in das Blut (sie gelangen dann u.a. in die Nieren und können über den Harn ausgeschieden werden) oder in die Galle (sie gelangen dann in den Darm und werden mit dem Stuhl ausgeschieden)


Durch Biotransformation werden verschiedene körpereigene Stoffe (z.B. Steroidhormone, Bilirubin, Ammoniak) sowie Medikamente oder Gifte z.T. aktiviert, z.T. inaktiviert, bzw. in ausscheidbare Form gebracht. Die Erlangung besserer Wasserlöslichkeit ist dabei ein entscheidender Faktor. Enzyminduktion, z.B. von Cytochrom P450 (Phase-1-Reaktion, s. unten), beschleunigt die Vorgänge.
Als First-pass-Effekt bezeichnet man den Anteil der Eliminierung einer Substanz (eines Medikaments), der bei der ersten Leberpassage (nach der Sekretion bzw. "Injektion" der Substanz in die Blutbahn) eliminiert wird.

Meist erfolgt die Biotransformation in einem mehrphasigen Ablauf:
Zuerst kommt es am betreffenden Molekül zu Abänderung funktioneller Gruppen (Phase-1-Reaktion); in den meisten Fällen wird eine polare Gruppe an das Molekül angefügt und es schon dadurch biologisch inaktiviert.
In einer Phase-2-Reaktion kommt es zwecks besserer Wasserlöslichkeit (und Ausscheidbarkeit) zum Hinzufügen (Konjugation) von polaren Gruppen wie Methyl, Glucuronat, Glutathion, Acetat, Sulfat oder Aminosäuren.
Als Phase 3 schließlich bezeichnet man den Transport und die Sekretion der Produkte aus Phase 1 und 2 in den Darm (über die Galle: canaliculäre Entfernung) oder in den Kreislauf (via Disse-Raum; sinusoidale Entfernung).

Nach Durchlaufen der Phase-1- und der Phase-2-Reaktionen können die betreffenden Stoffe sowohl über die Galle (biliäres System) in den Darm als auch (Blutkreislauf) über die Nieren in den Harn ausgeschieden werden.
 
Phase-1-Biotransformation:
Veränderung funktioneller Gruppen
 
Phase-1-Transformationen (Phase 1 reactions) - insbesondere durch Oxidation (vor allem Hydroxylierungen), Reduktion, Hydrolyse oder Methylierung. Sie modifizieren funktionelle Gruppen in endogenen oder exogenen Molekülen zum Zweck höherer Reaktionsbereitschaft und der Metabolisierung bzw. Entgiftung.

Der Umbau funktioneller Gruppen hat zwei Ziele:
Erhöhung der Wasserlöslichkeit (durch Vorbereitung auf Anfügen stark polarer Gruppen in Phase II)
Veränderungen an funktionellen Gruppen (was meist die biologische Aktivität des Moleküls reduziert).

Für Redox-Reaktionen nutzt die Leberzelle vorwiegend P-450-Enzyme (oxygenierte Reaktionsprodukte stehen dann für eine Phase-2-Reaktion bereit). Einige Stoffe (z.B. Proteine) werden in Lysosomen vollständig abgebaut; für die Aufnahme in Lysosomen gibt es spezifische Carrier.

    P-450 Cytochrome (CYPs) sind eine Enzym-Superfamilie, deren Mitglieder Häm als Cofaktor haben und als Monooxygenasen (-OH-einsetzende Enzyme) wirken. So oxidieren sie z.B. Fettsäuren oder Steroide und können Medikamente metabolisieren (aktivieren / inaktivieren). P-450 bezeichnet eine Gruppe (über 100 Typen) mischfunktioneller Oxygenasen - das vielseitgste Enzymsystem im Körper, das insgesamt mehr als 106 Substrate umsetzen kann. Diese Enzyme sitzen in der Membran des glatten endoplasmatischen Retikulums der Hepatozyten.
Zum P-450-System gehörende mischfunktionelle Monooxygenasen sind die führenden Enzyme des Phase-I-Metabolismus - sie übernehmen Hydroxylierungen (R-H zu R-OH). Mehrere hundert Gene sind für die im endoplasmatischen Retikulum lokalisierten Cytochrom-P450-Enzyme (CYP) zuständig. Fast jedes zweite P-450-Enzym weist genetische Polymorphismen auf, und vom mehr als 1000 Substanzen weiß man, dass sie P-450-Enzyme induzieren (ihre Wirksamkeit erhöhen) können - was u.a. Gewöhnung an Toxine bzw. Pharmaka erklärt. CYP3 A4 ist an 40-45%, CYP2 D6 an 20-30% aller Biotransformationen beteiligt (Metabolisierung von Medikamenten!).

CYP-Enzyme
sind in zwei Organgruppen zu finden:
 
     Einerseits in der Leber, wo sie im endoplasmatischen Retikulum der Hepatozyten zahlreiche Reaktionen katalysieren (Bildung von Gallensäuren, Aktivierung / Inaktivierung von Vitaminen, Medikamenten u.a.),
 
     andererseits in Steroide produzierenden Organen (Ovarien, Plazenta, Hoden, Nebennierenrinde).

Ihre Isoformen sind unterschiedlich auf die Gewebe verteilt - z.B.

    in der Leber metabolisieren CYP 2R1, CYP 3A4, CYP 27A1 Cholecalciferol (Vitamin D3) zu 25-(OH)D3,
 
    in der Niere metabolisieren CYP 27B1 25-(OH)D3 zu 1,25-(OH)2D3, CYP 24A1 zu 24,25-(OH)2D3.

Auch die zytosolischen Alkoholdehydrogenasen (ADH, 7 Isoenzyme) gehören zu der Gruppe der Phase-I-Enzyme, sie dehydrieren Alkohole zu Aldehyden und Ketonen und finden sich vor allem in Leber, Nieren und Lunge. Weitere Beispiele sind Aldehyddehydrogenasen, Xanthinoxidase, Reduktasen, Esterasen.

Genetische Polymorphismen beeinflussen die enzymatischen Aktivitäten (z.B. des P-450), was unterschiedliche Geschwindigkeiten der Verstoffwechselung bedingt (schnelle / langsame Metabolisierer). Folge ist u.a. rascher oder verzögerter Abbau von Medikamenten.

Die Phase-I-Reaktion betrifft viele wasserunsösliche Stoffe wie Steroide, Prostaglandine, Medikamente. Die betreffenden Enzyme finden sich in Mikrosomen und im endoplasmatischen Retikulum.

Giftstoffe durchlaufen die Phase 1, werden typischerweise neutralisiert und eventuell in kleinere Moleküle zerteilt. Diese betreten dann die Phase 2, wo die Bruchstücke wasserlöslich und ausscheidbar gemacht werden
:
 
Phase-2-Biotransformation: Kopplung mit polaren Substanzen
 
Phase-2-Transformationen (Phase 2 reactions) erfolgen hauptsächlich in der Leber (auch in Nieren, Lunge u.a.). Sie addieren stark hydrophile Gruppen an den "Entfernungskandidaten", machen ihn dadurch besser löslich, in der Regel inaktiv und (über Harn, Atemluft, Schweiß) ausscheidbar. Solche Konjugationen werden durch (meist zytoplasmatische) Transferasen vermittelt und nutzen

    Glucuronat via (Uridindiphosphat--) Glucuronyltransferasen (UDP-GT) ( Abbildung), die sich (ausnahmsweise) im endoplasmatischem Retikulum befinden (so wie die Phase 1-Enzyme).


Abbildung: Glucuronidierung


Glucuronidierung ist die von der Leber am häufigsten genutzte Phase 2-Biotransformation und betrifft OH-, SH- oder Aminogruppen vor allem von Bilirubin und Steroidhormonen,
 
    Sulfat mittels zytosolischer Sultotransferasen (z.B. Steroide),
 
    Methyl (mit S-Adenosyl Methionin - z.B. Thiole) mittels Methyltransferasen,
 
    Acetat (via N-Acetyl-Transferasen mit Acetyl-CoA - z.B. Amine, Sulfonamide -, was zu Entgiftung führt),
 
    Glutathion - der wichtigste Entgiftungsweg für zahlreiche Medikamente und Karzinogene (via Glutathion-S-Transferase GST, Ausscheidung über Harn oder Galle),
 
    Aminosäuren wie Glycin, Taurin, Glutamin (z.B. Gallensäuren).

Auch die Entfernung funktioneller Gruppen - z.B. durch Desaminierung oder Desalkylierung - fällt in den Rahmen von Phase 2-Transformationen.

 

So können toxische Substanzen entschärft werden ("Entgiftung"), manchmal aber auch harmlose Metaboliten Toxizität erlangen ("Giftung"). Alkohol wird durch Wirkung von Alkohol-Dehydrogenase (ADH), Cytochrom P-450 und Katalase in Peroxisomenzu zu Acetaldehyd oxydiert, dieses anschließend durch Aldehyd-Dehydrogenase zu Acetat abgebaut.
  
    Mehr über Alkoholabbau und Folgewirkungen s. dort
 
Zu den Stoffen, die Hepatozyten in die Galle sezernieren, gehören Gallensäuren, organische Kationen / Anionen und Lipide. Verschiedene Transportersysteme kommen dabei zum Einsatz ( Abbildung):
 

Abbildung: Wie Hepatozyten organische Kationen und Lipide ausscheiden
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Leberzellen tauschen sowohl mit dem Gallengangsystem (grün) als auch mit dem Interstitium (Disse-Raum, blau) Stoffe mittles verschiedener Transportsysteme aus. Der Disse-Raum steht über diskontinuierliches Kapillarendothel mit dem Blut (Sinusoide) in offener Verbindung

ABC, ATP-binding cassette transporter; APL, Aminophospholipid;
MATE, multidrug and toxic extrusion (protein); ATP8B1, ATPase phospholpipd transporting 8B1; MATE1, multidrug and toxin extrusion protein 1; MDR1, multidrug resistance protein 1; OATP = organic anion transport protein; OC, organic cation; OCT, organic cation transporter; PL, Phospholipid

 
Aminosäuren und Adenosin gehören zu den Stoffen, die aus der Gallenkapillare zurückgewonnen werden können (Austausch gegen Natriumionen, Abbildung).

     Gallensaure Salze gelangen ATP-abhängig über BSEP (bile-salt export pump, auch ABCB11 - ATP-binding cassette, subfamily B member 11 genannt) in die Gallenkapillaren ( s. dort), wobei ein Konzentrationsgefälle bis zu 1 zu 1000 überwunden werden kann (also Gallensalze auf der kanalikulären Seite konzentriert werden können).

     Zahlreiche organische Anionen (z.B. glucuronierte oder sulfatierte Gallensäuren, Bilirubindiglucuronid) nutzen hauptsächlich das ebenfalls ATP-abhängige, elektrogene MRP2 (Multidrug resistance-associated protein 2, auch ABCC2, ATP-binding cassette, subfamily C member 2 genannt - s. dort).

     Organische Kationen können über das multidrug resistance protein MDR1 oder über das multidrug and toxin extrusion protein MATE1 zur Ausscheidung kommen ( Abbildung).

     Lipide - insbesondere Phospholipide - nutzen die Flippase MDR3 (ABCB4) als Transporter - Phosphatidylcholin kann so z.B. von der inneren in die äußere Schicht der Zellmembran wechseln. Spezielle Umlagerungen verschiedener Phospholipide (Anreicherung von Cholesterin und Sphingomyelin in der Außenschicht) üben eine Schutzfunktion aus, indem sie die apikale Membran der Leberzellen vor oberflächenaktiven Schädigungen durch die Galle bewahren (Kompartimentierung).

Die Ausscheidung von Cholesterin erfolgt über die Transporter ABCG5 und ABCG8 ( Abbildung).

Die Leber reagiert auf zahlreiche steuernde Einflüsse
 

Die Leber steht unter dem Einfluss verschiedener chemischer Führungsgrößen - Konzentrationswerte verschiedener Substrate, aber auch von Transmittern, Mediatoren und Hormonen.
 

Abbildung: Input- und Outputwege der Leber
Nach: Thomson AW, Knolle PA., Antigen-presenting cell function in the tolerogenic liver environment. Nature Reviews Immunology 2010; 10: 753-66

Zufluss über Pfortaderblut: Resorbierte und "eigene" Stoffe aus GI-System.
 
Abtransport über Hohlvene: Wasser, Salze, Vitamine, Spurenelemente, Nähr- und Signalstoffe; über Galle: Gallensaure Salze, Gallenfarbstoffe, Cholesterin, Detoxifikationsprodukte


  
  Beispielsweise kann die Leber je nach Bedarf Energie speichern (Glykogenbildung) oder bereitstellen. Insulin fördert den Speicherungsmechanismus; Adrenalin bewirkt über ß2-Rezeptoren Energiebereitstellung durch Glykogenolyse und Glukoneogenese. Für den Kohlenhydratmetabolismus ist sie mit Glucosetransportern (GLUT2) bestückt, die Glucose in Abhängigkeit von der aktuellen extrazellulären Konzentration (Blutzuckerspiegel) durch die Membran schleusen.

     Die Bildung von Plasmaproteinen und Lipiden ist ebenfalls substrat- und hormonabhängig (Insulin, "kontrainsulinäre" Hormone).

     Das Wachstumshormon wirkt an der Leberzelle anabol (vermehrte Aminosäureaufnahme und -verwertung) und bewirkt die Freisetzung von IGF1 (s. unten).

     Bei Energiemangel werden Fettsäuren zu Ketonkörpern umgebaut, die zum Teil für mangelnde Glucose im Energiestoffwechsel einspringen können. Dazu müssen sich die Zellen in Gehirn und Muskulatur umstellen: Sie erhöhen die Exprimierung der Enzyme, die für die Überführung von Ketonkörpern in AcCo-A notwendig sind.

     Regulation der Cholesterinsynthese: Das limitierende Enzym ist die HMG-CoA-Reduktase - sie reduziert HMG-CoA zu Mevalonat. Ihre Aktivität kann (durch erhöhte Transkription / Translation / Enzymstabilität) um das 200-fache steigen, wenn der Bedarf für Mevalonsäure-Abkömmlinge im Stoffwechsel erhöht ist.
 
    Bei steigender Cholesterin- oder Mevalonatkonzentration in der Zelle nimmt die Bildung der HMG-CoA-Reduktase ab, und umgekehrt.

Das HMG-CoA-Reduktase-Molekül hat eine Domäne, welche sich durch die Membran des endoplasmatischen Retikulums erstreckt und wahrscheinlich als Rezeptor dient. Das könnte die cholesterinabhängige Steuerung der Enzymaktivität erklären.

 


Abbildung: Hämoglobinabbau, Urobilinogenausscheidung
Nach einer Vorlage in Kumar / Abbas / Fausto / Aster, Robbin and Cotran's Pathological Basis of Disease, 8th ed. Saunders / Elsevier 2010

Leberzellen nehmen Bilirubin auf, indem sie dieses von der Bindung an Albumin lösen. Sie glukuronieren es, machen es so wasserlöslich und scheiden es mit der Galle in den Darm aus. Dort erfolgt die Umwandlung zu Urobilinogen

s. auch dort   
 
    Interleukin-6 und TNF gehören zu den (stressinduzierbaren) immunologischen Faktoren, die auf die Leberzelle direkt steuernd einwirken können (stressinduzierte Serumkinasen: Akutphasenproteine).

 
  Die Leber selbst bildet insulinähnliche Wachstumsfaktoren (IGFs) und Vorstufen von Mediatoren / Hormonen (hochmolekulares Kininogen , Angiotensinogen).
 
Proteine, Harnstoff, Stickstoffausscheidung
 
Aus dem Aminosäurestoffwechsel (meist über Transaminierungen) anfallendes Ammoniak wird im Rahmen des Harnstoffzyklus (Krebs-Henseleit-Zyklus ) in Harnstoff umgewandelt.
 
    Der Harnstoffzyklus ist der wichtigste Ausscheidungsweg für Stickstoff (Ammoniak ist ein Zellgift). Aufgrund der Enzymausstattung kann der Harnstoffzyklus nur in Leberzellen vollständig ablaufen (2 Reaktionen in Mitochondrien, 3 im Zytosol, Abbildung unten).

Die Biosynthese eines Harnstoffmoleküls erfordert den Verbrauch von ATP, ist also energieaufwändig - aber wesentlich, damit sich kein Rückstau von (in höherer Konzentration toxischen) Stickstoffträgern im Körper ergibt.

Der Harnstoffzyklus dient nicht nur der Stickstoffentsorgung des Körpers, sondern ist auch für die Biosynthese verschiedener Moleküle dienlich, wie NO, Kreatin oder biogene Amine.

Die Harnstoff-Biosynthese ist reguliert und kann sich anpassen: Bei hoher Proteinzufuhr kommt es zur Induktion von Enzymen des Harnstoffzyklus, d.h. die Kapazität zur Stickstoffausscheidung nimmt zu.



Harnstoff

Die "heilige Formel des Mediziners"


  Referenzwerte für Harnstoff s. dort
 
Bis ins 19. Jahrhundert galt die Annahme, dass organische Moleküle nur von lebenden Zellen, nicht aber im Labor ("künstlich") produziert werden können. 1828 gelang der Gegenbeweis: Friedrich Wöhler stellte Harnstoff als erste organische Substanz synthetisch aus einer "unbelebten" Substanz (Ammoniumzyanat) her.
   

Abbildung: Harnstoffzyklus
Nach Blair NF, Cremer PD, Tchan MC. Urea cycle disorders: a life-threatening yet treatable cause of metabolic encephalopathy in adults. Pract Neurol 2015; 15: 45-8

Beim Aminosäurestoffwechsel fällt Ammoniak an, das durch 5 Reaktionen zu Harnstoff umgewandelt wird: Die ersten beiden laufen in Mitochondrien ab (Enzyme: CPS1, OTC), die folgenden im Zytoplasma (Enzyme: ASS1, ASL, ARG1).
 
Vollständig läuft die Reaktionskette nur in der Leber ab. Die Harnstoffsynthese benötigt Energie (ATP-Verbrauch)


Der Säure-Basen-Status bestimmt die Art der hepatischen Stickstoffausscheidung - als Ammoniumsalz oder Harnstoff. Beide entstammen dem Eiweißabbau. Über das Glutamin-Glutamat-System, an dem Leber und Nieren beteiligt sind, wird dabei auf die Erfordernisse der Säure-Basen-Bilanz Rücksicht genommen:


 
      Harnstoff konsumiert bei seiner Bildung sowohl H+ - als auch HCO3-; bei ausgeglichenem Säure-Basen-Haushalt wird Stickstoff vorwiegend als Harnstoff gebunden (periportale Zone 1 des Leberläppchens).

   
  Bei Azidose hingegen wird vermehrt Glutamat herangezogen, um Ammonium zu binden, es entsteht Glutamin (Zone 3 des Azinus). Im proximalen Tubulus wird es zu alpha-Ketoglutarat und Ammonium gespalten. Mit Ammoniumchlorid gelangen saure Valenzen zur Ausscheidung. Alpha-Ketoglutarat wird abgebaut, und es entsteht Bicarbonat.
 
Als Ammonium (ammonia) wird die Summe aus Ammonium im chemischen Sinne (NH4+) und freiem Ammoniak (NH3) bezeichnet. Bei einem Blut-pH von 7,4 liegen 98% des Gesamt-Ammoniums als NH4+ vor (pK des NH3 - NH4+ - Systems 8,9). Andererseits kann NH3 leicht durch Barrieren wie die Blut-Hirn-Schranke diffundieren (und bei Hyperammonämie Vergiftungserscheinungen bewirken), da es gut lipidlöslich ist.
  Ammonium entsteht renal durch Hydrolyse aus Glutamin und durch bakteriellen Abbau im Darm (~4g - etwa 240 mM - Ammonium entstehen pro Tag im Colon, das Pfortaderblut hat eine mehrfach höhere Ammoniumkonzentration als das systemische Blut. Dieses Ammonium gelangt unmittelbar zur Leber).
  Die Leber "entgiftet" Ammonium (neurotoxische Wirkung höherer Serumkonzentrationen - hepatische Enzephalopathie): Der Harnstoffzyklus ist normalerweise nur zu einem Viertel seiner maximalen Kapazität ausgenützt (funktionelle Reserve). Dabei entsteht Harnstoff (~20g/d), der (wie auch Glutamin) renal ausgeschieden wird. Erhöhung des Ammoniumspiegels beruht fast immer auf gestörter hepatischer Elimination.

Skelettmuskulatur und Gehirn bilden aus Ammonium Glutamat (Glutaminsynthetase), und zwar linear proportional der Ammoniumkonzentration. Glutamin und Aspartat sind wichtige Aminogruppenspender; Transaminierungsreaktionen ermöglichen den Umbau von Aminosäuren ineinander. Die Transaminasen Aspartat-Aminotransferase (AST) und Alanin-Aminotransferase (ALT) spielen dabei eine zentrale Rolle.

  Referenzwerte für Ammonium s. dort
 
 

 
      Hepatische Biotransformation aktiviert oder inaktiviert körpereigene Stoffe, Medikamente oder Gifte, und bringt diese in ausscheidbare (wasserlösliche) Form. First-pass-Effekt bedeutet, dass ein Anteil resorbierter Substanz bei der ersten Leberpassage umgewandelt oder eliminiert wird. Meist erfolgt die Biotransformation zweiphasig - Abänderung funktioneller Gruppen (Phase-1-Reaktion), Hinzufügen polarer Gruppen (Phase-2-Reaktion)
 
      In Phase-1-Reaktionen wirken Oxidation, Reduktion, Hydrolyse, Dealkylierung, Dehalogenierung - z.B. durch mischfunktionelle Monooxygenasen (insbesondere das Häm-Protein Cytochrom-P450-Enzym (CYP) im endoplasmatischen Retikulum), zytosolische Alkoholdehydrogenasen (ADH), Aldehyddehydrogenasen, Xanthinoxidase, Reduktasen, Esterasen. Dies betrifft viele wasserunlösliche Stoffe wie Steroide, Prostaglandine, Medikamente. Toxische Stoffe durchlaufen die Phase 1, werden meist neutralisiert, manchmal in kleinere Moleküle zerteilt (die Bruchstücke werden in der Phase 2 wasserlöslich und ausscheidbar gemacht)
 
      In Phase-2-Reaktionen werden die Stoffe konjugiert (Glukuronierung, Sulfatierung, Methylierung, Acetylierung, Konjugation mit Aminosäuren und Glutathion) und besser löslich bzw. ausscheidbar gemacht. Glukuronierung erfolgt durch Glukuronyl-, Glutathion-S-, N-Acetyl-, Sulfo-, Methyltransferasen. Gifte können so entschärft, gelegentlich auch harmlose Stoffe toxisch werden. Alkohol wird zu Acetaldehyd oxydiert (ADH, Cytochrom P-450, Katalase in Peroxisomen), Acetaldehyd durch Aldehyd-Dehydrogenase zu Acetat abgebaut
 
      Die Leber steht unter dem Einfluss verschiedener Substrate, Transmitter, Hormone, Mediatoren (wie IL-6 und TNF) und speichert (gefördert durch Insulin) oder liefert (z.B. durch Adrenalin) so je nach Bedarf Energie. GLUT2 ermöglicht die Aufnahme von Glucose in Abhängigkeit vom Blutzuckerspiegel. Auch die Bildung von Plasmaproteinen und Lipiden ist substrat- und hormonabhängig (Insulin, "kontrainsulinäre" Hormone). Wachstumshormon bewirkt die Freisetzung von IGF1. Bei Energiemangel werden Fettsäuren zu Ketonkörpern umgebaut. Die Cholesterinsynthese ist durch die Verfügbarkeit von HMG-CoA-Reduktase - deren Aktivität bis ~200-fach ansteigen kann - gesteuert (steigende Cholesterinkonzentration in der Zelle senkt die Bildung der HMG-CoA-Reduktase, und umgekehrt). Hepatozyten nehmen Bilirubin auf, indem sie dieses von der Bindung an Albumin lösen, glukuronieren es (machen es wasserlöslich) und scheiden es mit der Galle in den Darm aus (dort erfolgt die Umwandlung zu Urobilinogen)
 
      Das stark toxisch wirkende Ammoniak wird im Rahmen des Harnstoffzyklus (Krebs-Henseleit-Zyklus) unter ATP-Verbrauch in Harnstoff umgewandelt. Der Harnstoffzyklus läuft nur in Leberzellen vollständig ab (Enzymausstattung). Der Harnstoffzyklus dient auch der Biosynthese von NO, Kreatin, biogenen Aminen. Hohe Proteinzufuhr induziert Enzyme des Harnstoffzyklus (steigende Kapazität zur Stickstoffausscheidung). Wieviel Stickstoff in Harnstoff (~20g/d) und wieviel in Ammoniak (~4g/d) zur Ausscheidung kommt, hängt vom Säure-Basen-Status ab: Die Harnstoffsynthese ist pH-neutral, bei Azidose wird vermehrt Glutamat genutzt, um Ammonium zu binden (Leber, Muskeln, Gehirn) - es entsteht Glutamin, die Niere spaltet dieses zu alpha-Ketoglutarat (dieses wird zu Bicarbonat abgebaut) und Ammonium, mit Ammoniumchlorid werden saure Valenzen ausgeschieden. Glutamin und Aspartat sind wichtige Aminogruppenspender; Transaminierungsreaktionen (AST, ALT) führen Aminosäuren ineinander über
 

 



  Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen: Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.