Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Physiologie des Herzens

Elektromechanische Kopplung und Kontraktionsmechanismus
© H. Hinghofer-Szalkay

Connexin: nexus = Verknüpfung (nectere = fesseln, verbinden)
Desmosom: δεσμός = Verbindung, σώμα = Körper
Lusitropie: lusorius = spielerisch (ludere = spielen, ohne Anstrengung ausführen)
Phospholamban: λ
αμβάνῶ = (Phosphat) fangen, annehmen
Rhythmus: ρυθμός = gleichmäßige Bewegung, Takt
Ryanodin: Alkaloid aus der südamerikanischen Pflanze Ryania speciosa, das hohe Affinität zu den als "Ryanodinrezeptoren" bezeichneten intrazellulären Calciumkanälen aufweist
Sarkomer: σαρκo- = Muskel(fleisch), μέρος = Teil



Elektromechanische Kopplung bedeutet, dass Aktionspotentiale Kontraktionen auslösen. Calciumionen (Ca++) übernehmen dabei eine Schlüsselrolle. Während Ca++ beim Skelettmuskel fast ausschließlich aus dem endoplasmatischen (sarkoplasmatischen) Retikulum stammt (wo es gespeichert wird), ist eine wichtige Quelle für die Kontraktion der Herzmuskelzelle auch Calcium, das - während des relativ lange andauernden Aktionspotentials (Plateauphase) - aus der extrazellulären Flüssigkeit einströmt.

Dieser Einstrom erfolgt über spannungsgesteuerte Ca++-Kanäle, andere (Ryanodinrezeptoren genannt) lassen Ca++ aus dem sarkoplasmatischen Retikulum in das Sarkoplasma eintreten. Das Protein Phospholamban erleichtert die anschließende Rückgewinnung von Ca++ ins Retikulum, damit fördert es auch die Erschlaffung des Muskels (lusitrope Wirkung).

Wie beim Skelettmuskel lagert sich Ca++ an Troponin an; dadurch wird die Aktin-Myosin-Reaktion freigegeben, und die Muskelfaser kontrahiert. Energetisch angetrieben wird der Vorgang durch ATP, das oxidativ gewonnen wird (was eine intakte Koronarperfusion voraussetzt).

Die während eines Herzschlags auftretenden Druck-Volumen-Änderungen lassen sich (an isolierten Herzpräparaten) in einem Diagramm darstellen. Hier zeichnen sich die Phasen des Herzzyklus ab (Anspannungzeit: isovolumetrischer Druckanstieg; Austreibungszeit: auxotone Phase; Entspannungszeit: isovolumetrischer Druckabfall; Füllungszeit: bis zu Beginn der nächsten Kammersystole).

Die Kontraktionsmaxima liegen auf einer "U-Kurve" (Unterstützungszuckungen), deren Lage Schlagkraft und Zustand des untersuchten Ventrikels charakterisiert. Herzwirksame Pharmaka können anhand solcher Präparate (
isoliertes Herz) präzise ausgetestet werden.



Elektro-mechanische Koppelung und Herzschlag Lusitropie Mechanismus und Steuerung der Kontraktion Ruhedehnungskurve, Druck-Volumen-Beziehung  Belastung und Kontraktionsgeschwindigkeit

    Calciuminduzierte Calciumfreisetzung (CICR)

Praktische Aspekte       Core messages

Aktionspotentiale, die über das myokardiale Synzytium laufen, lösen Kontraktionen des Herzmuskels (Systolen) aus. Eine Schlüsselrolle spielen Calciumionen, die teils aus dem Extrazellulärraum, teils aus intrazellulären Speichern blitzartig in das Sarkoplasma der Herzmuskelzellen einströmen und dort die Interaktion kontraktiler Filamente aktivieren. Die resultierende Verknüpfung von elektrischen (Erregung) und mechanischen Effekten (Kontraktion) nennt man elektromechanische Kopplung (excitation-contraction coupling).
 
Die elektromechanische Koppelung verknüpft Aktionspotential und Kontraktion
 
Ventrikuläre Kardiomyozyten sind sehr klein: Sie haben eine Länge von 1/10 mm und einen Durchmesser von ~20 µm, sind aber untereinander zu einem funktionellen Synzytium verbunden (gap junctions). Was sich während eines Herzschlags abspielt, wird zur Übersicht zuerst kurz zusammengefasst und dann im Detail geschildert:
 

Abbildung: Herzmuskelgewebe
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Mechanische Verknüpfung erfolgt über Desmosomen, elektrische über gap junctions (hier jeweils durch nur ein Konnexon angedeutet). Über diese interzellulären Stellen geringen elektrischen Widerstandes kann sich Strom über den Intrazellulärraum mehrerer benachbarter Myozyten (von erregten Zellen ausgehend) ausbreiten und noch unerregte Zellen aktivieren (funktionelles Synzytium). Über den Extrazellulärraum schließt sich der Stromkreis.

Kontaktstrukturen sind an Glanzstreifen (intercalated discs) konzentriert


  
   Aktivierung: Aktionspotentiale breiten sich über das Muskelgewebe aus - in jeder einzelnen Zelle längs über die Zellmembran (Sarkolemm) und von hier quer in schlauchförmige Vertiefungen, die transversalen oder T-Tubuli. Dadurch gelangt die Erregung unmittelbar in die Tiefe der Zellen.

Die T-Tubuli nähern sich in der Tiefe der Herzmuskelzelle bis auf 15 nm (0,015 µm) an das -
Calciumionen enthaltende - endo- (sarko-) plasmatische Retikulum (SR) an, das wegen dieser Nähe als junktionales sarkoplasmatische Retikulum bezeichnet wird und mit diesem sogenannte Diaden bildet. Hier finden sich in der Wand des SR - jeweils aus einem Riesenprotein aufgebaute - brückenförmige Strukturen ( Abbildung unten), welche die Membranen des T-Tubulus und des junktionalen SR verbinden und als (intrazelluläre) tertamere Calciumkanäle fungieren. Diese eigenartig geformten Calciumkanäle des junktionalen SR bezeichnet man als Ca++ release channels (was ihre Funktion beschreibt) oder - weil sie das Alkaloid Ryanodin binden - als Ryanodinrezeptoren (Ryr - im Herzen liegt die Isoform Ryr2 vor). Jede der vier Untereinheiten hat 6 membrandurchspannende α-Helices und eine in die Membran liegende Halbschleife (loop). Zusammen mit IP3-Rezeptoren gehören sie zum Calcium release-Kanaltypus.

Während der Plateauphase des Aktionspotentials (für ~100 ms) gelangen Calciumionen (Ca++) über L-Typ-Calciumkanäle vom Extrazellulärraum in die Zelle, was über sarkoplasmatische Ryanodinrezeptoren die Freisetzung von hier gespeicherten Calciumionen triggert (die sarkoplasmatisch gespeicherten Calciumionen sind locker an das Speicherprotein Calsequestrin angelagert). Diese "Calcium-Explosion" wird auch als calciuminduzierte Calciumfreisetzung (
CICR: calcium-induced calcium release) bezeichnet. [Ca++] in Sarkoplasma steigt dabei von 0,1 auf 0,5-2,0 µM (eine normale Systole geht vermutlich mit einer sarkoplasmatischen [Ca++] von etwa 0,55 bis 0,75 µM einher), einiges davon bindet an Troponin C und löst die Kontraktion aus.

Ein kleiner Teil des Calciums wird von Mitochondrien aufgenommen, die ATP nachsynthetisieren. (Mitochondrien nehmen ein Drittel des myokardialen Zellvolumens in Anspruch, was die enorme Intensität des myokardialen Energiestoffwechsels widerspiegelt.)
  

    Als calciuminduzierte Calciumfreisetzung (CICR: Ca++-induced Ca
++ release) bezeichnet man die Freisetzung von Ca++ in das Sarkoplasma der Herzmuskelzelle - aus Speichern des sarkoplasmatischen Retikulums - in Reaktion auf Calciumionen, die im Rahmen der Erregung über L-Typ-Calciumkanäle (transversale Tubuli) an Ryanodinrezeptoren (sarkoplasmatisches Retikulum) gelangen (trigger Ca++). Man vermutet, dass das Trigger-Calcium eines einzelnen durch ein Aktionspotential aktivierten tubulären L-Typ Calciumkanals eine Gruppe von bis zu 20 Ryanodinkanälen (Ca++ release channels) im sarkoplasmatischen Retikulum aktivieren kann.

CICR als effizienter Verstärkungsmechanismus: Über L-Typ Calciumkanäle der Zellmembran in den Myozyten eingedrungenes Ca++ führt zu Freisetzung von Calciumionen aus dem junktionalen sarkoplasmatischen Retikulum (vgl. weiter unten). Ein einziger solcher CICR-Vorgang kann in einer etwa 1 µm großen Mikrodomäne des Myozyten den Calciumspiegel im Sarkoplasma ([Ca++]) anheben (calcium spark).
Pro Herzmuskelzelle addiert sich der Effekt von etwa 104 sparks pro Erregungs in praktisch synchroner Weise, etwa 50% des im SR gespeicherten Calciums wird dabei freigesetzt. Die einzelnen Mikroeffekte summieren sich zu einem Anstieg der sarkoplasmatischen [Ca++] - für ca. 50 µs von etwa 0,1 µM auf rund 1 µM -, der länger andauert als das Aktionspotential (die Calciumfreisetzung aus Ryr-Calciumkanälen dauert länger an als die von L-Typ Calciumkanälen).

Begrenzte Verstärkung:
Im Rahmen der Erregung transversaler Tubuli über L-Typ Calciumkanäle freigesetztes Ca++ bewirkt die Freisetzung von Ca++ aus dem SR via release channels und es bestünde die theoretische Möglichkeit einer potitiven Rückkopplung (unkontrollierten Verstärkung). Dass es im Rahmen der CICR dazu nicht kommt, liegt wohl daran, dass es für die Aktivierung der Ryanodinrezeptoren eines sehr hohen Anstiegs der subsarkolemmalen Calciumkonzentration bedarf (ein flacherer Anstieg der [Ca++] lässt die Ryanodinrezeptoren "unbeeindruckt"). Dieser Anstieg bleibt aber räumlich und zeitlich limitiert (auf jeweils durch einen L-Typ Calciumkanal definierten Cluster angrenzender Ryanodinrezeptoren, in dem eine Art Alles-oder-Nichts-Aktivierung erfolgt - sogenanntes cluster bomb model). Die SR-Calciumkanäle (Ryanodinrezeptoren) werden anschließend innerhalb von 30-100 ms inaktiv.

Sarkoplasmatischer Calciumspeicher: Die Menge an Ca++, das zu einer gegebenen Zeit im sarkoplasmatischen Retikulum gespeichert ist, bestimmt die Intensität der Kontraktion unmittelbar nachfolgender Systolen. Zu den Faktoren, welche diese Speicherung beeinflussen, gehören
 
  die extrazelluläre Ca++-Konzentration (die von Organismus sehr genau reguliert wird),
 
  das Ausmaß des Einstroms über tubuläre L-Typ Calciumkanäle (verstärkt durch Katecholamine, abgeschwächt durch Calciumkanalblocker),
 
  die Herzfrequenz, die wiederum die Dauer von Systole (Calciumeinstrum aus dem Extrazellulärraum) und Diastole (Herausbefördern von Ca++ aus dem Sarkoplasma) beeinflusst.
 

Abbildung: Herzmuskelzelle
Nach einer Vorlage in Herring / Paterson, Levick's Introduction to Cardiovascular Physiology, 6th ed. 2018

Sarkomere erstrecken sich jeweils zwischen zwei Z-Streifen und sind in Serie angeordnet. Sie sind das kontraktile Element des Muskels.
 
Transversale Tubuli sind mit dem Extrazellulärraum verbundene Einstülpungen des Sarkolemms; sie sind parallel zu Z-Streifen angeordnet. Sie tragen spannungsabhängige L-Typ-Ca++-Kanäle  (Dihydropyridinrezeptoren), durch sie dringt Ca++ einerseits in das Sarkoplasma ein, andererseits triggert es die Freigabe von Ca++ aus dem sarkoplasmatischen Retikulum. Bei Herzmuskelzellen sind L-Typ-Ca++-Kanäle für die elektromechanische Koppelung unbedingt erforderlich.
 
Die Kontaktstellen mit Ausläufern des endoplasmatischen Retikulums bezeichnet man als Diaden. Hier befinden sich Ryanodinrezeptoren (rot), das sind Calciumkanäle in der Wand des sarkoplasmartischen Retikulums (SR), die Ca++ aus dem SR in das Sarkoplasma diffundieren lassen - das löst die Kontraktion aus.
 
Das sarkoplasmatische Retikulum legt sich wie ein Netz über Myofibrillen. Es ist ein Zwischenspeicher für Ca++-Ionen, die bei Erregung in das Zytosol freigesetzt werden, zwischen die Filamente diffundieren und die elektromechanische Koppelung (Kontraktion) vollenden. Anschließend werden sie wieder in das Retikulum zurückbefördert (Ca++-ATPasen, SERCA), wodurch sich der Muskel wieder entspannen kann.

Mitochondrien nehmen bis zu einem Drittel des Zellvolumens in Anspruch, sie versorgen die Myozyten mit ATP, was die Energieversorgung des (niemals ruhenden) Herzens sichert. Die Mitochondrien reihen sich zwischen den Myofibrillen auf. Die Produktion des ATP erfolgt durch oxidative Phosphorylierung. Die Energieversorgung ist abhängig von der koronaren Perfusion

Kontraktionsmechanismus: Depolarisation bewirkt an transversalen Tubuli den Einstrom von Ca++-Ionen durch spannungsabhängige L-Typ-Calciumkanäle (auch Dihydropyridinrezeptoren DHPR - bezeichnet wegen seiner Affinität zum Calciumkanalblocker DHP) in die Zelle. Dabei steigt [Ca++] im Sarkoplasma an, von 0,1 auf bis zu 2 mM. Einige dieser Calciumionen binden an Troponinmoleküle der kontraktilen Filamente und lösen die elektromechanische Kopplung (Auslösung einer Kontraktion infolge Erregung der Muskelzelle) aus.
 

Abbildung: Zeitverlauf von Aktionspotential, Calciumkonzentration und Kontraktion einer Herzmuskelzelle

Die Depolarisierung triggert die Erhöhung der intrazellulären Calciumkonzentration, und diese die Kontraktion. Der Ca++-Zeitverlauf erfolgt gegen die Depolarisationskurve zeitverschoben, die Kontraktion noch später


  Über den Kontraktionsmechanismus in quergestreiften Muskelzellen im Allgemeinen s. dort
 
Die Zahl aktivierter Querbrücken bestimmt die Kontraktionskraft des Herzmuskels. Bei jedem Erregungszyklus steigt die Ca++-Konzentration auf 0,5-2 µM an (nicht wie beim Skelettmuskel auf ~10 µM). Diese Konzentration aktiviert nur einen Teil der Querbrücken, und die Kontraktion ist (obwohl ein "Maximum" in dem Sinne, dass alle Herzmuskelfasern am Herzschlag teilnehmen) nur submaximal (im Ruhezustand ~40%). Daher bewirkt eine Steigerung des Calciumeinstroms - z.B. durch Adrenalin - auch eine Erhöhung der Schlagkraft des Herzens (positive Inotropie).
 
      L-Typ-Ca++-Kanäle (LTCC: L-type calcium channel, DHPR: Dihydropyridinrezeptoren) erlauben den Einstrom von Ca++ aus dem Extrazellulärraum; sie sind besonders dicht in T-Tubuli vertreten (Abbildungen). Jedem Calciumkanal liegen etwa 10 Ryanodinrezeptoren gegenüber. Phosphorylierung der LTCC steigert ihre Calciumdurchlässigkeit (und damit die Kontraktilität des Herzmuskels).
 
Das Ausmaß des Ca++-Stroms
wird über Wirkung an ß1-Rezeptoren verstärkt, durch "Calciumblocker" abgeschwächt.
 
      Der Ryanodinrezeptor ist ein Ionenkanal ("Ryanodinkanal"). Er bildet einen tunnelförmigen Fortsatz, der sich ganz nahe zu einem L-Typ-Calciumkanal des Tubulus erstreckt und als Calciumkanal wirkt (calcium release channels). Der Ryanodinrezeptor wird durch Ca++ aktiviert (CICR) und setzt aus dem junktionalen sarkoplasmatischen Retikulum explosionsartig Ca++ frei. So wird die Erregung der transversalen Tubuli in Calciumfreisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum (CICR) "übersetzt".
 
Ryanodinkanäle bleiben länger geöffnet als
L-Typ-Ca++-Kanäle und tragen zu einem großen Teil zum intrazellulären Calciumanstieg bei.

Im Gegensatz zu Skelettmuskelzellen sind DHPR und Ryanodinkanäle im Herzmuskel nicht physikalisch miteinander verbunden.
 

Abbildung: Calciumtransport und Mechanismen der Modulierung
Nach Niggli E, Ullrich ND, Gutierrez D, Kyrychenko S, Polakova E, Shirokova N. Posttranslational modifications of cardiac ryanodine receptors: Ca2+ signaling and EC-coupling. BBA Mol Res 2013; 1833: 866-75

Die Modulierung kann über Calciumionen und Phosphorylierung erfolgen. LTCC (L-type calcium channels) aktivieren RyR (Ryanodinrezeptoren) und regen Calciumeinstrom aus dem sarkoplasmatischen Retikulum (SR) an (CICR: calcium-induced calcium release).
 
Das Ausmaß der Phosphorylierung der RyR bestimmt deren Empfindlichkeit gegenüber Ca++: Aktivierung von ß1-Adrenozeptoren (ß-AR) aktiviert Adenylatzyklase (AC) und Proteinkinase A (PKA). PKA phosphoryliert RyR und Phospholamban (PLB) und regt dadurch den Calciumdurchsatz des Kardiomyozyten an.
 
Nach CICR und Kontraktion wird Ca++ in das SR zurückgepumpt: Erhöhter zytoplasmatischer Calciumspiegel aktiviert die Ca++/calmodulinabhängige Proteinkinase II (CaMKII: Ca++/calmodulin-dependent protein kinase II). CaMKII hilft den Calciumspiegel im Sarkoplasma zu senken - durch Inhibition von LTCC und RyR sowie Aktivierung der SERCA (Sarcoplasmic / endoplasmic reticulum calcium ATPase) durch Inhibition des PLB.
 
SERCA an der Membran des sarkoplasmatischen Retikulums, sowie (hier nicht gezeigt) Na/Ca-Austauscher und Calciumpumpen in der Außenmembran (Sarkolemm) regulieren den sarkoplasmatischen Calciumspiegel

Der Calciumspiegel steigt im Sarkoplasma einer erregten Herzmuskelzelle auf 0,5-2 µM an (im Skelettmuskel bis auf 10 µM), so wird nur ein Bruchteil der vorhandenen Aktin-Myosin-Querbrücken aktiviert (im Skelettmuskel ist die Aktivierung komplett). Das bedeutet, die Kontraktion ist submaximal (meist um die 40% des Maximums). Erhöhung des systolischen Calciumanstiegs (z.B. durch Adrenalin) steigert auch die Zahl der aktiven Querbrücken und damit die Schlagkraft.

Das sarkoplasmatische
Retikulum (SR) - ein Netzwerk 20-60 nm weiter intrazellulärer Tubuli, die Myofibrillen strumpfartig umgeben und zahlreiche Kontaktstellen mit transversalen Tubuli aufweisen - konstituiert den intrazellulären Ca++-Speicher (gebunden an Calsequestrin) und nimmt ~5% des Zellvolumens in Anspruch.

Es bildet zwei miteinander verbundene Kompartimente:
 
      Ein sich über Myofibrillen erstreckendes Netzwerk (network SR), das via (durch Phospholamban gesteuerte) Ca++-Pumpen (SERCA) aus dem Zytosol freigesetzte Ca++-Ionen aufnimmt; und
 
      ein junktionales (junctional SR), das Ca++ speichert, enge Kontaktstellen mit dem T-System (Diaden) aufweist und - bei dessen Depolarisierung - Ca++ in die Zelle abgibt. An der Kontaktstelle sitzt ein Riesenprotein (2,3 MDa), das als Ryanodinrezeptor (Ryr), Ca++ release channel oder calcium-induced calcium release (CICR) channel bezeichnet wird.
 
    
~80% (75-90) des während eines Kontraktionszyklus in das Sarkoplasma gelangten Ca++ stammt aus dem sarkoplasmatischen Retikulum; ~20% (10-25) kommen aus dem Extrazellulärraum. Extrazelluläres Ca++ - das über L-Typ Calciumkanäle in den Myozyt einströmt - ist dennoch von entscheidender Bedeutung, denn es triggert die Freisetzung von Ca++ aus dem sarkoplasmatischen Retikulum (über Ryanodinrezeptoren - CICR).


Abbildung: Elektromechanische Kopplung in einer Herzmuskelzelle
Nach
Knollmann BC, Roden DM, A genetic framework for improving arrhythmia therapy. Nature 2008; 451: 929-36

Grüne Pfeile: Transmembranaler Calciumstrom.
 
Junctin
und Triadin sind Proteine in der Wand des sarkoplasmatischen Retikulums, die an der calciuminduzierten
Calciumfreisetzung beteiligt sind.
 
Sarkoglykan verbindet das Zytoskelett mit der extrazellulären Matrix.
 
Proteine, deren Gene bei primärer Arrhythmie (Herzrhythmusstörung) mutiert sein können (Erregungsstörung)
  
Proteine, deren Gene bei Kardiomyopathien mutiert sein können, was ebenfalls zu Arrhythmien führen kann

   Triadin hat Einfluss auf die Calciumfreisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum, indem es mit dem Ryanodinrezeptor interagiert. Es fungiert als Ca++-Sensor und beeinflusst die Interaktion zwischen dem Ryanodinrezeptor und Calsequestrin.
 
   Das in der Membran des sarkoplasmatischen Retikulums verankerte Protein Phospholamban (PLN oder PLB) ("Phosphatfänger") bremst im dephosphorylierten (aktiven) Zustand die Aktivität der SERCA (Ca++-Pumpe) und damit die Ca++-Aufnahme in das sarkoplasmatische Retikulum ( Abbildung oben).
 
Phosphorylierung des Phospholambans schwächt dessen Bremswirkung auf den Calcium-Einwärtstransport ab und beschleunigt die Relaxation. Die Phosphorylierung erfolgt durch cAMP-abhängige Proteinkinase A (PKA) - insbesondere unter der Wirkung von Adrenalin / Noradrenalin, die PKA aktivieren und so die Relaxation beschleunigen (positive Lusitropie).
 
Dephosphorylierung des PLN stellt seine Hemmwirkung auf SERCA wieder her, sie kann durch das Holoenzym (regulatorische + katalytische Untereinheit) Typ 1- Protein Phosphatase (PP1) erfolgen. PP1 ist ein bedeutender Regulator des Calciumumsatzes und der Reaktion des Herzmuskels auf ß1-adrenerge Stimulation. Ist die PP1-Aktivität (die durch endogene Inhibitoren reguliert wird) zu hoch, schwächt das die Kontraktionsfähigkeit der Zelle.
 
   Calsequestrin befindet sich im junktionalen sarkoplasmatischen Retikulum ( Abbildung unten) und kann eine hohe Zahl an Calciumionen binden.
 
   Desmosomen dienen der mechanischen Verknüpfung von Herzmuskelzellen.
 
   Connexinkanäle verbinden benachbarte Myozyten in gap junctions, sodass elektrische Potentialänderungen direkt von Zelle zu Zelle übertragen werden können.
 
   Sarcoglykane verknüpfen das Zytoskelett der Muskelzelle mit der extrazellulären Matrix und dienen so der mechanischen Verankerung.

In der ruhenden Herzmuskelzelle beträgt die Konzentration an freien Calciumionen ~10-7M. Bei Erregung steigt sie bis 10-5M, also etwa 100-fach an. (Im Extrazellulärraum beträgt [Ca++] ~10-3M.)

Zeitlich-räumliche Optimierung: Ca++ bindet an Troponin C. Durch die räumliche Anordnung der Permeasen werden in koordinierter Weise gleichzeitig oberflächliche und tiefer gelegene Teile der Muskelfaser mit Ca++ "überflutet", was zu hoher Effizienz des Kontraktionsvorgangs führt.

Der weitere Vorgang erfolgt analog dem Kontraktionsmechanismus in der Skelettmuskulatur.


Ca++-Ionen verlassen anschließend die Herzmuskelzelle aktiv (Ca-ATPase) oder im Austausch gegen Natrium (NCX: Na/Ca-Austauscher). Der NCX arbeitet ladungsabhängig: Im nicht erregten Myozyt (diastolisch) fördert er Ca++ aus der Zelle; im erregten (systolisch) in die Zelle. Insgesamt überwiegt beim NCX der Netto-Auswärtstransport von Ca++.

Vergleich der elektromechanischen Kopplung bei quergestreiften und glatten Muskelzellen s. dort
 
Die postsystolische Entspannungsfähigkeit nennt man Lusitropie
  Herzqualitäten s. dort

Um die Herzmuskelzelle wieder zu entspannen, muß die sarkoplasmatische Calciumkonzentration sinken. Dadurch dissoziieren Calciumionen von Troponin C und verlieren so ihre Wirkung auf das kontraktile System.
  

Abbildung: Calcium und Herzmuskelaktivität
Nach einer Vorlage in Herring / Paterson, Levick's Introduction to Cardiovascular Physiology, 6th ed. 2018

Links: Der Einstrom von Ca++ aus dem Extrazellulärraum über L-Typ-Calciumkanäle trägt rund 20% (10-25%) zur elektromechanischen Kopplung bei und triggert die Öffnung von Calciumkanälen des sarkoplasmatischen Retikulums (CICR: calciuminduzierte Calciumfreisetzung). Etwa 80% (75-90%) des für die elektromechanische Kopplung benötigten Calciums stammt aus dem sarkoplasmatischen Retikulum.
 
Rechts: Unter Mitwirkung von Phospholamban wird Ca++ in der Diastole wieder aufgenommen und z.T. an Calsequestrin gebunden. Calcium verlässt die Herzmuskelzelle über Austausch mit Natrium (1 Ca++ gegen 3 Na+, netto eine positive Ladung in die Zelle - Beitrag zur Plateauphase des Aktionspotentials), sowie direkt energieverbrauchend


Das sarkoplasmatische Retikulum (SR) nimmt 5% des Volumens der Herzmuskelzellen in Anspruch. Das junktionale SR enthält Ca++ in relativ hoher Konzentration (etwa 1 mM) und ist dicht mit Ryanodinrezeptoren ausgestattet, seine Funktion ist die Freisetzung von Ca++ für die elektromechanische Kopplung. Die Ryanodinrezeptoren (calcium release channels) sind riesige T-förmige Permeasen (etwa 2300 kDa) mit fußförmigen Calciumkanälen, die nur wenige Nanometer von der Membran transversaler Tubuli entfernt enden (auf einen tubulären L-Typ Calciumkanal kommen etwa 10 SR-Ryanodinrezeptoren).
 
Während das junktionale SR auf die rasche Freisetzung von Calciumionen spezialisiert ist, besteht die Aufgabe des "Netzwerk-SR" in der (ATP-betriebenen) Rückgewinnung von (während der Kontraktion in das Sarkoplasma gelangten) Calciumionen (
Abbildung).
 
In der Relaxationsphase (restitution) wird Ca++ in intrazelluläre Speicher (75-90%) sowie in den Extrazellulärraum (10-25%) verbracht, die Calciumkonzentration im Zytoplasma nimmt ab. Das erfolgt über mehrere Wege:
 

      Transport von Ca++ in den Extrazellulärraum - über Na/Ca-Austauscher NCX1 (für höhere [Ca++]-Werte im Sarkoplasma) und Ca-Pumpen (PMCA: Plasma membrane Ca ATPase, kardiale Subtypen 1, 2 und 4 - arbeiten auch bei niedrigen [Ca++]-Werten im Sarkoplasma)
 
      Transport von Ca++ in das sarkoplasmatische Retikulum (durch SERCA2a). SERCA wird reguliert durch Phospholamban (s. oben)
 
      Aufnahme von Calciumionen in Mitochondrien: Die innere Mitochondrienmembran verfügt über selektive Calciumkanäte (MiCas)
 
Die als Lusitropie bezeichnete Eigenschaft bezieht sich auf myokardiale Entspannung. Da Calciumionen aktiv aus dem Sarkoplasma entfernt werden müssen, um die Zelle "weich" zu machen, ist die diastolische Relaxation ATP-abhängig.

 
  Positive Lusitropie:

       Phosphorylierung des Phospholambans durch Proteinkinase A (PKA - Anregung durch cAMP) beschleunigt die Rückführung von Ca++ ins endoplasmatische Retikulum.

Dies erklärt den positiv lusitropen Effekt einer ß1-Rezeptor-Stimulierung (erhöht die PKA-Aktivität) - Sympathikusaktivität fördert die diastolische Entspannung des Myokard.



Noradrenalin bewirkt Phosphorylierung von
Phospholamban, und da dieses die Aufnahme von Ca++ in das sarkoplasmatische Retikulum fördert, relaxiert das Myokard rascher. Allerdings ist auch der Wiederaustritt von Ca++ ins Zytosol erleichtert, wenn die Herzmuskelzelle wieder erregt wird (positiv inotroper Effekt). Dieser Vorgang spielt sich am sarkoplasmatischen Retikulum ab; ohne Katecholaminwirkung hätte ein vermehrter Ca++-Einstrom aus dem Extrazellulärraum einen negativ lusitropen Effekt.

    Negative Lusitropie: Die Relaxation des Herzmuskels wird durch folgende Faktoren behindert:

       Calciumüberladung des Zytosols

       verminderte Funktion der Calciumpumpen: Ca++-ATPase, Na+-Ca++-Austauscher an der Zellmembran

       verminderte Funktion der SERCA (sarkoplasmatische Ca++-ATPase)
 
Im sarkoplasmatischen Retikulum werden
Calciumionen schwach und daher reversibel, aber mit hoher Kapazität - 65 Ca++ pro Molekül Calsequestrin - gebunden.
 
Mechanismus und Steuerung der Kontraktion
 

Alle Fasern des Herzmuskels sind über gap junctions elektrisch miteinander verbunden; Erregungswellen breiten sich über sämtliche Kardiomyozyten aus. Alle Fasern nehmen an der Systole teil, daher ist jeder Herzschlag ein "Maximum", das von einer völligen Entspannung gefolgt ist.

Allerdings sind bei ruhiger Herzaktion
nur etwa 40% der Aktin-Myosin-Querbrücken aktiv. Bei körperlicher Belastung bzw. allgemein unter Stressbedingungen steigt dieser Anteil, die Systole wird kräftiger (positive Inotropie). Das ist durch zwei Mechanismen verursacht:



       Calciummenge: Katecholamine steigern das Ausmaß des Ca++-Einstroms durch L-Typ-Ca++-Kanäle (Dihydropyridinrezeptoren). Über Aktivierung von ß1-Rezeptoren steigt [cAMP], es kommt zu Aktivierung der Proteinkinase A und (Phosphorylierung) von spannungsabhängigen Ca++-Kanälen, verstärkten Ca++-Einstrom und erhöhtes [Ca++] für die elektromechanische Kopplung (Troponin)

       Calciumempfindlichkeit: Mit der diastolischen Füllung steigt die Kontraktionskraft (Frank-Starling-Mechanismus), weil die Sensitivität der Myofibrillen gegenüber Ca++-Ionen mit zunehmender Dehnung zunimmt.
 
Lage der Kardiomyozyten und Expression von Protein-Isoformen: Lokale Unterschiede (subepi- vs. subendokardial gelegene Schichten) des Funktionsprofils von Myokardzellen sind durch unterschiedliche Isoform-Expression kontraktiler und regulatorischer Proteine bedingt.
  

Abbildung: Organisation eines myokardialen Sarkomers
Nach Katz AM, Zile MR, New molecular mechanism in diastolic heart failure. Circulation 2006; 113: 1922-5

Das 1,8-2,0 µm lange Sarkomer ist die Region zwischen zwei Z- (Zwischen-) Streifen. An ihnen setzen Aktin- und Titinfilamente an.
  
Aktinfilamente sind
~1 µm lang und 6 nm dick. Zusammen mit Titin füllen sie den isotropen (I-) Streifen. Im anisotropen (A-) Streifen interagieren sie mit Myosin, was den Mechanismus der Kontraktion unterstützt.
  
Die 150 nm langen Myosinmoleküle sind golfschlägerförmig; ihr Kopfteil ist bei der Kontraktion aktiv. Myosinfilamente sind 1,6 µm lang, messen 11 nm im Durchmesser und bestehen aus ~400 Myosinmolekülen.
 

Die aktinfreie H- ("helle") Zone in der Mitte des Sarkomers beinhaltet M- ("Mittelscheiben") Streifen. Diese enthalten regulierende Proteine wie z.B. Myomesin, das mit Titin interagiert.
Titin verleiht strukturelle Festigkeit und bestimmt (zusammen mit Kollagen im extrazellulären Raum) die passive Dehnbarkeit des Herzmuskels. In der (Myosinfilamente enthaltenden) A-Zone ist Titin ziemlich rigide, in der (äußeren, nur Actinfilamente enthaltenden) I-Zone elastischer. Titin interagiert mit mehreren Proteinen, darunter M-Protein, Myomesin, Onscurin und Ankyrin. Ankyrine verankern Ionenkanäle in der Zellmembran, myosinbindende Proteine stabilisieren das Sarkomer, Obscurin ist ein großes Signalprotein.
 
Die Rechtecke in der Abbildung markieren Zonen, in denen Titin an Signaltransduktion beteiligt ist (Bereiche des M-, I- und Z-Streifens)
 
  Über das Skelettmuskel-Sarkomer s. dort

Titin
moleküle erstrecken sich über das gesamte Sarkomer; in der Sarkomermitte sind sie über das myosinbindende Protein (orangefarben in der Abbildung) an Myosin fixiert. Titin wirkt wie eine Feder, die gedehntes Myokard wieder zu verkürzen hilft. Diese Gegenkraft beginnt bei einer Sarkomerlänge von etwa 2 µm und nimmt bei weiterer Dehnung steil zu.

Im Herzmuskel finden sich zwei Teilsequenzen im I-Streifen des Titinmoleküls (N2-B und N2-A), die sich in ihrer Dehnbarkeit unterscheiden und individuell unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Regulierende Proteine (Ankyrin etc) interagieren mit Titin im Bereich des M-Streifens.

Entlang des Titinmoleküls wechseln mechanische Eigenschaften: Elastisch im Bereich des I-Streifens, rigide im Bereich der A-Zone. Zonen für Signaltransduktion im M-, I- und Z-Streifenbereich sind in der
Abbildung angezeigt.

Titin bestimmt die Dehnbarkeit (Compliance) der Sarkomere bzw. des Myokards; sie sind zu den kontraktilen Filamenten parallelgeschaltet, diese sind aber im diastolischen Zustand fast widerstandlos verschiebbar. Normale Myokardzellen werden in vivo nicht über
~2,3 µm lang; intensivere Streckung resultiert in geringer Dehnbarkeit, die Herzmuskelzelle "versteift".

Mutiertes "Riesentitin" ermöglicht eine Dehnung der Sarkomere bis ~4 µm.
 

Abbildung: Phasen des Kontraktionsablaufs
Nach einer Vorlage in Herring / Paterson, Levick's Introduction to Cardiovascular Physiology, 6th ed. 2018

Oben: Ruhezustand. Tropomyosin blockiert die Bindungsstellen am Aktin (gelber Stern).
  
Mitte: Freigesetzte Calciumionen verändern die Position des Troponinkomplexes, die Bindungsstellen für Myosinköpfe werden frei für die Querbrückenbildung.
  
Unten: Verwinkelung des Myosinkopfes (mit gebundenem Aktin) führt zu einer "Ruderbewegung", der Z-Streifen rückt um eine Strecke von 5-10 nm zur Sarkomermitte.
  
Anschließend löst sich der Myosinkopf vom Aktinfilament und kippt - unter ATP-Verbrauch - in die Ausgangslage zurück, um neuerdings einen Aktin-Bindungspartner zu engagieren. Die Energie für den nächsten Kraftschlag wird also in das Zurückklappen des Myosinkopfs (ähnlich wie in das Spannen einer Feder) investiert.
  
Insgesamt verfügt ein Myosinfilament über etwa 400 Myosinköpfe


Die Abbildung zeigt  ein Schema des Kontraktionsablaufs in einer Herzmuskelzelle. Er ist sehr ähnlich demjenigen in einer Skelettmuskelzelle. Jeder einzelne Myosinkopf fungiert als unabhängiger Kraftgenerator, und die (nicht synchron ablaufende) Aktion von hunderten davon (pro Myosinfilament) summiert sich (solange die Bindungsstellen an den jeweils 6 umliegenden Aktinfilamenten unter Ca++-Einwirkung auf Troponin frei sind) zu einem kontinuierlichen Zug an den Z-Streifen. Diese bewegen sich (soferne die Gegenkraft nicht überwiegt) zur Sarkomermitte und verkürzen so die Muskelfaser insgesamt. Die Addition dieses Effekts an Muskelzellen im myokardialen Synzytium ergibt schließlich die systolische Kontraktion, der Druck im Vorhof / Ventrikel nimmt zu, Blut wird entsprechend den Gesetzen der Herzmechanik weiterbefördert.

Die Geschwindigkeit des zyklischen Ablaufs der Querbrückenbildung / Querbrückenlösung (crossbridge cycling) - und damit des Aneinander-vorbei-Gleitens der Filamente im Sarkomer - hängt von der Isoform der Myosin-
Schwerketten (MHC: myosin heavy chain) ab. Der Herzmuskel erwachsener Menschen hat 97% langsam gleitendes ß-MHC (die führende Isoform im Herzmuskel des Menschen) und 3% rasch gleitendes α-MHC (vor allem in den Atrien exprimiert).
 
      Troponin (TNN) bindet Calciumionen und reguliert die Kontraktion. Ca++-Ionen binden an Troponin C, was die räumliche Struktur des Troponinkomplexes ändert (Tropomyosin gibt die Reaktionsstellen für Myosinköpfe frei). Der Troponinkomplex besteht aus drei Untereinheiten:
 
  Troponin C  bindet Calciumionen (die im Rahmen der elektromechanischen Kopplung in das Sarkoplasma freigesetzt wurden)
 
  Troponin I  wirkt inhibitorisch auf die Bindung des Myosinkopfes an Aktinmoleküle (verhindert die Kontraktion), bei Calciumanlagerung an Troponin C verliert es seine inhibitorische Wirkung
 
  Troponin T  bindet den Komplex an Tropomyosin und unterstützt die Positionierung an das Aktin.
 
Die im Herzen vorliegende Isoform des Troponins ist Troponin C1 (TNNC1). Der Ca++-TNNC1-Komplex hebt anschließend die Hemmung der kardialen Isoform des Troponin I (TNNI3) am Aktin auf.

Troponin wird bei Beschädigungen von Muskelzellen vermehrt in den Kreislauf freigesetzt.
Kardiales Troponin I und Troponin T sind Marker für Hermuskelnekrosen.
 
      Tropomyosin (TPM) ist ein 43 nm langes, bandförmiges regulatorisches Protein, das sich zwischen die beiden Ketten der Aktinmoleküle legt, dabei sieben G-Aktin-Untereinheiten abdeckt und an einem Ende einen Troponinkomplex trägt. Die Ca++-bedingte Aufhebung der Hemmung des Troponin I (TNNI3) am Aktin bewirkt das Wegkippen des Tropomyosins (TPM1) vom Troponin T2 (TNNT2), und die Myosinköpfe können mit Aktinmolekülen in Interaktion treten - der Muskel kontrahiert.

Die höchste Kontraktionskraft liefert eine Myokardzelle bei einer Sarkomerlänge von
2,2 µm, also bei starker Vordehnung. Bei einem normalen enddiastolischen Volumen beläuft sich die Sarkomerlänge auf 1,8-2,0 µm; das bedeutet, das Myokard arbeitet im ansteigenden Teil der Kraft-Volumen-Kurve (die Kraftausbeute nimmt mit der diastolischen Füllung zu - in Übereinstimmung mit der Aussage des Frank-Starling-Mechanismus).
 
Übertragung der Kontraktionskraft über das Netz an Kardiomyozyten: Jede einzelne Muskelzelle trägt mit ihrer Kontraktion zur systolischen Druckentwicklung bei. Das bedeutet, dass die Zellen untereinander mittels stabiler mechanischer Verknüpfungen verbunden sein müssen. Diese gegenseitige Verankerung erfolgt mittels komplexer Molekülnetze (Zellkontakte, junctional complexes) - zwischen Myozyten via Desmosomen
(maculae adhaerentes), mit anderen Zellen mittels Hemidesmosomen. Cadherine spielen für solche Kraftübertragungsstellen eine besondere Rolle.
 
 Ruhedehnungskurve, Druck-Volumen-Beziehung
 
Ähnlich wie beim Skelettmuskel, können auch beim Herzmuskel Beziehungen zwischen
Vordehnung und Kontraktionskraft quantifiziert werden. Sofern nicht ein isolierter Muskelstreifen, sondern das ganze Organ Gegenstand der Untersuchung ist, werden statt der Vordehnung (L) der Ventrikelinhalt (L3), und statt der Kraft (K) der Druck im Ventrikel (K/L2) gemessen und gegeneinander aufgetragen.

So ergeben sich Druck-Volumen-Diagramme, und da Druck mal Volumen die Dimension Arbeit (K mal L) hat, können die Flächen im Diagramm, die bei einem Herzschlag umstrichen werden, als Maß für die aufgebrachte mechanische Arbeit des Ventrikels während einer Systole herangezogen werden.

 

  Abbildung: Ruhedehnungskurve (grün), U-Maxima (rote Linie)
Nach einer Vorlage bei adinstruments.com

Ein Herzschlag überstreicht die grün schraffierte Druck-Volumen-Kurve, deren Fläche ein Maß für die geleistete Arbeit während der Kontraktion ist. Alle Systolen enden auf einer Geraden der jeweils gültigen U-Maxima (rot).
 
RDK = Ruhedehnungslurve (grün)


Die Ruhedehnungskurve (resting length-tension curve, end-diastolic pressure-volume relation EDPVR) spiegelt mechanische Eigenschaften des Ventrikels wider, die U-Maxima geben mit ihrer Entfernung zum jeweiligen Ausgangspunkt (enddiastolisch - endsystolisch) an, wie intensiv die Kontraktionen sind.
 

   
Näheres s. dort
 

Eine Kontraktion, an der alle verfügbaren Muskelfasern teilnehmen, führt zu einem sogenannten Maximum. Jeder Herzschlag erreicht (am Ende der Systole) automatisch ein Maximum, da ja sämtliche Muskelfasern an der Kontraktion teilnehmen (daher nennt man einen solchen zusammenhängenden Zellverband ein funktionelles Synzytium).

Eine Kontraktion, die (wie ein normaler Herzschlag) aus einer iso(volu)metrischen und dann einer isotonen bzw. auxotonen Phase besteht, bezeichnet man als Unterstützungszuckung. Deren Maximalwert ist im Druck-Volumen-Diagramm durch die Lage auf der Linie der U-Maxima (end-systolic pressure-volume relation ESPVR) gekennzeichnet.

Kontraktionen aus unterschiedlicher diastolischer Vorfüllung (preload) und mit unterschiedlichem Druck im arteriellen Gefäß erreichen unterschiedliche Maximalpunkte im Druck-Volumen-Diagramm, die auf der sogenannten U-Kurve bzw. -Gerade (Verbindung aller Unterstützungs-Maxima - in der Abbildung rote Gerade) liegen. Je weiter diese von den Ausgangspunkten auf der Ruhedehnungskurve (grün) entfernt sind, desto stärker schlägt das Herz (Abschätzung der Inotropie).
 
Kraft, Geschwindigkeit, Belastung
  
Wie bei jedem Muskel, hängt die Geschwindigkeit der myokardialen Kontraktion von der Belastung ab (  Abbildung). Ist diese vernachlässigbar gering, kontrahiert der Muskel mit maximal möglicher Geschwindigkeit. Mit zunehmender Gegenkraft nimmt die Verkürzungsgeschwindigkeit ab, was die Entleerung des betreffenden Herzraumes verlangsamt und die Transportfunktion des Herzens beeinträchtigen kann.


   Abbildung: Kontraktionsgeschwindigkeit als Funktion der Belastung
Nach einer Vorlage bei Klabunde RE, Cardiovascular Physiology Concepts. cvphysiology.com

Die Kontraktionsgeschwindigkeit ist je nach Region des untersuchten Herzmuskels sehr unterschiedlich. Die Muskelfasern ziehen in anatomisch komplexer Anordnung durch das Myokard und verkürzen sich entsprechend lokalen Anforderungen.
 
Hohes Preload verschiebt die Kurve zu höherer, niedriges zu geringerer Kraftentfaltung (Abszisse: "Haltekraft"); die maximale Kontraktionsgeschwindigkeit bleibt gleich (Ordinate).
 
Positiv inotrope Einflüsse verschieben die gesamte Kurve nach oben und rechts, negativ inotrope nach unten und links


Anders ausgedrückt: Mit zunehmender Nachlast (afterload) nimmt - ceteris paribus - die Auswurfgeschwindigkeit ab.

Die Geschwindigkeit, mit der der Ventrikel kontrahiert, nimmt vor allem mit zwei Faktoren zu:

       Wenn die Länge der Muskelfasern zunimmt (also mit steigendem Füllungsvolumen bzw. höherer Vorlast), und

       mit sinkender Gegenkraft (arteriellem Druck bzw. Nachlast).

Positiv inotrop wirkende Substanzen bewirken, dass das Herz bei gleichbleibender Kontraktionsgeschwindigkeit eine größere Last bewältigt, bzw. eine gleichbleibende Last mit höherer Geschwindigkeit.
 
Herzbelastung und Hypertrophie: Über längere Zeit hat der Betrag der Nachlast einen trophischen Effekt: Je höher, desto intensiver ist das "Training" für den Herzmuskel und umso höher wird die Masse des betreffenden Myokards.

    So kommt es z.B. bei Behinderungen der diastolischen Blutströmung durch die AV-Ebene (Klappenstenose) oder systolischen Rückstrom durch eine undichte AV-Klappe (Klappeninsuffizienz) zu verstärkter Belastung des atrialen Myokards und Vorhofhypertrophie.

    Erhöhte Pumpanforderung an die Ventrikel durch wiederholtes intensives körperliches Training (z.B. Radsport) bedingt ein "Sportlerherz", das Ventrikelmyokard nimmt von ~300 g bis zu ~500 g zu (das führt u.a. auch zu erhöhtem parasympathischen Einfluss - Ruhe-Bradykardie bis unter 40 bpm).

    Taschenklappenprobleme (systolisch: Stenose, diastolisch: Insuffizienz) führen zu erhöhter Belastung und ebenfalls zu ventrikulärer Hypertophie.

Nimmt die mittlere Belastung wieder ab, sinkt auch der trophische Effekt und die Muskelmasse reduziert sich allmählich in Richtung "Kontrollwert" zurück.




   "Herzglykoside" (z.B. Digoxin) reduzieren die Aktivität der Na/K-Pumpe in der Membran (Sarkolemm) der Kardiomyozyten (3 in der  Abbildung) bis um 25%. Dadurch nimmt die Na+-Konzentration in der Zelle zu und der treibende Natriumgradient für den Na/Ca-Austauscher ab, was den Auswärtstransport von Ca++ reduziert ( Abbildung).


Auf diese Weise steigt die intrazelluläre Calciumkonzentration und damit die Kontraktionskraft (positiv inotroper Effekt). Der Nachteil ist, dass die toxische Dosis nur leicht über der therapeutischen liegt; Calciumanreicherung im Sarkoplasma kann zu Nachdepolarisierungen führen, Arrhythmien können auftreten.

Da die Herzglykoside den Rücktransport von
Ca++ in das sarkoplasmatische Retikulum nicht beeinflussen, haben sie keinen lusitropen Effekt.
 
 
Die Anwendung von Digitalisglykosiden gegen Herzversagen wurde erstmals 1785 vom Briten William Withering beschrieben. Heilende Wirkungen der Herzglykoside sind allerdings schon seit dem Altertum bekannt.
 

 
      Aktionspotentiale breiten sich über Kardiomyozyten und transversale Tubuli aus. Diaden / Triaden sind Kontaktstellen mit Ausläufern des endoplasmatischen Retikulums. Ca++ gelangt über L-Typ-Calciumkanäle (Dihydropyridinrezeptoren) in die Zelle, und über Ryanodinrezeptoren aus dem sarkoplasmatischen Retikulum (calciuminduzierte Calciumfreisetzung), das löst Kontraktion aus (elektromechanische Koppelung). Ein kleiner Teil des Calciums wird von Mitochondrien (30-35% des Zellvolumens) aufgenommen. In der Relaxationsphase wird Ca++ über die sarkoplasmatische Calciumpumpe (SERCA) in das Retikulum zurück, und über Na/Ca-Austauscher nach extrazellulär befördert, Ca++ löst sich vom Troponin, die Kontraktion hört auf
 
      Ca++-Ionen binden an Troponin C, Tropomyosin gibt die Reaktionsstellen für Myosinköpfe frei (Troponin T bindet an Tropomyosin und unterstützt die Positionierung an das Aktin). Die Zahl aktivierter Querbrücken bestimmt die Kontraktionskraft des Herzmuskels. Die Ca++-Konzentration von 0,5-2 µM aktiviert nur einen Teil (im Ruhezustand ~40%) der Myosin-Querbrücken; Steigerung des Calciumeinstroms (Adrenalin: ß1-Rezeptoren [cAMP] Proteinkinase A Phosphorylierung spannungsabhängiger Ca++-Kanäle [Ca++]) steigert die Schlagkraft (positive Inotropie). ~80% des in das Sarkoplasma gelangten Ca++ stammt aus dem sarkoplasmatischen Retikulum, ~20% aus dem Extrazellulärraum (dieses triggert die Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum). Der Ca++-Sensor Triadin beeinflusst die Interaktion zwischen dem Ryanodinrezeptor und dem Ca++-bindenden Calsequestrin. Phospholamban bremst im dephosphorylierten Zustand die Ca++-Aufnahme in das Retikulum; seine Phosphorylierung hebt diese Bremswirkung auf und Ca++ wird in das Retikulum zurückgepumpt, insbesondere unter der Wirkung von Katecholaminen, diese beschleunigen die Relaxation (Lusitropie)
 
      Titin bestimmt die Dehnbarkeit der Sarkomere / des Myokards: Myokardzellen werden nicht über 2,3 µm lang (mutiertes "Riesentitin" ermöglicht eine Dehnung der Sarkomere bis ~4 µm). Bei einem typischen enddiastolischen Volumen sind die Sarkomere 1,8-2,0 µm lang, die höchste Kontraktionskraft erfolgt bei ~2,2 µm (starke Vordehnung): Das Myokard arbeitet im ansteigenden Teil der Kraft-Volumen-Kurve, die Kraftausbeute nimmt mit der diastolischen Füllung zu
 
      Die Ruhedehnungskurve spiegelt mechanische Eigenschaften des Ventrikels wider. Eine Kontraktion, die aus einer iso(volu)metrischen und dann einer auxotonen Phase besteht, bezeichnet man als Unterstützungszuckung (normaler Herzschlag). Deren Maximalwert ist im Druck-Volumen-Diagramm durch die Lage auf der Kurve der U-Maxima gekennzeichnet (jede Systole ist ein Maximum im Sinne, dass alle Muskelfasern an der Kontraktion teilnehmen). Die Distanz eines U-Maximums zum Ausgangspunkt auf der Ruhedehnungskurve gibt die Intensität der Kontraktionen an (Abschätzung der Inotropie)
 
      Die Geschwindigkeit der myokardialen Kontraktion hängt von der Belastung ab. Mit zunehmender Gegenkraft nimmt die Verkürzungsgeschwindigkeit ab, was die Entleerung des betreffenden Herzraumes verlangsamt, mit zunehmender Nachlast sinkt die Auswurfgeschwindigkeit. Erhöhte Belastung der Ventrikel durch wiederholtes intensives körperliches Training führt zu einem "Sportlerherz", das Myokard nimmt von von ~300 g bis auf ~500 g zu; durch erhöhten parasympathischen Einfluss kommt es zu Ruhe-Bradykardie bis <40 bpm
 
      Herzglykoside reduzieren die Aktivität der Na/K-Pumpe bis um 25%, intrazelluläres [Na+] steigt an, der treibende Natriumgradient für den Na/Ca-Austauscher sinkt, es wird weniger Ca++ exportiert (positiv inotroper Effekt). Der Rücktransport von Ca++ in das sarkoplasmatische Retikulum bleibt gleich (kein lusitroper Effekt)
 

 




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