Physiologie lernen - den Organismus verstehen
Wie funktioniert der menschliche Körper?
IV. Energie-
und Stoffwechsel VI.
Ein funktionierender Stoffwechsel bedingt intakte Regelprozesse. So setzen ß-Zellen im Pankreas vermehrt Insulin frei, wenn nach einer Mahlzeit (postprandial) der Blutzuckerspiegel steigt: Glucose dringt in die Zellen ein, ATP wird vermehrt gebildet und blockiert Kaliumkanäle, der Kaliumausstrom sinkt und die Zelle wird depolarisiert, das öffnet Calciumkanäle und Ca++ führt zur Freisetzung gespeicherten Insulins.
Insulin
wirkt vor allem an Fett- und Muskelgewebe, wo es Zucker und
Aminosäuren besser verfügbar macht: Glucosetransporter
(GLUT) ermöglichen die Aufnahme von Glucose aus dem Extrazellulärraum, der Blutzuckerspiegel nimmt ab (negative Rückkopplung).
Andere
Hormone (wie Glucagon, Adrenalin, Glucocorticoide) treten im
postresorptiven Zustand ("Hungerphase") vermehrt auf, um Glucose aus körpereigenen
Speichern verfügbar zu machen, z.B. für das Gehirn;
Glykogen wird in der Leber abgebaut (Glykogenolyse) und Glucose für andere Gewebe bereitgestellt.
Ist dieser Vorrat verbraucht, schaltet die Leber auf Glukoneogenese aus Glyzerin, Laktat, Aminosäuren und anderen Kohlenhydraten. Im fortdauernden Hungerzustand - wenn die glukoneogenetischen Substrate versiegen - bildet die Leber schließlich aus Fettsäuren Ketonkörper,
die dem Gehirn als "Notbrennstoff" dienen. Acetessigsäure und Hydroxybuttersäure erzeugen eine
metabolische Azidose, die
kompensiert werden muss.
Autoregulation stabilisiert die Durchblutung des Gehirns bei Blutdruckschwankungen. Die Gefäße reagieren andererseits auf veränderten CO2-Partialdruck:
Hypokapnie reduziert die Perfusion (starke Hyperventilation kann zu
Ohnmacht führen), Hyperkapnie hingegen weitet die Hirngefäße und
steigert die Durchblutung.
Der Energieumsatz sagt etwas über den metabolische Status aus und kann direkt (Bestimmung der Wärmeproduktion) oder indirekt
gemessen werden (Sauerstoffverbrauch: Je mehr Energie der
Körper umsetzt, desto mehr O2 konsumiert er).
Die Umrechnung wird als "kalorisches" oder Energieäquivalent
bezeichnet: Pro Liter konsumiertem Sauerstoff fallen etwa 20 kJ
Energie an (unter Ruhebedingungen verbraucht eine erwachsene Person ca. 0,3 l
Sauerstoff pro Minute, entsprechend dem Umsatz von ~6 kJ Energie).
Die Körperzusammensetzung hat diagnostische und therapeutische Bedeutung. Kreatinin stammt spezifisch aus dem Muskelstoffwechsel, seine Produktion im Körper ist weitgehend konstant, und die
Kreatininausscheidung verhält sich proportional zur Muskelmasse. Der
Kreatininspiegel im Harn ist umgekehrt proportional zur Wasserausscheidung (Verdünnungseffekt) und daher eine wichtige Bezugsgröße
für die Urin-Konzentration anderer Stoffe.
Das Gehirn (Hypothalamus mit Hunger- und
Sattheitszentrum) steuert den Energiestoffwechsel
des Körpers unter Bezugnahme auf Signale aus dem Darm, Hormone
aus dem Fettgewebe und andere periphere Faktoren. Orexigene (hungerauslösende) und anorexigene
(Sattheits-) Faktoren steuern die Nahrungsaufnahme.
© H. Hinghofer-Szalkay