Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
Lymphoidale
Organe und Lymphozyten-trafficking
© H. Hinghofer-Szalkay
Chemokin: χημεία = Gießerei (im Sinne von „Umwandlung“), κίνἔω = antreiben, bewegen
Dendritische Zelle: δένδρον = Baum (baumartige Zellfortsätze)
Diapedese: δια = (hin)durch, pes = Fuß
Lymphe: lympha = klares Wasser
Leukozyten verlassen die Blutbahn (Diapedese) - parazellulär oder auch transzellulär - als Antwort auf immunologische Reize, zuerst in lymphatischen Organen (Homing:
'Erfahrene' T-Zellen konzentrieren sich auf Orte, wo das betreffende
Antigen schon präsentiert wurde) und dann allgemein im Gewebe, wobei
das Endothel zur Diapedese notwendige Kontaktfaktoren exprimiert (ICAM,
Selektine).
In Lymphknoten
treffen Lymphozyten auf Antigene (bzw. deren
Abbauprodukte) auf antigenpräsentierenden Zellen: Im äußersten Eintrittsbereich
überwiegen Makrophagen, in der äußeren Rinde B-Zellen, in der inneren
Rinde T-Zellen. Im Sinus sammelt sich Lymphe, die dann den Lymphknoten verlässt und in die Blutbahn gelangt.
Die Milz
kann mit ihrer weißen Pulpa in ~30 Minuten das gesamte Blutvolumen auf
Pathogene im Blut überprüfen.
Zur Antigenpräsentation dienen T-Zell-reiche periarterioläre
lymphatische Scheiden mit dendritischen Zellen. Wenn nötig, attackieren NK-Zellen infizierte Zellen, eosinophile Granulozyten eingedrungene Parasiten und Zytotoxine infizierte Zellen und Parasiten; Interferone blockieren das Eindringen von Viren, Komplementfaktoren verstärken allfällige Entzündungsprozesse.
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Übersicht Lymphozyten: Entwicklung Lymphknoten Milz Aktivierung von Abwehrmechanismen Lymphocyte trafficking Diapedese
PALS Homing
Core messages
Lymphatisches Gewebe (lymphoid tissue) kann Lymphozyten produzieren (rotes Knochenmark), bearbeiten (Thymus: T-Zellen, Knochenmark: B-Zellen) oder speichern.
Abbildung: Lymphatisches Gewebe im Körper
Nach einer Vorlage in Strachan / Read, Human Molecular Genetics, 5th ed. 2020 (CRC Press)
Primäre lymphatische Organe (rechts) bilden B- bzw. T-Lymphozyten. B-Zellen reifen im roten Knochenmark, T-Zellen im Thymus.
Sekundäre lymphatische Organe (links)
sind die Orte, an denen B- und T-Zellen auf Antikörper treffen und zu
adaptiven Immunreaktionen angeregt werden. Dazu gehören Lymphknoten
(filtern Antigene aus Lymphe) und Milz (filtert Antikörper aus dem
Blut).
BALT = Bronchien-assoziiertes lymphatisches Gewebe
Primäre lymphatische Organe sind Knochenmark und Thymus, hier werden Lymphozytn aus Stammzellen nachgebildet.
Sekundäre lymphatische Organe (Lymphknoten, Adenoide, Milz, Peyer-Plaques, Appendix)
wirken als Filterstationen, die abgestorbene Zellen, Fremdmaterial und
Proteinaggregate aus dem Kreislauf entfernen. In ihnen sind
Lymphozyten, Monozyten und dendritische Zellen sehr mobil und können
sich in das lymphatische Gewebe hinein- oder aus ihm
hinausbewegen. Zwischen Lymphozyten und umliegenden Zellen werden
intensiv Signale ausgetauscht.
Zum Lymphtransport s. dort
Lymphozyten: Entwicklung
Adaptive Immunität beruht auf der Fähigkeit von Lymphozyten, Rezeptoren auszubilden, die spezifisch gegen antigene Epitope gerichtet sind. Aus rotem Knochenmark und Thymus stammend, bauen sie im Zuge ihrer Reifung aus einem beschränkten genetischen Repertoire eine
schier unbegrenzte Zahl verschiedener Rezeptoren / Antikörper auf. Das
schaffen sie durch Rekombination einer limitierten Zahl von
DNA-Segmenten.
Dabei entstehen auch Rezeptoren, die normale körpereigene Merkmale ("Selbst"-Epitope) erkennen - und ein Selektionsmechanismus
vernichtet solche T- (im Thymus) und B-Zellen (im roten Knochenmark),
bevor sie volle Funktionstüchtigkeit erlangen und den Körper schädigen
könnten.
Abbildung: Stadien der Lymphozytenreifung
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018
Multipotente
Stammzellen in fetalem Gewebe (Knochenmark und Leber) sind die Quelle
aller blutbildenden Zellen, darunter gemeinsame Vorläufer lymphoider
Zellen. Aus diesen entstehen T- und B-Zellen, NK- und einige
dendritische Zellen.
Das Bild zeigt die Entwicklung von B-Lymphozyten. T-Lymphozyten entwickeln sich analog
Lymphozyten, die auf ein bestimmtes (zu bekämpfendes)
Epitop exakt passende Rezeptoren exprimieren, vermehren sich für
mehrere Tage ungehemmt (klonale Expansion) und bauen so eine
hochspezifische und effiziente Abwehr auf (Immunität).
Die Entwicklung von T- und B-Lymphozyten vollzieht sich in generativen lymphoiden Organen - postpartal Thymus und rotes Knochenmark - und umfasst die folgenden Schritte ( Abbildung):
Bindung zu einer Zelllinie (commitment):
Hier fällt die Entscheidung, ob aus der Stammzelle ein B- oder
T-Prolymphozyt wird. Das Signal dazu geht von verschiedenen Rezeptoren
an der Oberfläche der Zelle aus, welche dann Transkriptionsfaktoren - über Wirkung an entsprechenden Gen-Loci - zur Expression von B- oder T-spezifischen Rezeptor-Arrangements anregen.
Zellwachstum und -teilung (proliferation) führt zur Bildung von Gruppen (pools) spezialisierter Lymphozyten, angeregt durch Zytokine und später - an Zellen mit erfolgreich angeordneten Antigenrezeptor-Genen - durch Signale von Präantigenrezeptoren:
Lymphozyten müssen die Gensequenzen für ihre Antigenrezeptoren in einer
Weise anordnen, dass der Erkennungsvorgang funktioniert (recombination, rearrangement). Diese Rekombinationsvorgänge erfolgen für T-Zellen im Thymus und für B-Zellen im Knochenmark. Dies geschieht nach dem Zufallsprinzip ohne Antigenkontakt.
Auf diese Weise entsteht ein großes Repertoire unterschiedlich
antigenempfänglicher Zellen - jeder Mensch entwickelt etwa 10 Millionen
bis eine Milliarde Lymphozytenklone mit jeweils einer bestimmten
Erkennungs- und Bindungscharakteristik ihrer Rezeptoren.
Abbildung: Weichenstellungen bei der Lymphozytenreifung
Nach einer Vorlage in Abbas / Lichtman / Pillai: Cellular and Molecular Immunology, 9th ed. 2018
Während ihrer
Entwicklung exprimieren Lymphozyten Rezeptoren, deren Anwesenheit
darüber entscheidet, ob sie sich weiterentwickeln und reifen können
oder absterben. Die Entscheidungspunkte nennt man auch Checkpoints
Selektion: Lymphozyten werden nach verschiedenen Kriterien ausgesucht:
Haben sie keine brauchbaren Rezeptoren gebildet oder erkennen sie
"Selbst"-Antigene zu stark, werden sie eliminiert. Dabei spielen
Präantigen- und Antigenrezeptoren eine entscheidende Rolle
( Abbildung). Nur voll taugliche (und für den Körper ungefährliche)
Zellen überleben.
Differenzierung: Schließlich entstehen voll ausgereifte B- und T-Lymphozyten (CD4+, CD8+, NKT und andere).
An entscheidenden Stellen (Checkpoints)
der Lymphozytenentwicklung werden die Zellen auf erfolgreiche
Entwicklungsschritte getestet.
Am ersten "Checkpoint" vermitteln Präantigenrezeptoren (mit nur einer Polypeptidkette: µ-Kette bei pre-BCRs, ß-Kette bei pre-TCRs, "Erfolgsquote" ~30%) Signale in den sich entwickelnden Lymphozyten, die für Überleben, Entwicklung und Reifung essentiell sind.
Beim nächsten sind dafür komplette Antigenrezeptoren notwendig: Erkennen diese in Thymus oder Knochenmark körpereigene Antigene, wird die Zelle eliminiert (negative Selektion, clonal deletion);
erkennen sie sowohl (das richtige) MHC- als auch zugehörige CD-Moleküle
in Kombination mit präsentierten Peptiden in angemessenem Ausmaß,
können sie sich zu reifen Lymphozyten weiterentwickeln (positive
Selektion).
Entwicklungsschritte, genetische
Umgruppierungen und involvierte Rezeptoren sind für T- und
B-Lymphozyten unterschiedlich und außerordentlich komplex geregelt.
Für T-Zellen: s. dort
Lymphknoten sind Tauschbörsen immunologischer Information
Lymphknoten
sind Kapselorgane mit eigener Blutversorgung, wo antigenpräsentierende
Zellen und Lymphozyten
zusammentreffen und immunologische Information austauschen - sie
begünstigen das Zusammentreffen von Lymphozyten, Monozyten und
dendritischen Zellen. Sie stellen weiters "Reinigungsstationen" für die
sie durchströmende Lymphe dar (von der ein Teil direkt in den
Blutkreislauf rückresorbiert wird). Lymphknoten unterstützen adaptive Immunantworten
auf Antigene, die ihnen aus dem Gewebe über afferente Lymphgefäße zugeführt wurden.
Abbildung: Gliederung eines Lymphknotens
Nach einer Vorlage in clipart.dk.co.uk
Der
Mensch verfügt über ~600 Lymphknoten. Diese sind in Rinde (cortex) und Mark (medulla) untergliedert. Die äußere Rindenzone enthält Lymphozytencluster, die als Noduli oder Follikel bezeichnet werden (hautsächlich B-Zellen: "Thymus-unabhängige Zone"). Die innere Rindenzone ist reich an T-Zellen.
Der retikuläre Aufbau begünstigt das Aufeinandertreffen verschiedener Zellen. Primäre Lymphe strömt über
afferente Lymphgefäße zu, Flüssigkeit wird im Lymphknoten
rückresorbiert, proteinreichere sekundäre Lymphe fließt über das
efferente Lymphgefäß in Richtung Blutkreislauf ab
Funktion und Bewegung der Zellen innerhalb des Lymphknotens werden u.a. durch Chemokine koordiniert. Diese werden lokal unterschiedlich freigesetzt, und die Zahl der Chemokinrezeptoren in der Wand der Immunzellen wird je nach Erfordernis hinauf- oder hinunterreguliert.
Lymphozyten können Lymphknoten
über das Blut (hochendotheliale Venolen) oder, dem
Drainageweg folgend, über afferente Lymphgefäße betreten (auf diesem
Weg gelangen auch antigenbeladene dendritische Zellen in
den Lymphknoten). Lymphknoten weisen eine funktionelle Gliederung in
Zonen auf ( Abbildung), deren Organisation von verschiedenen - auch
bindegewebigen - Zellen und deren Zytokinen abhängt:
Ganz außen - am Rand des Knotens, im Bereich des
subkapsulären Sinus - tritt primäre Lymphe
ein. Hier
befinden sich zahlreiche
Makrophagen, was der Bekämpfung aus dem Gewebe
eingelangter Erreger dient
Die
Rinde ist reich an
B-Zellen und enthält Follikel, wo
follikuläre dendritische Zellen (diese präsentieren
opsonisiertes Antigen) die Proliferation von B-Zellen befördern
Die innere Rinde (
Parakortex) ist die
T-Zell-Zone, die auch das hochendotheliale Endothel enthält. In dieser Zone werden T-Zellen
durch
Adhäsionsmoleküle zurückgehalten und treffen
mit hier ebenfalls angereicherten dendritischen Zellen zusammen
In der innersten Zone, dem
Sinus, sammelt sich die Lymphe, die über das efferente Lymphgefäß den Knoten Richtung Blut verlässt.
Die Anreicherung von B-Zellen in den Follikeln, und der T-Zellen im Parakortex ist durch Zytokine
gesteuert. Treffen die Lymphozyten auf "ihre" Antigene, ändern sie ihre
Zytokinrezeptor-Expression, wandern aufeinander zu und treffen sich am
Rand der Follikel, wo Helfer-T-Zellen B-Zellen bei ihrer
Differenzierung zu Plasmazellen unterstützen.
So wird das Gesamtsystem sehr effizient aktiviert, abhängig von der immunologischen
Herausforderung in dem Gewebe, das die Lymphgefäße des betreffenden
Knotens drainieren. Aktivierte ('erfahrene')
Helferzellen gelangen ins Blut, von dort ins lymphatische System und
triggern / koordinieren die spezifische Abwehr (Aktivierung von
B-Zellen, Zytokinproduktion).
Über
Lymphproduktion und -transport s.
dort
Über Peyer-Plaques s. dort
Die Milz scannt Blut auf Pathogene und entfermt gealterte Erythrozyten
Die Milz (spleen - normalerweise ~150 g Gewicht) ist
stark durchblutet (~250 ml/min) und "filtert" das gesamte
Blutvolumen in etwa einer halben Stunde. Sie überprüft auf Intaktheit
von Blutkörperchen und die mögliche Anwesenheit von Pathogenen. Sie
entfernt Zellklumpen und Fremdmaterial aus dem Kreislauf und
konzentriert aus dem Blut stammende Antigene und Mikroben. Neben
Lymphozyten enthält sie zahlreiche Plasmazellen, die Antikörper
produzieren. Sie besteht aus erythrozytenreicher roter Pulpa sowie um Arteriolen angeordneter, lymphozytenreicher weißer Pulpa (pulpa lat. Fleisch):
Abbildung: Milz
Nach einer Vorlage in www2.nau.edu
In
der roten Pulpa
passieren rote Blutkörperchen mechanische Hindernisse - sie müssen vor
dem Eintritt in Sinusoide zwischen Kollagenfäden - sogenannten Pulpa-
oder Billroth-Strängen - hindurchtreten; Makrophagen erkennen alte
Eryhtrozyten und bauen diese ab. Das Eisen aus dem Hämoglobin wird
wiedergewonnen.
In
der weißen Pulpa erfolgen
Antigenpräsentation und Immunabwehr über humorale und zell-mediierte
Wege: Die lymphoiden Follikel sind reich an B-Zellen, die
periarteriolären Scheiden (PALS) reich an T-Zellen
Die
Milz entfernt gealterte / beschädigte Blutkörperchen sowie Partikel
(Immunkomplexe) und opsonisierte Bakterien aus dem Kreislauf, und
initiiert adaptive Immunantworten gegen Antigene im Blut.
In der roten Pulpa entfernen
Zellen des mononukleären Phagozytensystems gealterte Erythrozyten aus dem Kreislauf. Die Alterung wird über Sialinsäure (Acetylneuraminsäure) detektiert, welche die Erys im Laufe der Zeit von ihrer Oberfläche verlieren.
Sialinsäure
kommt u.a. in Glykoproteinen vor, die in Zellmembranen, Blutplasma und
Sekreten (sialon = Speichel) vorkommen. Als Bestandteil von
Aminozuckern hat sie Bedeutung für die Verständigung von Zellen
untereinander.
Nach der Phagozytose der Erys wird deren Hämoglobin in seine Bestandteile zerlegt
(Globin → Aminosäuren, Häm → Eisen und Biliverdin). Die dabei
gewonnenen Eisenatome werden wiederverwertet: Innerhalb von Minuten
tauchen sie an der Oberfläche der Makrophagen auf und werden dort von Transferrin zum Weitertransport (vor allem in das rote Knochenmark) übernommen.
In der weißen Pulpa ( Abbildung) erfolgt im Bedarfsfall antigeninduzierte Differenzierung und Vermehrung von B- und T-Lymphozyten. Anders als bei Lymphknoten und Peyer-Plaques sind für
den Eintritt von Leukozyten keine hochendothelialen Venolen nötig; die
Milz ist ein "offenes" Organ mit diskontinuierlichem Endothel. Um die Arteriolen sitzen periarterioläre lymphatische Scheiden (PALS), darum herum verzweigen sich marginale Sinus
mit B-Zellen und Lymphfollikeln ( Abbildung).
Unter PALS
(periarteriolar lymphoid sheaths) versteht man lymphatisches Gewebe der Milz, das in der Nähe von
Lymphfollikeln kleine Arteriolen umgibt. Es enthält zahlreiche T-Zellen
(2/3 CD4+, 1/3 CD8+).
Hier befinden sich auch (residente,
d.h. in der Milz verbleibende) dendritische Zellen, welche die Antigenpräsentation übernehmen (über MHC-II bei extrazellulären, MHC-I bei intrazellulären Antigenen).
Menschen, denen die Milz entfernt wurde, neigen zu disseminierten Infektionen, z.B. mit Pneumo- oder Meningokokken.
Zur Stellung der Milz im Immunsystem s. auch dort
Aktivierung von Abwehrmechanismen
Gelangen
Mikroorganismen über die Haut-Schleimhaut-Barriere - bei Verletzungen,
Vitaminmangel, durch enzymatische Aktivität von Bakterien u.a. -,
wird die zweite Abwehrfront des Immunsystems aktiviert:
Interferone blockieren
den Virusbefall von Zellen
Komplementfaktoren wirken u.a.
entzündungsfördernd
Abbildung: Regulierung von NK-Zellen
Nach einer Vorlage bei ikcells.com
Um den Körper
gegen Viren und andere Pathogene verteidigen zu können, müssen
NK-Zellen erkennen, welche (körpereigenen) Zellen von diesen befallen
sind und welche nicht. Wie das geht, ist noch nicht ganz klar; aber man
weiss, dass NK-Zellen über zwei Rezeptortypen verfügen: Aktivierende
und inhibierende.
Letztere erkennen MHC-I-Moleküle;
fehlen diese an der Zielzelle ("missing self recognition"),
ist wahrscheinlich der molekulare Check gestört (Virusbefall?), und die
NK-Zelle startet über den Perforin-Granzyme- Mechanismus eine
"Kill"-Attacke auf die vermutlich befallene Zelle
Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) greifen infizierte Zellen an ( Abbildung)
Eingedrungene Parasiten werden von
eosinophilen Granulozyten attackiert ( s. auch dort)
Zytotoxine greifen infizierte Zellen und Parasiten an
Signalstoffe werden in Gewebe und Blut abgegeben, um die Abwehr zu
koordinieren. Das Immunsystem erkennt und zerstört eingedrungene
Fremdstoffe und Mikroorganismen.
Mikroorganismen
werden von Phagozyten aufgenommen und die entstandenen Bruchstücke über
MHC-II den T-Lymphozyten “präsentiert”. T-Zellen mit passenden
Rezeptoren reagieren auf die
präsentierten Antigene und aktivieren die Bildung von Antikörpern.
Lymphozyten
halten sich nur für kurze Zeit in der Blutbahn auf; die meisten von
ihnen befinden sich extravasal, vor allem in lymphatischem Gewebe
(Lymphknoten, intestinale Plaques, Adenoide u.a.). Die Interaktion von Adhäsionsmolekülen
, die
von
Lymphozyten und Endothelzellen je nach ihrem Zustand
sowohl an der Zellmembran als auch
im umgebenden Gewebe unterschiedlich exprimiert bzw. präsentiert werden, steuert den Übertritt der Lymphozyten in das Gewebe:
Zunächst haften Lymphozyten in sekundären lymphatischen Organen an sogenannte Homing-Rezeptoren (diese gehören zur Familie der Selektine) an hochendothelialem Endothel postkapillärer Venolen (HEV, high endothelial venules).
Diese Rezeptoren wirken relativ schwach, Verknüpfungen lösen sich
wieder, neue werden aufgenommen, sodass die Zellen am Endothel langsam
entlangrollen.
Die Lymphozyten rollen über das Endothel, bis im Gewebe gebildete Chemokine
an lymphozytäre Rezeptoren fest binden - dieses Adhäsionssystem wirkt
intensiver - und die Zellen aus der Blutbahn in das Interstitium leiten (
Diapedese ), z.B. in das T-Zell-Areal eines Lymphknotens (lymphocyte trafficking / routing). Dieser Vorgang erfordert zusätzliche Adhäsionsproteine (CD31,
Abbildung).
Abbildung: Fixierung von Leukozyten - hier: neutrophilen Granulozyten - am Endothel, Ablauf der Diapedese ("roll, sniff, stop, exit")
Nach
einer Vorlage in Kumar / Abbas / Fausto / Aster, Robbin and Cotran's
Pathological Basis of Disease, 8th ed. Saunders / Elsevier 2010
Endothelzellen verfügen auf
ihrer luminalen Oberfläche über eine "Haut" (Glykokalyx), welche die
Anlagerung von Leukozyten behindert.
Hier können aber auch u.a. Chemokine
an Proteoglykanmoleküle und dann an Rezeptoren vorbeirollender
Leukozyten binden, was deren Integrine in eine bindungsfreudige Form
überführt (leukozytäres Integrin bindet an endotheliales ICAM, VCAM
u.a.).
Mikrobenaktivierte Makrophagen setzen Zytokine, wie TNF und IL-1, frei. Auch exprimieren Endothelzellen Selektine. PECAM-1 (Platelet endothelial cell adhesion molecule, CD31) ist ein Rezeptor,
den Endothelzellen in entzündetem Gewebe vermehrt exprimieren. Leukozyten heften sich an und können die Blutbahn verlassen
(Diapedese).
Angelagerte Leukozyten gelangen parazellulär
(zwischen Endothelzellen) oder transzellulär (durch Endothelzellen:
Bildung eines 'transmigratory cup', Aufnahme in Endothelzelle, Exozytose auf Gewebeseite) in das Interstitium.
IL-1, Interleukin 1
TNF, Tumornekrosefaktor
Unerfahrene
(naive) T-Zellen nehmen andere Wege als erfahrene:
Naive T-Zellen
haben noch keinen Kontakt mit ihrem Antigen gehabt,
d.h. es ist zu keiner Bindung mit ihren spezifischen
TC-Rezeptoren gekommen.
Treffen ausgewanderte Lymphozyten nicht auf "ihr" Antigen, verlassen
sie den Lymphknoten innerhalb eines halben Tages wieder und gelangen
über efferente Lymphgefäße in den Blutkreislauf zurück.
Werden T-Zellen mit entsprechenden T-Zell-Rezeptoren Antigene von
antigenpräsentierenden Zellen (mittels MHC-II-Molekülen) präsentiert, treten diese in eine
Teilungssequenz ein und bilden spezifische Klone mit Effektor-
sowie Gedächtniszellen.
Einige Integrine (VLA-4, VLA-5 - very late antigens) auf T-Zellen binden an Fibronektin, ein weiteres Adhäsionsmolekül (CD44) an Hyaluronsäure in der extrazellulären Matrix. Erkennen CD4+-Zellen ihr Antigen, regen sie - über Sekretion von Zytokinen - andere
Leukozyten zu dessen Zerstörung an. So können auch Mikroben erfolgreich
bekämpft werden, die der angeborenen zellulären Abwehr alleine
widerstehen würden (kooperative Verstärkung der Phagozytose).
Über verschiedene
T-Lymphozyten-Subsets und deren Funktionen s.
dort
Diapedese: Durchtritt von Leukozyten durch die Gefäßwand
Abbildung: Transmigration
Nach Ley K, Laudanna C, Cybulsky MI, Nourshargh S. Getting to the site of inflammation: the leukocyte adhesion cascade updated. Nature Rev Immunol 2007; 7: 678-89
Die
Migration von Leukozyten durch die Wand von Venolen erfordert die
Penetration mehrerer Schichten: Endothelzellen, Basalmembran und
Perizyten.
Links oben: Der Leukozyt haftet an der Gefäßwand und "kriecht" an ihr entlang (Crawling). Bindung von MAC1 (macrophage antigen 1) an ICAM1 (intercellular adhesion molecule 1) triggert den Leukozyten: Er bildet Protrusionen in und zwischen die Endothelzellen.
Links unten: Der Weg zwischen Endothelzellen (parazellulär).
ESAM = endothelial cell-selective adhesion molecule
JAM = junctional adhesion molecule LFA1 = lymphocyte function-associated antigen 1 PECAM1 = platelet/endothelial-cell adhesion molecule 1 VE-Cadherin = endothelial-expressed vascular endothelial cadherin
Rechts unten: Der Weg durch die Endothelzelle (transzellulär). Aktivierte ICAM1-Moleküle wandern an Aktin- und Caveolae-reiche Stellen. Caveolae fließen zu vesiculo-vacuolar organelles (VVO) zusammen, diese bilden einen Kanal für den Durchtritt des Leukozyten. Zusätzliche Proteine unterstützen den Vorgang.
Rechts oben: Der Weg durch Basalmembran und Perizytenschicht. Bevorzugte Orte sind Lücken zwischen den Perizyten sowie Stellen mit geringer Proteinanlagerung an der Matrix.
MMPs, Matrix-Metalloproteinasen
NE, Neutrophile Elastase
Zu Cadherinen s. dort
Anschließend passieren sie die
Basalmembran - in Venolen wandern sie auch
zwischen Perizyten hindurch - und gelangen so in das Gewebe.
Eine
Entzündungsreaktion erhöht die Durchlässigkeit der Kapillarwände und
begünstigt den Übertritt von Antikörpern, Komplementfaktoren und
anderen Plasmaeiweißen ins Gewebe. Diese Vorgänge der angeborenen Abwehr treten binnen Stunden nach dem Eindringen von
Infektionserregern auf und können über Tage die einzige Verteidigung
gegen ihr Vordringen darstellen.
Diapedese erfolgt im Körper als Antwort auf einen immunologischen Stimulus in zwei strategischen Schritten: Zuerst im lymphatischen Gewebe und dann allgemein im Gewebe.
Diapedese in lymphatischem Gewebe
Lymphozyten
betreten lymphatisches Gewebe durch hochendotheliale Venolen ( Abbildung), in dem sie zwischen den Endothelzellen leicht hindurchgelangen (betrifft jede Sekunde zehntausende Lymphozyten).
Abbildung: T-Zellen verlassen den Blutstrom über hochendotheliale Venolen (HEV),
wandern durch die T-Zell-Zone eines Lymphknotens und gelangen in ein
Lymphgefäß
Nach Takada K, Jameson SC. Naive T cell homeostasis: from awareness of space to a sense of place. Nature Rev Immunol 2009; 9: 823-32
Beim Austritt aus dem Blut exprimieren T-Lymphozyten viel Chemokinrezeptor 7 (CCR7), um durch die HEV gelangen zu können. Das Blut enthält viel Sphingosin-1-Phosphat (S1P), daher haben die T-Zellen die Expression des Sphingosin 1-Phosphat Rezeptor 1 (S1PR1)
herunterreguliert.
Einmal aus dem Kreislauf ausgetreten, bewegen sich
naive Lymphozyten in der T-Zell-Zone an Fibroblasten entlang (fibroblastic reticular cell network, FRC), unterstützt durch Chemokinliganden (CCL19, CCL21). Dabei treffen sie auf zusammenwirkende Faktoren (CCR7-Liganden; IL-7, Interleukin 7; MHC-Komplexe)
IL7R, IL-7 Rezeptor TCR, T-Zell-Rezeptor
Selektine und
ihre Liganden werden von Leukozyten und Endothelzellen exprimiert.
Histamin- oder Thrombin-aktivierte Endothelzellen exprimieren
P-Selektin, Zytokin-aktivierte E-Selektin. Leukozyten exprimieren
L-Selektin, dieses wird für das homing naiver B- und T-Lymphozyten benötigt:
'Naive'
T-Zellen exprimieren L-Selektin, welches an das Proteoglykan GlyCAM-1
(Glycosylation-dependent cell adhesion molecule-1) bindet, das vom HEV-Endothel aller sekundären lymphatischen Gewebe
(z.B. Lymphknoten) exprimiert wird. Auf diese Weise besuchen
'unerfahrene'
T-Zellen mittels ihres L-Selektin beliebige sekundäre lymphatische
Organe und deren antigenpräsentierende Zellen (APC). Bleiben
sie inaktiviert, wiederholen sie ihren Streifzug durch den
Körper (eine Rezirkulation durch Kreislauf und Lymphsystem
dauert 12-24 Stunden), bis sie nach einiger Zeit vergeblicher
Suche nach 'ihrem' Antigen durch Apoptose absterben.
Findet eine
T-Zelle 'ihr' Antigen auf antigenpräsentierenden Zellen, wird sie aktiviert und
zur 'erfahrenen' ('reifen') T-Zelle. Sie stattet sich jetzt mit
Adhäsionsmolekülen aus, die ihr vorzugsweise Zugang zum Gewebe
verschaffen, in dem sie aktiviert wurde (die Expression anderer
Adhäsionsmoleküle wird heruntergefahren).
Das "Einfangen" (capture) der Lymphozyten wird durch L-Selektin und α4β7-Integrin eingeleitet, diese binden an PNAd (peripheral node addressin) und MAdCAM (s. Text).
Bindung des Chemokins CCL21 an seinen Rezeptor CCR7 (CC wegen 2 Cysteinresten, L = Ligand, R = Rezeptor) aktiviert das Integrin αLβ2 - dieses bewirkt das Festhalten (arrest) des Lymphozyten.
Autotaxin (ATX) ist ein von hochendothelialen Venolen sezerniertes phospholipidproduzierendes Enzym,
das den Austritt von Lymphozyten in sekundäre lymphatische Organe
begünstigt. ICAMs (intercellular adhesion molecules) befördern diese Bindung.
Die lymphozytäre Motilität wird durch Bindung an GPCR (G protein-coupled receptors) begünstigt
Wird z.B. eine
T-Zelle in einem Peyer'schen Plaque aktiviert, exprimiert sie ein
spezifisches Integrin (α4β7) und nur mehr wenig
L-Selektin. α4β7-Integrin bindet Addressin (=MAdCAM-1, mucosal vascular addressin cell adhesion molecule 1 - Abbildung), das sich
vorwiegend auf Venolen-Endothelzellen von Peyer'schen Plaques und
mesenterialen Lymphknoten findet. So kommt es zu einer
Konzentrierung und zu effizienter Kooperation mit anderen
(zytotoxischen, B-) aktivierten Zellen.
Diapedese im Gewebe
allgemein
Aktivierte
(zytotoxische und Helfer-) T-Zellen verlassen im nächsten Schritt auch 'gewöhnliche'
Blutkapillaren in entzündlich verändertem Gewebe. Dazu ist die
sequentielle Aktivierung von Faktoren notwendig, die nach dem
Schlüssel-Schloss-Prinzip den Lymphozyten am Endothel
'festhalten' und seine Diapedese ermöglichen:
Endothel exprimiert normalerweise nur ICAM, aber kein Selektin; erst
wenn aktivierte Makrophagen im Gewebe Stoffe wie Interleukin-1 (IL-1)
und Tumornekrosefaktor (TNF) abgeben, exprimieren die Endothelzellen
Selektin (das braucht etwa 6 Stunden).
Dann können Leukozyten
vermittels ihres spezifischen Kohlenhydrats (dieser wird als Selektin-Ligand bezeichnet) an das Endothel fixiert
werden, was sie zum "Rollen" entlang des Endothels veranlasst, also
einbremst.
Der solchermaßen "entschleunigte" Leukozyt hat nun Zeit, die allfällige
Anwesenheit entzündungsindizierender Stoffe (z.B. C5a)
"auszuschnüffeln". Liegen solche vor, exprimiert er Integrin, dieses
bindet an ICAM - diese Bindung ermöglicht nun eine Diapedese.
Die
Aktivierung des Integrins erfolgt sehr schnell (es liegt bereits im
Leukozyt gespeichert vor), da ansonsten der Leukozyt wieder aus der
betreffenden Kapillare fortgespült würde, bevor die
Integrin-ICAM-Bindung erfolgt. Nun folgt die Zelle dem chemischen
Gradienten "attraktiver" Stoffe aus dem Entzündungsherd, wandert in das Gewebe und setzt sein Kampfpotential ein.
Lymphozyten entwickeln sich in generativen lymphoiden Organen (Thymus,
rotes Knochenmark) schrittweise: Bindung zu einer Zelllinie (wird aus
der Stammzelle ein B- oder T-Prolymphozyt?), Zellwachstum und -teilung
(Bildung spezialisierter Lymphozyten, angeregt durch Zytokine und
Signale von Präantigenrezeptoren)
Lymphozyten organisieren
Gensequenzen für ihre Rezeptoren (für T-Zellen im Thymus, für B-Zellen
im Knochenmark) ohne Antigenkontakt nach dem Zufallsprinzip (Repertoire
unterschiedlich antigenempfänglicher Zellen)
Lymphknoten unterstützen adaptive Immunantworten auf Antigene, die
ihnen aus dem Gewebe über afferente Lymphgefäße zugeführt wurden. In
den subkapsulären Sinus (reich an Makrophagen) tritt primäre Lymphe
ein. Follikuläre dendritische Zellen präsentieren Antigene an B-Zellen.
Die innere Rinde enthält T-Zellen und hochendotheliales Endothel
(T-Zellen treffen dendritische Zellen). Im inneren Sinus sammelt sich
Lymphe, die Richtung Blut abfließt
Die Milz entfernt gealterte / beschädigte Blutkörperchen sowie Partikel
(Immunkomplexe) und Bakterien aus dem Kreislauf, und startet adaptive
Immunantworten
Sekundäre lymphatische Organe haben Venolen mit hochendothelialen
Endothelien, über die Leukozyten - gesteuert durch Adhäsionsmoleküle
auf Leukozyten und Endothelzellen - die Blutbahn verlassen können
(Diapedese), gesteuert durch Chemokine aus dem Gewebe. Leukozyten
verlassen die Mikrozirkulation sowohl parazellulär
(Lamellopodien werden zwischen die Endothelzellen gesteckt,
interzelluläre Verbindungen aufgelöst) oder transzellulär (mittels
Podosomen). Passen
(von antigenpräsentierenden Zellen mittels MHC-II-Molekülen gezeigte)
Peptide auf die Rezeptoren entsprechender T-Zellen, teilen sich diese
und bilden Effektor- und Gedächtniszellklone
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Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen:
Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie
sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und
Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.