
Transport
im kardiovaskulären System (Kreislauf, Blut, Lymphe)
Physiologie
des Venensystems, Regulation des venösen Rückstroms
© H. Hinghofer-Szalkay
Frank-Starling-Mechanismus: Otto Frank, Ernest Starling
Kollaps: collabor = zusammenfallen, -brechen, -stürzen (labo = wanken, schwanken)
Orthostase: ὀρθός = (auf)recht, richtig; stare = (aufrecht) stehen
Synkope: σύν = zusammen, κὁπτω = schlagen
Thrombus: θρόμβος = Klumpen, Pfropf
Das
Blutvolumen befindet sich zu etwa 55% in den Venen, zu 25% im "kleinen"
Kreislauf (Lunge und Herzräume), zu 15% im Arteriensystem, und zu 5% in
der Mikrozirkulation (Kapillaren). Abgesehen von hydrostatischen Druckschichtungen (Blutdruck oben niedriger als unten) nehmen die Druckwerte von der Herzkammer bis zum Vorhof hin kontinuierlich ab - entsprechend der Richtung des Blutstroms.
Das rechte
Herz schöpft aus dem Niederdrucksystem (große Venen) und pumpt in den
Lungenkreislauf; der Indikator für seine Vorlast ist der Druck im
Einstrombereich (zentraler Venendruck, central venous pressure CVP), für seine Nachlast der Pulmonalarteriendruck. Beim linken Ventrikel zeigt der pulmonalkapilläre Druck (PCWP: pulmonary capillary wedge pressure) die Vorlast an, der Aortendruck die Nachlast.
Im kardiovaskulären Zustandspunkt des betreffenden Druck-Strömungs-Diagramms überkreuzen sich die Kurve des venösen Rückstroms und die Starling-Kurve, d.h. hier gilt ein Druck- und ein Strömungswert, der gleichzeitig der Hydrodynamik des Gefäßsystems wie auch der Frank-Starling-Charakteristik des Herzens entspricht.
Venen werden von der arteriellen Seite aus befüllt; retrograde Strömung wird in den Beinvenen durch Venenklappen
verhindert. Steigt die Befüllung von Venen (Zwischenspeicherung), dann
sinkt der venöse Rückstrom zum Herzen (und damit vorübergehend das
Herzminutenvolumen); entleeren sie sich (verringerte arterielle Befüllung), nimmt der Rückstrom zu (das
Herzminutenvolumen steigt).
Die Venen in Haut und Subkutis sind sehr dehnbar (hohe Compliance),
ebenso die Venen des Splanchikusgebietes (Eingeweide). Die Befüllung
der kutanen Venengeflechte steht vor allem unter dem Einfluss der Thermoregulation (Wärmeabgabe), Kreislaufreflexe
beteiligen sich an der Steuerung der Gefäße im Bauchraum. Die
Venengeflechte in der Skelettmuskulatur könnten ebenfalls viel Blut
aufnehmen, das tun sie aber in der Regel nicht, da sie von der jeweils
aktiven Muskulatur (die stärker durchblutet ist) "massiert" und damit
laufend entleert werden ("Muskelpumpe").
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Verteilung des Blutvolumens (>Abbildung): Das meiste Blut
befindet sich im Niederdrucksystem (Kapillaren bis rechtes Herz):
Kapillaren ≈5%, Venolen und
Venen ≈55%, Lungenkreislauf und Herzräume ≈25% (des gesamten
Blutvolumens). Aus diesem Reservoir strömt Blut zum rechten Herzen (venöser Rückstrom, venous return).
s. dazu dort.
Dem allgemeinen Strömungsgesetz folgend, hängt der venöse Rückstrom vom
treibenden Druck ab, d.h. dem Unterschied des peripheren "Systemdrucks"
und dem diastolischen Druck im rechten Herzen. Die Pumpleistung
des Herzens hängt von der Vorlast ab.

<Abbildung: Venöser Rückstrom gleich Herzzeitvolumen
Nach einer Abbildung in New Human Physiology
Der
schwarze Pfeilkopf in (A) und (C) gibt den Druck an, der sich akut bei
Herzstillstand im Kreislauf einstellen würde (systemischer oder statischer Blutdruck)
Volumendehnbarkeit = Compliance

A: Druck-Strömungs-Kurve des venösen Systems. Der Druckunterschied von Niederdrucksystem zu Vorhof bestimmt die Blutströmung zum
Herzen.
B: Druck-Strömungs-Kurve als Arbeitskurve des Herzens: Mit zunehmendem Füllungsdruck nimmt das Herzzeitvolumen zu: Frank-Starling-Mechanismus.
C: Nur im Schnittpunkt der beiden Kurven sind die Bedingungen
sowohl der venösen Strömung zum Herzen (blaue Kurve) als auch der Herzfunktion (rote Kurve) erfüllt; die strichlierte Linie
gibt den dabei herrschenden Druck im rechten Vorhof an.
Statischer Blutdruck: In der <Abbildung liegt der Schnittpunkt der blauen Kurve mit Druckachse (A, C) bei ca. 1 kPa: statischer Blutdruck
- dieser würde sich im gesamten Kreislauf akut bei Herzstillstand
einstellen (Strömung = 0). Der Betrag des statischen Blutdrucks nimmt mit der
Kreislauffüllung (Blutvolumen) zu und mit der Dehnbarkeit (Compliance) des
Gefäßsystems ab.
Die folgende >Abbildung zeigt, wie Veränderungen des Blutvolumens
einerseits, des Zustandes des Herzmuskels andererseits diesen
Schnittpunkt verlagern:

>Abbildung: Herzminutenvolumen als Funktion des zentralen Venendrucks
Bei
erhöhtem Blutvolumen liegen die Arbeitspunkte des Kreislaufs (blau) bei
höheren Werten für Zentralvenendruck und Herzminutenvolumen als bei
Normovolämie (hellgrüne Schnittpunkte). Bei Volumenmangel sind die
Werte noch niedriger (nicht gezeigt)

Die grünen
Kurven in der >Abbildung zeigen den Normalzustand - "normal" = Starlingkurve,
"Normovolämie" = venöse Rückstromkurve -, der Kurvenschnittpunkt liegt
bei einem Herzzeitvolumen von 5 l/min und einem Zentralvenendruck (Maß für die Vorlast des rechten Ventrikels) von etwa 2 mmHg.
Nimmt das Blutvolumen zu (Hypervolämie, blaue Rückstromkurve),
verschiebt sich diese nach rechts und oben, weil der Kreislauf stärker
"aufgeblasen" ist (vgl. dort) - Resultat ist ein erhöhtes Herzzeitvolumen bei leicht erhöhtem Zentralvenendruck.
Nimmt die Schlagkraft des Herzens ab (Kardiomyopathie - z.B. Ischämie, violette und rote
Starling-Kurve in der >Abbildung), sinkt einerseits das Herzzeitvolumen (weil das Myokard
geschwächt ist), andererseits erhöhen sich die Füllungsdrucke (weil
sich Blut in der Peripherie rückstaut).
Veränderungen des Zentralvenendrucks müssen immer im Zusammenhang mit
der Gesamtsituation des Kreislaufs interpretiert werden (Zustand des
Herzmuskels vs. Zustand des Kreislaufs).
Die Körperlage beeinflusst die Drucke in den Gefäßen zusätzlich. Im Liegen beträgt der Venendruck entlang der
Körperachse 1-2 kPa (10-20 cm H2O oder rund 10 mm Hg); bei aufrechter Körperlage kommen orthostatische Druckunterschiede dazu.
Näheres zu Schwerkraft und hydrostatischen Druckgradienten im Kreislauf s. dort
Intavenöse Infusion: Die Höhe eines
Tropfers über der Infusionsstelle bestimmt den Infusionsdruck. So ergibt 20 cm Tropferhöhe bei einem
Venendruck von 15 cm Wassersäule 20-15 = 5 cm H2O treibenden Druck. Die Infusionsgeschwindigkeit hängt vom
Strömungswiderstand der Leitung ab; dieser wird mittels
Quetschrolle am Schlauch beeinflusst, hängt aber
auch vom Ende der Leitung in der Vene ab: Bilden sich
Thromben
, verlegen diese die Kanüle und die Tropfrate
nimmt während der Infusion ab.

<Abbildung: DeJager-Krogh-Mechanismus
Oben: Öffnen sich die Widerstandsgefäße
(arterioläre Vasodilatation), strömt mehr Blut ins Niederdrucksystem
ein (roter Pfeil rechts), Blut wird von Venen vermehrt gespeichert (grüne Pfeile) - die Vorlast für das Herz sinkt (Reduktion des Herzminutenvolumens).
Unten: Arterioläre Vasokonstriktion
verringert den Einstrom in das Kapillargebiet, der Dehnungsdruck nimmt
ab, die Venen retrahieren (elastisch - grüne Pfeile) und verlagern Blut
wird in Richtung Herz - die Vorlast für das Herz steigt (Erhöhung des Herzminutenvolumens)

Neben dem Gefäßtonus hängt die Füllung von Venen vor allem vom
arteriellen Zustrom ab.
Arteriolenweite und Venenfüllung: Nimmt der arterielle Zufluss ab
(arterioläre Konstriktion), entspeichern die Venen aufgrund der
passiven Retraktion ihrer Wände (wie das Zusammenschnurren von
Gummibändern) einen Teil des vorher elastisch gespeicherten Blutes, das
Richtung Herz weiterströmt. Dies dient der
Aufrechterhaltung des Herzzeitvolumens in kritischen
Kreislaufsituationen. Umgekehrt führt arterioläre Dilatation zu stärkerer Venenfüllung, dies erhöht die venöse Compliance und senkt den Rückstrom zum Herzen (DeJager-Krogh-Phänomen, <Abbildung). Auf diese Weise fungieren die Venen als dynamischer Zwischenspeicher.
Für die
Kreislaufwirksamkeit des venösen Blutspeichers ist sowohl der Betrag
des Blutvolumens (≈7-8% der Körpermasse) als auch dessen Verteilung ausschlaggebend. Zwei Abschnitte
des Venensystems können besonders viel Blut speichern (>Abbildung): Die
Venengeflechte der Haut und die der Baucheingeweide, letztere werden vom
Splanchnikusnerv versorgt (“Splanchnikusgebiet”). Dazu kommen die Venengeflechte der Skelettmuskulatur, die allerdings normalerweise immer dann gut entleert werden, wenn die betreffenden Muskeln aktiv sind ("Muskelpumpe").

>Abbildung: Die wichtigsten venösen Zuflussgebiete
Nach einer Vorlage bei Shepherd / Vanhoutte, The Human Cardiovascular System. Raven Press 1979
Venengeflechte der Organe im Bauchraum, in der Haut sowie der Muskulatur haben hohe
Speicherkapazität. Die Speicherung wird über arteriellen Zufluss
(s. <Abbildung: DeJager-Krogh-Mechanismus) und mechanische Gegenkräfte ("Muskelpumpe") reguliert.
Der Blutfluss in das Splanchnikusgebiet (Bauchraum) wird vorwiegend über "klassische" Kreislaufreflexe (z.B. Barorezeptorreflex) reguliert, der Blutfluss in die Haut überwiegend entsprechend der Körpertemperatur (Thermoregulation), und der Abfluss aus Venen der Skelettmuskeln durch Muskelpumpe in Kombination mit der Funktion der Venenklappen.
Regelung der Widerstandsgefäße (Arteriolen) schematisch als Quetschklemmen dargestellt

Die Füllung der
Venen in Bauchraum und in der Haut wird sehr stark vom arteriellen Einstrom bestimmt:

Bei erhöhter Darmtätigkeit nimmt die Durchblutung im Splanchnicus-Gebiet zu (niedrige Sympathikus-Aktivität).

Steigt die Körpertemperatur an (+
Hautdurchblutung) oder kommt es zu vermehrter Muskelaktivität, wird die Durchblutung im Splanchnikusgebiet gedrosselt (+
Sympathikusaktivität).
Dazu kommt der Einfluss venenkontrahierender (Vasokonstriktoren) und/oder entspannender Faktoren (Vasodilatatoren).
Beispielsweise nimmt der Venentonus in den Beinen bei aufrechter
Körperlage reflektorisch zu, um die Speicherung von Blut in der unteren
Körperhälfte in dieser Situation zu minimieren.
Als zentralen Venendruck
(ZVD, central venous pressure CVP) bezeichnet man den mittleren Blutdruck im Bereich der herznahem Venen
im Thorax sowie im rechten Vorhof. Er ist ein Maß für die Vorlast des rechten Ventrikels
und beträgt im Liegen wenige mm Hg
über dem Referenzdruck (>Abbildung oben), im Sitzen oder Stehen um
einige
mmHg weniger. Bei Herzinsuffizienz kann er bis auf ≈20-30 mmHg
ansteigen, wenn das Herz das venöse Angebot nicht mehr bewältigt
(Überschreiten der Grenzen, innerhalb derer der
Frank-Starling-Mechanismus
wirkt).
Interpretation des ZVD:
Ein
hoher Zentralvenendruck kann zweierlei bedeuten:

Venensystem: Hohes venöses Volumenangebot, z.B. bei liegender Position (evt. auch Hypervolämie), aber auch

Myokardiale Schlagkraft: Herzinsuffizienz (mangelhaftes
"Abpumpen" von Blut aus dem Niederdrucksystem).
Umgekehrt ist auch die
Interpretation
niedriger Druckwerte ambivalent: Diese können einerseits

eine hohe Herzleistung bedeuten (starker "Saugeffekt" der Ventrikel), andererseits aber auch

geringes
Volumenangebot (z.B. bei aufrechter Körperlage oder Hypovolämie, also
niedrigem Blutvolumen, z.B. bei Dehydration oder Blutverlust).
Durch Beobachtung der Halsvenen kann der Betrag des Zentralvenendrucks grob
abgeschätzt werden: Bei Aufrichten des Oberkörpers auf ≈45° sollten die
Jugularvenen kollabiert sein (
s.
dort); bleiben sie gefüllt, ist der
Zentralvenendruck erhöht. Auch der Kollaps der Venen am Handrücken bei
Anheben der Hand über Herzniveau (<Abbildung unten) kann diagnostisch beurteilt werden.
Für das linke Herz gilt Analoges, der Eingangsdruck wird klinisch als
PCWP = Pulmonary capillary wedge(d) pressure am Ausgang des Pulmonalkreislaufs ermittelt.

<Abbildung: Hämodynamik in den Beinen bei aufrechter Körperhaltung
Nach einer Vorlage bei Mohrman DE / Heller LJ, Cardiovascular Physiology, 8th ed. McGraw Hill 2014
Im Stehen nimmt die Füllung der Venen zu, weil Blut aus dem arteriellen Kompartment nachfließt und die Venenwände dehnt (links).
Der hohe Kapillardruck auf Fußniveau führt zu Filtration in das Gewebe ("Knöchelödem", grüner Pfeil).
Bei Steigerung der Sympathikusaktivität kontrahieren sich die
Widerstandsgefäße, der Filtrationsdruck nimmt etwas ab, ohne
wesentlichen Einfluss auf Druck und Füllung in den Venen.
Muskelkontraktionen wirken sich intensiv auf Füllung und Drucke im
gesamten Gefäßsystem aus - sie nehmen ab, die Filtration sistiert.
Beendet man die Muskeltätigkeit, gleichen sich Füllungs- und Druckwerte allmählich den Ruhe-Stehwerten wieder an (rechts)

Der
Rückstrom zum Herzen nimmt vorübergehend ab, wenn vermehrt
Blut in der Peripherie gespeichert wird - bis sich ein neues
Gleichgewicht einstellt. Dabei wird primär der Blutdruck so geregelt,
dass er im Normalbereich bleibt (Kreislaufreflexe).
Orthostatische
Belastung:
Richtet sich eine Person aus der liegenden Position auf und bleibt in
aufrechter Körperlage ruhig stehen, dann füllen sich die Venengeflechte
in den Beinen (von der arteriellen Seite her) mit zusätzlich Blut -
etwa 600-700 ml, die Hälfte davon innerhalb von 20-30 Sekunden. Ursache
ist der hydrostatische Druckgradient
im Stehen. Das bedeutet eine Reduktion des venösen Rückstroms zum
Herzen; das Herzminutenvolumen nimmt deutlich ab, z.B. von 7,5 l/min
auf 5 l/min (also etwa um ein Drittel).
Damit der Blutdruck dennoch stabil bleibt, müssen
Kompensationsmechanismen aktiviert werden: Erhöhter peripherer
Widerstand, gesteigerte Herzfrequenz (erhöhter Sympathikustonus). In
der Muskulatur und in der Haut wirkt darüber hinaus ein lokaler
Regulationsmechanismus: Dehnung der Venenwand bewirkt eine Kontraktion
der vorgeschalteten Widerstandsgefäße (Venoarteriolar response VAR,
auch Henriksen-Reflex genannt). Es wird geschätzt, dass die systemische
arterioläre Widerstandserhöhung bei Orthostase bis zu 45% auf Effekte
des VAR zurückzuführen ist.
Funktioniert all das nicht ausreichend, sinkt die Hirndurchblutung so stark
ab (zerebrale Minderdurchblutung), dass Übelkeit, Symptome der
Verwirrtheit, schließlich Bewusstlosigkeit auftreten (Synkope
). Der
Muskeltonus lässt nach, die betroffene Person sinkt ohnmächtig zusammen
(orthostatischer Kollaps). Die Synkope ist selbstlimitierend,
denn der Kollaps
löst das Problem: Die hydrostatische Belastung
verschwindet - Herzleistung, Blutdruck und Hirndurchblutung steigen an,
die Person erlangt rasch wieder das Bewusstsein.
Venengeflechte mit dem größten physiologischen Speichervermögen (Volumencompliance:
Volumen bezogen auf den Füllungsdruck) befinden sich im Abdominalraum
(Splanchnikusgebiet) und in der Haut. Das Splanchnikusgebiet ist besonders postprandial gut
durchblutet (Verdauungsvorgänge); die Haut wiederum steht im Dienste der Thermoregulation
(Kühlung). Beide sind vom Sympathikus gesteuert: Hoher Sympathikustonus
führt zu Vasokonstriktion und senkt die Durchblutung, niedriger
Sympathikustonus erlaubt Vasodilatation (blutdruckpassiv) läßt stärkere
Perfusion zu.
Ändert sich die Gesamtdurchblutung im Körper (verändertes Herzzeitvolumen), stellen
sich Widerstands- und Compliancewerte so ein, dass ein stabiler
Blutdruck resultiert. Der arterielle Blutdruck ist die primäre Regelgröße im Kreislauf.
>Abbildung: Funktionsweise der "Muskelpumpe"
Nach: Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003
Kontrahiert
sich der Muskel, steigt der Druck im umschlossenen Venensegment und die
proximale (obere) Klappe öffnet, die distale (untere) schließt
druckpassiv. Blut wandert nach oben. Entspannt sich der Muskel wieder,
öffnet die untere Klappe und läßt weiter Blut einströmen.
Der
Venendruck kann bei ruhigem Stehen - hydrostatisch bedingt - bis auf ≈100 mm Hg ansteigen

Die Durchblutung steigt besonders stark (bis ≥20-fach) in der Muskulatur bei körperlicher Arbeit;
die Venen der Muskulatur verfügen über Venenklappen, werden
durch den “Massageeffekt” der Muskeltätigkeit herzwärts entleert
(Muskelpumpe)
und speichern daher trotz erhöhter Perfusion wenig zusätzliches Blut.
Der mechanische Ablauf
dieses zyklischen Vorgangs, der das abwechselnde Schließen und Öffnen
distaler und proximaler Klappen (und das Entleeren der zwischen ihnen
gelegenen Venensegmente) einschließt, ist in der Abbildung rechts
gezeigt.
Venenklappen finden sich überall in der Peripherie - außer in den Hohlvenen
(venae cavae), hier kann das Blut frei kopf- oder fußwärts strömen, - die
Druckverhältnisse liegen allerdings in der Regel so, dass sich das
Blut von peripher nach zentral (herzwärts) bewegt.
Zum venösen Rückstrom s. auch dort.
Eine Ausnahme kann kurzzeitig bei starkem Pressen bestehen (Valsalva-Versuch).
Zusätzlich zur Muskelpumpe ist weiters der Einfluss der Atmung zu berücksichtigen ("Atempumpe", <Abbildung):

<Abbildung: Atempumpe
Nach einer Vorlage bei http://humanphysiology.academy
Bei
Einatmung (unten) rückt ein Teil des im Bauchraum liegenden venösen
Blutes durch das Zwerchfell in den Thoraxraum, weil hier der
Donders'sche Druck absinkt

Inspiration intensiviert den Unterdruck im Donders'schen Raum
(Zwerchfellkuppel senkt sich, Interkostalmuskeln erweitern den
Brustkorb), das erhöht das Druckgefälle von der Peripherie
(systemischer Druck) zum Herzen (zentralvenöser Druck), und die
Blutströmung zum rechten Vorhof nimmt zu.
Umgekehrt nimmt der Druck im Brustraum bei Ausatmung zu, der venöse
Druckgradient zum Herzen wird geringer und der venöse Rückstrom lässt
nach. Venenklappen (außer im V. cava-Bereich) verhindern einen retrograden Blutfluss.

>Abbildung: Venenfüllung in Anhängigkeit von der Armlage (d.h. dem hydrostatischen Füllungsdruck)
Nach einer Vorlage bei Vick RL, Contemporary medical physiology, Addison-Wesley 1984
Sobald der transmurale Druck negative Werte erreicht, kollabiert die Vene ("Venenbette eingesunken")

Richtet man sich
aus liegender Stellung auf, dann sinken die Druckwerte in Arterien und
Venen der oberen Körperregionen, während sie sich fußwärts erhöhen
(hydrostatische Druckschichtung); pro Meter Höhendifferenz beträgt der Druckunterschied 10 kPa (75 mm Hg). An der Stelle der hydrostatischen Indifferenz
bleiben die Druckwerte unverändert. Für den
Wechsel vom Liegen zum Stehen befindet sich der arterielle
Indifferenzpunkt in Herzhöhe (kardiale Nachlast bei Lagewechsel
unverändert), der venöse in
Oberbauchhöhe (kardiale Vorlast sinkt beim Aufrichten des Körpers).
In der Praxis
der Blutdruckmessung wird meist wenig darauf geachtet, wo sich das
hydrostatische Indifferenzniveau des Arteriensystems befindet: Die
Manschette am Oberarm liegt automatisch etwa in Herzhöhe. Misst man
allerdings z.B. an Beinen oder Fingern, hängt der Druck sehr stark von
der Lage der Messstelle ab.
Für
eine valide Blutdruckmessung ist es daher notwendig, die Messstelle auf
Herzhöhe zu positionieren, um hydrostatische Zusatzeffekte auf den
gemessenen Blutdruck zu vermeiden.
Ein orthostatischer Kollaps (auch: vaso-vagale Synkope)
tritt auf, wenn die Gehirndurchblutung bei aufrechter Körperlage auf
unter ≈50% des Normalwertes absinkt. Dies ist meist durch ungenügendes
Blutangebot aus dem Venensystem und insuffizientes preload
des Herzens bedingt (die Kurve des venösen Rückstroms - blau in der
Abbildung oben - sinkt auf Werte, die als Herzminutenvolumen nicht
ausreichen, den arteriellen Blutdruck zu stabilisieren).
Eingeschränkte Wirkung der Muskelpumpe - bedingt durch defekte Venenklappen, Beinvenenthrombose etc. - kann zu chronisch-venöser Insuffizienz
führen. Der behinderte Rückfluss von Blut (venöse Abflussstörung)
steigert den Venendruck, behindert die Mikrozirkulation und bedingt
schließlich Varizenbildung. Die Symptome reichen von
bläulich-prominenten Venen (Stadium I) über bleibende Ödeme und
Pigmentierung der Haut (Stadium II) bis zur Geschwürbildung (Stadium
III).
Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen:
Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie
sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und
Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.