Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

    
Physiologie der Nierenfunktion und der ableitenden Harnwege

Metabolische und endokrine Aufgaben und Eigenschaften der Niere
© H. Hinghofer-Szalkay

Clathrin: clatri = Gitter 
Erythropoetin: ἐρυθρός = rot, ποιεῖν = machen
Megalin: μέγα = groß (600 kDa)
Podozyt: πούς, ποδός = Fuß, κύτος = Zelle




Glomerulär filtriertes Protein (1-3 g/d - etwa 60 kg Protein strömen täglich durch die glomerulären Kapillaren, die Filtration beträgt also nur ca. 0,003% dieser Menge) wird von den Tubuli endozytotisch wiederaufgenommen und (als Peptide und Aminosäuren) an das Blut zurückgeführt. Normalerweise werden nur etwa 0,03 Gramm täglich (rund 1% der filtrierten Menge) mit dem Harn ausgeschieden.

Die Nieren beteiligen sich am Abbau extrazellulären Proteins ("Plasmaproteine"), Nierenversagen kann zu Erhöhung des Blutspiegels zahlreicher Peptidhormone führen.

Die Niere ist nicht nur endokrine Abbau-, sondern auch Synthesestelle: Sie bildet Erythropoetin und aktiviert Vitamin-D-Hormon; Renin stößt den Angiotensin-Aldosteron-Mechanismus an. Kinine sind gefäßerweiternd, fördern die Ureterperistaltik und wirken - teils über Prostaglandine - natriuretisch.

In der Einstellung des Säure-Basen-Haushaltes spielen die Nieren eine zentrale Rolle: Sie bilden Bicarbonat (hauptsächlich im proximalen Tubulus), dieses puffert tubulär sezernierte Säuren (der Harn-pH würde andernfalls von ~5,4 auf ~1,3 absinken). Glomerulär filtriertes Phosphat wird zu 10% ausgeschieden und dient ebenfalls der Pufferung.

Die Nieren tragen etwa 10% zum Ruheumsatz des Organismus bei, sie verbrauchen ~30 ml Sauerstoff pro Minute (rund ein Zehntel des gesamten Ruhe-O2-Bedarfs). Der Großteil des renalen Energiestoffwechsels wird für die Rückresorption von Kochsalz aus den Tubuli benötigt.


Glomerulärer Proteinfilter Säure-Basen-Haushalt Niere und Energiestoffwechsel Niere und Hormone

Core messages
   
Wegen ihres enorm hohen spezifischen Sauerstoffverbrauchs spielen die Nieren trotz ihres geringen Gewichts (0,3-0,4% des Körpergewichts) eine wichtige Rolle sowohl in metabolischer als auch kardiovaskulärer Hinsicht (20% des Herzminutenvolumens). Ihre Funktionen gehen über die Bildung von Harn und die Ausscheidung einer Fülle von Stoffen hinaus: Sie aktivieren (Vit. D, Renin) und bilden Hormone (Erythropoetin) sowie Mediatoren (Prostaglandine, Kinine) und beteiligen sich an der Stabilisierung des Säure-Basen-Haushalts.
 
Die Nieren haben zahlreiche Funktionen, die über die Harnbildung hinausgehen
 

Plasmaproteine sind ein wertvolles Gut, das nicht in den Harn verloren gehen soll. Ihre Eigenschaften stellen dies auch weitgehend sicher: Sie treten wegen der Filterbarriere und ihrer negativen Ladung kaum durch die Basalmembran der Glomerulumkapillaren.

Eine geringe Menge schafft es dennoch und wird vom Tubulusepithel resorbiert: Zahlreiche Peptidhormone (AngiotensinANP, Gastrin, Glukagon, Hypophysenhormone, Parathormon) gelangen wegen ihrer relativ geringen Größe (bis ~40 Aminosäuren) in das glumeruläre Filtrat. Peptidtransporter (PepT1) bringen solche Peptide in die Tubulusepithelzelle. Insulin wird endozytiert und in den Epithelzellen lysosomal abgebaut (wie in der Leber, die ~50% des Insulins katabolisiert).

Insgesamt ist die Niere - zusätzlich zur Leber - ein wichtiger Ort des Eiweißabbaus, und bei Nierenversagen kann es zu Konzentrationserhöhung von Peptidhormonen kommen. Dadurch werden die Zielzellen desensibilisiert und es kommt zu endokrinen Problemen.

Peptidasen
im Bürstensaum der Tubuluszellen bauen diese Peptide
ab. Entstandene Di- und Tripeptide werden - ähnlich wie im Dünndarm - mittels Symport mit H+-Ionen in die Epithelzellen aufgenommen und weiter verwertet. (Aminosäuren werden ohnehin resorbiert, s. dort.)

Kleine Peptide werden ebenfalls resorbiert (H+/Oligopeptid-Cotransporter).
 
Oligopeptide werden im proximalen Tubulus luminal abgebaut, Di- und Tripeptide im Austausch gegen H+ resorbiert



Abbildung: Wie die Niere mit filtriertem Albumin umgeht

 Modifiziert nach Jefferson JA et al, Proteinuria in diabetic kidney disease: A mechanistic viewpoint. Kidney International 2008: 74, 22–36

Links: Zellen in Glomelulus und Tubulus.
 
Rechts oben: Albumin (Moleküle als blaue Kugeln überproportional gross dargestellt) wird von der glomerulären Filtrationsbarriere (Endothelzelle, glomeruläre Basalmembran = GBM, Podozytenfortsätze) zurückgehalten. Endotheliale fenestrae sind sind von negativ geladener Glykokalix bedeckt. Podozyten haften sich an die Basalmembran, zwischen ihren fußartigen Fortsätzen bestimmen Proteine die Größenbarriere dieses Filters (slit diaphragm). Nur einige Albuminmoleküle schlüpfen durch dieses Sieb.
 
Rechts unten: Solche glomerulär (physiologisch) "entkommenen" Albuminmoleküle werden anschließend im Tubulus zurückgewonnen: Megalin / Cubulin - Rezeptoren nehmen sie in Vesikel auf, Lysosomen bauen Albumin ab und resorbieren oder sezernieren die Bruchstücke (Peptide, Aminosäuren)


Täglich werden 1-3 g
Albumin glomerulär filtriert (Konzentration im Primärfiltrat ≤4 mg/l, ungefähr ein Tausendstel der Konzentration im Blutplasma), aber nur ~30 mg/d
(1-2% der filtrierten Menge) ausgeschieden.

Bei einem Zusammenbruch der Filterbarriere ist die Rückgewinnungs-Kapazität allerdings überfordert, dann treten relevante Mengen an Eiweiß in den Endharn über (Proteinurie z.B. bei Glomerulonephritis).

Der größte Teil (~98%) des filtrierten Albumins wird mittels rezeptorvermittelter Endozytose (Clathrin-Mechanismus ) resorbiert (Megalin / Cubulin: Abbildung).

    Megalin (LRP2, low density lipoprotein receptor-related protein 2) und Cubilin (mit dem Megalin einen Komplex bilden kann) sind Endozytose-Rezeptoren, die vor allem im proximalen Tubulus exprimiert werden ( Abbildung). Sie finden sich in Membranen verschiedener Epithelzellen, die sich an der Endozytose zahlreicher Substanzen, u.a. Proteinen, beteiligen.
Fehlfunktion führt zu Eiweißverlust mit dem Harn (Proteinurie).
 
Neben der Rückgewinnung von Molekülen aus dem Primärharn können die Nieren auch
 
     Substratmoleküle selbst synthetisieren, wie Glucose und Aminobutyrat;
 
     den Säure-Basen-Haushalt beeinflussen, indem sie je nach Bedarf saure oder basisch-puffernde Valenzen ausscheiden; und
 
     Hormone freisetzen.
 
Niere und Säure-Basen-Haushalt
  
Die Nieren tragen einen bedeutsamen Anteil zur nicht-respiratorischen (früher: "metabolischen") Stabilisierung des Säure-Basen-Haushalts des Organismus bei.


Abbildung: Niere und Säure-Basen-Haushalt
Nach Koeppen BM, The kidney and acid-base regulation. Adv Physiol Educ 2009; 33: 275-81

Atmung und Harnproduktion kooperieren bei der Einstellung der Säurebilanz des Körpers. Der Großteil der Energie stammt aus dem Abbau von Kohlenhydraten und Fetten, was Sauerstoff und die Wirkung von Insulin erfordert.
 
Über die pro Tag entstehenden und abgeatmeten ~20 mol  CO
2 wird fast die gesamte im Organismus entstehende Säure entsorgt:


CO2 + H2O <-> H2CO3 <-> HCO3- + H+

Die Niere kann ihrerseits die Ausscheidung von Bicarbonat steuern. Stickstoff wird in Form von Harnstoff oder - pH-relevanten - Ammoniumverbindungen (NH4A) ausgeschieden, das Verhältnis zwischen beiden kann angepasst werden

A = Anion



     Bicarbonat:
Glomerulär filtriertes Bicarbonat (~4500 mM pro Tag) wird in der Niere so gut wie vollständig rückresorbiert (85% im proximalen Tubulus, 15% im distalen Tubulus). Zusätzlich bildet die Niere (bei ausgeglichener Stoffwechsellage) pro Tag etwa 70 mM Bicarbonat (hauptsächlich im proximalen Tubulus) und liefert so Pufferbasen nach. Die Niere muss tubulär sezernierte Säuren puffern, ansonsten würde der Harn-pH auf einen Wert von ~1,3 absinken (~70 mM H+ in ~1,5 Liter Harn) - tatsächlich beträgt der pH-Wert des Urins im Durchschnitt 5,4 (Spanne je nach Stoffwechselsituation pH 4,6 bis pH 7,5).

In Situationen mit überschießendem Bicarbonatangebot (Alkalose) sinkt die Bicarbonat-Rückresorption im Nephron von 100% bis auf ~65%; das bedeutet, dass bis zu 35% des filtrierten Bicarbonats (oder knapp 1600 mM/d) mit dem Harn ausgeschieden werden könnem.
 
     Ammonium: Die Bicarbonatsynthese erfolgt vorwiegend über den Ammoniummechanismus (durch NH3 → NH4+) sowie den Phosphatmechanismus (Bicarbonatbildung durch Hydrogenphosphat → Dihydrogenhosphat); s. dort.
 
 
     Phosphat: Glomerulär filtriertes Phosphat wird zu 90% renal rückgewonnen; 10% werden ausgeschieden und dienen der Pufferung. Das ist wichtig, denn die Epithelzellen der (relativ empfindlichen) Tubuli müssen vor pH-Werten unter 4,5 geschützt werden (filtriertes und renal aus CO2 neugebildetes Bicarbonat wird vollständig resorbiert - der Inhalt distaler Tubulusanteile hat meist einen pH-Wert unter 5,5). Phosphat stellt ~80% der "titrierbaren Säure" (hierzu zählt z.B. auch Citrat oder Sulfat) im Harn.

Zur Chemie: Phosphate können kein (tertiäres, z.B. Na3PO4), ein (sekundäres, z.B. Na
2HPO4) oder zwei Wasserstoffatome enthalten (primäres Phosphat. z.B. NaH2PO4).

Der pK-Wert (=pH-Wert, bei dem die
beteiligten Partner zu jeweils 50% vorliegen) liegt
   zwischen H3PO4 und H2PO4- bei ~2,1
   zwischen H2PO4- und HPO42- bei 6,8 (d.h. bei pH=6,8 liegen primäres und sekundäres Phosphat in gleich hoher Konzentration vor)
   zwischen HPO42- und PO43- bei 12,4

Das bedeutet, dass z.B. im Blut (pH=7,4) Phosphat vorwiegend in sekundärer Form (HPO42-), im Harn distaler Tubuli (pH<5,5) vorwiegend in primärer Form (H2PO4-) vorliegt. Anders ausgedrückt: Je saurer der Harn, desto mehr Wasserstoffionen nimmt das Phosphatsystem auf, d.h. desto stärker wird es als Puffer herangezogen.
 
  Zur Beteiligung der Leber am Ammonium-Harnstoff-Mechanismus s. dort
 
  Zur Beteiligung der Niere am Säure-Basen-Haushalt s. auch dort
 
  Zum tubulu-glomerulären Feedback s. dort
 
Niere und Energiestoffwechsel

     Der Sauerstoffverbrauch der Nieren ist - bezogen auf das renale Organgewicht - enorm hoch: So steuern die Nieren (~0.5% des Körpergewichts) etwa 10% zum gesamten Ruheumsatz bei. Dieser Umsatz wird zum Großteil für den aktiven Transport von Salzen (vor allem NaCl) durch das Tubulussystem benötigt. Der proximale Tubulus sowie der dicke aufsteigende Teil der Henle-Schleife haben eine besonders hohe Dichte an Mitochondrien, das hier (oxidativ) gebildete ATP wird vorwiegend zum Betrieb der Na/K-ATPase in der basolateralen Membran der Tubuluszellen benötigt. Etwa 80% des renalen Energieaufkommens werden für die Rückresorption glomerulär filtrierten Natriums aufgewendet.

Als normaler Durchschnlttswert des spezifischen Sauerstoffverbrauchs kann 6 ml O2 / min / 100g
Nierengewebe angenommen werden (sehr ungleich verteilt: Rinde 9 ml O2 / min / 100g, Papille (Nierenmark) nur 0,4 ml O2 / min / 100g - Unterschied ~20:1). Im - relativ schlecht durchbluteten - Nierenmark sinkt die venöse Sauerstoffsättigung bis auf 10% ab (starke Inhomogenität der renalen Perfusion). Insgesamt verbraucht die Niere nur ~7% des arteriell angelieferten Sauerstoffs, das renal-venöse Blut ist noch zu >90% sauerstoffgesättigt - das symbolisiert die Tatsache, dass die Nierendurchblutung in einem hohen Maße funktionell begründet ist, nur zu einem geringen Anteil nutritiv.

Als Substrat für die Energiegewinnung konsumiert die Niere vor allem Fettsäuren, auch Ketonkörper (ß-Oxy-Buttersäure und Acetessigsäure). Der proximale Tubulus kann aus α-Ketoglutarat Glucose bilden (Glukoneogenese), ist aber nicht für anoxidative Energiegewinnung (Glykolyse) ausgestattet - er arbeitet aerob und ist auf kontinuierliche Sauerstoffzufuhr angewiesen. Auf Unterdurchblutung (wie bei akutem Nierenversagen) reagiert das proximale Tubulussystem empfindlich und kann leicht beschädigt werden.

Die renale Durchblutung ist enorm hoch: Mit ≥1 l/min (entsprechend ~0,6 l/min RPF bei einem Hämatokrit von 0,4) beträgt sie etwa ein Fünftel des gesamten Herzminutenvolumens. Die spezifische Durchblutung beträgt ~400 ml / min / 100g, das ist mehr als das maximal arbeitende Myokard empfängt! Auch hier zeigt sich innerhalb der Niere eine hohe Heterogenität: Die Rinde hat mit über 500 ml/min/100g die höchsten Werte; das Mark (das den Gegenstrommechanismus aufbaut und nicht "ausgespült" wird) ist wesentlich geringer durchblutet (um die 100 ml/min/100g).
 
     Bei inneren Blutungen im Bereich der Nieren (Trauma, postoperativ) können daher in kurzer Zeit große Blutmengen in den Bauchraum austreten, das Blutvolumen im Kreislauf sinkt und es kann rasch zu Schocksymptomen kommen (Blutdruckabfall, Tachykardie), ohne dass von aussen ein Blutverlust erkennbar wird.

 
Endokrine Aktivität der Niere
  
Erythropoetin
Renin / Aldosteron Vitamin D-Hormon
 
     Erythropoetin (Epo) wird bei steigendem Sauerstoffbedarf aus erythropoetinbildenden Zellen in der Nierenrinde freigesetzt, die sich durch den Hypoxiereiz aus Perizyten und fibroblastenähnlichen Zellen differenzieren und im Interstitium peritubulär zu finden sind ( Abbildung).
 

Abbildung: Erythropoetinbildende Zellen in der Niere
Nach Koury MJ, Haase VH, Anaemia in kidney disease: harnessing hypoxia responses for therapy. Nat Rev Nephrol 2015; 11: 394–410

Tubuluszellen bilden kein Erythropoetin, sondern interstitielle Zellen (Perizyten und fibroblastenähnliche), die sich durch den Reiz des Sauerstoffmangels zu erythropoetinbildenden Zellen differenzieren


Da die Nieren selbst nur wenig Sauerstoff aus dem Blut schöpfen (AVDO2 nur ~6% der arteriell angebotenen Menge) und diese Menge außerdem sehr konstant ist, eignen sie sich ideal als Ort für die Messung des Sauerstoffgehalts im Blutkreislauf.

Erythropoetin regt die Neubildung roter Blutkörperchen im
Knochenmark an. Dadurch erhöht sich die Zahl der Erythrozyten und die O2-Transportkapazität.

Die Freisetzung von Erythropoetin aus Fibroblasten-ähnlichen interstitiellen Zellen in der Nierenrinde wird durch lokale Hypoxie stimuliert. Dies kann auftreten infolge
 
     verringerter renaler Perfusion
 
     Hämatokritabfall, z.B. nach intensivem Blutverlust (Einströmen interstitieller Flüssigkeit in den Kreislauf)
 
     Reduktion des pO2 in der Atemluft (Höhenaufenthalt)

Perfusion und Epo-Bildung: Dass die Nierenrinde der Ort der (O2-abhängigen) Erythropoetinbildung ist, hängt mit der Tatsache zusammen, dass dieses Gewebe zu den am stärksten durchbluteten des Körpers gehört.

Sinkt der arterielle Sauerstoffpartialdruck systemisch ab, wird das in einem Gewebe mit geringem Eigenbedarf am klarsten signalisiert (Glomerula in Carotis- und Aortenbogen, Nierenrinde), weil hier der Eigenbedarf bezüglich des pO
2 am geringsten zum Ausdruck kommt.

Die Transkription des Gens für Epo - also die Erythropoetinsynthese - wird durch einen Transkriptionsfaktor reguliert, der als Hyopoxia-inducible factor 1 (HIF-1, Abbildung) bezeichnet wird.

     HIF-1 dominiert die Regulation der renalen Erythropoetinproduktion,

     HIF-2 regt die Epo-Synthese in Niere und Leber an.
 

Abbildung: Regulierung des HIF-1 (Hypoxia-inducible factor-1)
Nach Rezvani H, Ali N, Nissen LJ, Mazurier F. HIF-1α in Epidermis: Oxygen Sensing, Cutaneous Angiogenesis, Cancer, and Non-Cancer Disorders. J Invest Dermatol 2011; 131: 1793-805

(a): HIF-1α (oben) und HIF-1β (darunter) sind Transkriptionsfaktoren. HIF-1α enthält eine sauerstoffempfindliche Domäne (ODDD, oxygen-dependent degradation domain) und eine Aktivierungsdomäne (C-TAD, C-terminal transactivation domain), die bei Normoxie inaktiv ist.
 
(b): Unter normoxischen Bedingungen unterliegt HIF-1α der VHL-mediierten proteosomalen Ubiquitinierung (VHL: Von Hippel-Lindau-Protein). Unter hypoxischen Bedingungen, UV-B-Bestrahlung oder Aktivierung einiger Wachstumsfaktoren bleibt HIF-1α stabil, gelangt in den Zellkern, interagiert mit hypoxia-responsive elements (HREs) und aktiviert seine Zielgene.

AKT, Proteinkinase B, überträgt Phosphatgruppen, wird im Menschen in allen Gewebetypen gebildet  ARNT, aryl hydrocarbon receptor nuclear translocator (HIF-1β), ß-Einheit des Transkriptionsfaktors HIF   HGF, hepatocyte growth factor   Hsp-90, Hitzeschockprotein-90, eines der am häufigsten vorkommenden Proteine in der Zelle

 
MAPK, mitogen-activated protein kinase  NLS, nuclear localization signal (Kernlokalisierungssignal), aus Aminosäuren bestehende Signalsequenz  N-TAD, N-terminal transactivation domain (Transaktivierungsdomäne),  Teilbereich eines Transkriptionsfaktor  PHD, Prolyl-Hydroxylasen, katalysieren die Hydroxylierung von Prolylresten in Proteinen

 
PI3K, Phosphoinositid 3-kinase, katalysiert die Phosphorylierung von Inositol in der Zellmembran    pVHL, Protein VHL (Von Hippel-Lindau)  ROS, reactive oxygen species


Über HIF s. auch dort



Im Dünndarm reduziert die duodenale Zytochromreduktase drei- zu zweiwertigem Eisen, dieses betritt die Schleimhautzelle (Enterozyt) via Metalltransporter; beide werden von HIF-2 reguliert. Mittels Ferroportin geht es dann in den Kreislauf; auch dieses ist HIF-2-gesteuert. Über das ebenfalls HIF-regulierte Transferrin (Hypoxie steigert den Transferrinspiegel) gelangt Eisen dann in Leber, Knochenmark und andere Organe; das retikuloendotheliale System führt rezirkuliertes (phagozytiertes) Eisen der Wiederverwertung zu.

HIF-1 ist aus mehreren Komponenten aufgebaut; Hydroxylasen führen laufend zu Hydroxylierung der α-Einheit und damit zu deren Abbau (Proteasomen - Abbildung).

     Gewebehypoxie (Sauerstoffmangel) hemmt die verantwortlichen Enzyme (Hydroxylasen), wodurch

     HIF-1 langsamer abgebaut wird,

     seine Aktivität steigt und die Erythropoese zunimmt.

     Folge: Hämatokrit, Sauerstofftransportvermögen des Blutes und arterieller Sauerstoffpartialdruck nehmen zu (negative Rückkopplung).

Ohne Erythropoetinwirkung nimmt der Hämatokrit auf mindestens die Hälfte des Normalwertes ab, es kommt zu schwerer Anämie. Das kann bei massiver renaler Degeneration (chronisches Nierenversagen) oder nach Entfernung beider Nieren auftreten.

  Zur Interaktiom von Darm (Resorption), Leber (Speicherung), Knochenmark (Erythropoese), Milz (Ery-Abbau) und Nieren (Erythropoetin) s. auch dort
 
     Die Freisetzung des Enzyms Renin (spaltet aus einem Globulin Angiotensin I ab) aus juxtaglomerulären Zellen im vas afferens steht unter sympathischer Kontrolle und wird lokal reguliert (Blutdruck, NaCl-Konzentration in macula densa, tubulo-glomeruläres Feedback - Abbildung). Die distalen Tubuli resorbieren etwa 5% des glomerulär filtrierten Natriums (15-20 mM/min), und zwar unter Kontrolle des Aldosterons, das (nicht nur in der Niere) Na+-Rückresorption und K+-Ausscheidung bewirkt. Die Rückgewinnung von Natrium erfolgt durch

      rasche Anregung des Na+/H+-Austausches (direkter Effekt),

      Expression von Na+-Kanälen in der apikalen Membran der Tubuluszellen (verzögerter Effekt),

      Erhöhung der Zahl von Na+-K+-ATPase-Molekülen in der basolateralen Membran (langfristig wirkender Effekt).
 

Abbildung: Vitamin-D-Synthese
Modifiziert nach Mehlig LM, Garve C, Tauer JT, Suttorp M, Bauer A. Inhibitory effects of imatinib on vitamin D3 synthesis in human keratinocytes. Mol Med Report 2015; 11: 3143-7

Die Haut bildet aus 7-Dehydrocholesterin unter UV-Einfluss Cholecalciferol, die Leber daraus (über Zytochrom-Enzyme) Calcidiol, das von den Nieren zur biologisch aktiven Form Calcitriol (Vitamin-D3-Hormon) verwandelt wird

     Vit. D (D-Hormon): Calcitriol induziert im Darm calcium-transportierende Proteine und steigert so die Calciumaufnahme in den Körper.

Die Umwandlung der Vorstufe Vitamin D (
Calciferol: Ergocalciferol in der Nahrung; aus 7,8-Dehydro-Cholesterin unter UV-Einfluss in der Haut entstehendes Cholecalciferol, Vitamin D3) erfolgt in zwei Stufen ( Abbildung):
 
     in der Leber durch enzymatische Hydroxylierung zu Calcidiol und 24,25-(OH)2D3 und dann
 
     in der Niere zu Calcitriol (sowie inaktive Metabolite).

Dabei spielen Zytochrom P-450-Enzyme (CYP) eine Rolle: Die Niere metabolisiert 
25-(OH)D3 mittels CYP 27B1 zum biologisch aktiven Calcitriol 1,25-(OH)2D3, mittels CYP 24A1 zur inaktiven Calcitroinsäure.

Mutationen von
CYP 27B1 führen zu vitaminabhängiger Rachitis, solche von CYP 24A1 zu D-Hypervitaminose.

  
  Parathormon regt die Hydroxylierung über CYP 27B1 an und verursacht so eine Vitamin-D-Wirkung.

  
  Die Niere bildet diverse Mediatoren: Kinine wirken gefäßerweiternd, fördern die Ureterperistaltik und wirken - teils über Prostaglandine - natriuretisch; damit fördern sie die Wasserausscheidung.

  
  Die Niere baut Peptidhormone ab.

Der Elektrolyt- und Mineralstoffwechsel wird durch nierenwirksame Hormone beeinflusst:

 Vasopressin - s. dort 
 

 Parathormon - s. dort
 

 
      Täglich werden 1-3 g Albumin filtriert (im Primärfiltrat ≤4 mg/l), aber nur ~30 mg/d (1-2% der filtrierten Menge) ausgeschieden - der größte Teil (~98%) wird über Megalin / Cubulin - Rezeptoren der Tubulusepithelien in Vesikel aufgenommen und lysosomal abgebaut. Peptide (bis ~40 Aminosäuren: Angiotensin, ANP, Gastrin, Glukagon, Parathormon, Hypophysenhormone) werden durch Peptidasen im Bürstensaum in Aminosäuren und Peptidfragmente zerlegt; Insulin wird endozytiert und lysosomal abgebaut (~50% des Insulins katabolisiert die Leber)
 
      Die Niere sezerniert nichtflüchtige Säuren (wie Phosphat, Citrat, Sulfat); ungepuffert würde der Harn-pH ~1,3 betragen (entsprechend ~70 mM H+ in ~1,5 Liter), Puffersysteme im Harn heben den Wert auf 5,4 (4,6-7,5). Glomerulär filtriertes Bicarbonat (~4500 mM/d) wird rückresorbiert (85% im proximalen - der zusätzlich Bicarbonat produziert -, 15% im distalen Tubulus). Bei Alkalose sinkt die Bicarbonat- Rückresorption bis auf ~65%, bis zu 35% des filtrierten Bicarbonats werden dann mit dem Harn ausgeschieden. Die Bicarbonatsynthese erfolgt über den Ammonium- und Phosphatmechanismus. Glomerulär filtriertes Phosphat wird zu 90% rückresorbiert; 10% werden ausgeschieden und dienen der Pufferung (pK-Wert 6,8 des primär / sekundären Phosphatsystems). Je saurer der Harn, desto mehr H+ puffert das Phosphat
 
      Die Nieren (~0.5% des Körpergewichts) verbrauchen ~10% des Ruheumsatzes - vor allem für den tubulären Transport von Salzen (Na/K-ATPase in der basolateralen Membran) in der Rinde (9 ml O2/min/100g). Substrat sind vor allem Fettsäuren, auch Ketonkörper: Proximale Tubuli bilden aus α-Ketoglutarat Glucose. Sie sind auf kontinuierliche Sauerstoffzufuhr angewiesen (keine glykolytische Kapazität), die spezifische Durchblutung beträgt ~400 ml/min/100g (mehr als maximal aktives Myokard)
 
      Erythropoetin aus peritubulären interstitiellen Zellen wird auf lokale Hypoxie hin (verminderte Durchblutung, Hämoglobinmangel, Höhenaufenthalt) freigesetzt und regt die Neubildung roter Blutkörperchen im Knochenmark an, so erhöht sich die Zahl der Erythrozyten und die O2-Transportkapazität. Der Transkriptionsfaktor Hyopoxia-inducible factor (HIF-1 in der Niere, HIF-2 in Niere und Leber) reguliert die Ablesung des Epo-Gens. Ohne Epo-Wirkung sinkt der Hämatokrit auf mindestens die Hälfte des Normalwertes
 
      Renin stammt aus juxtaglomerulären Zellen im vas afferens, dieses steht unter sympathischer Kontrolle und wird lokal reguliert (Blutdruck, [NaCl] in der macula densa, tubulo-glomeruläres Feedback). Über Angiotensin steigt die Freisetzung von Aldosteron, unter dessen Wirkung das distale Tubulussystem ~5% des glomerulär filtrierten Natriums resorbiert: Durch rasche Anregung des Na/H-Austausches (direkter Effekt), Expression von Na+-Kanälen in der apikalen Membran (verzögerter Effekt) sowie Vermehrung von Na/K-ATPase in der basolateralen Membran (langfristiger Effekt)
 
      Die Niere metabolisiert 25-(OH)D3 mittels des Zytochrom P-450-Enzyms CYP 27B1 zum biologisch aktiven Vit-D3-Hormon Calcitriol 1,25-(OH)2D3. Parathormon regt diese Hydroxylierung an. - Kinine werden von der Niere gebildet, diese wirken gefäßerweiternd, teils über Prostaglandine natriuretisch, und fördern die Ureterperistaltik
 

 



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