Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

    
Physiologie des Herzens
 
Koronargefäße, Stoffwechsel des Myokards, Herzmuskelenzyme
© H. Hinghofer-Szalkay

Infarkt: in-farcire = hinein-stopfen
Ischämie: ἴσχειν = zurückhalten, αἷμα = Blut
Koronare Perfusion: corona = Kranz, Krone; fundere = fließen, gießen
Kreatinkinase: κρἔας = Fleisch,
κίνησις = Bewegung
Thebesische Venen: Adam Christian Thebesius
Troponin: τροπή = Wandel, Wechsel, Umschlag



Es gibt so gut wie keine Sauerstoffreserven im Herzmuskel. Myokardzellen (die ständig aktiv sind) können ohne O2-Zufuhr nur für sehr kurze Zeit funktionieren. Das erklärt die Bedeutung unbehinderter Durchblutung (Herzkranzgefäße: Koronarperfusion). 5% des Herzzeitvolumens und 10% der gesamten Sauerstoffaufnahme des Körpers gehen in die Versorgung des Myokards. In Ruhe sind das pro Minute ca. 300 ml Blut und 30 ml Sauerstoff; bei körperlicher Belastung steigen diese Werte bis 5-fach an.

Außer dem Sauerstoff verbraucht das Myokard auch mit dem Blut angelieferte Energieträger: Mindestens 40% Fettsäuren (für deren Metabolisierung spielt Carnitin eine Rolle) und Neutralfette, mindestens 20% Glucose, mindestens 10% Laktat, weiters Ketonkörper, Pyruvat und Aminosäuren. Zur Metabolisierung all dieser Substrate wird Sauerstoff benötigt.

Viele Faktoren beeinflussen den Blutstrom durch die Herzkranzgefäße: Metabolische, hämodynamische, neuronale, hormonelle. Je intensiver der Herzmuskel arbeitet, desto weiter werden die Koronararterien gestellt und umso höher ist die Durchblutung (Autoregulation).

Eine besondere Situation besteht in der Wand des linken Ventrikels, vor allem in dessen inneren (subendokardialen) Zonen: Hier schnürt in der Systole das Myokard die Arterien ab - die Perfusion ist stark reduziert. Die Wand des linken Ventrikels wird daher vor allem während der Diastole durchblutet - im relaxierten Zustand läßt der "Würgegriff" des Muskelgewebes an seinen Versorgungsgefäßen nach.



Übersicht Koronardurchblutung und myokardialer Sauerstoffbedarf Substrate für den myokardialen Energiestoffwechsel Koronare Durchblutungssteuerung

    Tension-time index (TTI)

Praktische Aspekte       Core messages
   
Die Durchblutung des Herzmuskels ist besonders intensiv
 
Der Herzmuskel einer erwachsenen Person produziert bei körperlicher Ruhe ca. 0,07 MJ/min (~1,2 W) mechanische Arbeit. Der spezifische Sauerstoffbedarf beträgt ~10 ml pro 100 Gramm Myokard und Minute (~30 ml O2/min bei einem 300 g schweren Herzen, das sind 10% des Ganzkörperverbrauchs) - im Zustand körperlicher Ruhe; bei Muskelarbeit (Ausbelastung) kann sich dieser Wert verfünffachen.

Die spezifische Durchblutung des Herzmuskels ist
~10-mal höher als der Durchschnittswert des gesamten Organismus - entsprechend dem sehr hohen Sauerstoffbedarf des unentwegt aktiven Muskelgewebes. Die Kapillardichte ist ebenfalls besonders hoch - mehr als 3000 / mm2 (im Skelettmuskel nur etwa 400/mm2). Mit <20 µm haben Herzmuskelzellen zudem einen sehr geringen Durchmesser, die Diffusionsstrecken für die Atemgase sind kurz. Die spezifische Durchblutung des Herzmuskels nimmt linear mit seinem Sauerstoffverbrauch zu. Während körperlicher Belastung kann dieser Wert über 250 ml/min/100g hinausgehen.

Aus den Kapillaren fließt das Blut über venöse Gefäße in den sinus coronarius (rechter Vorhof) oder direkt in die Herzkammern. Die Thebesischen Venen (venae cordis minimae) münden vor allem in den linken Ventrikel (dieses Blut entgeht sozusagen dem Pulmonalkreislauf).
 
Das Koronargefäßsystem liegt zu ~70% innerhalb des Myokards (intramural). Die Herzkranzgefäße - insbesondere im linken Ventrikel - werden während der Systole komprimiert, vor allem in der Anspannungszeit ( Abbildung), in der einerseits viel Kontraktionskraft auftritt (intramural bis ~240 mmHg), andererseits die koronaren Druck- (~80 mmHg) und Strömungswerte (~0) minimal sind.
 
 
Abbildung: Links- und rechtsventrikuläre Koronardurchblutung bei körperlicher Ruhe
Nach einer Vorlage bei Chambers / Huang / Matthews, Basic physiology for anaesthetics (2nd ed), Cambridge Medicine 2019

Oben: Zeitverlauf des Aortendrucks (rote Kurve). Die Druckamplitude beträgt 40 mmHg (120 - 80). Zum Zeitpunkt des Schließens der Aortenklappe entsteht eine Inzisur in der Druckkurve.
 
Grüne Kurven: Spezifische Perfusion (bezogen auf 100 g Muskelgewebe - das Herz einer erwachsenen Frau wiegt 230-280 g, das eines Mannes 280-340 g). Die Strömungswerte können bei körperlicher Belastung auf ein Mehrfaches der Ruhewerte ansteigen.
 
Mitte: Die linke Koronararterie zeigt während der Anspannungszeit ein transientes Sistieren der Perfusion (Pfeil nach unten). In der Diastole ist die Perfusion stärker als systolisch (Pfeil nach oben), weil der kontrahierte Ventrikel seine Gefäße komprimiert - vor allem in den inneren Schichten des Myokards, wo die perivasalen Druckwerte am höchsten sind. Die Blutströmung kann während der (isovolumetrischen) Anspannungszeit sogar leicht negative Werte annehmen, weil der sich kontrahierende Ventrikel die Gefäße schon zusammenpresst, bevor der Druck in der Aorta zu steigen beginnt. Der Spitzenwert tritt während der Entspannungszeit auf und beträgt ~400 ml/min (entspricht der Strömungsamplitude, die zehnmal größer ist als im rechten Ventrikel). Aus dem linken Ventrikel kommen ca. 85% des venös-myokardialen Blutes.
 
Unten: Die rechte Koronararterie versorgt ein kleineres Gewebegebiet als die linke (
15% des venös-myokardialen Blutes). Der rechte Ventrikel entwickelt nur ca. 1/5 der Drucke im Vergleich zum linken, und er lässt seine Gefäße systolisch weitgehend offen (geringer systolischer Spitzendruck). Die Strömungskurve entspricht etwa dem Verlauf des Aortendrucks, und ein größerer Anteil der Perfusion erfolgt während der Systole - die Strömung ist systolisch strärker als diastolisch. Die Strömungswerte sind geringer (Höchstwert ~60 ml/min), betragen aber mindestens 20 ml/min (Strömungsamplitude ~40 ml/min)


Etwa 80% der Durchblutung erfolgt daher während der Diastole, und folglich ist nicht der systolische, sondern der diastolische Blutdruck maßgeblich für die Blutversorgung des Herzmuskels. Vor allem subendokardiale Gefäße unterliegen einem hohen Außendruck, sie sind andererseits intrinsisch auf niedrigen Gefäßwiderstand eingestellt, sodass sie während der Diastole besonders gut durchblutet sind (insgesamt werden subepikardiale und subendokardiale Myokardschichten etwa gleich gut perfundiert).
 

Die linke a. coronaria wird hauptsächlich während der Diastole perfundiert. In der Systole fließt kaum Blut (insbesondere subendokardial)
 
Außerdem: Da das Verhältnis Systolendauer / Diastolendauer von der Herzfrequenz abhängt, ist deren Senkung (bradykarder Einfluss: Geringer Sympathikus- bzw. hoher Vagustonus) für die Blutversorgung des Myokards günstig.
 
   Der Vorteil der Anwendung von ß-Blockern (z.B. die selektiven ß1-Blocker Metoprolol, Atenolol) liegt z.T. in der (bradykarden) Verlängerung der Diastolendauer und damit der Phase hoher koronarer Durchblutung.
 
Der Herzmuskel hat einen hohen Energiebedarf, kombiniert mit relativ geringem Wirkungsgrad (bei körperlicher Ruhe 5-10%, bei dynamischer Muskelaktivität bis zu 15%): Der myokardiale Sauerstoffverbrauch (Myocardial oxygen consumption MVO2) ist nicht so sehr von externer Arbeit bestimmt, sondern vor allem von innerer Arbeit, denn die isovolumetrische Zeitspanne des Druckaufbaus (Anspannungszeit) erfordert einen hohen Energieaufwand. Der O2-Verbrauch des Herzmuskels korreliert sehr gut mit dem TTI-Produkt, d.h. aktiver Druckaufbau mal der Dauer seiner Aufrechterhaltung:
 
     Der Tension-time Index (of the heart) TTI ist das Produkt aus aktiver Wandspannung des Myokards und der Zeitdauer, welche diese aufrechterhalten wird. Klinisch lässt sich so der Sauerstoffverbrauch des Herzmuskels abschätzen. Es gibt unterschiedliche Definitionen, wie z.B. 
  
TTI: Mittlerer systolischer (ventrikulärer) Druck  x  Austreibungszeit  x  Herzfrequenz
 
Während der Austreibungszeit verbraucht das Myokard Sauerstoff für die Pumpfunktion. Das Produkt Austreibungszeit mal Herzfrequenz (in bpm) gibt den Zeitanteil an (als dimensionslose Fraktion, z.B. 0,2) während der das Myokard Blut fördert (systolischer Aktivitätsanteil). Multipliziert man diesen Wert mit dem mittleren Blutdruck in dieser aktiven Periode, ergibt sich der TTI als gutes Maß für den myokardialen Sauerstoffverbrauch.

Der TTI kann als die Fläche unter der systolischen Blutdruckkurve definiert oder (einfacher und in der Kardiologie gebräuchlich) über das Produkt aus systolischem Druck und Herzfrequenz abgeschätzt werden.

Da die Arbeit für die Überwindung des arteriellen Drucks normalerweise weit höhere Beträge annimmt als die Beschleunigungsarbeit (bei gut dehnbarer Aorta), steigt die Effizienz der Herzaktion vor allem bei körperlichen Belastungsformen, bei denen zwar die Blutströmung (Herzzeitvolumen), nicht aber der Blutdruck wesentlich ansteigt (z.B. Laufen). Sportarten, bei denen isometrische Belastung im Vordergrund steht (z.B. Gewichtheben), sind für das Herz wesentlich belastender.


Das Myokard ist auf fortwährende ausreichende Versorgung mit Sauerstoff angewiesen; bei ungenügender Durchblutung nimmt die Kontraktionskraft rasch ab.

Die Rezirkulationszeit ist bei Passage des Koronarkreislaufs wegen der kurzen Strecken (von der Aortenwurzel zurück zum Herzmuskel) besonders niedrig (nur wenige Sekunden - für den Gesamtkreislauf etwa eine Minute).

Herzstillstand kann bereits wenige Minuten nach einem
Herzinfarkt (Myokardinfarkt ) auftreten, irreversible Schäden stellen sich nach ~30 Minuten Blutleere ein, da ja das Herz auch für seine eigene Durchblutung sorgen muss (Koronargefäße ; normales Durchblutungsmuster s. Abbildung unten).
 
Myokardiale Sauerstoffversorgung
 
Das Myokard wird durch den Koronarkreislauf (Koronarien = Herzkranzgefäße) versorgt. Der Sauerstoffpartialdruck in den Herzmuskelzellen beträgt 5-20 mmHg, im arteriellen Blut ~100 mmHg; damit besteht ein Partialdruckgefälle von mindestens 80 mmHg von der Kapillare in die Myofibrille. Dazu kommt Myoglobin (Konzentration in der Muskelzelle 3,4 g/l), das noch bei 5 mmHg pO2 zu ~50% sauerstoffgesättigt ist; diese Reserve versorgt die Kontraktionsmaschinerie auch noch bei sehr niedrigen Partialdruckwerten und erleichtert die Diffusion von Sauerstoff durch das Sarkoplasma.
 
    Die Koronardurchblutung beträgt 4-5% des Herzzeitvolumens, in Ruhe 70-80 ml/min/100 g Myokardgewebe (das Herz wiegt ~300 Gramm), bei körperlicher Belastung bis ~400 ml/min/100g. Damit gehört die spezifische Durchblutung des Herzmuskels zu den höchsten im Körper.

Der spezifische Sauerstoffverbrauch des Myokards beträgt im körperlichen Ruhezustand ungefähr 10 ml O2 / min / 100 g Herzmuskelgewebe. Dieser Wert ist mehr als doppelt so hoch wie der Körperdurchschnitt. Da die Sauerstoffextraktion bereits unter Ruhebedingungen mit ca. 65% sehr hoch ist, lässt sich das O2-Angebot bei gesteigerter Belastung kaum über eine bessere Ausnutzung aus dem arteriellen Blut erhöhen, sondern im Wesentlichen nur über eine Steigerung der Perfusion (Koronarreserve).
 
Etwa 5% des Ruhe-Herzzeitvolumens fließen durch die Koronargefäße
 
Bei Belastung nimmt die Koronardurchblutung in dem Ausmaß zu, in dem die Herzleistung steigt
 
Die Differenz zwischen maximaler und basaler koronarer Perfusion bezeichnet man als koronare Reserve ( Abbildung unten); als Quotient angegeben, erreicht sie bei Gesunden einen Wert von 4-5 und kann (bei optimaler Kondition) bis zu einem Wert von fast 10 ansteigen.

Die drei wichtigsten Faktoren, welche die koronare Perfusion regulieren, sind physikalische, vaskulär-metabolische und neurale / humorale:
 
     Physikalische Faktoren: 

       Kontrahierte Muskelmasse übt auf die eigenen Blutgefäße Druck aus (bei Umkehr des transmuralen Drucks kollabieren die Gefäße) und behindert die Perfusion (insbesondere des linkenVentrikels, der die höchsten Druckwerte generiert) -   s. oben.

       Außerdem spielt der Druck, gegen den Blut aus dem Herzen ausgeworfen wird, eine Rolle: Mit steigendem Blutdruck (Nachlast) nimmt auch die koronare Perfusion zu.
 
     Vaskulär-metabolische Faktoren sind für die Steuerung der koronaren Durchblutung am bedeutsamsten. Veränderungen der Konzentration von Metaboliten (nicht der arterielle pO2 an sich) sind der Hauptfaktor der belastungsabhängigen Vasodilatation - Adenosin ist ein Hauptkandidat.
 
     Neurale / humorale Faktoren: Koronargefäße sind mit einem dichten Netz sympathischer Fasern ausgestattet, und diese - wie auch zirkulierendes Adrenalin - haben kaum vasokonstriktorische (große Koronargefäße haben α-Rezeptoren), sondern (kleinere Gefäße) über ß2-Rezeptoren hauptsächlich vasodilatatorische Wirkung (was mit besserer Versorgung des Herzmuskels bei ergotroper Funktionslage übereinstimmt). Außerdem besteht neben der katecholaminergen auch purinerge, peptiderge und nitriderge Versorgung (selektive Blockade der NOS1 reduziert die basale Koronardurchblutung um >30%).
 

Abbildung: Koronare Reserve
Nach van de Hoef TP, Lee JM, Echacarria-Pinto M, Koo BK, Matsuo H, Patel MR, Davies JE, Escaned J, Piek JJ. Non-hyperaemic coronary pressure measurements to guide coronary interventions. Nature Rev Cardiol 2020: 17, 629-40

Die Koronarreserve ist die Differenz der maximal möglichen (blau unterlegt) zur basalen (Ruhe-)Durchblutung der Herzkranzgefäße. Bei gesunden Gefäßen beträgt die Koronarreserve etwa 4-5, d.h. die Durchblutung kann bei Steigerung der Mokyardaktivität um diesen Betrag ansteigen.
 
Im Bild hat die Koronarreserve etwa den Wert 4 (links, Herzkranzgefäße offen). Mit zunehmender Einengung der Koronargefäße (Sklerosierung → koronare Herzkrankheit) bis auf etwa die Hälfte des Normalwertes (Abszisse) nimmt die koronare Reserve (rote Doppelpfeile) zunächst kaum ab, bei höherem Stenosegrad sinken sowohl Ruhedurchblutung (orange unterlegt) als auch Koronarreserve, schließlich treten sogar im Ruhezustand chronische Ischämiezeichen auf (EKG).
 
Als "koronare Einengung" (Abszisse) ist die Abnahme des Gefäßdurchmessers in % zu verstehen (0 = Gefäß vollkommen durchgängig, 100 = Gefäß komplett verschlossen)


Die Koronardurchblutung hängt vom transkardialen Druckgradienten ab, das ist das Druckgefälle vom Koronararterienabgang bis zur Einmündung der venösen Gefäßäste in den sinus coronarius); er ist umgekehrt proportional zum koronaren Strömungswiderstand. Letzerer ist von zwei Faktoren bestimmt:
 
       Vaskuläre Komponente: Tonus der Koronargefäße. Deren Autoregulation ermöglicht in tiefen (subendokardialen) Schichten des linken Ventrikels ausreichende (diastolische) Perfusion, obwohl diese von der systolischen Drosselung der Koronardurchblutung besonders stark betroffen sind
 
       Extravaskuläre Komponente: Druck der Ventrikelwand während der Systole - die Kontraktion des linken Ventrikels "würgt" die Durchblutung ab ( Abbildung ganz oben), vor allem in den subendokardialen Schichten. Etwa 80% der myokardialen Durchblutung des linken Ventrikels findet während dessen Diastole statt (dieser Effekt ist im rechten Ventrikel, dessen Druckentwicklung nur ~1/6 derjenigen der linken Kammer beträgt, nur schwach ausgeprägt) 
 
  Der Sauerstoffbedarf des Herzens (10 ml/100g/min in Ruhe, bis über 50 ml/100g/min bei körperlicher Belastung) beträgt hingegen etwa 10% des gesamten Bedarfs des Körpers (Ruhe ~30 ml/min, schwere Arbeit bis >150 ml/min). Dies kommt in der hohen O2-Extraktionsrate im Koronarkreislauf zum Ausdruck, sie ist mehr als doppelt so hoch (~60% arterio-venöse Sauerstoffdifferenz) als für den gesamten Organismus im Ruhezustand typisch (~25% AVDO2). Die spezifische Sauerstoffaufnahme des Myokards beträgt bei körperlicher Ruhe ~8 ml/min/100g (zwanzigmal so viel wie in ruhender Skelettmuskulatur), dieser Wert kann sich bei körperlicher Ausbelastung verfünffachen; vor allem durch erhöhte koronare Durchblutung, kaum durch weitere Steigerung der (im Myokard mit 65-75% ohnehin hohen) arterio-venösen Sauerstoffdifferenz, die aber bis auf 90% steigen kann.
Steigerung des Sauerstoffangebots bei zunehmender Herzleistung erfolgt weitgehend über eine Erhöhung der Durchblutung - die Sauerstoffausschöpfung kann nur gering gesteigert werden. Tatsächlich lässt sich die koronare Durchblutung bis auf das 5-fache steigern (Koronarreserve, s. oben).
  
Die Steigerung der Durchblutung wird durch metabolische und endothelial bedingte Hyperämie / Autoregulation erreicht - lokale Vasodilatation durch Adenosin, Kalium- und Wasserstoffionen sowie NO.

Im Skelettmuskel beträgt der Durchmesser der Muskelfasern durchschnittlich etwa 50 µm (Kapillardichte
~400/mm2), im Herzmuskel ~18 µm (Kapillardichte ~4000/mm2, also etwa zehnmal so viel). Dazu kommt, dass im ruhenden Skelettmuskel einige Kapillaren kollabiert, im Herzmuskel immer alle geöffnet (und durchblutet) sind. Im Myokard sind die Austauschflächen um mehr als 1/3 größer als beim Skelettmuskel - nebst 2/3 kürzerer O2‐Diffusionsstrecken -, was den Gasaustausch enorm beschleunigt.

Im Myokard sind die Austauschflächen sehr groß, die Diffusionsstrecken hingegen gering, was den Atemgasaustausch enorm begünstigt.


Der Energiestoffwechsel des Myokards läuft fast ausschließlich aerob ab. 3/4 des Energiebedarfs entfallen auf die Kontraktion, die restlichen ~25% auf Strukturerhaltung,
Calciumtransport (sarkoplasmatisches Retikulum) und Ionenpumpen an der Außenmembran. Etwa die Hälfte der Energie eines Herzzyklus wird in der Anspannungszeit konsumiert.
 
Der Abfluss venösen Blutes aus dem Myokard erfolgt auf drei Wegen:
 
       Sinus coronarius: Etwa 85% des venösen Blutes aus dem Myokard stammt aus dem linken Ventrikel und fließt über myokardiale Venen in den sinus coronarius, der seinerseits in den rechten Vorhof mündet.
 
       Der rechte Ventrikel sendet venöses Blut über anteriore Herzvenen in den rechten Vorhof.
 
       Thebesische Venen sind die kleinsten venösen Gefäße des Herzens, sie bringen venöses Blut aus dem Myokard direkt in die Herzräume (Vorhöfe, Ventrikel, vor allem rechtsseitig. Im linken Herzen mischen sie venöses Blut zum oxygenierten aus der Lunge: "anatomischer Shunt").
 
Myokardialer Energiestoffwechsel: Welche Substrate nutzt das Herz?
  
Myokardiales Gewebe bezieht seine Energielieferanten hauptsächlich aus dem Kreislauf und ist in deren Utilisation flexibel, bevorzugt aber je nach Situation bestimmte Substrate: Bei geringer körperlicher Belastung ("Normalzustand") zu etwa 70% Fettsäuren (die teils direkt aus dem Blut importiert, teils über Lipoproteinlipase der Myozyten aus Chylomikronen und VLDL freigesetzt werden) und zu 30% Glucose (Kardiomyozyten exprimieren GLUT1 und GLUT4); Fettsäuren und Glucose werden über den Zitratzyklus oxidativ zu CO2 metabolisiert. Neutralfette werden in Fetttröpfchen zwischengespeichert.

  Über Chylomikronen, VLDL, IDL und LDL s. auch dort

Myozyten können auch Laktat (insbesondere bei körperlicher Belastung, bei der Milchsäure aus der Skelettmuskulatur anfällt) und Ketonkörper aufnehmen und oxidieren. Zur Überbrückung von Substratmangel (
kurze Zeit der Hypoxie / Ischämie) verfügen Kardiomyozyten auch über Glykogenkörnchen (Glucose für anaerobe Glykolyse). Wahrscheinlich können Herzmuskelzellen auch (verzweigtkettige) Aminosäuren zur Energiegewinnung heranziehen, ähnlich wie Skelettmuskelzellen.

Der Herzmuskel nutzt normalerweise aerobe Energiegewinnung. Die unmittelbare Energiequelle - vor allem für die kontraktile Maschinerie und Ionenpumpen in Membransystemen - ist Adenosintriphosphat (ATP). Der zusätzliche Puffer an Kreatinphosphat (CP) reicht für maximal 15 Herzschläge; ATP muss laufend nachgebildet werden, was bedeutet, dass die Sauerstoffversorgung der Mitochondrien für nicht länger als einige Sekunden abreißen darf; tatsächlich ändert sich der Sauerstoffverbrauch des Herzmuskels linear mit der geleisteten Arbeit, nomalerweise ohne messbare Änderungen des ATP- bzw. CP-Gehalts der Myozyten ("metabolic stability paradox"). Vermutlich spielt die Kreatinkinase bei dieser Kopplung eine Schlüsselrolle; sie findet sich sowohl zwischen den Myosinfilamenten (ATP-Verbrauch) als auch im Membranraum der Mitochondrien (ATP-Produktion).



Abbildung: Substratnutzung (% von gesamt) des Myokards bei körperlicher Ruhe und intensiver Arbeit

Im Ruhezustand dominieren Fettsäuren und Triglyzeride (>40%), bei intensiver körperlicher Belastung Laktat (~60%)


Substrate für den Energiestoffwechsel des Herzmuskels ( Abbildung): Als Substrat ür den aeroben Energiestoffwechsel (O2-Extraktion aus dem Blut ~70%!)  dienen

     bei körperlicher Ruhe
zu 60-90% freie Fettsäuren und Triglyzeride, zu 10-40% Glucose und Laktat (ein wenig auch Ketonkörper, Pyruvat und Aminosäuren), wobei sich diese Substrate gegenseitig vertreten können, abhängig vom jeweiligen Angebot im Blut.

     Bei körperlicher Belastung verschiebt sich das Nutzungsprofil: Die Laktatoxidation bestreitet bis um die 60% (Laktat strömt reichlich aus der arbeitenden Muskulatur in den Kreislauf), die Fettsäureoxidation nur noch rund 20%. Der Glucoseanteil sinkt leicht ab (~16%); Ketonkörper, Pyruvat und Aminosäuren bestreiten nur noch 2% des gesamten Energieaufwandes.
 
Das Myokard nutzt u.a. Laktat als Energiequelle (20% des Energiebedarfs bei körperlicher Ruhe, bis ~60% bei körperlicher Belastung)

Daher ist die koronararterielle Laktatkonzentration höher als die koronarvenöse. Bei unzureichender Sauerstoffversorgung (Ischämie) kann sich das umkehren

Der Laktatverbrauch kann als Myokardperfusion mal arteriovenöser Konzentrationsdifferenz errechnet werden

 
     Bei Feten und Neugeborenen ernährt sich das Myokard vorwiegend von Glucose und Laktat; später schaltet es auf das Erwachsenenmuster um.
 
     Ist das Myokard geschädigt (Ischämie ), können die Myozyten wieder auf die vorwiegende Nutzung von Glucose und Laktat zurückschalten.

Was immer der Herzmuskel für seinen Stoffwechsel nutzt: Letztlich dient es als Substrat für
oxydative Energiegewinnung (Zitratzyklus) zur ATP-Synthese. Darauf deutet schon der enorme Mitochondrienreichtum der Kardiomyozyten hin. Zwar können Herzmuskelzellen bei mangelndem Angebot ihren Glykogenvorrat nutzen (Glykogenolyse) und kurzzeitig auch anaerobe Glykolyse einsetzen, aber das kann den Energiebedarf höchstens für einige Minuten decken - spätestens dann treten Ischämiesymptome auf, falls sich Koronardurchblutung bzw. Sauerstoffangebot nicht normalisieren.
   
Die mechanische Arbeit des Herzens ist als Druck-Volumen-Arbeit beschreibbar.
 
     Das Herz wird vor allem durch Druckarbeit belastet. Um das Myokard zu schonen, wird daher klinisch die Nachlast (afterload) gesenkt, d.h. der Blutdruck reduziert. Weiters ist die Herzfrequenz direkt proportional dem Energieverbrauch; Frequenzsenkung entlastet das Herz.
 
 
Abbildung: Substrate für den myokardialen Energiestoffwechsel

Bei Muskelarbeit nimmt der Laktatanteil bis auf ~60% der metabolisierten Substrate zu

Bei körperlicher Belastung (Zunahme des myokardialen Sauerstoffverbrauchs um das 3- bis 4 fache) steigt der Laktatanteil für die Energiegewinnung bis über die Hälfte an (Milchsäure aus der Skelettmuskulatur, die bei Belastung einen Teil ihres Energiestoffwechsels anaerob bestreitet), der relative Anteil der anderen Substrate nimmt entsprechend ab ( Abbildung).

In absoluten Werten gerechnet bedeutet das, dass die Energiegewinnung durch Laktatutilisation im Herzmuskel mehr als zehnfach (im Extremfall bis zu ~20-fach) ansteigen kann.

Dass ein entsprechender Anstieg des Sauerstoffangebots (der koronaren Perfusion) stattfindet, liegt an der Fähigkeit zur metabolischen Autoregulation der myokardialen Durchblutung: Gesteigerte metabolische Aktivität der Kardiomyozyten bewirkt deren Freisetzung vasoaktiver Stoffe (Adenosin, Wasserstoffionen, CO2), welche die Arteriolen erweitern (Vasodilatation), den Strömungswiderstand senken und damit die Durchströmung erhöhen.
 
Die Koronargefäße verhalten sich druckpassiv. Bei gesteigerter Perfusion werden sie geweitet, der Strömungswiderstand sinkt. Das ermöglicht höhere Durchblutung
 

Abbildung: Koronare Perfusionsmuster
Nach einer Vorlage in ekgcasestudies.com

Versorgungsgebiete der Koronararterien (typische Verteilung). Die a. coronaria sinistra speist den ramus circumflexus und interventricularis anterior.
 
     Der ramus cicumflexus versorgt die posterolaterale Wand,
 
     der ramus interventricularis anterior Vorderwand, vorderes Septum und Ventrikelspitze.
 
     Die a. coronaria dextra mit ihrem ramus interventricularis posterior versorgt das rechte Herz und hinteres Septum sowie Sinus- und AV-Knoten.

Bei ~70% der Menschen entspringt der ramus interventricularis posterior von der a. coronaria dextra (rechtsdominant), bei ~10% von der a. coronaria sinistra (linksdominant) - bei ~20% von beiden (kodominant). Der AV-Knoten wird in 90% der Fälle von der a. coronaria dextra versorgt.
 
Die Koronarien sind funktionelle Endarterien, sie bilden keine suffizienten Anastomosen aus (wie z.B. im Gehirnkreislauf); ist ihre Perfusion behindert (wie durch atheromatöse Plaques), wird zumindest ihr zentrales Versorgungsgebiet ischämisch (Infarkt → Nekrose)


Für die Metabolisierung von Fettsäuren ist die aus Methionin und Lysin bestehende Verbindung Carnitin notwendig: Langkettige Fettsäuren können nur gebunden an L-Carnitin durch das Membransystem der Mitochondrien gelangen.

   Carnitin ist kein essentieller Nahrungsbestandteil, der Körper kann es selbst synthetisieren.
Carnitin kommt in Fleisch, kaum in pflanzlicher Kost vor und kann mit einer Bioverfügbarkeit von ~50-85% aus der Nahrung resorbiert werden, Vitamine und Eisen sind dabei essentielle Cofaktoren.
 
Steuerung der myokardialen Perfusion
 
Das Endothel der Koronargefäße produziert laufend NO (ohne diesen Einfluss nimmt die Perfusion um mehr als die Hälfte ab), dadurch sind die Koronarien relaxiert und leiten das Blut gut weiter. NO regt die Guanylatzyklase an, es entsteht cGMP. Prostazyklin stimuliert die Adenylatzyklase, es entsteht cAMP.

Auch weitere Stoffe - wie Serotonin, Bradykinin, Histamin - können über Anregung endothelialer NO-Produktion zu Gefäßerweiterung führen und das koronare Blutangebot steigern.

Adenosin wird bei Belastung oder sinkendem Sauerstoffangebot freigesetzt, es diffundiert an die glatten Gefäßmuskelzellen, wirkt an purinergen Rezeptoren und senkt so die intrazelluläre Calciumkonzentration - es kommt zu
Vasodilatation, die koronare Durchblutung steigt an.
 
Adenosin steigert die myokardiale Perfusion
  
Das bei der Aktivität des Herzmuskels in das Interstitium austretende Kalium hat möglicherweise ebenfalls einen vasodilatierenden Effekt.

Ein konstanter Sympathikustonus bewirkt α-adrenerg einen stetigen Tonus der Gefäßmuskulatur; ohne diesen Einfluss wären die Koronarien schon im Ruhezustand stärker dilatiert.
Die größeren Koronargefäße haben α-Rezeptoren, kleinere ß2-Rezeptoren (Dilatation).

Der Gefäßwiderstand nimmt bei Steigerung der Anforderungen (bei körperlicher Belastung) durch myogene (lokale) Regulation ab und erlaubt eine Steigerung der Koronarperfusion bis auf ein Mehrfaches des Ruhewertes. Der in diesem Fall gesteigerte Sympathikustonus wirkt sich ß1-adrenerg auf das Myokard aus (vermehrte Kraft, erhöhte Schlagfrequenz), und dessen erhöhter Durchblutungsbedarf treibt die myogene Dilatation der Koronargefäße an, vermittelt über lokale Mediatoren wie Adenosin, K+, H
+, NO.
 
     So steigt die Perfusion trotz erhöhten Sympathikustonus - indirekt (autoregulativ-metabolisch bedingt), aber auch über ß2-Rezeptoren in der koronaren Gefäßmuskulatur, welche dilatierende Wirkung haben.

Zu den Faktoren der koronaren Durchblutungssteuerung gehören also
 
    
Autoregulation (Adenosin, K+, H+) - sie garantiert im Basiszustand (körperliche Ruhe, stressfrei) eine weitgehend konstante Durchblutung in einem arteriellen Druckbereich zwischen etwa 70 und 150 mmHg

     endotheliale Einflüsse (NO, PGI2)

     Hormone (Katecholamine, Angiotensin II)

     Neurotransmitter (Noradrenalin; purinerge, peptiderge Innervation)
 
     Nimmt das Sauerstoffangebot an das Myokard ab (Ischämie), dann entsteht aus Pyruvat Laktat, und der Herzmuskel gibt Milchsäure ab, statt sie zu verbrauchen. Daher ist ein Anstieg der koronarvenösen Laktatkonzentration (genauer: ein Absinken des arterio-venösen Quotienten) ein klinischer Indikator für eine Myokardhypoxie.

Ischämische Vasodilatation hilft, den Schaden bei Mangeldurchblutung / Sauerstoffmangel durch Weitung der versorgenden Gefäße so gering wie möglich zu halten - u.a. durch Aktivierung ATP-sensitiver Kaliumkanäle (Hyperpolarisation der Gefäßmuskulatur
→ Vasodilatation). Bei langsam fortschreitender Mangeldurchblutung können darüber hinaus Endothel- und Gefäßmuskelzellen proliferieren und so - von existierenden Gefäßästen ausgehend - kollaterale Gefäße vorwachsen und die Durchblutung ischämischer Gebiete verbessern.

Eine besondere Situation ist für den linken Ventrikel gegeben, denn er drückt während der Systole seine submyokardialen Gefäße zu. Nur während des diastolischen Zeitfensters, in dem der arterielle Druck über dem ventrikulären liegt, kann hier ausreichend Blut durch die Koronargefäße fließen (
Abbildung ganz oben).
 
Die linke Koronararterie wird während der Systole vom Myokard komprimiert. Sie wird hauptsächlich während der Diastole durchblutet
   
Bei steigender Herzfrequenz nimmt die Dauer der Diastole stärker ab als die der Systole, was die anteilsmäßige Zeit für die Perfusion reduziert (limitierender Faktor).





  Belastung und Sauerstoffbedarf des Herzmuskels läßt sich grob aus dem Produkt aus Herzfrequenz (min-1) und systolischem Druck (mmHg) abschätzen (rate-pressure product - hoch: >30.000, niedrig: <15.000, bei körperlicher Ruhe deutlich niedriger). Daraus ergibt sich, dass z.B. bei gegebenem Blutdruck eine niedrigere Herzfrequenz wesentlich zur Effizienz der Sauerstoffversorgung beiträgt (Sportlerherz: Niedrige Ruhe-Schlagfrequenz). Eine hohe Schlagfrequenz steigert das Risiko einer Unterversorgung (kardiale Ischämie).
 
Liegt z.B. der systolische Blutdruck bei 120 mmHg und die Herzfrequenz bei 60 bpm, beträgt der rate-pressure-Wert 7200.
 
  Ein Belastungs-EKG zeigt auf, ob die Blutversorgung des Myokards auch bei entsprechender Steigerung der Muskelarbeit gewährleistet ist (d.h. keine Ischämiezeichen auftreten). Bei Schädigung des Herzmuskels treten vermehrt Enzyme (Troponin , CK - Kreatinkinase , LDH - Laktatdehydrogenase, AST - Aspartat-Transaminase u.a.) aus dem Myokard aus, ihre Konzentration im Blut steigt auf unphysiologisch hohe Werte an. Die Enzymanstiege sind unterschiedlich spezifisch: Der Troponintest ist empfindlich und myokardtypisch, der Anstieg weiterer Enzyme kann auch andere Ursachen haben (z.B. Verletzung der Skelettmuskulatur, Leberschaden).
 
      Ein herausragendes kardiologisches Problem ist die koronare Herzkrankheit (KHK): Sie stellt eine der häufigsten Todesursachen in westlichen Industrieländern dar. Aufgrund mangelhafter koronarer Durchblutung ist die Sauerstoffversorgung des Myokards unzureichend. Es kommt zu Änderungen im EKG (Ischämiezeichen) und zum Anstieg von Enzymwerten im Blutplasma. Eine KHK kann sich manifestieren als Myokardinfarkt, angina pectoris (über Schmerzlokalisationen auf die Haut s. dort), Herzrhythmusstörung oder plötzlicher Herztod. Die KHK wird akut durch Senkung des myokardialen Sauerstoffverbrauchs behandelt, und allgemein durch Bekämpfung von Risikofaktoren, wie Rauchen oder Bluthochdruck.

  Durchblutungsbehinderung und Sauerstoffmangel im Myokard schädigt die Herzmuskelzellen (Myokardinfarkt), was zu Steigerung der sarkoplasmatischen Ca++-Konzentration, Absinken des intrazellulären pH und dadurch Verschluss der gap junctions (elektrische Synapsen) führt. Dies bewirkt, dass das betroffene Gewebe von seiner Umgebung elektrophysiologisch abgekoppelt wird und die Ausbreitung der Schädigung begrenzt bleibt.
 

 
      Das Myokard ist auf fortwährende Versorgung mit Sauerstoff angewiesen - durch den Koronarkreislauf, der 4-5% des Herzminutenvolumens beansprucht. Die Differenz zwischen maximaler und basaler koronarer Perfusion bezeichnet man als koronare Reserve. Bei ungenügender Durchblutung nimmt die Kontraktionskraft rasch ab. Der Sauerstoffbedarf beträgt bei körperlicher Ruhe ~10 ml/min/100g (10% des Ganzkörperverbrauchs) und kann sich bei schwerer körperlicher Arbeit verfünffachen. Die Herzkranzgefäße werden während der Systole komprimiert, 80% der Durchblutung erfolgen während der Diastole. Abschätzen lässt sich der myokardiale Sauerstoffverbrauch über den Tension-time Index, meist berechnet als das Produkt aus mittlerem systolischem Ventrikeldruck, Austreibungszeit und Herzfrequenz
 
      Der Sauerstoffpartialdruck in den Herzmuskelzellen beträgt 5-20 mmHg, im arteriellen Blut ~100 mmHg. Myoglobin ist bei 5 mmHg pO2 noch zu ~50% sauerstoffgesättigt. Die spezifische Sauerstoffaufnahme des Myokards beträgt bei körperlicher Ruhe ~8 ml/min/100g, dieser Wert kann sich bei körperlicher Ausbelastung verfünffachen, vor allem durch erhöhte Durchblutung, die Sauerstoffausschöpfung lässt sich nur von ~65 auf 90% erhöhen. Die Steigerung der Durchblutung wird durch metabolische und endothelial bedingte Hyperämie / Autoregulation erreicht. Im Myokard sind die Austauschflächen sehr groß, die Diffusionsstrecken gering. Etwa die Hälfte der Energie eines Herzzyklus wird in der Anspannungszeit konsumiert
 
      Der Herzmuskel nutzt aerobe Energiegewinnung. Unmittelbare Energiequelle sind ATP und Kreatinphosphat (CP) (reicht für 10-15 Systolen). Normalerweise sind der intrazelluäre ATP- und CP- Spiegel ziemlich konstant. Die Nachlieferung an Energie erfolgt im Ruhezustand vorwiegend über Fettsäuren und Triglyzeride (60-90%), bei intensiver körperlicher Belastung vorwiegend über Laktat (~60%) - die koronararterielle Laktatkonzentration ist höher als die koronarvenöse (bei Ischämie kann sich das umkehren). Für die Metabolisierung von Fettsäuren ist Carnitin notwendig. Das Herz wird vor allem durch Druckarbeit belastet (Schonung des Myokard durch verringerte Nachlast), auch ist der Energieverbrauch proportional der Herzfrequenz (Frequenzsenkung entlastet das Herz)
 
     Das Endothel der Koronargefäße produziert laufend NO, andererseits bewirkt konstanter Sympathikuseinfluss einen stetigen Gefäßtonus; die größeren Koronargefäße haben α-Rezeptoren (Kontraktion), kleinere ß2-Rezeptoren (Dilatation). Aktivitätssteigerung setzt vasoaktive Stoffe frei (Adenosin, Kalium- und Wasserstoffionen, NO, Prostazyklin), welche die Arteriolen erweitern, den Strömungswiderstand senken und die Perfusion auf ein Mehrfaches erhöhen. Die Koronargefäße werden bei gesteigerter Perfusion geweitet, was den Strömungswiderstand senkt. Serotonin, Bradykinin, Histamin können über Anregung endothelialer NO-Produktion ebenfalls das koronare Blutangebot steigern
 

 




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