Normalwerte
Der Nüchtern-Insulinspiegel beträgt <50 pM.
Ein Insulinspiegel von ~120 pM hemmt die Glucoseproduktion halbmaximal, die Glucoseverwertung
ist halbmaximal stimuliert bei ~300 pM.
Nach Aufnahme einer
umfangreichen kohlenhydratreichen Speise kann der Insulinspiegel auf einen Spitzenwert um die 1000 pM
(etwa das 20-fache des Nüchternwertes) ansteigen.
Blutzuckerspiegel (Glucose im Serum)
Nüchtern: 3,3-6,0 mM/l (60-110 mg/dl)
C
6H
12O
6 hat das Molekulargewicht 180, daher entspricht 1 mM/l = 180 mg/l (=18 mg/dl) Glucose
(z.B. 5 mM/l = 90 mg/dl oder 90 mg%)
Oraler Glucosetoleranztest (
oGTT) mit 75 g Glucose: Blutzuckerspiegel nach 2 h <140 mg/dl (>200 mg/dl sicher pathologisch)
HbA1c (glykiertes Hämoglobin, "Zucker-Langzeitgedächtnis") < 6,5%
Insulin (Serum)
Molare Masse 5,8 kDa
1 mU entspricht 6-7,5 pM
Nach
>12 h Nahrungskarenz: < 43 pM/l (< 6 mU/l) - pulsatile Freisetzung: Oszillationen bis 800 pM/l möglich
>6h nach
Nahrungsaufnahme (postabsorptiv) 14-165 pM/l (2-23 mU/l)
Nach Glucoseaufnahme (oGTT: 75 g) 360-1430 pM/l (50-200 mU/l)
Biologische Halbwertszeit ~5 min
C-Peptid (Serum)
Nach
>12 h Nahrungskarenz: < 0,2 nM/l (< 0,7 µg/l)
>6h nach
Nahrungsaufnahme (postabsorptiv) 0,3-0,7 nM/l (1,0-2,1 µg/l)
90 min nach Aufnahme von 600 Cal 0,5-5,5 nM/l (3,6-40 µg/l)
Der Insulinrezeptor besteht aus zwei extrazellulären α-Ketten (sie binden das Insulinmolekül) und
zwei transmembranalen ß-Ketten.
Bindung von Insulin an den
Rezeptor aktiviert Tyrosinkinase, führt zur Phosphorylierung von Enzymen und aktiviert verschiedene
metabolische und wachstumsfördernde Effekte. Mehrere
intrazelluläre Signalwege sind involviert, insbesondere
-- der PIP2-PIP3-WEG, der u.a. die Einlagerung von GLUT4 in die Membran und damit die Glucoseaufnahme der Zelle fördert
-- über SHC oder GRB2, beides schaltet den Ras-Signalweg (zu MEK - MAPK) ein und steigert Genexpression und Wachstum
-- über Bindung von SH2-enthaltenden Proteinen an spezifische
Phosphotyrosingruppen am Insulinrezeptor oder an IRS-Proteinen (was
SH2-enthaltende Proteine aktiviert)
Akt, Proteinkinase B, Sammelbegriff für mehrere Proteinkinasen
FOXO1,
forkhead box protein O1, ein Transkriptionsfaktor, der im Insulin-Signalweg Gluconeogenese und Glycolyse reguliert
G6Pase, Glucose-6-Phosphatase, hydrolysiert Glucose-6-Phosphat
GRB2,
Growth-factor receptor-bound protein 2, Adapterprotein
GS, Glykogensynthase
GSK, GS-Kinase
IF,
Initiation factor, Proteinkomplexe, helfen bei der mRNA-Translation
IRS,
insulin receptor substrate, Adapterproteine
JNK, Proteinkinase
MAPK, Mitogenaktivierte Proteinkinase
MEK, Mitogenaktivierte Proteinkinase-Kinase
mTOR,
target of rapamycin, eine Kinase
p38,
Proteinkinase
PDK,
Phosphoinositide- dependent kinase, eine "Master"-Kinase in der Insulin- Signalkette
PEPCK,
Phosphoenolpyruvate carboxykinase, gluconeogenetische Lyase
PHAS-1,
phosphorylated heat- and acid- stable protein, Initiation der Translation regulierendes Protein
PI3K,
Phosphatidylinositol 3-Kinase
Raf-1, nach
rapidly accelerated fibrosarcoma, Proteinkinase
Ras (nach
rat sarcoma), eine GTPase
SH2,
SRC homology domain 2, Interaktion von Proteinen vermittelnde Proteindomäne
SHC =
src homology domain C terminus, ein Transformationsprotein
SOS,
son of sevenless, Guaninnukleotid- Austauschfaktor
>Abbildung: Insulinwirkungen auf Hepatozyten
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003
Die
Hauptwirkungen sind: Anregung der Glykogensynthese, der Glykolyse, der Fettbildung sowie der Proteinsynthese:
Insulin
erhöht die Glykogensynthese, indem es
die Bildung der Glucokinase (
1) und die Aktivität der Glykogensynthase (
2) steigert; gleichzeitig
reduziert es den Glykogenabbau durch Hemmung der Glycogen-Phosphorylase (
3 - Glucose hat dieselbe Wirkung) und der Glucose-6-Phosphatase (
4).
Insulin
befördert die Glykolyse und
Oxidation von Kohlenhydraten durch Anregung der Glucokinase (
1), Phosphofructokinase (
5) und Pyruvatkinase (
6), und durch den Hexose-Monophosphat-Shunt (
7). Auch begünstigt Insulin die
Pyruvatoxidation durch Aktivierung der Pyruvat-Dehydrogenase (
8) und
hemmt die Gluconeogenese durch Inhibition der Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase (
9), Fructose-1,6-Biphosphatase (
10) sowie der Glucose-6-Phosphatase (
4).
Insulin bewirkt
Synthese und Speicherung von Fett durch Aktivierung der Acetyl-CoA-Carboxylase (
11) und der Fettsäuresynthase (
12) sowie durch die Synthese verschiedener
VLDL-Apoproteine. Die Oxidation von Fetten wird durch Insulin indirekt supprimiert, indem Malonyl-CoA CAT 1 - die Carnitin-Acyltransferase (
13) - hemmt. Freie Fettsäuren (
FFS) werden zu Triglyzeriden verestert und als Lipidtröpfchen gespeichert oder zu VLDL exportiert.
Insulin erhöht schließlich die
Proteinsynthese (
14) und reduziert den
Proteinabbau
(
15)

Da die Bauchspeicheldrüse Insulin in das Pfortaderblut abgibt und
dieses unmittelbar zur Leber gelangt, ist deren Positionierung sowohl
für die Reaktion auf das hormonelle Signal aus dem Pankreas als auch
für die Verwertung aus dem Darm anflutender Substrate (Zucker,
Aminosäuren etc) ideal. Die Leber ist umgekehrt für Insulin ein
primäres Wirkungsziel, andererseits Stätte raschen Abbaus - die
Insulinkonzentration ist im Pfortaderblut etwa 4-fach höher als im
systemischen Kreislauf.
Die vier Hauptwirkungen des Insulins auf die Leber betreffen (>Abbildung)
Glykogensynthese und Glykogenolyse:
Insulin begünstigt die Bildung frischen Glykogens und hemmt dessen
Abbau. Glukose gelangt via GLUT2 (insulin-unabhängig) in die Zelle, Glucokinase und Glykogensynthase
(dessen Dephosphorylierung seine Aktivität steigert) werden durch
Insulin angeregt; sowohl Glucose als auch Insulin senken die Aktivität
der Glykogenphosphorylase (was den Glykogenaufbau fördert). Insulin hemmt die Glucose-6-Phosphatase, was die Konvertierung von G6P zu Glucose reduziert.
Glykolyse und Gluconeogenese: Insulin begünstigt auch den Abbau von
Glucose zu Pyruvat, das über mitochondrielles Acetyl-Coenzym A zur
Bildung von Triglyzeriden genutzt wird. Insulin fördert die Transkription des Glucokinase-Gens; dascurch wird mehr Glucose zu G6P phosphoryliert. Auch aktiviert Insulin (die Glykolyse regulierende) Phosphofructokinase über Bildung von (dieses Enzym allosterisch aktivierendes) Fructose-2,6-Biphosphat. Schließlich stimuliert Insulin auch Pyruvatkinase (diese bildet Pyruvat) und Pyruvatdehydrogenase (die Pyruvat oxidiert).
Die Gluconeogenese wird durch Insulin durch mehrere Effekte inhibiert;
PEPCK (Phosphoenolpyruvat Carboxylase) wird weniger transkribiert, und
der erhöhte Spiegel an Fructose-2,6-Biphosphat hemmt die Aktivität der Fructose-1,6-Biphosphatase.
Lipogenese: Die Triglyzeridsynthese wird angeregt, und Malonyl-CoA hemmt mitochondrielle Carnitin-Acyltransferase 1
(CAT 1) - und damit den Fettsäuretransport in die Mitochondrien (wo
Fettsäuren oxidiert würden). CAT 1 bildet Acylcarnitin, was notwendig
ist, damit langkettige Fettsäuren die innere Mitochondrienmembran
passieren können. Insulin sorgt für Dephosphorylierung der
Acetyl-Coenzym A Carboxylase 2
(ACC2), was wiederum - über vermehrt entstehendes Malonyl-CoA - zu
allosterischer Hemmung der CAT 1 führt. Insulin aktiviert gleichzeitig
Fettsäuresynthase und damit die Bildung von Neutralfetten.
Die Leber kann Neutralfette speichern (Lipidtröpfchen) oder als
VLDL-Partikel exportieren (Insulin fördert auch die Synthese der dafür
notwendigen Apoproteine). Muskel- und Fettzellen können die Fette
speichern oder für ihren Energiestoffwechsel oxidieren.
Proteinmetabolismus: Über komplexe Wege wird die Synthese von Eiweiß angeregt und sein Abbau gehemmt.
In Muskelzellen stimuliert Insulin die Glucoseaufnahme und die
Speicherung in der Form von Glykogen. Das erfolgt durch Einlagerung von
GLUT4
(<Abbildung), Aminosäuretransportern und
Na-K-ATPase in die Plasmamembran, was u.a. die Eiweißsynthese und
Aufnahme
von Kaliumionen erleichtert.

<Abbildung: Insulinwirkungen auf Myozyten
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003
Die Hauptwirkungen sind ähnlich wie in Leberzellen, unterscheiden sich aber im Detail:
-- Förderung der
Glucoseaufnahme durch Einlagerung von
GLUT4
in die Zellmembran. GLUT4 findet sich fast ausschließlich in Muskel-
und Fettzellen und ist insulinsensitiv (anders als das
hormonunabhängige GLUT2 in der Leberzelle) - es wird auf Insulinreiz
hin aus intrazellulären Speichern in die Außenmembran integriert
-- Anregung der
Glykogensynthese durch Aktivierung der Hexokinase (
1) und Glycogensynthase (
2)
-- Stimulierung der
Glykolyse. Die Aktivität der Hexokinase (
1), Phosphofructokinase (
3) sowie Pyruvat-Dehydrogenase (
4) wird durch Insulin angeregt
-- Verstärkte
Proteinsynthese (
5), verringerter Proteinabbau (
6). Das unterstützt die Kraft des Bewegungssystems

Zwischen
Muskelzellen, Insulin und Glucose besteht ein spezieller Zusammenhang.
In "guten Zeiten" nehmen Myozyten Glucose aus dem Extrazellulärraum
auf, was durch Insulin interstützt wird (Wirkung auf GLUT4-System); der
Blutzuckerspiegel sinkt ab, die Muskulatur arbeitet sozusagen gegen
hyperglykämische Exzesse an (was durch Muskelarbeit sehr effizient
unterstützt wird). In "mageren" Zeiten sinkt der Glucosespiegel weiter,
der Insulinspiegel nimmt ab, und es werden nicht nur Lipide aus dem
Fettgewebe mobilisiert, sondern auch Aminosäuren, insbesondere aus der
Muskulatur.
Insulin
fördert den Einbau von GLUT-4 in Skelettmuskelzellen, diese nehmen
dadurch vermehrt Glucose auf - der Blutzuckerspiegel sinkt
|
Durch Wirkung auf mehrere Enzyme (Hexokinase, Glycogensynthase,
Phosphofructokinase, Pyruvat-Dehydrogenase) werden die Stoffwechselwege
durch Insulinwirkung entsprechend umgestellt.
Insulin fördert die K+-Aufnahme in den Muskel durch Anregung der Na/K-ATPase
Insulininjektion kann zu akuter Hypokaliämie führen
|
Die
Gesamtwirkung ist eine erhöhte Utilisation (Oxidation) von Glucose, was
indirekt den Proteinpool der Zelle schont. Auch werden die Fettspeicher
eher erhöht als angegriffen; und die Neubildung von Muskelglykogen wird
gefördert.
Insulin regt die Proteinsynthese in Skelettmuskelzellen an
|
Der genaue
Mechanismus, der die Muskelzelle befähigt, unter Wirkung des Insulins
die Proteinsynthese zu steigern und die Proteolyse zu hemmen, ist
Gegenstand der Forschung.
In Fettzellen
hemmt Insulin vor allem die Lipolyse und regt die Aufnahme und
Speicherung von Fettsäuren an. Sie verfügen (wie Hepatozyten) über ~3.105 Insulinrezeptoren pro Zelle, von denen nur ~5% mit Insulin besetzt sein müssen, um bereits den vollen Insulineffekt zu erzielen (s. oben).

>Abbildung: Insulinwirkungen auf Adipozyten
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003
Die Hauptwirkungen des Insulins auf Fettgewebe sind:
-- Förderung der
Glucoseaufnahme durch Einlagerung von (insulinsensitivem) GLUT4 aus intrazellulären Speichern in die Zellmembran
-- Anregung der
Glykolyse sowie der Umwandlung von
Pyruvat (Pyruvat-Dehydrogenase (
1) und Acetyl-CoA-Carboxylase (
2) werden durch Insulin angeregt) zu metabolischen Speicherformen (vor allem Fettsäuren, kaum Glykogen)
--
Triglyzeridsynthese und Speicherung in Fetttröpfchen. Die Aktivität der
Triglyzeridlipase und
der hormonsensitiven Lipase (Box
3) wird durch Insulin reduziert (diese würden Triglyzeride zu Glyzerin und freien Fettsäuren abbauen)
-- Synthese von
Lipoproteinlipase, die von Fett- an Endothelzellen exportiert
und an deren Blutseite verankert wird (Abspaltung von Triglyzeriden aus Chylomikronen und VLDL - die
Fettsäuren gelangen zu den Adipozyten, diese bauen sie in ihren
Triglyzeridpool ein)
Insulin hemmt die Lipolyse
|
Auch regt Insulin in Adipozyten die Transkription von Lipoproteinlipase
an; diese gelangt zu benachbarten Endothelzellen und fördert dort die
Mobilisierung von freien Fettsäuren aus VLDL (und Chylomikronen) im
Blutplasma. Die Fettsäuren diffundieren dann zu den Fettzellen und
werden von diesen aufgenommen, esterifiziert und in Fetttröpfchen
gespeichert (>Abbildung).
Anregende und hemmende Wirkungen des Insulins im Überblick:
Anregende Wirkungen: Über Kaskaden
intrazellulärer Vorgänge (Kinasen,
Phosphatasen, Enzymsynthese, Glucosetransporter-Bereitstellung)
steigert Insulin