Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Physiologie des Herzens
 
Systole und Diastole, Vordehnung, Frequenz

© H. Hinghofer-Szalkay

Anrep-Effekt: Nach Gleb von Anrep (Russischer Physiologe)
Arrhythmie: α- = un-, ρυθμός = gleichmäßige Bewegung, Takt
Atrium: Empfangsraum (Vorhof)
Bowditch-Effekt: Henry P. Bowditch
Diastole: διαστολή = Ausdehnung
Ejection fraction: (lat) e = aus, iacere = werfen, fractio = Anteil (Auswurffraktion)
Frank-Starling-Mechanismus: Otto Frank, Ernest Starling
Mechanismus: μηχανή = Kran, Werkzeug, Maschine
Systole: συστολή = Zusammenziehen
Ventrikel: venter = Bauch (ventriculus = kleiner Bauch)
Wiggers-Diagramm: Carl J. Wiggers


Der Herzmuskel (0,4% der Körpermasse) verbraucht knapp 30 ml Sauerstoff pro Minute - ein Zehntel des Bedarfs für den gesamten (ruhenden) Organismus (~300 ml O2/min). Die myokardiale Durchblutung (Koronarperfusion) beansprucht ~5% des Herzzeitvolumens - der Ausnützungsgrad des arteriell angebotenen O2 ist sehr hoch (~75%, der gesamte ruhende Körper nutzt ~25%) und kann kaum gesteigert werden. Bei körperlicher Belastung nimmt daher vor allem die Durchblutung des Herzmuskels zu. Der spezifische Sauerstoffverbrauch des Herzmuskels beträgt an die 10 ml O2/min/100g bei körperlicher Ruhe, bei Ausbelastung bis über 50 ml/min/100g.

Bei jedem Herzschlag verursacht die beginnende Kontraktion (Systole) der Herzkammern (Ventrikel) einen kurzen Rückstrom des Blutes, was die Herzklappen zu den Vorhöfen (AV- oder Segelklappen) schließt (das erzeugt den "Muskelton" oder ersten Herzton). Der Ventrikeldruck steigt daraufhin an (Anspannungszeit), bis die Klappen zu Aorta und Pulmonalarterie (Semilunar- oder Taschenklappen) öffnen und ein Teil des gespeicherten Blutes (das Schlagvolumen) aus den Ventrikel in Aorta (links) bzw. a. pulmonalis (rechts) ausströmt (Austreibungszeit).

Ein Restvolumen bleibt im Herzen zurück; unter Auswurffraktion (ejection fraction) versteht man den Anteil des Schlagvolumens an der enddiastolischen Füllung (=Restvolumen + Schlagvolumen). Die Auswurffraktion sollte mindestens 50% der enddiastolischen Füllung betragen.

Es folgt die Phase entspannten Myokards (Diastole): Der Ventrikeldruck sinkt ab, der Blutstrom wendet sich für einen Augenblick zum Ventrikel zurück, worauf die Semilunarklappen schließen (das verursacht den Klappenton oder zweiten Herzton). Kurz sind beide Klappen geschlossen (Entspannungszeit), dann öffnen die AV-Klappen zu den Vorhöfen und lassen Blut aus den Atrien (=Vorhöfen) nachströmen (Füllungszeit).

Die Bedingungen an Einstrom- (venös) und Ausstromseite (arteriell) bestimmen die Herztätigkeit: Das in der Füllungszeit zuströmende venöse Blutangebot nennt man Vorlast (preload), den in der Austreibungszeit wirkenden dynamischen Widerstand auf der arteriellen Seite (klinisches Maß: Blutdruck) Nachlast (afterload). Nimmt die Vorlast zu, erhöht sich die diastolische Füllung und der Ventrikel wirft mehr Blut aus ("angebotsorientierte Pumpe"); nimmt die Nachlast zu, sinkt das Schlagvolumen (vorübergehend) wegen des gesteigerten Widerstandes.

Der Frank-Starling-Mechanismus bewirkt, dass das Herz - autonom - auf erhöhte Füllung mit vermehrter Pumpleistung reagiert. Damit passt es seine Tätigkeit ohne Zutun des Nervensystems auf Veränderungen von Vor- und Nachlast an.



Arbeitsleitung und Zyklus des Herzschlags  Systole und Diastole, Vorlast und Nachlast Phasen der Herztätigkeit, Ventilebenenmechanismus Frank-Starling-Mechanismus Einfluss der Frequenz: Bowditch-Effekt


    Vorlast
    Nachlast

Praktische Aspekte       Core messages
   
Das rechte Herz erzeugt Strömung von Blut (das oxygeniert werden soll) aus der Peripherie durch den Lungenkreislauf, das linke generiert Druck, mittels dessen arterielles Blut in den Kreislauf gepumpt wird. Die Menge an gefördertem Blut (das Herzzeitvolumen) kann an den Bedarf der Gewebe angepasst werden. Zusätzlich ist das Herz endokrin aktiv, es beteiligt sich an der Regulierung des Plasmavolumens; intensive Dehnung der Herzräume führt zur Ausschüttung natriuretischer Peptide, die in den Nieren eine vermehrte Salzausscheidung (Natriurese) und damit Reduktion des Blutvolumens bewirken.
 
Herz und Kreislauf  beeinflussen einander gegenseitig
 
Mehrere tausend Liter Blut fördert das Herz einer erwachsenen Person pro Tag - etwa 1500-mal das Blutvolumen (~5 l) in 24 Stunden. Diese Zirkulation ist notwendig, um den Stoffwechsel der Gewebe ausreichend zu unterstützen, Sauerstoff an- und Kohlendioxid abzutransportieren und den ständigen Austausch mit anderen Kompartimenten (Interstitium, intrazelluläre Flüssigkeit u.a.) zu ermöglichen. Unterstützt durch periphere Mechanismen (Muskelpumpe, Venenklappen), ist es vor allem das Herz, das diese Transportaufgabe übernimmt.


Abbildung: Wiggers-Diagramm, Klappenspiel, Herzzyklus
Nach einer Vorlage bei Pearson Education 2016

Das Wiggers-Diagramm zeigt Aortendruck, Ventrikeldruck, Vorhofdruck, Ventrikelvolumen und EKG; optional auch PKG und Blutströmung als Funktion der Zeit.
 
Die Steilheit des Druckanstiegs im Ventrikel während der Anspannungszeit (grüne Kurve im hellgelben Feld) reflektiert seine Kontraktilität.

  a, c, v = atriale Druckwellen (Venenpuls)  EKG = Elektrokardiogramm  PKG = Phonokardiogramm  S1, S2 = Herztöne

Mit jedem Herzschlag wird aus beiden Herzkammern (Ventrikeln ) ein Volumen von je ~70 ml ausgeworfen - gegen einen Druck von ~2 kPa (~15 mmHg) im Lungenkreislauf (rechtes Herz) und ~13 kPa (~100 mmHg) im großen Kreislauf (linkes Herz).

Pro Herzschlag erbringt der Herzmuskel etwas mehr als 1 Nm Arbeit (1 Nm = 1 J = 1 Ws); die mechanische Leistung beträgt gut 1 Watt. Der Wirkungsgrad des Herzschlags beträgt 20-25%, der gesamte Energieaufwand daher ~5 W (5% des gesamten Ruheumsatzes des Organismus: ~100 W).

3/4 des Energieverbrauchs gehen in die Kontraktion des Herzens, 1/4 in die Aufrechterhaltung von Membranpotentialen und der Struktur. Der spezifische Sauerstoffverbrauch beträgt in körperlicher Ruhe 8-10 ml O2/min/100g (wie graue Substanz im Gehirn) und kann bei Muskelarbeit bis >50 ml/min/100g steigen (der höchste Wert aller Gewebe). Das Herz ist ein 'hot spot' der Wärmebildung, s. dort.

Das Herz wirkt als Pumpe: Es hat Klappen mit Ventilwirkung, saugt Blut aus Niederdruckgefäßen (Hohlvenen, Lungenvenen) und pumpt es - Schlagvolumen für Schlagvolumen - in arterielle Gefäße (Lungenschlagader bzw. Aorta). Volumen, Strömung und Druck sind miteinander verknüpft (Gesetze der Hämodynamik).

Da der rechte Ventrikel mit dem Lungenkreislauf einen verhältnismäßig geringen Strömungswiderstand vorfindet, kommt er mit einer Wanddicke von lediglich 3 mm zurecht, um den erforderlichen Druck von maximal 3-4 kPa aufzubauen (linkes Herz:
~40 kPa).
 
Systole und Diastole, Vorlast und Nachlast
Über Vorlast und Nachlast s. auch dort
 
Systole (=Kontraktion des Myokards) und Diastole (=Erschlaffung des Myokards) wechseln einander ab. Die Dauer der Abschnitte des Herzzyklus ist abhängig von der Schlagfrequenz, auch die relativen Zeitanteile:
 
    Bei einer Ruhefrequenz von 60/min beträgt das zeitliche Verhältnis Systole / Diastole 1:2

    bei ~90/min (etwa die Spontanfrequenz des Sinusknotens ohne äußere Einflüsse) beträgt es 1:1

    bei maximal erreichbarer Herzfrequenz (meist über 170/min) schließlich 2:1
 
Das bedeutet, mit steigender Pulsfrequenz nimmt vor allem die Dauer der Diastole ab; diese ist eine zeitliche Reserve für den Fall, dass das Herz hohe Pumpleistung (bei hoher Schlagfrequenz) erbringen muss.
 

Abbildung: Körperposition und Sichtbarkeit der Halsvene
Nach einer Vorlage in Talley & O'Conner: Clinical Examination, 6th ed. Churchill Livingstone 2010

Unter normalen Bedingungen (1G Schwerkrafteinfluss, normales Blutvolumen, gesundes Herz) ist die Jugularvene im Liegen deutlich gefüllt, bei aufrecht gelagertem Oberkörper hingegen kollabiert (nicht sichtbar).
 
Bei 45-Grad-Lagerung sind die venösen Pulsationen bis etwa zur halben Strecke zur Schädelbasis erkennbar, der transmurale Druck pendelt um den Nullwert


Bezüglich Blutangebot und Druckwerten im Kreislauf ist das Herz mit folgenden mechanischen Bedingungen konfrontiert:

    Einerseits bestimmt die diastolische Füllung (Vorlast) die Vordehnung und damit die systolische Kraftentfaltung ("angebotsorientierte" Pumpe, Frank-Starling-Mechanismus: je mehr Füllung, desto stärkere Pumpaktion).
 
    Definiert wird die Vorlast (preload) als der intraluminale Druck, der den Ventrikel zu seiner enddiastolischen Größe ausdehnt. Diese Größe ist mit der Länge der ventrikulären Myozyten bzw. deren Sarkomeren verknüpft, die aber in vivo nicht ermittelbar ist.
 
Als Maß für die Vorlast gilt in der Praxis
 
    der enddiastolische Druck (rechtes Herz: Zentralvenendruck, linkes Herz: Druck im Pulmonalkreislauf - pulmonary capillary wegde pressure PWCP, messbar mittels Rechtsherzkatheter) oder
 
    das enddiastolische Volumen des linken Ventrikels (LVEDV), das echokardiographisch ermittelt werden kann.
  

    Andererseits muss das Herz während der Systole (Austreibungszeit) den Widerstand (hydrodynamische Impedanz) des nachgeschalteten Arteriensystems (rechts der Lunge, links des Körpers) überwinden (Nachlast).
 
    Unter Nachlast (afteroad) versteht man die Kraft, die während der Austreibungszeit einer Verkürzung der ventrikulären Myozyten bzw. deren Sarkomeren entgegensteht.
 
Auch hier werden Druckwerte als klinisch praktikables Maß herangezogen: Für das rechte Herz der Pulmonalarteriendruck, für das linke der arterielle Blutdruck.
 

Abbildung: Windkesseleffekt (schematisch)

Während der Systole wird ein Teil des Schlagvolumens zur elastischen Dehnung der herznahen Gefäße (Aorta) verwendet. Dadurch muss weniger Blut in die Peripherie beschleunigt werden und der Ventrikel wird entlastet.
 
In der Diastole wird die investierte Energie zur weiteren Versorgung der Peripherie mit Blut verwendet, Blut strömt aus der Aorta Richtung Peripherie - die Perfusion bleibt (wenn auch auf niedrigerem Niveau) bestehen, obwohl der Zustrom am Eingang des Arteriensystems sistiert
vgl. dort


Die Dehnbarkeit (compliance) der Aorta spielt für die linkskardiale Nachlast eine besondere Rolle: Der Aortenbogen und die unmittelbar vor und nach ihm gelegenen Abschnitte repräsentieren etwa die Hälfte der Dehnungsfähigkeit des gesamten Arteriensystems (Windkesselfunktion, Abbildung).

Die mechanischen Eigenschaften der herznahen Aortenteile sind daher für die Nachlast des Herzens von großer Bedeutung: Bei Sklerosierung der Aorta erhöht sich die Herzarbeit, die zur Beschleunigung einer (bei Aortenverhärtung funktionell längeren) Blutsäule nötig ist.

  Druckbereiche
Zentralvenendruck / Druck in rechtem Vorhof (Vorlast rechtes Herz): lageabhängig
(im Liegen 4-8 mmHg, im Sitzen / Stehen um ~5 mmHg niedriger)
 
Druck in Pulmonalarterie (Nachlast rechtes Herz): systolisch <25 mmHg, diastolisch <10 mmHg
 
Druck in linkem Vorhof (Vorlast linkes Herz - gemessen über PCWP): <15 mmHg (6-12 mmHg)
 
Druck in Aorta (Nachlast linkes Herz): systolisch <140 mmHg, diastolisch <90 mmHg


Mitteldruckwerte Herzräume

(mmHg, gerundet; liegende erwachsene Person)

Nach Herring / Paterson, Levick's Introduction to Cardiovascular Physiology, 6th ed. 2018

Rechts
Links
Vorhof
3
8
Ventrikel enddiastolisch
4
9
Ventrikel endsystolisch
25
120

Über arterielle Blutdruckmessung s. dort
 

Abbildung: Venenpuls in Relation zu EKG und Herzschall

Im EKG bedeuten

die P-Welle die Erregungsausbreitung über beide Vorhöfe,
 
  der QRS-Komplex die Erregungsausbreitung über beide Ventrikel
 
die T-Welle die Repolarisation der Ventrikel
  
Im Venenpuls bedeuten

die a-Welle den Druckansteg bei der beginnenden Vorhofkontraktion,
 
die c-Welle das Vorwölben der AV-Klappen während der Anspannungszeit des Ventrikels,
 
die x-Senke die Verschiebung der Ventilebene zur Herzspitze,
die v-Welle den frühdiastolischen Druckanstieg (Entspannungszeit),
 
die y-Senke den Druckabfall nach Öffnen der AV-Klappen
  
Im Phonokardiogramm bedeuten

S1 den ersten Herzton (Kontraktion der Ventrikel),
 
S2 den zweiten Herzton (Schluss der Taschenklappen)


 
Die herznahen Teile des Arteriensystems sind relativ dehnungselastisch, was Beschleunigungsarbeit minimiert (Windkesseleffekt: während der Systole wird etwa die Hälfte des Schlagvolumens herznah 'zwischengespeichert', wie Backen, die man aufbläst) - während der Diastole fließt dieses Blut peripherwärts weiter. Dies trägt auch dazu bei, dass der Blutfluss in der Peripherie weniger ruckartig, d.h. kontinuierlicher abläuft als dies ohne die elastische Dehnbarkeit der Gefäßwände möglich wäre.

Systolischer Druck und Herzzeitvolumen: Mit steigendem Schlagvolumen (höhere Herzarbeit bei Belastung) nimmt der systolische Druck zu, weil das Schlagvolumen größer wird (stärkere Dehnung der Arterien) und die Herzfrequenz steigt. Andererseits nimmt der Druck diastolisch rascher ab als in Ruhe: Der periphere Widerstand sinkt, damit fließt das Blut leichter in die Peripherie ab; das Ergebnis ist ein kaum veränderter diastolischer Druck.

Systolischer Druck und Alter: Je weniger dehnungsfreudig die Wände der großen Arterien sind, umso steiler sind die Blutdruckoszillationen mit dem Herzzyklus. Im Alter nimmt oft die Aortendehnbarkeit ab (mehr Kollagen, weniger Elastin), der unmittelbar zu beschleunigende Anteil des Schlagvolumens nimmt zu, das Herz muss mehr Energie aufbringen - und es erhöht sich der systolische Blutdruck.
 
Klappenspiel und Herztöne
 
Herzklappen haben Ventilfunktion:
 
    Sie schließen, wenn Blut sich retrograd (gegen die Stromrichtung) bewegt und die Klappe so zudrückt.
   
    Ist der Druck vor der Klappe größer als hinter ihr, öffnet sie und Blut strömt orthograd (in Stromrichtung) durch den Klappenring.


Abbildung: Herzklappenspiel
Nach einer Vorlage bei Silverthorn, Human Physiology, an integrated approach, 4th Int'l ed. 2007, Pearson / Benjamin Cummings

Links virtueller Blick nach Entfernung von Vorhöfen und arteriellen Gefäßen (Inset: Schnittlinie) auf die Ventrikel, rechts virtueller Blick auf das geöffnete linke Herz.
 
Während der Ventrikelkontraktion (Austreibungsphase) sind die
Papillarmuskeln kontrahiert, die Sehnenfäden (chordae tendineae) angespannt, was die Segel der Mitralklappe davor bewahrt, in den Vorhof ausgestülpt zu werden. So bleibt die Klappe suffizient, ein retrograder Rückstrom von Blut während der Ventrikelkontraktion wird verhindert. (Analoges gilt für die Tricuspidalklappe im rechten Ventrikel)


Beim Schließen und Öffnen der Klappen treten Schwingungen auf, die teilweise im hörbaren Frequenzbereich liegen (Herztöne). Der erste Herzton (S1) markiert den Beginn der Systole (Anspannung der Ventrikelwand, Schluss der Atrioventrikularklappen), der zweite (S2) den Beginn der Diastole (Entspannung der Ventrikel, Schluss der Aorten- bzw. Pulmonalklappe).
 
Der zweite Herzton erklingt am Beginn der Entspannungszeit der Ventrikel
 
  Ein Herzschlag gliedert sich in vier Funktionsphasen
 
(vgl. auch dort)
 
Systole

    Die Anspannungszeit (isovolumetric contraction) beginnt mit dem Schließen der Segelklappen und endet mit dem Öffnen der Taschenklappen. Die Mitralklappe schließt normalerweise etwas früher als die Trikuspidalklappe, was in einem "gespaltenen" 1. Herzton resultiert. Die Trikuspidalklappe stülpt sich infolge des Druckanstiegs im rechten Ventrikel vorhofwärts vor, was die c-Welle im Druckverlauf des rechten Vorhofs bzw. der zentralen Venen ("Venenpuls") verursacht.
 
Sind alle Klappen geschlossen, steigert die Ventrikelkontraktion den Druck in den Kammern. Diese Phase der Systole ist isovolumetrisch, weil sich das Volumen im Ventrikel (=enddistolisches Volumen) nicht ändert.
 
Die während dieser Zeit gespeicherte potentielle Energie (Druckaufbau) wird in der Austreibungsphase in kinetische Energie umgesetzt (Beschleunigung des Blutes).

    Die Austreibungszeit (outflow phase) beginnt mit dem Öffnen und endet mit dem Schließen der Taschenklappen.

Die Klappen öffnen, sobald der Druck im Ventrikel denjenigen in Pulmonalarterien bzw. Aorta übersteigt. In dieser Phase ändern sich sowohl Druck als auch Volumen im Ventrikel (auxotonische Kontraktion).
 
Beim Öffnen der Taschenklappen (Ende Anspannungszeit) beträgt der Druck im linken Ventrikel ~80 mmHg (=diastolischer Aortendruck), im rechten Ventrikel ~10 mmHg (diastolischer Pulmonalisdruck)
 
Das Schlagvolumen (beim Erwachsenen ~80 ml, abhängig z.B. von der Körperlage) wird ausgeworfen, der Rest - das enddiastolische oder Restvolumen, ~60 ml - verbleibt in der Kammer.

Das Schlagvolumen ist die Differenz zwischen enddiastolischem und endsystolischem Volumen. Beide Größen (und damit die des Schlagvolumens: [SV] = [EDV] - [ESV]) werden durch mehrere Eigenschaften des Herzens beeinflusst:

Die Größe des enddiastolischen Volumens (EDV) hängt von folgenden Faktoren ab:
 
Füllungsdruck. Steigt der venöse Rückstrom zum Herzen, nehmen Vorhofdruck und ventrikuläre Vorfüllung zu.
 
Füllungszeit. Je länger die Füllungszeit, desto mehr nimmt das enddiastolische Volumen zu.
 
Dehnungsfähigkeit des Ventrikels. Mit zunehmender ventrikulärer Compliance nimmt die Kammer pro gegebener Druckzunahme mehr Volumen auf, die EDV steigt an.

Die Größe des endsystolischen Volumens (ESV) hängt von folgenden Faktoren ab:
 
Vorlast (preload) - entsprechend dem enddiastolischen Volumen. Der Frank-Starling-Mechanismus erhöht die Schlagkraft mit der Vordehnung (EDV), folglich nimmt [SV] zu, das ESV ab.
 
Nachlast (afterload) - entspricht dem mittleren systemischen (arteriellen) Blutdruck (linkes Herz) bzw. Pulmonalarteriendruck (rechtes Herz). Steigt die Nachlast, wird das Schlagvolumen kleiner, das ESV nimmt zu (größeres Restvolumen).
 
Herzfrequenz. Mit der Schlagfrequenz nimmt die verfügbare Menge sarkoplasmatischen Calciums zu (Treppenphänomen), die Kontraktilität steigt, [ESV] nimmt ab.
 
Kontraktilität. Ähnliches gilt für positiv inotrop wirkende Substanzen (Anstieg [Ca++]i), sie senken das ESV. Damit nimmt die ejection fraction zu:
 
  Das Verhältnis von Schlagvolumen zu enddiastolischem Volumen - also der Anteil der diastolischen Füllung, der systolisch weiterbefördert wird - heißt Auswurffraktion (Ejection fraction, EF). Diese sollte mindestens 50% des enddiastolischen Füllungsvolumens betragen (d.h. der Ventrikel wirft während der Systole mindestens die Hälfte des enddiastolischen Volumens aus).
  
Auswurffraktion (ejection fraction EF) = Schlagvolumen / enddiastolisches Volumen
 
Die Auswurffraktion ist ein Maß für die Effizienz des Herzschlags (je höher der Prozentsatz, desto effizienter). Sie kann mittels Echokardiographie ermittelt werden.
   
Die Auswurffraktion beträgt normalerweise 55-70% des enddiastolischen Füllungsvolumens


Während der Austreibungszeit wird der Ventrikel kleiner, und die (geschlossene) AV-Klappe zum Herzmittelpunkt ("herzspitzenwärts") gezogen. Das erzeugt einen Sog im Vorhofbereich (x-Senke im Venenpuls, s. Abbildungen) und fördert das Nachströmen von Blut aus dem Venensystem. Bei der folgenden Füllungszeit nimmt der Ventrikel diese Blutmenge auf, indem die offene AV-Ebene darübergleitet ("Ventilebenenmechanismus", Abbildung unten).
  
Das linksventrikuläre Volumen ändert sich zu Beginn der Austreibungszeit am schnellsten (es nimmt rasch ab)


Kinetische Energie: Neben der Druck-Volumen-Arbeit (Förderung des Schlagvolumens gegen arterielle Drucke) muß der Ventrikel während der Austreibungszeit Blut beschleunigen (kinetischc Arbeit). Bei körperlicher Ruhe bringen die Ventrikel ihr Schlagvolumen auf eine durchschnittliche Geschwindigkeit von ~0,5 m/s. Das erfordert etwa 0,01 J an Energie, entsprechend 1% (linker Ventrikel) und 5% (rechter Ventrikel) ihres gesamten Energieaufwandes. (Dieser beträgt ~1,2 W bei Ruhe und bis zu ~8W bei schwerer Arbeit; 1 W = 1 J/s.) Bei starker körperlicher Belastung steigt der Aufwand für die kinetische Komponente um eine Zehnerpotenz an - auf etwa 14% für den linken und 50% (!) für den rechten Ventrikel -, um die 5-fache Steigerung der Blutströmungsgeschwindigkeit auf ca. 2,5 m/s zu bewerkstelligen.

Am Ende der Austreibungszeit
wird der Blutstrom in Aorta bzw. Pulmonalis langsamer, bis sich der Druckgradient schließlich umkehrt (Überkreuzung der Druckkurven: Aortendruck über Ventrikeldruck). Die Strömung dreht folglich kurz ventrikelwärts um, was die Taschenklappen zudrückt.
  
Diastole

    Die Entspannungszeit (isovolumetric relaxation) beginnt mit dem Schließen der Taschenklappen und endet mit dem Öffnen der Segelklappen. Die Aortenklappe schließt normalerweise etwas früher als die Pulmonalklappe. Dieser Unterschied wird (vor allem bei jungen Menschen) bei Einatmung größer und erzeugt einen "gespaltenen" 2. Herzton.

Während der Erschlaffungszeit sind alle Klappen geschlossen, der Ventrikeldruck nimmt ab. Diese Phase erfolgt (wie die Anspannungszeit) isovolumetrisch.

    Die Füllungszeit (inflow phase) beginnt mit dem Öffnen und endet mit dem Schluss der Atrioventrikularklappen (AV-, Segelklappen). Zu Beginn der Füllungszeit relaxieren die Ventrikel noch, der Druck nimmt weiter ab (was die frühe Füllung begünstigt).

Blut gelangt aus dem Vorhof- in den Kammerbereich. Die Füllungszeit lauft in drei Phasen ab:
 
     Zuerst gleitet die Ventilebene (offene AV-Klappe) über eine Blutsäule hinweg, die sich im Vorhofbereich angesammelt hat - vergleichbar einem Fisch, der seine Beute mit geöffnetem Maul schluckt ( Abbildung). Dieser sogenannte Ventilebenenmechanismus trägt wesentlich zur raschen frühdiastolischen Füllung der Ventrikel bei.
 

Abbildung: Ventilebenenmechanismus

Der Ventrikel "schluckt" zu Beginn der Füllungszeit Blut, das während der Systole im Vorhof zwischengespeichert wurde - die nun offene Ventilebene gleitet über dieses Volumen, das dadurch vom Vorhof- in den Ventrikelbereich gelangt


      Anschließend entspricht der (jetzt langsame) Einstrom etwa dem venösen Blutstrom zum Herzen (diese Zeitspanne kann bei Erhöhung der Herzfrequenz weitgehend eingespart werden, s. oben). Insgesamt strömen vor der Vorhofkontraktion etwa 80% des nächsten Schlagvolumens in den Ventrikel ein.

       Schließlich kontrahieren sich die Vorhöfe ("a" in Abbildungen), der Bluteinstrom beschleunigt sich noch einmal, was zu ~10-20% der diastolischen Füllung der Ventrikel beiträgt (80-90% der Füllung erfolgt "passiv" aus den vorgeschalteten Venen).
 
Bei plötzlichem Ausfall der Vorhoffunktion, wie bei Vorhofflimmern, sind Ventrikelfüllung und Pumpleistung des Herzens zunächst um ~15-20% reduziert.
 
Bei körperlicher Belastung (Muskelarbeit) - die das Fördervolumen des Herzens bis zu 4-fach steigern kann - nimmt der Beitrag der Vorhofkontraktion zur diastolischen Ventrikelfüllung auf bis zu 40% zu.

Bei erschwerter passiver Ventrikelfüllung nimmt die Kraft der Vorhöfe zu (belastungsabhängige Hypertrophie) und kann bis zu 50% der Pumpleistung des Herzens übernehmen (→ größere P-Welle im EKG).

 
Anpassung an Vor- und Nachlast: Frank-Starling-Mechanismus
  
Der deutsche Physiologe Otto Frank beschrieb 1895 folgende Beobachtung: Füllt man ein isoliertes Froschherz, dessen Aorta abgebunden ist (und das daher isovolumetrische Kontraktionen durchführt), diastolisch mit zunehmender Flüssigkeitsmenge ("Vorlast"), dann liegt der systolische Spitzendruck umso höher über dem Ruhewert, je größer das Füllungsvolumen ist (bis zu einer Obergrenze). Daraus konnte geschlossen werden, dass die Kontraktionskraft des Ventrikels mit der diastolischen Dehnung ansteigt.
 
Einige Jahre später nutzte der britische Physiologe Ernest Starling Herz-Lungen-Präparate von Hunden und konnte beobachten, dass die von Frank entdeckte Eigenschaft auch für das Warmblüterherz gilt - mit dem Zentralvenendruck als Vorlast für das rechte, und dem Pulmonalvenendruck für das linke Herz. Weiters variierte Starling die Nachlast des linken Ventrikels über einen variablen Aortenwiderstand und konnte zeigen, dass mit der Nachlast zunächst die diastolische Füllung zunimmt (weil das Schlagvolumen vorübergehend sinkt), und dann mit steigendem enddiastolischem Volumen wiederum die Schlagkraft zunimmt.
 
Zusammengenommen beweisen diese Experimente, dass das isolierte Herz (also ohne neurale oder humorale Beeinflussung) seine kontraktile Energie autonom an das diastolische Volumen anpasst: Es arbeitet als angebotsorientierte Pumpe (Frank-Starling-Mechanismus).
 
Der
Frank-Starling-Mechanismus sagt aus, dass Herzkammern umso stärker schlagen, je stärker sie gefüllt sind. Die Förderleistung des Herzens passt sich an das Blutangebot an ( Abbildung):
 

Abbildung: Das Schlagvolumen nimmt (ceteris paribus) mit dem diastolischen Füllungsdruck zu
Nach Parker JD, Case RB. Normal left ventricular function. Circulation 1979; 60: 4-12

Die Kurve beruht auf Daten aus Einzelmessungen an insgesamt 75 Patienten. Das venöse Blutangebot wurde durch verschiedene Maßnahmen variiert (Lagewechsel, Blutabnahme, Infusion, Erhöhung des Plasmavolumens mit Dextranlösung, Schrittmacherwirkung, Vasodilatation durch Nitroglycerin).
 
Die Auswurfleistung des Ventrikels nimmt mit der diastolischen Füllung zu (Frank-Starling) - bis zu einem Punkt, ab dem kein weiterer Anstieg möglich ist. Die Kurve erreicht über 10 mmHg linksventrikulärem Füllungsdruck ein Plateau - ein weiterer Druckanstieg (bedingt z.B. durch Infusion eines Plasmaexpanders) bewirkt keine Steigerung des Schlagvolumens mehr.
 
Bei aufrechter Körperlage (stehend) beträgt der enddiastolische Füllungsdruck im linken Ventrikel 4-5 mmHg, in Rückenlage (liegend) 8-9 mmHg (orthostatischer Effekt). Das bedeutet, bei aufrechter Körperposition (Sitzen oder Stehen) - mit geringer diastolischer Füllung, da ein Teil des Blutvolumens in die Beine verlagert ist - befindet sich das Herz im "aufsteigenden" Bereich der Starling-Kurve, in Rückenlage hingegen im flachen Bereich, in dem weitere diastolische Füllung kaum noch eine Verstärkung der Systole bewirkt.

 
X-Achse: Der enddiastolische Druck (messbar mittels Herzkatheter) ist ein Indikator für die Vordehnung der Herzmuskelzellen. Statt des Drucks kann auch das enddiastolische Volumen (abschätzbar über Echokardiographie) als Kriterium dienen. Y-Achse: Das Schlagvolumen (abschätzbar über Echokardiographie) ist ein brauchbarer Indikator für die kontraktile Energie. Aussagekräftiger sind kombinierte Kriterien, z.B. das Produkt aus Schlagvolumen und mittlerem arteriellem Druck.

LVEDP = linksventrikulärer enddiastolischer Druck

 
Mit steigender Füllung (Vorlast: venöser Füllungsdruck) nimmt die Schlagkraft des Herzens zu (bis zu einer Obergrenze - darüber hinaus kann das Schlagvolumen nicht weiter gesteigert werden)
  
Unter physiologischen Bedingungen scheint dieser Mechanismus von untergeordneter Bedeutung zu sein. So nimmt die Schlagkraft bei gesteigerten Anforderungen an das Fördervolumen (körperliche Arbeit, Hitzebelastung) in erster Linie durch Sympathikuswirkung zu (positive Inotropie). Die Schlagkraft des Herzens unterliegt also primär einer über das Kreislaufzentrum koordinierten Regulierung.

Der Frank-Starling-Mechanismus repräsentiert eine autonome Eigenschaft des Herzmuskels und wird bedeutsamer, wenn übergeordnete Mechanismen nicht ausreichend oder nicht rasch genug greifen. So beeinflusst der Zeitabstand zur vorhergehenden Systole unmittelbar die Schlagkraft: Je länger die Diastole dauert, desto stärker fällt die Füllung aus (steigt das enddiastolische Volumen) und desto stärker schlägt das Herz bei der darauf folgenden Systole.

Das spielt auch bei Unregelmäßigkeiten des Herzrhythmus - wie bei respiratorischer (Sinus-) Arrhythmie , oder nach ventrikulären Extrasystolen - eine Rolle: Je kürzer das Intervall zwischen zwei Herzschlägen, desto geringer ist die diastolische Füllung und desto schwächer fällt die nächste Systole aus; umgekehrt steigt mit der Intervallzeit auch Kraft und Schlagvolumen des nächsten Herzschlags.



Zur Funktionsweise des Frank-Starling-Mechanismus gibt es mehrere Erklärungen - er ist immer noch nicht vollständig durchschaut (Stand 2023):

    Überlappung der kontraktilen Filamente im Sarkomer: Bei normaler enddiastolischer Füllung beträgt die Sarkomerlänge 1,8-2,0 µm. Bei ~1,8 µm greifen einige Myosin-Querbrücken am gegenläufigen Aktinfilament (Länge ~1 µm) an und reduzieren dadurch die Kraftausbeite. (Bei 1,6 µm Sarkomerlänge stoßen die Myosinfäden außerdem an den Z-Streifen an.)
 
Wird die Muskelfaser gedehnt, nimmt die Zahl dieser "Irrläufer" ab, die Netto-Kraftausbeute steigt an, und bei ~2,1 µm ist das Optimum an Überlappungmuster und Kraftausbeute erreicht. Das deckt sich mit dem Bereich, in dem Erhöhung der Vordehnung (also der diastolischen Füllung) zu einer Zunahme der Systolenkraft führt ( Abbildung).
 

Abbildung: Kontraktionskraft einer Herzmuskelzelle in Abhängigkeit von ihrer Vordehnung
Modifiziert nach Kentish JC, ter Keurs HEDJ, Ricciardi L, Bucx JJ, Noble MI. Comparison between the sarcomere length-force relations of intact and skinned trabeculae from rat right ventricle. Influence of calcium concentrations on these relations. Circ Res 1986; 58: 755-68

In einer isolierten Herzmuskelzelle wurde - ausgehend von unterschiedlicher Vordehnung (Abszisse: diastolische Sarkomerlänge) - die Kontraktionskraft ermittelt (Ordinate): Bei physiologischer (8,9 µM, rote Kurve) oder erhöhter Calciumkonzentration in der Zelle (50 µM, schwarze Kurve).

Die Kraft / Sarkomerlängen-Charakteristik von Myokardzellen mit erhöhten sarkoplasmatischen [Ca++]-Werten (schwarze Kurve) gleicht der (physiologischen) des Skelettmuskels - in beiden Fällen sind alle Querbrücken aktiviert. Bei Herzmuskelzellen mit physiologischem sarkoplasmatischem [Ca++] (rote Kurve) ist die Kraftausbeute geringer - weil nur ein Teil der Querbrücken aktiviert ist -, die Kraft / Sarkomerlängen-Charakteristik ist steiler - weil die Zahl der aktivierten Querbrücken mit der Vordehnung ansteigt.

Inset (oben): Bei ~1,8 µm Sarkomerlänge greifen einige Myosinköpfchen (grün) auf das "falsche" Aktinfilament (rot) zu, die Kontraktionskraft ist durch diese gegenläufige Komponente reduziert. Bei 2,1 µm greifen alle Myosinköpfchen auf das "richtige" Aktinfilament zu, die Kraftausbeute ist optimiert


    Der Prozentsatz aktivierter Aktin-Myosin-Querbrücken steigt mit der Sarkomerlänge. Bei jeder gegebenen [Ca++] nimmt die Kraftausbeute mit Dehnung der Sarkomeren zu (dehnungsabhängige Aktivierung, length-dependent activation). Wie dieser Umstand zu erklären ist, bleibt kontroversiell. Die Troponinhypothese geht von einer dehnungsabhängig verbesserten Troponin-Interaktion aus, die Kompressionshypothese von verringerten Aktin-Myosin-Abständen bei reduziertem Zelldurchmesser (Myosinköpfchen können leicher auf Aktinmoleküle zugreifen - lattice spacing hypothesis), die Myosinhypothese von querbrückenbeeinflussender Titin-Myosin-Interaktion.
 
    Das Herz in situ verfügt mit dem Perikardsack auch über eine "Außenstütze"; ein isoliertes Herz ohne Perikard reagiert anders als ein im physiologischen Kontext belassenes.
 
    Schließlich sind auch Mechanismen der myokardialen Entspannung in der Diastole zu berücksichtigen (Lusitropie ist die Herzqualität, die sich auf rasche und vollständige Erschlaffung des Myokards bezieht). Phosphorylierung von Titin macht den Herzmuskel dehnbarer, und Aktivierung des Sympathikus verflacht die Ruhedehnungskurve des Ventrikels.
 
Der Frank-Starling-Mechanismus spielt eine wichtige Rolle für die automatische Balance zwischen der Förderleistung des rechten und linken Ventrikels: Zwei in Serie geschaltete Pumpen müssen - über Zeiträume, die einige Sekunden überschreiten - eine idente Volumenförderung leisten, wenn der dazwischenliegende Gefäßabschnitt weder aufgeblasen noch leergesaugt werden soll. Würde z.B. der rechte Ventrikel nur um 1% mehr fördern als der linke, käme es innerhalb von 30 Minuten zu einer katastrophalen pulmonalen Überfüllung (von ~600 ml auf ~2000 ml). Bei körperlicher Ausbelastung reichten dazu schon wenige Minuten.

   Der Frank-Starling-Mechanismus löst das Problem von selbst: Steigt die Füllung im Lungenkreislauf, steigt automatisch auch das rechtsventrikuläre Schlagvolumen - analoges gilt für den rechten Ventrikel bzw. für eine Abnahme der Füllung einer der beiden Kammern. Neurohumorale Regulationsmechanismen tun dann ihr Übriges zur Stabilisierung des Kreislaufs - allerdings brauchen sie etwas Zeit, um wirksam werden zu können.
 
   Steht eine Person beispielsweise auf (Orthostase), sinkt die rechtsventrikuläre Füllung (vgl. dort), die Ventrikel gleichen die Volumina autonom aneinander an (das dauert nur Sekunden). Umgekehrt stabilisiert der Frank-Starling-Mechanismus die Situation beim Wechsel von aufrechter zu liegender Position, wo plötzlich das venöse Angebot an das rechte Herz zunimmt.

   Auch der Atemzyklus führt zu kurzen Imbalancen. Besonders deutlich kommt die stabilisierende Wirkung des Frank-Starling-Mechanismus bei extremen intrathorakalen Druckänderungen im Rahmen von inspiratorischen (Müller-Versuch) oder exspiratorischen (Valsalva-Versuch) Manövern zum Tragen.

   Ähnliches gilt für die Kreislaufanpassung bei körperlicher Belastung: Der Frank-Starling-Mechanismus sorgt für "Rechts-links-Ausgleich" der sich stark ändernden ventrikulären Pumpleistungen.

   Der Frank-Starling-Mechanismus kümmert sich auch um Angleich der reduzierten Auswurfleistungen bei Hypovolämie und Dehydration - oder umgekehrt der erhöhten Volumenförderungen bei Hypervolämie.
 
Der Starling-Mechanismus wirkt direkt bei Änderung der diastolischen Füllung (Vorlast), indem er die systolische Schlagstärke an das diastolische Volumenangebot anpasst. Er wirkt aber auch bei Änderung der Nachlast: Steigt z.B. der Aortendruck plötzlich an, wird der Ventrikel bei der direkt folgenden Systole weniger Blut auswerfen können als sonst mit der Folge, dass die enddistolische Füllung der nächsten Systole zunimmt und der Ventrikel nunmehr die Auswurfleistung steigert.

Anrep-Effekt : Zusätzlich zu, und nach dem (sofort wirkenden) Frank-Starling-Mechanismus kommt es in isoliertem Myokard innerhalb weiterer 5-10 Minuten nach Erhöhung der Vorlast / diastolischen Dehnung zu weiterer direkter Erhöhung der Kontraktilität (slow force response). Der vermutete Mechanismus hat mehrere Komponenten, die alle zu erhöhtem Calciumeinstrom in Kardiomyozyten führen:
 
    Dehnung von Herzmuskelzellen aktiviert membranständige Na/H-Austauscher, Natriumionen strömen in die Zelle ein, hemmen intrazellulär Na/Ca-Austauscher und verlängern die Verweildauer von Ca++ im Sarkoplasma.
 
    Dehnung von Herzmuskelzellen aktiviert weiters Calciumkanäle, was ebenfalls vermehrt Ca++ im das Sarkoplasma bringt.
 
    Dehnung von Herzmuskelzellen regt deren Produktion inotroper Stoffe (Angiotensin II, Endothelin I) an. Auch diese erhöhen auto- / parakrin die intrazellulären Calciumspeicher.
 
Das vermehrte intrazelluläre Ca++ aktiviert die SERCA, die sich mit zusätzlichen Calciumionen "vollpumpt" und mittels erhöhter calciuminduzierter Calciumfreisetzung (CICR) verstärkte Kontraktionen bewirkt.
 
Frequenzinotropie (Bowditch-Effekt)
 
Als Bowditch-Effekt (Frequenzinotropie, "Treppenphänomen", staircase phenomenon) bezeichnet man die Tatsache, dass Erhöhung der Schlagfrequenz eines Herzmuskelpräparates zu einer Stärkung der einzelnen Systolen führt, und dass nach Zurückschalten auf niedrigere Frequenz zunächst eine besonders intensive Kontraktion erfolgt ( Abbildung).
 

Abbildung: Treppenphänomen bei einem isolierten Herzmuskelpräparat (Bowditch-Effekt)
Nach einer Vorlage bei Usman A, Gandhi J, Gupra G. Physiology, Bowditch Effect. StatPearls 2023

Erhöhung der Herzfrequenz (durch künstlichen Schrittmacher: pacing) steigert die Kontraktionskraft der Kardiomyozyten, ohne äußeren Einfluss wie Sympathikuswirkung oder Hormone. Verursacht ist diese Kraftsteigerung durch eine Erhöhung des Calciumspeichers im sarkoplasmatischen Retikulum - erklärbar durch verkürzte systolische Ca++-Entleerungsdauer des sarkoplasmatischen Retikulums und reduzierten Ca++-Export durch Na/Ca-Austauscher.
 
Anschließende Senkung der Stimulationsfrequenz löst eine besonders starke Kontraktion (§) im Sinne einer postextrasystolischen Potenzierung mit längerer Dauer zum Auffüllen der sarkoplasmatischen Calciumspeicher aus.
 
Der erste Herzschlag nach Erhöhung der Herzfrequenz (pacing) fällt schwächer aus als die vorhergehenden. Der Grund ist, dass sich die (für dle elektro-mechanische Kopplung notwendigen) Calciumkanäle des sarkoplasmatischen Retikulums (calcium release channels, Ryanodinrezeptoren) nur relativ langsam von ihrem inaktivierten (systolischen) Zustand erholen und zur Zeitpunkt der künstlichen Stimulation teilweise noch refraktär sind


Das Phänomen der Kraftsteigerung bei Frequenzzunahme erklärt sich durch eine Erhöhung des Ca++-Speichers im, und der Ca++-Freisetzung aus dem, sarkoplasmatischen Retikulum, bedingt durch folgende Faktoren:

    Bei höherer Herzfrequenz ist die Summe der Plateauzeiten der Aktionspotentiale pro Zeiteinheit und damit die Dauer des Calciumeinstroms durch L-Typ-Calciumkanäle erhöht.

    In den (in der Summe verlängerten) Plateauphasen arbeiten die Na/Ca-Austauscher (NCX) im "reverse mode" und lassen Ca++ in die Zelle eindringen, statt es zu exportieren.

    Durch beide Mechanismen steigt der sarkoplasmatische Ca++-Spiegel. Das führt zu rascherer Einlagerung von Calcium in das sarkoplasmatische Retikulum, und das geht so:
 
Über Calmodulin (CaM) - an das sich Calciumionen anlagern - und CaM-Kinase II wird Phospholamban phosphoryliert, seine Hemmwirkung auf
SERCA2a aufgehoben und so das Zurückpumpen von Ca++-Ionen aus dem Zytosol in das endoplasmatische Retikulum angeregt.
 
Insgesamt spielt das Treppenphänomen für die Steuerung der Kontraktionskraft in vivo eine nur mäßige Rolle. Es trägt immerhin dazu bei, dass z.B. ein vorzeitiger (ektopischer) Herzschlag schwach ausfällt, und nach einer verlängerten Pause eine verstärkte Systole erfolgt (postextrasystolische Potenzierung). Letzteres erklärt sich durch eine Erhöhung der im sarkoplasmatischen Retikulum verfügbaren Ca++-Menge nach einer verlängerten Diastole.

Da der Bowditch-Effekt an isolierten Herzmuskelfasern nachweisbar ist, hat er - im Gegensatz zum Starling-Mechanismus - nichts mit Effekten unterschiedlicher Vordehnung bzw. enddiastolischer Füllung zu tun.
 

 
Unter Herzinsuffizienz versteht man eine mangelhafte Pumpleistung des (rechten und/oder linken) Ventrikels. Das bewirkt einen Rückstau von Blut im Vorhof und eine Erhöhung des jeweiligen enddistolischen Volumens.
 
Herzinsuffizienz reduziert das Schlagvolumen und erhöht das enddiastolische Volumen
 
Klappeninsuffizienz bedeutet, dass eine Klappe nicht richtig schließt. So führt eine Aortenklappeninsuffizienzzu diastolischem Rückfluss des Blutes aus der Aorta in den Ventrikel, ventrikulärer Volumenbelastung und allenfalls Überlastung (Herzinsuffizienz). Da das Blut diastolisch durch eine Engstelle fließt, kann ein abnehmendes Geräusch auftreten, das an den zweiten Herzton anschließt.
 
Eine undichte (insuffiziente) Aortenklappe belastet den linken Ventrikel: Blut fließt diastolisch in den Ventrikel zurück, nach S2 kann ein diastolisches Decrescendogeräusch auftreten
 
Klappenstenose bedeutet, dass eine Klappe nicht vollständig öffnet - sie bleibt während der Passagezeit verengt, der Strömungswiderstand ist erhöht. So belastet eine Aortenklappenstenose den linken Ventrikel, der systolisch gegen einen erhöhten Fließwiderstand arbeiten muss; es kommt zu Linksherzhypertrophie.
 
Verengung der Mitralklappe (Stenose) erschwert den Einstrom von Blut in den linken Ventrikel. Der Druck im Pulmonalkreislauf steigt, das linksventrikuläre enddiastolische Volumen sinkt

Bei einer verengten Aortenklappe (Stenose) ist ein erhöhter Ventrikeldruck erforderlich, um ausreichend Blut in die Aorta zu befördern


 

 
      Das Herz saugt Blut aus Niederdruckgefäßen (vv. cavae, vv. pulmonales) und pumpt es in arterielle Gefäße (Lungenschlagader bzw. Aorta). Jeder Herzschlag fördert aus beiden Herzkammern (Ventrikeln ) je ~70 ml Blut (Schlagvolumen) gegen einen Druck von 1-2 kPa im Lungenkreislauf (rechtes Herz) und ~13 kPa im großen Kreislauf (linkes Herz). Pro Herzschlag erbringt der Herzmuskel etwas mehr als 1 J, die Leistung beträgt gut 1 W. Der Wirkungsgrad des Herzschlags beträgt 20-25%, der gesamte Energieaufwand ~5 W (Ruheumsatz des Organismus ~100 W). 3/4 des Energieverbrauchs beansprucht die Kontraktion, 1/4 Membranpotentiale und Strukturerhaltung. Der spezifische Sauerstoffverbrauch - in körperlicher Ruhe ~10 ml O2/min/100g - kann bei Ausbelastung bis ~50 ml/min/100g steigen
 
      Systole (Kontraktion des Myokards) und Diastole (Erschlaffung des Myokards) wechseln einander ab. In Ruhe (60/min) dauert die Diastole doppelt so lange wie die Systole; bei maximaler Herzfrequenz ist es umgekehrt, vor allem die Diastolendauer wird kürzer (zeitliche Reserve). Die Systole beginnt mit der Anspannungszeit (isovolumetrische Kontraktion, alle Klappen geschlossen, der Ventrikel enthält das enddiastolische Volumen), in der Austreibungszeit wird das Schlagvolumen ausgeworfen (Aorten- und Pulmonalklappe offen), das Restvolumen verbleibt im Ventrikel. Das Verhältnis Schlagvolumen / enddiastolisches Volumen heißt Auswurffraktion (Ejection fraction, EF) - ein Maß für die Effizienz des Herzschlags (mindestens 50-60% des enddiastolischen Füllungsvolumens)
 
      Die diastolische Füllung (Vorlast) verhält sich proportional zum diastolischen Druck (rechtes Herz: Zentralvenendruck - im Liegen ~1 kPa, aufrecht ~0 kPa; linkes Herz: Druck im Pulmonalkreislauf ~1 kPa). Während der Systole muss der Ventrikel die hydrodynamische Impedanz des Arteriensystems überwinden (Nachlast) - proportional zum Pulmonalarteriendruck (systolisch <25 mmHg, diastolisch <10 mmHg) bzw. arteriellen Blutdruck (systolisch <140 mmHg, diastolisch <90 mmHg). Die Kraft der Systole steigt mit der Vorlast (Frank-Starling-Mechanismus): Dieses Pronzip der "angebotsorientierten Pumpe" gleicht unterschiedliche Imbalancen aus, bedingt z.B. durch die Atmung oder orthostatische Änderungen. Je besser dehnbar die Aorta ist (Windkesseleffekt: etwa die Hälfte des Schlagvolumens wird herznah 'zwischengespeichert'), desto geringer ist die Nachlast für das linke Herz
 
      Diastole: Die Entspannungszeit beginnt mit dem Schließen der Taschenklappen und endet mit dem Öffnen der Segelklappen. Der Ventrikeldruck nimmt ab, im Ventrikel befindet sich das Restvolumen. Die Füllungszeit beginnt mit dem Öffnen und endet mit dem Schluss der AV-Klappen, Blut fließt aus dem Vorhof nach. Zuerst gleitet die offene AV-Klappe über Vorhofblut (Ventilebenenmechanismus),vor der Vorhofkontraktion strömen ~80% des nächsten Schlagvolumens in den Ventrikel ein, ~20% der diastolischen Ventrikelfüllung erfolgt durch die Vorhofkontraktion
 
      Erhöhung der Schlagfrequenz eines Herzmuskelpräparates stärkt die einzelnen Systolen (Bowditch-Effekt, Frequenzinotropie, Treppenphänomen); nach Zurückschalten auf niedrigere Frequenz erfolgt zunächst eine besonders intensive Kontraktion. Das erklärt sich durch Erhöhung des Ca++-Speichers im sarkoplasmatischen Retikulum (kürzere Diastolendauer weniger Zeit für das Zurückpumpen in das endoplasmatische Retikulum; Erhöhung des intrazellulären [Na+] Na/Ca-Austausch reduziert). Der Effekt tritt unabhängig von der Vordehnung auf
 

 




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