Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

  
Abwehrvorgänge (Immunologie)
 
Adaptive Immunität, B-Zellen, Antikörper

© H. Hinghofer-Szalkay

Agglutinin: agglutinare = anheften (gluten = Leim)
Antigen: Antibody generating
Bursa Fabricii: Girolamo Fabricio
Epitop: ἐπί = auf, bei; τόπος = Ort
Hapten: ἅπτειν = greifen, fassen
Opsonierung: ὀψωνἰαζ
ω = mit Speise versorgen
somatische Hypermutation: σῶμα = Körper, ὑπέρ = über, mutare = (ver)ändern
Teichonsäuren: τεῖχος, = Mauer (Bestandteile der Bakterienwand)


So wie die angeborene verfügt auch die adaptive Immunität über zelluläre und humorale Mechanismen:
 
   -- Zelluläre Immunität wird durch T-Lymphozyten umgesetzt, sie richtet sich gegen Mikroben (Viren), die in die Zelle eingedrungen sind
 
   -- Humorale Immunität erfolgt im Wesentlichen durch Antikörper (B-Lymphozyten), sie bekämpft extrazelluläre Mikroben und deren Toxine.

Antikörper sind modifizierte Rezeptormoleküle, die von Plasmazellen an den extrazellulären Raum abgegeben werden - sie binden an antigene Epitope (passende Molekülstellen z.B. an einem Bakterium). Antikörper bestehen aus einem antigenbindenden Fab-Teil und einem Fc-Teil, der - falls aktiviert - Komplement binden oder Phagozyten anregen kann.

Antikörper können monomer (z.B. IgG), dimer (IgA) oder pentamer vorliegen (IgM). IgG gelangt durch Kapillarwände, IgA wird an Schleimhäuten sezerniert, IgM eignet sich mit seinen 10 Antigen-Bindungsstellen besonders zur Agglutination von Antigenträgern.

Antikörper können dem angeborenen Immunsystem helfen, z.B. bei antikörpervermittelter Phagozytose: Haben sie Antigen gebunden, modifizieren sie ihren Fc-Teil so, dass er von Fc-Rezeptoren an Phagozyten erkannt wird und diese aktiviert.


Immunglobulin-Superfamilie Adaptive Immunität und Lymphozyten Epitop und Bindungsspezifität Humorale Abwehr B-Zell-Rezeptorkomplex Anergie Aufbau und Funktionen des Antikörpermoleküls Klonselektion  B-Zellen Immunglobulinklassen ADCC Isotypenwechsel, Somatische Hypermutation


Hypervariable Region    Serokonversion, Seroreversion    Immunkomplex    Isotyp    Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotocizität (ADCC)    Antikörpertiter

Impfung und Antikörpertiter        Core messages
  
Die humorale Abwehr des adaptiven Immunsystems beruht auf dem Einsatz von Antikörpern und Komplementfaktoren. Durch Bindung von Antikörpern können Mikroben nicht mehr an somatische Zellen adocken (Neutralisierung), oder sie werden zur Phagozytose "markiert" (Opsonisierung) bzw. zur Zerstörung durch andere Elemente des Immunsystems freigegeben (antigenabhängige Zytotoxizität, z.B. durch NK-Zellen). Auch können Antikörper Zellen oder Partikel zu Komplexen verbinden, wodurch die Angreifer unbeweglich und leichter abbaubar werden (Agglutination).

Verschiedene Teile des Immunsystems arbeiten auf mehreren Ebenen zusammen. So ist zur humoralen Bekämpfung der meisten Antigene eine Kooperation von Plasmazellen (antikörperproduzierenden B-Lymphozyten) und Th2-Zellen ("Helfer-T-Zellen") erforderlich; Plasmazellen können T-Zellen Antigene präsentieren, und diese reagieren mit der Produktion entsprechender Zytokine - die wiederum angeborene Elemente des Immunsystems (wie Makrophagen) aktivieren können.

Innerhalb des Immunsystens funktioniert die "Verständigung" zwischen den beteiligten Zellen u.a. über Mitglieder der Immunglobulin-Superfamilie:


Immunglobulin-Superfamilie
 
Immunglobuline (Antikörper) in extrazellulären Flüssigkeiten sind Mitglieder der sehr umfangreichen Immunglobulin-Superfamilie (IgSF, Abbildung), zu der neben B- und T-Zell-Rezeptoren u.a. MHC-Moleküle und zahlreiche CD-Proteine gehören.
 

Abbildung: Mitglieder der Immunglobulin- Superfamilie
Nach einer Vorlage in Strachan / Read, Human Molecular Genetics, 5th ed. 2020 (CRC Press)

All diesen Proteinen ist gemeinsam, dass sie über Immunglobulin- Domänen verfügen, die über Disulfidbrücken (rot) in Schleifenform gehalten werden. Viele Vertreter dieser Rezeptorfamilie sind wichtige Funktionsträger im Immunsystem (variable Domänen gelb unterlegt).
 
Freien Immunglobulinen (Antikörpern) fehlt die Sequenz, mit der sich die hier gezeigten Rezeptoren in der Zellmembran verankern - sie können von Plasmazellen in den Extrazellulärraum sezerniert werden und sind im Blutplasma vorhanden (elektrophoretisch als gamma-Globuline darstellbar)

 
Fc-Rezeptor s. dort, MHC s. dort, CD s. dort


Gemeinsame Aufgabe der Mitglieder der Immunglobulin-Superfamilie ist das Erkennen und Binden (bzw. Adhäsion) von Zellen mittels sogenannter Immunglobulindomänen (Abbildung). Lymphozytäre (B-, T-) Rezeptoren, Antikörper (lösliche Immunglobuline) sowie MHC-Rezeptoren verfügen über Domänen, die spezifische Variabilität aufweisen und so eine tragende Rolle im adaptiven Immunsystem spielen.
     Als Antigenrezeptoren fungieren lymphozytäre (B-Zell- und T-Zell-) Rezeptoren sowie Antikörper (IgG, IgA, IgM, IgD, IgE)
     MHC-Proteine (Klasse I und II, ß2-Mikroglobulin) präsentieren Antigene (s. dort)
     Als Corezeptoren wirken CD4, CD8 und andere - sie kooperieren bei der wechselseitigen Erkennung zwischen Lymphozyten und MHC-tragenden Zellen
 
   Zu zahlreichen weiteren Beispielen gehören anregende (Costimulatoren) und hemmende Faktoren (Inhibitoren), Rezeptoren (z.B. für Zytokine, Wachstumsfaktoren, NK-Zellen), Zelladhäsionsmoleküle (CAMs), Moleküle des Zytoskeletts (z.B. Titin) u.a.
 
Lymphozyten und adaptive Abwehr
 

Im Gegensatz zum genetisch festgelegten, nicht-adaptiven (angeborenen) Teil des Immunsystems - mit dem schon das Neugeborene ausgestattet ist - verfügt das (entwicklungsgeschichtlich jüngere Immunsystem - eine Erfindung der Kiefertiere) adaptive Immunsystem über die Möglichkeit, potentielle Krankheitserreger hochspezifisch zu erkennen und zu bekämpfen: Lymphozyten rekombinieren im Laufe ihres Lebens DNA-Sequenzen und bilden dadurch Rezeptoren und Antikörper, die eine praktisch unbegrenzte Zahl von Proteinen, Lipiden, Kohlenhydraten (z.B. auf Pathogenen) und auch kleinen Molekülen (z.B. Toxinen) spezifisch binden kann (somatically generated receptors).

So kenn das Binden von Antikörpern (humorale Immunantwort) an mikrobielle Epitope die Ausbreitung der antigenen Mikroben auf unterschiedliche Weise bremsen: Antikörper können deren Anlagerung an körpereigene Zellen blockieren, die Mikroben immobilisieren, oder sie so markieren, dass sie von anderen Immunfaktoren oder Leukozyten angegriffen und zerstört werden.

Diversität. Wie erlangen B-Zellen die Fähigkeit, trotz beschränkter genetischer Auswahl eine unglaubliche Vielfalt
(schätzungsweise etwa 10 Milliarden) unterschiedlicher Immunglobuline zu bilden (zellspezifisch, d.h. pro B-Zell-Klon jeweils eine Art)? Ei- und Samenzellen verfügen über lediglich drei Immunglobulin-Gene (IGH, IGK, IGL), heranreifende B-Zellen aber lassen unterschiedliche Versionen der Immunglobulin-Gene entstehen ( Abbildung):
 

  Abbildung: Produktion zellspezifischer Immunglobulinketten (Beispiel IGH: immunglobulin heavy locus)
Nach einer Vorlage bei Strachan / Read, Human Molecular Genetics, 5th ed. CRC Press 2020

V (variable), D (diversity) und J (joining) sind Gencluster für die variable, C (constant) für die gleichbleibende Region des Immunglobulins. Der Gencluster für Immunglobulin- Schwerkettengene (IGH) hat etwa 40 Gene für den V-, 25 für den D-, 6 für den J- und 9 für den C-Abschnitt.
 
Jede Immunglobulinkette wird zellspezifisch durch somatische Rekombination gebildet: Durch zufallsgesteuerte Fusion von V-, D- und J-Gensegmenten zu einer aktiven VDJ-Einheit (somatische Rekombinationen #1 und #2).
 
Diese Einheit entspricht einem neu geschaffenen Exon, das den variablen Teil des Immunglobulins codiert. Sie startet den Transkriptionsvorgang; durch wiederholtes Spleißen wird ein C-Element zugefügt, das den konstanten Ig-Abschnitt codiert. Damit ist eine komplette RNA für die Synthese des Ig-Moleküls gegeben


Die Abbildung zeigt am Beispiel einer schweren Immunglobulinkette (heavy chain) den Mechanismus der zellspezifischen Anordnung der Gene (zuerst auf DNA-, dann auf RNA-Niveau). Das Resultat ist eine Immunglobulinkette, bestehend aus einem variablen (epitopspezifischen) und einem konstanten Abschnitt (Bindung an Zellmembran, später Komplementaktivierung etc). Dieses Genarrangement findet - in jeder B-Zelle unterschiedlich - in einem frühen Stadium der Lymphozytenentwicklung statt. Jeder B-Lymphozyt ist dann auf diese eine Spezifität fixiert.

Schwere Ketten werden über Gene auf Chromosom 14 (
~200V-Gene, ~20 D-Gene, 6 J-Gene, 9 C-Gene), κ-Leichtketten über solche auf Chromosom 2 (~40 V-Gene, ~5 J-Gene, 1 C-Gen), und λ-Leichtketten über solche auf Chromosom 22 (~30 V-Gene, 6 J/C-Gene) codiert. Für die κ-Leichtkette ergeben sich 200 mögliche Genkombinationen, für die λ-Leichtkette 180, und für die Schwerkette (H) 24.000 (Gesamtzahl 9,1 Millionen: 4,8 Millionen mögliche κH- und 4,3 Millionen λH-Kombinationen).

Anschließend erfolgt die Kombination der DJ- bzw. VDJ-Einheiten mit dem Code für eine konstante Aminosäuresequenz für den C-Anteil des Immunglobulinpeptids.

Die Zahl potenzieller antigenerkennender Kombinationen - nur auf Grund der hier geschilderten Kombinatorik - beläuft sich auf über 26 Millionen. An diese Genarrangements schließen sich bei B-Zellen Isotypenwechsel und somatische Hypermutation (s. unten) an. Solche Mutationen der B-Zell-DNA können die Antigenbindung der Immunglobuline (Epitoperkennung) verändern - gegegentlich verstärken (affinity maturation). Isotypenwechsel und somatische Hypermutation erfolgen nur in B-, nicht in T-Lymphozyten.

Zur somatischen Rekombination (Immunglobuline / T-Zell-Rezeptoren) s. auch dort
 
Als Antigen bezeichnet man im adaptiven System jeden Stoff, der Lymphozyten dazu veranlassen kann, eine (spezifische / adaptive) Immunantwort gegen ihn zu bilden.

Ein erwachsener Mensch verfügt über ~2.10
12 Lymphozyten und ~1019 Antikörpermoleküle. Die ~2 kg Gewebe des adaptiven Systems (vergleichbar der Masse eines Organs wie Gehirn oder Leber - bei erwachsenen Personen jeweils etwa 1500 Gramm) befinden sich nur zu ≤5% im Blut (Lymphozyten, Plasmazellen); 95% verteilen sich auf Lymphknoten, Schleimhäute (MALT), Milz, Knochenmark und andere Gewebe ( s. dort).

Primäres Immunglobulin-Repertoire: Auch ohne Anregung durch Antigene bildet der Mensch >1012 unterschiedliche Immunglobuline - zunächst als IgM und IgD. Nach der Konfrontation mit einem Antigen stellen B-Lymphozyten dann auf die Synthese von IgG, IgA und IgE um
(Klassenwechsel, vgl. dort). Dabei erfolgt eine sogenannte Affinitätsreifung der Antikörper (bessere Passung mit dem Epitop) und ein sekundäres Immunglobulin-Repertoire, dessen Affinitätskonstante um 4-6 Zehnerpotenzen (von ~106 auf ~1011 l/M) ansteigt.

Lymphozyten können in drei Entwicklungs- bzw. Reifegraden vorliegen:
als immunkompetente, aber noch "naive" Zellen (proliferieren durch Kontakt mit passendem Antigen),
als Effektorzellen (T oder B - zellulär oder humoral aktiv, können Pathogene eliminieren - Lebensdauer einige Tage bis viele Jahre),
als Gedächtniszellen (memory cells - stehen nach einer Immunaktivierung lebenslang als Repräsentanten des immunologischen Gedächtnisses bereit).

Nach einer ersten Begegnung mit einem passenden Antigen entwickeln sich naive (immunkompetente) Lymphozyten zu Effektorzellen (massive Zellteilungsaktivität über mehrere Tage), einige zu Gedächtniszellen (die bei einem Zweitkontakt rasch zu Effektorzellen werden können). Ein Zweitkontakt führt auch zu einer Vermehrung der entsprechenden Gedächtniszellen.

 

Abbildung: Produktion und Wirkung von Antikörpern
Nach einer Vorlage bei Chambers / Huang / Matthews, Basic physiology for anaesthetics (2nd ed), Cambridge Medicine 2019

Tauchen Bakterien an einer Infektionsstelle auf (oben), werden diese zunächst von antigenpräsentierenden Zellen (APC) - Makrophagen, dendritischen Zellen, B-Zellen - phagozytiert. Verarbeitung (processing) der bakteriellen Antigene führt dann zur Präsentation von Fragmenten an der Zelloberfläche in Lymphknoten.
 
Antikörper stammen aus aktivierten B-Zellen (Plasmazellen) als Ergebnis einer Zusammenarbeit von B- und T-Helfer (Th-) Zellen:
 Aktivierte Th-Zellen bilden einen Lymphozytenklon mit identisch antigenspezifischen Rezeptoren. (Einige von ihnen werden zu Gedächtniszellen.) Diese Zellen sind CD4-positiv, denn ihr Rezeptor interagiert mit MHC Klasse II-Molekülen auf antigenpräsentierenden Zellen.
 
B-Zellen werden auch dadurch aktiviert, dass ihr membranständiges Immunglobulin (der B-Zell-Rezeptor) an "sein" APC-Antigen bindet. Diese Aktivierung erfordert meist die Anwesenheit spezifisch aktivierter T-Helferzellen.
 
Fazit: B-Lymphozyten werden aktiv, wenn zwei Passungen des APC-Antigens vorliegen: Einerseits mit einer Helferzelle, andererseits mit einer B-Zelle (Sicherheitsmechanismus).
  
Die freigesetzten Antikörper gelangen über den Blutkreislauf an die Infektionsstelle, wo sie an Bakterien binden und diese inaktivieren. Der gesamte Vorgang vom Erstkontakt mit dem Pathogen bis zur anschwellenden Antikörperproduktion dauert etwa 5 Tage. Wenn das Pathogen zerstört worden ist, verschwinden die meisten spezialisierten Plasmazellen und T-Helfer-Zellen innerhalb weiterer 5 Tage, Gedächtniszellen hingegen bleiben über lange Zeiträume am Leben

Es gibt zwei Arten der adaptiven Immunität:

  
   Humorale, die gegen extrazelluläre Mikroben und ihre Toxine schützt - sie wird von B-Lymphozyten (ihre Vorläuferzellen stammen aus dem Knochenmark) exekutiert, ihre Produkte sind Antikörper (s. weiter unten)
 

   
   Zelluläre, die gegen intrazelluläre Mikroben gerichtet ist - dies ist die Domäne der T-Lymphozyten. Intrazelluläre Fragmente pathogener Proteine können von der infizierten Zelle via MHC-Proteinen "hergezeigt" werden, und T-Zellen mit passenden Rezeptoren können die markierte Zelle eliminieren oder andere Zellen (B-Zellen, Phagozyten) dazu veranlassen, zu ihrer Abtötung beizutragen.

Nur 2% aller Lymphozyten befinden sich im Blut, wo ihre Transitzeit etwa 30 Minuten beträgt, bevor sie wieder in das Gewebe übertreten.


Jeden Tag patroulliert der Großteil aller Lymphozyten (~500 Milliarden) durch Blutbahn, Gewebe und Lymphsystem. Die “Trefferwahrscheinlichkeit”, dass T-Zellen mit passenden Rezeptoren auf MHC-gebundene Antigene eingedrungener Krankheitserreger treffen, ist in Lymphknoten relativ hoch: Hier lassen sich aus dem Gewebe eingewanderte antigenpräsentierende Zellen mit ihrer "Beute" (Peptide auf MHC) nieder und präsentieren sie vorbeiziehenden T-Zellen.


Die Buchstaben “B” und “T” bei der Bezeichnung von Lymphozyten deuten auf Organe hin, die mit der Prägung der Lymphozyten für eine bestimmte Aufgabe in Zusammenhang stehen:
  
  B: Rotes Knochenmark (Bone marrow - bei Vögeln Bursa Fabricii , daher "B")
 
     T: Thymusdrüse (im Blut überwiegen T-Zellen mit ca. 80% der Lymphozyten) 
 
Lymphozyten sind nicht an ihre Umgebung fixiert, sondern sind mobil und haben - im Gegensatz zu den meisten anderen somatischen Zellen - die Fähigkeit, sich frei durch den Extrazellulärraum (sowohl extra- als auch intravasal) zu bewegen. Dadurch sind sie hervorragend geeignet, an jeder beliebigen Stelle des Körpers den Kreislauf zu verlassen, immunologische Spezialaufgaben zu übernehmen und bei Bedarf zu rezirkulieren. Auch können sie die Lymphbahnen als Transportweg nutzen; hier befinden sich Lymphknoten als über den ganzen Organismus verteilte Stationen der Immunabwehr.
 

Abbildung: Lymphozytenreifung
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Lymphozyten wandern nach ersten Entwicklungsschritten im roten Knochenmark über den Kreislauf
  zu sekundären lymphatischen Organen
(Milz, Lymphknoten, MALT) und reifen dort zu B-Zellen,
  zum Thymus und reifen dort zu T-Zellen.
 
Treffen in sekundären lymphatischen Organen Antigene auf
naive Lymphozyten, reagieren diese entsprechend; sie können den Kreislauf in anderen lymphatischen Organen verlassen (Rezirkulation, Diapedese)


Lymphozyten entwickeln sich aus Stammzellen im roten Knochenmark. Während ihrer komplexen Reifung in primären (zentralen, generativen) lymphatischen Organen (Knochenmark, Thymus) exprimieren sie Antigenrezeptoren ( Abbildung). Dann treten sie aus diesen als naive Lymphozyten (die noch keiner Begegnung mit "ihrem" Antigen ausgesetzt waren) aus und wandern in sekundäre lymphatische Organe (Lymphknoten, Milz). Hier werden einige von ihnen durch Antigene aktiviert und werden zu Effektor- und Gedächtniszellen.

Naive, Effektor-, Gedächtniszellen:
 
  
   Reife Lymphozyten, die noch keinen Kontakt mit dem Antigen hatten, das auf ihre Rezeptoren (Antikörpermoleküle) passt, werden als naiv (immunologisch unerfahren) bezeichnet (sie exprimieren zahlreiche IL7-Rezeptoren). Man findet sie im Kreislauf und in peripheren lymphatischen Organen; ihr Durchmesser beträgt 8-10 µm. Kernphysiologisch befinden sie sich in der G0-Phase und können von dieser aus zur G1-Phase zurückkehren, um sich zu teilen (GS-Phase: Mitose). Um zu überleben, benötigen sie die Reizung durch Zytokine (sie verfügen über Zytokinrezeptoren), vor allem IL-7.

Homöostatische Proliferation nennt man den Mechanismus, der dafür sorgt, dass die Zahl zirkulierender naiver Lymphozyten weitgehend stabil bleibt.

 

Abbildung: Lymphozytenaktivierung
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Naive T-Zellen aus dem Thymus und unreife naive B-Zellen aus dem Knochenmark (vgl. vorige Abbildung) betreten über den Blutkreislauf sekundäre lymphatische Organe (links oben), wo B-Lymphozyten ihre Reifung vollenden. Bei Kontakt mit Antigenen - die über Lymph- oder Blutbahn antransportiert werden - differenzieren die Lymphozyten zu Effektor- und Gedächtniszellen


      Haben sie das passende Antigen "gefunden", gebunden und dadurch eine Aktivierung erfahren, differenzieren sie sich zu 10-12 µm großen, zytoplasmareicheren Effektorzellen (zur Eliminierung von Mikroben). Zu Effektor-T-Lymphozyten gehören CD4-positive Helferzellen und CD8-positive zytotoxische Zellen; Effektor-B-Lymphozyten sind vor allem Plasmazellen.
 

      Gedächtniszellen (memory cells) exprimieren auf eine spezifische Reaktion zurückzuführende Membranproteine und sind bei weiterem Antigenkontakt zu rascher Reaktion und Abwehr befähigt. Sie exprimieren (wie naive Lymphozyten) intensiv IL-7-Rezeptoren. Der Gedächtniszellenpool besteht aus mehreren Subsets unterschiedlich mit Markern versehenen Lymphozyten.

Gedächtnis-B-Zellen befinden sich (wie Gedächtnis-T-Zellen) in einem Zustand erhöhter Aktivierbarkeit ("heightened activation state"). So können sie sich - gesetzt den Fall, sie erkennen passende Epitope - rasch in Plasmazellen verwandeln und Antikörper produzieren. Bei einer solchen "anamnestischen" Antwort steigt im Blut der entsprexchende Antikörpertiter innerhalb von etwa 3 Tagen messbar an (nach einem Erstkontakt dauert das etwa eine Woche).

Das Verhältnis der Zahlen von naiven zu Gedächtnis-T-Zellen im Kreislauf nimmt mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab - von fast 100% naiven T-Lymphozyten bei Neugeborenen bis auf ~20% im höheren Alter.
 
Epitop und Bindungsspezifität
  
Spezifische Antigenbindung erfolgt sowohl durch B- als auch durch T-Lymphozyten: Erstere benutzen dazu Immunglobuline (Ig), letztere T-Zell-Rezeptoren (TCR, T cell receptors).
Die Antigen-Antikörper-Bindung ist reversibel (Wasserstoffbrücken, van-der-Waals-Kräfte, hydrophobe Wechselwirkungen) und kann hohe Affinität erreichen (Dissoziationskonstante KD 10-6 bis 10-11 M).

  Zur Immunogenität von Antigenen s. auch dort

Bei der Antigenerkennung bezeichnet man den molekularen Bereich als Epitop, an welchen der spezifisch antigen-erkennende Teil eines Antikörpermoleküls bindet. Minimale Veränderungen des Epitops können die Affinität drastisch verändern (daher die hohe Bindungsspezifität). Die Bindung kann an sehr unterschiedliche Substanzen erfolgen (Proteine, Nukleinsäuren, Lipide, Kohlenhydrate u.a.).
 
Bei Antikörpermolekülen (Immunglobulinen) ragen diese drei Regionen (CDR1, CDR2, CDR3) fingerförmig in die antigenbindende Zone und binden dort  das (extrazelluläre) Antigen. Sie beinhalten den größten Teil der Sequenzvariabilität und damit der spezifischen Besonderheiten der Antigenbindung. Diese Molekülregionen, welche die betreffenden Epitope des Antigens erkennen und binden, nennt man hypervariable Regionen oder auch CDRs (Complementary determining regions).

     Hypervariable Regionen sind kurze (
~10 Aminosäuren) Sequenzen innerhalb der variablen Ketten von Antikörpern oder T-Zell-Rezeptoren. Sie formen schleifenförmige Strukturen, die auf antigene Epitope passen. Sie sind größtenteils für die Vielfalt der variablen Regionen verantwortlich und binden direkt an entsprechende Epitope von Antigenen, die vom B-Zell-Rezeptor bzw. Antikörper erkannt werden.

Als Haptene
bezeichnet man kleine (<2,5 kDa) Moleküle, die zwar an Antikörper binden, aber keine T-Zell-Hilfe und Immunantwort auslösen - außer, sie binden an ein größeres Trägermolekül (was z.B. Nebenwirkungen mancher Pharmaka erklärt).

Die jeweils drei CDRs an T-Lymphozyten-Rezeptoren (TCR) sind Teile ihrer Vα- und Vβ-Domänen. Mit ihnen erkennen und binden sie Peptid-MHC-Komplexe, d.h. Produkte intrazellulärer Bearbeitung phagozytierter oder im Zytoplasma erzeugter Proteine. Einige wenige T-Zellen (NKT-Zellen, γδ-Zellen) erkennen auch andere Antigene - kleine Moleküle, wie Lipide, oder auch Metalle (z.B. Nickel), was zu Hypersensitivität führen kann.
 
Antigenbindung durch Rezeptoren

Nach
Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018
Eigenschaft
Immunglobuline (frei oder als B-Zell-Rezeptoren)
T-Zell-Rezeptoren
Antigenbindung
Je 3 CDRs in der VH- und VL-Domäne
Je 3 CDRs in der Vα- und Vβ-Domäne
Antigen
Makromoleküle (Proteine, Lipide, Polysaccharide), Peptide, kleine Chemikalien
Peptid-MHC-Komplexe
Affinität der Bindung
Dissoziationskonstante KD 10-7 - 10-11 M
Affinität steigt mit Immunantwort
KD 10-5 - 10-7 M
 
Man erkennt, dass die Bindung der Immunglobuline eine höhere Affinität aufweist als die der T-Zell-Rezeptoren, und mit der Immunisierung noch weiter ansteigt - die Antikörper sind zusehends "maßgeschneidert" für die Bindung der Antigen-Epitope.
 
 Humorale Abwehr: Die Rolle der B-Lymphozyten
 
Kommt es zu einer (Erst-) Infektion, treten zwei Gruppen von B-Zellen in Aktion: Eine rasch (nach einigen Tagen) auftretende mit einer massiven Produktionsrate, was zu einem Gipfelwert an spezifischen Antikörpern im Blut führt ("Antikörper-Tsunami"); und eine langsamere, die anschließend eine längerfristige (fallweise lebenslange) Immunität bei niedrigerem Antikörpertiter verleiht.

Welche Möglichkeiten zur Eindämmung einer Infektion haben Antikörper?
 

Abbildung: Effekte von Antikörpern (Beispiele)
Nach einer Vorlage in Strachan / Read, Human Molecular Genetics, 5th ed. 2020 (CRC Press)

Links oben: Antikörper können Viren an der Infektion einer Zelle behindern, indem sie an Rezeptoren der Zelle binden, welche Viren benötigen, um in die Zelle zu gelangen.

Links unten: Bakterielle Giftstoffe können durch Antikörper neutralisiert werden, indem letztere an die Toxinmoleküle binden und sie so an der Kopplung mit zellulären Rezeptoren (über die sie in die Zelle Eingang finden) behindern.

Rechts: Antikörper können Effektorzellen (Makrophagen, NK-Zellen, Granulozyten, Mastzellen) aktivieren. Diese Zellen haben Fc-Rezeptoren, mit denen sie IgA, IgG oder IgE binden können und dadurch die Effektorzelle zur Abtötung der Mikroben z.B. durch Phagozytose, Lyse bzw. Apoptose veranlassen

Folgen einer Antikörperbindung: Antikörper können an Mikroben multipel binden und sie so über die gesamte Oberfläche mit einer Schichte aus IgM oder IgG überziehen. Das aktiviert typischerweise den klassischen Komplementweg und zerstört die Mikrobe durch Lyse.
 
Auch wird Phagozytose der Mikrobe angeregt - via Komplementrezeptoren (
CR) auf Neutrophilen und Makrophagen. Komplementrezeptoren auf der Oberfläche von Phagozyten erkennen komplementmarkierte Mikroorganismen, binden sie und ermöglichen die Aufnahme in die Zelle, um den Erreger nach Möglichkeit zu zerstören. Auch andere Zellen verfügen über Komplementrezeptoren (CR1 auf Leukozyten, Erythrozyten, dendritischen Zellen, Podozyten in Nierenglomeruli; B-Zellen beteiligen sich über CR an der Bildung eines B-Zell- Corezeptor- Komplexes).

Antikörper können weiters den Eintritt von Viren in Körperzellen behindern, indem sie an Rezeptoren binden, welche die Viren für die Invasion der Zelle benötigen; sie können Toxine neutralisieren, wodurch diese ihre Wirkung verlieren oder nicht mehr an Rezeptoren binden können; und sie können Effektorzellem (z.B. NK-Zellen, Granulozyten..) direkt aktivieren
( Abbildung).
 
Entwicklung der B-Lymphozyten: Naive immunkompetente B-Zellen beginnen ihr Dasein mit der Expression von B-Zell-Rezeptoren (BCR - die Zellmembran einer B-Zelle enthält ~105 BCR) der Klasse (Isotype) IgM im Knochenmark, reife naive immunkompetente B-Zellen verlassen das Knochenmark und bilden auch Ig. IgM und IgD bezeichnet man als primäre Immunglobulinklassen.

Naive B-Zellen können also antigene Epitope an ihre Rezeptoren binden. Das erzeugt Signale, die sie aktivieren. Das ist bei manchen Antigenen auch ohne Hilfe von T-Zellen möglich, z.B. durch komplexe Kohlenhydrate in Bakterienwänden (diese führen zu Kreuzvernetzung von B-Zell-Rezeptoren) oder Isohämagglutinine (AB-Blutgruppeneigenschaften, die mit bakteriellen Polysacchariden kreuzreagieren).

Eine Keimzentrumsreaktion mit Klassenwechsel (class switching) zu sekundären Immunglobulinklassen - vor allem zu IgG, aber auch zu IgA und IgE - und somatischer Hypermutation erfolgt nur unter Mitwirkung von T-Zell-Signalen (Zytokinen, s. Tabelle). Die Zytokine stammen dabei aus CD4-positiven T-Lymphozyten.
 
Zytokine für Klassenwechsel (isotype switching)

Nach Doan / Lievano / Swanson-Mungerson / Viselli
(2022), Immunology. Lippincott Illustrated Reviews, Wolters Kluwer
Zytokin
fördert Wechsel zu
IL-4
IgG1, IgG3, IgG4, IgE
IL-17
IgG1, IgG3
TGF-β
IgA
IFN-γ
IgG1, IgG3
 
Dabei entstehen sowohl Effektor- als auch Gedächtniszellen. Dieser Vorgang kann mehrere Wochen dauern ("Serokonversion": Zuerst serum-negativ, erst mit Verzögerung werden spezifische Antikörper im Serum nachweisbar).
 
     Serokonversion ist die Bildung von veränderten Antikörpern, die bei einer Infektion bzw. Immunisierung im Serum nachweisbar werden. Während der Serokonversion - in deren Rahmen auch ein Isotypenwechsel von IgM zu IgG erfolgt - werden Antikörper bereits gebildet, sind aber noch nicht nachweisbar; nach Abschluss der Serokonversion sind entsprechende Antikörper mit Standardmethoden nachweisbar (Seropositivität). Verschwindet die Nachweisberkeit wieder, spricht man von Seroreversion (diese bedingt Seronegativität).

Die gleichzeitige Verfügbarkeit mehrerer Isotypen (IgG, IgM etc) gleicher Epitopspezifität hat den Vorteil, dass mehrere Immunmechanismen gleichzeitig gegen dasselbe Epitop gerichtet werden können (z.B. Sekretion von IgA in Körperflüssigkeiten, Komplementaktivierung durch IgG und IgM, Mastzelldegranulierung durch IgE).

Veränderungen mit wiederholtem Antigenkontakt: Klassenwechsel können nach jeder neuen Reaktivierung von B-Zellen erfolgen. Bei der ersten Konfrontation mit dem Antigen überwiegt IgM (Primärantwort), bei folgenden Sekundärantworten IgG, mit Beteiligung von IgA und IgE. Zusätzlich verändern geringgradige Mutationen an den variablen Teilen der Immunglobuline die Effizienz der Bindung des Epitops an den Antikörper. B-Zellen, die Antikörper mit höherer Bindungspräzision produzieren, proliferieren dann rascher als solche mit geringerer Bindungsstärke (Affinitätsreifung).
 
    B-Zellen, T-Zellen und Antigen treffen sich in lymphatischen Organen an der Grenze der B- und T-Lymphozytenzonen.
 
T-Zell-unabhängige Aktivierung. In der Mehrzahl der Fälle benötigen B-Zellen zu ihrer Aktivierung den Kontakt mit CD4+-Lymphozyten. Einige Antigene allerdings können B-Zellen ohne Hilfe durch T-Zellen erkennen. Man bezeichnet diese Antigene folglich als T-unabhängig (T-independent, TI). Man unterscheidet dabei
 
     TI-1-Antigene - diese binden nicht an den B-Rezeptor (BCR), sondern an andere Oberflächenmoleküle der B-Zelle und können (sowohl unreife als auch reife) B-Zellen unabhängig von der Epitopspezifität des BCR aktivieren. Es handelt sich meist um Lipopolysaccharide mikrobiellen Ursprungs. Weil sie die B-Zelle zur Teilung anregen können, nennt man sie auch B-Zell-Mitogene.
 
     TI-2-Antigene enthalten repetitive Epitope (oft Polysaccharide). Sie aktivieren nur reife B.Zellen und bewirken Clustering der Rezeptoren an der Bindungsstelle ("capping"), was zahlreiche Rezeptoren zusammenbringt und das Triggern der intrazellulären Signalkaskade erleichtert.


Abbildung: Phasen der humoralen Immunantwort
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Erkennt eine naive B-Zelle "ihr" Epitop, wird sie dadurch aktiviert. Verschiedene Reize (Antigene, Helferzellen u.a.) regen ihre Proliferation und Differenzierung zu einem spezifischen B-Lymphozytenklon an.
 
Es entstehen Plasmazellen (diese produzieren verschiedene Immunglobulinklassen) sowie Gedächtniszellen. Die Antikörper haben unterschiedlich hohe Affinität zum betreffenden Epitop

Durch Antigenerkennung aktivierte naive B-Zellen wandern aus primären B-Zell-Follikeln in die Randzone und treffen dort auf antigenpräsentierende follikuläre dendritische Zellen. Andererseits differenzieren naive T-Zellen bei Präsentation des betreffenden Antigens durch dendritische Zellen zu Helferzellen. Einige von ihnen (follikuläre T-Helferzellen, TFH) wandern zur Follikelgrenze, wo sie durch das gleiche Epitop angeregte Lymphozyten treffen (kognate Interaktion).

Das führt zu Proliferation der epitoperkennenden B-Zellen: Sie nehmen an Umfang zu, teilen sich (Keimzentrumsreaktion) und werden zu antikörperproduzierenden Plasmazellen (Effektorzellen) sowie B-Gedächtniszellen ( Abbildung). Die Affinität der Antikörper nimmt im Rahmen dieses Vorgangs zu; im Rahmen der Hypermutation allenfalls autoaggressiv gewordene B-Zellen werden durch T-Zellen nicht weiter unterstützt und sterben ab.

Plasmazellen synthetisieren Antikörper (chemisch: Immunglobuline, abgekürzt Ig). Immunglobuline treten zunächst als B-Zell-Rezeptoren auf; ohne Transmembrandomäne werden Immunglobuline als freie Antikörper in den Extrazellulärraum bzw. in das Blutplasma entlassen. Antikörper haben Adapterfunktion: Sie verfügen einerseits über spezifische Bindungsstellen für Antigene (am "Ende" des Y), andererseits über "Triggerstellen" für Effektormechanismen (z.B. Komplementaktivierung). Sie haben dieselbe Spezifität wie die ursprünglichen Rezeptor-Immunglobuline.
 
     Aus einer B-Zelle wird innerhalb einer Woche ein Klon aus ~5000 Zellen, die zusammen mehr als eine Billion (1012) Antikörpermoleküle pro Tag sezernieren. Eine Person verfügt größenordnungsmäßig über 10 Millionen unterschiedliche Antikörperspezifitäten, diese können an die ~107 unterschiedliche Epitope erkennen.

Je nach den Eigenschaften des Antigens und der Beteiligung von T-Lymphozyten unterscheidet man T-Zell-abhängige von T-Zell-unabhängigen Antikörperreaktionen ( Abbildung, s. auch weiter oben). Antigene mit vielen Bindungsstellen (multivalente Antigene, z.B. Polysaccharide) können B-Zellen direkt aktivieren; die Antikörperreaktion ist T-Zell-unabhängig und relativ schwach - hauptsächlich bewerkstelligt durch niedrigaffine IgM-Moleküle -, aber sie erfolgt rasch.
 

Abbildung: T-Zell-abhängige und T-Zell-unabhängige Antikörperreaktionen
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

T-Zell-abhängige Antikörperreaktionen auf Proteinantigene betreffen hauptsächlich follikuläre B-Zellen - d.h. solche, die in Lymphknotenfollikeln konzentriert sind. Das B-Rezeptor-Epitop ist hellgrün, das T-Rezeptor-Epitop in braunem Farbton angedeutet.

T-Zell-unabhängige Reaktionen erfolgen auf multivalente Antigene, vorwiegend in marginalen Zonen der Milz (B-Zellen) oder in Schleimhäuten (B-1-Zellen)

Reaktionen auf Proteinantigene erfordern hingegen die Mithilfe von T-Lymphozyten (daher "Helfer-Zelle"). Dabei exprimieren Helferzellen den CD40-Liganden (CD40L), der an CD40 antigenstimulierter B-Zellen bindet (CD40L-CD40-Interaktion).

T-Zellen bilden daraufhin Zytokine, die B-Zellen über Zytokinrezeptoren stimulieren. In der B-Zelle werden zytosolische Proteine - TRAFs (TNF receptor-associated factors) - und über eine enzymatische Kaskade Transkriptionsfaktoren aktiviert. So werden B-Zellen zu Teilung und Differenzierung veranlasst. Helfer-T-Zellen stimulieren die Bildung relativ langlebiger Plasmazellen und Gedächtniszellen (memory cells).

Diese Reifungsvorgänge spielen sich vor allem in Keimzentren der Lymphfollikel ab. Im Rahmen der dabei erfolgenden genetischen Diversifikation vermehren sich die B-Lymphozyten mit dem effizientesten Antikörperprofil (germinal center reaction). Dabei nimmt die Affinität der Antikörper zum Epitop zu, bedingt durch Mutationen in der variablen Region des Antikörpermoleküls (affinity maturation). Dieser Vorgang - wie auch der Klassenwechsel - erfordert die Expression des Enzyms AID (activation-induced deaminase) in der aktivierten B-Zelle, angeregt durch CD40-Signale von follikulären Helfer-T-Zellen (Tfh). AID bricht die DNA-Sequenz in entsprechenden Regionen für die variablen Domänen der Antikörpermoleküle auf und arrangiert Gensequenzen neu.

Klassenwechsel (heavy chain isotype (class) switching): Einige der aktivierten IgM- und IgD-produzierenden B-Lymphozyten ändern ihren Schwerketten-Isotyp und werden zu IgG-, IgA- und IgE-produzierenden Zellen ( Abbildung). Das erhöht die Breite der Reaktion, da unterschiedliche Isotypen unterschiedliche Wirkprofile haben (Tabelle).
 

IgM
IgG1, IgG3
IgE, IgG4
IgA
Effektor-
funktionen
(hauptsächlich)
Komplement-
aktivierung
Opsonisierung
Phagozytose
Komplement-
aktivierung
Plazentarer Transfer
Mastzell-
degranulierung
 Wirkung gegen Wurmbefall
Submuköse Immunität
(transepithelialer IgA-Transport)
   
Zytokine aus Helfer-T-Zellen regulieren den Wechsel der Isotypen in Abhängigkeit von der aktuellen mikrobiellen Herausforderung. B-Zellen mit am besten "passenden" Antikörpern haben die höchsten Überlebenschancen und werden zu Plasmazellen. Diese nehmen an Volumen stark zu, und die Membranrezeptoren werden zu sezernierbaren Immunglobulinen.
 
Man unterscheidet primäre Antikörperreaktionen - solche, in die naive B-Zellen involviert sind und sich erst ein spezialisierter Klon bilden muss - von sekundären Antikörperreaktionen, die einen schon gebildeten Klon betreffen und daher wesentlich rascher greifen als primäre. Primäre Antworten können auf alle Immunogene erfolgen, sekundäre Antworten nur auf Proteinantigene; und die Affinität der Antikörper ist bei sekundären Reaktionen höher als bei primären.
 

Abbildung: Pfade des Antigentransportes zu B-Zellen in Lymphfollikeln
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Kleine Antigene fließen durch afferente Lymphgefäße, subkapsulären Randsinus und radiäre Leitungen zu den B-Zell-reichen Follikeln. Große Antigene werden von subkapsulären Makrophagen oder medullären dendritischen Zellen abgefangen und dann in Follikel befördert

Wie gelangen Antigene zu naiven B-Lymphozyten im Lymphknoten? Dazu stehen mehrere Routen zur Verfügung ( Abbildung):

    Der Großteil der Antigene gelangt über afferente Lymphgefäße in regionale Lymphknoten - zunächst in den subkapsulären Sinus und dann über radiär verlaufende Leitungsbahnen zu Lymphfollikeln. Lösliche Antigene sind meist kleiner als 70 kD

    Subkapsulär liegende Makrophagen fangen Mikroben und Antigen-Antikörper-Komplexe ein und transportieren diese zu den Follikeln

    Antigene, die nicht von Makrophagen abgefangen werden und zu groß für die Passage durch radiäre Leitungsbahnen sind, können in der Markregion von dendritischen Zellen gebunden und zu Follikeln transportiert werden

    Antigene in Immunkomplexen können über Komplementrezeptoren von B-Zellen gebunden werden, die in der Randzone der Follikel sitzen, oder an dendritische Zellen. Beide bringen den Immunkomplex in einen Follikel, wo im günstigen Fall B-Zellen mit passenden Rezeptoren vorhanden sind.

     Polysaccharid-Antigene können von Makrophagen eingefangen und ebenfalls in Follikel zu B-Zellen transportiert und hier präsentiert werden.

     Immunkomplexe sind Zusammenlagerungen von Antikörpermolekülen und gebundenem Antigen. Sie sind unterschiedlich groß (Zahl möglicher Bindungsstellen: 2 bis 10 pro Antikörper) und können Immunreaktionen triggern, z.B. Komplementaktivierung oder Phagozytose (Fc-Rezeptor).

Ablagerung von Immunkomplexen in Gefäßen kann Entzündungen und z.B. Glomerulonephritis hervorrufen.
 
In all diesen Fällen wird das Antigen der B-Zelle in seiner ursprünglichen Form präsentiert, es ist nicht von antigenpräsentierenden Zellen abgebaut worden - zum Unterschied von der Präsentation von Peptiden an T-Zellen. Mikrobielle Stoffe wirken auch über Toll-like Rezeptoren, was die Aktivierung der B-Zelle verstärkt.  Auch spielt eine Rolle, ob das Antigen nur ein oder mehrere Epitope aufweist. Letztere sind polyvalent, sie können mehrere B-Zellen miteinander verknüpfen, und sie erzeugen starke Proliferationssignale.

Zahlreiche globulären Antigenmoleküle weisen nur ein Epitop auf; sie sind monovalent. Sie können Immunglobuline nicht kreuzvernetzen, können B-Zellen nur begrenzt aktivieren, und lösen meist keine Proliferation der B-Lymphozyten aus. Sie sind aber in der Lage, das Überleben der B-Zelle zu sichern, die Expression von Chemokinrezeptoren sowie die Endozytose von Antigen zu bewirken.
 

Abbildung: Abfolge humoraler Immunantworten auf T-Zell-abhängige Proteinantigene
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Oben: Der erste Schritt ist die gemeinsame Antigenerkennung durch Helfer (CD4+) und B-Lymphozyten. T-Zellen werden über Antigenpräsentation dendritischer Zellen aktiviert (T-Zell-Epitop über MHC-II), B-Zellen durch das B-Zell-Epitop. Die aktivierten Zellen wandern zueinander und interagieren in der T-B-Zwischenzone peripherer lymphatischer Organe.

Unten: Die Proliferation der T-Zellen erfolgt außerhalb der Follikel, es kommt zu Isotypenswitch und Bildung vorwiegend kurzlebiger Plasmazellen. Einige Zellen entwickeln sich zu follikulären Helferzellen (Tfh), wandern in den Follikel und bilden zusammen mit aktivierten B-Zellen Keimzentren. Hier bilden sich auch hochaffine Antikörper (affinity maturation), Gedächtnis-B- sowie langlebige, hochspezialisierte Plasmazellen



Helfer-T-Zell-abhängige Antikörperantworten auf Proteinantigene: Proteine werden in peripheren lymphatischen Organen - unabhängig voneinander - von antigenspezifischen T- und B-Zellen erkannt ( Abbildung). Dann interagieren die beiden Zellen, um eine humorale Immunantwort einzuleiten:

In T-Zell-reichen Zonen treffen Helferzellen auf MHC-II-präsentierte Antigene (Epitope) auf dendritischen Zellen. In B-Zell-reichen Zonen treffen die kompletten Antigene auf B-Zell-Rezeptoren (anderes Epitop). Die B-Zellen endozytieren das Antigen, bauen ein Peptid in MHC-II ein und präsentieren es so an CD4+-Zellen.

Beide Lymphozytenarten wandern in die Randzone des Follikels, hier erfolgt in der T-B-Interaktion eine initiale Antikörperantwort. Einige der aktivierten B- und T-Zellen wandern anschließend in einen Follikel und bilden hier ein Keimzentrum, wo durch Isotypenswitch Antikörper mit hoher Affinität entstehen. Es bilden sich Gedächtniszellen und langlebige Plasmazellen mit hoher Antigenspezifität.
 
Der B-Zell-Rezeptorkomplex
 
Naive B-Lymphozyten verfügen über zwei Klassen von Antigenrezeptoren in ihrer Membran: IgM und IgD (Ig = Immunglobulin). Deren intrazellulären Sequenzen - bestehend aus nur 3 Aminosäuren - können keine intrazellulären Signale auslösen. Diese werden über zwei Begleitmoleküle übertragen: Igα und Igβ ( Abbildung).
 

Abbildung: Der B-Zell-Antigenrezeptor-Komplex
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

B-Zell-Rezeptoren naiver Lymphozyten (hier: IgM) sind nicht selbständig in der Lage, intrazelluläre Signalkaskaden zu initiieren. Dazu brauchen sie die Begleit-Immunglobuline Igα und Igβ.
 
ITAM = Immunoreceptor Tyrosin-based Activation Motif  ( s. dort


Diese haben ähnliche Funktionen wie CD3 und ζ-Proteine beim T-Zell-Rezeptorenkomplex: Ihre intrazellulären Enden beinhalten ITAM-Motive, die sie benötigen, um in die Zellmembran zu gelangen und zusammen mit den Rezeptormolekülen B-Zell-Rezeptorkomplexe (BCR complex) zu bilden.

Der Rezeptorkomplex enthält zwei invariante Proteine, Igα und Igβ ( Abbildung) - ihre Anwesenheit ist für die rezeptorgetriggerte Signaltransduktion erforderlich.

Die Rezeptoren verschiedener B-Zellen haben unterschiedliche Antigenspezifität. Theoretisch möglich sind schätzungsweise ~1013 Spezifitäten; davon werden bei jedem Menschen etwa 107 realisiert, d.h. individuell besteht ein Repertoire von ~10 Millionen Bindungsspezifitäten (B-Zell-Klonen). Das ist also die Zahl der Antigen-Epitope, die im Lauf des Lebens - im Fall einer entsprechenden antigenen Herausforderung - erkannt und durch Klonselektion und Produktion großer Antikörpermengen bekämpft werden können.

Für die Konstruktion einer Immunglobulinkette (eines B-Zell-Klons) wird immer nur ein Chromosom (mütterlich oder väterlich) herangezogen, das andere nicht (allelische Exklusion).

B-Zell-Rezeptoren (BCR) erkennen Epitope (meist 6-12 Aminosäuren) an Antigenträgern; die zusätzlich vorhandenen Komplementrezeptoren (CD21) binden Komplementfragmente an opsonisierten Erregern ( Abbildung). So wirken eine spezifische (Epitop-BCR) und eine unspezifische Komponente (Komplementrezeptor-Komplementfragment) zusammen.
 

Abbildung: B-Zell-Antigen-Rezeptorkomplex
Nach einer Vorlage in Kumar / Abbas / Fausto / Aster, Robbin and Cotran's Pathological Basis of Disease, 8th ed. Saunders / Elsevier 2010

Der Komplex besteht aus dem antigenerkennenden Immunglobulin M (oder IgD) und assoziierten Signalproteinen (Igα, Igβ). CD21 ist ein Rezeptor für Komplementkomponenten, der ebenfalls die B-Zell-Aktivierung anregt


Clustering: Dabei werden die Rezeptoren an der B-Zelle in Gruppen zusammengezogen, was die Reaktion im Zellkern des Lymphozyten mindestens hundertfach verstärkt.

In der Mehrzahl der Fälle bedarf die endgültige Mobilisierung der B-Zelle zusätzlich zur Erkennung von Epitopen via BCR (erstes Signal) einer zusätzlichen Anregung durch CD4+-Lymphozyten (zweites Signal) - man spricht von T-Zell-abhängiger Aktivierung. Das zweite Signal erfolgt durch Costimulation durch CD28:CD80/86 und/oder CD40:CD154 ( Abbildung). Das löst in der T-Zelle die Produktion und Freisetzung von Zytokinen aus; die B-Zelle exprimiert entsprechende Zytokinrezeptoren.
 

Abbildung: Immunologische Synapse zwischen CD4+- und B-Zelle
Nach einer Vorlage in Doan / Lievano / Swanson-Mungerson / Viselli, Immunology (3rd ed). Lippincott Illustrated Reviews, Wolters Kluwer 2022

Die meisten B-Zellen benötigen für ihre Aktivierung die Interaktion mit CD4-positiven T-Zellen.
 
1: Erstes Signal an die CD4+-Zelle: pMHC-II interagiert mit dem TCR:CD3:CD4-Komplex (präsentiertes Peptid orangefarben)
 
2: Erstes Signal an die B-Zelle: Der B-Zell-Rezeptor (BCR) bindet sein Epitop (rechts)
 
Zweites Signal: Die Interaktion von CD28 und/oder CD154 mit CD80/86 bzw. CD40 bewirkt
 
3: Costimulierung für die CD4+-T-Zelle und
 
4: für die B-Zelle.
 
5: Zusätzliche Stimulierung der B-Zelle kann durch Interaktion von pMHC-II mit TCR und CD4-Molekülen erfolgen


Die B-Zelle ihrerseits exprimiert Zytokinrezeptoren; der Stimulus dazu ist die Aktivierung des BCR sowie costimulierende Moleküle (wie CD40, CD80) zusammen mit der Begegnung von pMHC-II mit dem passenden TCR ( Abbildung).

Ist die B-Zelle auf diese Weise umfassend angeregt worden, differenziert und teilt sie sich, es entsteht ein Klon von Plasmazellen, welche den selektionierten Antikörper produzieren.
Die Bindung von Epitopen an den BCR löst Endozytose, enzymatischen Abbau des Antigens und die Präsentation von Peptidfragmenten an MHC-II aus; außerdem exprimiert die B-Zelle costimulatorische Moleküle, was aus dem B-Lymphozyten eine antigenpräsentierende Zelle macht - eine Voraussetzung für das Erkennen einer immunologischen Herausforderung durch CD4-positive T-Lymphozyten.

Bindung des Antigen an den BCR löst die intrazelluläre Signalkaskade aus. Dabei ist es notwendig, dass mehrere Ig-Rezeptoren gleichzeitig (multivalentes) Antigen binden (cross-linking), und die beteiligten Moleküle gruppieren sich zu Funktionsträgern zusammen ( Abbildung).
 

Abbildung: Signaltransduktion durch den B-Zell- Rezeptorkomplex
Nach einer Vorlage in Doan / Lievano / Swanson-Mungerson / Viselli, Immunology (3rd ed). Lippincott Illustrated Reviews, Wolters Kluwer 2022

Die Aggregation zu BCR-Rezeptorkomplexen und die Nähe der zytoplasmatischen Enden der Immunglobulin-Ketten α und β zueinander fördert die Phosphorylierung ihrer ITAMs durch Tyrosinkinasen (lyn, blk, fyn, lck). Dann lagert sich die Tyrosinkinase Syk an, phosphoryliert und aktiviert Phospholipase C (PLC-γ), was die Kaskade der Signaltransduktion aktiviert.

1: Bindung Epitop-BCR
 
2: Tyrosinkinasen phosphorylieren ITAMs an Igα und Igβ
 
3: Syk (eine Tyrosinkinase) aktiviert PLC-γ
 
4: PLC-γ spaltet PIP2 zu DAG und IP3
 
5: DAG aktiviert Proteinkinase C (PKC), IP3 mit Ca++ aktivieren Calcineurin (eine Phosphatase)
 
6: PKC phosphoryliert IκB, NFκB wandert zum Zellkern und veranlasst Calcineurin zur Aktivierung von NFAT


Bindet ein Antigen mit mehreren Epitopen (multivalentes Antigen) an mehrere Ig-Rezeptoren, kommt es zu einer Gruppierung (Clusteringder Ig-Rezeptorkomplexe mit nachfolgender intrazellulärer Aktivierung von Tyrosinkinasen (lyn, lck, fyn, blk). Diese phosphorylieren ITAMs am intrazellulären Ende der leichten und schweren Kette der B-Zell-Rezeptoren (Ig). Das wiederum lässt Syk an den Komplex andocken und eine phosphatidylinositol-spezifischen Phospholipase C (PLC-γ) aktivieren. PLC-γ regt IP3 (Zytosol) / DAG (Zellmembran) -abhängige Signalwege in der B-Zelle an. Tyrosinkinasen der Src-Familie phosphorylieren ITAMs der Immunglobuline α und β sowie sich darauf anlagernde Tyrosin-Proteinkinase Syk (spleen tyrosine kinase - Syk gehört mit ZAP-70 zur Syk-Familie der Tyrosinkinasen).

Ca
++ wird aus intrazellulären Speichern freigesetzt, woraufhin DAG Proteinkinase C aktiviert. Dies alles steigert die Aktivität diverser Transkriptionsfaktoren wie Myc (benannt nach dem Myelocytomatosis-Virus), NFAT (Nuclear factor of activated T-cells), NF-κB und AP-1 (activator protein 1) (vgl. dort) und damit die Aktivierung der Synthese von Proteinen, die im Rahmen der angeregten Zellfunkion (Antikörperproduktion, Zellteilung) notwendig sind. Beispielsweise werden NFATs für die Expression von diversen Zytokinen benötigt, wie IL-2, IL-4 und TNF.

Diese Signalwege werden durch die Aktivierung von IgM und IgD auf naiven B-Lymphozyten ebenso angeregt wie durch Aktivierung von IgG, IgA und IgE auf B-Zellen, die bereits einen Isotyp-Switch hinter sich haben - all diese Ig-Isotypen assoziieren mit den Immunglobulinen α und β.

Die Aktivierung von B-Lymphozyten kann durch durch Komplement (C3d) und den CR2/CD21-Korezeptorkomplex (Typ 2-Komplement Rezeptor, von reifen B-Zellen exprimiert) intensiviert werden. Eine solche Verstärkung erfolgt z.B. durch Oberflächenmoleküle auf Mikroben.
    
Anergie

Wenn auf die Präsentation eines Epitops an eine naive B-Zelle (oder eines pMHC-Komplexes an eine naive T-Zelle) keine costimulatorischen Signale durch  CD4+-T-Zellen (oder antigenpräsentierende - meist dendritische - Zellen im Fall der T-Zelle) erfolgen, wird der Lymphozyt reaktionslos - trotz Detektion des auf seine Rezeptoren passenden Epitops differenziert und teilt er sich nicht, er "verweigert" weitere Aktivität - ein Zustand, der als Anergie bezeichnet wird.

Die lymphozytäre Detektion von Antigenen alleine ist also zu wenig - es braucht also eine "Zwei-Signale"- Aktivierung, um einen Lymphozytenklon entstehen zu lassen und eine entsprechende spezifische Immunreaktion dieses Klons auszulösen. Was würde passieren, wenn das nicht so wäre? Alle kernhaltigen Zellen präsentieren an ihrer Oberfläche Abbauprodukte körpereigener Proteine, also "Selbst"-Epitope, als pMHC-I. Naive CD-8-positive T-Zellen mit passenden T-Zell-Rezeptoren würden dann in all diesen Fällen selektioniert und körpereigene Zellen angreifen. Dieses Risiko wird durch die Erfordernis zusätzlicher Stimulierung minimiert.

Die meisten Zellen des Körpers exprimieren keine passenden "sekundären" Signale. Durch die Notwendigkeit, solche zu erkennen und zu binden, um den naiven Lymphozyten kampfbereit zu machen, entfällt auch (normalerweise) eine zytotoxische Reaktion. Bindet der Lymphozyt nur an den pMHC-Komplex, ohne auch
entsprechende Cofaktoren vorzufinden, wird er anerg. Anerge Zellen verbleiben im Kreislauf und können (normalerweise) nicht wieder reaktiviert werden.

Sekundäre Reizung ist auch notwendig, um Lymphozyten bei Präsentation von (auf ihre Rezeptoren passenden) pMHC vor dem Untergang durch Apoptose zu bewahren.
  
Antikörper werden von B-Lymphozyten gebildet und verleihen humorale spezifische Immunität
 
Antikörper (urspründlich als "Antitoxine" bezeichnet) sind Proteinmoleküle, die ausschließlich von B-Lymphozyten gebildet werden. Es gibt sie in zwei Formen:
 
  Frei in den Extrazellulärraum sezerniert wirken sie antimikrobiell (in Blutplasma, Sekreten, interstitiellen und transzellulären Räumen);
 
  Eingelagert in die Zellmembran von B-Lymphozyten wirken sie als Antigenrezeptoren (naive B-Zellen werden durch Bindung eines "passenden" Antigens zu Plasmazellen).

Eine erwachsene Person (~70 kg) produziert pro Tag 2-3 Gramm Antikörpermoleküle (davon mehr als die Hälfte IgA). Antikörper sind in Blutplasma und Blutserum enthalten; man nennt antikörperhältige Seren auch Antiseren. Die Wissenschaft, die sich mit Antikörpern und ihren Reaktionen (soweit sie in vitro ablaufen) beschäftigt, bezeichnet man als Serologie (z.B. Blutgruppenserologie).

Die Konzentration eines für ein bestimmtes Antigen spezifischen Antikörpers kann als Antikörpertiter angegeben werden, und zwar als Anzahl serieller Verdünnungsschritte, die notwendig sind, um eine Reaktion des verdünnten Serums mit dem Antigen verschwinden zu lassen (je mehr Verdünnungsschritte, desto höher der Antikörpertiter).
 

  Abbildung: Funktioneller Aufbau eines Antikörpermoleküls
Nach einer Vorlage in Alberts / Johnson / Lewis / Morgan / Raff / Roberts / Walter, Molecular Biology of the Cell, Wiley VCH

Antikörpermoleküle bestehen aus jeweils zwei identischen leichten (L, light) und schweren (H, heavy) Ketten (chains), die über Disulfidbrücken (schwarze Balken) miteinander verknüpft sind. Beide enthalten mehrere kugelförmige Domänen (VL und CL bei der leichten, VH und CH1 bis CH3 bei der schweren Kette).
 
Membrangebundene Antikörpermoleküle haben eine zusätzliche Domäne ihrer schweren Kette (CH4) sowie eine "Verlängerung" zur Verankerung in der Zellmembran.
 
Antikörpermoleküle können mittels des Enzyms Papain in Fab- (antibody binding fraction) und Fc-Fragmente (crystallizable fraction) - letztere bestehend aus zwei identischen Peptidketten - gespalten werden. Fab-Fragmente binden an Epitope (Antigene), Fc-Fragmente aktivieren Komplement und binden an Fc-Rezeptoren


An das Fc-Fragment des IgG binden Komplementfaktoren (C1q, C3b, C4b) und leukozytäre  Fc-Rezeptoren (Glykoproteine)

Das adaptive Immunsystem besteht aus
Lymphozyten und ihren Produkten - einschließlich Antikörpern: Die Y-förmigen Antikörpermoleküle (
Abbildung) stellen Adapter dar, welche spezifische und unspezifische Funktionen in einem Molekül vereinen. Sie erkennen - und binden an - Antigene (bzw. deren spezifische Bindungsstellen: Epitope oder antigene Determinanten).

Antigene Determinante: Der relativ kleine dreidimensionale Abschnitt, der sozusagen das Spiegelbild des Epitops ausmacht (und dieses spezifisch binden kann), ist durch somatische Rekombination aus dem genetischen Repertoir der Immunglobulin-Bausteine entstanden und macht den Ideotyp des Antikörpers aus. Jeder reife Lymphozyt mit seinem besonderen Ideotyp kann bei Anregung (durch Epitopkontakt) durch wiederholte Zellteilung einen Zellkon bilden. Antikörper aus diesem Klon nennt man monoklonal und haben idente Antigen-Bindungsspezifität.

Leichte (L) und schwere (H) Ketten im Antikörpermolekül weisen unterschiedliche Regionen auf: Jeweils

 
  eine variable (V), bestehend aus einer Ig-Domäne, welche an der Antigenerkennung mitwirkt - die beiden VH-Domänen der leichten und der schweren Kette eines Y-Armes bilden zusammen jeweils eine antigenbindende Struktur ( Abbildung) -, und
 
  eine konstante (C), bestehend aus 3 oder 4 Ig-Domänen, die an der Antigenerkennung nicht teilnimmt, aber bei den schweren Ketten protektive und effektorische Aufgaben erfüllt.
 
 
   Ein Antigen bindet an spezifische Enden von Antikörpern bzw. T-Zell-Rezeptoren  ("Schlüssel-Schloss-Prinzip").

Die Verbindung von Antikörper und Antigen heißt Antigen-Antikörper-Komplex oder Immunkomplex. Immunkomplexe entstehen z.B. durch Antikörperanlagerung an Bakterien oder Viren,
die in die Blutbahn gelangt sind. Diese aktivieren und binden Komplementfaktoren (bleiben so löslich) und an einen Komplementrezeptor (CR1 bzw. CD35) auf Blutkörperchen. Anschließend werden sie zur Leber transportiert und abgebaut.
 
Was können Antikörper?
  
Antikörpermoleküle bestehen aus zwei Abschnitten (Aufbau s. unten), was Erkennungs- und Effektorfunktion miteinander verknüpft:

     Der Fab-Teil (Antigen-binding fragment) mit einem chemischen “Abdruck” des Antigenmoleküls an den Enden des "Y" für die Antigen-Antikörper-Reaktion. Aufgrund ihrer Größe sind Fab-Fragmente ziemlich gut nierengängig und haben eine geringe Halbwertszeit
 
     Der Fc-Teil (Fragment Crystallizable region) am "Stiel" des Y bindet an diverse Fc-Rezeptoren - z.B. phagozytierender Zellen - und aktiviert Komplement. Fc-Fragmente sind weiters beteiligt an Opsonisation, Zytolyse, sowie Degranulierung (MastzellenEosinophileBasophile - s. auch dort). Ohne Fc-Fragment können Fab-Fragmente kein Komplement aktivieren und daher keine zytotoxischen Reaktionen hervorrufen.

    
Abbildung: Effektorfunktionen von Antikörpern
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Antikörper gegen Mikroben (und ihre Toxine) neutralisieren diese, opsonisieren sie für die Aufnahme durch Phagozyten, machen sie für antikörper-abhängige Zytotoxizität (ADCC) zugänglich und aktivieren das Komplementsystem (C). Diese Vorgänge sind teilweise vom jeweiligen Isotyp abhängig.

Fc-Rezeptoren gehören zur Immunglobulin-Superfamilie und finden sich auf speziellen Zellen wie B-Lymphozyten, NK-Zellen, Makrophagen, Neutrophilen und Mastzellen. Sie regen Phagozyten und zytotoxische Zellen zur Zerstörung von Mikroben oder infizierten Zellen an (antibody-mediated phagocytosis, antibody-dependent cell-mediated cytotoxicity)


Fc-Rezeptoren finden sich auf vielen Immunzellen und können Antikörper über deren Fc-Teil binden, wenn diese "ihr" Antigen gebunden haben (also Immunkomplexe). Bezeichnet werden sie mit dem griechischen Buchstaben, der die schwere Kette des gebundenen Isotyps bezeichnet (z.B. binden Fcγ-Rezeptoren Antikörper der Klasser IgG, Fcε-Rezeptoren IgE etc).

Meist werden mehrere Bindungsstellen in der Zellmembran kreuzvernetzt, was die Stärke der Bindung steigert und intrazelluläre Signalwege anregt. Manche Antikörper gelangen über Fc-Rezeptoren an ihren Wirkort, z.B. IgA in Schleimhäuten.

Zytotoxische Effekte nach einer Bindung an antigene Oberflächenmerkmale sind die Domäne von Antikörpern der Klasse IgM (pentamer) und IgG (die nach Antigenbindung paarweise über ihre CH2-Domänen C1q anlagern / aktivieren).
 
  Antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC: Antibody-dependent cellular cytotoxicity) bedeutet das Anlagern von NK-Zellen (oder anderen zytotoxischen Zellen) an spezifisch "antikörpermarkierte" andere Zellen. Die Fc-Rezeptoren werden dann querverbunden (cross-linking) und können ihrerseits Mediatoren sezernieren.

Opsonisation: Antikörper können - wenn z.B. an ein Bakterium gebunden - mit ihrem (nach außen gerichteten) aktiven Fc-Teil opsonisieren, d.h. die Aufnahme durch einen Phagozyten anregen.
Die Anregung der Phagozytose durch Antikörper oder andere Opsonine nennt man Opsonisierung .

Phagozytose: Das Aufnehmen von Mikroorganismen oder Zelltrümmern in Phagozyten ist über Rezeptoren vermittelt. Mit Antikörpern beladene Bakterien können über Bindung mit Fc-Rezeptoren ( Abbildung) von Phagozyten erkannt und aufgenommen werden.

Sensibilisierung: Mastzellen können IgE über ihren Fc-Teil (mittels hochaffiner Rezeptoren: FcεRI) binden; darauf erfolgt zunächst keine Reaktion. Allerdings sind die Zellen nun sensibilisiert: lagert sich ein Antigen an die gebundenen Antikörper, die Mastzelle wird aktiviert und entleert ihre Granula, was der Abwehr von Helminthen dient, aber auch Allergien auslösen kann.
 
Blockierende Antikörper: Gelegentlich bildet das Immunsystem gegen die (als "fremd" wahrgenommene) Antigenbindungsstelle (den Ideotyp) eines anderen Antikörpers seinerseits Antikörper, die als anti-ideotypisch bezeichnet werden. Sie bilden mit dem anderen Antikörper Immunkomplexe, die phagozytiert werden. Dadurch wird die Wirkung des anderen Antikörpers abgeschwächt bzw. blockiert.

Antikörper können weiters maskierend wirken (Rhesusprophylaxe), neutralisieren (z.B. Gifte, deren Bindung an zelluläre Rezeptoren verhindert wird), präzipitierend agieren (was zur Komplexbildung und zum Ausfallen der Präzipitate führt - betrifft nur IgM und IgG), agglutinieren (ebenfalls IgM und IgG: z.B. AB0-Blutgruppensystem) u.a.

   
Klonselektion
   
Wie werden exakt jene Lymphozyten zur Vermehrung gebracht, die Rezeptoren (bzw. Antikörper) bilden, welche auf (nach dem Zufallsprinzip auftauchende) antigene Epitope passen? Dieses Problem ist durch das Prinzip der klonalen Selektion gelöst ( Abbildung):


Abbildung: Klonale Selektion
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology

Ein Antigen (X) reagiert in lymphatischem Gewebe mit Rezeptoren eines spezifischen (B- oder T-) Lymphozyten und regt ihn zur Teilung zu einem Klon mit identischen Rezeptoren an


In lymphatischen Geweben auftretende Antigen-Antikörper-Checks rufen genau dann eine Klonstiumulierung hervor, wenn es zu einer erfolgreichen Begegnung komplementärer Reaktionspartner kommt.

Antigene aus dem Gewebe werden über antigenpräsentierende Zellen in lymphatische Gewebe gebracht.


Jeder Mensch kann mehrere (zwei?) Millionen
verschiedene Variationen von Antikörpermolekülen ausbilden. Das ist notwendig, um einen ausreichenden Schutz gegen pathogene Antigene aufbauen zu können.

Die Chromosomen, welche den Bauplan für Antikörpermoleküle enthalten, bieten verschiedene Varianten für die betreffenden Sequenzen an (~40 für V, ~25 für D, 6 für J, ~10 für C). Diese modularen Bausteine werden in jedem B-Zell-Klon anders kombiniert.

Dadurch entsteht eine ausreichend große Zahl von Lymphozytenklonen, um der großen Diversität von (möglicherweise auftretenden) Antigenen in der Umwelt gerecht werden zu können. Trifft gegebenenfalls eine reife B-Zelle auf "ihr" Antigen, ist dies ein Signal zu ihrer Teilung.


Es entsteht ein B-Zell-Klon (der sozusagen selektioniert wurde), und die daraus entstandenen Plasmazellen sezernieren den - diesen Klon kennzeichnenden - spezifischen Antikörper, der wiederum das entsprechende Epitop (z.B. auf einem eingedrungenen pathogenen Erreger) angreift.

  
Klonale Selektion: Axiome (Beispiel B-Zelle)
Antikörper sind primär divers, unabhängig von einem Antigenkontakt
Jeder B-Lymphozyt exprimiert Antikörper einer bestimmten Spezifität
Reife B-Zellen vermehren sich, wenn sie "ihr" Antigen binden, und bilden einen Plasmazell-Klon
Plasmazellen eines Klons produzieren Antikörper identer Spezifität
B-Zellen im Knochenmark, die sich noch entwickeln, dürfen ihr (in diesem Fall wahrscheinlich körpereigenes) Antigen nicht (stark) binden, sonst werden sie eliminiert (zentrale Toleranz)
    
B-Lymphozyt und Plasmazelle
 
Etwa 10-20% der zirkulierenden peripheren Lymphozyten sind B-Zellen. Sie erkennen Antigene über zellständige B-Zell-Rezeptorkomplexe. Junge ("naive") B-Zellen (B nach Bursa Fabricii - beim Menschen zutreffender: bone marrow für Knochenmark) recken ihre antikörperähnlichen Rezeptoren (B-Cell-Receptors, BCR; ~105 pro Zelle) - die wie Fühler in der Zellmembran stecken - nach außen, mit dem antigenerkennenden Fab-Teil voran. Sie "angeln" sozusagen nach einem passenden Antigenmolekül (meist freilich vergeblich, und ein Teilungssignal bleibt aus).

Wenn passende Moleküle binden, wird die B-Zelle aktiviert und beginnt sich zu teilen (jeder Zyklus dauert etwa einen halben Tag), und nach einer Woche sind aus einem Klon rund 2.104 identischen B-Zellen entstanden.

B-Zellen stammen aus zwei Linien:
B-1 Zellen (sie entwickeln sich embryologisch als erste) als eine sich selbst erneuernde Population, die im Pleura- und Peritonealraum dominiert; und B-2 Zellen, die erstmals um den Geburtstermin auftreten, danach fortwährend aus dem roten Knochenmark nachgeliefert werden und (außer im Blutkreislauf) in lymphatischem und anderem Gewebe zu finden sind. B-Zellen nutzen Immunglobuline als Membranrezeptoren. Plasmazellen nennt man B-Zellen, die (nach Selektion entsprechender Lymphozytenklone) Immunglobuline in den Extrazellulärraum sezernieren - für einen begrenzten Zeitraum (<30 Tage).
 
Nach Doan / Lievano / Swanson-Mungerson / Viselli, Immunology (3rd ed). Lippincott Illustrated Reviews, Wolters Kluwer 2022
B-1 B-Zellen
B-2 B-Zellen
Erstmaliges Auftreten
Fetalperiode
peri-/postnatal
Vorkommen
Respirations- / Gastrointestinal-
system
multipel
Diversität
niedrig
hoch
immunologisches Gedächtnis
kaum
ja
typische Antigene
Kohlenhydrate
Proteine
Dominanter Isotyp auf naiver B-Zelle
IgM > IgD
IgD > IgM
Isotypenwechsel
begrenzt
typisch
T-Zell-Hilfe benötigt?
fast niemals
fast immer
Ersatz
selbsterneuernd in der Peripherie
kontinuierlicher Nachschub aus dem Knochenmark
 
B-1 Lymphozyten treten zuerst (in der frühen Embryogenese) in der Leber auf (8. Schwangerschaftswoche). Ihr Repertoire für Epitoperkennungen ist beschränkt (vermutlich stellen sie den Hauptanteil von A/B-Blutgruppenantikörpern dar, die ohne ersichtliche Immunisierung auftreten: natural antibodies), und sie stellen wahrscheinlich eine Übergangsform zwischen angeborener und adaptiver Erkennung dar.
 
Schätzungsweise 50% der IgA-Antikörper, die von Schleimhäuten sezerniert werden, stammen von B-1-Zellen.

  Über Rezeptoren der Immunglobulin-Superfamilie s. oben
 
 
Abbildung: Plasmazelle

Interleukin 2 stimuliert B-Lymphozyten, sich zu Plasmazellen zu entwickeln. Diese verfügen über einen ausgeprägten Apparat zur Proteinsynthese (Antikörperproduktion: mehrere tausend Moleküle pro Sekunde und Plasmazelle). In Lymphfollikeln gruppieren sie sich zu Keimzentren und können den Antikörper-Isotyp wechseln


Aktivierte B-Zellen reifen zu Plasmazellen ( Abbildung), die pro Sekunde mehrere tausend (je nach Antikörperart bis zu ~104) Antikörpermoleküle (die nicht mehr wie der BCR in der Membran stecken bleiben) sezernieren. Auf diese Weise wird in den extrazellulären Flüssigkeiten ein spezifischer Immunschutz aufgebaut.
 
Antigenkontakt macht betreffende B-Lymphozyten zu Plasmazellen
 
Erstkontakt mit einem Antigen führt (bei Proteinantigenen) zunächst zu IgM-Produktion, anschließend werden IgG-Antikörper produziert. Dabei steigt die Antigen-Affinität der Antikörper, und die IgG-Subklassen bevorzugen unterschiedliche Strukturen, z.B. regen Teichonsäuren - Bestandteile der Hülle Gram-positiver Bakterien ( Abbildung) - die Sekretion von IgG2 an.
 

Abbildung: Teichon- und Lipoteichonsäuren in der Außenwand (Peptidoglykanschichte) eines grampositiven Bakteriums
Nach einer Vorlage in Madigan / Martinko / Stahl / Clark, Brock Biology of Microorganisms, 13th ed., Pearson Education 2012

Eine hauptsächlich aus Kohlenhydraten bestehende Peptidoglykanschichte findet sich auch bei gramnegativen Bakterien, dort liegt sie aber zwischen zwei Zellmembranschichten und ist wesentlich dünner als bei grampositiven. Peptidoglykan kann durch Lysozyme aufgelöst werden, was Bakterien zerstört.
 
Die Peptidoglykan-Außenwand grampositiver Bakterien enthält Teichonsäuren (Sammelbegriff für durch Phosphatester verknüpfte Polyalkohole) und Lipoteichonsäuren (diese ragen in die Zellmembran des Bakteriums hinein). Diese Stoffe regen aktivierte B-Lymphozyten zur Sekretion von IgG an


IgD ist von Anfang an in der Membran von B-Zellen vorhanden - neben IgM.
 
Die Membran von B-Lymphozyten enthält IgM und IgD
 
Zeitverlauf: In der akuten Phase einer Infektion sind oft noch keine entsprechenden Antikörper im Blut nachweisbar (Verzögerung von ca. einer Woche). Manchmal ist der Nachweis erst mit erfolgter Genesung positiv. Erregerspezifische Antikörper bleiben dann andererseits meist lebenslang nachweisbar, mit zunehmender Dauer nach der Antigenexposition sinkt die Antikörpermenge im Serum (der "Titer", s. unten).
 
Plasmazellen sezernieren (gegen das betreffende Antigen gerichtete) Antikörper
 
So kann der Immunschutz so weit abnehmen, dass Exposition mit dem Pathogen zu einer Erkrankung führt. Deshalb sind in bestimmten Abständen Nachimpfungen sinnvoll.
 

Abbildung: Antikörpervermittelte Phagozytose
Nach einer Vorlage der Winona State University

In diesem Fall werden Bakterien unschädlich gemacht, indem sie zuerst (extrazellulär) durch Antikörper markiert und anschließend - Fc-Rezeptor-vermittelt - phagozytiert und (intrazellulär) abgebaut werden


Antikörper "markieren" (opsonisieren) potentiell gefährliche Eindringlinge für immunologische Hilfsmechanismen, welche die Angreifer neutralisieren oder abtöten - wie Makrophagen, die das Fc-Ende des Antigen-Antikörper- Komplexes binden (Fc-Rezeptoren) und phagozytieren ( Abbildung). So können etwa Viren abgefangen werden, bevor sie Zellen infizieren. Tatsächlich dient die erworbene ("spezifische") Immunität zu einem guten Teil der Virusbekämpfung.

Nach etwa einer Woche sind die Plasmazellen erschöpft, die meisten sterben dann ab. Sie machen sozusagen Platz für neue Spezialisten, die mit neuen Anforderungen fertig werden müssen.


Antikörperklassen (Immunglobulin-Isotype)
 
Antikörper sind der wichtigste Bestandteil der Immunglobulinfraktion im Blutplasma (Ig-Globuline sind Plasmaeiweiße). Aufgebaut sind sie aus Leichtketten (Light chains, bestehend aus einer variablen Domäne VL und einer konstanten Domäne CL) und Schwerketten (Heavy chains, bestehend aus einer variablen Domäne VH und mehreren konstanten Domänen: CH1, CH2, CH3, bei IgM und IgE auch CH4).

Man unterscheidet nach Aufbau und Funktion Immunglobuline der Klassen (Isotype) G, A, M, D, E und bezeichnet sie mit den Kürzeln IgG, IgA, IgM, IgD, IgE - in dieser Reihenfolge nimmt ihre Konzentration im Blutplasma ab (Merkwort GAMDE).
Antikörperklassen haben verschiedene Aufgaben, definiert durch die konstanten Abschnitte ihrer schweren Ketten. So können IgG und IgM Komplement aktivieren, IgA werden sezerniert und nehmen am primären Schutz teil.
 
Charakteristika von Immunglobulin-Klassen

Nach Alberts et al, Molekularbiologie der Zelle, 6. Aufl. 2017
Klasse
IgM
IgD
IgG
IgA
IgE
Schwere Ketten
μ δ γ α ε
Leichte Ketten
κ / λ
Anzahl 4-Ketten-
Einheiten
5
1
1
1 / 2
1
Anteil an Ig im Blut
~10%
<1%
~75%
~15%
<1%
Komplement-
aktivierend?
ja
nein
einige Unter-
klassen
nein
nein
Plazentagängig?
nein nein einige Unter-
klassen
nein nein
Bindung an Makro-
phagen / Neutrophile?
nur Makro-
phagen
nein einige Unter-
klassen
nein nein
Bindung an Mast-
zellen / Basophile?
nein nein einige Unter-
klassen
nein ja
 
 
    Ein Isotyp ist einer von 5 Antikörpertypen, abhängig von der jeweiligen schweren (H-) Kette; jeder Isotyp erfüllt eine andere Effektorfunktion. IgA und IgG zeigen Subtypen je nach zusätzlichen strukturellen Unterschieden.
 
IgM
IgG IgA IgD IgE
 
Immunglobulin-Isotypen und ihre Funktionen

Nach Strachan / Read, Human Molecular Genetics, 5th ed. 2020 (CRC Press)
Isotyp
Aktive Form
Funktion(en)
IgM
Monomer: B-Zell-Rezeptor
Pentamer: Antikörper
Erster produzierter Antikörper
aktiviert Komplement
IgD
Nur B-Zell-Rezeptor
Zweiter produzierter Antikörper
Funktion unklar
IgA
B-Zell-Rezeptor
Antikörper (vorwiegend)
Führender Antikörper in Sekreten
(Speichel, Tränen, Milch, Schleim)
IgG

Führender Serumantikörper, bindet an Fc-Rezeptoren von Phagozyten, aktiviert Komplement
IgE

Bindet an Fc-Rezeptoren von Basophilen / Mastzellen, vermittelt Typ-I-Allergie


Abbildung: Immunglobulinklassen
Nach einer Vorlage in Rojas P, Apodaca G: Immunoglobulin transport across polarized epithelial cells. Nature Rev Molec Cell Biol 2002; 3: 944-56

Antikörper voxfm Typ IgG, IgD und IgE bleiben monomer (untere Reihe). IgA liegt in der "Kampfform" meist dimer, IgM pentamer vor (oben)


Immunglobulin M
 
Naive B-Zellen (die noch keinen Antigenkontakt hatten) tragen IgM als B-Zell-Rezeptor in ihrer Membran - in dieser membrangebundenen Form haben IgM-Moleküle eine zusätzliche Domäne in der schweren Kette (CH4) sowie eine "Verlängerung" zur Verankerung in der Zellmembran.

Die ersten Immunglobuline, die nach Antigenkontakt sezerniert werden, sind immer vom Typ IgM (
schwere Kette: μ).

IgM (
Abbildung) ist ein pentamerer Antikörper (970 kDa, Serumkonzentration ~1500 mg/l, biologische Halbwertszeit im Serum 10 Tage). Er wird bei der spezifischen humoralen Immunantwort als erstes Immunglobulin gebildet und hat den Vorteil, mit seiner "Schneeflockenform" mehrere Epitope gleichzeitig binden zu können.

Dadurch werden Antigene zusammengeführt und das Komplementsystem viel effizienter aktiviert, als dies bei Einzelbindungen der Fall wäre.
Die Komplementaktivierung ist durch die Beteiligung der Antikörper spezifisch.

Weiters können IgM-Moleküle Viren gut binden und ihren Eintritt in Zellen blockieren (neutralisieren). Es können sogar ganze Zellen, wie Erythrozyten (Blutgruppen!), Spermien oder Bakterien, agglutiniert werden.

IgM-Moleküle sind kaum in der Lage, die Plazentaschranke zu überwinden. Daher führen sie auch nicht zur Agglutination kindlicher Erythrozyten, und Ungleichheit der Blutgruppen zwischen Mutter und Fetus spielen für IgM-bedingte Reaktionen - wie im AB0-System - klinisch kaum eine Rolle.

IgM wird mit verschiedenen Sekreten ausgeschieden, vor allem mit der Milch (Kolostrum: s. Tabelle unten). Dabei wird es durch Drüsenepithel transportiert, mittels eines sogenannten
Poly-Ig-Rezeptors: Das ist ein Fc-Rezeptor der basolateralen Membran der Epithelzellen, der nach der Passage des Vesikels durch die Zelle (Transzytose) den Antikörper an der apikalen Membran wieder aus der Bindung freigibt (Proteolyse).
 
Immunglobulin G
 
IgG (schwere Kette: γ; ca. 150 kDa, Serumkonzentration ~10.000 mg/l, biologische Halbwertszeit im Serum ~21 Tage) ist der am stärksten im Serum vertretene Immunglobulintyp (ca. 75%). Die Plasmakonzentration ist die höchste aller Immunglobuline (12-15 mg/ml). IgG haben eine Halbwertszeit von ~3 Wochen und liegen als spezialisierte Subtypen (IgG 1 bis 4) vor. IgG tritt plazentar (Fc- und Komplement- rezeptorvermittelt) in den fetalen Kreislauf über und verleiht spezifischen Immunschutz.

Rhesus-Inkompatibilität
:
Rhesus-Antikörper gehören zum Typus IgG, sie werden über die Plazentaschranke transportiert und können schwere Komplikationen im Kreislauf des Feten hervorrufen.
 
IgG wird aktiv über die Plazentaschranke transportiert
 
IgG können Erreger opsonisieren und die unspezifische Abwehr aktivieren, sind komplementaktivierend (wie IgM) und können so eine direkte zytotoxische Wirkung entfalten (membrane attack complex, MAC) und Plasmazellen aktivieren. IgG sind die einzigen Antikörper, die in den Extrazellulärraum diffundieren; ihre Konzentration ist hier ähnlich hoch wie im Blutplasma.
 
Immunglobulin A
 
IgA (schwere Kette: α; Serumkonzentration 3000-4000 mg/l; biologische Halbwertszeit im Serum 6 Tage) wird von Plasmazellen gebildet, die sich nahe an Oberflächen befinden (MALT). Sie verleihen Immunität an Schleimhäuten (mucosal immunity). IgA findet sich u.a. in Tränenflüssigkeit, Speichel, Muttermilch.

Etwa 10-20% der Immunglobuline im Blutplasma, aber mehr als die Hälfte (60-70%) der
vom Körper produzierten Immunglobuline gehören zur Klasse IgA - es ist die am intensivsten produzierte Immunglobulinklasse. 80% der B-Zellen sind unter Schleimhautoberflächen postiert, z.B. in Darm, Lunge / Luftwegen, Tränensystem und Bindehaut im Auge, Nasen-Rachen-Raum, Urogenitaltrakt.

IgA kommt in mehreren Formen vor: Monomer (160 kDa), dimer mit J-Kette (390 kDa) und als sekretorisches IgA (400 kDa). Über J-Ketten (J für joining) werden die schweren Ketten kovalent verknüpft, die sekretorische Komponente bewahrt wahrscheinlich IgA vor bakterieller Proteolyse ( Abbildung).
 

Abbildung: Transzytose von IgA über eine Schleimhaut
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Plasmazellen in der lamina propria bilden IgA mit J-Ketten. IgA dimerisiert und bindet an einen Fc-Rezeptor (Poly-Ig-Rezeptor) an der Basis der Epithelien, tritt durch diese hindurch und ist im Lumen mit einer sekretorischen Komponente versehen

Produktionsrate: Man schätzt, dass eine 70 kg schwere Person etwa 2 g IgA pro Tag in das Darmlumen (als durch eine J-Kette zusammengehaltene Dimere) sezerniert.

Das sind 2/3 der gesamten Immunglobulinbildung des Körpers, die ~ 3 g/d beträgt. Zum Vergleich: Die gesamte Synthese von Plasmaproteinen beträgt normalerweise ~20 g/d.


Transport über Schleimhäute ( Abbildung): An der Basis der Epithelien wird das IgA-Dimer über die J-Kette an einen Fc-Rezeptor, den Poly-Ig-Rezeptor, gebunden. Dieses Glykoprotein der basolateralen Membran der Epithelzellen transportiert IgA durch die Epithelzelle auf die Lumenseite der Schleimhaut (Atemwege, Speicheldrüsen, Verdauungssystem, Urogenitaltrakt, Tränendrüsen, Milchdrüsen). Mit jeweils 5 extrazellulären Ig-Domänen kann dieser Rezeptor auch (das pentamere) IgM über Epithelbarrieren in das Lumen transportieren (daher "Poly") - s. oben.

Der Rezeptor-IgA-Komplex wird endozytiert und nicht lysiert, sondern an der apikalen Seite der Epithelzelle wieder exozytiert
(Transzytose). Dabei wird der Rezeptor proteolytisch gespalten, und das IgA ist mit einer sekretorischen Komponente (das ist die verbleibende extrazelluläre Domäne des Rezeptors) versehen. Diese schützt sie vor Verdauungsenzymen und enthält Glykane, die das Andockvermögen von Mikroben an die Schleimhaut reduzieren.

IgA aktiviert kein Komplement; dadurch bleiben Entzündungsreaktionen aus, und die epitheliale Barriere bleibt auch bei Anwesenheit von Bakterien - deren
Schleimhautübertritt durch IgA verhindert werden soll - unversehrt. IgA kann auf seinem Weg durch die Schleimhaut (via Poly-Ig-Rezeptor) auch bereits eingedrungenes Antigen binden und wieder nach außen bzw. in das Lumen entfernen.

Die spezielle Struktur des sekretorischen Immunglobulins A (sIgA) befähigt es sehr gut zur Bindung potentieller Pathogene und schützt es zusätzlich vor Säuren und Enzymen, wie sie z.B. im Verdauungstrakt vorkommen. (1/3 der Stuhlmasse besteht normalerweise aus Bakterien.) IgA ist auch in Sekreten vorhanden, z.B. in der Muttermilch (Tabelle unten) - Schutz für den Darm des Babys -, im Bronchialschleim etc - und verleiht den Oberflächen des Körpers (vor allem Mucosa) spezifisch-adaptiven Immunschutz.
 
Immunglobulin D
 
IgD (schwere Kette: δ; 184 kDa, Serumkonzentration ~30 mg/l, biologische Halbwertszeit im Serum 3 Tage) wird von B-Zellen bei deren Verlassen des Knochenmarks gebildet und fungiert als Rezeptormolekül auf B-Lymphozyten (B-Zell-Rezeptor: BCR). Es wird kaum sezerniert und findet sich daher nur in Spuren im Plasma, ausschließlich monomer.

IgD-Rezeptoren binden an Basophile und Mastzellen und aktivieren diese zur Sekretion antimikrobieller Faktoren, was die Immunabwehr im Respirationstrakt verstärkt. Auch regen sie die Bildung homöostatischer Faktoren (für B-Lymphozyten) an.
 
Immunglobulin E
 
IgE (schwere Kette: ε; 188 kDa, Serumkonzentration ~0,05 mg/l, biologische Halbwertszeit im Serum 10 Tage) wird als Monomer sezerniert, seine Plasmakonzentration ist normalerweise sehr niedrig (~0,05 mg/ml). Die Plasmakonzentration kann ansteigen z.B. bei asthma bronchiale, Infektion mit Parasiten oder Typ I-Hypersensitivität.

Manche pathogene Organismen (wie Würmer) sind zu groß, um phagozytiert zu werden. Antikörper können aber eine Verknüpfung zwischen Parasiten (mittels Fab) und (mittels Fc) Leukozyten (z.B. Granulozyten oder Mastzellen) herstellen (ADCC: antibody-dependent cell-mediated cytotoxicity), was Beschädigung bzw. Abtötung der Parasiten erleichtert.

IgE findet sich an der Oberfläche von
Mastzellen - diese degranulieren, wenn ein Antigen an das IgE-Molekül bindet. Die Vernetzung der IgE-Moleküle triggert die Degranulation. Dabei werden Histamin und Eikosanoide (Leukotriene, Prostaglandine) freigesetzt. IgE dient der Abwehr von Parasiten und führt zu Anaphylaxie- (allergischen) Reaktionen (sofortige Hypersensibilität, s. dort).
 
Vernetzen sich IgE-Moleküle, degranulieren Mastzellen und setzen Histamin frei
 
Histamin erhöht die Endothelpermeabilität kleiner Blutgefäße

Immunglobuline vom Typ IgE spielen bei Hypersensitivität vom Typ I (Soforttyp - anaphylaktische Reaktion) eine Schlüsselrolle
 
Die folgende Tabelle zeigt die unterschiedlichen Konzentrationsbereiche von Immunglobulinen in einigen Körperflüssigkeiten: IgG, IgA und IgM liegen im Blutserum im g/l-Bereich vor, IgA ist in der frühen Muttermilch (Kolostrum) stark angereichert (
Schleimhautschutz; ~10 g/l) und enthält auch eine dem Serum vergleichbare Menge IgM. Der liquor cerebrospinalis enthält sehr wenig Immunglobuline, Darmsekret etwas IgA (in der Darmschleimhaut befindet sich ein großer Teil des B-Zell-Pools des Körpers und produziert vor allem das sekretorische IgA) und IgG. Der IgG-Spiegel ist relativ hoch im Sekret der Luftwege, des Rectums und des Urogenitalsystems.
 
 Immunglobuline in Körperflüssigkeiten (µg/ml)

Gerundete Mittelwerte nach: Duale Reihe Innere Medizin, Thieme 2013
sowie Deuschl H, Johansson SGO, Immunoglobulins in tracheo-bronchial secretion with special referencde to IgE. Clin Exp Immunol 1974; 16: 401-12

IgG
IgA
IgM
IgD
IgE
Serum
8000-
15000
1000-
4000
600-
2500
<100
<0,4
Darmsaft
200
300
1
0
<0,4
Liquor
8-25
<3
1
0
0
Kolostrum
30
10000
800
0
0
Tracheo-
bronchiales Sekret
60
240


0,01
  
Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC)
  
     Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC, Antibody-dependent cell-mediated cytotoxicity) ist ein Vorgang, durch den sich NK-Zellen gegen IgG-markierte Zellen wenden und diese lysieren.

Natürliche Killerzellen (NK) und andere Leukozyten docken an durch Antikörper "markierte" (z.B. infizierte) Zellen (freie Antikörper lösen keine Reaktion aus). Dazu exprimieren NK-Zellen CD16 (=FcγRIIb), einen spezifischen Rezeptor für die konstante Domäne des IgG-Moleküls, mit dem die Bindung an das Immunglobulin vermittelt wird. Resultat dieser Bindung ist die Freisetzung des Inhalts von Granula sowie die Sekretion von Zytokinen, das Ziel ist die Abtötung der markierten Zelle.
 

Abbildung: Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität
Nach Yokoyama WM, Plougastel BF, Immune functions encoded by the natural killer gene complex. Nature Rev Immunol 2003; 3: 304-16

Fc-Rezeptoren (FcγRIIb) auf NK-Zellen vermitteln die Erkennung z.B. virusinfizierter Zielzellen, die mit IgG-Antikörpern markiert sind, durch NK-Zellen. Diese degranulieren und töten die infizierte Zelle ab (ADCC, Antibody-dependent cell-mediated cytotoxicity). Der Ligand ist das zu erkennende Antigen


NK-Zellen verfügen über Rezeptoren für den Fc-Teil von IgG3-Antikörpern, wodurch Brücken zwischen NK- und ihren Zielzellen aufgebaut werden können (z.B. zur Erkennung virusinfizierter Zellen mittels des Fab-Teils des Antikörpers - Abbildung). Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität ist die Fc-Rezeptor-vermittelte Ausschüttung von NK-Zell-Granula und Abtötung von Zielzellen, die mit Antigenen beladen und mit IgG-Molekülen markiert sind.

Das bedeutet, dass virusinfizierte Zellen zuerst mit Immunglobulin G3 spezifisch markiert und dann erst durch den ADCC-Mechanismus zerstört werden.


Nach ihren Wirkungen unterscheidet man z.B.
 

       Agglutinine : Sie bewirken Agglutination, d.h. spezifische Bindung mehrerer Zellen (z.B. Blutkörperchen bei Blutgruppenunverträglichkeit) aneinander

       Präzipitine: Sie bewirken leichtere Phagozytierbarkeit des Antigen-Antikörper-Komplexes
 

       Virusneutralisierende Antikörper: Mittels Neutralisationstests kann die antivirale Kapazität von Blutseren bestimmt werden
   
Isotypenwechsel, Somatische Hypermutation
 
Junge B-Zellen produzieren hauptsächlich Immunglobuline der Klasse IgM (entwicklungsgeschichtlich älter als andere Klassen). Bei ihrer Reifung können sie ihre Ig-Klasse verändern (Isotypenwechsel, class bzw. isotype switching) - zu IgG, IgE, oder IgA ( Abbildung). Das erfordert eine neue Anordnung der entsprechenden Gensegmente im Chromosom 14.

 
Abbildung: Somatische Hypermutation und Isotypenwechsel
Nach einer Vorlage der Winona State University

Nach einem Erstkontakt über IgM (links) entstehen hochspezifische Antikörper (Mitte); anschließend wird auf IgG geschaltet (isotype switch) und der Antigen-Antikörper-Komplex von Phagozyten erkannt und endozytiert (rechts)


Gesteuert wird dieses "Umschalten" durch Zytokine. Diese stammen von T-Helferzellen, die "wissen", welche Immunglobulinklasse gerade benötigt wird.

Nur geeignete B-Zellen erfahren ausreichende Hilfe von T-Helferzellen. B-Zellen mit ungenügender Bindungsspezifität (zwischen B-Zell-Rezeptor und Epitop) werden nicht ausreichend stimuliert und sterben durch Apoptose ab.

Dies alles passiert in den Follikeln sekundärer lymphatischer Organe - Lymphknoten, Milz und mukosa-assoziiertem lymphatischem Gewebe (MALT), wo sich auch follikuläre dendritische Zellen befinden. Diese sind für die Proliferation von B-Zellen notwendig.

Durch somatische Hypermutation
werden - meist nach dem Isotypenwechsel - zusätzlich die antigenbindenden Enden der Antikörpermoleküle variiert und die Vielfalt der möglichen Epitoperkennungen wesentlich erhöht ( Abbildung). Je besser der hypermutierte Antikörper mit dem Antigen zusammenpasst, desto stärker proliferiert der betreffende B-Zell-Klon (Selektionierung).

Immunologische Abwehrvorgänge haben mehrfache Zielrichtungen:

       Zerstörung von Mikroorganismen und Tumorzellen durch Phagozytose und Lyse
 
      Entzündlich erhöhter Durchtritt von Abwehrstoffen und Leukozyten ins Gewebe durch Erweiterung der Gefäße und Steigerung ihrer Permeabilität

      Umbau und Heilung (Reparation) durch das Zusammenwirken von Immunsystem, Komplementfaktoren, Gerinnungs- und Fibrinolysemechanismus, Kininen; Wachstum, Teilung und Neuformierung von Fibroblasten und Epithelzellen bei der Wundheilung.



 
    
Der Antikörpertiter (Serumtiter) ist das Ergebnis eines immunhämatologischen Verdünnungsverfahrens - meist jeweils auf das doppelte Volumen, also in Zweierstufen (1:2n) im Rahmen einer geometrischen Verdünnungsreihe: 1:2, 1:4, 1:8, 1:16, 1:32 etc. Die Fragestellung lautet: Bis zu welchem Verdünnungsgrad ist die spezifische Wirksamkeit des Antikörpers im Serum einer untersuchten Person gegen ein bestimmtes Antigen in vitro nachweisbar?

Aussage: W
enn der "Titer" hoch ist, kann für die betroffene Person im Rahmen der Fragestellung humorale Immunität angenommen werden, sie ist "geschützt". Das Resultat ist spezifisch: Es bezieht sich lediglich auf den humoral-adaptiven Anteil des Immunsystems in Bezug auf ein bestimmtes Epitop, nicht auf andere Antigene / Pathogene, nicht auf eine parallel vorhandene T-Zell-Immunität und auch nicht auf angeborene Abwehrmechanismen.

Ist eine
Antigen-Antikörper-Reaktion z.B. bei 16-facher Verdünnung nachweisbar (nicht jedoch bei 1:32), sagt man, der Titer beträgt "1:16". In einem solchen Fall wäre kaum ein effizienter Immunschutz zu erwarten (z.B. letzte Impfung oder Infektion liegt lange zurück). Ist der Titerwert hingegen hoch - z.B. um 6 Stufen höher, also 1:1024 -, kann mit ziemlicher Sicherheit wirksame Immunität angenommen werden (z.B. kurz nach einer Schutzimpfung).

Die Resultate sind bei diesem Verfahren stark von laborspezifischen Bedingungen (Technik, Antigenpräparation, Personal) abhängig. Deshalb geht man dazu über, Standardseren mit definierten Antikörpermengen zu verwenden und die Antikörperwirkung des Patientenserums im Vergleich mit diesen anzugeben, und zwar in Einheiten pro Milliliter (IU/ml).

    Immunität lässt sich durch Impfung erreichen, ohne dass bzw. bevor es zu einer Erkrankung kommt:

   
   Aktive Schutzimpfung: In der krankmachenden (pathogenen) Wirkung abgeschwächte, aber antigen wirksame Erreger - oder Giftstoffe (Toxine) - werden injiziert. Vorteil: Das Immunsystem baut einen lang anhaltenden spezifischen Schutz gegen den Antigenträger auf. Gedächtniszellen bewirken bei nochmaliger Infektion ein rasches Wiederaufleben der Immunantwort. Dieser Mechanismus kann durch wiederholte Impfung (Boosterung) verstärkt werden.
 
Der Erstkontakt mit dem Antigen ruft eine Primärantwort hervor, in deren Rahmen nicht nur antigenspezifische B- und T-Zellen selektioniert werden (und proliferieren), sondern auch Gedächtniszellen entstehen. Diese reagieren auf einen wiederholten Kontakt mit dem gleichen Antigen mit einer beschleunigten, in ihner Effizienz gesteigerten Immunantwort (Sekundärantwort), die im Falle der Konfrontation mit gefährlichen Antigenträgern einen Immunschutz verleihen. Die Sekundärantwort produziert in kurzer Zeit große Mengen antigenspezifischer IgG und IgA, die rasch an Orten
zum Einsatz kommen, an denen sich Pathogene befinden (z.B. auf Schleimhäuten).

   
   Passive Schutzimpfung: Antikörper werden in Form eines Immunserums injiziert. Die Antikörper werden durch Immunisierung von Tieren gewonnen. Vorteil: Sofortige Wirkung, die aber nicht anhält, da die Antikörper innerhalb einiger Wochen wieder abgebaut werden.
 

 
     B-Zellen verleihen humorale Immunität - diese schützt vor extrazellulären Mikroben und ihren Toxinen; T-Zellen verleihen zelluläre Immunität - diese ist gegen intrazelluläre Mikroben gerichtet
 
     Lymphozyten sind mobil: Etwa 500 Milliarden durchstreifen pro Tag Blutbahn, Gewebe und Lymphsystem. Das ergibt eine ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass T-Zellen MHC-gebundene Antigene auf antigenpräsentierenden Zellen vorfinden, durch die sie aktiviert werden
 
     Die Zahl zirkulierender naiver Lymphozyten bleibt weitgehend stabil (homöostatische Proliferation)
 
     Lymphozyten erkennen Antigene über T-Zell-Rezeptoren oder Immunglobuline (B-Zellen)
 
     Haptene sind kleine Moleküle, die an Antikörper binden, ohne Immunantworten auszulösen

     Antikörper werden von B-Zellen bzw. Plasmazellen gebildet und binden einerseits Antigene, andererseits lösen sie Effektormechanismen - wie Komplementaktivierung - aus. So vereinen sie spezifische und unspezifische Funktionen. Frei in den Extrazellulärraum sezerniert, wirken sie antimikrobiell (in Blutplasma, Sekreten, interstitiellen und transzellulären Räumen); in der B-Zellmembran sind sie Antigenrezeptoren. Sie bestehen aus leichten (L) und schweren (H) Ketten mit variablen (V) und konstanten (C) Regionen. Ihr Fab-Teil trägt einen “Abdruck” eines Antigenmoleküls, der Fc-Teil bindet an Fc-Rezeptoren z.B. phagozytierender Zellen, aktiviert Komplement und kann Opsonisation, Degranulation und Zytolyse bewirken
 
     Antigene werden von Lymphozyten, Makrophagen oder dendritischen Zellen zu Lymphfollikeln gebracht
 
     Antikörper liegen in Form verschiedener Klassen (Immunglobulin-Isotypen) vor: IgM (pentamer, erstes Immunglobulin bei Klonselektion), IgG (monomer, höchste Serumkonzentration), IgA (am intensivsten produzierte Immunglobulinklasse, besonders von Schleimhäuten), IgD und IgE
 
     Antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC) bedeutet Fc-Rezeptor-vermittelte Ausschüttung von NK-Zell-Granula und Abtötung von Zielzellen, die mit Antigenen beladen und mit IgG markiert sind
 
     Somatische Hypermutation verändert die antigenbindenden Enden der Antikörper und steigert so die Vielfalt möglicher Epitoperkennungen
 

 




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