Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

  
Abwehrvorgänge (Immunologie)
 
Angeborenes Immunsystem
© H. Hinghofer-Szalkay

Chemotaxis: χυμεια = Chemie, τάξις = Ordnung, Aufmarsch
Defensin: defense = Verteidigung
dendritisch: δενδρίτης = verzweigt, von Bäumen abstammend
Granzym: aus Granula und Enzym
Laktoferrin:  lacteus = Milch, ferrum = Eisen
Lysozym: λύσις = (Auf)Lösung, ἔνζυμον = Ferment
Makrophagen: μακρός = groß, φαγεῖν = verspeisen ("große Fresszellen")
Peyer'sche Plaques: Johann Conrad Peyer

Phagozyt: φαγεῖν = (fr)essen, κύτος = Höhlung, Gefäß


Angeborene Abwehrmechanismen sind schon Minuten nach Eintritt eines Pathogens verfügbar: Sie töten einerseits Mikroben durch Phagozyten (Entzündung), andererseits wehren sie Viren ab - durch dendritische Zellen sowie natürliche Killerzellen. Sie kommen ohne "spezifische" (adaptive) Komponenten aus, bedürfen keiner Lernphase und wirken unmittelbar nach dem Eindringen von Fremdorganismen in das Innere des Organismus.

Erkennen Zellen Moleküle, die typisch für Pathogene (aber untypisch für körpereigene Zellen) sind, sezernieren sie Zytokine - einige haben Alarmfunktion, andere können die Replikation von Viren verhindern (Interferone).

Primäre lymphatische Organe dienen dem Nachschub von Granulozyten (Knochenmark) und Lymphozyten (Thymus); sekundäre haben spezielle Aufgaben an strategisch exponierten Stellen (Lymphknoten, Milz, lymphatische Gewebe in Nasen-Rachen-Raum und Darm).

Die angeborene Immunität verfügt über mehrere Komponenten:

   -- Haut und Schleimhäute als erste Barriere (zusammen mit Begleitstoffen, wie
Surfactant, Defensine, Laktoferrin, Lysozyme)

   -- Phagozyten (Granulozyten, Monozyten, Makrophagen)

   -- Dendritische (antigenpräsentierende) Zellen

   -- Natürliche Killerzellen

   -- Plasmaeiweiße, insbesondere im Komplementsystem.

Das Komplementsystem - etwa 20 Plasmaproteine, die vorwiegend als inaktive Vorstufe vorliegen - ist ein Hilfsmechanismus, der sowohl die angeborene als auch die adaptive Abwehr unterstützt (daher der Name) und auf verschiedenen Wegen aktiviert werden kann (alternativer, klassischer und Lektin-Weg).


Übersicht Dendritische Zellen Lymphatische Organe, primäre vs. sekundäre Abwehr Schutzfaktoren: Defensine, Cathelicitine, Lysozyme, Laktoferrin Phagozyten und ihre Rezeptoren Opsonisierung Monozyten, Makrophagen, Granulozyten Innate Lymphoid Cells, Natürliche Killerzellen Lösliche Effektormoleküle Entzündung und Virenschutz  Begrenzung angeborener Immunantworten


Naiver Lymphozyt    PAMPs, PRRs    MBL    Opsonisierung    NK-Zelle    KIRs

Praktische Aspekte        Core messages
 
Das angeborene Immunsystem (innate immune system) stellt die zweite Abwehrlinie gegen Infektionen dar (nach den äußeren Schutzbarrieren - Haut, Schleimhäute) und ist immer aktiviert. Daher wirkt es viel schneller als die dritte Abwehrlinie (das adaptive System), bei wiederholter Exponierung gegenüber dem Pathogen immer gleich rasch und in unveränderter Intensität.

Das angeborene Immunsystem kann in den Körper eindringende Pathogene abtöten, die Aufnahme der Reste durch Phagozyten anregen und Entzündung (inflammation) auslösen, die oft auch das adaptive System zu Infektionsbekämpfung und Gewebereparatur anregt.

In diesem Abschnitt - der sich mit der angeborenen Abwehr beschäftigt - sind auch zahlreiche Aspekte adaptiver ("spezifischer") Abwehrvorgänge erwähnt, da sie vielfach mit der Funktion des angeborenen Immunsystems verknüpft sind. Detailliert werden die Elemente des adaptiven Systems in den nachfolgenden Abschnitten erläutert.
 
Angeborene Immunität ist bei gesunden Personen immer vorhanden und schützt vor dem Eindringen von Mikroorganismen in den Körper
 
Schon das Neugeborene verfügt über einen komplexen, genetisch festgelegten Erkennungs- und Schutzmechanismus: Das angeborene ("unspezifische") Immunsystem. Für Mikroorganismen typische molekulare Kennzeichen (z.B. Mannose, Lipopolysaccharide) oder die Abwesenheit körpereigener Identifikationsmoleküle werden erkannt, Mikroben oder veränderte (z.B. virusinfizierte) körpereigene Zellen rasch und effizient eliminiert.
Das angeborene Immunsystem unterhält antimikrobielle (physische und chemische) Abwehrstrategien an epithelialen Barrieren (Haut, Schleimhäute)
Hier erfolgen frühe präventive (hemmende antimikrobielle) und eliminatorische Abwehrschritte sowie Reparatur beschädigten Gewebes
Das angeborene Immunsystem regt die adaptive ("spezifische") Abwehr an, beeinflusst deren Strategie und steigert ihre Wirksamkeit (Kooperation)
Die wichtigsten Schutzmechanismen des angeborenen Systems sind Entzündung und Virusabwehr.
 
Histologische Hauptkomponenten der angeborenen Immunität sind

       Epitheliale Barrieren, die den Übertritt von Mikroorganismen in den Körper verhindern (inklusive deren Begleitstoffe, wie das Surfactant in der Lunge): Haut, gastrointestinales System, Respirationstrakt, Urogenitaltrakt u.a.
 
       Phagozyten (vor allem neutrophile Granulozyten und Makrophagen) nehmen Reste abgestorbener Zellen sowie von extrazellulärer Matrix auf. Sie können rasch an jeden beliebigen Entzündungsort rekrutiert werden und ermöglichen frühe Erkennung und Bekämpfung von Infektionserregern (lysosomale Verdauung, Sekretion toxischer Substanzen, Bildung von Zytokinen).
 

Abbildung: Angeborene und adaptive Abwehr
Nach Dranoff G: Cytokines in cancer pathogenesis and cancer therapy. Nature Rev Cancer 2004; 4: 11-22

Das angeborene System stellt die erste Linie der immunologischen Abwehr dar und spricht rasch an: Seine Komponenten (linker Kreis) stehen unmittelbar zur Verfügung.
 
Das adaptive System (rechts) benötigt eine Lernphase und funktioniert mit Verzögerung, dafür spezifisch auf den Angreifer "maßgeschneidert".
 
Natürliche Killerzellen und γδ-T-Lymphozyten sind zytotoxisch und nehmen eine Mittelstellung zwischen angeborenem und adaptivem System ein

Polymorphkernige Granulozyten sind im gesunden Gewebe kaum vorhanden, Infektionen regen ihre Bildung im Knochenmark an. Neutrophile Granulozyten reichern sich in betroffenen Geweben an und bekämpfen Pathogene mit Sauerstoffradikalen und Toxinen, und sie bilden NETs (neutrophil extracellular traps), in denen Mikroorganismen fixiert und z.T. abgetötet werden. Eosinophile und basophile Granulozyten sezernieren Toxine, Eosinophile sind gegen große Parasiten (z.B. Würmer) besonders wirksam.

Monozyten - Makrophagen-Vorläufer - befinden sich für kurze Zeit im Blut, bevor sie in das Gewebe auswandern und zu Makrophagen werden. Es gibt gewebespezifische Formen, wie Alveolarmakrophagen in der Lunge, Osteoklasten im Knochen, Kupffer'sche Sternzellen in der Leber oder Mikroglia im Gehirn. Mastzellen - vor allem in Haut und Schleimhäuten - speichern Granula und können diese innerhalb von Sekunden freisetzen. Sie sezernieren auch Zytokine.
 
    Dendritische Zellen
 
Dendritische Zellen sind nach ihrer Form (zahlreiche antennenartige Verästelungen des Zellkörpers, mit denen sie ihre Umgebung überprüfen) benannt. Es handelt sich um antigenpräsentierende Zellen, sie können T-Zell-Reaktionen besonders stark anregen. Unreife dendritische Zellen sind wie Wächter strategisch über die Gewebe verteilt; orten sie antigene Reize, reifen sie, verlassen das Gewebe über Lymphbahnen und betreten (periphere) Lymphknoten. Hier teilen sie T- und B-Lymphozyten mit passenden Rezeptoren den Immunreiz mit, worauf hin diese über den Kreislauf zum Ort wandern, an dem der antigene Reiz geortet wurde.

Dendritische Zellen (in Haut und Schleimhäuten: Langerhans-Zellen) stammen ursprünglich aus dem Knochenmark, wandern über die Blutbahn in das Gewebe ein (Epithelien, lymphoide Organe) und bilden dort Verästelungen, die sich zwischen Nachbarzellen schieben (interdigitierende Zellen). Sie dienen der Erkennung von Substanzen ("Melder"), die sie aus der Umgebung aufnehmen. Dazu nehmen sie - insbesondere wenn sie noch unreif sind - mittels (aktinreicher) Membraneinstülpungen (cytoplasmic ruffles), die sich über den pinozytierten Molekülen schließen - große Mengen gelöster extrazellulärer Substanzen in Vesikel auf (Makropinozytose).

Entdeckt eine unreife dendritische Zelle "verdächtige" Moleküle, schreitet ihre Reifung zu einem vollwertigen Phagozyten rasch voran. Reife dendritische Zellen phagozytieren nicht nur Moleküle, sondern auch ganze Zellen. PAMPs von Viren, Bakterien, Pilzen, Protozoen werden via PRRs erkannt und über den Clathrinmechanismus endozytiert. Oder es kommt zu indirekter Erkennung über andere Rezeptoren, z.B. unter Beteiligung von Antikörpern (über Fc-Rezeptoren). Dabei entstehen kleine Phagosomen (endozytische Vesikel). Diese fusionieren mit Lysosomen, und der Inhalt der so entstandenen Phagolysosomen kann enzymatisch abgebaut werden.

Je nach Aufgabenprofil kann man Untergruppen dendritischer Zellen festmachen:

    Klassische dendritische Zellen sind Melderzellen, werden sie aktiv, fungieren sie als antigenpräsentierende Zellen für naive T-Zellen und initiieren adaptive Immunantworten auf Proteinantigene. Sie sind mit einer hohen Dichte an MHC in ihrer Membran wirksamer als andere antigenpräsentierende Zellen (wie Monozyten oder B-Zellen).

    Ruhende (unreife) klassische dendritische Zellen vermitteln - über unterschiedliche Mechanismen - Toleranz gegen Selbst-Antigene.

    Plasmazytoide dendritische Zellen exprimieren u.a. Toll-like Rezeptoren und produzieren Typ-I-Interferone, wenn sie mit Viren Kontakt haben.
 
Migration: Aktivierung durch Pathogene (plur Makropinozytose oder Phagozytose) veranlasst dendritische Zellen, das Gewebe über Lymphbahnen zu verlassen und in zugeordneten Lymphknoten zu gelangen. Dabei senken sie ihre phagozytäre Aktivität und bilden vermehrt MHC II-Moleküle. An diese lagern sie Peptidbruchstücke eigener oder aufgenommener Proteine an (MHC-II-Moleküle unterscheiden nicht zwischen "selbst" und "fremd") und präsentieren sie in der Außenmembran als pMHC-II an Helfer-Lymphozyten (CD4+). Präsentierte "Selbst"-Antigene werden meist ignoriert, weil der Ausleseprozess im Thymus selbstreaktive CD4+-T-Zellen weitgehend eliminiert hat ("negative" Selektion).

Dies ist ein Musterbeispiel für die Zusammenarbeit zwischen angeborener und adaptiver Immunabwehr. Meist sind es dendritische Zellen, die das "Priming" naiver T-Zellen übernehmen. Sie beeinflussen auch die Qualität der spezifischen Immunreaktion, indem sie die T-Zellen von ihren PRR-vermittelten "Vermessungen" des lokalen Milieus in Kenntnis setzen (bakterielle Substanzen vorhanden?). Dabei entscheiden sie auch darüber, wie sich T-Helferzellen differenzieren sollen.

     Naive Lymphozyten sind reife T- oder B-Zellen (nach "Thymusprüfung"), die noch keinen Kontakt mit "ihrem" Antigen hatten. Treffen sie auf ein passendes Antigen, entwickeln sie sich zu Effektorzellen.
 
       Natürliche Killerzellen schützen unmittelbar vor Viren und intrazellulären Bakterien.

       Verschiedene Plasmaeiweisse, vor allem des Komplementsystems, erfüllen "unspezifische" Abwehrmechanismen.

       Thrombozyten nehmen Bakterien auf und bilden Mikroben inaktivierende Stoffe. Sie haben so direkte antimikrobielle Wirkung.
 

Abbildung: Dendritische Zellen im Einsatz
Nach einer Vorlage bei Parham P, The Immune System, 3rd ed, Garland 2009

Dendritische Zellen nehmen an der Verletzungsstelle bakterielle Antigene auf und transportieren sie zur Antigenpräsentation über die Lymphbahn in T-Lymphozyten-Zonen peripherer Lymphknoten


Ziel der zellulären Aktionen des angeborenen Immunsystems sind

    Virusabwehr durch dendritische und natürliche Killerzellen,
 
    Entzündung (=Rekrutierung von Leukozyten und Plasmaproteinen an infizierten / beschädigten Orten) zwecks Abtötung von Mikroben durch phagozytäre Leukozyten.
  
Primäre vs. sekundäre lymphatische Organe
 
  Primäre lymphatische Organe beinhalten die Vorläuferzellen, aus denen Immunzellen nachgebildet werden (Knochenmark, Thymus).

Mit Atemluft, Nahrung etc. gelangen zahllose Mikroorganismen auf die Schleimhäute - manche gelangen auch ins Blut -, von wo aus die sekundären lymphatischen Abwehrposten über mikrobielle Herausforderungen informiert werden. Täglich patrouillieren etwa 500 Milliarden Lymphozyten durch die sekundären lymphatischen Organe des Körpers.

  Sekundäre lymphatische Gewebe und Organe sind an strategisch wichtigen Stellen postiert:

     Blut: Milz
 
     Nasen-Rachen-Raum: Lymphatischer Rachenring

     Verdauungssystem: Peyer´sche Plaques im Dünndarm, Appendix
 
     Haut, Schleimhäute, Organe: Lymphknoten

Hier fangen sie eindringende Pathogene ab und helfen die Aktivität des Immunsystems in einer Weise zu koordinieren, die spezifisch Rücksicht auf die jeweilige Bedrohung nimmt. Durch die Erkennung bestimmter Antigene entsprechend aktivierte B- und T-Lymphozyten verstärken dabei gegenseitig ihre Wirksamkeit.


Angeborene vs. spezifische Abwehr
 

 
Charakteristika der angeborenen
("natürlichen", "unspezifischen") vs. erworbenen ("adaptiven", "spezifischen") Abwehr

angeborene Immunität
erworbene Immunität
Spezifität
gering
hoch
Gedächtnis
keines
ja
humorale Mediatoren
* Komplement
* Zytokine
* Antimikrobielle Peptide (Defensine, Lysozym)
* Akutphasen-
proteine (z.B. CRP)
* Immunglobuline (Antikörper)

* Zytokine
zelluläre Mediatoren
* Granulozyten
* Makrophagen / Monozyten
* NK-Zellen
* Dendritische Zellen
* T-Lymphozyten (zelluläre Immunität): Zytotoxische (TC), Helfer- (TH)
* B-Lymphozyten / Plasmazellen (Antikörper-
produktion)
Erkennungs-
Rezeptoren
* Pattern Recognition Receptors (PRR)
* T-Zell-Rezeptoren (TCR)
* B-Zell-Rezeptoren (BCR = membran-
ständige Antikörper)
Kinetik
sofort bis 3 Tage
mehr als 3 Tage
  
Schutzfaktoren
 

Die Körperoberfläche wird durch mechanische Intaktheit und chemische Faktoren geschützt.

Chemische Faktoren greifen die Bakterienwand an:

      Defensine ( Abbildung) - α und β - sind kleine (29-34 Aminosäuren), cysteinreiche (positiv geladene), amphipathische antimikrobielle Proteine. Sie werden von Epithelien auf der Haut und mukösen Oberflächen (Darm, Lunge...) sowie Granulozyten, NK-Zellen und zytotoxischen T-Zellen gebildet, insbesondere bei Anregung durch Zytokine und mikrobielle Produkte (u.a. über Toll-like Rezeptoren) - der Defensin-Plasmaspiegel steigt bei Entzündungen an.
 

Abbildung: Schutzfaktoren an der Darmschleimhaut
Nach Eberl G, Inducible lymphoid tissues in the adult gut: recapitulation of a fetal developmental pathway? Nature Rev Immunol 2005; 5: 413-20

Schleim, bakterizide Defensine, Neutrophile und Antikörper (sekretorisches IgA) schützen die Schleimhaut. M- (microfold-) Zellen in der Dünndarmschleimhaut initiieren Schleimhautimmunität: Sie nehmen Antikörper auf (via Endo-, Phago- und Transzytose) und vermitteln sie an antigenpräsentierende Zellen, die anschließend die Schleimhaut verlassen und das Immunsystem aufsuchen
 
    Näherers s. dort    


Defensine wirken wie Breitbandantibiotika - toxisch auf Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten. Sie binden an cholesterinarme Membranen (nicht-eukaryotische Zellen - antimikrobielle Wirkung) und anionische Moleküle (z.B. Nukleinsäuren: Wirkung nach Durchdringen bakterieller Zellmembranen) und wirken durch Perforierung der Bakterienwand (Bildung transmembranaler Kanäle), ähnlich den Perforinen oder dem Komplementsystem (Lyse). Defensin aus Neutrophilen veranlasst Epithelzellen, Interleukine abzugeben - diese locken weitere Neutrophile herbei.

Defensine scheinen nur bei niedriger Salzkonzentration zu wirken. Dies könnte erklären, warum bei zystischer Fibrose die Atemwege leichter geschädigt und infiziert werden.
  
      Cathelicidine - entwicklungsgeschichtlich sehr alte antimikrobielle Peptide - stammen aus einem Vorläuferprotein (der Mensch verfügt über ein Cathelicidin-Gen), werden von neutrophilen Granulozyten und Epithelzellen (Haut, Darm, Atemwege) gebildet und bieten vielfältigen Infektionsschutz über direkte antibiotische Wirkung und Aktivierung von Immunzellen. Die Bildung von Cathelicidinen wird durch Aktivierung von Toll-like Rezeptoren angeregt. Freigesetzte Cathelicidine werden durch Elastase und andere Proteasen abgebaut.
  
      Lysozyme (vom c-Typ, nach conventional oder chicken- type) befinden sich in praktisch allen Sekreten und Körperflüssigkeiten (Blutserum, Tränenflüssigkeit, Speichel, Atemtrakt, Zerebrospinalflüssigkeit, Zervixschleim, Fruchtwasser, Milch) und werden von verschiedenen Zellen (Schleimhaut- und Tubulusepithel, Leukozyten u.a.) gebildet. Die Peptidoglykanzellwand gram-positiver Bakterien wird durch Lysozym direkt angegriffen, diejenige gram-negativer Bakterien wird für den Angriff durch Lysozyme durch Faktoren wie Laktoferrin und Defensine vorbereitet.
 
Mittels Röntgenstrukturanalyse (Röntgenkristallographie) lässt sich der dreidimensionale Aufbau u.a. von Proteinmolekülen aufklären. Lysozym war das erste Enzym, bei dem dies gelang (1965 von David C. Phillips)
  
       Das eisenbindende, antibakteriell und antiviral wirksame Transferrin Lactoferrin ist sowohl antiviral als auch antimikrobiell aktiv. Es entzieht Mikroorganismen, die phagozytiert wurden, Eisen, das für deren Metabolismus lebensnotwendig ist. Außer eisenbindend wirkt es als Peptidase, Nuklease (RNA, DNA) und Tryptaseinhibitor. Laktoferrin kommt u.a. in Tränenflüssigkeit, Speichel, Nasen- und Bronchialsekret, Schweiß, Vaginalsekret, Samenflüssigkeit und in Milch vor.
 
       Antivirale Proteine, die virale Replikation verhindern sollen, z.B. das Zinkfinger- antivirale Protein (ZAP), ein Mitglied der Poly- (ADP-Ribose-) Polymerase- Familie (daher auch PARP13 genannt), das in einer langen Isoform (ZAP-L) mit PARP-ähnlicher Domäne und einer kurzen Isoform (ZAP-S) ohne diese Domäne vorkommt. Die beiden Isoformen haben unterschiedliche Wirkungscharakteristika. Interferone können die Bildung von ZAPs induzieren.
 
       Proteolytische Enzyme (saure Hydrolasen, Lysozym, Elastase) beteiligen sich am Abbau phagozytierter Mikroorganismen. Gelangen lysosomale Enzyme in den Extrazellulärraum, können sie auch körpereigenes Gewebe zerstören (z.B. bei der Bildung von Abszessen).
 
       Oxidativer Burst: Makrophagen und Monozyten produzieren in ihren Lysosomen durch enzymatische Anregung Sauerstoffradikale (ROS: reactive oxygen species, synthetisiert durch ein NADP-abhängiges Oxidasesystem) und Stickoxid (NO, produziert durch iNOS: induzierbare Stickoxidsynthase). Diese oxidieren bakterielle Moleküle und schalten so deren Funktion ab. Die enzymatische Anregung erfolgt durch bakterielle Stoffwechselprodukte, z.B. Lipopolysaccharide.

       Sterben neutrophile Granulozyten ab, können sie bei Auflösung der Zellmembran aus untergehendem Kernmaterial (DNA, Histonen), Granula und Proteasen "fangnetzförmige" Strukturen (NETs: neutrophil extracellular traps) auswerfen, in denen sich Mikroorganismen (Pilze, Bakterien) verfangen und abgetötet werden.
  
Die Intaktheit von Haut und Schleimhäuten (Nase, Rachen, Nebenhöhlen, Luftwege, Verdauungs- und Urogenitaltrakt) erschweren das Eindringen von Infektionserregern in den Körper (erste Verteidigungslinie der Abwehr). In der Haut tragen dazu der niedrige pH-Wert (~5,5) und die Zusammensetzung des Schweißes bei. Physiologisch vorhandene Mikroorganismen (Mikrobiom, residente Flora) verteidigen darüber hinaus ihren Lebensbereich gegenüber anderen, potentiell ("fakultativ") schädlichen und beugen z.B. Pilzbefall vor.
  
Akzessorische Zellen: Zu Immunzellen, welche Funktionen des unspezifischen Immunsystems übernehmen, aber auch dem adaptiven Teil des Systems zuarbeiten, gehören Granulozyten und Monozyten im Blut (zirkulierende Zellen) sowie Makrophagen, dendritische Zellen und Mastzellen außerhalb des Kreislaufs (gewebeständige Zellen). Diese stammen allesamt aus der myeloischen Zelllinie. Auch die aus der lymphoiden Zellinie stammenden natürliche Killerzellen werden zur akzessorischen Gruppe gezählt.
 
Phagozyten und ihre Rezeptoren
  
Phagozyten  haben die Aufgabe, Mikroben aufzunehmen und zu zerstören, sowie Produkte von Gewebeschäden wegzuräumen. Zu Phagozyten zählen vor allem neutrophile Granulozyten und Monozyten. Sie umschließen größere Partikel und lagern sie in Vesikel (Phagosomen) ein, die anschließend mit Lysosomen zusammengeführt werden und so den Abbau des aufgenommenen Partikels einleiten. Phagozyten können außerdem Zytokine sezernieren und mit anderen Zellen kommunizieren - mit dem Ziel der Verstärkung bzw. Regulierung von Immunmechanismen.

Phagozyten haben zahlreiche, situationsbedingt zum Teil gegensätzliche Funktionen: So können sie lokal die Gerinnung anregen oder dämpfen (Produktion anti- oder prokoagulatorischer Faktoren), Prostaglandine oder Leukotriene synthetisieren (Anregung von Zyklooxygenase vs. Lipoxygenase), oder Entzündungsvorgänge fördern bzw. hemmen (Bildung von proinflammatorisch wirkendem TNF / antiinflammatorischem IL10).
 
Phagozyten verfügen in ihrer Zellmembran über spezielle Rezeptoren, mit denen sie Mikroorganismen binden und deren Phagozytose auslösen bzw. intensivieren können. Solche Rezeptoren erkennen z.B. Mannose, Fc-Teile gebundener Antikörper oder Komplementfaktoren.
 

Abbildung: Rezeptoren auf Alveolarmakrophagen
Nach Hussell T, Bell TJ. Alveolar macrophages: plasticity in a tissue-specific context. Nature Rev Immunol 2014; 14: 81-93

Bindung an Rezeptoren steuert die Phagozytose. Die Bindung von Bakterien an PRR (pattern recognition receptors) löst mehrere Vorgänge aus:
  Im Zellkern wird die Synthese proinflammatorischer Zytokine und
antibakterieller Proteine (Defensine, Lysozym, Laktoferrin, kationische Peptide) getriggert
  Bakterien werden endozytiert, Phagosomen mit aufgenommenen Bakterien verschmelzen mit Lysosomen (es entstehen Phagolysosomen), die Bakterien (meist) zerstört / abgebaut und die Bruchstücke exozytiert
   Der Phagozyt bildet Sauerstoffradikale und Stickoxide ("respiratory burst"), wirkt auf Gefäße (Entzündungsreaktion) und Blutplättchen (aktivierende Faktoren).
 
Einige Rezeptoren haben aktivierende, andere inhibierende Wirkung: Toll-like Rezeptoren (TLR) erkennen PAMPs, zusammen mit ihren Korezeptoren MD2 und CD14. Zytokinrezeptoren erkennen z.B. Tumornekrosefaktor (TNF), interleukin-1β (IL-1β) und Interferon-γ (IFNG), was den Entzündungsprozess anregt. Dieser wird andererseits blockiert durch Mediatoren wie IL-10 und transforming growth factor-β (TGFβ).

     CD = Cluster of differentiation   R = Rezeptor    CD200R = Cell surface transmembrane glycoprotein CD200 receptor,  reguliert die Expression entzündungsfördernder Stoffe    SIRPα, signal-regulatory protein-α, ein regulatorisches Glykoprotein, dessen Aktivierung die Phagozytose hemmt    TREM2, triggering receptor expressed on myeloid cells, wird von zahlreichen Zellen exprimiert (Makrophagen, Granulozyten, dendritische Zellen, Mikrogila, Osteoklasten), bindet extrazellulär Glykoproteine, Lipide, DNA u.a.; intrazellulär braucht es Zusatzfaktoren, um wirksam zu werden


In Phagosomen (clathrinvermittelte Phagozytose) bzw. Vesikel (Makropinozytose) aufgenommene Mikroben und anderes phagozytiertes Material werden in der Zelle mit lysosomalen Komponenten - sauren Hydrolasen (Proteasen, Nukleasen, Lipasen), Sauerstoffradikalen, NO u.a. - in Phagolysosomen abgebaut. Viele Krankheitserreger werden auf diese Weise erkannt und abgewehrt (Viren, die von Wirtszellen-Membran umhüllt sind, nicht; diese können nur über auffällige Charakteristika des viralen Genoms - wie doppelsträngige RNA - erkannt werden).

Wegen der großen Verbreitung der PAMPs / MAMPs in der Welt der Prokaryonten ist der Mechanismus allerdings ziemlich unspezifisch. Aktivierung von PRRs löst Entzündung aus, u.a. durch Aktivierung des Komplementsystems. Zu diesen Rezeptoren zählen Mannose- (Lektin-), Scavenger- und Dectin-1-Rezeptoren.
  
Rezeptoren
  
Mustererkennungsrezeptoren (Pattern Recognition Receptors, PRRs) erkennen u.a. molekulare Muster - Microbe-associated molecular patterns (MAMPs) bzw. Pathogen-associated molecular patterns (PAMPs). Diese Muster sind für Mikroben lebenswichtig, nicht beliebig austauschbar und so von einem "konservativen" Mustererkennungssystem detektierbar. s. auch dort.
 
     PAMPs sind Strukturen auf Mikroben, die vom angeborenen Immunsystem erkannt und durch sie stimuliert werden. Beispiele: Bakterielle Lipopolysaccharide, virale RNA. PRRs (Mustererkennungsrezeptoren) des angeborenen Systems erkennen PAMPs und regen Immunreaktionen an. Beispiele: Toll-like Rezeptoren (Zellmembran), NOD-like Rezeptoren (intrazellulär).

PRRs können membrangebunden (auf Phagozyten) oder in der extrazellulären Flüssigkeit gelöst vorliegen. Bei der Identifikation von PAMPs, der Abtötung von Mikroben und der Produktion entzündungsfördernder Stoffe (Zytokine, Chemokine) helfen mehrere Systeme mit, insbesondere
  Toll-like receptors (TLRs, s. Tabelle), die an PAMPs binden und die Transkription von Zytokingenen und denen anderer antimikrobieller Stoffe anregen. Das fördert Entzündungsvorgänge und lockt Leukozyten zum "Kampfplatz"; TLRs werden vor allem von strategisch positionierten "Melderzellen" exprimiert, wie dendritischen Zellen, Makrophagen, Mastzellen, Epithelzellen in der Darmschleimhaut (die auf Aktivierung ihrer TLRs mit der Produktion von Zytokinen reagieren). TLRs sind Transmembran-Glykoproteine, die zur Familie der Rezeptor-Tyrokinasen gehören (und bei Aktivierung dimerisieren); sie sind vor allem in der Zellmembran und in derjeniger von Endosomen zu finden. Sie erkennen RNA / DNA, Zellwandmaterial und andere Strukturen verschiedener Pathogene, aber auch DAMPs wie z.B. Hitzeschockproteine. Menschern verfügen über ein Repertoire von 10 verschiedenen TLRs
  Scavenger receptors, die an der Bindung verschiedener Stoffe (Polysaccharide, Lipoproteine, Nukleinsäuren) beteiligt sind und bei der Bakterienbekämpfung (Phagozytose, Apoptose) assistieren
  Opsonine - Moleküle, die - an Bakterien gebunden - deren Phagozytose anregen (Phagozyten haben Opsoninrezeptoren). Die dadurch erfolgte Erleichterung der Zerstörung von Mikroben nennt man Opsonisation.
 
Pattern recognition receptors (PRR)

Nach Doan / Lievano / Swanson-Mungherson / Viselli, Immunology (3rd ed) Wolters Kluwer 2022

PRR
erkennt  PAMPs:
aktiviert Transkriptionsfaktor:
Zytokin produziert /
Zelle aktiviert:
schützt vor Pathogenen:
CLR
extrazellulär (Kohlenhydrate)
NF-κB
Th17
(IL-17)
Pilze
Mycobakterien
NLR
intrazellulär
(Peptidoglycane)
--
Inflammosom
IL-1ß, IL-18
Bakterien
RIG-1
zytoplasmatisch
IRF-3, NF-κB Typ-1-Interferone
IL-1ß
Viren
TLR (2,5)
extrazellulär (Lipopeptide, Peptidoglycan, Flagellin)
NF-κB Typ-1-Interferone
IL-1ß
Bakterien, Pilze
TLR 3
intrazellulär (ssRNA, dsRNA)
IRF-3
Typ-1-Interferone / proinflammatorische Zytokine
Viren
TLR (7,8,9)
intrazellulär (RNA, DNA)
NF-κB
proinflammatorische Zytokine Viren (RNA/DNA), CpG-Motive bakterieller / Pilz-DNA
TLR 4
extrazellulär (LPS, Mannane, Hüllenproteine)
IRF-3, NF-κB
Typ-1-Interferone / proinflammatorische Zytokine Bakterien, Pilze, RSV

CLR, C-Typ Lektinrezeptor dsRNA, double-strand DNA IL, Interleukin IRF-3, interferon regulatory factor 3 LPS, Lipopolysaccharid NLR, NOD-like receptor RIG-1, retinoic acid-inducible gene 1 RSV, respiratory syncytial virus ssRNA, single-strand RNA TH17, T helper cell 17   TLR, toll-like receptor
 
Die in der Zellmembran liegenden Toll-like receptors (TLR, auch Signaltransduktionsvermittelnde Pattern-Recognition Receptors genannt) spielen eine Schlüsselrolle bei der Erkennung und Bekämpfung von Infektionen. Sie stellen eine entwicklungsgeschichtlich hochkonservierte Familie mustererkennender Proteine dar und werden von zahlreichen Zellen exprimiert. Sie erkennen Mikroben wie auch Produkte gestresster oder sterbender Zellen. Sie werden an bestimmten Membranstellen eingelagert, z.B. TLR5 an der basolateralen Membran, wo sie Flagelline nur dann binden, wenn Bakterien die Schlussleisten der Epithelbarriere überwunden haben.
 

Abbildung: Toll-like Rezeptoren (TLR)
Nach Joosten LAB, Abdollahi-Roodsaz S, Dinarello CA, O'Neill L, Netea MG. Toll-like receptors and chronic inflammation in rheumatic diseases: new developments. Nature Rev Rheumatol 2016; 12: 344-57

TLR1, 2, 4, 5 und 6 finden sich an der Zellmembran, sie binden u.a. Lipopeptide und Lipopolysaccharide. Flagellin ist ein Protein bakterieller Geißeln (Flagellen).
 
TLR3, 7, 8 und 9 finden sich auf der Membran von Endosomen, wo sie Nukleinsäuren binden

    AKT, Proteinkinase 3, aktiviert den PI3K/AKT-Signalweg in der Zelle    CpG, Dinkuleotid aus Cytosin bzw. Guanin    CREB, cAMP-responsives Element-Bindeprotein
 
    IKK, Inhibitor of nuclear factor kappa kinase, regulatorische Enzyme    IL-1R, Interleukin-1-Rezeptor    IRAK, Interleukin-1 receptor-associated kinases, Proteinkinasen    IRF, Interferon regulatory factor, Proteine,welche die Transkription von Interferon regulieren
 
    JNK, c-Jun N-terminale Kinasen, signalübermittelnde Proteine    miRNA, Mikro-RNA, kurze, nichtkodierende RNA    MKK, Mitogen-activated protein kinase kinase, phosphorylieren MAPK    MyD88, Myeloid differentiation primary response 88, Signalprotein im Immunsystem
 
    NF-κB, nuclear factor kappa-light-chain-enhancer of activated B cells, Transkriptionsfaktor    PI3K, Phosphoinositid-3-Kinase,  signalübermittelndes Protein    TRAF, TNF receptor associated factors, Signaltransduktionsproteine    TRIF, TIR-domain-containing adapter-inducing interferon-β, Adapterprotein

Man kennt (beim Menschen neun: TLR1 bis TLR9, insgesamt über ein Dutzend) TLR's, die sich in Liganden und Wirkungsmechanismen unterscheiden. Dazu kommen intrazelluläre Erkennungsmoleküle (NOD). Sie sind spezifisch gegen bakterielle und virale Komponenten gerichtet und finden sich
 
    auf der Zelloberfläche (TLR), in Endolysosomen - insbesondere von Phagozyten (
Abbildung) - sowie
 
    im Zytoplasma, wo sich auch (mit TLR strukturverwandte) NOD-like Rezeptoren (nucleotide-binding oligomerization domain-like receptors) - die Fragmente bakterieller Proteoglykane und andere Fremdmoleküle erkennen - befinden..

TLRs triggern zelluläre Antworten sowohl auf Zellmembran-gebundene als auch internalisierte Mikroben (TLRs in Endosomenmembran verankert):
 
Lage, Organisation und Funktion von Toll-Like Rezeptoren (TLR)
 
Nach Abbas / Lichtman / Pillai, Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

In der Zellmembran
TLR1-TLR2-
Komplex
bindet bakterielle Lipopeptide
TLR2
bindet bakterielle Peptidoglykane
TLR2-TLR6-
Komplex
bindet bakterielle Lipopeptide
TLR4
bindet Lipopolysaccharide
TLR5
bindet bakterielles Flagellin
In der Endosomenmembran
TLR3
bindet doppelsträngige DNA
TLR7
bindet einzelsträngige RNA
TLR8
bindet einzelsträngige RNA
TLR9
bindet Cytosin-Guanin-reiche DNA
 
Die erkannten Moleküle unterscheiden sich von solchen, die beim Menschen physiologischerweise extrazellulär vorkommen: Lipopolysaccharide kennzeichnen Gram-negative Bakterien (s. dort); Flagelline finden sich an gegeißelten (mobilen) Bakterien; doppelsträngige DNA kommen in Viren vor (sie werden durch endosomale Enzyme freigesetzt); unmethylierte Cytosin-Guanin-reiche Dinukleotide finden sich häufig bei Prokaryonten, kaum im Genom von Vertebraten; usw.
 

Abbildung: Die Detektion eines bakteriellen Angriffs führt zur Bildung von Zytokinen
Nach Mostowy S, Shenoy AR. The cytoskeleton in cell-autonomous immunity: structural determinants of host defence. Nature Rev Immunol 2015; 15: 559-73

Das Protein NOD1 (Nucleotide-binding oligomerization domain-containing protein 1) identifiziert bakterielle Peptidoglykan (PG)-Fragmente und reagiert mit dem G-Protein RAC1 (Ras-related C3 botulinum toxin substrate 1). Die Aktivierung von RAC1 ist essentiell für den NOD1-Mechanismus.
 
SopE (ein Salmonellenprotein) führt zu Polymerisierung von Aktin und schaltet GTPasen ein - RAC1 bzw. CDC42 (cell division cycle 42). NOD1 bildet Komplexe mit SopE, HSP90 und RAC / CDC42. Anschließend kommt RIP2 (receptor-interacting protein 2) ins Spiel und aktiviert die Transkriptionsfaktoren NF-κB (nuclear factor-κB) und AP-1 (activator protein 1).
 
Das Ergebnis ist die Expression von IL-8 und TNF


TLR2 und TLR4 auf dendritischen Zellen, Makrophagen u.a. erkennen aber auch körpereigene Proteine, die nicht in den Extrazellulärraum gehören: Beispielsweise Hitzeschockprotein (HSP) oder DNA-Bindungsproteine; deren "Sichtbarkeit" signalisiert Zellschäden, weil sie normalerweise nur in der Zelle vorkommen.

Toll-like Rezeptoren auf Phagozyten triggern verschiedene intrazelluläre Signalkaskaden und aktivieren Transkriptionsfaktoren, was die Produktion von Faktoren der Immunabwehr auslöst. Sie nutzen vor allem den Signalweg über den Transkriptionsfaktor NF-κB (nuclear factor kappa-light-chain-enhancer of activated B cells), der evolutionär erstaunlich konserviert ist.
 
NOD-like receptors (NLR) erkennen mikrobielle molekulare Muster im Zytoplasma (NOD: Nucleotide binding / oligomerization domain) und bei deren Bindung Immunmechanismen aktivieren, etwa die Sekretion von Zytokinen wie TNFα oder Interleukinen ( Abbildung).

Die Aktivierung dieser Rezeptoren führt zum Einschalten von Signalwegen und zur Expression von Genen, deren Produkte (z.B. Zytokine) eine Rolle für Entzündung und Virenabwehr spielen.
 

Abbildung: Fc-Rezeptoren
Nach einer Vorlage bei Doan / Lievano / Swanson-Mungerson / Viselli, Immunology (3rd ed). Lippincott Illustrated Reviews, Wolters Kluwer 2022

Mittels Fc-Rezeptoren erkennen und phagozytieren Immunzellen Mikroben bzw. markierte Moleküle. Bindung eines passenden Epitops führt zu Konformationsänderung des Antikörpers (Klasse IgG, IgA oder IgM), dadurch wird es von Fc-Rezeptoren der Phagozyten identifiziert und gebunden, ein intratzelluläres Signal wird "gezündet" (oben).
   
Antikörper der Klasse IgE werden gebunden, ohne dass die Zelle dadurch schon aktiviert würde; erst die Quervernetzung mehrerer Antikörper durch ein sekundär gebundenes Epitop (typischerweise eines Allergens) "zündet" ein intrazelluläres Signal (unten)



  Fc-Rezeptoren werden von Phagozyten exprimiert. Mit ihnen binden sie Antikörpermoleküle - entweder weil sie zur Klasse IgE gehören (dann bedeutet die Bindung des Antikörpers an sich noch keine Aktivierung der Zelle,
Abbildung), oder weil der Antikörper (vom Typ IgG, IgA oder IgM) durch Bindung eines Komplementbruchstücks durch Konformationsänderung "scharf gemacht" worden ist.

Mehr zur Interaktion Antikörper - Fc-Rezeptor s. dort
 

Abbildung: Komplementrezeptoren
Nach einer Vorlage bei Doan / Lievano / Swanson-Mungerson / Viselli, Immunology (3rd ed). Lippincott Illustrated Reviews, Wolters Kluwer 2022

Das angeborene Immunsystem kann Komplementfaktoren auf zwei Wegen aktivieren: Über den alternativen Weg und den Mannanbindungs- Lektinweg (MBL).
 
Bruchstücke von Komplementfaktoren binden an Mikroorganismen und markieren sie so zur Phagozytose durch Bindung an Komplementrezeptoren.
 
Komplementrezeptoren werden von Phagozyten und auch B-Lymphozyten (Bindung an Corezeptoren) exprimiert


Komplementrezeptoren auf der Oberfläche von Phagozyten erkennen komplementmarkierte Mikroorganismen, binden sie und ermöglichen die Aufnahme in die Zelle, um den Erreger nach Möglichkeit zu zerstören.

Auch B-Zellen verfügen über Komplementrezeptoren, über die sie sich an der Bildung eines B-Zell- Korezeptor- Komplexes beteiligen.
 
Opsonisierung
   
Opsoninbindende Rezeptoren erkennen verschiedene opsonisierende Liganden (auf Bakterien), wie den Fc-Anteil von Antikörpern ( Abbildung), Komplementfaktoren (z.B. C5a), mannosebindendes Lektin (MBL) oder Surfactant-Protein. Dadurch wird - neben der Exprimierung von pathogene Strukturen erkennenden Rezeptoren (vor allem TLRs) auf Monozyten, Makrophagen und Granulozyten - die Erkennung körperfremder Strukturen ermöglicht.

     MBL (mannosebindendes Lektin) ist ein Plasmaprotein, das an Mannose in Bakterienwänden bindet und als Opsonin wirkt. Beispielsweise haben Makrophagen Rezeptoren sowohl für Mannose als auch für MBL (=C1q-Rezeptor).
 

Abbildung: Opsonisierung
Nach einer Vorlage bei Wikimedia

Der Phagozyt bindet via Fc-Rezeptoren Antikörper, die wiederum bakterielle Antigene binden. Dadurch wird die Phygozytose erleichtert (Opsonisierung)
 
     Opsonisierung ist die Anlagerung von Opsoninen (z.B. Immunglobulinen, Komplementfragmenten, MBL) an mikrobielle Oberflächen zwecks leichterer Phagozytierbarkeit. Opsonine sind Moleküle, die an mikrobielle Oberflächen angelagert werden und dadurch die Effizienz der Phagozytose erhöhen.
  
Phagozyten zerstören die angegriffenen Mikroorganismen einerseits durch Abbau in den Phagolysosomen, andererseits mittels toxischer Metabolite (Radikale und NO) und direkt bakterizider kationischer Proteine und Peptide.

NO wirkt toxisch auf Bakterien, Protozoen, Würmer, Pilze und bestimmte Tumorzellen, indem es eisenhaltige Enzyme in den angegriffenen Zellen blockiert oder DNA oxydativ beschädigt (über Peroxynitrit) bzw. desaminiert.



Der russische Forscher Elias Metschnikow erhielt 1908 zusammen mit Paul Ehrlich "in Anerkennung ihrer Arbeiten über die Immunität" den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Er konnte u.a. beobachten, wie in Seesternlarven eingestochene Baumnadeln von Zellen umringt und aufgelöst wurden. Er nannte diese Zellen (nach Konsultation mit dem sprachlich besonders versierten Zoologen Carl Claus) Phagozyten, also "Fresszellen". Heute weiss man, dass zu den Aufgaben der Phagozyten auch die Antigenpräsentation an T-Lymphozyten gehört.


Monozyten, Makrophagen, Granulozyten
   
Monozyten Makrophagen Granulozyten
 
Monozyten
 
Monozyten sind kurzlebige mononukleäre Phagozyten (10-15 µm Durchmesser) mit bohnenförmigem Kern. Sie werden im roten Knochenmark gebildet und wandern über den Blutkreislauf in die Peripherie. 1-3 Tage zirkulieren sie im Kreislauf als Vorläufer von Makrophagen sowie dendritischen Zellen, die dann für Wochen bis Monate im Gewebe aktiv sind.
 

Abbildung: "Patrouille" und Rekrutierung von Monozyten
Nach Thomas G, Tacke R, Hedrick CC, Hanna RN. Nonclassical Patrolling Monocyte Function in the Vasculature. Arterioscler Thromb Vasc Biol. 2015; 35: 1306-16

Nichtklassische Monozyten patrouillieren kontinuierlich die Gefäße mit einer von der Blutströmug unabhängigen Geschwindigkeit von ca. 12 µm pro Minute. Das erfordert die Interaktion zwischen LFA1 (lymphocyte function–associated antigen-1) und CD11b einerseits, endothelialem ICAM1 (intercellular adhesion molecule 1) andererseits.
 
Gefäßschäden oder Entzündung
(1) setzen Chemoattraktoren wie den Chemokinrezeptor CX3CL1 und den Toll-like Rezeptor TLR7 frei (2), Monozyten werden alarmiert: Sie reagieren mit der Expression verschiedener Rezeptoren und können aus betroffenen Gefäßen auswandern (3)

Kommt es irgendwo im Körper zu einer entzündlichen Reaktion, folgen Monozyten den - zuerst in das betreffende Gewebe ausgewanderten - Granulozyten mit einer Verzögerung von bis zu einigen Stunden nach, angelockt durch Signalstoffe wie die Chemokine (Monozyten exprimieren verschiedene Chemokinrezeptoren)
 
     MCP-1 (monocyte chemoattractant protein) - das auch dendritische Zellen und T-Gedächtniszellen anlockt - oder
 
     RANTES (regulated on activation normal T cell expressed and secreted), das ebenfalls - außer auf Monozyten - auf zahlreiche weitere Zellen (dendritische Zellen, NK-Zellen, Granulozyten) chemotaktisch wirkt.

Chemokine regen
Monozyten zur Diapedese in das Gewebe an. Monozyten bilden dann ihrerseits (Lymphozyten anregende) Zytokine wie Interleukin-1 und beteiligen sich an Phagozytose und Antigenpräsentation (unspezifische und spezifische Abwehr). Einmal im Gewebe, differenzieren sich Monozyten sehr rasch zu Makrophagen.

Man unterscheidet
  
    "Klassische" Monozyten - sie exprimieren CD14 und CCR2 (Marker), werden in der roten Milzpulpa gespeichert, von dort vor allem bei akuten Entzündungen freigesetzt und sezernieren Entzündungsmediatoren.

    "Nichtklassische" Monozyten exprimieren die Marker CD14, CD16 und den Chemokinrezeptor CX3CR1 ( Abbildung). Sie patrouillieren kontinuierlich die Mikrozirkulation und können durch Endothelbarrieren dringen.

    Ein drittes Subset hat entzündungsfördernde Funktion und exprimiert die Marker CD14 und CD16.
 
Über Monozyten im weißen Blutbild s. dort
 
Makrophagen

Makrophagen   entstehen aus Monozyten, die aus dem Kreislauf ausgewandert sind und sich der Abwehr widmen. Sie können dabei - je nach dem Zytokinmuster, dem sie ausgesetzt sind - verschiedene Spezialisierungen annehmen (wobei diese Unterteilung wohl nicht streng zu sehen ist):
 
   M1 - dieser Phänotyp gilt generell als proinflammatorisch,
 
   M2 - vermutlich eher auf Reparatur und Heilung des Gewebes spezialisiert.
 
Sie können sich je nach Situation und Umgebungsbedingungen differenzieren (und umdifferenzieren), z.B. von effektorischen zu regulatorischen Zellen, und können Antigene präsentieren. Sie produzieren Chemokine und andere Zytokine, womit sie andere Leukozyten anlocken, auf Endothelzellen wirken und Fieber hervorrufen können (Pyrogene). Mittels toxischer O2-Metabolite und Proteasen töten sie Fremdorganismen (z.B. parasitische Würmer) extrazellulär ab. Auch sezernieren sie Eikosanoide, NO, Gerinnungsfaktoren. Schließlich beteiligen sich Makrophagen an der Eindämmung von Entzündungseffekten sowie an der Reparatur beschädigten Gewebes.

Makrophagen sind vor allem an strategischen Punkten im Körper zu finden, wo die Wahrscheinlichkeit mikrobieller Infektionen  hoch ist - vor allem im Gewebe der Haut, der Lunge und des Darms, wo sie (z.B. Zelltrümmer) "vor sich hin phagozytieren".
 

Abbildung: Makrophagen erfüllen vielfache Funktionen
Nach Chawla A: Control of Macrophage Activation and Function by PPARs. Circ Res 2010; 106: 1559-69

Aus Monozyten entstehen Gewebsmakrophagen, die funktionell sehr heterogen sind.
 
Von links oben im Uhrzeigersinn: Abwehr intrazellulärer Pathogene mittels Sauerstoff- (ROS) und anderer Radikale, Präsentation von Antigenen für adaptive Immunität, Phagozytose von Immunkomplexen, Förderung der Wundheilung über growth factors.

Besonders spezialisierte Aufgaben erfüllen Makrophagen in der Milz (Abbau gealterter Erythrozyten) und im Knochen (Resorption)


Makrophagen bilden zusammen das mononukleäre Phagozytensystem (früher: Retikulo-endotheliales System) des Körpers. Zu diesem gehören die Mikroglia im Gehirn, Monozyten im Blut und Knochenmark, Kupffer-Sternzellen in der Leber, Histiozyten in Lymphknotensinus, Osteoklasten im Knochen, Makrophagen im Bindegewebe (Histiozyten), in den Lungenalveolen, im Fettgewebe, Mesangiumzellen in Nierenglomeruli, Peritonealmakrophagen u.a.
 
    Pro Sekunde stirbt etwa eine Million Zellen im Körper ab - Makrophagen wirken auch bei der Wundheilung oder beim Knochenabbau, Abbildung) und gleichzeitig
 
    auf potentielle Pathogene warten (Haut und Schleimhäute als erste Verteidigungslinie!). Normalerweise liegt keine mikrobielle Herausforderung vor, die Makrophagen sind im "Ruhezustand". Ihre Bedeutung wird allerdings oft unterschätzt, weil sie in den meisten Fällen die Gefahr einer Infektion eindämmen, ohne dass der Wirtsorganismus davon etwas merkt ("stille Helden" der Immunabwehr).

Makrophagen wirken als Wächterzellen (sentinel cells); ihre Mustererkennungsrezeptoren detektieren die Anwesenheit von Mikroben über deren PAMPs. Sie sind in der Lage, Erreger zu phagozytieren oder mittels Radikalen abzutöten, auch über porenbildende Eiweiße (Membran-Angriffskomplexe) zu zerstören.

Reicht das nicht aus, bilden sie - zusammen mit Mastzellen - Zytokine (TNF, IL 1 und 6) als "Hilferuf". So können sie T-Helferzellen über IL-1 aktivieren und eine Entzündungsreaktion auslösen, bei der aktiviertes Endothel das Auswandern von Leukozyten in das betroffene Gewebe begünstigt.

Treten Signale auf, die eine Verletzung der ersten Verteidigungslinie signalisieren, werden Makrophagen aktiviert (durch Signalstoffe wie IFN-γ, das vor allem aus Helfer-T-Zellen und NK-Zellen stammt) und erhöhen die Zahl der MHC-II-Moleküle in ihrer Außenmembran. Auf diese Weise präsentieren Makrophagen den T-Helferzellen Bruchstücke phagozytierter "Angreifermoleküle". Auch besitzen Makrophagen Rezeptoren für Komplementfaktoren, und sie können über eigene Rezeptoren den Fc-Teil "aktiver" IgG-Antikörper binden.

Der "alerte" Zustand der Makrophagen kann durch die Anwesenheit bakterienspezifischer Moleküle, z.B. Lipopolysaccharid, noch weiter gesteigert werden (Hyperaktivierung). Dann erhöht sich die Zahl der Lysosomen (erhöhte Phagozytosekapazität) und der Makrophage setzt Tumornekrosefaktor frei, was virusbefallene Zellen abtötet und das Immunsystem weiter anregt.

Makrophagen sind routinemäßige Phagozytierer und haben immunologische "Melderfunktion".

Es gibt sehr unterschiedlich wirkende Makrophagen; so können die einen entzündungsauslösend (proinflammatorisch), andere hingegen entzündungshemmend wirken. Erstere tragen unter Umständen zu schon vorhandenen Gewebeschäden weiter bei (Entzündung, Fribrosierung), während sich letztere an Reparatur- und Regenerierungvorgängen beteiligen (z.B. in einer durch Minderdurchblutung geschädigten Niere).
 

 
 Gewebemakrophagen haben vielfache Aufgaben:

    Phagozytose und Abtötung von Mikroben. Dazu konfluieren Endozytosevesikel mit Lysosomen, wo Radikale (reactive oxygen / nitrogen species) phagozytierte Mikroben zerstören und proteolytische Enzyme ihre Eiweißmoleküle abbauen

    Phagozytose und Abbau nekrotischer / apoptotischer / abgestorbener Wirtszellen sowie abgestorbener neutrophiler Granulozyten

    Sekretion von Zytokinen, die u.a. die Passage von Leukozyten über die endotheliale Barriere in entzündetem Gewebe erleichtern

    Antigenpräsentation an T-Lymphozyten

    Anregung der Gefäßneubildung (Angiogenese) und Kollagensynthese im Rahmen der Wundheilung
 
Makrophagen reagieren auf mikrobielle Herausforderungen etwa gleich rasch wie Neutrophile, überleben aber wesentlich länger als diese und können so mehrere Tage im infizierten Gewebe wirksam bleiben. Sie wirken als "Wächterzellen" und reagieren auf die Anwesenheit von DAMPs / PAMPs mit der Bildung entzündungsauslösender Zytokine.

Im "Normalzustand" wirken aber Gewebemakrophagen antiinflammatorisch, also entzündungshemmend; allfällig vorhandene Gewebeschäden und toxische Stoffe beseitigen sie durch Phagozytose und Abbau, ohne inflammatorische Zytokine zu sezernieren. Dadurch tragen sie wesentlich zu Stabilität und Gewebehomöostase bei.

  Über Makrophagen und Eisenhaushalt s. dort
 

Abbildung: Phagozytose
Nach einer Vorlage bei biotechhelpline16.blogspot.co.at

Die Phagozytose schließt eine Abfolge von Schritten ein, an deren Ende die "Entleerung" der Zelle stehen kann (aber nicht muss)
 
    1, Chemotaxis und Anhaftung an den Phagozyt
 
    2, Endozytose
 
    3, Bildung eines Phagosoms
 
    4, Fusion mit Lysosom
 
    5, enzymatischer Abbau der Mikrobe / des Partikels
 
    6, Residualkörperchen mit unverdaulichem Material
 
    7, Exozytose


Bei einem mikrobiellen Angriff mischen sich Makrophagen in das Kampfgeschehen ein, auf aggressives Phagozytieren sind aber vor allem neutrophile Granulozyten (polymorphonukleäre Leukozyten) spezialisiert. Das verleiht Schutz vor bakteriellen und Pilzinfektionen.
 
Granulozyten
  
Neutrophile Eosinophile Basophile

Granulozyten - benannt nach ihren zytoplasmatischen Granula, die verschiedene Enzyme enthalten - haben im Kreislauf eine Lebensspanne von weniger als 12 Stunden. Werden sie aktiviert, können sie in das Gewebe auswandern, wo sie ihre eigentlichen Funktionen erfüllen.

    Neutrophile Granulozyten  machen >90 % aller Granulozyten aus, ihr Zelldurchmesser beträgt 12-15 µm. Sie sind der führende Zelltyp im Rahmen akuter Entzündungen und haben eine kurze Lebensdauer, die mit Apoptose endet. Wegen der Form ihres Zellkerns werden sie im englischen Sprachgebrauch polymorphonuclear leukozytes (PMNs) genannt.

Ihre Bedeutung wird aus der Tatsache ersichtlich, dass Menschen mit niedriger Neutrophilenzahl bzw. Granulozyten-Funktionsstörungen leicht an bakteriellen Infektionen und Pilzbefall erkranken.

Neutrophile präsentieren keine Antigene (wie Makrophagen), sondern sind ausschließlich auf Abwehr - sowie die Wiederherstellung geschädigten Gewebes - spezialisiert. In ihrer Reaktion sind sie in der Lage, zwischen (keimfreien) Verletzungen ("Freiräumen" von Gewebe, Revaskularisierung) und Infektionen (Freisetzung von Proteasen, Oxidantien, DNA-Netzen - NETs) zu unterscheiden. Neutrophile sind antimikrobielle Kampfzellen.
 
Neutrophile Granulozyten bilden mittels Enzymen wie Myeloperoxidase Sauerstoffradikale, mit denen sie Bakterien abtöten können
 
Neutrophile werden chemotaktisch angelockt und können z.B. Bakterien phagozytieren; ihre Granlua (spezifische und azurophile) enthalten lysosomale Enzyme (Collagenase, Peroxidase..), mit denen sie Fremdmaterial abbauen. Der für Resorptionsvakuolen typische niedrige pH-Wert ist für die Wirkung einiger Proteasen weniger günstig; eine NADPH-Oxidase auf der Leukozytenoberfläche reguliert den Ionentransport so, dass der intravakuoläre pH-Wert steigt, neutrale Proteasen können dann aufgenommene Mikroorganismen gut verdauen. Die Bedeutung von Radikalen wie H2O2 (Wasserstoffperoxid) oder O2- (Superoxid) für den Abbau von Mikroorganismen ist vermutlich geringer als ursprünglich angenommen.
 


Abbildung: Clearance von Neutrophilen
Nach Liew PX, Kuber P. The Neutrophil’s Role During Health and Disease. Physiol Rev 2019; 99: 1223-48

Physiologische Clearance: Neutrophile wandern aus der Blutbahn kontinuierlich in die Mundhöhle und auf die äußere Oberfläche der Augen (Immunschutz). Andere werden im Knochenmark aus dem Kreislauf entfernt.
 
In entzündetem Gewebe verlassen Neutrophile das Blut und nehmen ihre immunologische Kampffunktion (Bekämpfung von Mikroorganismen) wahr, bzw. sie beteiligen sich am Wiederaufbau geschädigten Gewebes (Reparatur traumatischer Veränderungen).
 
Anschließend werden sie dort entweder direkt von Phagozyten entsorgt (lokaler Zelltod), oder sie gelangen zurück in die Blutbahn (reverse Migration), durch die Lunge und schließlich in das Knochenmark, wo sie abgebaut werden


Einmal aktiviert, sind sie innerhalb einer halben Stunde voll "aufgerüstet" - aber noch inaktiv - im Blut unterwegs. In entzündetem Gewebe treten sie aus der Blutbahn aus und setzen sowohl chemische Kampfstoffe (aus ihren Granula) als auch Signalstoffe (Zytokine) frei. Sie phagozytieren abgestorbene Körperzellen, Bakterien oder auch Fremdzellen.

Die begrenzte Lebenszeit aktivierter neutrophiler Granulozyten mindert das Risiko gewebeschädigender Nebeneffekte.

Viele Fragen bezüglich der Physiologie neutrophiler Granulozyten bleiben offen: Welche Bedeutung hat die Bildung von Zytokinen durch Neutrophile (Makrophagen sind z.B. eifrige Zytokinproduzenten)? Kreisen sie stetig in der Blutbahn, oder bilden sie eher einen marginalen Zellpool in der Mikrozirkulation? Wie unterscheiden sie sterile von infektiösen Gewebedefekten? Gibt es mehrere Unterarten? Wie und wo gehen Neutrophile zugrunde (Knochenmark? Eiter? Andere Stellen? s.
Abbildung).
 

     Eosinophile Granulozyten  finden sich vor allem in Schleimhäuten (Atemapparat, gastrointestinales und urogenitales System). Sie enthalten das für Parasiten toxische major basic protein (MBP) - seine Vorstufe (im endoplasmatischen Retikulum) ist inaktiv und wird erst in den Granula "scharf gemacht" -, zerstören Parasiten und modulieren Entzündungsprozesse in geschädigtem Gewebe.

Eosinophile reagieren auf Reizung durch Zytokine (insbesondere IL-5; vor allem aus Th2-Zellen) und Chemokine durch Vermehrung ihrer Fc-Rezeptoren für IgE. Binden diese ihr Antigen, kommt es zu Dimerisierung an der Zellmembran und Reizung der Zelle. Dann entladen sie toxische Granula in ihre Umgebung, vor allem zur Abwehr IgE-markierter Parasiten.

Die Degranulierung setzt Sauerstoffradikale (ROS, reactive oxygen species) aus Peroxid-Zwischenstufen frei; ferner basische Proteine, Eikosanoide, Enzyme (Peroxidase, Kollagenase, Phosphatase, Elastase), Wachstumsfaktoren (GM-CSF), Interleukine (IL-3, 5, 8, 10).

Dieser Cocktail erhöht in der Umgebung die Gefäßpermeabilität (Entzündung), regt die Schleimbildung an, kontrahiert Bronchien, aktiviert weitere Eosinophile, wirkt chemotaktisch auf Leukozyten, und wirkt auf Bakterien und Würmer toxisch (allenfalls auch auf körpereigene Zellen).
 
     Basophile Granulozyten  beteiligen sich ebenfalls an der Parasiten-Bekämpfung. Sie können (wie Mastzellen) durch Degranulation Peroxidase, Heparin und Histamin freisetzen. Neben der Paasitenabwehr wirkt das gerinnungshemmend und vasodilatierend, steigert die Kapillarpermeabilität und wirkt an der Entstehung von Schmerz und Entzündungsprozessen mit.

Weiters sezernieren Basophile bei Bedarf Interleukine - sie sind eine bedeutsame Quelle von IL-4, das wiederum B-Lymphozyten zur Sekretion von IgE anregt.

 
Basophile Granulozyten werden über ihre IgE-Rezeptoren aktiviert, worauf sie Histamin, Heparin und Proteasen freisetzen
 
Sowohl eosinophile als auch basophile Granulozyten beteiligen sich an Entzündungsvorgängen und Parasitenabwehr.

Basophile Granulozyten sind im Blut sehr rar (normalerweise <0,1% aller zirkulierenden Leukozyten).

Über das weiße Blutbild und Referenzwerte s. dort

  Über die Rolle von Leukozyten bei immunologischen Hypersensitivitätsreaktionen s. dort
 
     Auch Thrombozyten  beteiligen sich an der Abwehr von Mikroben ( s. dort).

ILCs, NK- und andere spezielle Zellen
 
Innate lymphoid cells NK-Zellen Andere unspezifische Lymphozyten Mastzellen
 
Das angeborene Immunsystem arbeitet mit aus dem Knochenmark stammenden Zellen, deren Morphologie und Aufgaben lymphozytenähnlich sind, die aber nicht über lymphozytäre (T-Zell- oder B-Zell-) Rezeptoren verfügen. Diese spezielle Population nennt man innate lymphoid cells (ILCs), also lymphoide Zellen der angeborenen Immunabwehr. Sie produzieren Zytokine und greifen in die Regulation sowohl der angeborenen als auch der adaptiven Immunität ein.

ICLs beteiligen sich an morphogenetischen und Reparaturvorgängen, verleihen unmittelbaren Schutz vor infektiösen Pathogenen, erkennen gestresste und verletzte körpereigene Zellen und helfen, diese zu eliminieren. Sie befinden sich hauptsächlich im Gewebe (Schleimhäute: Darm, Lungen..), kaum im Blutkreislauf.
 
Zytokinproduzierende Innate Lymphoid Cells (ILCs)

Nach Abbas / Lichtman / Pillai, Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Gruppe
Differenzierung angeregt durch
Aktivierung angeregt durch
produzieren hauptsächlich
Effektorfunktion
(beispielhaft)
ILC1
IL-15, IL-7
IL-12, IL-18
Interferon γ Virenschutz
ILC2
IL-7
IL-25, IL-33
IL-5, IL-13
Schutz vor Parasiten
ILC3
IL-7
IL-1, IL-23
IL-17, IL-22
Barrierefunktion im Darm
  
ILCs (ILC1, ILC2, ILC3, NK) produzieren Zytokine (als fate specifying cytokines bezeichnet, weil sie bestimmen, wohin sich Vorläuferzellen entwickeln) und haben ähnliche Effektorfunktionen wie CD4+-Zellen ("Helferzellen"). Die Gruppen unterscheiden sich in der Zytokinproduktion (Zellen der Gruppe I produzieren Interferon-γ, der Gruppe II IL-5 und IL-13, der Gruppe III IL-17 und IL-22) und in der Expression von Transkriptionsfaktoren. Dementsprechend sind ihre Wirkungsspektren unterschiedlich (Tabelle).

Fehlregulation von ICLs kann Astma bronchiale, Allergien und Autoimmunkrankheiten auslösen.
 
Natürliche Killerzellen (NK-Zellen)
 
     NK (natürliche Killer-) Zellen sind eine Untergruppe großer granulärer Lymphozyten, die infizierte Gewebe betreten und die Ausbreitung von Infektionen über zwei Wege eindämmen:
 
   Sie töten virusinfizierte Zellen und

   sezernieren Zytokine, um die Replikation von Viren zu stoppen.
 
NK-Zellen exprimieren Rezeptoren,
die MHC-Proteine in der Zelloberfläche erkennen, aber keine Immunglobulinrezeptoren oder T-Zell-Rezeptoren sind und inhibitorisch wirken (zytotoxische T-Zellen nutzen T-Zell-Rezeptoren, und diese wirken aktivierend).
 
NK-Zellen stammen von der lymphatischen Zelllinie ab
 
NK-Zellen können virusinfizierte, Tumor- oder Fremdzellen direkt töten, indem sie deren Apoptose auslösen
 
NK-Zellen werden oft zur Gruppe der ILCs (Innate lymphoid cells, s. oben) gezählt. Es sind kurzlebige (~1 Woche), Granula-hältige lymphoide Zellen. Ihre Aktivität kann durch Typ-I-Interferone erhöht werden. Das wird besonders dann wichtig, wenn virusbefallene Zellen es nicht alleine schaffen, die virale Reproduktion zu stoppen: NK-Zellen können solche Zellen dann zur Apoptose bringen.
 

Abbildung: Regulation der NK-Zell-Aktivierung
Nach Kumar V, McNerney ME, A new self: MHC-class-I-independent natural-killer-cell self-tolerance. Nature Rev Immunol 2005; 5: 363-74

NK-Zellen (links) verfügen über inhibitorische Rezeptoren (-), die im Normalfall MHC-I-Moleküle körpereigener Zellen binden ("selbst") und dadurch aktiviert werden: Das blockiert Tyrosinkinasen am zytoplasmatischen Ende aktivierender Rezeptoren (aR) - durch Dephosphorylierung -, die sonst die NK-Zelle aktivieren (intakte Selbsterkennung, oben). Erkennung normaler Körperzellen blockiert die NK-Zell-Aktivierung.
 
Diese Selbsterkennung ist bei fehlender Anwesenheit von MHC-I ("gestresste" Zelle, Mitte) oder Bindung nicht-körpereigener MHC-I-Moleküle (allogene = Fremdzelle, unten) ausgeschaltet
(recognition of missing self)  - die Tyrosinkinase-Aktivität der aktivierenden Rezeptoren wird nicht blockiert, Zytokinsekretion und Lyse von Mikroben oder veränderten körpereigenen Zellen findet statt - allerdings nur, wenn die NK-Zelle ein zusätzliches aktivierendes Signal erhält (z.B.: "Zelle gestresst")

  
vgl. auch dort


NK-Zellen sind zufrieden, wenn sie eine ausreichende MHC-Konzentration auf der geprüften Membran erkennen (das deutet auf eine gesunde Zelle hin). Finden sie wenig oder kein MHC vor ("missing self", Abbildung) - meist bei virusinfizierten (viele Viren hemmen die Expression von MHC) oder bei einigen Krebszellen, fällt die Inhibition weg, und sie veranlassen die "verdächtige" Zelle zur Apoptose.

Zusätzlich erkennen NK-Zellen über aktivierende Rezeptoren stressinduzierte Moleküle (infizierter Zellen) oder onkofetale Antigene (von Krebszellen) in erhöhter Konzentration, und das verstärkt die zytotoxische Aktivität (s. unten).

NK-Zellen verfügen über
aktivierende (ITAM-assoziierte) und hemmende (mit ITIMs) Rezeptoren, die zur Immunglobulin-Superfamilie gehören (KIRs: killer cell immunoglobulin receptors, NCRs: natural cytotoxicity triggering receptors) oder Lektine sind.

NK-Zellen haben ähnliche Effektorfunktion wie CD8+-Zellen. Sie erkennen und töten Mikroben oder infizierte, gestresste, IgG-markierte oder Tumorzellen (ihre Granula enthalten Proteine - wie Perforin und Granzyme, s. unten - mit zytotoxischer Wirksamkeit).

Gegenseitige Verstärkung: NK-Zellen werden durch mehrere Zytokine angeregt: IL-12, IL-15, IL-18, Typ-I-Interferon. Angeregte NK-Zellen können in kurzer Zeit große Mengen an Zytokinen produzieren, darunter IL-4 und Interferon-γ, womit sie Makrophagen dazu motivieren, phagozytierte Mikroben zu zerstören. Umgekehrt regen Makrophagen mit phagozytierten Mikroben NK-Zellen mittels Interleukin-12 an.

NK-Zellen töten Mikroben und "verdächtige" Zellen ab (sie sind zytotoxisch). Antikörper sind dazu - im Gegensatz zu Killer-T-Zellen - nicht notwendig, dadurch sind sehr rasche Immunantworten möglich, Mikroben (allogene Zellen) können unmittelbar abgetötet werden ( Abbildung).

Zu Beginn eines viralen Infekts führt die Bindung von Liganden infizierter Zellen an NK-Zell-Rezeptoren - verstärkt durch Interleukine (IL-12, IL-15) - zur Expansion entsprechender NK-Zell-Klone und rasche Abtötung infizierter Zellen, noch bevor Zytotoxizität durch CD8+-Lymphozyten wirksam werden kann (die Ausbildung antigenspezifischer Abwehr dauert 5-7 Tage).

NK-Zellen machen 5-15% der peripheren Lymphozytenpopulation in Blut und Milz aus (in Leber und Plazenta kommen sie häufiger, in anderen lymphatischen Geweben seltener vor). Sie werden auch als große granuläre Lymphozyten bezeichnet, weil sie größer sind als die Mehrzahl der im Blut kreisenden Lymphozyten und reichlich azurophile Granula enthalten.


Rezeptoren. Das Gleichgewicht der Reizung aktivierender und inhibierender Rezeptoren in der Membran von NK-Zellen bestimmt deren Aktivierungsgrad. Aktivierende Rezeptoren können den "Kill"-Mechanismus anregen, inhibierende diesen unterdrücken ( Abbildung).
 

Abbildung: Rezeptoren, die natürliche Killerzellen aktivieren und inhibieren
Nach einer Vorlage bei Doan / Lievano / Swanson-Mungerson / Viselli, Immunology (3rd ed). Lippincott Illustrated Reviews, Wolters Kluwer 2022

Killer-aktivierende Rezeptoren (KARs) auf natürlichen Killer (NK) Zellen identifizieren Moleküle (MICA und MICB) auf Zellen, die "gestresst" sind - die abnorm, verletzt bzw. infiziert sind.
 
MIC = MHC class I polypeptide-related - A = sequence A, B = sequence B). MIC sind sind stressinduzierte Liganden, ihre Gene liegen innerhalb des MHC-locus.

Killer-inhibierende Rezeptoren (KIR) überprüfen die "Normalität" der MHC-Klasse I-Moleküle, welche alle kernhältigen Körperzellen vorweisen. Bei "Intaktheit" bleibt die NK-Zelle ungefährlich

 
       Aktivierende NK-Zell-Rezeptoren(KAR) erkennen Oberflächenmoleküle gestresster (infizierter, DNA-beschädigter) Zellen, die solche Liganden oft stärker exprimieren. Werden aktivierende Rezeptoren engagiert und nicht durch inhibierende blockiert, regen sie Protein-Tyrosin-Phosphatasen und damit die NK-Zell-Aktivität an. Zu aktivierenden Rezeptoren zählen
 
       Lektine (Proteine, die spezifische Kohlenhydrate und damit an Zellmembranen binden),
 
       CD16 (bindet IgG-markierte Zellen über den Fc-Teil der Antikörpermoleküle - ADCC),
 
       NCRs (natural cytotoxicity receptors - binden virale Haemagglutinine etc)
 
       u.a. Viele dieser Rezeptoren werden auch KIRs (killer cell immunoglobulin-like receptors) genannt. KIRs sind polymorph, d.h. sie kommen in verschiedenen allelen Varianten vor - einige agieren im Rahmen aktivierender, andere im Rahmen inhibierender Rezeptormechanismen.
 
       Inhibierende NK-Zell-Rezeptoren (KIR) erkennen MHC-I-Moleküle körpereigener  Zellen und aktivieren Phosphatasen (das hemmt Kinasen und damit die Aktivierung von  NK-Zellen). Werden inhibitorische Rezeptoren nicht besetzt, aktiviert das die NK-Zelle. Einige
 
       KIRs (binden HLA-C) sowie
 
       CD94 (bindet HLA-E) und
 
       Lektine
 
zählen zu inhibierenden Rezeptoren. Die größte Gruppe der inhibitorischen Rezeptoren gehört zur Gruppe der KIRs.

     KIRs (killer cell immunoglobulin-like receptors) sind Rezeptoren auf NK-Zellen. Sie gehören zur Immunglobulin-Superfamilie und erkennen unterschiedliche HLA-Sequenzen. Einige beinhalten ITIM-Sequenzen, können aber auch mit ITAM-hältigen Polypeptiden assoziieren und aktivierend wirken.

Aktivierende Rezeptoren erkennen Liganden an infizierten oder veränderten Körperzellen, inhibitorische Rezeptoren erkennen Liganden an gesunden körpereigenen Zellen.
 
NK-Zellen wirken in der angeborenen Immunabwehr
 
Sie töten mit Viren oder intrazellulären Bakterien infizierte Zellen ab und produzieren Interferon-γ
 
Ihre zytotoxischen Wirkungen ähneln denen von CD8+-Zellen und werden durch eine Balance zwischen aktivierenden und inhibierenden Rezeptoren gesteuert
 
Sie haben  T-Lymphozyten-ähnliche Effektorfunktionen, aber keine T-Zell-Antigenrezeptoren
 
Die Aktivität von NK-Zellen richtet sich gegen infizierte oder Tumorzellen - ohne vorangegangenen Antigenkontakt. Die Erkennung erfolgt mittels ihres Membranproteins CD16, das als Fc-Rezeptor für IgG dient. Auf diese Weise lysieren NK-Zellen Zielzellen, gegen die solche IgG gerichtet sind, entfalten also antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC).
 

Abbildung: Wie NK-Zellen Zielzellen zerstören
Nach Voskobolnik I, Whisstock JC, Trapani JA. Perforin and granzymes: function, dysfunction and human pathology. Nature Rev Immunol 2015; 15: 388-400

Oben: Das Zytoskelett zieht sekretorische Granula mit Perforin und Granzymen zum Zellpol, der nahe an der anzugreifenden Zielzelle liegt.
 
Unten: Freisetzung von Perforin und Granzymen sowie das Eindringen von Calciumionen führt zur Zerstörung der Zielzelle


In intaktem Gewebe sind NK-Zellen kaum vorhanden (und dort inaktiv), sie sammeln sich aber an Orten der Entzündung an. Dort werden sie durch Interferone (IFN α und β) aktiviert, setzen Zytokine (z.B. IFN-γ) frei (wie T-Helferzellen) und können (wie T-Killerzellen) virusinfizierte oder Krebszellen ebenso abtöten wie Bakterien, Parasiten oder Pilze.
  

( Abbildung)

      Granzyme sind Proteasen in Granula von zytotoxischen Zellen, welche in die angegriffene (viren- oder bakterieninfizierte oder anderweitig gestresste) Zelle eindringen und diese zur Apoptose veranlassen.

      Perforin ist ein Protein, das von NK-Zellen und zytotoxischen (CD8 positiven) Zellen gebildet und in Granula gespeichert wird. Bei Degranulierung oligomeriert es (Ca++-abhängig) zu Poren in der Zellmembran der Zielzelle. Dadurch können zytotoxische Stoffe eindringen - s. auch dort

      Weiters verfügen NK-Zellen über Fc-Rezeptoren (Membranstrukturen, die Antikörper an ihrem Fc-Teil binden), d.h. sie können antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC) auslösen.

Zu NKT-Zellen s. dort
    
Spezielle nichtadaptive T- und B-Lymphozyten
 
Im Rahmen der angeborenen Abwehr agieren noch weitere Zellen, wie B- und T-Lymphozyten mit eingeschränkter Antigen-Rezeptordiversität sowie einige Untergruppen spezieller nichtadaptiver T- und B-Lymphozyten, z.B. γδ-T-Lymphozyten.
 
Mastzellen
 
Mastzellen sind Schutz- und Reparaturzellen, die einerseits an der Grenze zwischen Außen- und Innenwelt des Körpers (insbesondere an Schleimhäuten), andererseits zwischen Gewebe und Blutgefäßen strategisch positioniert sind. Sie interagieren mit anderen Zellen (auch im Nervensystem), sind Bestandteil angeborener wie auch adaptiver Immunmechanismen und wirken teils entzündungshemmend, teils proinflammatorisch. Dadurch wirken sie - je nach Umständen - teils protektiv, teils können sie aber auch Schäden verursachen (allergische Erkrankungen).
 

Abbildung: Rezeptoren auf / in Mastzellen und Produkte der Mastzellen
Nach Dileepan KN et al: Mast-cell mediated immune regulation in health and disease. Front Med 2023; 10: 1213320

Oben: Mastzellen exprimieren zahlreiche Rezeptortypen (CXCR: Chemokinrezeptoren, HR: Histaminrezeptoren, TLR: Toll-like Rezeptoren, Immunglobulinrezeptoren etc). Diese befinden sich in der Zellmembran, TLR auch in der Membran von Endosomen. Neben den gezeigten gibt es in der Zellmembran von Mastzellen zahlreiche weitere Rezeptoren, z.B. für Komplementfaktoren, Wachstumsfaktoren, Interleukine. Zahlreiche Stoffe werden auf dem klassischen Weg der Exozytose freigesetzt (Degranulierung), Eikosanoide (Lipidmediatoren) werden im Anlassfall neu synthetisiert.
 
LPS = Lipopolysaccharide,
Bestandteile der Zellmembran gramnegativer Bakterien; LTA = Lipoteichonsäuren, Bestandteile der Zellmembran grampositiver Bakterien

Unten: Unterschiedliche Mechanismen führen zur Freisetzung unterschiedlicher Faktoren (MMP: Matrix-Metalloproteinasen)


Vorläufer der Mastzellen wandern aus dem Knochenmark in den Kreislauf aus. Entsprechend der jeweiligen Umgebung (microenvironment) und vermittelt durch Integrine, exprimieren diese Vorstufen Rezeptoren und erlangen spezifische phänotypische Eigenschaften. Sie verlassen die Blutbahn (Diapedese) und siedeln sich in der Nähe von Nerven und Gefäßen an subepithelialen Stellen an (Haut, Schleimhäute, Gastrointestinaltrakt, Atemwege, Bindehaut). Es sind "Melderzellen", die TLRs exprimieren und über Rezeptoren für IgE und Anaphylatoxine (C3a und C5a) verfügen.

Über freigesetzte Wirkstoffe beeinflussen entsprechend aktivierte Mastzellen eine breite Palette von Gewebszellen, wie dendritische Zellen (Anregung), Makrophagen (Inhibition), NK-Zellen (Steigerung der Zytotoxizität),  T-Lymphozyten (Wirkung je nach Zelltyp), Endothelzellen (Anregung), glatte Muskulatur (Kontraktilitätssteigerung), Fibroblasten (Kollagensynthese), Osteoklasten (Knochenabbau), Nervenzellen (Anregung).

Mastzellen sind - wie andere Granulozyten - zur regulierten Degranulierung fähig. Bei entsprechender Reizung (Komplementfaktor C3a, Lipopolysaccharide, Bindung von Allergen an gebundene IgE-Moleküle, aber auch physikalische Beschädigung) setzen sie durch Ca++-vermittelte Exozytose Histamin, Heparin, Kinine, Proteasen (Tryptase), TNF, PAF, IL 4, 5 und 6, Leukotriene (Prostaglandine wie PGD2, Thromboxane), NGF, einige Interleukine und Proteasen frei. Damit schützen sie vor parasitären Infektionen (Würmer haben derbe Hüllen, die durch Komplement oder Perforin nicht zerstört werden), können aber auch allergische (Typ I) und andere Reaktionen auslösen, die akute Symptome (u.a. Schmerz) bewirken.

Daneben nutzen Mastzellen auch andere Strategien zur Abwehr von Mikroben, beispielsweise können sie DNA freisetzen, das fermenthaltige netzartige Strukturen bildet. in diesen netzartigen "Fallen"
(MCET: mast cell extracellular traps) vorhamdemem Stoffe  können virale, bakterielle oder Pilzpathogene, aber auch Insekten-, parasitäre oder Schlangentoxine fixieren, abbauen und unschädlich machen.
 
Man unterscheidet zwei Gruppen von Mastzellen, die
sich in der Ausstattung ihrer Granula mit Wirkstoffen unterscheiden, wobei fließende Übergänge möglich sind:
 
     Muköse Mastzellen in Alveolarsepten und Darmschleimhaut: Ihre Granula enthalten vor allem Chondroitinsulfat (ein Glykosaminoglykan) und Tryptase (eine Serinprotease, die speziell von Mastzellen gebildet wird),
 
     Bindegewebsmastzellen in Haut und intestinaler Submukosa haben Granula, die reich an Histamin und neutraler Protease (funktioniert am besten im Bereich pH ~7) sind.

Zu Wirkungen von Mastzellen auf Nachbarzellen s. auch dort
  
Lösliche Effektormoleküle der angeborenen Abwehr
 

Verschiedene lösliche Moleküle in Blut und extrazellulären Flüssigkeiten - auch als humoraler Sektor der angeborenen Abwehr bezeichnet (analog zum humoralen Teil der adaptiven Immunität) - erkennen Mikroben und stimulieren angeborene Abwehrmechanismen. Sie haben zwei Funktionsbereiche:
 
     Durch Bindung an Mikroben wirken sie als Opsonine.
 
     Nach der Bindung an Mikroben regen sie entzündliche Reaktionen an, wodurch mehr Phagozyten an den Ort der Abwehr gelangen.



Pentraxine
Kollektine und Ficoline Komplementsystem
 
Pentraxine sind eine phylogenetisch alte Gruppe pentamerer Proteine. Zum ihnen gehört C-reaktives Protein (CRP) und Serumamyloid P (SAP), sowie Pentraxin PTX3. Sowohl CRP als auch SAP binden an Pilze und Bakterien; PTX3 entsteht in angeregten Endothelzellen, dendritischen Zellen, Makrophagen und neutrophilen Granulozyten, und erkennt Bindungsmoleküle an Bakterien, Viren und Pilzen. Alle drei aktivieren Komplement im klassischen Weg. Diese Faktoren werden als Akutphasenproteine bezeichnet:

Bedingt durch erhöhte hepatische Produktion steigt ihre Plasmakonzentration bei Infektionen um bis zu tausendfach an, angeregt durch Interleukine - IL-1, IL-6 -, die von Phagozyten und dendritischen Zellen im Infektionsgebiet gebildet werden.
  

Abbildung: Komplementaktivierung durch C1, MBL und Ficolin
Nach Abbas / Lichtman / Pillai, Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Diese hexameren Proteine können Komplement aktivieren. Ihre Enden binden Antikörper (links), Mannose (Mitte) oder N-Acetylglukosamin (rechts) auf Mikroben.

H = lektinähnliche globuläre Kopfteile (head), MASP = mannose-associated serine protease


Kollektine sind eine Familie kollagenähnlicher Proteine mit einem calciumabhängigen Lektinkopf. Zu ihnen gehören das Plasmaprotein C1q, mannosebindendes Lektin (MBL) und die Surfactantproteine SP-A und SP-D. Kollektine können Kohlehydrate auf Pathogenen binden und das Komplementsystem aktivieren.

C1q ist ein Faktor des Komplementsystems.

Mannosebindendes Lektin
ist ein löslicher Pattern Recognition-Rezeptor und wirkt auch als Opsonin.

Reduzierte
MBL-Blutspiegel korrelieren mit erhöhter Infektanfälligkeit.

Die Surfactantproteine SP-A und SP-D sind nicht nur lipophil und oberflächenaktiv (und erleichtern die Inspiration), sondern hemmen auch das Bakterienwachstum und unterstützen deren Phagozytose.

Ficoline sind Plasmaproteine mit ähnlichem Aufbau wie Kollektine. Auch sie wirken bindend und opsonisierend auf Bakterien. Außer N-Acetylglukosamin ( Abbildung) erkennen und binden sie Lipoteichonsäuren grampositiver Bakterien.
 
Das Komplementsystem ergänzt antimikrobielle Wirkungen von Antikörpern
   
Die mehr als 20 Faktoren (Proteine) des Komplementsystems werden von der Leber sezerniert, aber auch zu einem nicht unerheblichen Teil von Monozyten, Makrophagen sowie Epithelien im Gastrointestinal- und Urogenitalsystem. Sie zirkulieren in Blut- und Lymphkreislauf und bleiben (als Proenzyme) unwirksam, solange sie nicht durch spezifische Trigger (z.B. Oberflächenstrukturen von Pathogenen) zu aktiven Proteasen und Begleitfragmenten gespalten werden.
 
Faktoren und Organisation
Funktion
   

Nach einer Aktivierung übernehmen die entstandenen Spaltprodukte der Komplementfaktoren unterschiedliche Aufgaben:
 
      Die größeren Spaltprodukte werden mit dem Buchstaben "b" bezeichnet (z.B. C3b) und wirken als Proteasen, die sich an Zelloberflächen binden, dadurch lokal begrenzt wirksam bleiben und hier weitere Aktivierungsschritte anregen (Kaskadenprinzip);
 
    Die kleineren Spaltprodukte werden mit dem Buchstaben "a" bezeichnet (z.B. C3a) und wirken als lösliche Mediatoren.
 

Abbildung: Organisation und Funktionen des Komplementsystems
Nach einer Vorlage in Immunobiology, 6th ed., Garland Science 2005

Das Komplementsystem kann auf mehreren Wegen aktiviert werden (klassischer, alternativer, Lektin-Mechanismus). Immer entstehen dabei C3-Konvertasen.
 
Die anschließenden enzymatischen Kaskaden führen zur Aktivierung von Phagozyten,
Opsonisierung (Erleichterung von Phagozytose),
 entzündlichen Gefäßveränderungen, Bildung von Membranporen (MAC) und Lyse angegriffener Zellen
 
MAC = membrane attack complex    MASP = mannose-associated serine protease


Die primäre Aufgabe des Komplementsystems ist eine zweifache: Abtötung bzw. Inaktivierung pathogener Mikroben und das Anstoßen entzündlicher Gefäßreaktionen.

Das Komplementsystem hat Hilfsfunktion sowohl im Rahmen der angeborenen (zusammen mit Akutphasenproteinen und Zytokinen) als auch der erworbenen ("spezifischen") Immunabwehr.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Komplementsystem zu aktivieren, insbesondere
 
    durch Mikroben oder
 
    durch Antikörper, die Antigen bzw. Mikroben gebunden haben.

Das 450-kDa-Hexamer Faktor C1q bindet an Antikörper (IgM und IgG) - aber nur, wenn diese Antigen gebunden haben (was eine Konformationsänderung am Antikörpermolekül hervorruft). Durch die Aktivierung spezifischer Antikörper verknüpft C1q angeborene und adaptive Abwehr und verstärkt die Wirksamkeit der ersteren.

C1q bedarf zur Komplementaktivierung nicht unbedingt antigenbindender Antikörper, es kann auch direkt an Pathogene binden und über den Lektinweg ( Abbildung) wirken (Lektinweg II).
 
     Die enzymatischen Aktivierungskaskaden erinnern an die Abläufe im Gerinnungssystem. Dies ist ein präzise regulierterAblauf mit dem Ergebnis einer effizienten Elimination von Mikroben einerseits, Schutz für das Gewebe andererseits.

Regulatorisch wirkende Proteine befinden sich auf normalen Körperzellen (nicht auf Mikroben) und begrenzen die aggressiven enzymatischen Vorgänge.

Bakterienzellen werden zerstört (Bakteriolyse), Produkte der Komplementreaktionen wirken opsonisierend und entzündungsfördernd.
 


Wird das Komplementsystem aktiviert, entstehen Konvertasen (C3- und C5-Konvertase), welche als Proteasen Effektormoleküle freisetzen. Solche Effektormoleküle sind

      Chemotaxine - sie regen die Freisetzung von Entzündungsmediatoren an (Faktor C5!). Als Chemotaxin bezeichnet man einen Stoff, der Chemotaxis induziert. Faktor C5a beispielsweise ist ein Chemotaxin

      Opsonine - körpereigene Proteine, welche an Pathogene binden und die Phagozytose anregen (Opsonisierung). Antikörper, Komplementfaktoren (wie z.B. Faktor C3b) und zirkulierende Eiweißmoleküle (sezernierte pattern recognition receptors)

      Porenbildende Eiweiße - sie lagern sich in die Membran ein (Membran-Angriffskomplex MAC, Membrane attack complex, eine aus den Komplementfaktoren 5, 6, 7, 8 und 9 aufgebaute, schwimmreifenähnliche Struktur, die eine offene Pore in der angegriffenen Zellmembran bildet (Abbildungen).
 
Auf diese Weise wird ein freier Austausch zwischen intra- und extrazellulären Komponenten ermöglicht; die angegriffenen Pathogene verlieren ihre zelluläre Kompartimentierung und werden dadurch zerstört.


Den größten (molekularen) Anteil am Komplementsystem macht der Faktor C3 aus. Es wird ständig in kleinen Mengen spontan zu C3a- und C3b-Fragmenten gespalten, letzteres ist instabil und wird rasch inaktiviert (C3bi). Diese Instabilität verhindert die spontane Schädigung körpereigener Zellen.

Darüber hinaus existieren Komplementinhibitoren: Plasmaproteine und Membranmoleküle, welche die Bildung von C3-Konvertasen (s. unten) verhindern oder diese rasch abbauen. Diese Moleküle sind speziesspezifisch; zu ihnen gehören der C1-Inhibitor, die Faktoren I und H, C4-bindendes Protein, CD59 auf kernhältigen Blutkörperchen, Epithel- und Endothelzellen, u.a. Solche Faktoren wirken Angriffen des Komplementsystems auf körpereigene Zellen entgegen bzw. verhindern diese.

Bei Anwesenheit mikrobieller Oberflächen ist das anders: Sie verfügen über keine Inhibitoren, auch nicht über Sialinsäurereste. Sie binden C3b, an das sich über den "alternativen" Weg Faktor B anlagert, der wiederum durch Faktor D gespalten wird. Das entstehende Bb-Fragment bleibt gebunden, ein Komplex C3bBb ist entstanden; dieser ist eine C3-Konvertase, womit die
Komplementkaskade ausgelöst ist. Über den "klassischen" Weg entsteht sowohl eine C3-Konvertase ( Abbildung) als auch eine C5-Konvertase. Innerhalb von Sekunden kann das aktivierte Komplementsystem pathogene Mikroben (mit Reproduktionszeiten von ~20 Minuten) erfolgreich angreifen und zerstören.
 

Abbildung: Frühe Schritte der Komplementaktivierung
Nach Abbas / Lichtman / Pillai, Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018

Der "alternative" Weg wird durch C3b aktiviert, das an entsprechende Oberflächen - wie mikrobielle Wände - bindet. Faktor B wird zu Ba (frei löslich) und Bb (gebunden).

"Klassischer" Weg:
Komplementfaktor C1 lagert sich an aktivierte (komplementbindende) Antikörper, die an der Oberfläche eines Pathogens gebunden sind. Große Mengen C3b binden an Mikroben. Nacheinander ergibt sich eine C3- und C5-Konvertase- Formation.

Der Lektinweg beginnt mit der Bindung von Lektin (Blutplasma) an Bakterienwände.

MASP = MBL associated serin protease, MBL = Mannose-
bindendes Lektin (Blutplasma)


Ergebnis ist immer die Aktivierung des Komplementsystems - diese kann auf drei Wegen erfolgen:

Alternativ  Klassisch Lektinweg
  Der alternative Weg wird durch die Oberfläche von Erregern (Bakterien) ausgelöst. Phylogenetisch ist dies der ältere Weg, die Bezeichnung "alternativ" erklärt sich entdeckungsgeschichtlich (der "klassische" Weg wurde zuerst entdeckt).

Dieser Mechanismus funktioniert vergleichsweise langsam und ist - durch spontane Hydrolyse im C3-Molekül - immer ein wenig aktiv (er "köchelt dahin"). Das bedingt die Bindung von Faktor B (in freier Lösung: fluidphase C3 convertase), anschließend seine Spaltung durch Faktor D (Bb wird an eine Zelloberfläche gebunden, Ba abgespalten), und von C3bBb, an die Membran der Zielzelle gebunden und als Opsonin für Phagozyten wirksam.

C3bBb fungiert vor allem als C3-Konvertase. An diese kann Properdin (s. Tabelle) binden und sie stabilisieren. Weiters entsteht - unter Beteiligung der Faktoren B und D - eine C5-Konvertase (C3bBb3b), C5 wird gespalten und initiiert schließlich die "Endstrecke" der Komplementaktivierung: die Bildung eines Membran-Angriffskomplexes (membrane attack complex MAC). So wirkt der alternative Weg als Verstärkermechanismus für alle Komplementwege.

  Der klassische Weg ( Abbildung) beginnt mit der Bindung des Komplementfaktors C1 an (aktivierte komplementbindende) Antikörper, die an der Oberfläche eines Pathogens gebunden sind.  Es bildet sich ein C1-Komplex, bestehend aus C1q und den Proenzymen C1r und C1s; C1s spaltet dann C4 und C2. Dabei entstehen die Spaltprodukte C4b / C4a und C2b / C2a.

So kommt es zur explosionsartigen Formierung zellgebundener C3-Konvertase (C4b2b), C2a und C4a werden in den Extrazellulärraum freigesetzt. Die Aktivität der C3-Konvertase wird bis um den Faktor 103 verstärkt: Ein C4b2b-Molekül spaltet hunderte C3-Moleküle (C3 ist der quantitativ führende Komplementfaktor, s. dort). Dabei wird C3a frei (das u.a. Neutrophile an den "Kampfort" lockt) sowie C3b, das an die Oberfläche der angegriffenen Zelle bindet und diese in Sekunden "ummanteln" kann, Phagozyten anlockt (diese haben C3b-Rezteptoren) und als Teil der C5-Konvertase wirkt.

C2b, C4b und C3b bilden auf der Membran C5-Konvertase (C4b2b3b) - C5a wird freigesetzt, C5b angelagert, und aus weiteren Faktoren (C6 bis C9) entsteht schließlich ein Membran-Angriffskomplex (MAC), der das attackierte Pathogen durch Zytolyse zerstören kann.

Die Bildung eines MAC ist die gemeinsame Endstrecke des alternativen und des klassischen Weges; der MAC-Komplex ähnelt in seiner Funktion der von Perforinen (Killerzellen): Einstrom von Ionen und Wasser und schließlich Apoptose der angegriffenen Zelle.

  Lektine sind kollagenähnliche Proteine, die sich spezifisch an Zellmembranen binden. Der Lektinweg funktioniert unabhängig vom adaptiven System: Er wird nicht von Antikörpern aktiviert, sondern durch die Bindung mikrobieller Polysaccharide an zirkulierende Lektine, z.B.

    das Akutphasenprotein (seine Produktion kann von der Leber hochreguliert werden) mannosebindendes Lektin (MBL), das Glykolipide (Bakterien, Pilze) oder Glykoproteine (Mannose- oder Fukosekomplexe) bindet,

    oder (dem MBL strukturell und funktionell ähnliche) Ficoline, die N-Acetylglucosamin binden.

MBL und Ficoline sind sezernierte Mustererkennungsrezeptoren (PRR), die den Lektinweg aktivieren können. In der Blutbahn binden sie an Serinproteasen, die als MASP (MBL-associated serine proteases) bezeichnet werden (MASP1 bis MASP3, s. Tabelle unten) und wie im klassischen Weg aus C2 und C4 eine C3-Konvertase bilden. Der Lektinweg kann auch durch Bindung von C1q gestartet werden (Lektinweg II).

Fehlen des MBL führt zu Infektionsneigung schon in der frühen Kindheit.

MBL bindet in Abhängigkeit von der Dichte freier Mannose auf Zellmembranen; erkannt werden Glykolipide oder Glykoproteine von Bakterien oder Pilzen. Lektindomänen binden Mannose in bestimmter räumlicher Konfiguration, und zwar relativ schwach, sodass die Komplementkaskade nur gezündet wird, wenn mehrfache (multivalente) Bindungen erfolgen. Es entstehen Komplexe aus MBL, MASP1 und MASP2, die (wie der C1-Komplex, der ähnlich aufgebaut ist) C4 und C2 spaltet.

Schutz körpereigener Zellen vor Angriff durch Komplement
: Körpereigene (membranständige) Mannosemoleküle sind durch Sialinsäure (ein normaler Bestandteil von membranständigen Glykolipiden / Glykoproteinen) abgedeckt und können daher den Lektinweg nicht aktivieren.

Neisserien (die Verursacher der Gonorrhoe) schützen sich vor Angriffen durch Komplement, indem sie sich mit Sialinsäure "einzuckern".


Komplementfaktoren
Konzentrationsbereiche, Aktivierungsprodukte und Funktionen

Nach Abbas / Lichtman / Pillai, Cellular and Molecular Immunology, 3rd ed., Saunders 2018

Komponente
Konzentration
im Serum
(µg/ml, gerundet)
Aktivierungs-
produkt
Funktion
Klassischer Weg
C1q
50-150

bindet an Fc von Antikörpern, die an Antigen, apoptotische Zellen oder kationische Oberflächen gebunden haben
C1r
50
aktives C1r
Serinprotease, spaltet C1s, macht daraus aktive Protease
C1s
50
aktives C1s
Serinprotease, spaltet C4 und C2
C4
300-600
C4a, C4b
C4a: Anaphylatoxin, regt Entzündung an
C4b bindet an Mikroben oder Zellen, die Antikörper binden und Komplement aktivieren
C4b bindet C2 zur Spaltung von C1s
C2
20
C2a, C2b
Serinprotease, wirkt als aktives Enzym der C3- und C5-Konvertase zur Spaltung von C3 und C5
C3
1400-1700
C3a, C3b
C3a: ein Anaphylatoxin, regt Entzündung an
 
C3b: ein Opsonin, bindet an Mikroben, wirkt als Teil der C3- und C5-Konvertase
Später Abschnitt der Komplementaktivierung (Bildung des MAC)
C5
80
C5a, C5b
C5a: Anaphylatoxin, regt Entzündung an
 
C5b: startet MAC-Konfigurierung
C6
45


MAC

(membrane attack complex)


MAC-Komponente: bindet an C5b und nimmt C7 an
C7
90
MAC-Komponente: bindet an C5b,6 und verankert in Lipidmembranen
C8
60
MAC-Komponente: bindet an C6b,6,7 und initiiert die Bindung und Polymerisierung von C9
C9
60
MAC-Komponente: bindet an C5b,6,7,8 und polymerisiert zu Membranporen
Alternativer Weg
C3 1400-1700 C3a, C3b C3a: Anaphylatoxin, regt Entzündung an
C3b bindet an Mikroben, wirkt als Opsonin und Teil der C3- und C5-Konvertase
Faktor B
200-400
Ba/Bb
Bb: Serinprotease, aktives Enzym der C3- und C5-Konvertase
Faktor D
1-3
akt. D
Plasma-
Serinprotease, spaltet bei B indung an C3b Faktor B
Properdin
20-35

stabilisiert C3-Konvertase (C3bBb) auf Mikroben
Lektinweg
MBL
1-8

Agglutinin, Opsonin, Komplementfixierung
M-Ficolin (Ficolin-1)
-

Agglutinin, Opsonin, Komplementfixierung
L-Ficolin
(Ficolin-2)
1-7

Agglutinin, Opsonin, Komplementfixierung
L-Ficolin
(Ficolin-3)
6-83

Agglutinin, Opsonin, Komplementfixierung
MASP1
2-13

Bildet Komplex mit MASP2, Collectinen und Ficolinen
aktiviert MASP3
MASP2
2-13

Bildet Komplex mit Lektinen, insbesondere Ficolin-3
MASP3
0,02-1,0

Assoziiert mit Collectinen oder Ficolinen und MASP1
spaltet C4
 
Funktionen des Komplementsystems
 
Das Komplementsystem hat zahlreiche Funktionen ( Abbildung):


Abbildung: Wirkungen des Komplementsystems
Nach einer Vorlage in Roitt / Brostoff / Male, Kurzes Lehrbuch der Immunologie, Thieme 1987

Aktivierung des Komplementsystems bewirkt Entzündung, Kontraktion glatter Muskulatur, Mastzelldegranulation, lymphatische Aktivierung, Phagozytenanregung, Chemotaxis und Lyse angegriffener Zellen


      Es lockt Leukozyten ins Gewebe und aktiviert sie (Chemotaxis: Beeinflussung der Migration durch extrazelluläre Stoffkonzentrationsgradienten; diese führen zu entsprechenden gerichteten Aktivitäten in der Zelle, was zu Bewegung in oder gegen die Richtung des Konzentrationsgefälles führt, z.B. eines Leukozyten zu einem Entzündungsherd - s. auch unter Diapedese)

      Das Komplementsystem aktiviert Gewebezellen

      es bewirkt Lyse, wenn IgG oder IgM an Antigene binden (komplementbindende Antikörper), insbesondere von Krankheitserregern

      Aktivierte Komplementfaktoren wirken außerdem auf Gefäßwände (Vasodilatation, erhöhte Permeabilität, Austritt von Proteinen, Entzündungsreaktion), Bronchien (Bronchokonstriktion) und andere Zellen
 
Die großen Fragmente, die bei der Komplementaktivierung auftreten (z.B. C3b), wirken opsonisierend und bilden den Membran-Angriffs-Komplex (MAC). Die kleinen Fragmente (C3a, C4a, C5a) werden auch als Anaphylatoxine bezeichnet, da sie Entzündungserscheinungen hervorrufen: Diese Faktoren triggern die Degranulation von Mastzellen ( Abbildung), und die dabei frei werdenden Stoffe bewirken Vasodilatation und die Exprimierung von Adhäsionsrezeptoren - Leukozyten können dadurch aus der Blutbahn in die betroffenen Gewebe austreten.
 

Abbildung: Schrittweiser Aufbau des MAC (membrane attack complex)
Nach
Bayly-Jones C, Bubeck D, Dunstone MA. The mystery behind membrane insertion: a review of the complement membrane attack complex. Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci. 2017 Aug 5; 372

Der Vorgang beginnt mit der Spaltung von C5 durch die membranständige C5-Konvertase. Dann bindet C6 an das labile C5b und C7 an das so entstandene C5b6, wodurch C5b7 an die Membran verankert wird. Anschließend lagert sich das heterotrimere C8 an, C5b8 entsteht und beginnt die Membranpenetration.
 
Schließlich werden mehrere C9-Moleküle zur Bildung des fertigen MAC 
integriert


Regulierung und Selbstbeschränkung: Proteolytische Abläufe, die im Rahmen des Komplementsystems aktiviert werden, bleiben auf die Oberfläche der angegriffenen Pathogene beschränkt. Aktivierte Komplementfaktoren werden rasch unschädlich gemacht, z.B. durch die körpereigenen Membranfaktoren CD55 und CD46. Solche Faktoren sind Regulatoren des Komplementsystems.

Komplementaktivierung im Vergleich

Nach
Strachan / Read, Human Molecular Genetics, 5th ed. 2020 (CRC Press)
Weg
Auslöser
Wann und wo?
Alternativ
Oberfläche des Pathogens
Nur im angeborenen Immunsystem, mit Beginn der Infektion
Lektin
MBL (Plasma) erkennt für pathogene Mikroorganismen typische Kohlenhydratmuster
Nur im angeborenen Immunsystem,  verzögert
Klassisch
CRP im angeborenen, Antigen-Antikörper-Bindung im adaptiven System
Angeborenes und adaptives System, Aktivierung am langsamsten
 
MBL = mannosebindendes Lektin, CRP = C-reaktives Protein

 
Entzündung und antivirale Antwort
 

Das angeborene Immunsystem nützt als generelle Maßnahme bei Infektionen oder Gewebeschäden den Mechanismus der Entzündung (inflammatory response) - die Ansammlung von Plasmaproteinen, Leukozyten und Flüssigkeit an betroffenen Gewebestellen. Die Effektorfunktion dieser zellulären (Leukozyten) und humoralen Komponenten (Akutphasenproteine, später Antikörper) hat die Abtötung von Mikroben und beginnende Wundheilung zum Ziel.

Die klassichen Zeichen einer entzündlichen Reaktion sind (lokal)
 
   Rötung (rubor) - Vasodilatation


   Erwärmung (calor) - Hyperämie
 
   Schwellung (tumor) - erhöhte Kapillarpermeabilität, vermehrte Filtration von Flüssigkeit in das Gewebe
 
   Schmerz (dolor) - Freisetzung von Mediatoren, die Nozizeptoren erregen


Klinisch schon lange bekannt ist dabei ein typischer Zeitverlauf: In den ersten Tagen der Entzündung (die hier als "akut" gilt und schon wenige Minuten nach Beginn einer Infektion oder Gewebeschädigung beginnt) dominieren neutrophile Granulozyten das Geschehen ("neutrophile Kampfphase"); gegen Ende der ersten Woche Monozyten - die im Gewebe zu Makrophagen reifen ("monozytäre Überwindungsphase"); in der zweiten Woche schließlich Lymphozyten als Zeichen zunehmend adaptiver Abwehr ("lymphozytäre Heilungsphase").

Um diese Komponenten effizient zur entzündeten Stelle zu transportieren, ist eine entzündliche Gefäßreaktion dienlich: Vasodilatation, damit vermehrter Blutfluss, gesteigerte Anhaftung zirkulierender Leukozyten an die Gefäßwand (und anschließende Diapedese), erhöhte Gefäßpermeabilität. Diese Veränderungen werden ausgelöst durch Zytokine und Mediatoren (Interleukine, Interferone u.a.), gebildet von lokalen dendritischen Zellen, Mastzellen, Makrophagen und Endothelzellen.

Die Anteile der (sofort wirksamen) angeborenen und (der sich über mehrere Tage entwickelnden) spezifischen (adaptiven) Abwehr überlappen sich ebenso wie diejenigen der "akuten" und allfällig folgenden "chronischen" Entzündung, die auch Gefäßneubildung (Angiogenese) und bindegewebige Neubildungen (Fibrose) beinhalten kann und insgesamt in Wundheilung münden sollte.
  Lokale Entzündungen folgen einem stereotypen Ablauf:
 
     Histaminbedingte lokale Vasodilatation. Diese erhöht den Zustrom von Blut zur Stelle der Irritation, Plasmaproteine und weiße Blutkörperchen gelangen rasch zum "Kampfgebiet".

     Permeabilitätszunahme postkapillärer Venolen. Proinflammatorische Zytokine (TNF-α, Histamin) verursachen Lücken zwischen den Endothelzellen, Proteine treten vermehrt in das Interstitium über, Mastzellen degranulieren und Phagozyten werden aktiv.

     Endotheliale Expression von (die Leukozyten bremsenden) Adhäsionsmolekülen sowie Austritt (Diapedese) und zum Entzündungsherd gerichtete Migration von Leukozyten durch chemotaktisch wirkende Mediatoren.
 

Abbildung: Anregung der adaptiven Immunität durch angeborene Immunantwort
Nach einer Vorlage bei Abbas / Lichtman / Pillai, Cellular and Molecular Immunology (Elsevier)

Nach der "Doppelsignalhypothese" stellt die spezifische Antigenerkennung des adaptiven Systems durch lymphozytäre Antigenrezeptoren das "Signal 1", und die gleichzeitige Bindung von - durch Mikrobenkontakt freigesetzten - Cofaktoren des angeborenen Systems das "Signal 2" für die Aktivierung dar.

Die Antwort ist die Proliferation und Differenzierung
betreffender Lymphozyten


Kooperation von angeborenen und adaptiven Komponenten an Lymphozyten: Man geht davon aus, dass Lymphozyten durch eine Kombination adaptiver - vermittelt über Antigenrezeptoren - und angeborener Komponenten der Abwehr, die als Antwort auf die Anwesenheit von Mikroben freigesetzt werden, aktiviert werden ("Doppelsignalhypothese", two-signal hypothesis, Abbildung).

Durch diesen Koinzidenzmechanismus wird verhindert, dass Lymphozyten durch - möglicherweise harmlosen - Antigenkontakt alleine stimuliert werden ("Signal 1"), und zwar ohne gleichzeitigen "Alarm" durch das angeborene System ("Signal 2"), das mit seinen zahlreichen Mustererkennungsrezeptoren mikrobielle Infektionen unverzüglich detektiert und darauf sofort reagiert, und zwar

     mittels Kostimulatoren (s. Definition - für die Aktivierung von T-Zellen: Aktivierung von Makrophagen),

     mittels Komplementfaktoren (für die Aktivierung von B-Zellen: Opsonisierung),

     mittels Zytokinen (für die Aktivierung von T- und B-Zellen; entzündliche Reaktion).

Das Signal 2 verstärkt dabei nicht nur die adaptive Immunantwort, sondern beeinflusst auch deren Natur.

Unter einem Costimulator versteht man ein Molekül, das (auf Immunreize hin) auf der Oberfläche antigenpräsentierender Zellen exprimiert wird. Der Costimulator vermittelt (zusätzlich zum Antigenreiz) ein zweites Signal zur Aktivierung einer naiven T-Zelle. Beispiel: B7-Molekül (CD80 / CD86), es koppelt an CD28-Rezeptoren der T-Zelle.
 

Abbildung: Virenschutz durch Interferone
Nach einer Vorlage bei Abbas / Lichtman / Pillai, Cellular and Molecular Immunology (Elsevier)

Virusinfizierte Zellen produzieren Typ-I-Interferone (IFN-α, IFN-β). Diese binden an IFN-Rezeptoren nichtinfizierter Zellen (oben), was in diesen JAK-STAT-Signalwege initiiert. Das fördert die Expression von Genen, deren Produkte mit der Virenvermehrung interferieren.
 
Typ-I-Interferone binden auch an virusinfizierte Zellen: Dadurch werden diese leichter durch zytotoxische (CD8+) Lymphozyten abgetötet

ds: doppelsträngig


Virenschutz: Das angeborene Immunsystem schützt vor Virenbefall vor allem mittels Typ-I-Interferonen. Diese hemmen die Virenreplikation infizierter Zellen, indem sie an Interferonrezeptoren binden, die an allen kernhaltigen Zellen vorhanden sind (
Abbildung).

Die Bindung an den Interferonrezeptor aktiviert die Transkription mehrerer Gene, was die Zelle in einen resistenten Zustand (antiviraler Status) bringt. Noch nicht virenbefallene Zellen werden dadurch geschützt. Schon mit Viren infizierte Zellen hingegen werden leichter abgetötet, u.a. dadurch, dass sie mehr MHC-I-Moleküle exprimieren (das erleichtert die Erkennung infizierter Zellen, die zytotoxischen Zellen virale Abbauprodukte über ihre MHC-Rezeptoren präsentieren).

Antiviraler Schutz hängt auch mit erhöhter Empfindlichkeit gegenüber apoptotischen Signalen zusammen: So neigen virusinfizierte Zellen zu besonders starker Antwort auf  TNF-induzierte Reaktionen, die zu Apoptose führen. (Dendritische Zellen und Makrophagen antworten auf virale Infekte mit erhöhter Produktion von Typ-I-Interferonen und TNF.)
 
Begrenzung der angeborenen Immunantworten
 
Mehrere Mechanismen limitieren Dauer und Ausmaß der angeborenen Immunreaktionen, die - bei übermäßiger Wirkung - potentiell Schaden anrichten können. Diese Bremse tritt unmittelbar mit beginnender Entzündung in Kraft und involviert oft die selben molekularen Muster (PAMPs und MAMPs), deren Erkennung auch am Beginn der Abwehrreaktionen steht.

Ein gutes Beispiel für einen solchen negative feedback-Regulator ist Interleukin 10 (IL-10): T-Lymphozyten (z.B. Treg) ,
aktivierte Makrophagen sowie dendritische und einige andere Zellen bilden es, und es hemmt die Aktivität von Makrophagen und dendritischen Zellen (Selbstlimitierung).

Das Komplementsystem wird mehrfach im Zaum gehalten, denn es ist selbstverstärkend aufgebaut und dadurch besonders gefährlich. Zahlreiche seiner Komponenten sind instabil und dadurch nur für kurze Zeit nutzbar; und spezielle Inhibitoren - frei im Blut oder auf der Oberfläche von Zellen - binden aktivierte Komponenten oder bauen sie ab. So bleibt der Angriff auf die Zellen beschränkt, welchen er gegolten hat.

Insgesamt gibt es zahlreiche negative Rückkopplungsschleifen, welche die Wirkung im Rahmen von Entzündungen gebildeter Zytokine sowie die Aktivität PAMP-generierter Signale blockieren. Dadurch ist die Aggressivität der "unspezifischen" Abwehrmechanismen automatisch limitiert, und schädliche Effekte an intakten Zellen können vermieden werden.

 

 
Phagozyten zerstören Bakterien und Pilze durch Abbau in Phagolysosomen, durch Wirkung kationischer Proteine und Peptide, sowie mittels Sauerstoffradikalen und NO. Ist die Produktion von Sauerstoffradikalen gestört, werden phagozytierte Mikroorganismen nur eingeschränkt abgetötet, was zu eitrigen Abszessen führt und entzündete Lymphknoten (Lymphadenitis), Knochen (Osteomyelitis) und Haut (Dermatitis) sowie Infektionen von Lunge, Darm und Urogenitaltrakt zur Folge hat.

Dieses seltene Krankheitsbild (1 auf 200.000 Geburten) beruht auf genetischen Mutationen (Teile des Cytochrom b-Komplexes), wird als septische Granulomatose (CGD: chronic granulomatous disease) bezeichnet und ist meist X-chromosomal vererbt (dann betrifft es nur Patienten männlichen  Geschlechts). Das Blutbild ist nicht verändert, diagnostischen Aufschluss geben Granulozytenfunktionstests.
 

 
     Das angeborene ("unspezifische") Immunsystem erkennt mikrobielle oder die Abwesenheit körpereigener Merkmale. Zu den Komponenten gehören intakte epitheliale Barrieren (Haut und Schleimhäute), Phagozyten, Granulozyten, Monozyten und dendritische Zellen (diese regen naive T-Zellen an und entscheiden über die Differenzierung von T-Helferzellen)
 
     Primäre lymphatische Organe (Knochenmark, Thymus) bilden frische Immunzellen nach, sekundäre (Milz, Lymphknoten, lymphatische Gewebe) fangen eindringende Pathogene ab und koordinieren die Aktivitäten des Immunsystems. Täglich patrouillieren etwa 500 Milliarden Lymphozyten durch sekundäre lymphatische Organe
 
     An primären Barrieren wirken
   --  Defensine (aus Epithelien, Granulozyten, NK-Zellen, zytotoxischen T-Zellen), sie erkennen cholesterinarme Membranen und anionische Moleküle und wirken ähnlich wie Perforine;
   --  Cathelicidine (aus Epithelien und neutrophilen Granulozyten);
   --  Lysozyme (in Blutserum, Tränenflüssigkeit, Speichel, Atemtrakt, Zerebrospinalflüssigkeit, Zervixschleim, Fruchtwasser, Milch), greifen die Wand gram-positiver Bakterien an;
   --  Laktoferrin (antibakteriell und antiviral, entzieht phagozytierten Mikroorganismen Eisen);
   --  weitere Faktoren, wie saure Hydrolasen, Lysozym, Elastase (Abbau phagozytierter Mikroorganismen)
 
     Entzündung führt zu Ansammlung von Plasmaproteinen, Leukozyten und Flüssigkeit mit zellulären (Leukozyten) und humoralen Komponenten (Akutphasenproteine, später Antikörper)
 
     Natürliche Killerzellen und das Komplementsystem schützen vor Viren und intrazellulären Bakterien, Thrombozyten nehmen Bakterien auf und wirken antimikrobiell
 
     Angeregt durch bakterielle Stoffwechselprodukte wie z.B. Lipopolysaccharide, bilden Makrophagen und Monozyten lysosomal Sauerstoffradikale und Stickoxid, diese inaktivieren bakterielle Moleküle (oxidativer Burst)
 
     Phagozyten nehmen rezeptorvermittelt (Mustererkennungsrezeptoren, z.B. Toll-like Rezeptoren) Mikroorganismen auf, deren MAMPs (microbe-associated molecular patterns) sie erkennen. Das aktiviert u.a. das Komplementsystem, regt die Gerinnung an und beeinflusst Entzündungsvorgänge
 
     Opsonisierung erleichtert die Phagozytose durch Anlagerung von Antikörpern oder Faktoren des Komplementsystems und erleichtert Erkennung und Abwehr körperfremder Strukturen
 
     Monozyten (kurzlebig, beteiligen sich an Phagozytose und Antigenpräsentation), Makrophagen (wirken als Wächterzellen, töten Erreger ab) und Granulozyten (neutrophile: antimikrobielle Kampfzellen, eosinophile und basophile: bekämpfen Parasiten) beteiligen sich an angeborener Immunität ebenso wie spezielle Zellen (lymphoide, natürliche Killerzellen, nichtadaptive T- und B-Lymphozyten, Mastzellen)
 
     Zu Effektormolekülen gehören Pentraxine (z.B. C-reaktives Protein), Kollektine und Ficoline, sowie Komplementfaktoren
 
     Das Komplementsystem wird durch aktivierte Antikörper oder Mikroben aktiviert, über mehrere Pfade: Klassischer, alternativer oder Lektinweg. Gemeinsam ist diesen Wegen die Aktivireung von C3, was bereits Phagozyten rekrutiert, opsonisiert und / oder Immunkomplexe entfernt; weitere Aktivierungsschritte (C5 bis C9) resultiert in Membran-Angriffskomplexen und Lyse von Zielzellen
 
 

 




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