Das System der
Hämostase / Koagulation / Thrombenbildung balanciert pro- und
antikoagulatorische sowie pro- und antifibrinolytische Komponenten. Der Großteil der Vorgänge erfolgt auf der Oberfläche von Endothelzellen und Thrombozyten. Endotheliale Faktoren hemmen das Aneinanderlagern von
Blutplättchen und die Gerinnung und fördern die Lyse von Thromben (gerinnungshemmende Proteasen, Prostazyklin, NO, Adenosin, TFPI). Endothel (von Willebrand-Faktor vWF, Prostazyklin, Plasminogenaktivator t-PA) und Gefäßmuskulatur liefern die Gefäßkomponente, Thrombozyten (Vernetzung, Gerinnungsfaktoren, Ca++) die Plättchenkomponente, Koagulation und Fibrinolyse die Gerinnungskomponente
der Hämostase
Hämostase erfolgt binnen Sekunden
(Vasokonstriktion, Plättchenaggregation) bis Minuten (Bildung eines Fibrinnetzes). Thromboxan A2 wirkt vasokonstriktorisch. Bei Endothelschäden verbindet vWF Kollagenfasern mit Thrombozyten.
Nach Kontakt mit verletztem Endothel aggregieren die Plättchen,
freigesetztes Serotonin bindet an plättcheneigene 5-HT2A-Rezeptoren.
Das beschleunigt die Aggregation, der Plättchenthrombus verfestigt
sich (Prostazyklin wirkt aggregationshemmend). Serotonin, Adrenalin, Ca++
aus aktivierten Thrombozyten bewirken lokale Vasokonstriktion, diese
unterstützt
Blutstillung und Defektheilung. Thrombopoetin
(Leber, Niere, Knochenmark) regt die Bildung von Plättchen an; diese werden nach 8-10 Tagen im Kreislauf
vor allem in der Milz abgebaut. Angeregte Bildung
(Blutverlust) oder Entfernung der Milz kann ihre Zahl von 0,15-0,30 auf
~1 Mio/µl steigern. Zur stabilen
Anhaftung von Thrombozyten ist die Aktivierung des
Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorkomplexes erforderlich. Thrombozytopenie ist eine verminderte Plättchenzahl, bis
~30 Tausend/µl tritt keine Blutungsneigung auf (funktionelle
Reserve), darunter petechiale Blutungen,
unter 10 Tausend/µl Spontanblutungen. Thrombozytopenie verlängert die Blutungszeit; INR, PTT und Quickwert sind normal. Thrombozyten wirken direkt antimikrobiell, setzen entzündungsfördernde, chemotaktische und
Wachstumsfaktoren frei, was Leukozyten anlockt und aktiviert
Die vollständige Gerinnung erfordert eine mindestens so große Menge an Faktoren (meist mit römischen Ziffern bezeichnet, die aktivierte Form mit “a”), wie im betreffenden Volumen Blut enthalten ist. Sie beginnt mit
der Aktivierung der Vorphase, was auf zwei Wegen erfolgen kann - durch
das “intrinsische” und “extrinsische” System. Ersteres beginnt mit der
Aktivierung von Thrombozyten und F.XII (Hageman-Faktor) an
verletzten Oberflächen, dann werden die Faktoren XI, IX und VIII aktiviert.
Faktor VIII wird unterstützt durch den vWF. Das
extrinsische System zündet bei Verletzung durch freigesetzte
Zellstrukturen und Thromboplastin (Gewebefaktor), hier wirkt der Faktor
VII (Prokonvertin). Die Systeme
münden in eine gemeinsame Endstrecke, in welche die Faktoren X
(Stuart-Prower-Faktor) und V (Proaccelerin) eingeschaltet sind. Die
Anwesenheit freier Ca++ ist notwendig (Zugabe von Citrat, Oxalat, EDTA macht Blutproben ungerinnbar). Die Reaktionskaskaden bilden innerhalb weniger Minuten einen Prothrombinaktivator - dieser wandelt Prothrombin (F.II) in Thrombin um. Vitamin K ist erforderlich für die Carboxylierung der Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X ("Prothrombinkomplex"). Fibrinogen (F.I, ~3 g/l)
wird durch Gerinnungs- und Plättchenfaktoren zu Fibrin, dieses bildet
ein Koagulum, das durch F.XIII (Laki-Lorand-Faktor) stabilisiert und durch Retraktin zu
einem widerstandsfähigen Netz wird; dabei tritt Serum aus
Zu Gerinnungshemmern zählen Antithrombin III (AT III), es bildet stabile Komplexe mit IIa, IXa, Xa, XIa, XIIa, baut Thrombin (IIa) ab und aktiviert an Endothelzellen die Synthese von Plasminogenaktivator (tPA). Heparine (aus Mastzellen, basophilen Granulozyten) beschleunigen seine Wirksamkeit um den Faktor 1000. Protein C wirkt gerinnungshemmend, fibrinolytisch und entzündungshemmend, es bremst zusammen mit Protein S
die Bildung von Thrombin durch Abbau aktiven F.V und F.VIII. Die Lunge
ist eine wichtige Filterstation, sie fängt Thromben, Fett- und
Luftblasen auf und verhindert ihre Passage in den arteriellen
Kreislauf, wo sie zu Embolisierung führen können
Die Fibrinolyse wird synchron mit der Blutgerinnung aktiviert, ihr Wirkungseintritt ist verzögert. Plasmin wird durch zahlreiche Aktivatoren (endothelial, leukozytär, Urokinase) aus Plasminogen freigesetzt
und löst Thromben auf, indem es Fibrin und andere Gerinnungsfaktoren abbaut. Freie
Plasminmoleküle werden im Blut inaktiviert, die fibrinolytische
Aktivität bleibt auf Stellen begrenzt, wo sich ein Thrombus gebildet
hat - sie ist regional unterschiedlich
(endothelabhängig): Balance zwischen koagulatorischen und
antikoagulatorischen Effekten u.a. durch Freisetzung eines
Plasminogenaktivator-Inhibitors (PAI) mit prokoagulatorischer Wirkung. α2-Antiplasmin hemmt die Fibrinolyse
Die
Blutungszeit prüft das gesamte Hämostasesystem (2-10 Minuten,
methodenabhängig), die Gerinnungszeit (6-15 Minuten) das gesamte
Gerinnungssystem, der Quick-test (Prothrombinzeit) das extrinsische
(~14 Sekunden), die partielle Thromboplastinzeit (PTT) das intrinsische
System (~30 Sekunden). Das extrinsische Systems wird über den INR-Wert
(International Normalized Ratio: gemessen / normal)
quantifiziert: Normalerweise 1,0. Thrombelastometer registrieren Stärke
und zeitlichen Ablauf der Viskositätsveränderung einer
gerinnungsaktivierten Blutprobe (→Thrombelastogramm).
Gerinnungshemmung erfolgt mittels Heparin (Sofortwirkung) und (über
längere Zeit) Vitamin-K-Antagonisten (Cumarinderivaten)
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