Insulin
wirkt über Tyrosinkinase-Rezeptoren am Zielgewebe (vor allem
Fett-, Muskel- und Leberzellen) je nach Enzymausstattung
unterschiedlich: In der Leber fördert es die Synthese von Glykogen und
Fett; im Muskel die Protein-, im Fettgewebe die Lipogenese, in beiden
die Aufnahme von Glucose über den Einbau entsprechender Transporter
(GLUT-4) in die Zellmembran. Zahlreiche Signale regen die Insulinsekretion in den B-Zellen des Pankreas an: Erhöhung des Glucose-, Amino- und Fettsäurespiegels im Blut; Aktivität autonomer Nerven (sympathisch, parasympathisch); vermehrte Hormonkonzentrationen (Inkretin-Effekt durch Gastrin, Sekretin u.a.), einschließlich des Insulins selbst (autokrines Feedback). Die Anregung der B-Zelle durch Glucose erfolgt so: GLUT-2-Transporter lassen Glucose in die Zelle, ATP wird vermehrt gebildet und sein Spiegel steigt an. Das blockiert ATP-sensitive Kaliumkanäle und reduziert den K+-Ausstrom - die resultierende Depolarisierung führt zu Einstrom von Ca++-Ionen und Freisetzung des in Vesikeln gespeicherten Hormons. Dieser Vorgang erfolgt nicht kontinuierlich, sondern pulsatil (alle 3-6 Minuten) - so lange dauert auch die biologische Halbwertszeit des Insulins, das auf diese Weise wirksam bleibt (kontinuierliche Anwesenheit des Hormons führte zu receptor downregulation, die Zelle wäre refraktär, der Signalweg blockiert). Ein herausragender Insulineffekt ist die Senkung des Blutzuckerspiegels - Glucose wandert aus dem extrazellulären Raum in die Zellen. Die Glucosekonzentration im Blutserum sollte nüchtern (postabsorptiv) 3,3-6,0 mM (60-110 mg/dl) betragen. Erniedrigte Glucosewerte (Hypoglykämie) gefährden die Funktion primär glucoseabhängiger Gewebe, insbesondere des Gehirns. Erhöhung des Blutzuckerspiegels (Hyperglykämie) ist nach Mahlzeiten physiologisch, weil resorbierter Zucker zunächst ins Blut gelangt. Der darauf erfolgende Insulinanstieg senkt den Glucosespiegel rasch wieder in den Referenzbereich. Im Gehirn hat Insulin Signalwirkung im Sinne eines Sättigungssignals (es wird bei Zuckerzufuhr ausgeschüttet) und beeinflusst ausser Essverhalten, Blutzuckerregulation, Energiehaushalt und Körpergewicht auch Bewusstsein und Gedächtnisbildung. Glucose kann sich mit anderen Biomolekülen verbinden, Komplexe bilden und - bei chronisch erhöhten Werten - längerfristig degenerativ wirken (Durchblutungsstörungen, Nervenschäden bei chronischem unbehandeltem Diabetes). |
Polyurie (osmotische Diurese) ist ein Hauptsymptom eines unbehandelten Diabetes mellitus |
Wirkungskette Insulin: Glucoseeinstrom über GLUT2 → Glykolyse, ATP-Synthese → Blockade ATP-sensitiven K+-Ausstroms → Depolarisation → Ca++-Einstrom über L-Typ-Calciumkanäle → [Ca++]i steigt → Exozytose, Insulinfreisetzung |
Die Insulinsekretion wird u.a. gehemmt durch sympathische Aktivität (via α-Rezeptoren) und Somatostatin (aus D-Zellen) |
![]() Einfluss des Stoffwechselstatus Nach Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021 |
||
Variable / Organ |
Nach 24 Stunden Nahrungskarenz |
2 Stunden nach Nahrungsaufnahme (Mischkost) |
Blutzuckerspiegel |
60-80 mg/dl 3,3-4,4 mM |
100-140 mg/dl 5,6-7,8 mM |
Insulinspiegel |
3-8 µU/ml |
50-150 µU/ml |
Glucagonspiegel |
40-80 pg/ml |
80-200 pg/ml |
Leber |
↑Glykogenolyse ↑Gluconeogenese |
↑Glykogensynthese ↓Glykogenolyse ↓Gluconeogenese |
Fettgewebe |
Mobilisierung von Lipiden |
Synthese von Lipiden |
Muskelgewebe |
Metabolisierung von Lipiden![]() Proteinabbau, Amibosäurenexport |
Glucose oxidiert oder als Glykogen gespeichert![]() Proteine gespart |
![]() Insulineffekte auf Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel ![]() Nach Ritter / Flower / Henderson / Loke / MacEwan / Rang, Rang & Dale's Pharmacology, 9th ed. Elsevier 2020 |
|||
Metabolismus |
Hepatozyten |
Adipozyten |
Myozyten |
Kohlenhydrate |
↓Gluconeogenese ↓Glykogenolyse ↑Glykolyse ↑Glykogensynthese |
↑Glucoseaufnahme ↑Glycerinsynthese |
↑Glucoseaufnahme ↑Glykolyse ↑Glykogensynthese |
Fette |
↑Fettaufbau ↓Lipolyse |
↑Triglyzeridsynthese ↑Fettsäuresynthese ↓Lipolyse |
- |
Proteine |
↓Proteinabbau | - |
↑Aminosäurenaufnahme ↑Proteinsynthese |
Insulin
fördert den Einbau von GLUT-4 in Skelettmuskelzellen, diese nehmen
dadurch vermehrt Glucose auf - der Blutzuckerspiegel sinkt |
Insulin fördert die K+-Aufnahme in den Muskel durch Anregung der Na/K-ATPase Insulininjektion kann zu akuter Hypokaliämie führen |
Insulin regt die Proteinsynthese in Skelettmuskelzellen an |
Insulin hemmt die Lipolyse |
Metabolische
Azidose (Ketoazidose) mit vertiefter Atmung (respiratorische
Kompensation) ist typisch für unbehandelten Diabetes mellitus |
Sulfonylharnstoffe
senken den Blutzuckerspiegel durch Blockade des ATP-sensitiven
Kaliumkanals der pankreatischen Betazelle und Insulinfreisetzung |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |