Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Energie- und Stoffwechsel

Temperaturregulation und Wärmehaushalt
 © H. Hinghofer-Szalkay

Hibernation: hibernare = überwintern (hibernus = winterlich, kalt)
homöotherm: ὁμοῖος = ähnlich, θερμός = warm
poikilotherm: ποικίλος  = wechselnd, θερμός = warm
Pyrogen: πῦρ = Feuer, γένεσις = Ursprung
Stefan-Boltzmann-Gesetz: Josef Stefan, Ludwig Boltzmann
Temperatur: temperare = richtig machen; Kaltes erwärmen, Heißes abkühlen - tempus = (passende) Zeit



Wärme entsteht im Körper durch biochemische Aktivität (~100 Watt Ruheumsatz einer erwachsenen Person): Mehr als die Hälfte intrathorakal (vor allem Herz) und intraabdominal (Eingeweide), 15% im Gehirn. Man spricht vom Körperkern: Dieser liefert dem Organismus beständig Wärme. Nicht-aktive Muskulatur trägt nur zu 20% bei (>40% des Körpergewichts), bei Aktivität hingegen wird sie zum hot spot der Energieerzeugung - diese kann dann bis auf ca. 2 kW klettern, die Körpertemperatur steigt.

Die produzierte Wärme muss abgegeben werden, sonst erhitzt sich der Organismus: 90% gelangen über die Haut (~2 m2), 10% über die Atmung (Verdunstungskälte) an die Umgebung. Bei Bestrahlung der Haut (Sonnenbad!) nimmt die Haut Wärme auf (Wärmeaustausch über Radiation), und der Wärmeverlust muss anderweitig erfolgen: Sehr effizient ist Verdunstung (Verdampfen von 1 Liter Schweiß führt 560 Cal Energie ab), unterstützt durch Konvektion (Belüftung mit nicht wasserdampfgesättigter Luft). Der Austausch über Leitung erfolgt mit Substanz, die direkt Wärme von der Haut ableitet (feste Gegenstände oder Wasser).

Stehen Produktion / Aufnahme einerseits, Abgabe von Wärme andererseits im Gleichgewicht, bleibt die Körpertemperatur konstant. Andernfalls ändert sie sich (Muskelzittern wärmt, Schwitzen kühlt). Wärmeproduktion erfolgt meist ohne Muskelzittern (zitterfreie Thermogenese). Ist rasche Erwärmung das Ziel, schaltet ein komplexes System (Hypothalamus, Hirnstammkerne, motorische Vorderhornsäulen) auf zufallsverteilte Aktivierung motorischer Einheiten (Muskelzittern).

Gelangt die Körpertemperatur aus dem Normbereich, spricht man von Hyperthermie (Überhitzung, Fieber) oder Hypothermie (Unterkühlung). Dabei steigt bzw. sinkt der Energiebedarf. Hohe Temperatur reduziert die Überlebenszeit von Gewebe (beschleunigter Stoffwechsel), Hypothermie (Hibernation) verlängert sie.

Die Mechanismen des Wärmeaustauschs werden durch physiologische Systeme beeinflusst: Wärmeproduktion (Muskelarbeit, metabolische Aktivität), Wärmeabtransport (kutane Gefäßweite, Perfusion), Verhalten (Aufsuchen kühler / warmer Orte). Oberstes Aufsichtsorgan ist der Hypothalamus: Er empfängt aus dem Organismus Information über Außen- und Innentemperatur (Kälte-, Wärmerezeptoren) und regelt Istwert-Abweichungen sowie Sollwert-Vorgaben auf eine "gewünschte" Körpertemperatur.

Dieses System steht unter dem Einfluss von ("pyrogenen" = fiebererzeugenden) Zytokinen, wie Interleukin 1 und 6, und damit den Vorgängen im Immunsystem. Kältezittern kann die Temperatur rasch steigen lassen ("Schüttelfrost"). Dabei ist Fieber nicht nur von Vorteil (Kreislaufbelastung, Stoffwechselstress); offenbar hat es sich phylogenetisch insgesamt bewährt. Lässt die Wirkung der Pyrogene nach, wird überschüssige Wärme durch Verdunstung entfernt ("Gesundschwitzen").


Übersicht  Rezeptoren  Wärmebildung und -abgabe Umgebungsfaktoren Zentren Fieber Hypothermie / Hyperthermie, RGT-Regel, Q10-Wert Körperkern, -schale, Gegenstrom-Wärmeaustausch


    Pyrogen
e

Praktische Aspekte       Core messages
     
Rezeptoren in der Haut sowie der Tiefe des Körpers reagieren sowohl auf den absoluten Betrag als auch auf eine Änderung der Temperatur der erfassten Körperregion mit Veränderung der Aktionspotentialfrequenz, die sie über afferente Nerven aussenden. Die reflektorischen Antworten des Körpers - metabolisch, kardiovaskulär, das Verhalten betreffend - erfolgen über neurale und humorale Wege. Ziel der Regulationsmechanismen ist eine Stabilisierung der Körpertemperatur. Diese erfolgt über verschiedene Wege - beispielsweise nimmt die Herzfrequenz bei Steigerung der Umgebungstemperatur schon zu, bevor der Organismus selbst messbar wärmer geworden ist. Gleichzeitig wird zur Abkühlung mehr Blut in die Gefäße der Haut gesteuert (beides kann für das Herz problematisch werden - Hitze wirkt kreislaufbelastend).

Der Körper detektiert "kalt" und "warm", um seinen Energiehaushalt zu stabilisieren
 
Der Stoffwechsel setzt Wärmeenergie frei (Gehirn ~15%, Organe der Brust- und Bauchhöhle ~55%, ruhende Muskulatur ~20% - bei zunehmender Muskeltätigkeit verschieben sich die Werte zugunsten des Muskelgewebes). Diese Energie erwärmt den Organismus und wird an die Umgebung abgegeben (~90% über die Haut, ~10% über die Atemwege). Zusätzlich nimmt der Körper gelegentlich Wärme aus der Umgebung auf.


Abbildung: Schema der Temperaturregulation des Körpers
Nach einer Vorlage bei boundless.com

Die Körpertemperatur ändert sich, wenn das Gleichgewicht von Wärmebildung (von innen) und Wärmeeinwirkung (von außen) einerseits, Wärmeverlust andererseits gestört ist. Das kann physiologischerweise z.B. durch Muskelarbeit geschehen (Körpertemperatur steigt) oder durch Wechsel in kühle Umgebung (Körpertemperatur sinkt).
 
Wärme wird produziert durch den Metabolismus und durch Muskelaktivierung, abgegeben durch Verdampfung (Schwitzen), sowie Strahlung und Leitung, soferne die Umgebung kühler als der Körper ist


Über die Gefäßversorgung von Akren und anderen Hautgebieten, ihre Steuerung und Bedeutung für die Temperaturregulation s. dort
 
Die Wärmeproduktion des Organismus erfolgt im Körperkern (vgl. dort und weiter unten), und von dort wird die Wärmeenergie auf verschiedenen Wegen - über die Körperschale - an die Umgebung abgeleitet ( Abbildung).
 

Abbildung: Passive (unregulierte) Übertragung von Wärmeenergie
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Im Gleichgewichtszustand sind die Beträge der Wärmeproduktion und der Wärmeabgabe gleich und die Körpertemperatur bleibt stabil.
 
Bei Muskelarbeit kann sich die Wärmeproduktion des Körpers vervielfachen (entsprechende Steigerung von Durchblutung und Sauerstoffverbrauch s. dort).
 
Die Wärmeabgabe von der Körperoberfläche an die Umgebung kann über Verdampfung (
2,4 MJ oder ~570 kcal pro Liter verdampftem Wasser), Infrarotstrahlung oder Leitung erfolgen. Konvektiv wird die Abgabe über Evaporation (soferne die Luft noch Wasser aufnehmen kann) und Leitung (insbesondere in Wasser) unterstützt


Mit einer Verdampfungswärme von 2,4 MJ (etwa 570 Cal) pro Liter verdunsteten Wassers (Schweisses) an der Haut ist die Wärmeabgabe über Evaporation besonders effizient. Bei intensiver Hitzebelastung kann der Schweissverlust bis zu 1 l/h (~0,5 l/m2 Haut) oder auch mehr betragen. Rinnt die Hälfte davon ab, verdampfen demnach ~500 ml, was einen Energieverlust von ~1,2 MJ bedeutet - ein Mehrfaches des stündlichen Ruheumsatzes. Je trockener die Luft, desto besser verdampft das Wasser - die Verdunstung ist eine Funktioon der Differenz der H2O-Partialdrucke auf der Hautoberfläche (pH2O bei 37°C und Wasserdampfsättigung: 47 mmHg) und der Umgebung (schlechter evaporativer Wärmeverlust in schwüler Luft). Pro Partialdruckdifferenz von 1 kPa (7,5 mmHg) beträgt die Wärmeabgabe 58 W/m2 (W = J/s).

Dabei ist zu beachten, dass nicht nur die Haut, sondern auch die Schleimhäute der Luftwege
(feuchte Oberflächen!) - von den Lungenalveolen über den Bronchialbaum, Trachea, Larynx, Pharynx, Nasenhöhle und auch Nebenhöhlen - Wärme an die Umgebung abgeben.

Erhöhter Wärmeverlust erfolgt über offene Wundflächen (z.B. Abschürfungen), aus denen Wasser evaporiert, was die Wunden stark abkühlen kann.

Die Wärmemenge, die bei Bestrahlung / Erwärmung von verschiedenen Materialien aufgenommen werden kann, heißt spezifische Wärmekapazität und beträgt z.B. für Wasser etwa das Vierfache (4182 J.kg-1.K-1) der von Luft
(1002 J.kg-1.K-1). Das bedeutet, dass ein in Wasser befindlicher Körper wesentlich rascher Wärme verlieren (und damit auskühlen) kann als an Luft gleicher Temperatur.
 

Abbildung: Faktoren, welche den Wärmeaustausch zwischen Umgebung und Körper beeinflussen
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Innere und äußere Wege der Wärmeübertragung am Modell einer im Freien sportlich aktiven Person. Blut transportiert Wärme aus dem Körperkern in die Extremitäten, wo es abgekühlt werden kann.
  
Der Wärmeaustausch zwischen Körper und Umgebung via (elektromagnetischer Wärme-) Strahlung (radiation) berechnet sich nach dem Stefan- Boltzmann- Gesetz (s. unten). Die auf die Erde eintreffende Sonnenstrahlung liefert 1,37 kW/m2.
  
Die Verdampfung von Wasser (Schweiß) bei Körpertemperatur konsumiert etwa 2,4 MJ/l.
  
Der Wärmeaustausch über Leitung und Evaporation wird durch Konvektion (Vorbeiströmen von Luft oder Wasser) unterstützt


Thermoregulation: Bei homöothermen Lebewesen (zu denen der Mensch gehört) wird der Wärmeaustausch so eingestellt, dass die Körpertemperatur in einem relativ engen Bereich reguliert wird. Wie in jedem Regelkreis sind dazu Rezeptoren nötig:
 
Thermorezeptoren
 

An zahlreichen Körperstellen finden sich temperaturempfindliche Messfühler (Thermorezeptoren) - sowohl in der Peripherie als auch im Zentralnervensystem. Periphere Thermorezeptoren liegen in der Haut (knapp unterhalb der Epidermis), sie messen die Temperatur der Körperschale; andere in und um größere(n) Organe(n), diese messen die Temperatur im Körperkern. Wärmerezeptoren im ZNS finden sich vor allem im Hypothalamus.

Beides sind hauptsächlich Rezeptoren, die auf niedrige Temperatur ansprechen ("Kälterezeptoren"), einige reagieren auf erhöhte Temperatur ("Wärmerezeptoren") - sie haben unterschiedliche
Ansprechcharakteristik ( Abbildung). Man spricht an den betreffenden Stellen von "Kaltpunkten" und "Warmpunkten" (zwischen diesen Zonen liegen temperaturunempfindliche Areale). Besonders zahlreich sind temperaturempfindlichen Zonen im Gesicht, insbesondere in der Mundregion (hohes Auflösungsvermögen).

Die afferenten Nervenfasern von Messpunkten der Körperschale ziehen mit denen der Oberflächensensibilität, die des Körperkerns mit Splanchnicusnerven sowie dem N. vagus. Sekundäre Nervenfasern ziehen
 
     im tractus spinothalamicus weiter zur Brücke (nucl. parabrachialis lateralis) und von hier zum Hypothalamus (medianer nucleus praeopticus als Zentrum für die Temperaturregulation). Dieser beeinflusst einerseits das Verhalten (z.B. Aufsuchen entsprechend temperierter Orte), andererseits vegetative Reaktionen (Durchblutungsveränderung der Haut, Schweißsekretion / Piloerektion);
 
     vom Hinterhorn zum ventromedialen Thalamuskern und von dort zur Insel.
 

Abbildung: Temperaturabhängiges Ansprechverhalten von Kälte- und Wärmerezeptoren

Kälte-, Wärme- und Schmerzrezeptoren haben temperaturabhängiges Empfindlichkeitsverhalten. Auf Temperaturen unter 10°C und über 46°C sprechen nur noch Schmerzrezeptoren an; Kälterezeptoren reagiern am stärksten auf Temperaturen um 25°C, Wärmerezeptoren sind auf Temperaturen um 40°C am empfindlichsten


      Kaltsensoren
sind Aδ-Fasern, sie zeigen
ihre maximale Entladungsfrequenz bei etwa 25°C und sprechen auf Hauttemperaturen zwischen etwa 10°C und 40°C an. Unter 8°C senden sie keine Impulse (anästhesierende Wirkung niedriger Temperatur , "Vereisen"). Bei Temperaturen über 45°C melden sie "Schmerz".

      Warmsensoren sind (langsamer leitende) C-Fasern. Ab 30°C bilden sie Aktionspotentiale, ihr Empfindlichkeitsmaximum liegt bei 40-45°; darüber nimmt ihre Entladungsfrequenz rapide ab. Über ihre Beteiligung am Schmerzempfinden im Bereich um etwa 10°C gibt es widersprüchliche Meinungen.

  Zur Thermosensibilität und involvierte Rezeptoren s. auch dort
 
 Reizung von Kälterezeptoren (in der Peripherie) kündigt einen Wärmeverlust an. Dies hat folgende Wirkungen:

     Sollwertverstellung: Hebung des hypothalamischen Schwellenwerts, ab dem Wärmeabgabe angeregt wird
 
     Verhaltensbeeinflussung: Aufsuchen wärmerer / kältegeschützter Orte u.a.
 
     Anregung der Wärmeproduktion (Kältezittern, hormonelle Umstellung)
 
Reizung der Wärmerezeptoren in der Haut kann aggressives Verhalten auslösen. Anregung zentraler Wärmerezeptoren im Hypothalamus triggert Wärmeabgabe (kutane Vasodilatation) und Verhaltensänderungen (Benetzen der Haut, Aufsuchen kühlerer Orte etc).

 
  Näheres über hypothalamische Zentren s. dort
    
Wärmebildung und -abgabe
 

Der Körper bildet Wärmeenergie:
 
      (1)  Zitterfrei (non-shivering thermogenesis), bedingt durch den Zellstoffwechsel. Diese Form der Thermogenese erfolgt im gesamten Körper und wird z.B. durch den Einfluss der Schilddrüsenhormone verstärkt. Ein Teil der Energiebildung erfolgt unter nervöser und humoraler Kontrolle:

An
braunem Fettgewebe ( Abbildung) bewirken Noradrenalin aus sympathischen Nervenfasern, Irisin (ein Zytokin) aus Muskelzellen und natriuretische Peptide aus dem Herzen eine Entkopplung der Energieübertragung auf ATP in den Mitochondrien, stattdessen entsteht Wärmeenergie. (Natriuretische Peptide steigern über NP-Rezeptoren die Freisetzung freier Fettsäuren aus braunen Fettzellen.)
 

Abbildung: Regulierte zitterfreie Wärmebildung in Muskel- und Fettgewebe
Nach Kozak LP & Young ME, Heat from calcium cycling melts fat. Nature Med 2012; 18: 1458-9

Kalte Umgebung aktiviert über Noradrenalin aus sympathischen Fasern die Calciumpumpe SERCA. Diese wird in (Herz-) Muskelzellen von den regulatorischen Proteinen Sarcolipin (SLN) und Phospholamban (PLN) kontrolliert. SLN entkoppelt die SERCA-mediierte ATP-Hydrolyse, die Energie wird als Wärme frei.
 
Im Fettgewebe wird durch den Sympathikus die Bildung von braunen (aus weissen) Fettzellen angeregt, ferner durch das Myokin Irisin (ein aus Muskelzellen freigesetztes Zytokin) aus Skelettmuskel- und natriuretisches Peptid aus Herzmuskelzellen. Dadurch wird Thermogenin in den Mitochondrien und in weiterer Folge Wärmefreigabe angeregt.
 
Thermogenin, auch uncoupling protein 1 (UPC1) ist ein Ionenkanal, der den Wiedereintritt von Protonen in die mitochondriale Matrix "kurzschließt", ohne dass die Atmungskette ATP bildet, die durch Zellatmung gewonnene Energie wird unmittelbar in Wärme umgesetzt). Kälte und Muskelaktivität verstärken einander bei der Anregung zitterfreier Thermogenese.
 
ß-AR, Betarezeptor;  RyR, Ryanodin-Rezeptor


Braunes Fettgewebe enthält Thermogenin, das auch uncoupling protein (UPC1) heißt. Dies ist ein spezieller Ionenkanal, der in den Ablauf der der mitochondrialen Atmungskette eingreift, indem es den Wiedereintritt von Protonen in die Matrix kurzschließt: UPC1 bindet H+ an der Außenseite der inneren Mitochondrienmembran und erleichtert seine Freisetzung in die Mitochondrienmatrix (an der ATP-Synthase vorbei). Das konterkariert den Effekt der Atmungskette (die Protonen in den Intermembranraum pumpt und hier den pH-Wert niedrig hält), und die Energie, die nicht zur ATP-Synthese genutzt werden konnte, dissipiert vollständig als Wärme. Um den Verlust wettzumachen, muss der Stoffwechsel intensiviert werden, um doch ausreichend ATP herzustellen; die insgesamt freiwerdende Wärmemenge nimmt zu, die Körpertemperatur kann dabei ansteigen ("Thermogenin").



Im Rahmen der oxidativen Phosphorylierung pumpen Enzymkomplexe der inneren Mitochondrienmembran H+ in den Intermembranraum. In den meisten Zellen wird dieser Gradient zum Antreiben der ATP-Synthase (Komplex V) genutzt. Mitochondrien in braunem Fettgewebe haben einen speziellen Zusatz: UPC1 (Thermogenin). Dieses
erlaubt die direkte Nutzung metabolischer Energie zur raschen Wärmeproduktion (der anabole Stoffwechsel hat das Nachsehen). So können Neugeborene ihre Körpertemperatur direkt erhöhen, bis Muskelgewebe und metabolische Aktivität diese Aufgabe in ausreichendem Maße übernehmen. Auch erwachsene Personen verfügen noch über etwas braunes Fettgewebe (hauptsächlich zwischen den Schulterblättern).
 
Wie ermöglicht Thermogenin (UPC1) den direkten Zugriff auf metabolische Energie, um Wärme zu produzieren? An das an die innere Mitochondrienmembran fixierte UPC1 ist eine langkettige Fettsäure gebunden und funktioniert als "Protonenbrücke": Dadurch können Wasserstoffionen entsprechend ihrem Gradienten zurück in die Mitochondrienmatrix (statt in den Intermembranraum) diffundieren. Bei diesem "Kurzschluss" wird Energie in Wärme umgewandelt.

Auch im Muskelgewebe kann die Energieübertragung entkoppelt und dadurch kontraktionsunabhängig Wärme generiert werden.

Bei Muskelarbeit (körperliche Aktivität) stellt sich nach anfänglicher Hyperthermieentwicklung normalerweise ein Gleichgewicht ein, in dem Wärmeproduktion und Wärmeverlust ein neues stedy-state-Niveau erreichen - bei konstant erhöhter Temperatur im Körperkern (
Abbildung):
 

Abbildung: Thermische Umstellung bei körperlicher Arbeit
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Gelbe Felder: Zu Beginn einer Stoffwechselsteigerung durch Muskelarbeit übersteigt die Wärmeproduktion (rote Kurve) die Summe der Dissipation nach aussen (durch Verdunstung, Konvektion und Strahlung). Die Folge ist ein Anstieg der Temperatur im Körperkern.
 
Rosa Felder: Sobald sich ein neues Gleichgewicht einstellt ([Produktion] = [Verlust]), bleibt die Kerntemperatur auf erhöhtem Niveau konstant (gleichbleibend erhöhte Wärmreproduktion vorausgesetzt).
 
Die Hauttemperatur schwankt nur unwesentlich, sie sinkt sogar in der ersten Phase wegen des zunehmenden Wärmeverlusts durch Evaporation (Verdampfen von Schweiß) leicht ab


Dem in der Abbildung gezeigten Zeitverlauf der Energieströme und Temperaturen liegt eine erhöhte Aktivität wärmeempfindlicher hypothalamischer Neurone zugrunde, was zu gesteigerter Wärmedissipation führt - vor allem durch Aktivierung der Schweißdrüsen (Evaporation), die so lange ansteigt, bis ein Gleichgewicht gefunden ist und sich die Temperatur im Körperkern stabilisiert.
 
  
   (2)  Durch mechanische Tätigkeit der Skelettmuskeln, wobei die motorischen Einheiten beim Kältezittern (shivering) nicht gleichzeitig, sondern asynchron aktiviert werden und so keine koordinierten Kontraktionen erfolgen (wie bei Halte- und Bewegungsabläufen), sondern Wärme erzeugt wird - dieser Vorgang wird im Hirnstamm generiert.
 

Abbildung: Formen des Wärmeverlusts
Nach einer Vorlage bei Bissonnette B, Dalens B (eds): Pediatric anesthesia: principles and practice, New York, 2002, McGraw-Hill

Insbesondere bei bewusstlosen Personen muss auf alle Faktoren der Wärmebilanz geachtet werden, damit die Körpertemperatur nicht aus einem Zielbereich abweicht.
 
Die Wärmeleitfähigkeit (thermal conductivity) k eines Gegenstandes, der in Kontakt mit der Haut steht, bestimmt, wie rasch Wärmeenergie auf den Körper übertragen (wenn der Gegenstand wärmer ist) oder von ihm abgeleitet wird (wenn der Gegenstand kühler ist als die Körperoberfläche). Deshalb fühlt sich auch ein Gegenstand mit hohem [k] - z.B. Stahl,
[k] = 16 - kühler an als einer mit niedrigem [k] - z.B. Holz, [k] = 1,4 - gleicher Temperatur
 
1: Wärmeleitung (Konduktion), 2: Verdunstung (Evaporation),  3: Strömung (Konvektion),  4: Strahlung (Radiation)


  Der Körper gibt Wärmeenergie auf verschiedene Weise an die Umgebung ab ( Abbildung):

       Durch Radiation - elektromagnetische Strahlung, bei Körpertemperatur hauptsächlich im Infrarotbereich (d.h. >700 nm Wellenlänge) nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz :

R = B . ε . A . (T14 - T24)

Die Strahlungsleistung R ist das Produkt aus einer Proportionalitätskonstante (Boltzmann-Konstante B: 5,67.10-4 W.m-2.K-4), dem Emissionsgrad ε (0: keine Absorption, 1: vollständige Absorption; menschliche Haut: [ε]=0,98), der Fläche A (über welche der jeweilige Strahlungsaustausch stattfindet, z.B. Körperoberfläche) und der Differenz der 4. Potenzen der Oberflächentemperaturen des Strahlers und seiner Umgebung (T14 - T24).

       Durch Wärmeleitung (conduction) von Haut auf umgebende Luft, Flüssigkeit oder Gegenstände. Die Wärmeleitung vom Körperinneren an die Haut wird durch innere Konvektion (Transport durch den Blutkreislauf) wesentlich beschleunigt. Die transportierte Wärmemenge (W, z.B. angegeben in J/s) hängt ab von einer Stoffkonstante (S, z.B. J/s/°C) und der Temperaturdifferenz zwischen Körper und umgebendem Stoff (°C):
 
W = S (T1-T2)
 
Die Wärmeleitfähigkeit (thermal conductivity) hängt von Stoffeigenschaften und der verfügbaren Austauschfläche (F) ab. Die übertragene Wärmeenergie kann z.B. in Watt pro Kelvin und Quadratmeter angegeben werden; diese Größe nennt man heat transfer coefficient. Die Werte betragen z,.B. für Wasser 0,6 W.m-1.K-1, diejenige von Muskulatur 0,42, von Luft 0,026 und von Fettgewebe 0,2 W.m-1.K-1 - je größer der Fettanteil, desto geringer ist die Wärmeleitung und desto besser die Isolation (thermal insulance: Kehrwert des Transferkoeffizienten).
 
Luft vs. Wasser: Wasser hat einen 23-fach höheren Wärmeleitungskoeffizienten (
0,6 W.m-1.K-1) als Luft (0,026 W.m-1.K-1); daher leitet z.B. 20°C warmes Wasser Körperwärme wesentlich rascher als Luft gleicher Temperatur, kühlt die Haut stärker ab und.fühlt sich dementsprechend kälter an.

       Durch Evaporation (Verdunstung, Verdampfung) von Wasser auf der Haut (Verdampfen von einem Liter Wasser konsumiert etwa 570 Cal Energie) - besonders bedeutsam, wenn die anderen Formen der Wärmeabgabe nicht ausreichen (körperliche Arbeit, Sonneneinstrahlung, heisse Umgebung: Effiziente Kühlung durch Schwitzen). Im Falle des Verdampfens eines Inhalationsnarkotikums auch über die Atemwege (>Abbildung).
 
Näheres über das Schwitzen s. dort
  
       Konvektion (Bewegung des die Haut umgebenden Mediums) unterstützt die Wärmeabgabe über Leitung und (bei Luft) Verdampfung. Steht man still in einem Raum, strömt die am Körper erwärmte Luft automatisch nach oben ab und wird von (normalerweise kühlerer) ersetzt, die von unten nachströmt ("freie" oder "natürliche" Konvektion - funktioniert nicht in der Schwerelosigkeit). Die Konvektion wird durch Bewegung von Luft (Wind, Ventilation), Wasser, oder Fortbewegung des Körpers (Laufen, Schwimmen etc) forciert ("erzwungene" Konvektion).
 
Zur Thermoregulation s. auch dort
 

Soferne Wärmezufuhr (innere und äußere) einerseits und Wärmeabgabe (an die Umgebung) andererseits in Balance sind, bleibt auch die Körpertemperatur unverändert.

Die Wärmebildung des gesunden Erwachsenen beträgt ~80 Cal/h und kann bei körperlicher Belastung auf das Mehrfache steigen (z.B. bei Jogging auf ~600 Cal/h). Ein großer Teil der erzeugten Wärmeenergie wird über den Blutkreislauf auf die gesamte Körperoberfläche verteilt und hauptsächlich über Strahlung und Schweißverdampfung abtransportiert.

  Mehr über Mechanismen der Wärmebildung und Wärmeabgabe s. dort
 
Umgebungsfaktoren
 

Wann fühlt sich die Umgebungstemperatur wohlig an? Die Behaglichkeitstemperatur - gemessen an der Temperatur der den Körper umgebenden Luft - hängt von mehreren Faktoren ab:
 
     Windgeschwindigkeit: Die Behaglichkeitstemperatur steigt mit der Windgeschwindigkeit, weil diese den Wärmeverlust über Konvektion steigert
 
     Temperatur umgebender Gegenstände (Wände etc): Je kälter die Wände, desto intensiver ist der Wärmeverlust über Strahlung (Stafan-Boltzmann-Gesetz) und desto höher ist die Behaglichkeitstemperatur
 
     Grenzschichte: Die thermische Isolation der subkutanen Fettschicht bedingt, dass die Behaglichkeitstemperatur umso niedriger ist, je stärker das subkutane Fettpolster ausgebildet ist
 
     Körperliche Arbeit: Je stärker, umso niedriger die Behaglichkeitstemperatur. Im Vergleich zu körperlicher Ruhe sinkt diese bei körperlicher Belastung - intensitätsabhängig - um mehrere °C ab.

Für eine körperlich nicht aktive Person (Windstille, ~50% Luftfeuchtigkeit) beträgt die Behaglichkeitstemperatur bei leichter Bekleidung 22-26°C, unbekleidet um einige Grad mehr (~28°C). Je niedriger die Luftfeuchtigkeit, desto mehr Energie kann durch Evaporation abgegeben werden und umso höher kann (insbesondere bei gesteigertem Wärmeverlust bei Konvektion) die Behaglichkeitstemperatur steigen (umgekehrt sinkt die
Behaglichkeitstemperatur mit zunehmender Schwüle).

Über den Einfluss der Kleidung auf den Wärmeaustausch mit der Umgebung s. dort
 
Chronische Kälte regt den Stoffwechsel über gesteigerte Schilddrüsenaktivität an und steigert die Wärmeproduktion (metabolische Adaptation an Klimaeinflüsse). Nimmt die Körpertemperatur akut ab und wird der hypothalamische Sollwert deutlich unterschritten, dann tritt Kältezittern (erhöhte Wärmeproduktion) auf.


Die Haut ist ein Zielorgan der Thermoregulation. In thermoneutraler Umgebung beträgt ihre Durchblutung etwa 30 ml/min/100g, ein Wert, der höher liegt als es dem metabolischen Bedarf des Hautgewebes entspräche. Diese "Überperfusion" dient als Reserve für den Fall, dass die Durchblutung im Rahmen der Wärmeregulation abnimmt (z.B. nimmt die Hauttemperatur durch Vasokonstriktion um einige °C ab), ohne dass es zu Ischämie kommt.
    

Abbildung: Periphere und zentrale Mechanismen des kälteinduzierten thermoregulatorischen Reflexes
Nach Greaney JL, Alexander LM, Kenney WL. Sympathetic control of reflex cutaneous vasoconstriction in human aging. J Appl Physiol 2015; 119: 771-82

Links: Nimmt die Hauttemperatur unter eine thermoneutrale Temperatur von etwa 34° ab, aktivieren spinale Thermoafferenzen an den Hypothalamus (präoptisches Areal POA) sympathische thermoregulatorische Reflexe - mit der medullären rostralen Raphe als Zwischenstation -, welche die Kerntemperatur des Körpers stabilisieren sollen. Letztlich kommt es über postganglionär- sympathische Fasern zu energiesparender Vasokonstriktion.
 
Rechts: Primärer Transmitter ist Noradrenalin (NE); Kotransmitter sind Neuropeptid Y (NPY) und ATP. Bei Kälteeinwirkung werden parallel dazu eigenständige lokale Systeme der glatten Muskelfasern aktiviert, wie Angiotensin II (Ang) und RhoA/Rho-kinase (ROCK), ein Regulator der Interaktion von Actin und Myosin (also der Kontraktion), der von der GTPase RhoA (Ras homolog family member A) gesteuert wird
 
MLC, Myosin-Leichtkette


In kalter Umgebung wird der Sympathikus aktiviert (Kälterezeptoren in der Haut und im Hypothalamus), wodurch sich der Wärmeverlust infolge Vasokonstriktion verringert. Der Nachteil ist eine geringe Perfusion, was vor allem an den Akren (Finger, Zehen) kritisch werden kann: Die Sauerstoffversorgung des Gewebes wird trotz des verringerten Bedarfs (RGT-Regel, s. unten) unzureichend.

Der thermoregulatorische Reflex ( Abbildung) dient der Aufrechterhaltung der Körperkerntemperatur. Er wird durch Senkung der Hauttemperatur unter ~34°C aktiviert und erreicht bei ~30°C seine maximale Stärke (physiologisches Perfusionsminimum); die Sensoren sind kutane Kälterezeptoren.

Afferente Information von der Haut (peripher) sowie von kältesensitiven hypothalamischen und spinalen Neuronen (zentral) wird in der präoptischen Region des rostralen Hypothalamus
zusammengerechnet (der Abkühlung des Körperkerns geht normalerweise immer eine Abkühlung der Peripherie voraus). Von hier aus wird die Aktivität sympathischer Neuronen beeinflusst (Raphekerne und ventrolaterale Gebiete im Rückenmark, Abbildung unten) - präganglionär (cholinerg) und schließlich postganglionär (noradrenerg, vasokonstriktorisch). Die Vasokonstriktion reduziert den Wärmeverlust.

Unter 15°C Hauttemperatur setzt bei manchen Menschen eine periodische kälteinduzierte Gefäßweitung
ein: Wahrscheinlich weil arterio-venöse Anastomosen bei solch niedriger Temperatur ihren Tonus nicht aufrechterhalten können, kommt es zu Vasodilatation und Durchblutungssteigerung, die Gefäßwand erholt sich, der Tonus steigt wieder, und der Zyklus wiederholt sich (Lewis-Reaktion bzw. Hunter's response). Dieser Mechanismus beugt Kälteschäden des Gewebes (Frostbeulen) vor und ist vor allem bei an Kälte angepassten Menschen ausgeprägt.
 
Zentren
 
Der Hypothalamus (medianer nucleus praeopticus, MnPO) ist das Zentrum für die Temperatur- und Stoffwechselregulation des Organismus. Seine Wärmerezeptoren messen die Bluttemperatur (etwa 37° C); bei Überschreitung eines Schwellenwertes kommt es zu vermehrter Wärmeabgabe (Schwitzen, erhöhte Hautdurchblutung - “Schwitzschwelle”). Bei Abkühlung des Körpers hingegen wird das Verhalten entsprechend beeinflusst (Aufsuchen wärmerer Orte usw.). Ist das nicht zielführend, oder erweist sich die Regulation der Hautdurchblutung als thermoregulatorisch unzulänglich, dann wird der Mechanismus des Kältezitterns aktiviert: Der Körper muss sich selbst erwärmen und dazu zusätzlich Energie in Wärme umwandeln.

Etwa 10% der Nervenzellen in der area poaeoptica des vorderen Hypothalamus sind temperaturempfindlich, d.h. sie ändern ihre Entladungsfrequenz mit der Temperatur ihrer unmittelbaren Umgebung. Diese Neuronen sprechen insbesondere auf rasche lokale Erwärmung an - wie körperliche Arbeit oder die Aufnahme heißer Getränke. Erwärmungsempfindliche hypothalamische Neuronen werden auch durch periphere Wärmesignale angeregt, periphere Kälteimpulse hemmen sie. Erhöhte Aktivität solcher Neurone hemmt somatomotorische Wärmebildung (Hemmung α-motorischer Vorderhornzellen) und steigert die Wärmeabgabe vom Körper (Hemmung vasokonstriktorisch wirkender sympathischer Fasern).
    

Abbildung: Generierung des Kältezitterns: Zentren und neuronale Verbindungen
Nach Nieuwenhuys R, "New" entities in the central nervous system: the [paracrine?] core and its adjuncts, Chemoarchitecture of the brain. Berlin, Springer-Verlag, 1985, pp 177-93

Der tractus spinothalamicus lateralis projiziert auf thermoregulatorische Zentren des Hypothalamus sowie zu Kernen in Brücke und Mittelhirn. Die Raphekerne vermitteln Information zum Hypothalamus und hemmen das Kältezittern. Der locus subcoeruleus wirkt im Wesentlichen als Gegenspieler.
 
Das präoptische Areal (area praeoptica) und der vordere Hypothalamus sind temperaturempfindlich, Kältezittern muß zerebral unterstützt werden; der Ursprung liegt im Hypothalamus. Zahlreiche Verbindungen existieren von hier zur formatio reticularis (RF), zu Mittelhirn und Brücke sowie zur medulla oblongata. Letzendlich gelangen motorische Efferenzen zu den Vorderhornzellen.
 
Das mediale Vorderhirnbündel verbindet das ventrale Tegmentum mit dem limbischen System (nucleus accumbens, amygdala u.a.). und vermittelt Verhaltensweisen wie das Aufsuchen kühler bzw. warmer Orte.
 
  Nucleus suprachiasmaticus s. dort      Raphekerne s. dort     Zentrales Höhlengrau s. dort


Dies erfolgt unmittelbar durch Aktivierung der Skeletmuskulatur. Das primäre motorische Zentrum für das Kältezittern liegt im hinteren Hypothalamus. Dieses Gebiet wird normalerweise durch Impulse aus dem vorderen Hypothalamus inhibiert; das präoptische Areal und der vordere Hypothalamus sind thermosensibel. Durch Kältesignale aus der Peripherie wird das Zentrum des hinteren Hypothalamus angeregt.

Kältezittern beginnt mit Aktivität im Hypothalamus, modifiziert durch die formatio reticularis. Ergebnis ist eine Aktivierung von alpha-Motoneuronen im Sinne des Kältezitterns, d.h. abwechselnder Aktivierung motorischer Einheiten zur Generierung von Wärme.

Am Kältezittern ist der Hirnstamm mehrfach beteiligt ( Abbildung):

     Der tractus spinothalamicus lateralis projiziert auf thermoregulatorische Zentren sowie zu Kernen in der Pons und im Mittelhirn

     Die Raphekerne hemmen das Kältezittern, sie modifizieren thermische Information an den Hypothalamus

     Der locus subcoeruleus - unter dem nucl. coeruleus gelegen - hat eine gegenteilige Wirkung (er enthält Neuronen, welche miteinander elektrisch gekoppelt sind, diese Verbände können rhythmische Aktivität generieren).

     Das zentrale Höhlengrau und die Raphekerne sind über GABAerge Neurone nachgeschaltet und steuern die Thermogenese. Dabei werden Regelmechanismen aktiviert, welche die Wärmebildung steigern (Energieumsatz erhöht, Muskelzittern) und die Abgabe verringern (Drosselung der peripheren Durchblutung durch den Sympathikus, Schutzstellung, Aufsuchen wärmerer Orte). Die Körpertemperatur steigt, bis der neue Sollwert erreicht ist; es ist Fieber entstanden.
 
Fieber
 
Wird der hypothalamische Sollwert der Körpertemperatur zu höheren Werten verstellt, tritt Fieber auf; dabei funktioniert die Thermoregulation weiter (Fieber als Zustand regulierter Hyperthermie), aber auf einem höheren Temperaturniveau. Bei rascher Erhöhung des hypothalamischen Sollwertes tritt Schüttelfrost auf: Thermogenetisches Zittern als regulierte Maßnahme zur raschen Erhöhung der Kerntemperatur.
 
    Als Pyrogene
  bezeichnet man Ursachen für eine Erhöhung des hypothalamischen Temperatur-Sollwerts: Exogene Pyrogene - Toxine (Entzündungsvorgänge), Viren, Bakterien, Pilze (Infektionen) - regen Immunzellen (Neutrophile, Makrophagen, T-Lymphozyten) zur Produktion endogener Pyrogene (Zytokine, Eikosanoide) an. Die Sollwertverstellung geht einher mit vermehrter Prostaglandinproduktion zytokinstimulierter hypothalamischer Zellen.
 

Abbildung: Immunologische Abwehrreaktionen
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Makrophagen (und in geringerem Ausmaß Lymphozyten) setzen auf mikrobiologische, toxische oder Immunkomplexreize Zytokine in das Blut frei (z.B. Interleukin 1ß). Diese gelangen über die Blut-Hirn-Schranke zum organum vasculosum laminae terminalis (OVLT). Dieses setzt (wie auch die Leber) Prostaglandin E2 (PGE2) frei. PGE2 hemmt wärmeempfindliche Neuronen in der area praeoptica des Hypothalamus - die Wärmeproduktion steigt (Thermogenese durch Zittern und Anregung braunen Fettgewebes), die Gefäße der Haut konttrahieren (Wärme verbleibt stärker im Körper).
 
Die Akutphasenreaktion schließt Hyperalgesie und Fieber ein und unterstützt Immunantwort und Reparaturvorgänge. Fieber ist eine Form der regulierten Hyperthermie im Rahmen einer immunologischen Reaktion: Natürliche Killerzellen werden aktiviert, T-Zellen proliferieren, Antikörper werden erzeugt

  
     Allgemeines zur Immunabwehr s. dort.

       Fiebersenkende Medikamente - z.B. Acetylsalizylsäure (Aspirin®) - hemmen die Prostaglandinsynthese und wirken auf diesem Weg fiebersenkend.
 
Aktivierte Immunzellen setzen Interleukine (1, 6), TNF-α, TGF-β, γ-Interferon, EGF etc. frei. Über den Kreislauf gelangen sie zur Leber und regen sie zur vermehrten Synthese der Akutphasenproteine (wie Fibrinogen, C-reaktives Protein, Ferritin, Haptoglobin, Coeruloplasmin, Komplementfaktor C3) an. Die Konzentration einiger Stoffe kann innerhalb von 6-48 Stunden bis auf das Tausendfache des Normalwertes zunehmen ( Abbildung).


Abbildung: Antwort von Akutphasenproteinen im Blut auf mäßigen Entzündungsreiz
Modifiziert nach McAdam KP, Elin RJ, Sipe JD, Wolff SM: Changes in human serum amyloid A and C-reactive protein after etiocholanolone-induced inflammation. J Clin Invest 1978;61:390-4


Unterschiedliche Antwortmuster sind erkennbar: Anstieg um zwei Zehnerpotenzen (C-reaktives Protein, Serumamyloid A); 2-4facher Anstieg (Haptoglobin, Fibrinogen); Absinken (Albumin, Transferrin)


Pyrogene Zytokine gelangen mit der Blutbahn ins Gehirn und treten in das organum vasculosum laminae terminalis (OVLT) über (das nicht der Blut-Hirn-Schranke unterliegt), wo sie an Rezeptoren binden und - über Aktivierung der Zyklooxygenase - die Freisetzung von Prostaglandin E2 bewirken.

Antipyretika hemmen diesen Schritt und wirken so fiebersenkend.

Prostaglandin E2 bewirkt im vorderen Hypothalamus (area praeoptica) - dem Zentrum für die Wärmeregulation, an dem Information von Kälte- und Wärmerezeptoren konvergiert - eine Sollwertverstellung.
 
Prostaglandin E2 kann den hypothalamischen Sollwert für die Körpertemperatur erhöhen und dadurch Fieber auslösen
   
Zweck des Fiebers: Die Bedeutung der Hyperthermie für die Eindämmung infektiöser Geschehen ist nach wie vor umstritten. Steigerung der Körpertemperatur - im Bereich zwischen 38 und 41°C - führt vermutlich zu verstärkter Aktivität von Mechanismen, die für die angeborene sowie adaptive Immunabwehr wichtig sind. In vitro ist die interleukinaktivierte Proliferation von T-Zellen bei 39°C um ein Vielfaches stärker als bei 37°C.

Fieber ist ein phylogenetisch hochkonserviertes Phänomen (auch bei einigen Nicht-Wirbeltieren und sogar Insekten nachweisbar), im Ausleseprozess überwiegen offenbar die Vorteile. Fieber dient wohl insgesamt einer verbesserten Immunabwehr und beruht auf einer fein abgestimmten Kommunikation zwischen Immun- und Nervensystem. Fiebertherapie soll individuell differenziert erfolgen, Fiebersenkung ist nur selten ein klinisch unabdingbares Ziel.

Der Nachteil erhöhter Körpertemperatur ist eine stärkere Stoffwechsel- und Kreislaufbelastung.

Die fieberverursachenden Mechanismen sind komplex, erfolgen sequentiell (zweigipfliger Temperaturverlauf), sind selbstbegrenzend (Temperaturanstieg nicht über 41°C - z.B. wirkt Vasopressin, das bei Fieber vermehrt sezerniert wird, über V1-Rezeptoren fieberdämpfend), unterliegen u.a. tageszeitlichen Schwankungen und sind insgesamt noch nicht vollständig erforscht.

Verschwinden die Pyrogene wieder aus dem Blut, so wird die Körpertemperatur als zu hoch empfunden, da der ursprüngliche (“richtige”) Sollwert zurückkehrt; die Wärmeabgabe steigt (erhöhte Hautdurchblutung durch Drosselung des Sympathikus, “Gesundschwitzen”), bis der Körper wieder abgekühlt ist.

 
Hyperthermie
 
Hyperthermie heißt gesteigerte Körpertemperatur; sie entsteht (im Gegensatz zu Fieber) nicht durch Verstellung des Sollwertes im Hypothalamus, sondern durch eine Imbalance zwischen Wärmezufuhr und Wärmeabfuhr, z.B. infolge

     körperlicher Betätigung (Sport) - hier kann die Kerntemperatur physiologischerweise (vorübergehend) bis auf ~40°C ansteigen
 
     verstärkter Wärmezufuhr (heiße Umgebung)
 
     geringer Möglichkeit der Wärmeableitung, z.B. bei Dehydrierung (mangelnde Schweißbildung)
 
Durch Erweiterung der Hautgefäße kann bei Körperkern-Temperaturen von >38°C ein Kreislaufversagen mit Bewusstlosigkeit (Hitzekollaps) auftreten. Bei Muskelarbeit erfolgt dies erst bei wesentlich höheren Kerntemperaturen, weil die Muskeltätigkeit einem Kreislaufkollaps entgegenwirkt (Muskelpumpe).

Bei Hitzearbeit droht eher die Gefahr einer Regulationsstörung des Nervensystems bei Gehirntemperaturen über 40-41° C (Hitzschlag).


Künstliche Hyperthermie: Erwärmung des Körpers kann in der Hoffnung auf verbesserte Abwehrleistung des Organismus therapeutisch herbeigeführt werden.
   Die Stoffwechselvorgänge (auch die Herzfrequenz) steigen bei Temperaturanstieg um z.B. 4°C um etwa 50%, der Sauerstoffverbrauch ist erhöht (siehe RGT-Regel weiter unten).
   

Abbildung: Extrakorporale Zirkulation / kardiopulmonaler Bypass
Nach einer Vorlage in www.herz.at

Die Herz-Lungen-Maschine ersetzt sowohl die Funktion des Herzens (Perfusion des Körpers) als auch die Lungenfunktion (Ventilation)


Hypothermie
 
Hypothermie (Körpertemperatur unter 35°C) entsteht, wenn die Wärmeabgabe die Zufuhr von Wärme übersteigt (auch hier ist der Sollwert im Hypothalamus nicht verändert - im Gegensatz zur Hibernation , bei der das Gehirn den Sollwert der Körpertemperatur absenkt, um metabolische Energie zu sparen, wie das bei winterschlafenden Tieren der Fall ist).

Hypothermie bringt eine Verlangsamung aller Stoffwechselerscheinungen und damit Senkung des Sauerstoffverbrauchs. Das macht man sich bei Anwendung der Herz-Lungen-Maschine ( Abbildung) zunutze, wo der Körperkreislauf für kurze Zeit abgeschaltet wird, um den Körper an das Maschinen-Gefäßsystem anzukoppeln. Die Ischämie-Toleranzzeit der Gewebe (vor allem des Gehirns) wird so verlängert. Die Toleranzzeit gibt an, wie lange die Zellen einen Stopp der Durchblutung ohne Schaden überstehen.

Bei 37°C können Gehirnzellen nicht mehr etwa 3 Minuten völlige Blutsperre (also ohne Sauerstoff und Glucose) ertragen, ohne permanenten Schaden davonzutragen. Bei Abkühlung auf beispielsweise 20°C (also um ~17°C) kann diese Zeit auf das 6- bis 8-fache gesteigert werden, also auf rund 20 Minuten (RGT-Regel: Bei einem Q10-Wert zwischen 2 und 3), man gewinnt Zeit für die Durchführung chirurgischer Maßnahmen.

 
RGT-Regel (van-’t-Hoff’sche Regel): Zusammenhang Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur

Q10-Wert: Der Faktor (Quotient), um den die Reaktionsgeschwindigkeit / Geschwindigkeit des physiologischen Vorgangs steigt, wenn die Temperatur um 10°C (10 K) erhöht wird


Klinisch unterscheidet man folgende Hypothermiestufen (interpoliert nach verschiedenen Angaben):
 
Bezeichnung
milde Hypothermie (Stadium I)
moderate Hypothermie (Stadium II)
schwere Hypothermie (Stadium III)
reversibler hypothermer Kreislauf-
stillstand (Stadium IV)
irreversibler hypothermer Kreislauf-
stillstand (Stadium V)

Stadium
Erregungs-
stadium
Erschöpfungs-
stadium
Lähmungsstadium
Körper-
temperatur
33-36°C
28-33°C
24-28°C
unter 24°C
unter 22°C
Bewusstsein
hellwach
erregt / verwirrt
desorientiert
müde, apathisch, bis Koma
bewusstlos
Reflexe, Schmerz
Schmerze an Händen, Füßen, Knien
Kältezittern
Kältezittern hört auf ("poikilotherm") Pupillen weit, noch reagibel
Muskeln, Gelenke starr Pupillen weit, lichtstarr
Herz / Kreislauf
Tackykardie, Hypertonie
Haut unterdurchblutet (weiß / blau)
Kältediurese
Puls langsam, unregelmäßig
Amplitude abnehmend
Bradykardie, Hypotonie, Puls kaum spürbar
Kammer-
flimmern
Kreislauf-
Stillstand
Asystolie
Atmung
vertieft / beschleunigt
Atmung oberflächlich, unregelmäßig
Sauerstoff-
verbrauch sinkt
Atmung kaum spürbar
Bradypnoe
Atemstillstand
 
   Zu Grenzwerten der Körpertemperatur s. dort
 
Hibernation
 

Natürliche Hypothermie zeigen Tiere mit Winterschlaf (Hibernation). Hier sind die Regelvorgänge so eingestellt, dass sie zur Abkühlung führen. Künstliche Hibernation beim Menschen kann hingegen nur unter Ausschaltung der physiologischen Gegenregulation (Homöostasemechanismen) erfolgen, wie im Zustand der Vollnarkose.
 
Körperkern und Körperschale, Gegenstrom-Wärmeaustausch

Zentrale und periphere Körpergebiete ( Abbildung): Der Hauptteil der Wärmeproduktion erfolgt im ("homöothermen") Körperkern, in dem die Temperatur bei 37° C liegt. Zu ihm gehören Kopf-, Brust-, Bauch- und Beckeneingeweide und - bei Arbeitsleistung - die Muskulatur. In warmer Umgebung und/oder bei Muskelarbeit gehören weite Teile der Extremitäten zum Körperkern.
  
 
Abbildung: Wärmemuster bei kühler vs. warmer Umgebung
Nach Aschoff J & Wever R, Kern und Schale im Wärmehaushalt des Menschen. Naturwiss 1958; 45: 477–85

In kühler Umgebung (links) ergibt sich an den Extremitäten ein starkes Temperaturgefälle, bedingt durch den Gegenstrom-Austausch von Wärmeenergie zwischen Arterien und Venen. In warmer Umgebung (rechts) liegt die Hauttemperatur überall nahe der Kerntemperatur.
 
In einigen metabolisch besonders aktiven Gebieten (z.B. Herz, Gehirn) liegt die Temperatur über dem mittleren Wert des Körperkerns (z.B. kann sie im Thalamus etwa 40°C betragen). Ähnliches gilt für intensive Muskelaktivität, wenn der Abtransport der produzierten Mehrwärme verzögert erfolgt


Die Temperatur in der Aorta ascendens (oder in der Speiseröhre, die für eine Messung zugänglicher ist) gilt als Standard für die Körperkerntemperatur. Das erfordert allerdings invasive Vorgangsweisen (arterieller Katheter, Ösophagussonde). In der Praxis wird die Kerntemperatur rektal, sublingual (unter der Zunge), tympanal (am Trommelfell) oder - am wenigsten verlässlich, aber allgemein üblich - axillär gemessen.

Die Wärmebildung bei körperlicher Ruhe übernehmen zu mehr als 50% die Brust- und Baucheingeweide; Haut und Muskeln tragen weniger als 20% bei, das Gehirn etwa 16%. Bei körperlicher Arbeit steigt der Anteil der Muskulatur bis auf ca. 90% der Wärmebildung des Körpers an.
   
Anteil Wärmebildung (% von gesamt)
 
Ruhe
körperliche
Belastung
Gehirn
18
sinkt bis ~3
Eingeweide
(Brust / Bauch)
41
sinkt bis unter 10
Skelettmuskeln
26
steigt bis auf 90
Haut
2
≤ 1
Übrige
13
~ 2
   
Der abnehmende Prozentsatz der Energiebildung nicht-muskulärer Gewebe bei Muskelarbeit (z.B. im Gehirn von fast 20 auf bis ~3%) geht auf die Steigerung des Gesamtumsatzes zurück, zu einem geringen Teil (Brust / Baucheingeweide) auch auf eine Reduktion des Absolutumsatzes (erhöhter Sympathikustonus, verringerte Perfusion).
 
Das periphere, z.T. deutlich kühlere Gewebe wird als ("poikilotherme") Körperschale bezeichnet - dieser Teil umfasst Haut und Extremitäten (mit einem von der Außentemperatur abhängigen Anteil, Abbildung), seine Ausdehnung nimmt bei körperlicher Ruhe in kühler Umgebung zu.
 

Abbildung: Gegenstrom-Wärmeaustausch-Mechanismus
Nach einer Vorlage bei khanacademy.org

Durch arterio-venöse Wärmeabgabe (über Gewebebrücken) wird arterielles Blut, das in die Peripherie der Extremität strömt, durch venöses abgekühlt. Umgekehrt wird venöses Blut auf Kerntemperatur erwärmt. Dem Körper geht dadurch nur wenig Wärmeenergie verloren


In kühler Umgebung wird an den Extremitäten Wärmeenergie durch den Mechanismus des Gegenstrom-Wärmeaustausches (countercurrent exchange) zurückgewonnen: Warmes Körperkernblut strömt durch die Arterien und wird am zurückströmenden kalten Venenblut vorgekühlt. Umgekehrt wärmt sich das venöse Blut an den Arterien wieder an und betritt so den Körperkern nur geringgradig abgekühlt ( Abbildung).

Die Venen sind den Arterien eng angeschmiegt und umhüllen sie in der gemeinsamen bindegewebigen Gefäßscheide. An den Extremitäten kann so auch für lange Zeit ohne größeren Wärmeverlust ein starker Temperaturgradient (kalte Finger!) aufrechterhalten bleiben.




Ein Sonnenstich kann aus längerer Besonnung von Kopf- und Nackenregion resultieren: Die Hirnhäute werden gereizt, das ZNS antwortet mit mit Übelkeit und evtl. Erbrechen (vegetative Reaktion).
 
  Bei einem Anstieg der Kerntemperatur bis etwa 39°C verliert der Körper Flüssigkeit und Elektrolyte (Dehydration), das Blutvolumen sinkt, es kommt zu Kreislaufversagen und Hitzekollaps.
 
Steigt die Kerntemperatur über 40°C, kann sich ein Hirnödem entwickeln: Die Perfusion sinkt, Sauerstoffmangel tritt auf, die Nervenzellen werden geschädigt. Das führt einerseits zu Muskelkrämpfen, andererseits erlahmt die Schweißsekretion, der Kreislauf zentralisiert; das kann bis zu Bewusstlosigkeit und Koma führen (Hitzschlag).
 
Maligne Hyperthermie kann im Rahmen von Narkosen durch übermäßige Wärmeproduktion in den Muskeln auftreten (mutierter Ryanodinrezeptor)
 
    Der Grundumsatz steigt pro °C Körpertemperatur um 10-15%, was u.a. intensivmedizinisch wichtig ist.
 
Die einfachstem Gegenmaßnahmen bei Hitzeschaden sind:
 
      Bei Hitzekollaps: Hochlagern der Beine (Blut strömt vermehrt zum Herzen zurück: hydrostatische Kompensation)
 
      Bei Hitzschlag: Kühlung des Körpers (feuchte Wadenwickel), Vermeidung weiterer Wärmeeinwirkung.

  Die Gefahr hyperthermischer Komplikationen kann durch Medikamente auftreten: Diuretika verringern die Flüssigkeitsmenge im Körper (Dehydrierung) und damit die Kapazität für Schweißproduktion (verringerter Kühlungseffekt durch Evaporation); Acetylcholinantagonisten (Therapie von Mb. Parkinson, Koliken, Bradykardie) reduzieren die Fähigkeit zu schwitzen.

Lokale Temperatureinwirkung: Bei Personen mit Nervenschäden (Querschnittsgelähmte) sowie bei Narkotisierten kann Wärmeeinwirkung bereits ab 37°C zu Schädigungen der Haut führen, weshalb in diesen Fällen besondere Vorsicht beim Umgang mit warmen (heißen) Gegenständen (Wärmeflasche, Wickel!) geboten ist. Umgekehrt kann die lokale Durchblutung bei der Anwendung von Wadenwickeln (hochfiebernde Kinder) gefährdet sein und sollte regelmäßig
überprüft werden.
 

 
      Beim ruhenden Organismus produzieren das Gehirn ~15%, Organe der Brust- und Bauchhöhle ~55%, Muskulatur ~20% der Wärmeenergie - bei starker Belastung dominiert der Beitrag des Muskelgewebes (bis 90%). Die Körpertemperatur hängt vom Gleichgewicht zwischen Wärmebildung (von innen) und Wärmeeinwirkung (von außen) einerseits, sowie Wärmeverlust (nach außen) andererseits ab. Die Wärmeabgabe erfolgt üblicherweise zu ~90% über die Haut, ~10% über die Atemwege. Der Wärmeaustausch wird so eingestellt, dass die Körpertemperatur in einem engen Bereich stabilisiert wird
 
      Thermorezeptoren sind temperaturempfindliche Strukturen in Haut, Schleimhäuten, Gehirn. Wärme- und Kältefühler in der Haut sind freie Nervenendigungen. Besonders zahlreich sind temperaturempfindliche Zonen im Gesicht, insbesondere in der Mundregion (hohes Auflösungsvermögen). Kälte- (10-40°C, maximale Empfindlichkeit um 25°C), Wärme- (30-45°C) und Schmerzrezeptoren (unter 10°C und über 45°C) haben temperaturabhängiges Empfindlichkeitsverhalten. Reizung peripherer Kälterezeptoren erhöht den hypothalamischen Schwellenwert, ab dem Wärmeabgabe angeregt wird, und regt die Wärmeproduktion an (Kältezittern, hormonelle Umstellung). Anregung zentraler Wärmerezeptoren (Hypothalamus) bewirkt Wärmeabgabe (kutane Vasodilatation) und Verhaltensänderungen (Benetzung der Haut, Aufsuchen kühler Orte)
 
      Thermogenese erfolgt “zitterfrei” (Zellstoffwechsel im gesamten Körper), teils unter nervöser (Noradrenalin) und humoraler Kontrolle (Schilddrüsenhormone, Irisin, natriuretische Peptide) und durch Aktivierung der Skelettmuskeln (u.a. Kältezittern). Braunes Fettgewebe enthält Thermogenin (uncoupling protein UPC1), das in Mitochondrien den Wiedereintritt von Protonen in die Matrix kurzschließt und die gewonnene Energie statt für die ATP-Synthese zur Erwärmung nutzt. Die Körpertemperatur bleibt unverändert, wenn Wärmezufuhr und Wärmeabgabe gleich groß sind. Die Wärmebildung erwachsener Personen beträgt in Ruhe ~80 Cal/h; die Wärme wird über den Blutkreislauf auf die Körperoberfläche verteilt. Der Hauptteil der Wärmeproduktion erfolgt im Körperkern (Kopf-, Brust-, Bauch- und Beckeneingeweide, arbeitende Muskulatur). Die Ausdehnung der Körperschale nimmt bei körperlicher Ruhe in kühler Umgebung zu. Durch Gegenstrom-Wärmeaustausch (arterio-venösen Wärmeshunt) wird arterielles Blut durch venöses abgekühlt, venöses durch arterielles erwärmt (geringer Wärmeverlust)
 
      Wärmeabgabe erfolgt durch Radiation (Infrarotstrahlung) proportional zur 4. Potenz des Temperaturunterschiedes zwischen strahlenden und empfangenden Körpern; Konduktion (Wärmeleitung von Haut auf umgebende Luft, Flüssigkeit oder Gegenstände); Evaporation (Verdunstung, Verdampfung) von Wasser auf der Haut und über die Atemwege (560 Cal pro l Wasser). Leitung und Verdunstung werden unterstützt durch Konvektion (Wind, Wasserströmung) - der konvektive Wärmetransfer ist in Wasser ~100-fach größer als in Luft (rasches Auskühlen)
 
      Die Behaglichkeitstemperatur hängt ab von Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Temperatur umgebender Gegenstände, subkutanem Fett, körperlicher Arbeit. Lang andauernder Kälteeinfluss regt den Stoffwechsel über gesteigerte Schilddrüsenaktivität an, plötzliche Abkühlung führt zu Kältezittern, der Sympathikus verringert den Wärmeverlust durch Vasokonstriktion (maximal bei ~30°C: physiologisches Perfusionsminimum). Unter 15°C Hauttemperatur kann es - vor allem nach Akklimatisation - zu periodischer Gefäßweitung kommen (Lewis-Reaktion, Hunter's response), was Kälteschäden (Frostbeulen) vorbeugt
 
      Erhöhung des hypothalamischen Sollwerts für die Körpertemperatur (durch Pyrogene wie Prostaglandin E2) löst Fieber aus. Das verstärkt die Immunabwehr, belastet aber Stoffwechsel und Kreislauf. Die fieberverursachenden Mechanismen sind selbstbegrenzend (nicht über 41°C). Verschwinden der Pyrogene (Sollwertkorrektur) steigert die Wärmeabgabe (“Gesundschwitzen”), bis Normaltemperatur erreicht ist. - Hyperthermie entsteht (im Gegensatz zu Fieber) nicht durch Verstellung des hypothalamischen Sollwertes, sondern durch Imbalance zwischen Wärmezufuhr und Wärmeabfuhr: Heiße Umgebung, Muskelarbeit (vorübergehend bis ~40°C physiologisch) oder Dehydrierung (mangelnde Schweißbildung). Ab 38°C Kerntemperatur im Ruhezustand kann Hitzekollaps auftreten, bei Muskelarbeit wegen der Muskelpumpe erst bei höheren Werten - hier droht Hitzschlag bei Gehirntemperaturen über 40°C. Die Stoffwechselvorgänge (Herzfrequenz) steigen bei Temperaturanstieg um 4°C um etwa 50%
 
      Hypothermie (Körperkerntemperatur <35°C) entsteht - bei gleich bleibendem Sollwert - wenn die Wärmeabgabe die Wärmezufuhr übersteigt, sie senkt den Sauerstoffverbrauch und verlängert die Ischämie-Toleranzzeit vor allem des Gehirns (~3 min bei 37°C, bei Abkühlung auf 20°C ~20 min, Q10-Wert zwischen 2 und 3)
 

 




  Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen: Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.