Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

  
Abwehrvorgänge (Immunologie)
 
Phasen der spezifischen Immunabwehr
© H. Hinghofer-Szalkay

Antigen: Antibody generating
Epitop: ἐπί = auf, bei; τόπος = Ort
Opsonierung: ὀψωνἰαζ
ω = mit Speise versorgen






Während das angeborene Immunsystem konstante Merkmale fremder Zellen erkennt und sofort zur Verfügung steht, benötigt das adaptive mehrere Tage, bis Antigene zu "passenden" Lymphozyten gefunden haben und diese zu einer spezifischen Reaktion veranlassen. Die Antwort des adaptiven Immunsystems auf eine immunologische Herausforderung läuft in drei Phasen ab:
 

   -- Afferente Phase (Gefahrenerkennung): Zellen präsentieren Lymphozyten mit passenden T-Rezeptoren MHC-gekoppelte Peptide aus intrazellulärem Abbau und regen sie dadurch an
 
   -- Induktionsphase (Aufrüstung): Spezifisch angeregte Lymphozyten (T-Zellen, B-Zellen) vermehren sich (Klonselektion)
 
   -- Efferente Phase (Gegenangriff): Helfer- und andere T-Zellen vollführen spezifische Abwehrmechanismen.

Nach Abschluss der efferenten Phase unterliegen die meisten Lymphozyten der Apoptose (sie werden nicht weiter benötigt), einige werden hingegen zu Gedächtniszellen.

Gedächtniszellen beschleunigen die spezifische Immunantwort im Falle einer wiederholten Infektion mit gleichen Antigenträgern um das 10- bis 100-fache
.


Übersicht Adaptive Immunität Afferente Phase Induktionsphase Efferente Phase  Immunologische Toleranz Immunologisches Gedächtnis

    Selbsttoleranz

Praktische Aspekte        Core messages
  
Das adaptive Immunsystem ist eine "Erfindung" der Wirbeltiere. Es wird von Komponenten des angeborenen Immunsystems mobilisiert, wenn dieses keinen ausreichenden Schutz vor bestimmten Pathogenen bietet. Das adaptive System hat folgende besonderen Eigenschaften:
  Ausgeprägte Spezifität: Es kann auch geringste molekulare Unterschiede (von Antigenen) erkennen und unterscheiden
  Hohe Anpassungsfähigkeit: Es reagiert auf eine praktisch unbegrenzte Zahl verschiedener Moleküle
  Immunologisches Gedächtnis: Memory cells ermöglichen bei wiederholtem Kontakt mit einem Antigen eine raschere und verstärkte Immunantwort

Außerdem hat jeder Mensch seine persönliche "Vorerfahrung" mit Antigenen und hat dementsprechend ein individuelles Muster an Immunität.

Es gibt zwei Arten adaptiver Immunität: Humorale und zelluläre. Diese werden von verschiedenen Lymphozytenarten gesteuert (B-Lymphozyten: humoral, T-Lymphozyten: zellulär) und bewirken die Eliminierung verschiedener Gruppen von Mikroben. T-Lymphozyten sind insbesondere ein wichtiges antivirales Abwehrsystem.

 
Adaptive Immunität bildet spezifische Abwehr gegen Mikroben
 
Schafft es das angeborene Immunsystem nicht, potentielle Krankheitserreger schon auf Haut und Schleimhäuten in Schach zu halten und am Eindringen in den Körper zu hindern, und erweisen sich nicht-adaptive (angeborene, "unspezifische") Kontrollmechanismen als nicht ausreichend wirksam gegen eine Infektion, dann kommt es zur Aktivierung adaptiver ("spezifischer") Immunantworten. Kennzeichnend ist dabei das Auftreten erregerspezifischer Rezeptoren.


  Abbildung: Sequenz der Phasen spezifischer Immunantwort

Man kann drei Phasen unterscheiden: Eine afferente, bei der Lymphozyten alarmiert werden; eine Induktionsphase, bei der eine große Zahl von Effektorzellen entsteht; und eine efferente, in der sich diese spezialisierten Immunzellen zum Kampfort begeben

Zwischen angeborenem und adaptivem System gibt es mehrfache Überschneidungen bzw. Kooperationen:

      Zunächst stellen sich
den Erregern phagozytierende Zellen in den Weg. Im Gewebe stehen Makrophagen und dendritische Zellen ( Abbildung unten) bereit, dazu kommen aus dem Blut ausgerückte Granulozyten. Makrophagen und dendritische Zellen erkennen Erreger über Toll-ähnliche Rezeptoren sowie den DC-Faktor DEC-205 (auch: LY75, DC205; bindet dieser einen Infektionserreger, wird dessen Phagozytose gestartet).

Dendritische Zellen (DC) finden sich an allen Grenzflächen nach außen (Haut - hier heißen sie Langerhans-Zellen -, Schleimhäute - Bronchien, Magen-Darm- und Urogenitaltrakt u.a.). Sie checken den Antigenstatus der Umgebung und wandern (als "unreife" DCs) kontinuierlich in regionale Lymphknoten (homöostatische DC-Migration), wo sie ihr "Messergebnis" an naive T-Zellen präsentieren. Das sind meist Peptide aus normalen (körpereigenen) Proteinen, auf diese Weise wird die Selbsttoleranz nur verstärkt (kaum Ausbildung von Kostimulatoren, keine inflammatorische Reaktion).

     Selbsttoleranz ist das Nicht-Ansprechen des adaptiven Immunsystems auf Eigenantigene. Sie beruht hauptsächlich auf der Inaktivierung selbstreaktiver Lymphozyten. Fehlerhafte Selbsttoleranz führt zu Autoimmunerkrankungen.

      Haben DCs im Gewebe hingegen Fremdmerkmale registriert, stoppen sie die Pinozytose, regulieren die Zahl der PRR-Moleküle in ihrer Membran herunter und konservieren so den ermittelten Gefahrenstatus ("reife" DCs). Auf dem Weg in den Lymphknoten bearbeiten sie die aufgenommenen Antigene. Im Lymphknoten angekommen, präsentieren sie als differenzierte antigenpräsentierende Zellen ihre MHC-II / Peptidkomplexe an CD4+- (Helfer-) Lymphozyten. Auch erhöhen sie die Expression von Cofaktoren (wie CD80/86).

      Die T-Zellen verhalten sich bei diesem Vorgang sehr aktiv und "suchen" die dendritischen Zellen im Lymphknoten regelrecht nach passenden MHC-II / Peptid-Komplexen ab. Haben sie den "passenden" Komplex entdeckt, teilen sie sich und bilden einen T-Zell-Klon, der spezifisch auf das erkannte Antigen anspricht.
 

Abbildung: Dendritische Zellen und afferente Phase der Immunantwort
Nach einer Vorlage in Hof / Dörries, Medizinische Mikrobiologie, 5. Aufl. Duale Reihe, Thieme 2014

Dendritische Zellen können Erreger im Gewebe binden und verarbeiten (links): TLR  (toll-like receptors) aktivieren die Zelle zur Abwanderung über Lymphbahnen, DEC-205-Rezeptoren vermitteln die Phagozytose, deren Peptidfragmente über MHC-Moleküle präsentiert werden.
 
Im Lymphknoten (rechts) exprimiert die dendritische Zelle immunstimulatorische (B5, CD40) und adhäsionsfördernde Moleküle (DC-SIGN, ICAM-1, LFA-3). Antigene Peptide werden T-Lymphozyten an MHC-Moleküle gebunden präsentiert


Die Mobilisierung der dendritischen Zellen (Loslösung und Transport über die Lymphbahn in sekundäres lymphatisches Gewebe) wird von mehreren Faktoren ausgelöst bzw. verstärkt:

  
  TNF-α aus aktivierten Makrophagen,

     Aktivierung verschiedener Rezeptoren (Mannoserezeptor, DEC-205, Komplementrezeptoren) und

     Zytokine, die zum Teil autokrin-verstärkend auf die gereizte Zelle einwirken.

Diese exprimiert darauf vermehrt MHC-Moleküle, an denen sie Peptidbruchstücke aus dem
lysosomalen Erregerabbau präsentieren kann.
 
Afferente Phase spezifischer Immunantworten
 

Damit beginnt der Prozess der spezifischen Erkennung und Abwehr: Im Lymphknoten werden die Peptide - an MHC gebunden - vorbeiwandernden T-Lymphozyten so lange hergezeigt, bis solche mit passenden T-Rezeptoren "hängenbleiben" und sich zu vermehren beginnen (Klonselektion). Außerdem werden die Lymphozyten von Faktoren der dendritische Zelle angeregt (B7-Moleküle - diese gehören zur Immunglobulin-Superfamilie).

Dass naive (noch keinem Antigenreiz ausgesetzte) rezirkulierende T-Lymphozyten in den Lymphknoten gelangen, ist ebenfalls molekular gesteuert: Mit ihren Selektin- und LFA-1-Membranmolekülen binden sie an Adressine und ICAM-1 des Gefäßendothels (Selektin-Adressin locker, LFA-1-ICAM-1-Bindung fester) und wandern durch das Endothel in den Lymphknoten ein.

Mehrfache Passung
. Die Anhaftung an dendritische Zellen erfolgt dann über mehrere Molekülpaare: LFA-1-ICAM-1; ICAM-2-DC-SIGN; CD-2-LFA-3. Der T-Zell-Rezeptor (TCR) prüft indes, wie gut er mit dem molekularen MHC-Peptid-Komplex zusammenpasst.

Solange die "Passform" nicht befriedigend ist, bleiben die interzellulären Kontakte lose; Lymphozyt für Lymphozyt "pilgert" an den dendritischen (antigenpräsentierenden) Zellen vorbei und löst sich wieder ab - bis der "richtige Partner" gefunden ist. In diesem Fall werden die Bindungskräfte verstärkt, die T-Zelle bleibt stationär und wird antigenspezifisch stimuliert.


 

Abbildung: Phasen der adaptiven Immunantwort
Nach Abbas AK, Lichtman AH, Pillai S, Cellular and Molecular Immunology, 6ed Saunders Elsevier 2007

Auf die Erkennung der Antigene folgt Differenzierung und klonale Expansion.
 
Nach Eliminierung der Antigene durch zelluläre und humorale Abwehr fällt die Aktivierung über antigenspezifische T-Zell-Rezeptoren weg, die Zahl der spezifischen Effektorzellen nimmt ab (klonale Kontraktion, clonal downsizing).
 
Ein immunologisches Gedächtnis bleibt bestehen



Induktionsphase spezifischer Immunantworten
 
In der Induktionsphase wird eine Antwort der Lymphozyten (T-Zellen, B-Zellen) auf die antigene Stimulation hin angeregt.

Haben naive T-Zellen ihren molekularen Bindungspartner (passender MHC-Peptid-Komplex) gefunden, reicht das noch nicht zu ihrer Aktivierung. Diese bedarf zusätzlicher Wechselwirkungen: Neben der TCR-MHC-Passung ("Signal 1") muss mindestens auch CD28 des Lymphozyten mit B7-Molekülen der dendritischen Zelle interagieren ("Signal 2").

Erst dann beginnen sich die (selektionierten) Lymphozyten zu teilen (Proliferationsphase) und IL-2 zu bilden, was ihre Vermehrung autokrin stimuliert. Das Ergebnis sind (nach einigen Tagen) tausende T-Lymphozyten mit identischen Antigenrezeptoren (klonale Selektion), die sich zu Effektorzellen entwickelt haben.

Ähnliches trifft auf die Stimulation von B-Zellen zu. Naive B-Lymphozyten treten aus dem Blutkreislauf in sekundäre lymphatische Gewebe aus, wo sie durch T-Zell-abhängige Bereiche hindurch zu B-Zell-Zonen gelangen.

Treffen sie hier auf passende Antigene , exprimieren sie vermehrt Chemokinmoleküle und Adhäsionsrezeptoren, was ihre Verweildauer in der T-Zell-Zone verlängert. Dies erhöht die Effizienz der Wechselwirkung mit bereits antigenspezifisch aktivierten
CD4+-T-Zellen (wobei dasselbe Antigen erkannt werden muss!).

B-Zellen erkennen antigene Epitope
direkt im Extrazellulärraum (sie binden u.U. auch ganze Viren) - T-Zellen nur im Kontext mit MHC-Molekülen (MHC-Restriktion). Die B-Zelle kann auch zur antigenpräsentierenden Zelle werden (und dann alle möglichen Abbauprodukte z.B. eines internalisierten Virus herzeigen).

  Zur Immunogenität von Antigenen s. auch dort

Effektor-Lymphozyten verlassen den Lymphknoten und gelangen über das Lymphgefäßsystem in die Blutbahn. Von hier aus können sie praktisch jede Stelle des Körpers erreichen - insbesondere natürlich dort, wo sie benötigt werden (infiziertes Gewebe).
 
Efferente Phase (Effektorphase) spezifischer Immunantworten
 
Dort können Effektor-Lymphozyten wieder in das Gewebe austreten (homing), und zwar antigen-unabhängig. So können auch Lymphozyten extravasieren, die gar keine antigenspezifischen Rezeptoren haben; dennoch stürzen sie sich in die Schlacht. Lymphozyten ohne passende Rezeptoren verlassen allerdings bald wieder den Ort des Getümmels.

An der efferenten Phase der Immunabwehr sind zelluläre und humorale Komponenten beteiligt, deren
Funktion auf den folgenden Seiten genauer beschrieben wird: Lymphozyten (B-Effektorzellen, die Antikörper bilden; zytotoxische CD8+-T-Zellen; CD4+-T-Helferzellen), Komplementfaktoren, Zytokine.

Aktivierung durch zwei Signale. Sowohl T- als auch B-Lymphozyten bedürfen einer doppelten Anregung - durch T-Zell-Rezeptoren oder Immunglobuline,
die an (peptidbeladene) MHC binden (Signal 1), sowie costimulierende Molekülbrücken (Sognal 2) -, um entsprechende Gene zun aktivieren und spezifische Abwehrvorgänge zu starten.

  
   CD4+-T-Effektorzellen (Helferzellen) werden durch unterschiedliche Zytokine dazu angeregt, sich in Th- (T-helper) Subklassen zu entwickeln, die unterschiedliche Funktionen erfüllen: Th1, Th2, Th17 und Treg-Lymphozyten. Diese üben ihre Funktionen durch die Sekretion von Zytokinen aus.
 

Abbildung: Interaktion TH1-Zelle / Makrophage
Nach einer Vorlage in Hof / Dörries, Medizinische Mikrobiologie, 5. Aufl. Duale Reihe, Thieme 2014

Widerstehen Infektionserreger der Phagozytose, verstärken TH1-Zellen die Abwehrpotenz der Phagozyten (hier: Makrophagen)


      Th1-Zellen regulieren Entzündungsprozesse und interagieren mit antigenpräsentierenden Makrophagen, die sie über Zytokine aktivieren. Molekulare Brückenbildungen (T-Zell-Rezeptor und antigenbeladenes MHC-II, CD40-CD40-Ligand) und Interferon-γ (IFN-γ) regen Makrophagen an, entzündungsanregendes TNF-α sowie toxische Stoffe zu bilden (Sauerstoffradikale, Stickoxide, Proteasen, bakterizide Stoffe) und Eisen aufzunehmen (dieses fehlt dann den Bakterien).

So tragen Th1-Zellen maßgeblich zur Abwehr von Bakterien und anderen Infektionserregern bei: Sollten diese der Zerstörung in den Phagolysosomen der Phagozyten widerstehen, verstärkt die Th1-Zelle die Abwehrpotenz der Phagozyten durch Mechanismen, die z.T. in der
Abbildung dargestellt sind.

Gleichzeitig wirken Th1-Zellen regulatorisch, indem sie über
Interferon-γ Th2-Zellen supprimieren. Weiters lösen sie (über IFN-γ) an B-Zellen einen Isotypenswitch von IgM zu IgG aus.

   Th2-Zellen wehren zusammen mit Eosinophilen Parasitenbefall ab. Eosinophile Granulozyten präsentieren über MHC-II-Moleküle aus dem Abbau stammende Fremdpeptide; Th2-Zellen "sehen" das über ihre T-Zell-Rezeptoren und sezernieren Zytokine, was die Eosinophilen über antiparasitär wirkende Stoffe effizienter macht und an B-Lymphozyten einen Isotypenswitch zu IgE veranlasst (IgE-bedeckte Parasiten sind über Fc-Rezeptoren an den Granulozyten leichter erkennbar).

Auch Th2-Zellen wirken regulatorisch: Sie supprimieren die Funktion von Th1-Zellen. Auf diese Weise wirken sie entzündungshemmend.
  

  Abbildung: Lymphozytenklassen und deren Funktionen
Nach einer Vorlage in Abbas AK, Lichtman AH, Pillai S, Cellular and Molecular Immunology, 8th ed Saunders Elsevier 2015

Die verschiedenen Lymphozytenklassen erkennen unterschiedliche Antigenarten und differenzieren sich in Effektorzellen, deren Funktion es ist, Antigene zu eliminieren.
 
B-Zellen erkennen lösliche oder Oberflächenantigene und entwickeln sich zu antikörpersezernierenden Zellen (Plasmazellen).
 

Helfer-T-Zellen erkennen Antigene an der Oberfläche antigenpräsentierender Zellen und sondern Zytokine ab; diese regen diverse Immunmechanismen und Entzündungsvorgänge an.
 
Zytotoxische T-Zellen (CTL, CD8+-Zellen) erkennen MHC-I gebundene Fremdantigene (z.B. viralen Ursprungs) - oder veränderte Eigenmerkmale (Krebszelle) - und töten entsprechende infizierte / veränderte Zellen ab (veranlassen sie zur Apoptose). Makrophagen im Gewebe phagozytieren anschließend die abgestorbenen Zellen und töten intrazelluläre Pathogene dabei ab. Dieser Vorgang benötigt keine Antikörper.
 
Regulatorische T-Zellen (TReg) beschränken die Aktivierung anderer Lymphozyten - insbesondere T-Zellen - und verhindern Autoimmunität.
 
Natürliche Killerzellen (NKC) erkennen veränderte Oberflächenmerkmale infizierter Zellen und töten diese ab; sie gehören zum angeborenen, alle anderen zum adaptiven Immunsystem


       Tfh-Zellen (follicular helper cells) helfen bei der Antikörperproduktion, indem sie die Funktion entsprechender B-Zellen verstärken. Voraussetzung ist deren MHC-II-mediierte Präsentation von Antigenen, welche die Tfh-Zelle erkennt. Dabei ist auch eine CD40/CD40L-Passung erforderlich (s. oben). Die Anregung der B-Zellen - die zu Plasmazellen werden - erfolgt über Zytokine. Tfh-Zellen sind durch ihren B-Zell-Follikel-Homing-Rezeptor CXCR5 identifizierbar, den sie konstitutiv exprimieren.
   
      Th17-Zellen locken neutrophile Granulozyten an.Das tun sie, indem sie Interleukin 17 ausschütten (daher ihr Name), was umliegende Zellen zur Bildung von IL-8 veranlasst - dieses lockt Neutrophile an, sie dann in das entzündete Gewebe übertreten. Th17-Zellen können sich an der Aktivierung von Makrophagen beteiligen ( Abbildung).
   
      CD4+-Treg-Zellen wirken immunsuppressiv (regulatorisch). Sie spielen bei der Unterdrückung unerwünschter Immunreaktionen eine Rolle, z.B. werden Reaktionen gegen Nahrungsbestandteile, normale Darmflora oder Umweltfaktoren möglichst klein gehalten.
   
      CD8+-T-Effektorzellen
(zytotoxische T-Lymphozyten) zerstören Zellen, in denen sich Krankheitserreger vermehren (in erster Linie Viren). Erkennen T-Zellen fremde Peptide an den MHC-I-Molekülen infizierter Zellen, lösen sie ein Programm aus, das - einmal in Gang gesetzt - zum Untergang der infizierten Zelle führt ("kiss of death"). CD8+-T-Lymphozyten setzen ihre Patrouille fort und machen sich auf die Suche nach weiteren passenden Zielzellen.
 

Abbildung: Aktivierung von Lymphozyten in der Induktions- und Effektorphase
Nach einer Vorlage in Ritter / Flower / Henderson / Loke / MacEwan / Rang, Rang & Dale's Pharmacology, 9th ed. Elsevier 2020

A-D: Antigen- präsentierende Zellen phagozytieren und verarbeiten Antigen und präsentieren die entstandenen Peptide naiven CD8+- Zellen über MHC-I, oder naiven CD4+- Zellen über MHC-II.
 
E: Aktivierte
CD8+- Zellen exprimieren IL-2- Rezeptoren und bilden IL-2. Diese Selbstimulation macht aus ihnen zytotoxische T-Zellen (TC), die virusinfizierte Zellen töten können.
 
Großer Block links: Aktivierte CD4+- Zellen exprimieren IL-2- Rezeptoren und bilden IL-2. Diese Selbstimulation führt zu Proliferation und Entstehung von Th0-Zellen. Autokrin gebildete Zytokine - z.B. IL-4 - machen aus einigen von ihnen Th2-Zellen, aus denen humorale Immunität hervorgeht (MB = memory-B-cell, P = Plasmazelle). Andere Zytokine lassen Th1, Th17 (beide aktivieren Makrophagen) oder Treg (n = naturally occurring, i = inducible) entstehen; Treg verhindern überschießende Immunreaktionen.

Damit es zu einem erfolgreichen Andocken an eine Zielzelle kommt,
 
       müssen LFA-1-Moleküle des Lymphozyten an ICAM-1-Moleküle der geprüften Zelle binden (Kontaktnahme).
 

       Dann prüfen Rezeptoren des Lymphozyten (TCR), ob sie mit der präsentierten MHC-I-Peptid-Kombination der potentiellen Zielzelle zusammenpassen.
 
       Wenn ja, sezerniert die CD8+-T-Effektorzelle Perforin (das in die Zielzelle Membranporen schlägt) und Granzyme, welche dann in die Zelle eindringen und dort die Apoptosekaskade initiieren (diese kann auch rezeptormediiert erfolgen).

Dieser potentiell gefährliche Mechanismus kann, wenn er nicht nur zielgerichtet auf infizierte Zellen wirkt, Gewebeschäden auslösen (z.B. bei Virushepatitis - immunpathologische Komponente).

   
  
   B-Effektorzellen treten auf den Plan, wenn der T-Zell-Mechanismus zur Erregerbekämpfung nicht ausreicht oder Bakterien Toxine produzieren, die durch T-Zellen nicht inaktiviert werden können. Wie auf der nächsten Seite genauer beschrieben, können Antikörper dreierlei bewirken:

      Neutralisation durch Blockade antigener Strukturen, vor allem durch IgG und IgA. Bindet der Antikörper, dann verliert das Antigen seine schädigende Wirkung. Handelt es sich um Toxine, dann blockt die Bindung des Antikörpers die rezeptorvermittelte Aufnahme des Giftes in die Zelle. Sind es virale Antigene, dann bedeutet die Bindung des Antikörpers, dass das Virus nicht mehr an Oberflächenstrukturen der Zielzelle koppeln kann. Sind Viren dennoch in die Zelle eingedrungen, kann ihre Replikation blockiert werden, indem Antikörper die Ablesbarkeit der viralen Nukleinsäuren behindern. Schließlich kann auch die Anheftung von Bakterien verhindert werden, indem ihre Adhäsionsmoleküle mit Antikörpern besetzt werden.

      Komplement: Bestimmte Antikörper können Komplement aktivieren und so Zielzellen angreifen ( s. dort).
 
      Bindung von Antikörpern an Fc-Rezeptoren: s. dort.
 

Immunologische Toleranz

Unter den vielen - durch somatische Hypermutation hervorgegangenen - antigenspezifischen Spielarten von (naiven) Lymphozyten entstehen auch solche, die körpereigene Merkmale (Epitope) erkennen und potentiell angreifen können. Um zu verhindern, dass es hier zu Klonselektion und Autoimmunreaktionen kommt, existieren Toleranzmechanismen, die das verhindern.

Man unterscheidet
 
        zentrale Toleranz, welche die Entwicklung entsprechender Lymphozyten in zentralen lymphatischen Organen (B-Zellen: Knochenmark, T-Zellen: Thymus) verhindert, und
 
        periphere Toleranz, die sich auf schon reife (immunkompetente) Lymphozyten in der Peripherie auswirkt.

  Zentrale Toleranz und T-Lymphozyten: Über die Entwicklung der T-Zellen im Thymus (positive / negative Selektion) s. dort.

Zentrale Toleranz und B-Lymphozyten: Reife B-Zellen exprimieren B-Zell-Rezeptoren vom IgM-Typ. Mit diesen wird die Bindungsstärke an umliegende Antigene getestet und die Antigenspezifität kann durch Rekombination mit V- und J-Elementen verändert werden (Rezeptoredition). Dadurch wird die Spezifität des Antikörpers variiert. Trifft die reife B-Zelle später auf ein körpereigenes Antigen, unterliegt sie entweder der Apoptose (Deletion), oder es gelingt ihr, die Zahl der Rezeptoren in ihrer Membran herunterzuregulieren und dadurch nicht aktiviert zu werden (Rezeptormodulation).

Periphere Toleranz: Die zentralen Toleranzmechanismen können nicht verhindern, dass im Körper zahlreiche reife autoreaktive Lymphozyten vor
kommen. Verschiedene Mechanismen sorgen normalerweise dafür, dass Autoimmunkomplikationen dennoch ausbleiben. Dazu zählen u.a. Deletion, Anergie (Ausbleiben von Proliferation / Zytokinproduktion), Suppression (unterdrückte Aktivierung), Ignoranz (des Epitops) u.a. Autoreaktiven B-Zellen kann die Hilfe durch T-Zellen verweigert werden (periphere B-Zell-Toleranz).
  
Immunologisches Gedächtnis
  
Ist die Effektorphase abgeschlossen, verschwindet der Großteil der beteiligten Lymphozyten - sie benötigen für ihr Überleben Kontakt mit dem betreffenden Epitop, fehlt dieses, unterliegen sie der Apoptose (und die entstehenden Bruchstücke werden phagozytiert).

Gedächtniszellen (memory cells)  eines speziellen Lymphozytenklons bleiben für Jahre oder sogar lebenslang bestehen, nachdem der entsprechende Antigenstimulus stattgefunden hat (im Gegensatz zu Effektorzellen, die bald nach Ablauf der Immunantwort wieder verschwinden). Gedächtniszellen verfügen über Antigenrezeptoren besonders hoher Affinität zu "ihrem" Epitop, sowie über eine sehr effektive Kombination von Adhäsionsmolekülen und Zytokinrezeptoren. Das macht ihre Extravasation (Auswanderung aus der Blutbahn in betreffendes Gewebe) besonders wirksam.
 

Abbildung: Immunologisches Gedächtnis
Modifiziert nach einer Vorlage in Alberts / Johnson / Lewis / Morgan / Raff / Roberts / Walter, Molecular Biology of the Cell, Wiley VCH
Antikörpertiter-Anstieg nach Erstkontakt mit einem Antigen (links); nach Zweitkontakt (+2 Monate) mit demselben Antigen steigt der Antikörpertiter wesentlich rascher und stärker an (Effekt der Gedächtniszellen)


Was sich nach dem ersten Kontakt mit einem Antigenträger bzw. Pathogen im adaptiven Immunsystem abspielt, wird als primäre Immunantwort (primary immune response) bezeichnet. Um für eine mögliche weitere Begegnung mit dem Pathogen besser gewappnet zu sein, bildet sich ein immunologisches Gedächtnis aus; dieses ist dann zu einer - rascher und effizienter wirkenden - sekundären Immunantwort (secondary immune response) fähig.
 

Abbildung: Vergleich angeborenes / adaptives System
Nach einer Vorlage in Doan / Lievano / Swanson-Mungerson / Viselli, Immunology (3rd ed). Lippincott Illustrated Reviews, Wolters Kluwer 2022

Das angeborene System (links) reagiert immer gleich intensiv und rasch auf eine gegebene Reizung. Das adaptive hingegen (rechts) verstärkt seine Antwort und verkürzt die Reaktionsdauer mit wiederholter Exponierung (immunologisches Gedächtnis)


Einige Zellen des betreffenden Lymphozytenklons gehen nicht zugrunde, sondern werden zu Gedächtniszellen. Diese wandern in lymphoide Organe, Schleimhäute, Haut und andere Gewebe aus und behalten auch in Abwesenheit des Antigens weiter Effektorfunktion gegen "ihr" Antigen. Gedächtniszellen wandern - so wie andere Lymphozyten - ständig zwischen Kreislauf und Gewebe hin und her, sozusagen auf der Suche nach möglicherweise vorhandenen passenden Antigenen (zirkulierender Lymphozytenpool).

Betritt ein Erreger, gegen den schon eine Immunantwort ins Laufen gebracht wurde, den Organismus nochmals, kommt es zu einer sekunfären Immunantwort: Diese ist aufgrund der Anwesenheit betreffender Gedächtniszellen um 1-2 Zehnerpotenzen verstärkt und zeitlich  beschleunigt, d.h. es entstehen wesentlich mehr spezifische Lymphozyten als bei der ersten Exposition (Grundlage des Impfeffekts).

Dies gilt im Prinzip sowohl für B- als auch für T-Zellen, wobei die Mechanismen im Einzelnen unterschiedlich sind und im Detail noch erforscht werden.

       Das B-Zell-Gedächtnis wird getragen von spezialisierten B-Memoryzellen sowie Plasmazellen mit hoher Lebensdauer. Während bei der primären Immunantwort zunächst IgM oder IgD in der Membran von T-Lymphozyten als Rezeptoren dienen, die Antigen binden und seine Phagozytose einleiten (was zur Präsentation von Bruchstücken über MHC-II an Th-Lymphozyten führt), bilden B-Gedächtniszellen von Anfang an IgG.

Die Sekundärantwort operiert von Anfang an mit IgG, die Latenzzeit ist kürzer als bei der Primärantwort
 
Bei erneutem Antigenkontakt teilen sich die betreffenden Gedächtniszellen und bilden neue Memory- sowie kurz- und langlebige Plasmazellen. Letztere wandern in das Knochenmark, wo sie kontinuierlich vermehrt Antikörper bilden (was einen oft über Jahre anhaltenden spezifischen Schutz verleiht).

       Das T-Zell-Gedächtnis beruht auf einer über Monate erfolgenden Vermehrung der Zellen betreffender Klone; die (relativ kleinen) Memory-Zellen entwickeln ein breites Expressionsspektrum für verschiedene Zytokine. Gedächtnis-T-Zellen entwickeln sich in mehrere spezialisierte Subpopulationen; einige einige kehren nicht mehr in die Blutbahn zurück und verbleiben in lymphatischem Gewebe, andere wandern in periphere Gewebe aus.
 

Booster-Effekt (Boosterung): Wiederholter Antigenkontakt - mit Krankheitserregern, oder im Rahmen von Auffrischungsimpfungen (aktive Immunisierung) - hat Immunreaktionen zunehmender Stärke, und damit wachsenden Schutz vor der betreffenden Krankheit zur Folge.

   Zu den Typen der Hypersensitivität (Coombs-Schema: Typ I bis IV) s. dort
 

 
     Angeborenes und adaptives Immunsystem kooperieren mehrfach. Granulozyten, Makrophagen und dendritische Zellen (DC) erkennen mikrobielle Molekülmuster; DCs, die im Gewebe Antigene gefunden und aufgenommen haben, werden zu "reifen" DCs: Sie präsentieren in regionalen Lymphknoten Antigenbruchstücke über MHC-II an Helferzellen (CD4+) und steigern die Expression von Cofaktoren
 
     T-Zellen suchen dendritische Zellen im Lymphknoten nach passenden MHC-II / Peptid-Komplexen ab und bilden (bei deren Vorhandensein) einen Klon, der auf das erkannte Antigen spezifisch anspricht (Klonselektion)
 
     Induktionsphase: Die Aktivierung der T-Zellen bedarf zusätzlicher Wechselwirkungen (Signal 1: TCR-MHC-Passung, Signal 2: Interaktion lymphozytäres CD28 - dendritisches B7; eventuell auch weitere Interaktionen); T-Zellen sind MHC-restringiert
 
     Naive B-Zellen wandern in lymphatischem Gewebe durch T-Zell-abhängige Bereiche hindurch zu B-Zell-Zonen. B-Zellen erkennen antigene Epitope im Extrazellulärraum, können auch ganze Viren binden und Antigene präsentieren

     Effektorphase: Effektor-Lymphozyten wandern in die Blutbahn und können an beliebigen Stellen in das Gewebe austreten.
 
   --  Helferzellen (CD4+) bilden Zytokine;
 
   --  Th1-Zellen interagieren mit antigenpräsentierenden Makrophagen, regen Phagozyten an und wirken regulatorisch;
 
   --  Th2-Zellen bekämpfen Parasiten und supprimieren Th1-Zellen;
 
   --  Tfh-Zellen stimulieren B-Zellen;
 
   --  Th17-Zellen locken neutrophile Granulozyten an;
 
   --  CD4+-Treg-Zellen wirken immunsuppressiv;
 
   --  CD8+-T-Effektorzellen (zytotoxische T-Lymphozyten) zerstören Zellen, in denen sich Krankheitserreger vermehren
 
     Immuntoleranz: Zentrale Toleranz verhindert die Entwicklung entsprechender Lymphozyten in zentralen lymphatischen Organen (Knochenmark für B-Zellen, Thymus für T-Zellen),  periphere Toleranz wirkt auf periphere immunkompetente Lymphozyten
 
     Immunologisches Gedächtnis: Einige Lymphozytenklons werden zu Gedächtniszellen. Sie wandern in lymphoide Organe, Schleimhäute, Haut u.a. aus und behalten auch ohne Anregung durch "ihr" Antigen Effektorfunktion. Späterer Antigenkontakt verstärkt die Immunreaktionen
 
 

 




  Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen: Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.