Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
Grundlagen
und Methoden der Physiologie; molekulare und zelluläre Aspekte
Membransysteme, Zellorganellen, Rezeptoren, Apoptose
© Hinghofer-Szalkay
Anion: ἀνά = hinauf, ἰόν = das Wandernde (ἰέναι = gehen)
Apoptose: ἀπό- = ab-, πτωσις = Fall (abfallen)
Biomembran: βίος = Leben, membrana = Häutchen
Caspase: Cystein-Protease, die nach Aspartat schneidet
Clathrin: clatratus = wie ein Gitter (clatri)
Diffusion: (lat) diffundere = ausgießen
Gibbs-Donnan-Effekt: Josiah W. Gibbs, Frederick G. Donnan
Endozytose: ἔνδον = innen, κύτος = Gefäß (Zelle)
Fas: first apoptosis signal
Fick-sches Gesetz: Adolf Fick
Kation: κατά = herab, ἰόν = das Wandernde
Kompartiment: com-parare = zusammenstellen, verbinden
Ligand: ligare = binden
Osmose: ὠσμός = Antrieb, Stoß, Eindringen (hier: von Molekülen)
Pendrin: Vaughan Pendred
Permease: permeare = durchdringen
Phagozytose: φαγεῖν = fressen, κύτος = Höhlung, Gefäß
Svedberg-Einheit: Theodor Svedberg
Tachyphylaxie: ταχύς = rasch, φύλαξις = Schutz
Kompartimentierung bedeutet Aufbau und Erhaltung definierter Funktionsräume im Körper. So kann die Zelle
als Kompartiment gesehen werden: Die Zellmembran - sie besteht hautpsächlich aus Lipiden - trennt
den intrazellulären vom extrazellulären Raum. Extra- und intrazelluläre
gelöste Stoffe können meist nur über spezielle Mechanismen ("Kanäle",
Transporter, "Pumpen") durch die Lipidschichte
der Membran treten.
Der zelluläre Stoffwechsel läuft auf diese Weise geschützt
vor unerwünschten Durchmischungseffekten ab; Konzentrationsgradienten
entstehen und werden erhalten, sie treiben Diffusion und sekundäre
Transportvorgänge
an. Die Diffusion von Substanzen kann genützt
werden, um Begleitstoffe "huckepack" mitzutransportieren (Symport, z.B. Glucose mit Natrium); oder sie werden gegeneinander über Membranproteine ausgetauscht (Antiport).
Stoffe können auch unter Energieverbrauch (ATP) durch eine "Pumpe"
(ATPase) gegen ihren Konzentrationsgradienten durch Membranen geschleust werden, z.B. Natrium und Kalium
mittels der Na-K-Pumpe - Kalium in die und Natrium aus der Zelle.
Die Zellmembran verfügt über Rezeptormoleküle:
Diese binden Signalmoleküle (Hormone, Transmitter,..) und dies löst
sekundäre Vorgänge aus - wie Ionenfluss durch die Membran (z.B. Natriumeinstrom) oder intrazelluläre Sekundäreffekte (Enzymwirkung, Auftreten von Folge-Signalstoffen, Wirkung auf Genablesung im Zellkern..).
Steht das Überleben einer Zelle in
Frage (etwa wenn sie überflüssig geworden oder pathologisch verändert ist),
kann ein geordneter Absterbeprozess (Apoptose)
aktiviert werden. Die Zellfragmente werden im Anschluss im Rahmen eines
vorgegebenen Vorgangs entsorgt, ihre chemischen Bestandteile
wiederverwertet.
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Der Körper des Menschen besteht aus Zellen (~65%) und extrazellulären Anteilen (~35% der Körpermasse).
Wächst ein Organismus heran, steuern Zellen nicht
nur ihr eigenes Wachstum, sondern auch das ihrer unmittelbaren Umgebung
(des "Gewebegerüsts", das seinerseits wachsenden Zellen als
Leitstruktur dienen kann). Eine der
grundlegenden Fragen der
Physiologie ist, wie Zellen funktionieren und wie der
Körper ihre Funktionen unterstützt.
Leben baut auf der Funktion von Zellen auf
Man schätzt die Zahl der körpereigenen Zellen einer erwachsenen Person auf etwa 3.1013 (dreißig Billionen - alleine die Zahl der roten Blutkörperchen
macht ca. 25
Billionen aus - 5 Millionen pro µl Blut), und jede Sekunde entstehen im
Körper ~50 Millionen neue Zellen. Dazu kommt etwa die gleiche Anzahl an
Bakterien (Mikrobiom)
und noch einmal mindestens diese Zahl an Viren (Virobiom), die sich
hauptsächlich auf der Haut und auf Schleimhäuten (Verdauungssystem,
Respirationstrakt, Urogenitaltrakt) befinden.
Wie lange lebt eine Zelle? Einige Epithelzellen und weiße Blutkörperchen haben nur
wenige Tage Lebensdauer, andere Zellen können Jahre oder Jahrzehnte
überdauern, bevor sie ihre Funktion einstellen und ihre Komponenten wiederverwertet werden. Zwei Beispiele: Leukozyten
sind "Kampfzellen", die potenziell auch für den Körper selbst
gefährlich werden können, und es ist sicherer, sie nach kurzer Zeit zu
terminisieren; Neuronen auf
der anderen Seite sind auf Langlebigkeit ausgerichtet, ihr Aufbau
speichert Information, die der Organismus über möglichst lange Strecken
hin erhalten soll.
Zellen interagieren mit ihrer Umwelt über den Austausch von Signalen (cell signaling) - endo-, para-, auto- oder juxtakrin ( s. dort).
In einem vielzelligen Organismus stimmen sie damit ihre Funktion -
einschließlich Zellteilung, Wachstum und Differenzierung - mit
derjeniger anderer Körperzellen ab. Bei Signalstoffen involviert das
mehrere Schritte:
Synthese und Freisetzung von Signalmolekülen auf einen bestimmten Reiz
hin. Meist handelt es sich dabei um wasserlösliche Moleküle, z.B.
Wachstumsfaktoren, Proteohormone etc; fettlöslich sind z.B. Steroidhormone, Schilddrüsenhormone, Retinoide
Transport (typischerweise in der Nachbarschaft durch das Interstitium,
oder über den Blutkreislauf) zu Zielzellen, wo die Signalmoleküle an
spezifische Rezeptoren binden (auf oder in der Zelle)
Der Komplex Rezeptor-Signalmolekül aktiviert oder hemmt Vorgänge,
welche zelluläre Funktionen (Stoffwechsel, Genexpression etc) steuern
Löst sich das Signalmolekül vom Rezeptor, oder werden diese Moleküle entfernt, endet auch das betreffende Signal.
Abbildung: Zellen und Kreislauf
Modifiziert nach einer Vorlage in Mohrman DE / Heller LJ, Cardiovascular Physiology, 8th ed. McGraw Hill 2014
Austausch (Pfeile): Zellen nehmen aus der extrazellulären Flüssigkeit (dem Interstitium) Aminosäuren, Zucker, Salze,
Spurenelemente, Signalstoffe, Sauerstoff etc. auf. Andere Stoffe - Substrate, Hormone,
Transmitter, Kohlendioxid usw. - werden an die extrazelluläre
Flüssigkeit abgegeben.
Zwischen Umwelt und Lungenbläschen erfolgt der Atemgasaustausch über Luftströmung (Konvektion), zwischen Luft und Blut über Diffusion
(Alveolarwand), zwischen Lunge und Kapillaren über Blutströmung
(Perfusion), schließlich (Blut bis Zelle) hauptsächlich über Diffusion
Zellen bestehen
zu
70% aus Wasser, 15-20% Eiweiß, ~10% Nukleinsäuren, Elektrolyten, sowie
weiteren Stoffen in vergleichsweise geringer Konzentration. Membranen erlauben den
geordneten
Austausch dieser Stoffe innerhalb der Zelle sowie mit ihrer Umgebung und begrenzen zelluläre Reaktionsräume. Das Zytoplasma enthält (lichtmikroskopisch ungeformtes) Zytosol und darin eingelagerte Zellorganellen sowie
Filamente (Zytoskelett) für Stabilisierung und Verankerung - deren
Ausprägung hängt von der spezifischen Funktion der jeweiligen
Zelle ab. So dient z.B. das rauhe endoplasmatische Retikulum der
Proteinsynthese - und diese unterliegt wiederum der Steuerung aus dem
Zellkern, d.h. der jeweils aktiven Gene.
Zellen sind von einer Zellmembran
umgeben, die einerseits der Abgrenzung gegenüber der "Außenwelt" - oder in der Zelle gegenüber anderen Reaktionsräumen - dient (Lipid-Doppellamelle),
andererseits der Kommunikation (Rezeptoren) und dem gezielten
Stoffaustausch, der teils "passiv" (Permeasen), teils "aktiv", d.h. gegen
Konzentrationsgefälle erfolgt ("Pumpen"). In verschiedenen Verteilungsräumen (Kompartimenten)
ergeben sich unterschiedliche Stoffkonzentrationen (z.B. hoher Kaliumspiegel im intrazellulären, hoher
Natriumspiegel im extrazellulären Raum usw). Hydrophile Moleküle bedürfen für die transmembranale Passage besonderer
Transporter, z.B. gelangen Wassermoleküle über Aquaporine,
Ionen über "Ionenkanäle" durch Biomembranen.
Die Grundlage aller Membranen in der Zelle ist eine
Phospholipid-Doppellamelle mit einer hydrophilen Außenseite und einer
lipophilen Innenwelt, s. weiter unten. Membransysteme können ihrerseits wiederum einschichtig
(Zellmembran, endoplasmatisches Retikulum, Golgi-Apparat, Vesikel, Lysosomen,
Peroxisomen) oder zweischichtig sein (Zellkern, Mitochondrien) und dienen der Eingrenzung der betreffenden Reaktionsräume.
Zellen zeigen räumliche Spezialisierung:
So haben epitheliale Zellen, die sich entlang von Oberflächen
organisieren (Haut, Schleimhäute, Auskleidung von Hohlorganen, Tubuli
in der Niere,..), einerseits einen apikalen Pol mit einer entsprechenden Membran, andererseits eine basolaterale Membran, die z.T. auf einer Basalmembran aufsitzen kann. Diese beiden Membranen sind spezialisiert auf unterschiedliche Aufgaben - entsprechend mit Membranmolekülen (Rezeptoren, Permeasen etc) ausgestattet - und durch Sperrmoleküle (die den Übertritt der eingelagerten Moleküle in die jeweils andere Zone verhindern) gegeneinander abgegrenzt.
So haben Epithelzellen in Darmschleimhaut und Nierentubuli eine als luminal
(an das "Lumen", d.h. den Rohrinhalt angrenzende) bezeichnete apikale,
und eine zur Seite bzw. zum Interstitium gerichtete basolaterale
Membran. Soll z.B. eine Aminosäure aus dem Tubulus zum Blut befördert werden, muss die luminale Seite diese in die Zelle hinein und die basolaterale aus der Zelle heraus bringen, was unterschiedliche molekulare Transportmechanismen erfordert.
An der Etablierung der Zellpolarität (oben - unten, vorne - hinten, apikal - basolateral) nimmt zu einem wesentlichen Teil das Zytoskelett
(Aktin- und Intermediärfilamente sowie Mikrotubuli) teil. Auch wenn die
Geometrie der Zelle u.U. auf lange Zeit unverändert anhält, werden die
Moleküle des Zytoskeletts ständig ausgetauscht und erneuert
(Turnover-Zeit etwa 2 Tage).
Liegt ein (frei beweglicher) Stoff an
einer Stelle im Raum in höherer Konzentration vor als in der
Umgebung dieser Stelle, ist es wahrscheinlicher, dass seine Teilchen
sich (im Rahmen der zufallsgesteuerten "Brown'schen Molekularbewegung")
von hier wegbewegen als in der Gegenrichtung (zunehmende Entropie
→ Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik).
Abbildung: Diffusion
Liegen mobile Teilchen (rote Kugeln) an einer Stelle konzentriert
vor (links), dann wandern sie im Rahmen der Wärmebewegung insgesamt aus diesem
Areal heraus (Diffusion), weil die Molekularbewegung in Richtung ihrer
abnehmenden Konzentration wahrscheinlicher ist als in der Gegenrichtung.
Ihre Konzentration ist schließlich - bei kompletter Durchmischung und Abwesenheit zusätzlicher
"Ordnungskräfte" - in allen Bereichen gleich groß (rechts)
Diese den Regeln der Wahrscheinlichkeit folgende Netto-Bewegung in die Richtung abnehmender Konzentration des betreffenden Stoffes heißt Diffusion .
Diffusion ist die Bewegung von Teilchen von Orten ihrer höheren Konzentration zu Orten ihrer geringeren Konzentration.
Sie gleicht also Konzentrationsunterschiede aus, soferne
diese nicht durch zusätzliche Transportprozesse (weiter) aufrecht erhalten werden (wie z.B. eine Ionenpumpe in der Zellmembran).
Diffusion kann passiv erfolgen (der Stoff wandert entsprechend seinem Konzentrationsgradienten durch Zellmembranen - wenn er fettlöslich ist, direkt, wenn er wasserlöslich ist, durch Permeasen), oder erleichtert (facilitated), d.h. über Anlagerung an Trägerproteine in der Membran (transmembrane carrier proteins).
Voraussetzung
für diese einfache Abhängigkeit der Stoffbewegung von einer
Konzentrationsdifferenz (falls vorhanden) ist, dass keine zusätzliche
Kraft wirksam ist, die das Gleichgewicht der Kräfte verschiebt. Wie
etwa eine elektrische Potentialdifferenz, die auf Ladungsträger (Ionen,
z.B. Na+, K+,..) wirkt. In diesem Fall würde nicht die Konzentrationsdifferenz (eines Ions) alleine (z.B. zwischen beiden Seiten einer Zellmembran), sondern auch das Membranpotential (an dieser Membran) die Netto-Bewegung der Ionen beeinflussen ( s. Gleichgewichtspotential).
Abbildung: Diffusion durch eine Zellmembran
Links: Der Stoff liegt nur auf einer Seite der Membran vor.
Mitte: Wärmebewegung lässt den Stoff durch die Membran treten (roter Pfeil: Netto-Diffusionsrichtung).
Rechts:
Nach Konzentrationsausgleich diffundiert gleich viel Stoff in der
ursprünflichen Richtung wie zurück (rote Pfeile), die Netto-Diffusion
durch die Membran beträgt null (Gleichgewichtszustand). Das ist die typische Situation an einer Zellmembran, wenn die osmotische Balance zwischen Intra- und Extrazellulärraum ausgeglichen ist
Diffusion spielt überall im Körper eine Rolle, beispielsweise
In jeder Zelle, wo Stoffe zwischen Zellkompartimenten ihrem Konzentrationsgefälle folgend hin- und herwandern,
im Gewebe, z.B. diffundieren Nährstoffe in Richung Zellen
(die sie einlagern oder verbrauchen) und Stoffwechselprodukte von
Zellen (die sie produzieren) fort,
zwischen
Blutgefäßen und Gewebe (kapillärer Stoffaustausch), wobei sehr unterschiedliche Permeabilitäten vorliegen - z.B. Blut-Hirn-Schranke, Chorioidea und Netzhaut (Bruch'sche Membran
im Auge),
zwischen Atemluft und Blut (Lunge).
Besteht
an einer Membran ein Konzentrationsunterschied für einen Stoff (für den die Membran durchlässig ist), so ist
auch hier die Zahl der Moleküle, die sich in Richtung der niedrigeren
Konzentration
bewegen, größer als die Zahl der Moleküle, die in die Gegenrichtung
streben (soferne nicht ein entgegengesetzter Transportmechanismus - eine molekulare "Pumpe" - wirksam ist).
Überall im Körper finden sich unterschiedliche Konzentrationen - etwa was intra- vs. extrazelluläre Flüssigkeit
betrifft. Warum gleichen die Gesetze der Diffusion diese Unterschiede
nicht aus? Die Erklärung ist in den Lebensvorgängen selbst begründet: Solche Konzentrationsunterschiede sind das Ergebnis vorausgegangener gerichteter
Transportvorgänge (z.B. in Form von Na/K-Pumpen) durch die Membran,
welche diese Unterschiede etabliert haben, Energie verbrauchen (kein
Widerspruch zu Gesetzen der Thermodynamik) und durch physiologische
Regulation stabilisiert sind.
Diffusionsgesetz: Je größer die verfügbare Austauschfläche, je
geringer der Durchmesser eines allfälligen Hindernisses (z.B. Zellmembran) und je größer dessen Durchlässigkeit (Permeabilität), desto intensiver kann die Diffusion erfolgen.
Mittlere Diffusionszeit von Glucosemolekülen
Nach Albert Einstein 1905
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Strecke
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Zeit
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In-vivo-Beispiel
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0,1 µm
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0,000005 s
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Spaltraum an der motorischen Endplatte
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1 µm
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0,0005 s
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Kapillarwand
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10 µm
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0,05 s
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Strecke Kapillare - Zelle
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1 mm
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~9 min
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Arterienwand
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1 cm
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~15 h
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Wand des linken Ventrikels
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Diffusionsgesetz nach A. Fick
Die Menge
eines Stoffes, der in einer bestimmten Zeit über eine Grenzfläche
(physiologisch: Kompartmentgrenze, "Membran") diffundiert
(Diffusionsstrom J), ist proportional der Austauschfläche (A) und dem
Konzentrationsgrandienten (Δc) sowie umgekehrt proportional der
Diffusionsstrecke (Membrandicke d). Zusätzlich erlaubt eine Stoffkonstante
(Krogh'scher Diffusionskoeffizient D) - spezifisch für die Materialien, also
jeweils für diffundierende und Membransubstanz - eine direkte molare
Berechnung (Stoffmenge pro Zeit). In der üblichen Notation:
Die
Art und Weise, wie dieser fundamentale und biologisch wichtige
Zusammenhang formuliert wird, variiert beträchtlich, der Grundgedanke
ist aber immer der gleiche ( Abbildung).
Abbildung: Diffusion durch eine permeable Barriere
Nach einer Vorlage in Butler / Brown / Stephenson / Speakman, Animal Physiology - An Environmental Perspective, Oxford University Press 2021
Eine durchlässige Barriere trennt ein Medium 1 von einem Medium 2 (links).
Unterscheidet sich die Konzentration (c) einer Substanz bzw. der
Gaspartialdruck (p) eines Gases in den beiden Medien, diffundiert der betreffende Stoff durch die Barriere.
Ist c1>c2 bzw. p1>p2 (wie in der Abbildung),
dann erfolgt die Diffusion aus dem Medium 1 in das Medium 2
(und vice versa). Die Intensität der Diffusion (Menge pro Zeit - Diffusionsstrom J) steigt
entsprechend der oben angegebenen Formel (Diffusionsgesetz) mit zunehmendem Krogh'schem Diffusionskoeffizienten (D), zunehmender Austauschfläche (A), abnehmender Barrierendicke (d) sowie (rechts) zunehmender Konzentrations- bzw. Partialdruckdifferenz (c1-c2 bzw. p1-p2)
Eine
ebenfalls häufig verwendete Formulierung (Prüfung!) lautet wie folgt:
Jdiff = A . D . (∆c / ∆x) [mol/s]
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Hier steht ∆x für die Membrandicke und ∆c für die Konzentrationsdifferenz.
Der Diffusionskoeffizient (D) hängt -
abgesehen von der Temperatur (mit der er steigt) - ab vom Radius der
diffundierenden Teilchen (je kleiner desto besser) und den Eigenschaften
(Viskosität) des Lösungsmittels (Stokes-Einstein-Gleichung).
Die Permeabilität (P) einer
Membran (durch die Diffusion stattfindet) kann definiert werden als
diffusionsstreckenabhängiger Diffusionskoeffizient, oder: P = D / d.
Die Permeabilität gibt an, wie rasch ein Stoff durch eine Membran
hindurch gelangen kann; ihre Dimension ist Weg / Zeit.
Lipidlösliche Substanzen gelangen leicht durch Lipid-Doppellamellen,
die Permeabilität ist ihnen gegenüber hoch; umgekehrt ist die
Permeabilität gering für Ionen bzw. große Moleküle. Einige Beispiele
zeigt die folgende Tabelle (die Zeitkonstante gibt an, wie rasch
Diffusion durch die Membran den Konzentrationsunterschied ausgleicht):
Permeabilität einer reinen Lipid-Doppellamelle gegenüber gelösten Stoffen
Nach Blaustein / Kao / Matteson, Cellular Physiology and Neurophysiology. 3rd ed. 2019 (Mosby's Physiology Monography)
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Stoff
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P (cm/s)
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Zeitkonstante
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Wasser
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10-4 - 10-3
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0,5 - 5 s
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Harnstoff
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10-6
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~8 min
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Glucose
Aminosäuren
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10-7
|
~1,4 h
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Chloridionen
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10-11
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~1,6 a
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Natrium-, Kaliumionen |
10-13
|
~160 a
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In die Membran
eingelagerte Transportsysteme beeinflussen
die Membranpermeabilität ganz wesentlich; verschiedene Einflüsse wie
Membranpotential oder Bindung von Signalstoffen können sie verändern (Öffnungswahrscheinlichkeit von "Permeasen").
Osmose
Osmose ( s. auch dort)
ist die Strömung von Lösungsmittel (im Organismus: Wasser) durch eine
Membran, die für das Lösungsmittel, nicht aber für gelöste
(größere)
Moleküle durchgängig ist - und zwar in die Richtung, in der die
Konzentration des Lösungsmittels niedriger (d.h. die Konzentration der
gelösten Stoffe höher) ist.
Abbildung: Tonizität und Osmose
Nach einer Vorlage bei Guyton & Hall, Textbook of Medical Physiology, 10th ed, Saunders Philadelphia 2000
Gelangt
eine Zelle in hypotone Flüssigkeit (z.B. Schweiss), schwillt sie an
(links unten), gerät sie in hypertone Umgebung (z.B. im Nierenmark), schrumpft sie (rechts unten).
Isoton ist eine Flüssigkeit, wenn sie
die gleiche osmotische Konzentration hat wie Blutplasma (~285 mosm/l)
Das hat zur Folge, dass z.B. Zellen in
hypotoner Umgebung anschwellen (Wasserkonzentration außen größer als
innen) und in hypertoner schrumpfen (Wasserkonzentration innen größer
als außen, Abbildung).
Physiologische Membranen sind im Allgemeinen für Wasser nur schwer permeabel, es sei denn, sie haben Aquaporine eingelagert.
Kompartimente
Lipidmembranen trennen Reaktionsräume (compartments) voneinander,
deren unterschiedlichen Stoffkonzentrationen erforderlich
sind, um den Metabolismus von Zellen und Geweben
aufrechtzuerhalten.
Andererseits lassen Zellmembranen einen kontrollierten, selektiven
Austausch zwischen diesen Räumen zu, was unabdingbar für
Lebensfunktionen ist.
Viele Zellorganellen bilden mit ihrem Membranen Kompartimente, in denen biochemische Vorgänge von ihrer Umgebung abgeschirmt ablaufen können - dies unterstützt geordneten
Stoffwechsel und strukturierte Informationsübertragung.
1974 erhielten Albert Claude, Christian de Duve und Georg E. Palade den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin "für ihre
Entdeckungen zur strukturellen und funktionellen Organisation der
Zelle". Sie
stellten mittels elektronenmikroskopischer Untersuchungen Details
zellulärer Strukturen dar, was die Aufklärung ihrer Rolle im
Zellstoffwechsel wesentlich erweiterte.
Abbildung: Membran-Recycling von Endo- bis Exozytose
Nach einer Vorlage bei Silverthorn, Human Physiology, an integrated approach, 4th Int'l ed. 2007, Pearson / Benjamin Cummings
Rezeptoren binden
Signalmoleküle (Liganden), was einerseits zu
spezifischen Reaktionen der Zelle, andererseits zu Endozytose (Reduktion der Zahl ansprechbarer Rezeptoren) führt.
Clathrinmoleküle lagern sich in Membranflächen ein,
die zur Endozytose herangezogen werden, umgeben nach Einschnürung
(Invagination) das entstandene Vesikel und stabilisieren es
vorübergehend. Der Inhalt der Vesikel wird abgebaut oder
wiederverwertet.
Verlagerung von
Hormonrezeptoren nach intrazellulär (Endozytose) senkt die Hormonempfindlichkeit der Zelle (receptor
downregulation), der umgekehrte Vorgang (Exozytose) erhöht sie (receptor upregulation).
Der Golgi-Komplex baut Membranmaterial um, bildet sekretorische Vesikel
und Lysosomen. Lysosomen sind Vesikel mit hoher H
+-Konzentration
(niedrigem
pH-Wert) ihres Inhalts.
Exozytose kann - durch Verschmelzen von Vesikeln mit der Zellmembran - Stoffe aus der Zelle befördern
Die Zellmembran
unterliegt ständigem Auf-, Um- und Abbau und kann zwischen äußerer und innerer Verortung wechseln ( Abbildung). Bei der Endozytose helfen Clathrin-Proteine, die Membran einzustülpen (Invagination) und die entstehenden Vesikel (coated vesicles) vorübergehend zu stabilisieren.
Clathrin ist ein Molekülkomplex, der für die Einstülpung (Invagination) und Abknospung
von Zellmembranflächen zwecks Vesikelbildung (z.B. im Rahmen der
Endozytose, also der Aufnahme extrazellulärer Substanzen in die Zelle)
benötigt wird. Er besteht aus drei an ihren C-Enden interagierenden
Aminsäureketten ("Triskelion"). Durch Aneinanderlagerung von
Clathrinkomplexen entsteht ein netzartiges Gitter, welches die
eingebogene Membranfläche zu einer kugelförmigen Struktur (clathrin-coated vesicle) aufspannt.
Der Inhalt des Vesikels wird anschließend abgebaut bzw. wiederverwertet. Vesikulär gespeicherte Stoffe können via Exozytose aus der Zelle befördert werden (transmembranale Transporter sind dazu nicht notwendig).
Über Proteine s. auch dort
Membranpassage
Einige kleine neutrale (ungeladene) Moleküle wie Sauerstoff,
Kohlendioxid, Wasser (und Äthanol) können
die Zellmembran leicht passieren. (Wasser dringt relativ leicht durch
reine Lipidlamellen, Cholesterin verlangsamt die Passage von H2O; Aquaporine können sie wesentlich beschleunigen.) Fettlösliche
Substanzen, wie Steroide, können sich in die (aus Lipiden bestehende)
Zellmembran einfügen und sie direkt überqueren, alle anderen biologisch relevanten
Moleküle / Ionen benötigen für die transmembranale Diffusion spezielle Membranproteine. Aus ihnen aufgebaute aufwendige Strukturen (Proteinkomplexe)
erleichtern die Diffusion (facilitated diffusion),
lassen Kombinationen von Stoffen durch die Membran treten (Symport, z.B. Natrium und Glucose),
tauschen Stoffe zwischen innen und außen aus (Antiport, z.B. Natrium- gegen Wasserstoffionen),
oder befördern Stoffe gegen einen Konzentrationsgradienten, wie die Natrium-Kalium-ATPase ("Na+-K+-Pumpe"
- sie bringt Kaliumionen in die Zelle und Natriumionen aus ihr heraus).
Die resultierenden Konzentrationsunterschiede können
wiederum zu Diffusion der ungleich verteilten Ionen durch die Membranen
führen (Diffusion
läuft immer in Richtung Konzentrationsausgleich).
Strukturen und treibende Kräfte
Atemgase und
fettlösliche Substanzen können direkt durch die
Zellmembran diffundieren; Stoffe wie Wasser, Ammoniak oder Harnstoff in
gewissem Maße (auch abhängig vom Muster an Lipiden, welche die
jeweilige Membran aufbauen); andere bedürfen dazu eigener Permeasen /
Transporter (s. Übersicht):
Poren und Kanäle
erlauben den "passiven" (konzentrationsabhängigen) Durchtritt von
bestimmten Ionen / Elektrolyten (Ionenkanäle), Wasser-
(Aquaporine) und auch gelegentlich größeren Molekülen
Carrier (Transporter) erleichtern den Durchtritt spezifischer Stoffe (facilitated diffusion) oder koppeln den Durchtritt mit der Passage eines anderen Stoffes (sekundär aktiver Transport: z.B. Na/Glucose-Cotransport)
Pumpen
sind Enzyme, die bestimmte Stoffe gegen deren Konzentrationsgefälle
unter Verbrauch von Stoffwechselenergie (ATP) durch die Membran
befördern (ATPasen), z.B. Na/K-Pumpe
Der Stoffaustausch durch Barrieren (Membranen) hängt im Wesentlichen von folgenden Faktoren ab:
(1)
Konzentrationsunterschied
- die Substanz wandert entsprechend einem Konzentrationsgefälle im Sinne der
Diffusion
(2)
Elektrisches Potential - Zellmembranen sich meist elektrisch aufgeladen, z.B. um 70 mV (innen negativ, außen positiv, "
Ruhepotential").
Das beeinflusst die Bewegungswahrscheinlichkeit elektrisch geladener
Teilchen (Ionen), wie z.B. Na
+, K
+,
Ca++, Mg
++, H
+, Cl
-, HCO
3-, Phosphat, organische Ionen.
Die Summe der Effekte (1) und (2) ergibt - jeweils für ein bestimmtes Ion bei einer bestimmten Membranladung - ein elektrochemisches Potential
für diese Substanz.
(3) Durchlässigkeit (Permeabilität)
der betreffenden Membran (Struktur) für den jeweiligen Stoff.
Apolare (fettlösliche, lipophile) Stoffe - wie Steroidhormone, Gase (CO2, O2, NO etc), Endocannabinoide - dringen leicht durch Lipidmembranen, soferne sie sich zwischen deren Molekülen relativ frei bewegen können. Transzelluläre Passage ohne Transportsysteme (ihrem Konzentrationsgefälle folgend) steht auch kleinen hydrophilen Nichtelektrolyten wie Harnstoff (0,2 nm Molekülradius) offen - der virtuelle Porenradius
beträgt z.B. im Dünndarmepithel 0,3-0,4 nm.
Polare Moleküle - wie Ionen (Elektrolyte), Glucose, Aminosäuren - benötigen für den Membran-Durchtritt aus
Proteinen aufgebaute "Kanäle" (Permeasen, Transporter). Die Gene für diese Proteine nehmen einen erheblichen Anteil der Erbinformation in Anspruch.
Wandern Stoffe durch eine Zelle (z.B. vom Darmlumen durch eine Epithelzelle in das Interstitium des Darms), spricht man von einer transzellulären Bewegung. Moleküle können epitheliale Strukturen (z.B. Darmschleimhaut, Nierentubulus) auch parazellulär
(zwischen den Zellen) durchdringen, abhängig von der Durchlässigkeit
der interzellulären Befestigungsstrukturen (Schlussleisten,
Desmosomen).
Abbildung: Überwindung von Epithelzellbarrieren
Nach einer Vorlage in Boron W, Boulpaep E: Medical Physiology (1st ed.). Philadelphia, Saunders, 2003
Apikale (an das Lumen des Darms, Tubulus, Azinus, Ausführungsganges.. angrenzende) Zellmembran (dunkelbraun) links, basolaterale (an das Interstitium angrenzende / Blutseite) rechts (hellbraun).
Moleküle
können Zellbarrieren auf unterschiedlichen Wegen passieren. Hier ist
eine Epithelzellbarriere im Querschnitt gezeigt: Die Zellen sind
seitlich über tight junctions miteinander verknüpft. Moleküle können solche Barrieren (z.B. im Darm oder in der Niere) auf zwei Wegen durchdringen:
Transzellulär (durch die Zelle): Die Zellmembran beinhaltet Kanäle (z.B. für Wasser, Kalium) bzw. Transportproteine (Na/Glucose-Cotransport, Na/H-Antiport, Na/K-Pumpe). So können Ionen / Moleküle in die Zelle hinein oder aus ihr hinausgelangen.
Der Besatz mit Permeasen / Transportern ist je nach Membranabschnitt verschieden: In der apikalen (links: luminalen - z.B. zur inneren Darm- oder Nierentubulusoberfläche gerichteten) anders als in der basolateralen
Membran (rechts: zur Blutseite gerichtet).
Parazellulär (zwischen Zellen), hier die Wanderung von Natriumionen (elektrisch angetrieben) in das, und von Wasser (osmotisch angetrieben) und Na+ (durch solvent drag) aus
dem Lumen
Die Abbildung zeigt Beispiele für
transmembranalen / transzellulären sowie für parazellulären Transport. Für den transmembranalen Weg stehen mehr als 99% (für den parazellulären Weg <1%) der Gesamtfläche zur Verfügung. Epithelzellen (z.B. im Darm oder in der Niere) haben eine zum Lumen (apikale) und eine zum Interstitium gerichtete (basolaterale) Seite, die unterschiedlich mit Permeasen / Transportern ausgestattet sind (Spezialisierung der Transportwege). Schlussleistensysteme
trennen apikale und basolaterale Membranen, hier eingelagerte Kanäle
und Transporter sind dadurch auf ihr Kompartiment eingeschränkt. So
kommen beispielsweise Na/K-Pumpen in den meisten Epithelien nur in der basolateralen Membran vor.
Vergrößerung resorbierender Membranfläche: Die apikale Membranfläche ist
in vielen Epithelien stark vergrößert: Submikroskopisch feine
Ausstülpungen, sogenannte Mikrovilli, sind ~0,1 µm dick und - je nach
Zellart - bis zu 2 µm lang. Sie können die Oberfläche bis um
den Faktor 20 vergrößern und spielen an Orten intensiven
Stoffaustauschs - z.B. in der Darmschleimhaut oder in Nierentubuli -
eine entscheidende Rolle. Ihre Membran enthält reichlich Enzyme und
Transporter für die Aufnahme von Kohlenhydraten, Aminosäuren, Peptiden,
Elektrolyten u.a.
Auch die basolaterale Membran kann Einfaltungen aufweisen, was z.B. die Zahl in der Membran untergebrachter Na/K-Pumpen wesentlich erhöhen kann.
Ionisationsgrad: Mit dem Ionisationsgrad
eines Stoffes, der eine biologische Barriere überwinden will, sinken seine apolaren (lipophilen)
Eigenschaften. So diffundieren organische Säuren oder Basen im nichtionisierten Zustand durch Zellmembranen (non-ionic diffusion). Das kann bei der Verteilung zwischen Kompartimenten unterschiedlichen pH-Wertes eine Rolle spielen - die Ionisierung ist pH-abhängig,
und ein diffusibler Ausgleich wird durch Apolarität des betreffenden
Stoffes erleichtert (bei seinem pK-Wert ist die Hälfte des betreffenden Stoffes
dissoziiert, die andere Hälfte liegt in apolarer Form vor).
Endozytose
Endozytose
ist die Internalisierung von Teilen der Zellmembran und an diese
gebundener Stoffe. Sie kann ohne
Rezeptoren für das aufzunehmende Partikel erfolgen (fluid-phase endocytosis) oder über Rezeptoren in der Membran, die das aufzunehmende Molekül binden (receptor-mediated endocytosis).
Endozytose und Exoytose erlauben eine hohe Dynamik
der Bestandteile der Zellmembran: Sie sind z.B. Transporteure für
Proteine, die aus der Zelle in die Membran eingelagert oder aus der
Membran wieder in die Zelle befördert werden sollen (protein trafficking).
Das ist beispielsweise notwendig, wenn die Ausstattung einer
Epithelzelle mit Transportmolekülen an wechselnde Bedingungen angepasst
werden muss (z.B. im Nierentubulus bei sich änderndem Salzangebot).
Fast alle Zellen sind zur Pinozytose
fähig - ultrakleine Partikel, bis 0,2 µm, werden aufgenommen (Makrophagen tun dies besonders
effizient). Phagozytose
ermöglicht die Endozytose wesentlich größerer Teilchen (Bakterien,
Zellen, Gewebestücke, mehrere µm); nur wenige Zellen können das:
Leukozyten und Gewebsmakrophagen.
Abbildung: Formen der Endozytose
Nach einer Vorlage in Boron W, Boulpaep E: Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016
Phagozytose ist die Aufnahme fester Partikel (auch Zellfragmente, Bakterien),
Pinozytose die Aufnahme gelöster Teilchen (1). Dies kann mittels Clathrin, Caveolin (2, 3), oder unabhängig von diesen Hilfsfaktoren erfolgen.
Aufgenommene
Stoffe oder Partikel können in Lysosomen gelangen und dort abgebaut
werden. Vorher führt die Ansäuerung (pH<6) zur Ablösung
endozytierter Proteine (z.B. LDL) von
ihrem Rezeptor (4), und die freien Rezeptoren werden wieder in die
Zellmembran eingebracht (5), d.h. sie werden wiederverwertet.
Membranstellen, an denen ein Endozytosevesikel entstehen soll, können
an der Zellinnenseite mit Clathrinmolekülen oder Caveolinen
ausgestattet werden, um die Absprossung nach innen zu erleichtern
(
Abbildung).
Endozytose steht im Dienst mehrerer Funktionen:
Aufnahme von Nährstoffen, für welche die Zellmembran keinen einfachen
Permease-Mechanismus verfügbar hat - z.B. Eisen auf
Transferrin
Begrenzung hormoneller Anregung durch Verlagerung der Hormonrezeptoren nach intrazellulär (
Herunterregulierung,
receptor downregulation)
Recycling und Erneuerung von Membranmaterial via
Golgi-Apparat
Extrazelluläre Proteine (und
Pathogene), die für den Abbau bestimmt
sind, können durch Endozytose in die Zelle aufgenommen werden.
Transzytose
Zahlreiche Stoffe können durch Endozytose
(Bindung an spezifische Membranrezeptoren) in das
Zellinnere aufgenommen werden (z.B. apikal) und durch Exozytose die
Zelle wieder verlassen (z.B. basolateral). Diesen Vorgang nennt man
Transzytose (auch: Cytopempsis). Er dient dazu, Stoffe von einem Kompartiment
gezielt in ein benachbartes zu befördern, z.B. über eine Schicht von
Epithelzellen (Darm, Niere etc). Transzytose kann auch genutzt werden,
um Membranproteine z.B. von der basolateralen in die apikale Membran
(diese sind durch ein Schlussleistensystem voneinander separiert) zu transportieren ( Abbildung):
Abbildung: Sortierungswege in einer Epithelzelle
Nach
einer Vorlage bei Lodish / Berk / Kaiser / Krieger / Bretscher / Ploegh
/ Amon / Martin, Molecular Cell Biology (8th ed 2016)
Das Bild zeigt die Bewegung von Molekülen durch das Membransystem einer Epithelzelle. Neu gebildete Proteine werden vom Trans-Golgi-Retikulum zu der entsprechenden Membran (apikal oder basolateral)
gebracht und dort eingelagert. Sie können zwischen diesen (voneinander
separierten) Membranen durch Transzytose ausgetauscht werden - in diesem Beispiel das in die basolaterale Membran "verirrte" Protein A von basolateral nach apikal. (Protein B ist ein für die basolaterale Membran bestimmtes Protein und wird hier nach seiner Aufnahme in ein clathrin-coated pit in "seine" Membran recycelt.)
Transzytose (rote Pfeile) ermöglicht auch den Transport aus dem
Extrazellulärraum angelagerter Moleküle (z.B. Transporter, Hormone,
Immunglobuline) durch die Zelle hindurch zum gegenüberliegenden Zellpol
Transzytose kann Moleküle unverändert durch Zellen (z.B. Epithelzellen) transportieren.
Dazu sind mehrere Schritte notwendig: Endozytose (rezeptorvermittelt,
unterstützt durch Clathrine) auf der "Aufnahmeseite", Transport der
dabei entstandenen Vesikel durch die Zelle, Exozytose an der
"Abgabestelle". Die Steuerung der einzelnen Schritte erfolgt je nach
Zelle und Transportgut unterschiedlich, es existieren gewebespezifische Mechanismen.
Transzytotisch werden z.B.
Transferrin (Eisentransport),
Lipoproteine,
Hormone
(
Insulin),
Immunglobuline (
IgA), aber auch
Gifte (z.B.
Botulinustoxin)
durch Zellen gebracht.
Transzytose
erfolgt vor allem in Epithelzellen (Nierentubuli, Schleimhäute etc.), Endothelien, weiters im
Knochen (Osteoklasten), in M-Zellen des Darms oder in Nervenzellen.
Zellmembran: Panta rhei
Biomembranen gibt es
in lebenden Strukturen seit
Milliarden Jahren, sie sind in der Evolution sehr früh entstanden und
stellen das Grundelement biologischer Trennflächen in der Zelle dar. Sie sind nur wenige Nanometer
dick und bilden die äußere Zellmembran genauso wie die zahlreicher Zellorganellen. Ihr Ursprung liegt im endoplasmatischen Retikulum, das Lipide und Membranproteine fortlaufend neu synthetisiert und mit Begleitmolekülen ausstattet.
Je nach ihrer
speziellen Funktion sind Membranen unterschiedlich zusammengesetzt. Tragender
Baustein sind Lipide,
insbesondere Phospholipide (s. weiter unten). Aufgrund ihrer hydrophoben Eigenschaft sind sie ideal für die Separation von
Funktionsräumen geeignet. Die meisten "Passagiere" der Membran - wie Salze,
Kohlenhydrate, Aminosäuren - sind hydrophil (wasser-, nicht fettlöslich) und
können diese daher nicht ohne spezielle Öffnungen bzw. Transportechanismen durchdringen.
Membrankomponenten können die Identität von Zellorganellen signalisieren (z.B. Zellkern - außen Zytoplasma, innen Karyoplasma -, endoplasmatisches Retikulum, Mitochondrien, Lysosomen etc) und ihren Transport beeinflussen. Sie können im endoplasmatischen Retikulum neu synthetisiert oder wiederverwendet werden (recycling). Das gesamte Membranmaterial in den Zellen des Körpers wird innerhalb von ~3 Wochen vollständig erneuert ( Abbildung):
Abbildung: Membranrecycling
Nach Cullen PJ, Steinberg F. To degrade or not to degrade: mechanisms and significance of endocytic recycling. Nature Rev Mol Cell Biol 2018; 19: 679-96
Membranmaterial
wird ständig zwischen Zelloberfläche und membtanbegrenzten
Zellorganellen ausgetauscht. Dabei werden u.a. Membranptoreine nach
deren Endozytose wieder in die Aupenmembran eingelagert, oder sie
werden abgebaut und Aminosäuren für Proteinsynthese wiederverwendet.
Membranlipide (u.a. Phospholipide) werden ebenfalls recycelt, zum Teil
im endoplasmatischen Retikulum neu aufgebaut.
Man schätzt, dass in einem Zeitraum von etwa 3 Wochen das gesamte
Membranmaterial in den Zellen des Körpers vollständig erneuert ist
Die Zellmembran umschließt die Zelle als Ganzes und ist aus zwei Lamellen aufgebaut:
Die äußere Lamelle besteht vorwiegend aus Phosphatidylcholinen, die u.a. Signale aus der Membran vermitteln und Enzyme aktivieren können. Hier finden sich auch Glykoproteine und neutrale Lipide (Lecithin, Sphingomyelin). Die Moleküle der Außenlamelle signalisieren
u.a. die Spezifität der Zelle (Epithelzelle, Nervenzelle..), was auch eine
Voraussetzung für die geordnete Bildung von Gewebsverbänden darstellt.
In der inneren
(zytoplasmatischen) Lamelle finden sich Lipide wie Phosphatidylserin und Phosphatidylinositol. Phosphatidylserin
spielt eine Schlüsselrolle für den Zellzyklus, insbesondere - wenn es
in der Außenmembran auftritt (was normalerweise nicht der Fall ist) im
Rahmen der Apoptose. Phosphatidylinositol (PI) hat zahlreiche Funktionen (wie Interaktion mit Pathogenen, second messenger- Mechanismen). Es ist der Ausgangsstoff für die Bildung von Phosphoinositiden (PIPs).
PIPs (mehrere Formen mit unterschiedlicher Funktion sind bekannt, z.B. IP3) sind phosphorylierte PIs, sie entstehen durch Einwirkung spezifischer Enzyme (Kinasen / Phosporylasen) auf die membrangebundenen PIs
und beeinflussen Vorgänge sowohl in als auch außerhalb der Membran.
Abbildung: Flüssigmosaikmodell der Zellmembran
Nach: Pietzsch J. Mind the membrane. Horizon Symposia: Living Frontier, 1-4 (2004). Nature Publishing Co
Die
Zellmembran ist eine komplexe Struktur aus Lipiden,
Eiweißen und Kohlenhydraten. Der Anteil dieser Komponenten
ist von Membran zu Membran unterschiedlich, je nach Erfordernissen. Ein Beispiel sind Merkmale, die als CD-System bezeichnet werden.
Die Membran enthält unterschiedliche Arten von Lipiden:
Phospholipide sind der Hauptbestandteil ( Abbildung unten).
Cholesterin
mit seinem starren Steroidgerüst ist sehr lipophil. Es lagert sich
zwischen die Kohlenwasserstoffketten der Phospholipide und kann innerhalb der Membran von einer Schichte zur anderen wechseln.
Glykolipide sind zusammen mit Glykoproteinen Bestandteile der Glykokalix, der "Außenhaut" der Zelle
Membranproteine sind fixer Bestandteil der Zellmembran (integrale
Proteine), indem sie
in die Membran "gesteckt" (membrandurchspannende hydrophobe α-helikale Sequenzen aus ~20 Aminosäuren enthalten Aminosäuren mit lipophilen Seitenketten*) oder direkt bzw. über Oligosaccharide an Membranlipide
gebunden sind;
oder sie sind an ein integrales (peripheres oder intrazelluläres) Protein angelagert und können von diesem wieder gelöst werden.
* Alanin, Valin, Leucin, Isoleucin, Prolin, Phenylalanin, Tryptophan, Methionin
Membranproteine
bilden
Ankerpunkte für das Zytoskelett oder die extrazelluläre Matrix,
können Ionenkanäle und
Transportsysteme bilden,
können
als Enzyme wirken,
als Rezeptoren
für extrazelluläre Signalstoffe dienen.
Membrantopologie beschreibt das Muster, nach dem α-Helices zu Gesamtproteinen der Membran zusammengesetzt sind. Diese Helices enthalten vorwiegend nonpolare (hydrophobe)
bzw. ungeladene Aminosäuren in einer Anordnung, die einerseits eine
lipophile Außenfläche (Verankerung in der Zellmembran), andererseits
eine Innenpore ergeben, durch welche gegebenenfalls polare Substanzen
diffundieren können (hier finden sich vorwiegend polare
Aminosäurereste).
Membranproteine sind - soferne sie nicht an extra- (Matrix) oder
intrazelluläre Strukturen (Zytoskelett) stationär fixiert sind - in der
Membran frei beweglich; ihre
Lateraldiffusion erfolgt allerdings um Größenordnungen langsamer als
die von Phospholipiden. Auch können Membranproteine von intrazellulären
Motorproteinen aktiv entlang der Membranfläche gezogen werden; die Topologie des Proteins (d.h. seine Zuordnung in der Membranstruktur) bleibt dabei erhalten.
Neben Glykoproteinen finden sich in der Zellmembran - vor allem im Nervengewebe - auch Glykolipide
(mit Sphingosin als Rückgrat: z.B. Cerebroside, Ganglioside). Der
Zuckeranteil (meist <15 Zuckerreste - Glucose, Galactose, Mannose,
Fucose, Aminozucker) wird in endoplasmatischem Retikulum und
Golgi-Apparat an Eiweiß bzw. Phospholipid angehängt.
Da eine enorme
Zahl molekularer Kombinationen dieses Arrangements möglich ist,
fungieren Glykolipide und Glykoporoteine als Erkennungsmoleküle. Sie bauen die Glykokalyx ("Zuckerhülle") auf, ein System von "Antennen", die signalisieren, welche Spezifität (Nerven-, Muskel- Epithelzelle..) und Differenzierung die
jeweilige Zelle hat (die Glykokalyx kann einen größeren
Durchmesser haben als die Lipid-Doppelschicht). Bei der Ausbildung von
Gewebsverbänden erkennen sich gleiche Zellen
(sie tragen an ihrer Oberfläche sozusagen einen "Glykokalyx-Ausweis").
Abbildung: Glykokalyx
Nach Rabelink TJ, de Zeeuw D. The glycocalyx - linking
albuminuria with renal and cardiovascular disease. Nature Rev Nephrol
2015; 11: 667-76
Gezeigt ist ein Ausschnitt aus der Kapillarwand eines Glomerulumendothels in der Niere.
In Glykoproteinen sind Kohlenhydratketten (grün) über Serin / Threonin oder Asparagin an ein membranständiges Protein gebunden. Hyaluronsäure (Hyaluronan) ist aus Glucosederivaten (Glucuronsäure, Acetylglucosamin) aufgebaut und hat extreme Wasserbindungskapazität. Heparansulfat ist ein Glykosaminoglykan und gehört zur Gruppe der Heparine
Eine Glykokalyx tragen vor allem
Endothelzellen (Kapillaren und größere Blutgefäße) an ihrer Luminalseite ( Abbildung)
- bis zu 11 µm dick. Die Glykokalyx enthält zahlreiche Enzyme und
andere Proteine, welche die Anhaftung von Leukozyten (weißen
Blutkörperchen) und Thrombozyten (Blutplättehcn) beeinflussen und eine
Schutzfunktion ausüben.
Apikale
Membranen resorbierender Epithelzellen auf Mikrovilli im Darm (vor
allem Dünndarm). Diese Schicht ist nur 0,3 µm dick und hat Enzyme
gebunden haben, was die endgültige Digestion von Zuckern und Peptiden
unterstützt.
Die Glykokalyx hat folgende Hauptfunktionen:
Schutz: Die Kohlenhydrathülle schützt vor mechanischen oder verfrühter enzymatischer Aktivität
Anhaftung: Die Adhäsion anderer Zellen wird gezielt beeinflusst
Identifikation: Die Glykokalyx hilft bei der Unterscheidung gesunder von erkrankten oder fremden Zellen
Glykoproteine sind darüber hinaus Strukturträger von interzellulären Verbindungen wie gap junctions, bauen Rezeptormoleküle mit auf, und fungieren als immunologische Signalstrukturen (z.B. Blutgruppensubstanzen).
Abbildung: Phospholipidmolekül (Glycerophospholipid) in der Zellmembran
Nach einer Vorlage bei homepage.smc.edu
Membranlipide
haben fett- und wasserlösliche Enden. Als Doppelschicht sind sie zu
Membranen (links unten) gruppiert, deren Oberflächen wasserlöslich (hydrophil, türkisfarben)
sind, die Innenseiten sind lipophil (ocker).
Phospholipide bestehen aus jeweils zwei Fettsäuren (apolar bzw. hydrophob), die an ein Glycerin (Glycerophospholipide) oder ein Sphingosin gebunden sind (Sphingophospholipide) und am Glycerin bzw. Sphingosin Phosphat mit einer "Kopfgruppe" gebunden haben (polar bzw. hydrophil). Phospholipide bilden den
Hauptanteil der Membranbausteine.
Die häufigsten an Phosphat
gekoppelten Kopfgruppenmoleküle sind Ethanolamin, Cholin und Inositol, die häufigsten Fettsäuren Palmitinsäure
(C16, gesättigt) und Ölsäure (C18, ungesättigt)
Phospholipide sind Grundelement und Hauptbestandteil (mindestens 50%) der Zellmembran. Sie sind amphipathisch, d.h. sie weisen lipophile (nonpolarer Schwanzteil) und hydrophile Enden (polarer Kopfteil) auf ( Abbildung).
In wässriger Lösung richten sich Phospholipide so aus, dass zuerst Monolayer, in höherer Konzentration Mizellen mit zweischichtigen Membranen entstehen:
Außen liegt je eine hydrophile (polare, d.h. elektrisch asymmetrische),
in der Mitte eine lipophile (apolare) Zone.
Diese Anordnung ergibt sich von selbst, die apolaren Gruppen
(Fettsäuren) sind energiesparend vor einer Interaktion mit dem
Lösungsmittel Wasser geschützt.
Die hydrophilen "Kopfteile" der Phospholipide in Zellmembranen grenzen
beiderseits der Membran an wasserreiche Räume und bestimmen die
hydrophilen Oberflächen der Membran.
Die hydrophoben "Schwanzteile" (Fettsäuren) bauen die Innenschicht der Membranen auf, die wasserabweisend / lipophil ist.
Zellmembranen ermöglichen so die Separation verschiedener Reaktionsräume (Kompartimentierung),
sowohl zwischen der Zelle und ihrer Umgebung (Zellmembran) wie auch
in der Zelle: Organellen können Schichtform
(flächenhafte Grenzstruktur: Zellmembran, Kernmembran,
Mitochondrienmembran) oder Bläschenform annehmen (d.h. sie
umschließen einen mehr oder weniger kugelförmigen Innenraum, der
hauptsächlich aus Wasser besteht). In den dadurch aufgebauten
Kompartimenten können Stoffe angereichert, oder aus ihnen evakuiert
werden.
Sauerstoff-, Kohlendioxid-, Ammoniak- und zu einem gewissen Grad auch Wassermoleküle können die Zellmembran direkt
passieren (vermutlich durch kurzfristig auftretende Spaltbildungen
zwischen den Lipidketten). Die Durchgängigkeit der Membran für diese
Moleküle ist biologisch äußerst bedeutsam (z.B. Atemgasautsausch), ihr
Grad (Diffusionskonstante) hängt stark von der Zusammensetzung der jeweiligen Membran ab; Zellmembranen mit niedriger Fluidität (s. weiter unten) haben niedrige H2O-Permeabilität.
Zu den Phospholipiden gehören Glycerophosphatide (Abbildungen) und Sphingosinderivate
(hier verankert der zweiwertige Aminoalkohol Sphingosin Fettsäuren,
Phosphate und Zucker). Die Zusammensetzung der Membranen aus diesen
Elementen bestimmt ihre physikalischen (z.B. Dicke, Flexibilität) und
chemischen Eigenschaften.
Während Proteine gar nicht, und einzelne Lipidmoleküle wegen des hohen erforderlichen
Energieaufwands nur sehr selten von einer Membranschicht in die andere
wechseln, sind die Moleküle innerhalb ihrer Schicht frei beweglich: So kann in der
Erythrozytenmembran ein Lipidmolekül durch Lateralbewegung die gesamte Zelle in wenigen Sekunden vollständig umrunden. Das Ausmaß dieser Lateraldiffusion steigt mit der Temperatur an.
Ein Wechsel von Lipiden von einer Membranschicht in die andere (flip-flop) ist
wegen der hydrophilen Kopfteile von Membranlipiden durch die hydrophobe
Mittelschicht nur schwer zu bewerkstelligen (hoher Energieaufwand).
Daher bedarf es spezieller Enzyme (Flippasen),
das sind Transmembran- Transporterproteine, die eine Verlagerung von
Phospholipiden zwischen den beiden Schichten einer Zellmembran
erleichtern - was im Rahmen von Wachstums- und Mobilitätsvorgängen
notwendig werden kann. Einige Flippasen arbeiten energieunabhängig in beiden Richtungen, andere energieabhängig (ATPasen) unidirektional. Transporter von der zytosolischen zur exoplasmatischen Seite der Membran werden auch als "Floppasen" bezeichnet.
Viele Zellen
verteilen das Muster ihrer Phospholipide unterschiedlich (zytosolisch
vs. exoplasmatisch), und eine Angleichung dieser biochemischen
Zusammensetzung kann als Apoptosemarker fungieren.
Abbildung: Phasenübergang in Lipid-Doppellamelle
Nach Stein WD, Litman T, in: Channels, Carriers, and Pumps, 2nd ed 2015
Übergang vom geordneten gelartigen (links) zum eher ungeordneten solartigen Zustand (rechts). Bei der Übergangstemperatur Tm "schmilzt" die Membran, in diesem Temperaturbeeich koexistieren beide Phasen
Bei der sogenannten Übergangstemperatur Tm (melting oder transition temperature) - deren Betrag von der Zusammensetzung der Membran abhängt - wechselt der Zustand der Membran zwischen einem eher festen Gel- und einem eher flüssigen Solzustand (
Abbildung).
Bei Temperaturen unter [T
m] wird die Membran rigide (semikristallin).
Die Übergangstemperatur kann je nach Länge der Fettsäuren über oder
unter der Körpertemperatur liegen. Allerdings ist bei komplexer
Zusammensetzung der Membran keine klare Übergangstemperatur
definierbar, vielmehr ergibt sich ein Temperaturbereich, in dem der
Sol-Gel-Zustand kontinuierlich variiert, und gel-ähnliche mit
benachbarten sol-ähnlichen Zonen koexistieren können.
Sowohl Muster als auch Konzentration ihrer Bestandteile bestimmt die Fluidität der Membran:
Ist sie reich an Phospholipiden
mit langen, weitgehend oder gänzlich gesättigten Fettsäuren (wenige bis
keine Doppelbindungen), dann ist sie dicht gepackt, weniger beweglich,
weist geringe Fluidität auf und läßt wenig Wassermoleküle passieren.
Steigender Anteil
an Doppelbindungen (ungesättigte Fettsäuren) und/oder kürzere
Fettsäureketten verschieben den
Zustand in Richtung höherer Fluidität, die Membran wird nachgiebiger
und gleichzeitig durchlässiger für Wassermoleküle.
Cholesterin
mit seinem rigiden Steroidring senkt (in mäßiger Konzentration) die Fluidität und trägt zur Festigkeit der Membran bei. Bei Membranen mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren steigert Cholesterin andererseits die (ohnehin hohe) Membranfluidität, indem es sich in
Lücken zwischen den Lipidschweifen einlagert. Insgesamt reduziert
Cholesterin temperaturbedingte Änderungen der Membranfluidität.
Gesättigte Fettsäuren senken, ungesättigte steigern die Fluidität der Membran.
Cholesterin in einer fluiden Membran senkt die Fluidität, in einer rigiden Membran steigert es sie.
Liegt die Temperatur unter dem Betrag von Tm, ist die Membran rigide (semikristallin); liegt sie deutlich darüber, wird die Membran zu flüssig.
Wasser ist ein Stoff, dessen Moleküle - obwohl leicht polar - klein genug sind, um direkt durch Phospholipid-Doppellamellen zu dringen (Permeabilität ~102-fach höher als für Glycerin und ~105-fach höher als für Glucose).
Cholesterin erhöht die
Durchlässigkeit von Lipid-Doppelschichten für Wasser, wahrscheinlich durch
Disruption der Interaktion von Phospholipiden. Auf diese Weise steigt
die Permeabilität der Zellmembran für Wasser, wenn ihr Cholesterinanteil
erhöht wird. Schließlich steigt die Wasserpermeabilität durch Einlagerung von Aquaporinen ganz wesentlich, z.B. in resorbierenden Epithelien.
Rezeptoren und Transporter
Die Zellmembran - als Trennfläche zwischen zellulärer
"Außenwelt" (Interstitium) und "Innenwelt" (Zytoplasma) - enthält
Proteinkomplexe für unterschiedliche Aufgaben:
Mechanische
Interaktion mit ihrer Umgebung (Verankerung, Kraftübertragung)
Erkennung (immunologisch, über freie oder zellständige Rezeptoren)
Signalvermittlung in die Zelle (über Rezeptoren, z.B. für Hormone, Transmitterstoffe; oder an
gap junctions)
Passage verschiedener Stoffe durch die Membran (Permeasen, Transporter, "Pumpen").
Zellen müssen
Information untereinander austauschen, um eine sinnvolle Interaktion zu
erzielen. Dies kann elektrisch, oder mittels Informationsmolekülen im
Rahmen eines direkten Zellkontaktes (juxtakrin), über kurze Distanz (in
die Nachbarschaft der Zelle, z.B. über Neurotransmitter bzw. parakrin)
oder über die Blutbahn auf größere Distanzen (endokrin) erfolgen.
Voraussetzung für die Wirkung ist die Verfügbarkeit spezifischer
Rezeptormoleküle, welche den Signalstoff binden und entsprechende
Folgereaktionen auslösen können ( vgl. dort).
Rezeptormoleküle ermöglichen die Entschlüsselung extrazellulärer Information
Unter Rezeptoren im
zellphysiologischen (und pharmakologischen) Sinne versteht man Moleküle
oder Molekülkomplexe, die spezifisch körpereigene (Hormone,
Transmitter, Mediatoren, Zytokine) oder von außen in den Organismus
eingebrachte Signalstoffe (Pharmaka) binden und auf die Bindung mit der
Aktivierung eines intrazellulären Signalweges reagieren.
Sowohl die
Interaktion von Rezeptoren mit ihren Bindungspartnern (auf den Rezeptor
einwirkender Reiz, "Input") als auch die Wirkungen, die sie in der
Zelle auslösen ("Output" des Rezeptors), sind vielfältig. Es gibt eine
Fülle von Kombinationsmöglichkeiten, wie einerseits ein bestimmter
Signalstoff auf diverse Rezeptoren (meist unterschiedlich) wirkt und
andererseits Rezeptoren von verschiedenen Signalstoffen beeinflusst
werden.
Die Bindung eines Liganden an einen Rezeptor "besetzt" diesen (occupancy); die Affinität bestimmt den Grad der "Belegung" des Rezeptors durch den Liganden. Die Anlagerung kann den Rezeptor aktivieren (d.h. sie löst eine zelluläre Antwort aus), muss es aber nicht (wenn der Ligand keine intrinsische Aktivität zur Folge hat). So unterscheidet man - was die Wirkung des Liganden (z.B. ein Hormonmolekül) auf den Rezepor betrifft -
die Affinität, d.h. die Tendenz zum Aufbau einer Ligand-Rezeptor-Bindung (je nach Ligand-Rezeptor-Kombination verschieden), von der
intrinsischen Aktivität (auch efficacy),
ein Maß für die Wirkintensität (z.B. Freisetzung "sekundärer"
Botenstoffe), die auf die Ligandenbindung an den Rezeptor folgt. Diese
Wirkung kann unterschiedlich stark ausfallen, je nach der Zahl
aktivierter Rezeptoren, der Art gebundener Signalstoffe (Agonisten) und
sonstigen Begleitumständen. Man kann die intrinsische Aktivität
quantifizieren (e) als den Kehrwert der Rezeptorbelegung, bei der 50% der maximalen biologischen Wirkung auftrittt, zum Beispiel:
Die Hälfte der maximalen Wirkung tritt bei einer Rezeptorbelegung von 4% auf. Der Betrag für e ist dann 25 (1/0,04).
Die biologische Wirkung ist
sowohl von der Affinität am Rezeptor als auch vom Betrag der intrinsischen Aktivität
(efficacy) bestimmt.
Untersucht man nur das Bindungsverhalten eines Signalstoffs an seine
Rezeptoren, ohne dass man die intrinsische Aktivität kennt, läßt sich
daraus noch kein quantitativer Aufschluss über Effekte auf
physiologische Größen wie z.B. Blutdruck, Darmmotorik, Bronchienweite
usw. gewinnen.
Abbildung: Muskarinischer Rezeptor (M2)
Modifiziert nach einer Vorlage in Ritter / Flower / Henderson / Loke / MacEwan / Rang, Rang & Dale's Pharmacology, 9th ed. Elsevier 2020
Der Agonist
(hier: Acetylcholin) koppelt an die "klassische" (orthosterische)
Bindungsstelle, Modulatoren - wie in diesem Beispiel ein Agonist -
wirken an "allosterischen" Orten des Rezeptors (s. weiter unten).
Das Bild zeigt einen Ausschnitt des Rezeptormoleküls (den mittleren,
vor allem transmembranalen Abschnitt, nicht die vollen N-
(extrazellulär) und C-terminalen (intrazellulär) Domänen und auch nicht
den 3. intrazellulären Loop)
Auch kommt es oft zu einem Wettstreit verschiedener Liganden um einen Rezeptor (Kompetition um die Bindungsstelle). Meist sind mehrere potenzielle
Bindungspartner für Rezeptoren vorhanden (das Bindungsmuster hängt von
mehreren Faktoren ab), und die Zahl der Rezeptoren fluktuiert ebenfalls
(z.B. kann die Zahl freier Rezeptoren in der Zellmembran hinauf- oder
hinunterreguliert und damit das Ansprechverhalten der Zelle verändert werden).
Beispielsweise nimmt die Zahl der Acetylcholinrezeptoren an der
motorischen Endplatte bei Wegfall regelmäßiger Nervenentladungen zu (Denervierungs-Hypersensibilität).
Oder es nimmt die Zahl von Hormonrezeptoren von Zellen ab, die für
längere Zeit hoher Hormonkonzentration ausgesetzt sind
(Desensibilisierung durch Herunterregulierung
der Zahl verfügbarer Rezeptoren). Solche adaptiven Mechanismen bestehen
sowohl gegenüber physiologischen Signalstoffen als auch gegenüber
Medikamenten.
Liganden (an den Rezeptor koppelnde Stoffe) können zelluläre Reaktionen fördern oder auch hemmen:
Agonisten sind Liganden, welche die erzielte (erwartete) Wirkung in der Zelle hervorrufen. "Traditionelle" Agonisten docken an eine bestimmte Bindungsstelle des Rezeptormoleküls (orthosterisch) an. An diese Stelle binden auch
Antagonisten,
das sind Liganden, die ebenfalls orthosterisch binden, aber den
Rezeptor nicht aktivieren (und durch die Besetzung des Rezeptors die
Signalübertragung blockieren). Der Grund
für die Wirkungslosigkeit des Antagonisten kann unterschiedlich
sein (manche Liganden können - je nach Umständen - einmal als Agonisten, einmal
als Antagonisten wirken).
Nach dem "Zwei-Zustands-Modell" (two-state model) liegen Rezeptoren in einer von zwei Konformationen vor - entweder in einem Ruhezustand (resting state) oder in einem aktivierten Zustand (activated state).
Zwischen diesen beiden Zustanden gibt es ein Äquilibrium. Ohne die
Anwesenheit eines Liganden liegt das Zustandsgleichgewicht beim
Ruhezustand. Agonisten haben nach diesem Modell höhere Affinität zum aktivierten Rezeptor, inverse Agonisten zum Rezeptor im Ruhezustand. Ein sogenannter neutraler Antagonist
hat dieser Vorstellung zufolge zu beiden Zuständen gleiche Affinität,
blockiert aber durch seine Anwesenheit kompetitiv die Bindung anderer
Liganden an den Rezeptor.
Moleküle können auch andere Bindungsstellen des Rezeptors nutzen (allosterisch) als dies Agonisten / Antagonisten tun (orthosterisch) - und gegebenenfalls auch von hier aus zelluläre Wirkung ausüben ( Abbildung).
Pharmaka wirken in aller Regel über Rezeptoren. Hochwirksame Medikamente zeigen eine hohe Affinität
für "ihren" Rezeptor (sie besetzen schon bei niedriger Konzentration
einen entsprechend hohen Anteil der Rezeptoren) und entfalten dabei
maximale intrinsische Wirksamkeit - man nennt sie volle Agonisten (full agonist). Pharmaka, die bei hoher Rezeptorbesetzung nur einen Teil der biologischen Maximalwirkung auslösen, nennt man dagegen Teilagonisten (partial agonist). Pharmaka, welche die Signalübertragung am Rezeptor blockieren, sind Antagonisten.
Rezeptoren
wirken sich oft auf mehr als nur einen intrazellulären
Second-messenger-Mechanismus aus. Unterschiedliche Liganden können
dabei - über den gleichen Rezeptor - unterschiedliche Beiträge dieser
Signalwege zur zellulären Reizantwort bewirken. Sie haben dann eine "Vorliebe" für die
Aktivierung eines bestimmten intrazellulären Signalweges (biased agonism).
Manchmal üben
Rezeptoren zelluläre Effekte aus, ohne dass sie Liganden gebunden
haben. Man nennt diese Form der "spontanen" Aktivierung eines
Signalweges konstitutiv.
Rezeptormoleküle
können jeweils einer Rezeptor-Superfamilie zugeordnet werden. Sie sind in der Zellmembran oder intrazellulär positioniert und lösen in Folge
der Bindung eines Agonisten bestimmte Wirkungen in
der Zelle aus ( Abbildung).
Abbildung: Rezeptortypen
Nach einer Vorlage in Rang & Dale's Pharmacology, 9th ed. 2020 (Elsevier)
Man unterscheidet nach ihrer grundsätzlichen Funktioneweise vier Rezeptorfamilien:
Ionenkanalgekoppelte (links): Bindung des Signalstoffs öffnet
den Ionenkanal, es kommt zu Ioneneinstrom und Ladungsveränderung der
Membran. Diese triggert innerhalb von Millisekunden
zellphysiologische Effekte.
G-Protein-gekoppelte (daneben): Die (heptahelikalen Rezeptoren (mehrere hundert Arten bekannt) aktivieren das G-Protein-System und dieses "zweite Botenstoffe" (second messenger: cAMP, DG, IP3), welche über Ca++, Phosphorylierung von Zielproteinen o.a. innerhalb von Sekunden den Effekt auslösen.
Kinasegekoppelte Rezeptoren: Bindung
des Signalstoffs führt zu Di- oder Tetramerisierung der
Rezeptormoleküle, die selbst (Tyrosin-, Serin-, Threonin-) Kinase-Aktivität haben oder bei Aktivierung Tyrosinkinase anlagern. Sie phosphorylieren zelluläres
Protein (Rezeptor- Proteinkinase, aktivieren Gene und Proteinsynthese. Dieser Vorgang nimmt Stunden in Anspruch.
Nukleäre (intrazelluläre) Rezeptoren:
Signalstoffe (z.B. ein Steroid) diffundieren durch die Zellmembran und binden an
intrazelluläre Rezeptoren, diese aktivieren DNA-Ablesung und
Proteinsynthese
Einen
extrazellulären mit der ligandenbindenden Domäne, welche in den Extrazellulärraum vorragt und den Signalstoff (z.B. Peptid, Transmitter) bindet
Einen
transmembranalen
Teil (bei G-Protein-Rezeptoren 7 lipophile Aminosäuresequenzen), der
den Rezeptor in der Zellmembran verankert (bei ionenkanalgekoppelten
Rezeptoren enthält dieser Teil einen zentral gelegenen Kanal)
Einen
intrazellulären Teil mit seiner Effektordomäne, die ein
Second-messenger-System aktivieren kann (Ausnahme Ionenkanal)
Nach dem Wirkungsmechanismus unterscheidet man ligandenaktivierte Ionenkanäle, G-Protein-gekoppelte
Rezeptoren und Kinasen (
s.
dort).
Intrazelluläre Rezeptoren binden den extrazellulären Signalstoff in der Zelle, binden dann ihrerseits an hormone response elements (HRE) der Zielgene und beeinflussen die Ablesung genetischer Information (Transkription).
Die regulatorische Wirkung der Rezeptoraktivierung kann direkt an intrazellulären Zielmolekülen, an Enzymen, oder vermittels intrazellulärer Transducer (second messenger) erfolgen. Die Gesamtheit der involvierten Ionen und Moleküle wird als Signaltransduktionsweg oder Rezeptor-Effektor-System bezeichnet. Zahlreiche "Gerüst-" bzw. "Verankerungsproteine" begrenzen den Verbreitungs- bzw. Aktionsradius involvierter second messenger-Moleküle - z.B. von Calciumionen - auf einen eng begrenzten Raum in der Zelle (Kompartmentalisierung).
Viele Zielproteine werden bei Aktivierung der Signalkaskade phosphoryliert (ein Werk von Kinasen), und diese Phosphorylierung ist reversibel.
So können zelluläre Funktionen je nach Bedarf gesteuert, der
Phosphorylierungsgrad adaptiv eingestellt werden. Die Phosphorylierung
wirkt entweder direkt auf Regulatorproteine (diese stellen die gewünschte Funktion ein), oder indirekt auf Transkriptionsfaktoren (diese steuern die Expression entsprechender Gene).
Abbildung: Die zentrale Bedeutung von Kinasen in der Signaltransduktion
Nach einer Vorlage in Ritter / Flower / Henderson / Loke / MacEwan / Rang, Rang & Dale's Pharmacology, 9th ed. Elsevier 2020
Kinase-Kaskaden können durch G-Protein-gekoppelte (GPCR), cGMP-generierende oder Kinase-verknüpfte Rezeptoren aktiviert werden.
Die Kinasen regulieren (aktivieren oder inaktivieren) Zielproteine, was kurz- bis langfristige Effekte zeitigt.
CaM-Kinasen = Ca++/Calmodulin-abhängige Kinasen DAG = Diacylglycerol GRK = GPCR-Kinase IP3 = Inositoltriphosphat PKA = cAMP-abhängige Proteinkinase PKC = Proteinkinase C PKG = cGMP-abhängige Proteinkinase
Regulierung der Aktivität von Proteinen:
Die Zelle kann Proteine (Rezeptoren, Ionenkanäle, Enzyme,
Transportproteine u.a.) aktivieren oder inaktivieren und dadurch ihre
Funktion regulieren. Diese Aufgabe übernehmen Kinasen (phosphorylieren Zielproteine) und
Phosphatasen (dephosphorylieren
Zielproteine) - die ihrerseits durch (De-) Phosphorylierung reguliert
werden können (Phosphorylierung kann Proteine aktivieren oder auch
inaktivieren). Proteine können auch durch Kopplung an einen Inhibitor
"ausgeschaltet" sein - der Inhibitor seinerseits kann durch
Kinasewirkung entkoppeln und das Protein (durch Disinhibition)
"einschalten" (z.B. können Transkriptionsfaktoren auf diese Weise aktiv werden).
Oft führt die Bindung eines Liganden (Hormon, Transmitter, Mediator) zur Dimerisierung
von Rezeptormolekülen (jeweils zwei lagern sich aneinander an) und
gegenseitige Autophosphorylierung intrazellulärer Tyrosinreste, die
dann ihrerseits Proteine anlagern und eine Kaskade der
Signaltransduktion auslösen. Ein wichtiges Beispiel solcher
Zielproteine sind SH2-Domäne-Proteine (die SH2-Domäne
ist eine - phylogenetisch hochkonservierte - aus etwa 100 Aminosäuren
bestehende Sequenz, die vor allem Peptide mit Phosphotyrosin -
phosphoryliertes Tyrosin - erkennen). SH2-Domäne-Proteine
erkennen oft spezifisch Rezeptormoleküle. Viele von ihnen sind Enzyme
(Kinasen, Phospholipasen,..). Ein Beispiel für SH2-Domäne-Proteine sind
Stats (eine Familie von Transkriptionsfaktoren).
Eine wichtige Eigenschaft dieser Anordnungen ist die Möglichkeit zur
Signalverstärkung.
Extrazelluläre Liganden (z.B. Hormone) haben oft eine sehr geringe
Konzentration (nano- bis mikromolar), und intrazelluläre Enzymkaskaden
können eine molekulare Verstärkung über mehrere Zehnerpotenzen ergeben.
Die folgende Tabelle gibt Beispiele für Rezeptoren, ihre Zuordnung, Aktivatoren (Bindungspartner, Liganden) und
second-messenger-Mechanismen (Effektoren):
Rezeptoren
Modifiziert
nach Hilal-Dandan / Brunton, Goodman & Gilman's Manual of
Pharmacology and Therapautics, 2nd ed. McGraw Hill 2014
|
Strukturell
|
Funktionell
|
Ligand(en)
|
Effektoren /
Transducer
|
GPCR
(G-Protein-
gekoppelte
Rezeptoren)
|
ß-Adrenozeptoren
|
Katecholamine
|
Gs, AC
(Adenylylcyclase)
|
Muskarinische
cholinerge
Rezeptoren
|
Acetylcholin
|
Gi, Gq, AC, Ionenkanäle, PLC
|
Eikosanoid-
rezeptoren
|
Prostaglandine,
Leukotriene,
Thromboxane
|
Gs, Gi, Gq
|
Ionenkanäle
|
Ligandengesteuert
|
Acetylcholin (M2)
GABA
Histamin
|
Permeasewirkung für
Na+, Ca++, K+, Cl-
|
Transmembranale
Enzyme
|
Rezeptor-
Tyrosinkinase
|
Insulin
EGF, PDGF, VEGF
|
Proteine mit Bindungsdomänen |
Membrangebundene
Guanylatzyklase
|
Natriuretische
Peptide
|
cGMP
|
Transmembranal,
Nicht-Enzyme
|
Zytokinrezeptoren
|
Interleukine u.a.
|
Jak/STAT
lösliche Tyrosinkinasen
|
Toll-like Rezeptoren
|
Bakterielle Produkte
Lipopolysaccharide
|
z.B. NF-κB
|
Nukleäre
Rezeptoren
|
Steroidrezeptoren
|
z.B. Östrogene
Testosteron
|
Co-Aktivatoren
|
Thyroidhormon-
rezeptoren
|
T3 / T4
|
|
Intrazelluläre
Enzyme
|
Lösliche
Guanylatzyklase
|
NO, Ca++
|
cGMP
|
Regulierung der Zahl und des Zustands von Rezeptoren
Rezeptoren beeinflussen die verschiedensten Funktionen in der Zelle, sind aber selbst ebenfalls Ziel regulatorischer Einflüsse. Sowohl ihr Zustand als auch ihre Anzahl in der Zellmembran (z.B. durchschnittlich ~104 Hormonrezeptoren) sind
veränderlich. Diese Dynamik ermöglicht Anpassungen an die jeweils
herrschenden funktionellen Szenarien.
Verursacht wird dies meist durch einen Mix an Mechanismen:
Absinken der Konzentration eines Botenstoffes ("Erschöpfung")
Rascher Abbau des Liganden (stoffwechselbedingt)
Zustandswechsel von Rezeptoren (z.B. an der motorischen Endplatte):
Allosterisch, wobei der Ligand fester gebunden
wird und der Ionenkanal nicht mehr öffnet; oder durch Phosphorylierung
des intrazellulären Anteils des Rezeptors, wodurch dieser die
Second-messenger-Kaskade nicht mehr aktiviert. Bei konstanter bzw. hochfrequenter Anwesenheit eines Liganden
an "seinem" Rezeptor kann der Effekt auf die Zelle bzw. das Gewebe
abnehmen oder ganz verschwinden. Dieses Phänomen nennt man
Desensitivierung oder Tachyphylaxie , wenn es rasch (über Sekunden bis Minuten) auftritt, und als Toleranz, wenn es erst im Laufe von Stunden bis Monaten auftritt
Ein Beispiel für Tachyphylaxie ist die sinkende bronchodilatatorische Wirkung von
ß-Rezeptor-Agonisten infolge wiederholter Applikation (Asthmapatienten)
I
st der Signalweg blockiert (Refrakterität
/ refractoriness
= vorübergehende Unempfindlichkeit
gegenüber einem Reiz), kann es Minuten
bis Stunden dauern, bis die Übertragung von Signalen durch Hormone,
Transmitter oder andere Signalstoffe wieder in voller Stärke möglich
ist
Translokation von Rezeptoren. Endozytose von der Außenmembran in das endoplasmatische Retikulum (Internalisierung) bewirkt, dass
der Rezeptor nicht mehr für extrazelluläre Liganden zugänglich ist (typisch für Hormone) - auch als downregulation bezeichnet.
Anschließend exportiert die Zelle wieder Rezeptoren in die
Außenmembran, sie ist für den Liganden wieder ansprechbar (Exozytose: Supersensitivity, Receptor upregulation)
Erhöhte Sensibilität durch Hinaufregulierung der Rezeptorzahl tritt nach
längerer Rezeptorblockade auf, z.B. nach Langzeitbehandlung mit
ß-Blockern wie Metoprolol, das u.a. gegen Herzrhythmusstörungen
eingesetzt wird. Setzt man das Pharmakon ab, ist der physiologische
Effekt der Rezeptorreizung besonders intensiv
Steigerung oder Absenken der Rezeptorexpression durch Einfluss auf Transkription (Ablesung von Genen) und Proteinsynthese
Physiologische Adaptation (durch eine homöostatische Reaktion des
Körpers hervorgerufen, z.B. wenn durch veränderte Genexpression die
Konzentration regulatorischer Stoffe variiert)
Zeitabhängigkeit. Zellen
verändern ihr Funktionsprofil abhängig von Zeitablauf, vorhergehendem
Zustand und anderen (vor allem äußeren) Begleitumständen. Das erklärt
u.a. rhythmische Phänomene (Spontanentladung, biologische Rhythmen, Schlaf-Wach-Folge, fluktuierende Aufmerksamkeit,
prä- vs. postprandialer Stoffwechsel ..). Die Hormonempfindlichkeit vieler
Zellen ist zustands- und zeitabhängig: so werden hypophysäre Hormone
nicht kontinuierlich, sondern "gepulst" an das Blut abgegeben und
dadurch eine "frequenzmodulierte" Übereinstimmung mit der
zeitabhängigen Empfindlichkeit der Zielzellen erreicht.
Hinauf- und Hinunterregulierung der Rezeptorzahl kann außer durch
Endo- / Exozytose auch durch Veränderung der Proteinsynthese (Translation)
beeinflusst werden (z.B. nimmt in Zellen schwangerer Frauen die
GH-Rezeptor-mRNS-Konzentration zu). Der Rezeptor kann auch von der second-messenger-Kette entkoppelt und dadurch inaktiv gemacht werden (z.B. durch intrazelluläre Bindung von Arrestin
an phosphorylierte Betarezeptoren). In jedem Fall nimmt die
Empfindlichkeit der Zelle gegenüber dem betreffenden Signalstoff zu,
wenn die Rezeptordichte / Rezeptoraktivität in der Membran steigt (z.B.
die Dopaminrezeptordichte bei Mb. Parkinson: Sensitivierung)
- oder sie nimmt ab, wenn die Rezeptordichte / Rezeptoraktivität sinkt
(z.B. die Wachstumshormon-Rezeptorzahl bei niedrigem Blutzuckerspiegel:
Desensitivierung).
Rezeptoren sind am Prozess der Endozytose
beteiligt: Binden Stoffe (Liganden) an
Rezeptoren, können diese eine Einstülpung der Membran
(Clathrin-Mechanismus ) und Aufnahme des Liganden in die
Zelle bewirken (rezeptormediierte Endozytose). Beispielsweise erfolgt die Aufnahme von Eisen über Transferrinrezeptoren oder die von Lipiden über LDL-Rezeptoren.
Auch am Mechanismus der Übertragung hormoneller Signale an das
Zellinnere kann rezeptormediierte Endozytose beteiligt sein. Der
Mechanismus ist von der Zahl verfügbarer Rezeptoren abhängig und daher
sättigbar, andererseits werden endozytierte
Rezeptormoleküle an die Zelloberfläche recycelt.
Einige Rezeptoren sprechen auf
intrazelluläre Signale an, wie Kaliumkanäle, die z.B. durch Ca++ oder durch sinkende
ATP-Konzentration aktiviert werden. So kontrollieren IP3- und Ryanodin-Rezeptoren in der Membran des endoplasmatischen Retikulums die Mobilisierung intrazellulärer Ca++-Speicher.
Folgereaktionen: Signalstoffbindung an Rezeptoren löst Reaktionen der Zelle aus, wie z.B.
Änderung der
elektrischen
Ladung der Zellmembran
Bewegung
Wachstum
Zellteilung
Selbstentsorgung
(
Apoptose)
Passage durch Membranen
Orientierung: Passagesysteme
Vor allem wasserlösliche Stoffe brauchen
für ihre Passage durch Biomembranen mehr oder weniger zylinderförmige
Proteinkomplexe (Permeasen), die in der Zellmembran stecken und
ihrem Substrat den Wechsel zwischen Intra- und Extrazellulärraum
erlauben. Dabei können diese unterschiedlich funktionieren: Der Durchtritt des Stoffes (Ions, Moleküls) kann entweder
ohne zusätzlichen
Energieaufwand mit seinem chemischen / elektrochemischen Gradienten erfolgen, also durch Diffusion - Passiver (downhill) Transport: Ungeladene Stoffe wandern entsprechend ihrem chemischen (Konzentrations-), Ionen entsprechend ihrem elektrochemischen Gradienten (zwei Gradienten: einerseits Konzentration, andererseits elektrische Spannung) - oder
unter Energieaufwand - direkt oder indirekt - gegen seinen chemischen / elektrochemischen Gradienten: Aktiver (uphill) Transport - Ungeladene Stoffe werden gegen ihren Konzentrationsgradienten, Ionen gegen ihren elektrochemischen Gradienten befördert.
Ionenkanäle
haben tunnelartige Poren (Radius meist <1 nm). Ihre Konfiguration kann
zwischen den Zuständen "geschlossen" oder "offen" (allosterisch)
wechseln, und zwar unter dem Einfluss verschiedener Faktoren:
Membranspannung (spannungsgesteuerte Kanäle, voltage-gated channels): Diese Ionenkanäle öffnen / schließen entsprechend dem Betrag des Membranpotentials. Sie
unterscheiden sich in ihrer Spezifität, d.h. Durchgängigkeit für
(bestimmte) Kationen und / oder Anionen. Die meisten öffnen bei Depolarisierung der Zellmembran (man findet solche Kanäle in erregbaren Zellen, z.B. Neuronen oder Herzmuskelzellen). Bei HCN-Kanälen ist es umgekehrt, diese öffnen bei Hyperpolarisierung der Membran.
Anlagerung eines Signalstoffes (ligandengesteuerte Kanäle, ligand-gated channels):
Binden diese Ionenkanäle einen Signalstoff (z.B. Hormon oder
Neurotransmitter), geben sie für bestimmte Ionen die Membranpassage
entsprechend ihrem Konzentrationsgradienten frei. Koppelt der Signalstoff vom Rezeptor ab, schließt sich dieser wieder. Ligandengesteuerte Kanäle können auch auf intrazelluläre Signale reagieren (z.B. Kinasen).
Oder es handelt sich um Carrier (Transporter),
die einen zu transportierenden Stoff (auf der einen Seite der Membran)
binden, eine Konformationsänderung durchlaufen (allosterischer Effekt),
durchgängig werden und den Stoff (auf der anderen Seite der Membran)
wieder dissoziieren. Solche Carrier
erlauben entweder transmembranale
Netto-Strömung entsprechend einer vorhandenen Konzentrationsdifferenz
(erleichterte Diffusion), oder
nutzen das Konzentrationsgefälle
einer anderen Substanz (z.B. von Natriumionen oder H+), mit der zusammen der "eigentlich"
transportierte Stoff (z.B. Glucose, Aminosäuren..) bewegt wird - entweder in dieselbe Richtung
(Cotransport, Symport) oder in die Gegenrichtung (Austausch, Antiport).
Das genutzte Konzentrationsgefälle der "anderen" Substanz wird
typischerweise durch primär-aktiven Transport aufrechterhalten (ATPasen
s. folgender Absatz).
Transporter sind spezifisch, d.h. sie transportieren nur bestimmte Stoffe; sie sind sättigbar,
d.h. mit zunehmender Konzentrationsdifferenz nimmt die Geschwindigkeit
des Transportes zunächst steil, mit zunehmender Sättigung immer weniger zu; und ihre Expression (Synthese) wird von
der Zelle reguliert, d.h. dem Bedarf angepasst.
Der
Transport kann auch direkt energieverbrauchend erfolgen (primär-aktiv: ATPase, "Pumpe", z.B. Na+/K+-Pumpe in der - bei epithelialen Zellen basolateralen - Membran aller Zellen, oder Ca++-Pumpe in der Zellmembran der meisten Körperzellen und in der Membran des sarkoplasmatischen Retikulums von Muskelzellen). Ohne ATP-Verbrauch ist mit solchen Systemen keine Membranpassage möglich.
Der elektrochemische Gradient ΔG
ergibt sich - als die Summe des chemischen und des elektrischen Effekts
- aus Konzentrationsverhältnis des betreffenden Ions (extrazellulär: ce, intrazellulär: ci) und dem aktuellen Membranpotential:
ΔG = RT ln (ci/ce) + zFU
wobei
R = Gaskonstante, T = absolute Temperatur, z = Wertigkeit des Ions, F =
Faradaykonstante (Ladung eines mols einwertiger Ionen), U = Spannung (Membranpotential).
Bei gegebenen Werten (Körpertemperatur: 310 K etc) und Umrechnung auf
den dekadischen Logarithmus (=Hochzahl auf der Basis 10) lässt sich ein
Membranpotential E (Gleichgewichtspotential) errechnen (bei dem kein transmembranaler Ionenstrom stattfindet):
E = (61,5 mV / z) log (ce/ci)
Diese Formulierung entspricht der Nernst'schen Gleichung.
Weicht das aktuelle Membranpotential von [E] für das betreffende Ion ab, ergibt
sich ein elektrochemischer Gradient, dem entsprechend das Ion durch die
Membran diffundiert.
|
Die meisten biologisch relevanten Ionen (wie Na+, K+, Ca++, Cl-, HCO3-)
und gelösten Substanzen (wie Zucker, Aminosäuren etc) lösen sich nicht
in der Lipidphase von Zellmembranen. Daher gelangen sie auch nicht
durch einfache Diffusion durch diese Barrieren (Kompartimentierung) -
zur Passage benötigen sie spezielle Proteine, die von der Zelle je nach
Bedarf exprimiert und in die betreffenden Membranen integriert werden. Diese Proteine bilden
Poren in Membranen (die immer offen sind; z.B. Porine
in der äußeren Mitochondrienmembran, durch welche Moleküle bis 5 kDa
frei diffundieren können. Poren ermöglichen den Durchtritt von bis zu
2.109 Teilchen pro Sekunde.
Aquaporine stehen für den Durchtritt von Wasser bereit und werden an verschiedenen Stellen des Körpers bedarfsabhängig exprimiert. Kernporen
ermöglichen den Durchtritt eher kleiner (bis 45 kDa) Moleküle zwischen
Zellplasma und Zellkern, und sind Bestandteil eines komplexen
Schleusensystems. Perforine bilden offene "Löcher" in der Membran von Zellen, die durch Wirkung zytotoxischer T-Lymphozyten angegriffen werden.
Kanäle, die offen oder durch ein "Tor"verschlossen sein können (gated channels), z.B. für Na+, Cl-, K+, Ca++ - ihr Öffnungszustand oszilliert.
Beim Wechsel zwischen geöffnetem und geschlossenem Zustand durchlaufen
Kanäle eine Konformationsänderung; der geöffnete Zustand kann
unterschiedlich lang andauern. Kanäle lassen in geöffnetem Zustand 106 bis 108 Teilchen pro Sekunde hindurchtreten, also um 2-3 Größenordnungen weniger als Poren.
Darüber hinaus verfügen Kanäle über Sensoren, die auf die chemische (extrazelluläre Liganden, intrazelluläre second messenger) oder elektrische Signale (Membranpotential) mit einer Änderung ihrer Öffnungswahrscheinlichkeit reagieren. Schließlich haben Kanäle einen Selektivitätsfilter, der bestimmt, welche Ionen passieren können. Meist sind Kanäle für ein
bestimmtes Ion ziemlich durchgängig ("Kaliumkanal", "Natriumkanal" usw). Dabei beeinflusst das
Aminosäuremuster
der Domänen (Helices), aus denen die Pore aufgebaut ist, deren
Transporteigenschaften (hydrophob vs. hydrophil) und -spezifitäten
(welches Ion wird unter welchen Bedinungen wie stark durchgelassen?).
Carrier
(Transporter), die über ein äußeres und ein inneres Tor verfügen, die
alternartiv geöffnet werden - sie durchlaufen jeweils einen definierten Funktionszyklus. Dadurch ist es möglich, im Rahmen eines
mehrschrittigen Verfahrens Ionen auf einer Seite "einzufangen" und dann
auf der anderen Seite der Membran wieder freizusetzen. Carrier "schaffen" pro Sekunde allerdings nur 200 bis 5.104 Teilchen, um Zehnerpotenzen weniger als Kanäle.
Carrier sind nie durchgängig offen,
ein Tor (das äußere oder das innere) ist immer verschlossen. Einige Carrier ermöglichen Diffusion
kleiner gelöster Stoffe, wie z.B. Glucose (erleichterte Diffusion). Im
Gegensatz zu einfacher Diffusion (deren Intensität linear mit der
Konzentrationsdifferenz des diffundierenden Stoffes ansteigt)
unterliegt der Transport bei erleichterter Diffusion einer Sättigungskinetik (nichtlinear: Mit zunehmender Konzentrationsdifferenz wird die Zunahme der Diffusion immer geringer).
Poren bestehen aus ß-Faltblattstrukturen (sie stehen immer offen); Ionenkanäle (die nur oszillierend öffnen) sind aus helikalen Strukturen aufgebaut, die parallel
zueinander in die Membran "gesteckt" erscheinen. So kann z.B. ein
Kaliumkanal aus vier Untereinheiten aufgebaut sein, die ihrerseits aus 2-6 transmembranalen α-Helices bestehen.
Abbildung: Diffusion, Osmose und passiver Transport
Nach einer Vorlage bei Pearson Education 2010
Links: Einfache passive Diffusion durch eine Zellmembran (Gase, kleine polare Moleküle wie Harnstoff
oder Ethanol). Die Transportrate nimmt (bis zu einer Obergrenze) linear mit der Konzentrationsdifferenz zu.
Mitte: Erleichterte
Diffusion (facilitated diffusion), d.h. durch ein Kanalprotein - spezifisch oder unspezifisch.
Bei sättigbaren Mechanismen ("Carrier", "Pumpe") nimmt die
Transportrate mit zunehmender Konzentrationsdifferenz immer weniger zu (Michaelis-Menten-Kinetik). Erleichterte Diffusion kann auch über Symport (z.B. Na/K/2Cl) oder Antiport (z.B. Cl/Bicarbonat-Austausch) erfolgen.
Rechts: Wasser diffundiert einfach (Osmose = Diffusion des Lösungsmittels) und durch Aquaporine erleichtert
Ionenkanäle erlauben den mehr oder weniger spezifischen Durchtritt von Ionen, der Mechanismus der Selektivität ist nicht
vollständig geklärt ( Abbildung). Ihre Eigenschaften - z.B. die
Beziehung zwischen Spannung und Stromstärke - lassen sich mit der Patch-clamp-Methode
untersuchen, bei der ein Stück Zellmembran mit nur wenigen oder nur einem einzelnen
Ionenkanal an die Spitze einer Mikropipette gebracht und so separiert
studiert werden kann.
Zur Selektivität von Ionenkanälen s. die nächste Abbildung (Beispiel Natrium vs. Kalium)::
Abbildung: Selektive Ionenpermeabilität der Zellmembran
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)
Links oben: Ionen sind in Lösung von einem
Wassermantel umgeben, z.B. lagern sich an Kationen negativ geladene
Sauerstoffpole von H
2O-Molekülen an. Der
entstehende Hydratmantel macht eine Interaktion der Ionen mit
Phospholipiden in der Zellmembran unwahrscheinlich.
Links unten: Natriumionen sind kleiner als Kaliumionen, haben aber
(wegen höherer Feldstärke) einen größeren Hydratmantel. Die engeren
Kaliumkanäle
(effektiver Poren- Innendurchmesser 0,3 nm) lassen Kalium, nicht aber Natrium passieren. Dabei "hüpfen" Kaliumionen
vermutlich paarweise hintereinander, durch Wassermoleküle getrennt,
jeweils im Abstand einer leerbleibenden Bindungsstelle durch den Kanal
(nicht gezeigt)
Rechts:
Natriumkanäle zeigen
selektives Filterverhalten: Vermutlich lagern aktive Stellen in der
Kanalwand (negativ geladene Partien von Aminosäuren) vorübergehend Na
+
und einzelne Wassermoleküle (am Wasserstoffpol) an, der Hydratmantel
"zerreißt" für kurze Zeit (<1 µs), hinter der Engstelle formiert er
sich wieder um das Na
+. Für K
+ (mit seinem größeren Durchmesser) funktioniert das nicht, es bleibt von der Passage (weitgehend) ausgeschlossen
Ionenkanäle können in zwei Zuständen vorliegen,
"geschlossen" oder "offen" (ein dritter Zustand, "inaktiviert",
entspricht permeabilitätsmäßig dem geschlossenen). Das Kippen zwischen
diesen Zuständen erfolgt typischerweise 106 bis 108-mal
pro Sekunde, entsprechend ausgiebig (bis zu 108 Ionen pro Sekunde) kann der Transport ausfallen. Die (über die Zeit
gemittelte) Wahrscheinlichkeit, mit der die "offene" Form vorliegt,
entscheidet über die Permeabilität des Kanals für seine Passagiere (Natriumionen, Kaliumionen etc).
Die Wahrscheinlichkeit des "Offen"-Zustandes von Ionenkanälen kann
beeinflusst werden durch die Anlagerung von Signalstoffen
(interzellulären Mediatoren, wie Hormonen, Transmittern etc) (ligand gated), Änderungen des Membranpotentials (voltage gated), mechanische Kräfte (stretch activated), Temperatur (temperature activated), Status intrazellulärer Speicher (store activated). Obwohl Ionenkanäle relativ hohe Transportwerte ermöglichen, sind sie auch sättigbar in dem Sinne, dass ihre Zahl und Transportrate begrenzt sind.
Bei spannungsabhängigen Ionenkanälen (voltage gated ion channels) bilden positiv geladene Aminosäureketten im Ionenkanal Spannungssensoren,
die ihre Position je nach Membranpotential verändern. Diese
Konformationsschwankungen öffnen bzw. schließen den Ionenkanal.
Unabhängig davon kann ein zusätzlicher Abschnitt des Rezeptorkomplexes von die Innenseite aus die Passage durch den Ionenkanal verschließen (wie ein "Stöpsel" - "ball and chain inactivation", vgl. dort), auch bei ligandenaktivierten Kanälen (ligand gated ion channels); dann
ist der Kanal "inaktiviert" (spannungsabhängige Kanäle) oder
"desensitisiert" (ligandengesteuerte Kanäle) und für Ionen
vorübergehend unpassierbar. Erst die Entfernung des "Stöpsels" aus dem
intrazellulären Kanaleingang macht den Kanal wieder aktivierbar.
Mehrere Isoformen von Ionenkanälen für Natrium, Kalium, Calcium und
Chlorid finden sich in der Membran aller Zellen. Kaliumkanäle weisen
eine besonders große Diversität auf. Spannungsgesteuerte Na+- und Ca++-Kanäle
bestehen aus kanalbildenden und regulatorischen Untereinheiten, sie
ermöglichen Aktionspotentiale bzw. deren Verlängerung, und Calciumeinstrom in Neurone vermittelt deren Transmitterfreigabe. Ligandengesteuerte
Kanäle sind z.B. (exzitatorisch wirkende) cholinerge und glutamaterge,
oder (inhibitorsich wirkende) glycinerge und GABAerge Kanäle.
Kanalproteine sind auch Aquaporine ("Wasserkanäle") sowie junktionale Kanäle in interzellulären Verbindungsstrukturen (gap junctions, wohl auch tight junctions).
Transporter (Carrier), die das zu transportierende Molekül vorübergehend anlagern, um über eine Konformationsänderung seinen Durchtritt
zu ermöglichen, können ~1 bis
10
3
Konformationsänderungen pro Sekunde durchlaufen. Dieser Transport
erfolgt ebenfalls ohne Energieaufwand,
entsprechend dem elektrochemischen bzw. Konzentrationsgradienten des Transportgutes. Der
Mechanismus ist nicht nur sättigbar, er kann auch durch Substrat-Analoge gehemmt
werden (Transportkinetik).
Beispiel: Glucosetransporter (GLUT), ein sogenannter Uniporter-Mechanismus (singulärer Transport eines Substratmoleküls nach seinem Konzentrationsgradienten).
Aktiver Transport (uphill) kann erfolgen
durch direkten Verbrauch (Hydrolyse) von ATP - primär aktiver Transport; Beispiel: Die allgegenwärtige Na/K-Pumpe;
unter Nutzung einer vorher (aktiv) schon aufgebauten
Konzentrationsdifferenz eines Stoffes, der für einen Mittransport (Symport) oder Austausch (Antiport) des zu transportierenden Stoffes durch die Membran genützt wird (sekundär aktiver Transport).
Passiver Transport (downhill)
mit (elektro-) chemischen Gradienten
|
|
Aktiver Transport (uphill)
gegen (elektro-) chemische Gradienten
|
Kanäle
Transporter (Carrier)
erleichterte Diffusion
z.B. Kaliumkanal
Glucosetransporter
|
|
ATPasen
primär aktiv
z.B. Na/K-Pumpe
|
|
Symporter
sekundär aktiv
z.B. Natrium-Glucose-
Cotransporter
|
Antiporter
sekundär aktiv
z.B. Natrium-Calcium-
Austauscher
|
Solche Einteilungen sind bis zu einem gewissen Grad immer willkürlich, denn woher kommt beim "passiven" Transport der
elektrochemische Gradient, der diesen antreibt? Er muss ebenfalls
durch "aktive" Prozesse entstanden sein, z.B. durch
die Tätigkeit von Na/K-ATPasen.
Die
Geschwindigkeit des Austausches von Stoffen über Membranen ist von mehreren Faktoren abhängig, wie
von bestehenden
Konzentrationsdifferenzen;
von elektrischen Ladungen, die sich durch Transportvorgänge aufbauen (
Membranpotential);
von der Zahl verfügbarer Transporter (allfällige
Sättigung
des Transportsystems mit dem "Passagier");
allenfalls von
gleichzeitiger Anwesenheit anderer Komponenten, die um den Transport
über ein und dasselbe System konkurrieren (
Kompetition);
von der Verfügbarkeit des
Energieträgers (wenn der Transport energieverbrauchend ist; meist ATP).
Im folgenden Text werden besprochen:
Transporter, die in anderen Teilen dieser Website besprochen werden:
Aquaporine
Aquaporine sind
Proteine, die Wassermoleküle (und andere ungeladene Moleküle, z.B.
Harnstoff oder Glycerin - daher die gelegentliche Bezeichnung
"Aquaglyzeroporine") durch Zellmembranen treten lassen. Wahrscheinlich beteiligen sie sich auch an der Durchlässigkeit für weitere Moleküle, z.B. CO2 oder Ammoniak. Unterschiedliche Gewebe exprimieren unterschiedliche Aquaporine (AQP0,
AQP1 etc - in der Biologie kennt man mittlerweile über 200 verschiedene
Aquaporine, bei Säugetieren 13) mit unterschiedlichen funktionellen
Eigenschaften.
Aquaporine finden sich überall im Körper. Meist sind es homologe Tetramere
(sie bestehen aus 4 identen Untereinheiten), jede Untereinheit formt
aus jeweils 6 miteinander verbundenen transmembranalen α-Helices
separate Wasserkanäle. Der Gesamtkomplex bildet einen gemeinsamen
größeren Kanal, wahrscheinlich mit speziellen funktionellen
Eigenschaften (wie z.B. CO2-Durchlässigkeit).
Die Regulation ihrer Zahl in der Zellmembran erfolgt (beim Menschen)
zum Großteil durch Verlagerung der Tetramere zwischen intrazellulärer
und externer Membranposition (trafficking).
Wasser kann im Gewebe zwischen (parazellulär, z.B. durch Systeme von Schlussleisten) oder durch
Zellen (transzellulär, insbesondere vermittels Aquaporinen) gelangen. Der
Mechanismus, der das Wasser befördert, kann eine Strömung sein -
konvektiv, entsprechend (hydrostatischen) Druckgradienten, wie bei der kapillären Filtration oder dem Lymphfluss; entsprechend einer Konzentrationsdifferenz (durch
Diffusion oder Osmose) auf
die Seite geringerer Wasserkonzentration.
Die Durchlässigkeit einer Grenzfläche - z.B. Zellmembran, Kapillarwand - gegenüber einer Wasserströmung nennt man ihre hydraulische Leitfähigkeit. Statt der Wasserkonzentration (~56.000 mM)
wird allgemein die Osmolalität angegeben (in den meisten Körperflüssigkeiten
knapp 300 mOsm), die ersterer umgekehrt proportional ist.
Der Durchtritt von Wasser durch die
Zellmembran wird durch Aquaporine
ganz wesentlich erleichtert (H2O
ist ein polares Molekül). Man findet sie vor allem
dort, wo reger Wasseraustausch
stattfindet (Nierentubuli, exokrine Drüsen, Erythrozyten, Kapillarwände,
Lungenalveolen, Gallenblase). Stark belastete Muskelzellen geben Laktat und
Kalium an ihre Umgebung ab, was hier die Osmolalität steigert und
Wasser (durch Aquaporin-1-Kanäle) aus der Blutbahn in das Interstitium
saugt (der aktive Muskel schwillt an).
Abbildung: Aquaporin als "Wasserkanal" in der Zellmembran
Nach einer Vorlage bei nobelprize.org
Gezeigt
ist ein Aquaporin1-Kanal. Die positive Ladung in seiner Mitte verhindert den Durchtritt von H3O+ und damit von Wasserstoffionen
(Sauerstoffatome rot, Wasserstoffatome weiß dargestellt).
Die zentrale Engstelle des "sanduhrförmigen" Kanals (bei AQP1 ~3 nm) ist so beschaffen, dass sie selektiv H2O-Moleküle
durchtreten lässt, wahrscheinlich über Wasserstoffbrückenbindungen zu
speziellen Aminosäuren in der Kanalenge. Die Durchtrittsquote beträgt
z.B. bei AQP1 etwa 109 Moleküle pro Sekunde
Aquaporine erlauben die Passage der Wassermoleküle
in einer Weise, dass bis zur Mitte der Pore das Sauerstoffatom, dann
die Wasserstoffatome "vorwärts" gerichtet sind ( Abbildung).
Protonen werden dadurch an der Passage ausgeschlossen, was für die
Erhaltung der zellulären Homöostase wichtig ist (Protonen "reiten"
gerne auf Wassermolekülen mit - "proton wire").
Orthodoxe Aquaporine (AQP 0, 1, 2, 4, 5, 8) lassen nur Wasser passieren, Aquaglyceroporine (AQP 3, 7, 9) auch u.a. Glycerin und Harnstoff.
Aquaporin 0 in der Augenlinse (auch AQP1 und AQP5)
Aquaporin 1: Erythrozyten sowie die apikale und basale Membran von Zellen im proximalen Tubulus und im absteigenden Schenkel der Henle-Schleife sind konstitutiv (von der Anlage her) mit Aquaporin 1 ausgestattet
Aquaporin 2 (die apikale Membran von Sammelrohrepithelzellen lagert unter der Wirkung von Vasopressin Aquaporin ein)
Aquaporin 3 (basolaterale Membran von Sammelrohrepithelzellen)
Aquaporin 4 (basolaterale Membran von Sammelrohrepithelzellen; beteiligt an der Blut-Hirn-Schranke)
Aquaporin 5 (Azinuszellen der Speicheldrüsen)
Existenz und Struktur der Aquaporine wurde in den 1980er-Jahren durch Forschungen des Teams um Peter Agre ergründet, wofür er 2003 den Nobelpreis für Chemie erhielt.
Das Genom
des Menschen enthält zahlreiche Baupläne für Varianten von
Ionenkanälen: 9 Gene für spannungsgesteuerte Natriumkanäle, 10 Gene für Calciumkanäle, mehr als ein Dutzend Chloridkanäle, 70 für
ligandengesteuerte Kanäle, 80 Gene für Kaliumkanäle. Diese Gene kann
man Genfamilien und Gen-Superfamilien zuordnen, mit ähnlichem Aufbau
und analoger Funktion der Kanäle.
Abbildung: Ionentransportsysteme in Zellmembranen
Nach einer Vorlage in Boron W, Boulpaep E: Medical Physiology, 1st ed., Saunders 2003
Transportsysteme
finden sich in der Plasmamembran sowie der Membran von Zellorganellen.
Sie sind im folgenden Abschnitt beschrieben.
In
der Abbildung sind typische Kanäle / Austauscher / Pumpen nebeneinander
dargestellt. Zellen exprimieren diese je nach Bedarf an bestimmten
Orten,
unterschiedlich z.B. zwischen apikaler und basolateraler Membran sowie
verschiedenen Organellen
Ionenkanäle (Abbildung) haben meist eindeutige Präferenz für ein bestimmtes Ion. Sie können (in)aktiviert werden durch
Bindung von Liganden (ligandengesteuerter Kanal, "ionotroper" Rezeptor) oder durch
Änderung des Membranpotentials
(spannungsgesteuerter Ionenkanal). So fördern z.B. spannungsabhängige
Calciumkanäle (
Voltage dependent calcium channels, VDCC) Einstrom von
Calciumionen in die Zelle.
Freie Calciumionen (Ca++) liegen außerhalb der Zelle (Interstitium, Extrazellulärraum) um >3 Zehnerpotenzen konzentrierter vor als im Zytoplasma
Dieses hohe extra / intrazelluläre Konzentrationsverhältnis bedingt einen intensiven Calciumgradienten in die Zelle (Gleichgewichtspotential ca. +150 mV)
|
Ionenkanäle und damit die Zellfunktion können in vielfacher Weise durch
Medikamente beeinflusst
werden - beispielsweise ligandengesteuerte durch Nikotin (ahmt Acetylcholinwirkung an nikotinergen Rezeptoren nach),
spannungsgesteuerte durch Lidokain (ein Lokalanästhetikum, verhindert
das Entstehen von Aktionspotentialen).
Abbildung: Natrium- und Kalium-Permease ("Kanal")
Nach Bohnen MS et al, Molecular Pathophysiology of Congenital Long QT Syndrome. Physiol Rev 2016; 97: 89-134
Ionenkanäle
erlauben mehr oder weniger selektive Passage von z.B. Natrium- oder
Kaliumionen durch die Zellmembran - entsprechend ihrem
elektrochemischen Gradienten (erleichterte Diffusion). Das Konzentrationsgefälle für Kalium (innen ~150, außen 4-5 mM) und Natrium
(außen 140-145, innen 8-30 mM) wird durch eine ATPase ("Na/K-Pumpe")
hergestellt. Die Zellmembran ist ansonsten für Ionen weitgehend
undurchlässig.
Öffnungswahrscheinlichkeit
und damit Durchlässigkeit der Permeasen hängen von den Begleitumständen
(z.B. Membranpotential) ab
Natriumkanäle funktionieren auf verschiedene Weise:
Spannungsabhängig (Nav, voltage gated sodium channels)
finden sich in der Membran aller Nervenzellen, wo sie insbesondere für
den Aufstrich des Aktionspotentials sorgen - Depolarisation öffnet sie ( s. auch dort). Diese Natriumkanäle sind aus einer α-Untereinheit - einer langen Peptidkette, bestehend aus vier identen (homologen) Domänen ("repeats", genannt α-I bis α-IV) - sowie zwei kleineren ß-Untereinheiten
- diese können die Öffnungswahrscheinlichkeit des Kanals beeinflussen -
zusammengesetzt. Die vier Domänen der α-Untereinheit sind wiederum aus
Segmenten (S1 bis S6) aufgebaut, wobei jeweils die Segmente S4 spannungssensitiv sind. Diese S4-Segmente sind mit einem "Aktivierungstor" (activation gate) assoziiert; ein "Inaktivierungstor" (inactivation gate) - das man sich wie einen beweglichen Verschlussball vorstellen kann ( Abbildung
) - liegt zwischen den Domänen α-III (S6) und α-IV (S1). Der Natriumkanal ist für Na+ gesperrt, wenn entweder das Aktivierungtor oder das Inaktivierungstor (oder beide) geschlossen ist (sind).
Spannungsgesteuerte Natriumkanäle finden sich außer an Neuronen auch in der Membran von Muskel-, Glia- oder Epithelzellen.
Abbildung: Spannungssensitiver Natriumkanal
Nach einer Vorlage bei Hilal-Dandan / Brunton, Goodman
& Gilman's Manual of Pharmacology and Therapeutics, 2nd ed., McGraw
Hill Education 2014
Spannungsgesteuerte Natriumkanäle reagieren
auf den Betrag des Membranpotentials. Sie sind aus jeweils 4 (fast
identen) Domänen aufgebaut (grün). Ist die Membran aufgeladen bzw.
hyperpolarisiert, sind die Natriumkanäle verschlossen und blockieren
den Na+-Einstrom (links). Depolarisierung führt zu einer
Konformationsänderung, der Kanal öffnet und Natrium strömt in die Zelle
(Mitte).
Sehr rasch (~1 ms) kommt es dann zu einer weiteren
Konformationsänderung, und ein (durch die Kugel symbolisierter) Teil
des Porenkomplexes (das Inaktivierungsmotiv: ball and chain model) verschließt den Kanal, der
dadurch in einen dritten, inaktivierten Zustand gerät und den
Natriumeinstrom beendet (rechts).
Erst wenn die Zelle repolarisiert, stellt sich der "geschlossene" - und damit erregbare - Zustand (links) wieder her
Details zum Mechanismus s.
dort
Spannungsgesteuerte Natriumkanäle können in unterschiedlichen Zuständen vorliegen:
Geschlossen / aktivierbar (resting),
dieser Zustand ist bei einem Membranpotential von über -60 mV (Bereich
des Ruhepotentials) der wahrscheinlichste. In dieser Phase ist das
Aktivierungstor geschlossen und das Inaktivierungstor offen; der Kanal
ist geschlossen (reprimed, deactivated)
bei Reduktion des Membranpotentials unter -50 mV (unmittelbar nach einer depolarisierenden Reizung - Erregung der Zelle) öffnet das Aktivierungstor, das Inaktivierungstor vorübergehend ebenfalls, und der Kanal ist geöffnet (open / activated), Na+ strömt in die Zelle ein
Bewegt sich das Membranpotential über die Nulllinie bzw. bleibt die Membran für ~2 ms über -45 mV hinaus depolarisiert, schließt das Inaktivierungstor (bei noch offenem Aktivierungstor) und der Kanal ist inaktiviert
(inactivated)
Wenn die Membran auf über -60 mV repolarisiert, stellt sich wieder der Zustand "geschlossen / aktivierbar"
ein.
Diese
Zustandswechsel können jeweils bidirektional erfolgen; der Übergang von
"geschlossen" zu "geöffnet" erfolgt (bei überschwelliger Reizung)
rasch, derjenige von "geöffnet" zu "inaktiviert" langsam, schließlich
von "inaktiviert" zu "geschlossen" sehr langsam (Refraktilität).
Neurotoxine: Tetrodotoxin
ist ein bakterielles Gift, das von manchen - resistenten - Tierarten
(z.B. Kugelfischen - japanische Delikatesse) in ihrem Körper (beim
Kugelfisch in den Ovarien) konzentriert werden kann. Es blockiert selektiv den spannungsabhängigen Natriumkanal
(nicht andere Ionenkanäle in erregbaren Zellen) und wird daher in der
Forschung verwendet. (Bei mit diesem Gift gelähmten Beutetieren ist die
Generierung von Aktionspotentialen in Nerven- und Muskelzellen
blockiert.) Auch das aus Muscheln stammende Saxitoxin blockiert den spannungsabhängigen Natriumkanal.
Das Froschalkaloid Batrachotoxin wirkt ebenfalls lähmend, aber indem es selektiv den spannungsabhängigen Natriumkanal dauerhaft offenhält.
Ligandengesteuerte (ligand gated)
Natriumkanäle - z.B. an der motorischen Endplatte; ihre Öffnungswahrscheinlichkeit
hängt von der Bindung eines Transmitters (wie Acetylcholin) an den
Rezeptor ab
Manche Ionenkanäle sind speziell auf bestimmten Zellen zu finden, z.B. der epitheliale Natriumkanal (ENaC; Abbildung) in der Apikalmembran polarer Epithelzellen in
Niere,
Lunge,
Harnblase,
Colon,
Speichel- und
Schweißdrüsen,
Geschmacksrezeptoren (Salzgeschmack).
Abbildung: Regulation eines epithelialen Natriumkanals (ENaC)
ENaCs bestehen aus α,
β und γ-Untereinheiten; jeweils mit zwei membrandurchspannenden
Domänen (rot, grün, blau). Sowohl die N- als auch die C-Enden liegen intrazellulär.
Die
Regulation erfolgt über externe (Hormonwirkung, Scherkräfte,
proteolytische Spaltung) und interne Faktoren (Natriumionen,
Ubiquitinierung, Kinasen u.a.).
AMP, Adenosinmonophosphat Thr: Aminosäuren (Serin, Threonin) P = Phosphat Ubiquitine
(Ub) sind kleine Proteine, das an andere Proteine reversibel binden und
deren Eigenschaften (Funktion, Lebenszeit, Verteilung) verändern
ENaC sind am Transport von
Natriumionen (zusammen mit der Na-K-Pumpe) beteiligt; durch ihren
Einfluss auf die Natriumresorption in Niere und Darm sind sie wichtig
für die Aufrechterhaltung der Na+- und K+-Konzentration in Blut und Gewebe.
Expression und Aktivität der ENaC werden durch
Aldosteron
beeinflusst und können pharmazeutisch blockiert werden (z.B.
Amilorid,
ein kaliumsparendes Diuretikum; ENaCs bezeichnet man daher als
amiloridempfindlich).
mechanosensitiv (stretch gated)
- solche Ionenkanäle erhöhen ihre Permeabilität bei Dehnung der Membran, z.B. in Sensoren der
Oberflächensensitivität, und sind auch für andere Kationen (Kalium, Calcium) permeabel
ASICs (acid-sensing ion channels) sind Natriumkanäle an Nervenzellen, deren Durchlässigkeit durch extrazelluläres H
+ ansteigt
.
Die so bewirkte Depolarisation triggert Sekundäraktivitäten wie
Phosphorylierungen oder Schmerzimpulse und können spannungsabhängige
Calciumkanäle (
Voltage-dependent calcium channels, VDCCs) aktivieren.
Kaliumkanäle - codiert von ~80 verschiedenen Genen für porenbildende Untereinheiten (>60) und ~20 Hilfseinheiten - gehören zur größten Familie
der spannungsgesteuerten Ionenkanäle in der Zellmembran. Man
unterscheidet mehrere Gruppen, je nach ihrer funktionellen
Charakteristik: Spannungsgesteuerte, "einwärtsgerichtete" und
zweiporige Kaliumkanäle.
Kaliumkanäle
bestehen aus Untereinheiten (links und Mitte), die aus transmembranalen
(helikalen) Sequenzen (zylinderförmig dargestellt) und
dazwischen liegenden Aminosäureschleifen (dunkelblau) bestehen. “Inwardly rectifying“ Kaliumkanäle Kir haben je Untereinheit 2 (links), spannungsgesteuerte (voltage gated) Kaliumkanäle Kv je
Untereinheit 6 α-Helices (Mitte).
Die Untereinheiten sind jeweils zu Vierergruppen zu
einem Kanalkomplex angeordnet (rechts, Ansicht auf die Membran). S4- Aminosäureschleifen fungieren als Spannungsdetektoren
Spannungsgesteuerte Kaliumkanäle Kv (voltage gated, Abbildung) bestehen aus vier α-Untereinheiten - der Kanal hat eine tetramere Struktur um die Ionenpore - mit
jeweils 6 transmembranalen Helices (Segmente S1 bis S6), das positiv
geladene S4-Segment dient jeweils als Spannungssensor (wie bei
spannungsabhängigen Natriumkanälen, s. oben). Beim Menschen gibt es 40 verschiedene Typen von α-Untereinheiten, die in 12 Klassen eingeteilt werden.
Diese Kaliumkanäle bewirken Repolarisierung (outward-rectifyer K channels) und
begrenzen die maximale Entladungsfrequenz ihrer Zellen. Ihre
Öffnungswahrscheinlichkeit steigt, wenn die Membran depolarisiert ist. Sie
können rasch aktiviert werden und das
Aktionspotential kurz halten (Nervenfasern, Muskelfasern) oder dies
langsam tun und lange Aktionspotentiale bewirken (Herzmuskel). Solche
Eigenschaften werden durch auxiliäre ß-Untereinheiten beeinflusst, die
oft zusätzlich zu den porenbildenden α-Untereinheiten vorhanden sind.
ROMK (Renal Outer Medullary Potassium channel) in der luminalen (apikalen) Membran von Tubulus- und Sammelrohrzellen der Niere spielen für die Ausscheidung von Kalium eine tragende Rolle.
"Einwärtsgerichtete" Kaliumkanäle Kir (inwardly rectifying, anomalous rectifier) haben 2 transmembranale
Helices und eine porenbildende Aminosäureschleife. Sie lassen
Kaliumionen leichter in die Zelle als aus ihr heraus diffundieren
(daher die Bezeichnung - auch wenn der Kaliumstrom meist aus der Zelle, nicht in sie hinein erfolgt). Sie sind durch Interaktion mit G-Proteinen reguliert (GIRK: G protein-coupled inward-rectifyer potassium channel) und vermitteln inhibitorische Effekte zahlreicher Liganden, die über GPC-Rezeptoren wirken - z.B. an Kardiomyozyten. Depolarisierung reduziert die Öffnungswahrscheinlichkeit dieser Kanäle (durch Anlagerung von Mg++ oder Polyaminen an der Kanalinnenseite).
Zu dieser Gruppe gehören auch ATP-sensitive Kanäle KATP, vorwiegend in der Zellmembran, aber auch in Sarkolemm (sarcKATP), Mitochiondrien- (mitoKATP) oder Kernmembran (nucKATP),
werden von intrazellulären Nukleotiden (ATP, ADP) reguliert. Man findet
sie in quergestreifter Muskulatur, Neuronen, pankreatischen ß-Zellen,
renalen Tubuluszellen.
Zweiporige Kaliumkanäle (two-pore / tandem pore domain channels) haben 4 transmembranale Helices und zwei porenbildende Schleifen. Sie wirken als outward-rectifyer K channels
und daher repolarisierend (erregungshemmend) auf die Zellmembran. Es
existieren zahlreiche Untergruppen (TWIK, TREK, TWAAK etc). Einige
stehen meist offen und tragen zur Aufladung der Zelle bei, die meisten
sind nicht spannungsempfindlich.
Calciumaktivierte Kaliumkanäle (KCa channels) reagieren auf steigende zytoplasmatische Calciumkonzentration, öffnen bei Bindung von Ca++, z.B. im Herzmuskel, an Gefäßen, Leberzellen oder im Innenohr. Sie finden sich in mehreren (beim Menschen mindestens 8) Varianten, z.B.
SK-Kanäle SKCa (small conductance calcium-activated potassium channels) sind (im Gegensatz zu den anschließend genannten) nicht spannungsempfindlich - sie öffnen nur bei Erhöhung der intrazellulären [Ca++]
BK-Kanäle BKCa (big conductance potassium channels) beteiligen sich an der Regulierung von Neuronenaktivität und Transmitterfreisetzung
IK-Kanäle IKCa (intermediate conductance potassium channels) finden sich in zahlreichen Geweben, wo sie spezifische Funktionen ausüben.
Die Subtypen sind pharmakologisch unterschiedlich ansprechbar.
Hypoxieempfindliche Kaliumkanäle befinden sich in Chemorezeptorzellen, sie zeigen bei sinkendem pO2 reduzierte Öffnungswahrscheinlichkeit, der Kaliumausstrom nimmt ab, die Zelle depolarisiert.
CNG-Kanäle
(CNGC, Cyclic nucleotide-gated ion channels) sind komplex aufgebaute,
nichtselektive Kationenkanäle,
die auf die Bindung
zyklischer Nukleotide (cGMP, cAMP) mit Öffnung
reagieren. Sie
lassen Kationen (rot) durch die
Zellmembran treten und wirken de- oder auch hyperpolarisierend.
Abbildung: CNG-Kanal (CNGC)
Nach Podda MV, Grassi C: New perspectives in cyclic
nucleotide-mediated functions in the CNS: the emerging role of cyclic
nucleotide-gated (NGC) channels. Eur J Physiol 2014; 466: 1241-57
Adenylylcyclase (Adenylatzyklase - angeregt durch von
GPCRs freigesetzte stimulierende G-Proteine, Gs) macht aus ATP
cAMP, Guanylatzyklase aus GTP
cGMP. Beide second messenger haben Wirkungen auf Ionenkanäle (
HCN,
Kir) und Proteinkinasen (
PKA, PKG) und binden auch an CNG-Kanäle, die (dem Spannungsgradienten folgend) Kationen in die Zelle diffundieren lassen.
Epac =
exchange protein, activated by cAMP (ein multifunktionales Protein), NO =
Stickstoffmonoxid, sGC = lösliche Guanylatzyklase
C
NG-Kanäle sind komplex aufgebaut, bestehen aus verschiedenen Domänen und Untereinheiten. Hauptsächlich dienen sie der Reiztransduktion in Sinnerorganen - Photorezeptoren in der Netzhaut, olfaktorischer Rezeptoren (Geruchssinn). Man findet sie auch in Herzmuskel-,
Nierenepithel-, Gonaden- und Nervenzellen;
ihre Struktur bestimmt ihre Funktion (z.B. Gonadotropinsekretion,
Elektrolyt- und Flüssigkeitstransport in Nierentubuli, Chemotaxis und
akrosomale Reaktion von Spermien).
HCN-Kanäle (Hyperpolarization-activated cyclic nucleotide-gated cation channels) sind Ionenkanäle, die je nach Lage des entsprechenden
Gleichgewichtspotentials Kationen (Na+, K+)
durch
die Zellmembran strömen lassen. Sie werden durch Hyperpolarisierung
und/oder zyklische Nukleotide geöffnet und schließen bei
Depolarisierung der Membran. Man zählt sie zur Superfamilie
spannungsgesteuerter Kalium- (Kv) und zyklische-Nukleotid-gesteuerter (CNG) Kanäle.
Wie der Name schon andeutet, haben HCN-Kanäle die unübliche Eigenschaft, durch Hyperpolarisierung
aktiviert zu werden (daher nennt man den Ionenstrom durch diese Kanäle
- Natrium und Kalium - "funny" current If).
Bei einem Membranpotential nahe dem Ruhepotential sind sie geöffnet. Es
gibt sie in verschiedenen Ausführungen: HCN1 (schnellere Aktivierung,
weniger sensitiv gegenüber cAMP) bis HCN4 (langsamere Aktivierung, hohe
Empfindlichkeit gegenüber cAMP). Sie spielen eine Schlüsselrolle
bei der Beeinflussung der Erregbarkeit von Nerven- und Herzmuskelzellen ("Schrittmacherkanäle", "pacemaker channels").
Im Sinusknoten des Herzens beteiligen sie sich an dessen rhythmusgenerierenden Funktion; die führende Isoform ist HCN4. Die Beeinflussung erfolgt (agonistisch) durch cAMP und cCMP (zyklisches Cytidin-Monophosphat).
Neuronen im Zentralnervensystem
exprimieren alle Isoformen des HCN-Kanals und beteiligen sich an
verschiedenen Funktionen (Hinterhorn, Atemzentrum, Basalganglien,
Hippocampus, Großhirnrinde).
Freie Calciumionen können die Zellmembran über vier Wege passieren und in das Zytoplasma eindringen (wo ihre Konzentration um Zehnerpotenzen niedriger als im Extrazellulärraum ist):
Spannungsgesteuerte (voltage-gated) Ca++-Kanäle, die im Prinzip wie spannungsgesteuerte Natriumkanäle aufgebaut sind - aus einer langen Peptidkette (α1-Untereinheit), bestehend aus vier homologen repeat-Domänen,
jede mit 6 transmembranalen Sequenzen (das Segment S4 ist jeweils
potentialsensitiv) und einer porenbildenden Aminosäurenschleife. Beim Menschen kennt man 10 verschiedene Gene, die Isoformen der α1-Untereinheit codieren. Zusätzliche Untereinheiten (α2, β, γ, δ) verleihem dem Kanal spezielle Eigenschaften
Ligandenaktivierte (ligand-gated) Ca++-Kanäle
Speicherabhängige (SOCs, storage-operated) Ca++-Kanäle
Über Austausch mit Natrium (NCX: Na/Ca-Austauscher) funktionierende.
In der Zelle übernehmen sie eine breite Palette von Funktionen, z.B.
elektromechanische (Kontraktion) und elektrosekretorische Koppelung
(Flüssigkeitsabsonderung), Signaltransduktion (Wirkung von Hormonen,
Transmittern, Wachstumsfaktoren, Zytokinen..).
Abbildung: Mechanismus des speicherbetriebenen Calciumeinstroms
Nach Prakriya M, Lewis RS, Store-Operated Calcium Channels. Physiol Rev 2015; 95: 1383-436
Kommt
es zu einer Entleerung der Calciumspeicher aus dem endoplasmatischen
Retikulum, lagern sich Orai1- und Stim1-Moleküle in der Zellmembran
bzw. der Wand des endoplasmatischen Retikulums clusterförmig aneinander
(mittleres Bild). Daraufhin öffnen sich Oari1-Kanäle und lassen Ca++ in die Zelle strömen (unteres Bild)
Speicherbetriebene Calciumkanäle (Store-operated calcium channels, SOCs
- Abbildung) öffnen - unabhängig vom Membranpotential - bei
Erschöpfung intrazellulärer Calciumspeicher und sind dadurch eine
wichtige Ca++-Quelle sowohl in erregbaren als auch nicht-erregbaren Zellen.
Während Ca++-Freisetzung aus dem endoplasmatischen Retikulum
aufgrund dessen begrenzter Speicherkapazität nur einen kurzzeitigen
Effekt aufweist, hält die Aktivierung speicherbetriebener Calciumkanäle
lang an (Minuten bis
Stunden). Vorgänge wie Sekretion, Gentranskription und Enzymaktivität
können so nachhaltig unterstützt werden.
Eine eigene Gruppe (mit keiner anderen Ionenkanalgruppe homolog) sind die Orai1 (Calcium release-activated calcium channel protein 1) der Zellmembran, die durch Entleerung intrazellulärer Ca++-Speicher angeregt werden. Sie können durch direkte Interaktion mit Stim1 aktiviert werden ( Abbildung).
Stim1 (Stromal interaction molecule 1) ist ein Calciumsensor
des endoplasmatischen Retikulums (EPR). Dieses Protein ist direkt mit
dem Kanalprotein Orai1der Zellmembran verknüpft ( Abbildung). Sinkt
der Calciumspeicher im endoplasmatischen Retikulum, akkumulieren die
Stim1-Moleküle an den Kontaktstellen zwischen Zell- und EPR-Membran,
"fangen" Orai1-Kanäle ein und regen sie zur Calciumpassage an.
Dieser Mechanismus des Nachschubs notwendigen Calciums in das endoplasmatische (sarkoplasmatische) Retikulum wird als speicherbetriebener Calciumeinstrom (SOCE: store-operated calcium entry) bezeichnet.
Mitochondriale Calcium-Uniporter (MCU) ermöglichen Mitochondrien die Aufnahme von Ca++,
abhängig von der zytoplasmatischen Calciumkonzentration und dem
Potential der inneren Mitochondrienmembran (das intramitochondriale Potential ist stark negativ wegen der Extrusion von H+). Dadurch reichert sich hier Ca++ an, und ein [Ca++] von 5-10 µM ist nötig, um Calciumionen weiter einströmen zu lassen. Das gelingt durch enge Nachbarschaft zum endoplasmatischen Retikulum (IP3-getriggerte
Kontaktstellen). Bei ATP-Mangel (Hypoxie) kann die Negativität des
mitochondrialen Spaltraums nicht weiter aufrecht erhalten werden,
Calciumionen gelangen aus dem mitochondrialen Speicher in das
Zytoplasma.
In Folgenden eine Übersicht spannungsabhängiger und ligandenaktivierter Ca++-Kanäle:
Spannungsgesteuerte Ca++-Kanäle
(Voltage dependent Calcium channels VDCC)
|
Typ
|
erforderliche Spannung
|
Vorkommen / Funktion
|
L-Typ Ca++-Kanal
(Long-lasting)
|
hoch
(HVA = high voltage activated)
|
Herzmuskel, Skelettmuskel, glatter Muskel, Osteoblasten, Dendriten / Spines
Kontraktion / neuronale Aktivität
|
P-Typ Ca++-Kanal
(Purkinje)
|
hoch
|
Purkinje-Zellen, Körnerzellen (Kleinhirnrinde)
Transmitterfreisetzung
|
N-Typ Ca++-Kanal
(Neural)
|
hoch
|
gesamtes Nervensystem
Transmitterfreisetzung
|
R-Typ Ca++-Kanal
(Residual)
|
mittel
|
Körnerzellen (Kleinhirnrinde)
Steuerung der Aktivität (firing patterns)
|
T-Typ Ca++-Kanal
(Transient)
|
niedrig
|
Schrittmacherzellen, Osteozyten, Thalamusneurone
Steuerung der Aktivität (firing patterns)
|
Ligandenaktivierte Ca++-Kanäle |
|
aktiviert durch
|
Lage
|
Funktion
|
IP3-Rezeptor
|
IP3
|
endo- / sarkoplasmatisches Retikulum (ER/SR)
|
IP3-induzierte Ca++-Freisetzung aus ER/SR
|
Ryanodin-Rezeptor
|
Dihydropyridin-Rezeptoren in T-Tubuli / intrazellulärer Ca++-Anstieg (CICR)
|
ER/SR |
Ca++-induzierte Ca++-Freisetzung in Muskelzellen (CICR)
|
Zweiporenkanal
|
NADDP Nicotinsäure-adenin-
dinukleotid-phosphat
|
endo- / lysosomale Membran
|
NADDP-induzierter Ca++-Transport über Membran von Endo- / Lysosomen
|
Kationenkanal in Spermien
|
Ca++ (CICR)
|
Spermien (Flagella)
|
Ca++-aktivierte Orientierung von Spermien
|
SOCs
|
Ca++-Entspeicherung |
Plasmamembran
|
Ca++-Signal an Zytoplasma
|
Die
Klassifizierung erfolgt nach elektrophysiologischen (Schwellenspannung)
und pharmakologischen Gesichtspunkten (z.B. Calciumblocker).
Spannungsgesteuerte Ca++-Kanäle sind auch durchgängig für Natriumionen ("Ca/Na-Kanäle"), wenn auch um drei Zehnerpotenzen geringer (der chemische Ca++-Gradient über die Zellmembran ist andererseits um mindestens zwei Zehnerpotenzen größer als der Na+-Gradient). Calciumkanäle können unterschiedliche Eigenschaften und Funktionen haben
, zum Beispiel
Mechanosensible Calciumkanäle bewirken z.B. den
Bayliss-Effekt
Ca++-ATPasen befördern - primär aktiv, also unter Energieverbrauch - Calciumionen aus dem Zytoplasma - Plasmamembran Ca++-ATPase (PMCA) pumpt Calcium aus der Zelle, Sarkoplasmatisches-Retikulum-Ca++-ATPase (SERCA) in das endoplasmatische Retikulum
TRPV6 (ein transient receptor potential cation channel) ist vor allem für die Calciumresorption aus dem Darm erforderlich und wird auch als Epithelialer Calciumkanal ECaC (epithelial calcium channel) bezeichnet. Über
TRP-Kanäle s.
dort
Über
spannungsgesteuerte L-Typ) Calciumkanäle (zu denen der
Ryanodinrezeptor gehört) s.
dort
Über den
calciumsensitiven Rezeptor (CaSR) s.
dort
Chloridkanäle (ClC, Chloride channels) stellen eine Superfamilie von Ionenkanälen dar, die mehr oder weniger
spezifisch für Chlorid sind und spannungs- (Ruhepotential, Zellvolumen)
oder linagnengesteuert funktionieren. Sie spielen eine Rolle für die
Volumenregulation der Zellen, Stabilität des pH-Wertes, den Transport
organischer Stoffe, sowie für Bewegung, Wachstum und Differenzierung.
Chloridkanäle finden sich z.B. im Zusammenhang mit Rezeptoren inhibitorischer Neurotransmitter (GABA, Glyzin), in der Lunge, in Nierentubuli, in Speicheldrüsen und Pankreas, in Gallengängen, im Magen (Belegzellen), im Darm. Chloridkanäle stabilisieren auch das Membranpotential in Skelettmuskelzellen.
Man kennt nach Aufbau (nur teilweise bekannt) und Funktion verschiedene Gruppen von Chloridkanälen:
Spannungsgesteuerte (voltage-gated) Chloridkanäle
stabilisieren Ruhepotential (Ausgleich des Chloridstroms, der während
des Aktionspotentials erfolgt) und Zellvolumen. Der Ionenkanal kann
zwischen 1 und 12 membrandurchspannende Segmente enthalten und außer
Chlorid auch den Durchtritt weiterer Anionen (z.B. Bicarbonat, Nitrat)
erlauben.
Abbildung: Ca++-gesteuerter Chloridkanal
Nach Whorton M. Structural biology: Calcium-activated proteins visualized. Nature 2014; 516: 176-8
Bestrophin 1, ein Calcium-gesteuerter Chloridkanal in der Netzhaut, der volumenregulatorisch wirken kann: Bindung von Calciumionen öffnet die Pore für Chloridionen unabhängig vom Membranpotential.
Die
Ladungsverteilung innerhalb des Kanals unterstützt dessen Selektivität
Epitheliale Chloridkanäle werden als Epithelial Chloride Channel (E-ClC) bezeichnet. Der Mensch verfügt über neun Isoformen (ClC1 bis ClC9), die
unterschiedlich exprimiert werden - teils in der Zellmembran, teils intrazellulär (Chloride Intracellular Ion Channels, CLICs).
Es gibt volumensensitive Anionenkanäle (VRAC: Volume-regulated anion channels),
sie regulieren das Zellvolumen, indem sie Chlorid- und andere Anionen
(Glutamat, Taurin) durch die Zellmembran passieren lassen. Ihre
Funktion besteht in der Beeinflussung des Zellvolumens im Rahmen von
Endo- und Exozytose, Wachstum, Fortbewegung und Apoptose.
Abbildung: CFTR-Chloridkanal
Nach einer Vorlage in Butler / Brown / Stephenson /
Speakman, Animal physiology - An environmental perspective. Oxford
University Press 2021
Der Kanal bildet aus 12 transmembranalen
Helices zwei transmembranale Domänen (TMD1 und TMD2). Intrazellulär
liegen zwei nukelotidbindende Domänen (NBD1 - diese bindet ATP - und
NBD2). Eine regulatorische Domäne (R) steuert Phosphoryliserungsorte
(P). Der Öffnungszustand des Kanals hängt von der Phosphorylierung der
NBDs ab - die genaue Natur der Konformationsänderungen wird noch
untersucht
Der Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR) an Epithelzellen ( Abbildung) ist cAMP-reguliert und wird auch zu den ATP-bindenden ABC-Transportern
gezählt; er reguliert den transmembranalen Salztransport (Chlorid
gelangt durch den CFTR aus der Zelle, Wasser folgt osmotisch nach). Er
kann neben Chlorid auch andere Anionen transportieren, wie Bicarbonat
(über einen CFTR verlässt Bicarbonat Ausführungsgangs-Epithelzellen von
Speicheldrüsen Richtung Lumen).
CFTR ist ein Schlüsselmolekül für den Chloridtransport. Man findet ihn
u.a. in Epithelien der Luftwege (Bildung von Bronchialsekret), des
Colons (Resorption von Flüssigkeit), des exokrinen Pankreas
(Sekretion). Ob CFTR der Resorption oder Sekretion von Flüssigkeit
dient, hängt von seiner Positionierung in der Zellmembran (apikal / basolateral) ab.
Genmutationen am CFTR-Kanal können zum Krankheitsbild der zystischen Fibrose (Mukoviszidose) führen.
Solute Carrier, Organische Ionen-Transporter OAT, OCT
SLC-Transporter (solute carrier) ist ein Sammelbegriff für etwa 50 Familien von
Transportproteinen, die an die 400 SLC-Gene des menschlichen Erbguts
repräsentieren. Transportgut können dabei Ionen (Ionenkanäle) oder
organische Moleküle (organische Kationen-Transporter OCT, organische
Anionen-Transporter OAT) sein.
Abbildung: SLC-Transporter eines T-Lymphozyten
Nach Chen R, Chen L, Solute carrier transporters:
emerging central players in tumor immunotherapy. Trends Cell Biol 2022;
32: 186-201
Das Beispiel zeigt eine Vielzahl organischer Transportermoleküle (für
Glucose, Lactat, Aminosäuren und deren Derivate, Creatin, GABA)
und ihre Involvierung in Zellstoffwechsel, Transkription / Translation
und Immunantworten eines weißen Blutkörperchens (Lymphozyt).
Ag = Antigen CPT1 = Carnitin Palmitoyltransferase, ein membranständiges Enzym FA = Fettsäure Kyn = Kynurenin (aus dem Tryptophanabbau) TCR = T-Zell-Rezeptor
OATs, organische Anionentransporter. Diese SLC-Proteine befördern organische Anionen im Austausch gegen eine Dicarbonsäure (wie z.B. Glutarsäure) in die Zelle. Das funktioniert, solange die
Zelle über einen entsprechenden "Vorrat" an (endogenen) Dicarbonsäuren verfügt -
daher gibt es Membransysteme, die Dicarbonsäure im Austausch gegen Na+ wieder in die Zelle bringen. OATs finden sich u.a. im Gehirn, den Nieren, Augen, glatter Muskulatur oder in der Plazenta.
OCTs,
organische
Kationen
transporter (SLC-Unterfamilie 22). Sie transportieren u.a. biogene Amine und Harnsäure.
Organische Ionentransporter finden sich z.B. in den
Nierentubuli. Ihre Membranstrukturen ermöglichen den Durchtritt wenig lipophiler (d.h. polarer, wasserlöslicher)
Moleküle;
"Ionenkanäle" erlauben den (zum Teil selektiven) Durchtritt von Ionen (Na
+, K
+,
Ca++, Cl
--Kanäle, etc.).
Für die
Aufnahme von Aminosäuren über die Zellmembran
stehen
14 unterschiedliche
Transportsysteme zur
Verfügung; diese befördern eine oder meist mehrere Arten von
Aminosäuren - teilweise natriumabhängig (
s.
dort).
Ist eines dieser Systeme
beschädigt, resultiert eine Aminosäuretransportstörung, die betreffenden Aminosäuren werden z.B. in Niere oder Darm nicht ausreichend resorbiert; Folge sind Mangelerkrankungen
(Cystinurie, Glycinurie, Hartnup-Krankheit).
Energieverbrauchende Transporter (ATPasen)
Eine Reihe von Transportern verbrauchen
direkt Stoffwechselenergie, um einen bestimmten Transportvorgang gegen
ein thermodynamisches bzw. elektrochemisches Gefälle zu ermöglichen.
Prototypisch ist der ATP-betriebene Austausch von Natrium gegen Kalium
(Na/K-Pumpe,
Na+-K+-induzierbare ATPase).
Diese Enzyme bestehen aus mehreren Untereinheiten, die einerseits die korrekte
Lokalisierung in der Membran steuern, andererseits ATPase-Aktivität
aufweisen. Sie transportieren Stoffe
durch Membranen aus dem, oder in das, jeweilige zelluläre Kompartiment spezifisch und
energieverbrauchend (
ATP). Kinetik und Gewebeverteilung hängen von den jeweiligen Isoformen der Transporterelemente ab.
Während Ionenkanäle typischerweise 10
7 bis 10
8
Ionen pro Sekunde passieren lassen, ist die Transportrate bei ATPasen
wegen der komplexeren Funktionsweise (Konformationsänderungen,
alternierendes Öffnen und Schließen eines äußeren und eines inneren
"Schleusentors", Bewegung der Ionen in unterschiedliche Richtungen)
mindestens um einen Faktor 10
4 langsamer.
ATPasen teilt man ein in
P-Typ ATPasen: Na/K-Pumpe, Calciumpumpen, Protonenpumpen ("P-Typ" wegen
F-Typ ATPasen: Mitochondrielle ATP-Synthase
V-Typ ATPasen: Vakuoläre ATPase
ABC Transporter
P-Typ ATPasen
Dieser ATPase-Typ ist nach der Fähigkeit zur Autophosphorylierung - Übertragung von Phosphorylgruppen (–PO
32-) aus ATP - bezeichnet worden. Sie werden nach ihren beiden Konformationen auch als
E1-E2-ATPasen bezeichnet (
Zustand "E1" nach innen, Zustand "E2" nach außen geöffnet) und finden sich überall in der Biosphäre. Zu ihnen gehören die Na
+/K
+-ATPase, die H
+/K
+-ATPase und die Ca
++-ATPase.
Die Natrium-Kalium-Pumpe (Na+-K+-induzierbare
ATPase, Abbildung) fördert unter Energieverbrauch (ATP → ADP +
Phosphat) 3 Natrium- (nach außen) gegen 2 Kaliumionen (nach innen). Das
heißt, die Pumpe arbeitet nicht elektroneutral, sondern es überwiegt
der Transport von Kationen nach außen.
Abbildung: Na+-K+-induzierbare ATPase (Natrium-Kalium-Pumpe)
Nach Crepalde MA, Faria-Campos AC, Campos FVA. Modeling and analysis of cell membrane systems with probabilistic model checking. Genomics 2011; 12: S14
Schematische Darstellung. Diese
ATPase befördert pro Zustandszyklus zwei Kaliumionen in die Zelle und
drei Natriumionen aus ihr heraus. Den Zustandswechsel kann man sich aus
sechs Phasen bestehend vorstellen:
A: Nach innen offen (Zustand E1). ATP bindet an das Enzym, drei aus dem Zytosol stammende Natriumionen haben sich an die Kanalwand eingelagert.
B: Diese Konstellation regt die ATP-Hydrolyse an (roter Blitz zwischen dem ersten und dem zweiten Phosphat, Energie wird für die Konformationsänderung der Na/K-Pumpe
gewonnen), der Kanal ist vorübergehend phosphoryliert.
C: Zustand E2: Nach außen offen. Die Natriumionen koppeln ab und diffundieren in den Extrazellulärraum, die Na/K-Pumpe erlangt hohe Affinität für Kaliumionen.
D bis F:
Zwei Kaliumionen aus dem Extrazellulärraum binden an den Kanal, von dem
Phosphat abdissoziiert. Die Konformation wechselt auf "nach innen
offen", Kaliumionen koppeln ab und diffundieren in die Zelle. Der
Kanal lagert Natriumionen aus dem Intrazellulärraum ein und bindet neues ATP, der
Zustand A ist wieder hergestellt, der Zyklus beginnt von neuem
Die Na/K-Pumpe hat 10 transmembranale Segmente und besteht aus einer
mit einem intrazellulär liegenden Anteil versehenen α- ("Motor" des Moleküls mit einer Nukleotiddomäne zur
ATP-Bindung, einer Phosphorylierungs- und einer dephosphorylierenden
Aktuator-Domäne) und einer separaten, zu einem beträchtlichen Anteil extrazellulär liegenden
β-Untereinheit (kümmert sich um richtige Einlagerung und Faltung der
α-Untereinheit). Die α-Untereinheit erscheint im transmembranalen Abschnitt wie in die ß-Untereinheit "gesteckt".
α- und
β-Untereinheiten kommen in mehreren Isoformen vor, je nach Gewebe
unterschiedlich exprimiert und mit verschiedenen kinetischen
Eigenschaften.
Die Na/K-Pumpe ist das erste Enzym, von dem nachgewiesen wurde, dass es Ionen transportiert (Nobelpreis an Jens Skou
1997).
In den meisten Epithelzellen sind die Na/K-Pumpen auf die
basolaterale Membran
beschränkt - die apikale Membran übt ihre Transport- und
Austauschfunktionen unter Nutzung vorhandener Konzentrationsdifferenzen
aus, ohne dass sie Na/K-Pumpen dazu einlagern müsste.
Genaueres zur
Funktionsweise der Na/K-ATPase s.
dort
Die höhere intrazelluläre Konzentration nicht-permeabler Anionen (Proteine) lockt
Kationen in die Zelle (was die intrazelluläre
Osmolalität
steigern würde); Anionen wandern
hingegen aus der Zelle. Die ungleiche
Ionenverteilung führt zu einem
Gibbs-Donnan-Potential , welches das Membranpüotential um 1-2 mV erhöht.
Der
Gibbs-Donnan-Effekt
beruht auf dem Umstand, dass die Zelle eine hohe Konzentration
vorwiegend negativ geladener Proteine aufweist. Diese können die Zelle
wegen ihrer Größe nicht verlassen. Das erzeugt einerseits einen
kolloidosmotischen
Effekt (Wasser strömt in die Zelle), andererseits einen elektrischen,
der den Eintritt von Kationen (+) in die Zelle begünstigt.
Die Aktivität der Na/K-Pumpe wirkt einem Anschwellen der Zelle (das aus
unbalanciertem Einströmen von Wasser und Kationen resultieren würde)
entgegen - sie befördert mehr Kationen aus der Zelle (3 Na
+) als in sie hinein (2 K
+).
Die Na/K-ATPase befördert Kaliumionen in die Zelle
Ausfall ATP-betriebener Transporter wie der Na/K-Pumpe führt zu Anreicherung von Kationen in der Zelle und osmotischen Wassereinstrom
|
Ca++-ATPasen:
Calciumexportpumpen (
plasma membrane calcium ATPases,
PMCAs) finden sich in der
Zellmembran so gut wie aller Zellen. Sie sind ebenfalls ATP-betrieben und bringen
Ca++
aus der Zelle, jeweils ein Ion im Austausch gegen ein oder mehrere Proton(en). Sie haben
hohe Affinität (0.2–0.5 μM) und sind dadurch in der Lage,
Calcium aus
der Zelle über ein Konzentrationsgefälle von mindestens zwei
Zehnerpotenzen (!) in den Extrazellulärraum ([Ca
++] >1mM) zu transportieren.
Die physiologische Bedeutung dieser Pumpen ist aus mehreren Erkrankungen
ersichtlich, die auf PMCA-Defeken beruhen (Ataxie, Taubheit, Autismus,
Bluthochdruck, Präeklampsie, koronare Herzkrankheit, Myokardinfarkt
u.a.).
Zelluläre Speicherung: Calciumpumpen stellen auch innerhalb der Zelle Ca
++-Konzentrationsgradienten her.
Die Aufnahme freier Ca++-Ionen aus dem Zytoplasma in das endoplasmatische Retikulum - speziell das sarkoplasmatische Retikulum verschiedenster Muskelzellen - erfolgt über
SERCA (Sarcoplasmic / endoplasmic reticulum calcium ATPase), eine
energieabhängige Calciumpumpe (ATPase) in der Membran des
sarkoplasmatischen Retikulums. Die Aktivität dieses Systems ermöglicht
die Entspannung des Muskels (vgl. Lusitropie am Herzmuskel)
Die H+-K+-ATPase (
Protonen-Kalium-Pumpe) - ähnlich wie die
Na/K-Pumpe aus mehreren Isoformen von α- und ß-Untereinheiten aufgebaut - findet sich an der basolateralen Membran so gut wie
aller Epithelzellen, wie auch in der Zellmembran nichtpolarer Zellen.
Die
katalytische
Funktion hat die α-Untereinheit, die β-Untereinheit weiß, wo es
hingeht: Sie "steuert" das Enzym in die apikale Membran. Zur vollen
Aktivität bedarf diese ATPase beider Einheiten.
Abbildung: Protonenpumpe
Nach einer Vorlage bei Addison Wesley Longman 1999
Dieser
Transporter befördert energieabhängig (unter ATP-Verbrauch)
Wasserstoffionen aus der Zelle. Dadurch steigt der intrazelluläre pH-Wert an
Besonders bedeutsam ist die Protonen-Kalium-Pumpe in den
Belegzellen des Magens, welche Salzsäure produzieren - sie extrudieren Wasserstoffionen durch die apikale Membran
in das Lumen und befördert die Kaliumaufnahme. (Vermutlich werden pro 1 mol ATP 2 mol H
+ und 2 mol K
+ transportiert.)
H+-Transporter: Wasserstoffionenpumpen (
Abbildung) finden sich u.a. in der
"sealed zone" von
Osteoklasten (sie erzeugen ein saures Milieu, dadurch löst sich der Knochen auf), in präsynaptischen
Vesikeln oder in der inneren
Mitochondrienmembran.
In diese Gruppe gehört auch
Thermogenin (
UPC1,
uncoupling protein 1),
das ausschließlich in braunem Fettgewebe nachgewiesen worden ist und
und dort durch Entkopplung im Mechanismus der ATP-Energieübertragung
Wärme entstehen lässt.
F-Typ ATPasen
Die innere Membran von
Mitochondrien
(also deren "eigentliche" Zellmembran) verfügt über F-Typ ATPase (benannt nach bindenden
Fraktionen - Fo, F
1 - des Moleküls),
welche den letzten Schritt der ATP-Synthesekette bewerkstelligt (ATP-Synthase).
F-Typ ATPasen sind ein aus mehreren Teilen aufgebauter Komplex mit einer Gesamtmasse von
~500 kDa, der während seines Arbeitszyklus eine 120°-Rotationsbewegung
vollführt. H
+ wandert dabei wie durch eine sich drehende
Turbine in das Mitochondrion (wo die Atmungskette einen
Elektronengradienten aufgebaut hat) und treibt die ATPase-Funktion an. H
+ reagiert mit Sauerstoff, es entsteht H
2O; der Durchtritt von jeweils 10 Wasserstoffionen ermöglicht die Synthese von jeweils 3 Molekülen ATP.
Genaueres zu
Atmungskette und
mitochondriellen Enzymen s.
dort
V-Typ ATPasen ("V-ATPasen")
Abbildung: Aufbau einer V-Typ ARPase
Nach einer Vorlage in Butler / Brown / Stephenson /
Speakman, Animal physiology - An environmental perspective. Oxford
University Press 2021
Der transmembranale Sektor (V
0,
unten) befördert Wasserstoffionen durch Lipidmembranen. Er ist aus
einer a-, einer d- und 6 c-Einheiten aufgebaut und mit der
ATP-spaltenden intrazellulären Komponente (V
1) verbunden. Diese besteht aus den Untereinheiten A bis H. A hydrolysiert ATP
Vakuoläre ATPasen finden sich in der Wand von
Vesikeln - Endosomen, Lysosomen, Speichervesikeln, sekretorischen Vesikeln - und
Golgi-Apparat.
Sie
befördern Wasserstoffionen in diese Hohlräume hinein, der
resultierende niedrige pH-Wert unterstützt zahlreiche Funktionen
(Dissoziation Ligand-Rezeptor, pH-Optimum für saure Hydrolasen,
Anreicherung von Neurotransmittern, Säureausscheidung in
Osteoklasten).
V-Typ ATPasen sind komplex aufgebaut (8 Untereinheiten - A bis H, großteils in der zytoplasmatischen Komponete, genannt V
1, teils in der transmembranalen Komponente, genannt V
0). V
1 kümmert sich um die ATP-Hydrolyse, V
0 um den Protonentransport, der einen Konzentrationsgradienten von 100:1 (oder mehr) aufbauen kann.
Manche Zellen verfügen über V-Typ ATPase in der
Zellmembran (z.B. einige Tubuluszellen in der
Niere in deren apikaler Membran), sie entfernen H
+
aus der Zelle. Anders als die Protonenpumpe im
Magen arbeiten sie
unabhängig von Kalium; sie funktionieren eher analog zu den F-Typ
ATPasen.
ABC-Transporter
ABC (ATP binding cassette) -Transporter
gehören zu einer in der Natur weit verbreiteten Superfamilie (von
Prokaryoten bis Wirbeltieren). ABC-Transporter nutzen die Energie von
ATP für den Transport verschiedener Stoffe durch Zellmembranen - bei
Eukaryoten nur nach außen (Export).
Zahlreiche Erkrankungen - z.B. Immunschwäche, zystische Fibrose, Cholestase usw - beruhen auf Polymorphismen von ABC-Genen.
ABC-Transporter
finden sich beim Menschen vor
allem in sezernierenden Geweben
(
Leber, Nieren, Darm, Blut-Hirn-Schranke), sie bringen meist hydrophobe Moleküle aus der Zelle
(Exporter) und dienen dabei typischerweise der Entgiftung.
Ein Beispiel ist die Familie der
MDRs (multidrug resistance transporters), die kationische Stoffwechselprodukte und bestimmte Medikamente aus
Leber-, Nieren- oder
Darmschleimhautzellen befördern.
Sekundär aktiver Transport
Cotransport (auch sekundär-aktiver Transport): Die transmembranale Diffusion eines
"primären" Diffusionspartners kann genutzt werden, um einen
"sekundären" Partner mit durch die Membran zu bewegen.
Die Mehrzahl der Cotransportsysteme verwendet den Natriumgradienten für
den Transport sekundärer "Passagiere" (
Abbildung): Na/K-ATPasen
verbringen Natriumionen fortlaufend in den Extrazellulärraum ([Na
+] >140 mM), und diese diffundieren wo immer möglich in die
Zelle ([Na
+] ~ 15 mM).
Abbildung: Sekundär-aktiver Transport
Nach einer Vorlage in studyblue.com
Der Natriumgradient - erzeugt durch die Na-K-Pumpe - ermöglicht energetisch sekundäre Transportvorgänge: Auswärtstransport von Ca++ und H+ (Antiport, links),
Einwärtstransport von Glucose und Aminosäuren (Symport, rechts).
Zellaußenseite oben, Innenseite unten. Natriumgradient (roter Pfeil): außen 145 mM,
innen 8-30 mM, s. Tabelle
Aber auch andere
Konzentrationsgradienten, wie für Kalium oder Wasserstoffionen, können
für einen Mittransport genutzt werden - entweder in derselben Richtung
(Symport) oder in der Gegenrichtung, gewissermaßen im Austausch (Antiport).
Symport
Cotransport (
Symport,
d.h. Mittransport in dieselbe Richtung) - sekundär energieverbrauchend,
ein bestehender elektrochemischer Gradient wird für den Mittransport
einer zweiten Molekülart (in
dieselbe Richtung)
genutzt. Hier teilen sich verschiedenste Kombinationen von
"Passagieren" den Transport - in dieselbe Richtung - durch die
Zellmembran, wie
Natrium, Kalium, Protonen zusammen mit
Chlorid, Bicarbonat, Phosphat, Aminosäuren, Peptiden, zweiwertigen Metallen.
Natrium-abhängig funktionieren:
Abbildung: Modell eines Na/Glucose-Symporters
Nach Gyimesi G, Pujol-Gimenez J, Kanai Y, Hediger MA.
Sodium-coupled glucose transport, the SLC5 family, and therapeutically
relevant inhibitors: from molecular discovery to clinical application. Eur J Physiol 2020; 472: 1177-206
Im Ruhezustand ist der Kanal geschlossen (1).
Nach Öffnung des Kanals nach außen binden zunächst zwei Natriumionen
(2), gefolgt von einer weiteren Öffnung des äußeren Gate und Anlagerung
des Glucosemoleküls in einer taschenförmigen Mulde (3). Dann öffnet das
innere Gate (4), Glucose und Natriumionen verlassen den Kanal Richtung
Zytoplasma (5).
Die blauen Doppelpfeile deuten an, dass der Transportprozess reversibel
ist. Es besteht aber eine Asymmetrie in der Kinetik zugunsten der
Aufnahme von Glucose in die Zelle
Natrium-Glucose-Cotransporter (SGLT: Sodium glucose transporter, Abbildung) - dieser große Komplex (670 Aminosäuren) bringt Glucose gegen ihr Konzentrationsgefälle ("bergauf") in die Zelle, angetrieben durch den Natriumgradienten in die Zelle und damit energetisch durch die Na+/K+-ATPase
"befeuert" (sekundär aktiver Transport).
Natrium-Glucose-Cotransport
findet über den Bürstensaum mehrerer epithelialer Zellen statt: SGLT
stellt eine Familie von Glucosetransportern dar: SGLT1 findet sich vor
allem in der Darmmukosa (Resorption der Nahrungsglucose in Duodenum und Jejunum), SGLT2 in Nierentubuli
(Rückresorption von Glucose aus dem Filtrat). Die Funktion von SGLT3
(das weit verbreitet vorkommt) ist unklar (glucoseabhängiger
Ionenkanal, Glucosesensor?)
Natrium-Kalium-Chlorid-Cotransporter (Na+/K+/2Cl-, NKCC, NK2Cl cotransporter, Abbildung) findet sich (NKCC1) in verschiedenen nichtepithelialen,
sowie in zahlreichen Epithelzellen, z.B. in den Azinusepithelien der Speicheldrüsen, im Dünn- und Dickdarm, im Pankreas, oder der stria vascularis des Innenohrs. In der Henle'schen Schleife der Niere findet sich NKCC2.
Abbildung: Natrium-Kalium-Chlorid-Cotransporter
Nach Garneau AP, Isenring P. The structure of Na+-K+-Cl- cotransporter 1. Nature Rev Nephrol 2019; 15: 732-4
Ein komplex aufgebauter Cotransporter mit 12
membrandurchspannenden sowie zahlreichen intrazellulären
Aminosäuresequenzen. Er befördert mit je einem Natrium- ein Kalium- und
zwei Chloridionen aus dem Extrazellulärraum in die Zelle.
EL = extrazellulärer, IL = intrazellulärer Loop
NKCCs sind durch Furosemid hemmbar. NKCC können an der Regulation des Zellvolumens teilnehmen (regulatory volume increase RVI).
Natrium-Chlorid-Cotransporter (
NCC), z.B. in distalen
Nierentubuli. Sie sind
kalium-unabhängig und durch
Thiazid-Diuretika hemmbar
Natrium-Aminosäure-Cotransporter (z.B.
Glutamat)
Natrium-Cholin-Cotransporter
(z.B. in
cholinergen Varikositäten)
Natrium-Chlorid-Serotonin-Transporter (SERT)
Natrium-Gallensäure-Cotransporter (Ileal sodium / bile acid cotransporter)
Natrium-Taurocholat-Cotransporter (NTCP,
Natrium-taurocholate cotransporting peptide)
Natrium-Phosphat-Cotransporter (
NPT) im
Dünndarm und im
proximalen Nierentubulus (resorbiert 70-80% des angebotenen / filtrierten Phosphats, 3 Na
+ mit 1 Phosphat)
Natrium-Bicarbonat-Cotransporter (
NBC), z.B. im
proximalen Nierentubulus
Natrium-Jodid-Cotransporter (
NIS, Natrium-Jodid-Symporter) in den Follikelepithelzellen der
Schilddrüse
Von Protonengradienten angetrieben sind:
Der
Wasserstoffionen-Oligopeptid-Cotransporter (
PepT) resorbiert in Nierentubuli und im Darm kleine (2-4 Aminosäuren) Peptide, angetrieben vom H
+-Gradienten (Lumen zu Zelle)
Wasserstoffionen-Monocarboxylat-Cotransporter (
MCT 1, 2, ...) transportieren H
+-abhängig Monocarboxylate (wie
Laktat - z.B.
aus Erythrozyten, die Laktat produzieren, oder
in das
Gehirn, das Laktat konsumiert -,
Pyruvat,
Acetessigsäure usw. )
Wasserstoffionen-divalente Kationen-Cotransporter (
DCT)
- auch:
Divalent metal transporter (
DMT),
Natural
resistance-associated macrophage protein (
NRAMP) - bindet und
transportiert zweiwertige Kationen wie
Eisen (Fe
++), Zink, Kupfer, Mangan,
Cadmium. DCT werden vor allem von Zellen in Nierentubuli und Darmschleimhaut exprimiert
Weitere Cotransporter (Symporter):
Chlorid-Bicarbonat-Cotransporter bringen z.B. in
Speicheldrüsen-Azini Cl
- und HCO
3-
über die akipale Membran in das Lumen (wodurch dieses negativ
aufgeladen wird, dadurch werden Natriumionen parazellulär in das Lumen
verbracht)
Kalium-Chlorid-Cotransporter (
KCC) bewirken Ausstrom von Cl
- zusammen mit
K
+ , z.B. in
Nervenzellen (zur Aufrechterhaltung niedriger intrazellulärer Chloridkonzentrationen), im proximalen Nierentubulus und
Darmschleimhautzellen (transportieren rückresorbiertes Chlorid über die basolaterale Membran)
Der
K/Cl-Symporter schafft Chlorid- mit Kaliumionen aus der Zelle und wirkt
dadurch einer Zellschwellung (durch Anstieg der intrazellulären
Osmolarität) entgegen
|
Abbildung: Passiver ("Kanäle", "Carrier") und aktiver Transport ("Pumpen", gekoppelter Transport) durch die Zellmembran
Nach Purves et al., Life: The Science of Biology, 4th Ed. Sinauer Associates & WH Freeman
Uniport: Diffusion durch Membranporen.
Symport (Cotransport): Diffusion eines Stoffes treibt energetisch den Mittransport eines anderen an.
Antiport (Austausch): Diffusion eines Stoffes treibt energetisch den Transport eines anderen in die Gegenrichtung an
Austausch (
Exchanger,
Antiport) - sekundär energieverbrauchend, ein bestehender elektrochemischer
Gradient wird für den Austausch mit einer zweiten Molekülart (in
die
Gegenrichtung) genutzt. Hier werden verschiedene Kombinationen von "Passagieren" gegeneinander durch die Zellmembran ausgetauscht, wie z.B.
Natrium, Chlorid, Natrium plus Bicarbonat gegen
Calcium, Bicarbonat, Protonen, Formiat, Oxalat, Chlorid
Man kennt z.B.
Der
Natrium-Calcium-Austauscher (
NCX) kommt fast ubiquitär vor, z.B. im Skelettmuskel, im
Herzmuskel, in der
Dünndarmschleimhaut, in distalen Tubulusepithelzellen der
Niere, oder in
Photorezeptoren in der Netzhaut des Auges. Er tauscht üblicherweise Na
+ gegen Ca
++ im Verhältnis 3:1 aus, d.h. er arbeitet elektrogen (pro Austausch eine positive Ladung in Na
+-Richtung, also üblicherweise zum Zellinneren). Dabei werden
Calciumionen aus dem Zytoplasma der Zelle entfernt, wo die [Ca
++] um Zehnerpotenzen
niedriger ist (meist <10
-7 M) als im Extrazellulärraum (2-3 mM, davon die Hälfte freie Ionen)
Natrium-Wasserstoffionen-Austauscher (
NHE) - ein sehr wichtiger Natriumtransporter, der von fast allen Zellen des Körpers exprimiert wird, z.B. in
Nierentubuli (der NHE der proximalen Tubuli ist
Angiotensin-gesteuert),
Darmepithel, Leber oder
Gallenblase (Natriumresorption, Säuresekretion). Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung von Zellvolumen und
pH-Wert
Chlorid-Bicarbonat-Austauscher (Anionenaustauscher,
AE), tauscht an Zellmembranen Cl
- gegen HCO
3- aus, z.B. in den Ausführungsgängen der
Speicheldrüsen, des
Pankreas, in der
basolateralen Membran von
Belegzellen im Magen und von
Epithelzellen der dicken aufsteigenden Tubuli der Henle-Schleife, in der
apikalen Membran von
Dickdarmmukosazellen, oder in der Membran von Erythrozyten (
Hamburger-Effekt)
Pendrin ist ein Anionenaustauscher (Chlorid, Bicarbonat, Sulfat, Jodid, Formiat), der u.a. in der
Niere (proximaler Teil der Henle´schen Schleife: Austausch Chlorid / Formiat oder Bicarbonat über die luminale Membran) und in der
Schilddrüse vorkommt (Jodidtransport in das Kolloid)
Der
Natriumbetriebener Chlorid-Bicarbonat-Austauscher
tauscht Natrium und Bicarbonat (das auf diese Weise in die Zelle
gelangt und den intrazellulären pH-Wert anhebt) gegen zwei Chloridionen
aus
Sulfat-Austauscher (
SAT, tauscht Sulfat gegen zwei Anionen) kommen in Dünndarm und Nierentubuli vor, wo sie die Resorption von Sulfat unterstützen
Renaler
Organic Anion Transporter (
OAT, z.B. PAH gegen Ketoglutarat)
Chlorid-Formiat-Austauscher (Cl
- gegen COO
-) und
Chlorid-Oxalat-Austauscher (Cl
- gegen C
2O
4--) in der apikalen Membran proximaler Tubuluszellen in der Niere unterstützen die Resorption von Chlorid.
Intrazelluläre und extrazelluläre Flüssigkeit
Die Zusammensetzung der Flüssigkeit im Zytosol hängt wesentlich von der
Art der Zelle ab. So ist die Chloridkonzentration in Epithelzellen
höher als in Nervenzellen. (Messtechnisch wird nicht die Konzentration, sondern die Aktivität
von Ionen im Zytosol bestimmt und aus ihr die
Konzentration ermittelt.)
Als Aktivität bezeichnet man die wirksame Konzentration
gelöster Teilchen: In konzentrierten Lösungen machen sich
Wechselwirkungen zwischen gelösten Teilchen (insbesondere zwischen
Ionen) bemerkbar und schränken ihre Beweglichkeit ein. Die wirksame
Konzentration (Aktivität A) ist daher geringer als die tatsächliche,
quantifiziert wird sie als das Produkt aus tatsächlicher Konzentration
(c) und einem als Aktivitätskoeffizient (f) bezeichneten Faktor
(seinerseits eine Funktion der Ionenstärke):
A = c . f
Die
Tabelle zeigt neben intrazellulären Referenzwerten (Zytosol) Vergleichswerte für
die extrazelluläre
(interstitielle) Flüssigkeit bzw. das Blutplasma:
Zusammensetzung physiologischer Flüssigkeiten
Gerundete Mittelwerte (und Normbereiche) Nach verschiedenen Quellen interpoliert
|
|
Intrazelluläre Flüssigkeit
|
Extrazelluläre Flüssigkeit
|
Interstitium |
Blutplasma * |
Na+
|
15 mM (8-30) |
144 mM
| 142 mM
|
K+ |
140 mM (120-150) |
4,5 mM | 4,4 mM |
Ca++ |
10-4 - 10-7 mM
|
1,3 mM (ionisiert)
| 2,5 mM (gesamt)
1,2 mM (ionisiert)
|
Mg++ |
18 mM (gesamt)
1 mM (ionisiert)
|
0,6 mM (ionisiert)
| 1 mM
|
Kationen
|
~153 mM
|
|
~150 mM
|
Cl- |
4-20 mM |
116 mM | 103 mM
|
HCO3- |
12 mM (8-15) |
25 mM | 24 mM (venös)
|
SO4--
|
?
|
0,5 mM
| 0,5 mM
|
Phosphat
(primär und sekundär)
|
29 mM (gesamt)
0,7 mM (frei)
|
2 mM (gesamt)
0,8 mM (ionisiert)
|
0,8-1,5 mM (gesamt)
0,7 mM (ionisiert)
|
Organisch-
saure Salze
|
54 mM
|
4 mM
|
4 mM (davon Aminosäuren ~2,4, Urat ~0,3 mM)
|
Glucose
|
sehr niedrig
|
5,9 mM
|
5,5 mM
|
Proteine |
54 mM
~30 g/dl
|
~5 mM
>1 g/dl
|
14 mM
(Ladungsäquivalente)
|
Anionen
|
~153 mM
|
|
~150 mM
|
pH
|
~7,2
|
7,4
|
7,4
|
Osmolalität
|
290 mosm/kg
|
290 mosm/kg
|
291 mosm/kg
|
* 6% des Plasmavolumens werden von Proteinen beansprucht. Im
Plasmawasser (Ultrafiltrat, z.B. glomerulär) sind die Konzentrationswerte für Mikrostoffe daher um ~6% höher als im Blutplasma
Auffallend ist der Reichtum an Kochsalz
(NaCl) in den extrazellulären Flüssigkeiten sowie die hohe
intrazelluläre
Calciumkonzentration. Die Konzentration an Calciumionen
(Ca
++) ist extrazellulär um Zehnerpotenzen höher als in der Zelle, wo sie entscheidene Signalfunktionen ausüben. Die
osmotische Konzentration
der meisten Körperflüssigkeiten ist so gut wie gleich hoch (um 290
mOsm/kg - "isotone" Flüssigkeiten), Ausnahmen machen insbesondere
Schweiß (hypoton) und
Harn (hypo-, iso- oder hyperton).
Im Blutplasma (und in der extrazellulären Flüssigkeit) ist Natrium das Kation, Chlorid das Anion mit der höchsten Konzentration
Im Zytoplasma ist Kalium das Kation mit der höchsten Konzentration
|
Die wesentlich höhere Kaliumkonzentration im Zytosol - verglichen mit dem
Extrazellulärraum, ein Ergebnis der Aktivität der
Natrium-Kalium-Pumpe - ist der Motor für die permanente
Auswärtsdiffusion von
Kaliumionen, was wiederum die Zellmembran auflädt (Ruhepotential).
Umgekehrt ist die Natriumkonzentration außerhalb der Zelle höher als
innerhalb (ebenfalls wegen der Na-K-ATPase), und gelegentliche Öffnung von Natriumkanälen (bei Erregung der Zelle)
führt zum Einströmen von Natriumionen und temporärem Zusammenbrechen des
Ruhepotentials (Aktionspotential).
Ein besonders hoher Konzentrationsunterschied liegt für Calciumionen vor; extrazellulär ist [Ca++] um etwa drei Zehnerpotenzen höher als intrazellulär. Calciumionen haben besonders vielfältige Bedeutung für die Physiologie
der Zelle (Signalvermittlung, Erregung, Kontraktion etc).
Der pH-Wert des Intrazellulärraums
beträgt um den Wert 7,1, d.h. leicht basisch (der Neutralpunkt bei 37°C liegt bei pH=6,8; Blut hat pH=7,4). Zellen produzieren fortlaufend saure Valenzen, die Stabilisierung bei pH 7,2 erfolgt über zwei Mechanismen:
Metabolische Pufferung: Enzymsysteme sind teils H+-Produzenten, teils verbrauchen sie H+.
Dementsprechend wird ihre Aktivität bei Imbalancen des zellulären pH
hoch- oder heruntergefahren. Saure Substanzen (Laktat, Pyruvat etc)
können in Glucose (neutral) und CO2 umgewandelt werden, letzteres wird abgeatmet und so aus dem Körper entfernt
Transport von sauren / basischen Stoffen durch die Zellmembran: Der Na+-H+-Austauscher
erlaubt die Entfernung von Protonen aus der Zelle unter dem Antrieb des
Natriumgradienten. Er wird durch zelluläre Acidose stimuliert (durch
interstitielle - extrazelluläre - Azidose hingegen gehemmt). Dazu kommen in speziellen Zellen weitere Protonentransportsysteme, die z.T. aktiv als ATPasen wirken.
Abbildung: Zellorganellen
Nach
einer Vorlage in Stoelting's Pharmacology & Physiology in
Anesthetic Practice, 5ed. 2014. Lippincott Williams & Wilkins
Ultramikroskopisch darstellbare, räumlich strukturierte Funktionsträger der Zelle mit hoher molekularer Dynamik
Zellorganellen
( Abbildung) stellen spezialisierte Reaktionsräume
in der Zelle dar
und werden durch Biomembranen von ihrer Umgebung abgetrennt. Zu solchen
Kompartimenten zählen das Zytoplasma, Mitochondrien, der Zellkern, das
endoplasmatische Retikulum, der Golgi-Apparat, Vesikel, Lysosomen und
Lipidtröpfchen.
Zytoplasma und Zytoskelett
Das Zellplasma enthält in seinem Zytosol verschiedenste gelöste Stoffe, Zellorganellen sowie das Zytoskelett.
Dieses besteht aus mehreren Arten von Filamenten, die alle aus
spezifischen Proteinmolekülen aufgebaut sind. Einzeln (monomer) sind
sie gut beweglich und leicht durch das Zytoplasma transportierbar.
Aktinfilamente Intermediärfilamente Mikrotubuli Spektrine
Auf Triggerreize hin können sich diese Proteine (Monomere) aneinanderlagern und
bilden dann relativ stabile längliche Strukturen (Polymere). Auf Grund ihres
asymmetrischen, polaren Aufbaus tun sie das geordnet - und durch
nicht-kovalente Wechselwirkungen recht reversibel. Im zusammengesetzten
Zustand bilden sie Filamente / Tubuli, die dem intrazellulären Netzwerk
Halt und Struktur verschaffen, verhalten sich dabei aber sehr dynamisch
- bei Bedarf sind sie ab-, um- und neu aufbaubar:
Dünne (Aktin-) Filamente
(microfilaments, doppelhelikal angeordnet, ~8 nm Durchmesser) sind flexibel, helikal aufgebaut, bilden netzartige
Strukturen (gerade Bündel, Netze oder Gele) und stabilisieren die
Zellmembran (stress fibers),
insbesondere direkt unter ihr ("Zellrinde"), sowie auch in Mikrovilli
(zusammen mit Begleitproteinen, wie Villin, Fimbrin, Myosin). Sie vermitteln
zelluläre Fortbewegung, befestigen membranständige Proteine, beteiligen
sich an der Ausbildung interzellulärer (fokaler Adhäsions-) Kontakte
und am Stofftransport in der Zelle sowie Kontraktionen (zusammen mit
Myosin: → Muskelkontraktion) und Verformungen. Stereozilien im Innenohr erlangen durch sie Festigkeit.
Aktinfilamente (fibrilläres F-Aktin) setzen sich aus Aktinmolekülen (kugelförmiges G-Aktin: globular)
zusammen. Wirbeltiere verfügen über drei Isoformen: α-Aktin findet sich
in Muskelzellen, β- und γ-Aktin in anderen Zellen. Diese können
- unter ATP-Verbrauch - rasch aus G-Aktin zu F-Aktin polymerisieren;
das "Plus-Ende" wächst dabei rascher als das "Minus-Ende",
das sich auch wieder verkürzen kann. So bilden sich funktionsabhängig
verschiedene dynamische Strukturen in der Zelle, teils in paralleler
Anordnung (dichte Filamentbündel in Filopodien - schmalen, länglichen Zellfortsätzen -, kontraktile Stressfasern) oder Netzwerke (gelartig in der aktinreichen Zellrinde, die Zellmembran und darunter liegendes Zytoplasma und Organellen voneinander trennt, oder dendritisch in Lamellipodien, blattförmigen Zellausstülpungen, die bei der Zellwanderung über Oberflächen auftreten).
Gesteuert werden diese Formationen durch bündelnde bzw. gelbildende Proteine. Bündelnde Proteine bestimmen auch den Abstand der Aktinfilamente zueinander und schließen sich gegenseitig aus (Fimbrin führt zu enger paralleler Anordnung der Aktinfilamente, während α-Aktinin
die Filamente - mit gegensätzlicher Polarisierung - auf Abstand hält
und die Einlagerung von Myosin ermöglicht, wodurch die Bündel
kontraktil werden). Gelartige Netze aus Aktinfilamenten entstehen
z.B. unter der Einwirkung des Proteins Filamin (z.B. in Lamellipodien, also flachen "Scheinfüßchen" der Zelle).
Für die Regulierung
der Dynamik von Aktinfilamenten spielen mehrere Faktoren eine Rolle:
Ihr Verhalten in der Zelle hängt ab von der Konzentration energiereicher
Nukleotide (ATP / ADP), der Konzentration (Verfügbarkeit) monomerer
Aktinmoleküle, der Konzentration von Elektrolyten, sowie der
Anwesenheit aktinbindender Hilfsproteine: So bildet Formin einen "Kondensationskern" für die Entstehung neuer Filamente (und verbleibt am Plus-Ende); Thymosin behindert diesen Aufbau, während Profilin das Wachstum fördert (und mit Thymosin um Bindungsstellen konkurriert); kappenbildendes Protein bremst die Dynamik am Plus-Ende, Tropomodulin am Minus-Ende; Tropomyosin stabilisiert das Aktinfilament; usw.
Filamente können sowohl am Plus- als auch am Minus-Ende wachsen, und
Hilfsproteine bestimmen ihre räumliche Anordnung, indem sie entweder seitlich
binden (z.B. Tropomyosin an mehreren Aktinfilamenten gleichzeitig, was
die Filamente versteift und die Bindung anderer Proteine behindert)
oder an den Enden (was Wachstum bzw. Abbau der Filamente beeinflusst). Wieder andere Proteine regulieren die Depolymerisation der Filamente - wie die aktinspaltenden Gelsoline, die durch zytosolisches Ca++ aktiviert werden.
Der Abbau (die Depolymerisation) von Aktinfilamenten kann durch Phalloidin, ein
Gift des grünen Knollenblätterpilzes, gehemmt werden (Phalloidin dringt
allerdings nicht durch die Zellmembran; gefährlich ist der Pilz wegen
eines anderen Giftes, nämlich des lebertoxischen Amanitins)
Im Sarkomer der quergestreiften Muskulatur stecken die Plus-Enden der Aktinfilamente im Z-Streifen (der aus CapZ- und α-Aktinin besteht
und die Depolymerisation der Aktinfilamente verhindert), die zur
Sarkomermitte gerichteten Minus-Enden tragen eine Kappe aus
Tropomodulin. Weiters umhüllt ein riesiges Protein - Nebulin - spiralig das Aktinfilament und bestimmt dessen Länge (die im Sarkomer gleich bleibt).
Sogenannte dicke Filamente
(ca. 10 nm Durchmesser) sind aus Myosin aufgebaut (von dem es
verschiedene Varianten gibt) und - wie Aktinfilamente - in fast jeder
Zelle vorhanden.
Myosinmoleküle bestehen aus einem ATP-konsumierenden globulären
Kopfteil, dessen Winkel zum gestreckten Körper (Schwanzteil)
scharnierartig veränderbar ist (die Basis für Verformung, Bewegung
und Kontraktion). Wie Dynein und Kinesin an Mikrotubuli, können
Myosinmoleküle sich an Aktinfilamenten entlang bewegen. Diese Filamente
enthalten etwa 300 Myosinköpfe, die ATP hydrolysieren und die gewonnene
Energie dazu nutzen, sich an einem Aktinfilament in Richtung dessen
Plus-Endes (mit jedem Bewegungszyklus - freigeben, verformen, anheften,
Kraft erzeugen - um ca. 5 nm) fortzubewegen - vergleichbar mit einer
Person, die sich an einem Seil entlang hantelt.
Intermediärfilamente (intermediate filaments, ~10 nm Durchmesser) bestehen aus unterschiedlichen fibrillären Molekülen aus derselben Genfamilie, sind sehr stabil (zugfest, "seilartig") und fangen größere mechanische
Belastungen auf.
Abbildung: Elemente des Zytoskeletts
Nach einer Vorlage bei Thibodeau / Patton, Anatomy & Physiology (6th ed), Mosby Elsevier 2007
Mikrofilamente
sind die schmälsten des Zytoskeletts (3-6 nm Durchmesser), sie sind
üblicherweise in der Längsachse der Zelle orientiert, können sich
aneinander vorbeibewegen und als "Muskeln" der Zelle fungieren (insbesondere natürlich in Muskelzellen).
Intermediärfilamente sind etwas dicker, sie sind als dreidimensionales Gerüstwerk in der Zelle ausgespannt.
Mikrotubuli
sind Hohlzylinder und wirken als "Transportsystem" der Zelle (Vesikel,
Mitochondrien u.a. werden von A nach B gebracht), sie können die Zelle
auch insgesamt in ihrer Umgebung beweglich machen
Über Adhäsionspunkte
bzw. Desmosomen sind Intermediärfilamente mechanisch mit Nachbarzellen verbunden (z.B.
in Epithelien). Im Gegensatz zu Aktinfilamenten oder Mikrotubuli haben
sie kein "Plus"- oder "Minus"-Ende, sie sind symmetrisch und lösen auch
keine Hydrolyse von Nukleotiden aus. Phosphorylierung durch Kinasen
lässt sie aber rasch dissoziieren.
Intermediärfilamente treten gewebespezifisch auf - als Keratin- (Epithelzellen), Vimentin- (Fibroblasten, Endothel, Leukozyten, Muskelzellen, Gliazellen) oder Neurofilamente (Neuronen, vor allem im Axon), nukleäre Lamine (sie umhüllen den Zellkern innerhalb der Kernmembran als "Schutzkäfig" für die DNA, an ihnen ist chromosomale DNA befestigt) oder saures Gliafaserprotein (glial fibrillary acidic protein), das exquisit nur in Gliazellen vorkommt.
Intermediärfilamente
bestehen aus insgesamt 32 spiralig strukturierten Monomeren, die sich
zu Tetrameren zusammenlagern (die Tetramere gruppieren sich dann zum
fertigen Filament), sind also seilähnlich aufgebaut. Sie können bis zum
Dreifachen ihrer Ruhelänge gedehnt werden, bevor sie reißen - das
verleiht der Zelle hohe mechanische Festigkeit (Beispiel Keratine). Mit ihrer Umgebung sind sie über Linkerproteine am übrigen Zytoskelett verankert - bausteinartige, große Eiweißmoleküle, die als Plakine bezeichnet werden (Plektin, Desmoplakin und viele mehr).
Mikrotubuli
(microtubules) sind lange, steife Hohlzylinder ( Abbildung - mehrere µm lang, ~25 nm Durchmesser, aufgebaut aus Protofilamenten - aufgebaut aus α- und β-Tubulin mit
5 nm Durchmesser), sie stützen die
Zelle ebenfalls und transportieren intrazellulär Moleküle
und Zellorganellen. Sie binden GTP (Guanosintriphosphat, ein energiereiches Nukleotid) und können (wie
Aktinfilamente) bedarfsabhängig schnell auf- und abgebaut werden.
Abbildung: Mikrotubuli
Nach Banya S: Microtubules: Definition, structure, composition, functions. The Biology Notes 2023
Eines
ihrer Enden ist oft an einem Zentrosom
(in dem ein Zentriolenpaar eingeschlossen ist - dieses organisiert eine
perizentrioläre Matrix, an der Polymerisationsursprünge für Mikrotubuli
liegen - Spindelpolkörper, s. Mitose) oder Basalkörper fixiert (MTOC: Microtubule organizing center),
an dem sie zu wachsen beginnen und durch laufenden Auf- und Abbau ihre
zelluläre Umgebung "erforschen". Das MTOC dient sozusagen als
Mittelpunkt der Zelle (bei polaren Zellen kann es auch exzentrisch
liegen), die nach allen Richtungen ausstrahlenden Mikrotubuli bilden
eine Art Koordinatensystem für die Positionierung von Zellorganellen.
Mikrotubuli sind dynamisch instabil:
Trägt ihr Endstück eine "Kappe" aus GTP, neigt es zum Polymerisieren,
d.h. es kann wachsen; trägt das Ende GDP (Guanosindiphosphat),
depolymerisiert es um
einen Faktor 102 rascher und neigt zum Schrumpfen. Auf diese Weise
können Mikrotubuli bedarfsabhängig zwischen Phasen raschen Abbaus und
langsamen Wachstums oszillieren. Proteine, die Mikrotubuli binden (MAPs: Microtubule-associated proteins),
können das Verhalten von Mikrotubuli steuern, indem sie diese
stabilisieren oder ihre Beziehung zu anderen zellulären Elementen
beeinflussen.
Über Mikrotubuli, Dynamik und GTP / GDP sowie den Mechanismus des
Zilienschlags in Flimmerepithelien
s. auch dort
Mikrotubuli bilden u.a. den Spindelapparat der Zellteilung (hier werden sie von Zentrosomen aus gebildet) und kommen in Zilien
(z.B. des Flimmerepithels in der Lunge, im Ependym des Gehirns, im Eileiter -
extrazelluläre Transportfunktion) vor. Sie sind polarisiert, d.h. sie
haben ein "Plus"- (peripher) und ein "Minus"- (zentral) Ende; ihr
Wachstum (aus Tubulin-Hetero-Dimeren) erfolgt am Plus-Ende. Sie tragen
wesentlich zu Zellform und Zellpolarität bei.
Spektrine
(spectrins)
sind Zytoskelettproteine an der Innenseite der Zellmembran. Zusammen
mit anderen Proteinen (wie z.B. Ankyrin oder Protein 4.1) bilden sie fünf-
oder sechseckig angeordnete Maschenwerke, welche die Zelle "aufspannen"
und stabilisieren. Im menschlichen Körper findet man sie in
Erythrozyten (wenn diese aufbrechen - Hämolyse -, entstehen "Blutschatten" - englisch spectre oder "Gespenster" -, die Spektrine enthalten, daher ihr Name).
Die Leitstrukturen des Zytoskeletts werden von Dutzenden verschiedener
Motorproteine
genutzt, um an ihnen entlang zu gleiten und Transportfunktionen zu
übernehmen. Dabei unterscheiden sie sich in der Transportrichtung, der
Art der Bindungspartner (Aktin, Tubulin) und ihrer Fracht - Moleküle,
Vesikel, Mitochondrien u.a. (
s. auch
dort).
Dabei können sich auch Verformungen oder Bewegungen der Zelle auslösen.
Zwei Hauptklassen von Motorproteinen sind auf Mikrotubuli unterwegs:
Kinesine und (die besonders raschen) Dyneine (
s.
dort).
Viele Kinesine beteiligen sich nicht nur an der allgemeinen
Organisation des Zytoskeletts, sondern auch an der Bildung der
Mitosespindel.
Die
Komponenten des Zytoskeletts - Aktin- und Intermediärfilamente,
Mikrotubuli, Myosin und zahlreiche Hilfsproteine - müssen in
koordinierter Weise zusammenwirken, um Struktur, Form und Bewegung von
Zellen zu ermöglichen.
Zellkern
Mehr zu Zellkern und Nucleolus s.
dort
Der Zellkern, der den Großteil der genetischen Information
enthält (Mitochondrien besitzen eigene Restbestände "ihrer" DNA), mißt
zwischen 2 bis 20 µm im Durchmesser - je nach Zelltyp - und nimmt
typischerweise etwa 10% des Zellvolumens ein. Er besteht aus Nucleoplasma (Äquivalent zum Zytoplasma) und kondensiertem Chromatin, das den Nucleolus umgibt; dem Nucleolus, der DNA enthält und RNA synthetisiert; und der Kernmembran (Kernhülle, nuclear envelope),
einem Membransystem, das den Kern vom Zytoplasma separiert,
aber direkte Zugänge zum endoplasmatischen Retikulum bildet (offene
Verbindung).
Die Kernmembran ist aus zwei Lipid-Doppelschichten aufgebaut:
Die Außenmembran ist eine Fortsetzung des rauhen endoplasmatischen
Retikulums (sie enthält Ribosomen), die Innenmembran ist "glatt" und
kernseitig von einer fibrillären (aus Laminen
aufgebauten) Proteinhaut überzogen (s. dort). Die Kernmembran hat runde Öffnungen (Kernporen, Abbildung),
die eine (teils regulierte) Passage von Stoffen zwischen Karyo- und
Zytoplasma erlaubt. Die Innen- und Außenmembran gehen an den Kernporen
ineinander über, behalten aber ihre Identität - außer während
einer Mitose.
Über
DNA und
RNA s.
dort
Abbildung: Kernpore
Nach Lin DH, Hoelz A: Infographic: The Nuclear Pore Complex. The Scientist, December 2016
Kernporen haben einen Außendurchmesser von 100-120 nm, der Innenkanal hat kaum mehr als 5 nm Durchmesser (ein mRNS-Strang ist ≤1 nm dick) und
eine Tiefe von ~45 nm. Sie lassen kleinere Moleküle passieren (Diffusion) und
befördern Proteine und Nukleinsäuren; dabei helfen Rezeptoren, Importine beim Eintritt in den und Exportine beim Austritt aus dem Zellkern
Kernporen (nuclear pores, ca. 2.104 pro Zellkern) sind Kanäle, die das Karyoplasma mit dem Zytoplasma verbinden. Sie sind Teil eines Kernporenkomplexes (NPC, nuclear pore complex), der (je NPC) aus mehr als 450 einzelnen Proteinen (vor allem sogenannten Nukleoporinen) besteht, etwa 0,1
µm Außendurchmesser hat und einige hundert Proteine (mehr als 30
verschiedene Arten) enthält, die acht Untereinheiten bilden. Diese formen
einen Innenring und zwei Außenringe sowie Begleitstrukturen (Filamente
außen, Kernporenkörbchen innen). Die Permeabilität der NPC ist reguliert, die Poren können sich selektiv öffnen oder schließen.
Diese komplizierte Konstruktion
ermöglicht strukturelle Stabilität, Stoffaustausch - kleine Moleküle durch Diffusion, größere durch selektiven Transport über Vermittlung nukleärer Lokalisationssequenzen (nuclear localization sequences, bestehend aus einigen
Aminosäuren) - sowie Interaktion (Chromatin,
Transkriptionsapparat). Durch Kernporen müssen z.B. Proteine, darunter zytoplasmatische
Signalmoleküle, welche die Transkription beeinflussen wollen, in das
Karyoplasma eintreten; umgekehrt verlassen hier z.B. RNS-Moleküle den
Kern auf dem Weg zur Transkription.
Abbildung: Zellkern und Nucleolus
Nach einer Vorlage bei Silverthorn, Human Physiology - an integrated approach, 4th ed. 2007 (Pearson International)
Die Kernhülle besteht aus zwei Membranen (doppelten Lipidlamellen) und separiert den Zelklkern vom Zytoplasma.
Kernporen erlauben die freie
Diffusion kleinerer Moleküle (bis 5 kDa) und den Transport von RNA aus
dem sowie von Proteinen in den Zellkern.
Der Nucleolus besteht aus drei Komponenten: Dicht fibrillär (dense fibrillar component DFC), fibrilläres Zentrum (fibrillar center FC), granuläre Komponente (granular component GC). Im FC erfolgt die Transkription von ribosomaler DNA; die DFC bearbeitet frisch transkribierte ribosomale RNS und enthält ribosomales Protein; die GC ist am Aufbau der Ribosomen beteiligt.
Zum Chromatin s. dort
Die vor allem aus Nukleinsäuren und Proteinen bestehenden Nucleoli
( Abbildung) produzieren Ribosomen; ribosomale Proteine und RNS
(18S, 28S, 5S-r u.a.) werden via Kernporen aus dem Zytosol zu den
Nucleoli gebracht, hier entstehen kleine (40S) und große (60S)
Ribosomen-Untereinheiten.
Diese gelangen anschließend in das
Zytoplasma, kondensieren zu 80S-Ribosomen und produzieren Eiweiße.
S (oder Sv) bedeutet Svedberg
,
ein durch Ultrazentrifugation bestimmter Sedimentationskoeffizient, der
indirekt Auskunft über die Größe eines Partikels gibt (die Beziehung
ist nichtlinear). 1 S entspricht 100 Femtosekunden
Ribosomen (Durchmesser ~20 nm, typischerweise 105-107 pro eukaryotischer Zelle), an denen die
Translation
und damit die Synthese von Eiweißen abläuft (Geschwindigkeit: ≥2 Aminosäuren pro Sekunde).
Jedes Ribosom besteht aus mehr als 50 verschiedenen ribosomalen Proteinen sowie mehreren ribosomalen RNS-Molekülen.
Ribosomen sind aus zwei Einheiten aufgebaut: 60S und
40S. Diese werden im
Nukleolus
aus rRNS (die hier entsteht) und Proteinen (aus dem Zytoplasma)
zusammengesetzt und dann separat durch Poren der Kernmembran in das Zytoplasma
exportiert. Bei Anwesenheit von mRNS setzen sich außerhalb des Zellkerns komplette
(80S-)Ribosomen zusammen.
Proteine, die im Zytosol verbleiben sollen, werden hier synthetisiert.
Das Zytoplasma einer typischen Zelle enthält Millionen Ribosomen.
Proteine, die für Lysosomen, als Membranproteine
oder für den "Export" bestimmt sind, werden von Ribosomen des rauhen
endoplasmatischen Retikulums gebildet und gelangen zwecks "Reifung"
(Modifikation) zum Golgi-Apparat.
Abbildung: Dynamik der Membran (1)
Modifiziert nach einer Vorlage bei Alberts et al, Molecular Biology of the Cell, Garland 2008
Die
membranös umschlossenen Kompartimente kommunizieren miteinander und
können z.T. ineinander übergehen. Grün: endozytotische Wege, rot:
sekretorische Wege, blau: Rücktransportwege
Vakuolärer Apparat
Der vakuloläre Apparat
der Zelle umfasst verschiedene Strukturen, die von einer
Doppellipidlamelle umgrenzt sind. Dazu gehören das endoplasmatische
Retikulum, Vesikel, der Golgi-Apparat, Mitochondrien, Lysosomen,
Peroxisomen. Gemeinsam ist ihnen, dass ihre innere Lipidlamelle mit der
äußeren der Zellmembran korrespondiert (s. Endozytose, Exozytose, Abbildung) - topologisch entspricht ihr Lumen dem extrazellulären
Raum - und dementsprechend zusammengesetzt ist.
Endoplasmatisches Retikulum
Das endoplasmatische Retikulum,
das durch Endo- oder
Exozytose einen
Wechsel zwischen Extra- und Intrazellulärraum ermöglicht ( Abbildung) und
fettlösliche Substanzen auf-, um- und abbaut. Man unterscheidet raues und glattes
EPR, die ineinander übergehen können:
Abbildung: Raues und glattes endoplasmatisches Retikulum
Nach einer Vorlage in Silverthorn, Human Physiology - an integrated approach, 4th ed. 2007 (Pearson International)
Ribosomen liegen auf der zytosolischen Seite der EPR-Membran und sind hier als grüne Punkte dargestellt
Am rauen EPR ( Abbildung) sind Ribosomen
angelagert (Proteinsynthese), das glatte EPR bildet vor allem
Membranmoleküle (Phospholipide, Cholesterin..) und Steroide (so sind
Zellen der Nebennierenrinde reich an glattem endoplasmatischen
Retikulum).
Glattes endoplasmatisches Retikulum synthetisiert neues
Membranmaterial, indem es Fettsäuren nutzt, um (an seiner zytoplasmatischen Seite) Phospholipide zu produzieren. Glattes endoplasmatisches Retikulum speichert weiters Calciumionen (z.B. in
Muskelzellen), komplettiert die Gluconeogenese, vollführt
Biotransformationsschritte (Leberzelle), bildet und glucuroniert
Bilirubin (ebenfalls Leberzelle), kann Fettsäuren bilden u.a.
Das endoplasmatische Retikulum speichert Ca++-Ionen, die es mittels einer Calciumpumpe (SERCA: Sarcoplasmic / endoplasmic reticulum calcium ATPase - einer ATPase vom P-Typ) aus dem Zytoplasma (typische Konzentration ~10-7 molar) aufnimmt und so eine etwa zehntausendfache Anreicherung (auf ~10
-3 M) ermöglicht. Der Ausstrom von Ca++-Ionen aus dem endoplasmatischen Retikulum erfolgt durch ligandenaktivierte Ca++-Kanäle - Ca++-sensitive Ca++-Kanäle (Ryanodinrezeptoren) oder IP3-Rezeptoren.
Ca++-Ionen spielen in der Zelle eine vielfache Rolle als Signalübeträger, z.B. im Rahmen der elektromechanischen Koppelung, als second messsenger, der Regulierung der Transkription (Genexpression), der Beeinflussung enzymatischer Aktivitäten usw.
Intrazelluläre Vesikel dienen der Speicherung (z.B. von präformiertem Transmitter an präsynaptischen Nervenendigungen), der Modifikation ihres Inhalts, oder dem Transport;
ihre Wand besteht aus einer Lipid-Doppellamelle. Sie entstammen der
Zellmembran (Endozytose) oder dem endoplasmatischen Retikulum
(Abschnürung, anschließende Verschmelzung mit Zisternen des
Golgi-Apparates, Modifikation des Inhalts - z.B. Glykosylierung von
Proteinen; Sortierung, Verteilung auf bestimmte Kompartimente). Der
Inhalt von Vesikeln kann an den Extrazellulärraum abgegeben werden
(Exozytose).
Abbildung: Dynamik der Membran (2)
Modifiziert nach einer Vorlage bei Alberts et al, Molecular Biology of the Cell, Garland 2008
Grün: endozytotische Wege, rot: sekretorische Wege, blau:
Rücktransportwege. Die Pfeile deuten die Dynamik der
Membranbewegungen an
Kompartimentierung und Kinetik:
Der Transport von Inhaltsstoffen über Vesikel, die von einem
Membranraum abknospen ( Abbildung), ist ein Zeichen des Übergangs von einem
Kompartiment zu einem nächsten (z.B. vom endoplasmatischen Retikulum
zum Golgi-Apparat oder von letzterem zu sekretorischen Vesikeln und zum
Extrazellulärraum). Lösliche Proteine wechseln zum Inhalt des nächsten
Kompartiments, membranständige Proteine gehen den Weg der entsprechenden
Doppellamelle.
Der Inhalt der Vesikelsysteme ist vom Zytoplasma isoliert, auch während
der Wanderung der Vesikel findet kein Austausch mit dem Zytoplasma
statt. Der Transport der Vesikel durch die Zelle wird durch das
Zytoskelett bewerkstelligt. Sekretorische Vesikel können die Strecke
vom rauhen endoplasmatischen
Retikulum zur Zellmembran - wo Membranfusion und Exozytose des Inhalts
erfolgen - in weniger als einer Stunde zurücklegen.
Die Membranen sind in ständigem Fluss und werden zum Teil recycelt; die
Syntheserate ist niedriger als der Umsatz der Membranpartien zwischen
den Kompartimenten (Zellmembran, Endozytosevesikel, endoplasmatisches
Retikulum, Golgi-System, Sekretionsvesikel, Zellmembran). Spezifische Proteine,
die für bestimmte Membransysteme typisch sind und ihre Funktion
mitbestimmen, nehmen am interkompartimentellen Fluß der Membranlipide
nicht teil, sondern bleiben ihrem Kompartiment (z.B. dem Golgi-Apparat)
erhalten, was z.T. über "retrograde" Transportvesikel bewerkstelligt
wird.
Posttranslationale Modifikation und Reifung:
Einige der neu synthetisierten Proteine werden im rauhen
endoplasmatischen Retikulum glykosyliert, Disulfidbrücken werden
aufgebaut, eine tertiäre Struktur bildet sich aus. Im Golgi-Apparat
erfolgt dann eine postsynthetische Reifung, wie durch Umbau von
Zuckerketten, Sulfatierung und komplexe Glykosylierung. So entstehen
z.B. sulfatierte Proteoglycane, wie sie in Schleim und extrazellulärer
Matrix, aber auch an Zelloberflächen vorkommen.
Exozytose involviert die Fusion der Vesikel- mit der Zellmembran. Sie kann
konstitutiv
sein - das ist der fortwährende Prozess der Verschmelzung von Vesikeln
aus dem Golgi-Apparat mit der Zellmembran, deren Lipide und Proteine
dadurch erneuert werden. Dieser unregulierte Mechanismus findet sich bei den meisten Zelltypen; oder
reguliert
erfolgen - ein kontrollierter Vorgang in Zellen, die - vorgefertigte und zwischengespeicherte - Proteine (Hormone, Transmitter, Zytokine, Enzyme, Mucine) an ihre
Umgebung abgeben.
Oft sind die Vesikel dabei von einem Proteinkörbchen
(meist Clathrin) umgeben (vgl. Endozytose). Regulierte Sekretion wird über Signalstoffe wie Ca++ oder IP3 ausgelöst.
Über Exozytose und SNARE-Mechanismus s. dort
Der Golgi-Apparat ist in ein kernnahes
"Cis-Golgi-Netzwerk", einen "Golgi-Stapel" und ein zellmembranseitiges
"Trans-Golgi-Netzwerk" organisiert ( Abbildung). Er verteilt und modifiziert Membran- und sekretorische Proteine auf verschiedene subzelluläre Destinationen und kann sie glykosylieren (die Galactosyl-Transferase gilt als Leitenzym des Golgi-Apparates), sulfatieren oder mit Lipidgruppen anreichern (posttranslationale Prozessierung).
Er produziert sekretorische Bläschen (für Sekretvesikel) und lysosomales Eiweiß. Wird mehr
Membranmaterial für den Golgi-Apparat benötigt, liefert das
endoplasmatische Retikulum dieses nach.
Abbildung: Golgi-Komplex
Nach einer Vorlage in Boron W, Boulpaep E: Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016
Aus dem rauhen endoplasmatischen Retikulum
gelangen Proteine zur Modifikation und Sortierung in den Golgi-Apparat,
der sie an Vesikelsysteme weitergibt.
In dieser Abbildung ist beispielhaft die Aufbereitung der
Lysosomhydrolase gezeigt: Mit Mannose verknüpft kommt sie als Vorstufe
aus dem endoplasmatischen Retikulum (1), wird im Cis-.Netzwerk
phosphoryliert (2), im Trans-Netzwerk an einen Mannosephosphat-Rezeptor
gebunden (3), mittels abgesprossener Transportvesikel zu Endosomen
gebracht (4), wo eine Protonenpumpe den pH-Wert senkt (5) und das Enzym
dephosphoryliert wird (6). Der Rezeptor wird recycelt (7,8)
Das Trans-Netzwerk übernimmt die
Sortierung und Weiterleitung verschiedener Eiweiße - auch je nachdem,
ob das Protein in der Membran verbleibt oder sezerniert werden soll.
Dabei bilden sich Gruppen (Cluster) von Vesikeln, die an bestimmte
Zielorganellen "versendet" werden sollen.
Dynamik und Umfang: Der Golgi-Apparat einer Leberzelle nimmt etwa 2% des gesamten
Zellvolumens in Anspruch; eine Zelle kann über 200 Golgi-Felder
enthalten, und nach ~20 Minuten ist ein Golgi-Apparat durch Neubildung
vollständig ersetzt.
Mitochondrien s. auch dort
Diese ellipsoiden Zellorganellen gelten als die Kraftwerke der Zelle, sie bilden ATP
(Adenosintriphosphat) durch aeroben Stoffwechsel. Sie verfügen über
zwei Membranen (für Zellorganellen unüblich, aber durch ihre
endosymbiotische Herkuft erklärbar -
sie entstammen sauerstoffkonsumierenden Archaebakterien, die von frühen
Zellen aufgenommen wurden und deren oxidative Kapazität nutzten), was zwei getrennte Kompartimente mit unterschiedlicher Funktion ergibt:
Abbildung: Mitochondrium
Nach einer Vorlage in Carlson NR / Birkett MA, Physiology of Behavior, 12th ed. Pearson 2017
Oben:
Membranen und Kompartimente. Mitochondrien bestehen aus einer zentralen
Matrix (sozusagen das Zellplasma der Mitochondrien), umgeben von der
inneren Membran mit einer durch Einstülpungen (cristae) vergrößerten
Oberfläche. Zwischen der inneren und der äußeren Membran (hier fängt
das Zytoplasma an) liegt der Intermembranraum.
Unten: Funktionen.
Mitochondrien vollführen den Citratzyklus, ß-Oxidation von Fettsäuren,
Teile des Harnstoffzyklus und der Hämsynthese, und beinhalten
Pyruvatdehydrogenase (diese produziert aus Aminosäuren Acetyl-Coenzym A
für den Citratzyklus). Auch speichert die Matrix Calciumionen und
enthält mitochondrielle DNA. Die innere Membran trägt die Komponenten
der oxidativen Phosphorylierung. Der Intermembranraum ist reich an H+, enthält Nukleoside und Kreatinkinase
Die äußere Mitochondrienmembran trennt das Mitochondriensystem vom Zytoplasma. Sie enthält Porine, transmembranale Proteine mit einem Kanal, der <5kDa-Moleküle
passieren lässt (z.B. Aminosäuren, kurzkettige Fettsäuren, Pyruvat) und
so den Austausch essentieller Moleküle (z.B. ATP) zwischen Zelle und
Mitochondrium erlaubt.
Der Intermembranraum liegt zwischen äußerer und innerer Membran. In diesen Raum gelangen Wasserstoffionen aus dem Mitochondrium - über die Elektronentransportkette des oxidativen Systems (oxidative Phorphorylierung). H+-Einstrom durch die ATP-Synthase in der inneren Mitochondrienmembran treibt die ATP-Synthese an.
Die innere Mitochondrienmembran
ist der Ort, an dem die Elektronen transportierenden Proteine des
energiebildenden Systems untergebracht ist (Komplexe I bis V der
"Atmungskette", respiratory chain).
Sie ist nur für wenige kleine Moleküle direkt durchgängig (Atemgase,
Wasser, Ammoniak), alles andere muss via spezifische
Transporterproteine zwischen Matrix und Intermembranraum ausgetauscht
werden.
Die Mitochondrienmatrix
enthält zahlreiche Enzyme des
Citratzyklus, Fettsäuremetabolismus (ß-Oxidation), der Ketonkörpersynthese, des Harnstoffzyklus, der Hämsynthese. Die H+-Konzentration ist geringer (der pH-Wert höher) als im Intermembranraum, sodass H+ dazu tendiert, aus diesem durch die innere Membran in die Matrix zu diffundieren.
Das treibt ein Enzym (ATP-Synthase) an, das ADP phosphoryliert - das
Produkt ist der universelle Energieträger ATP, der durch die äußere
Mitochondrienmembran zum Zytoplasma der Zelle diffundiert und
verschiedenste Stoffwechselprozesse antreibt. Die Matrix dient außerdem
als Ca
++-Speicher.
In der Mitochondrienmatrix findet sich auch mitochondriale DNA (mtDNA), die mit 16,6 kb (Kilobasen) auf einem einzigen zirkulären Molekül 37 Gene
enthält (13 davon codieren Proteine, 24 RNA-Moleküle - 2 rRNA, 22
tRNA). Der genetische Code der Mitochondrien unterscheidet sich nur
minimal von dem der Maschinerie im Zellkern (4 Codone werden anders
interpretiert). Nur 13 der 80 Proteine, die für die oxidative Phosphorylierung
in den Mitochondrien benötigt werden, codiert das mitochondrielle Genom
- der Großteil der von den Mitochondrien benötigten Gene muss im
Zellkern abgelesen werden.
Bei der Ablesung (von beiden DNA-Strängen) entstehen multigene Transkripte, die anschließend in einzelne mRNA zerteilt werden (mitochondriale DNA hat keine Introns). Die Transkription erfolgt mittels mitochondrialer Ribosomen unter Verwendung mitochondrialer tRNA.
mtDNA wird ausschließlich von Müttern (über befruchtete Eizellen) weitervererbt (die Mitochondrien der Samenzellen bleiben "außen vor").
Mitochondrien (
vgl.
dort)
nutzen
Sauerstoff zur Energiegewinnung (Atmungskette) - die meisten Gene für
die Synthese der dazu benötigten Proteine sitzen in der nukleären,
nicht der mitochondrialen DNA,
speichern
Calciumionen (Ca
++-Homöostase),
vermitteln
spezielle Stoffwechselschritte (etwa 99% der mitochondrialen
Enzymausstattung sind von nukleärer DNA codiert - entsprechend ca. 1700
Genen) und
können programmierten Zelltod (
Apoptose)
mitverursachen.
Die Anzahl pro Zelle (meist um die 103 pro Zelle, entsprechend ~1/5 des Zellvolumens) hängt von deren Funktion ab -
Muskelzellen mit ihrem besonders hohen Energiedurchsatz (mechanische
Arbeit) enthalten viele, Fettzellen (Speicherfunktion) wenig,
Erythrozyten (hohe Verformbarkeit) überhaupt keine Mitochondrien.
Mitochondrien verfügen über eigene zirkuläre - mitochondriale - mtDNA
(kodiert 13 mitochondriale Enzyme; der Bauplan der restlichen ~85%
aller mitochondrial benötigten Enzyme ist im Zellkern kodiert) und
eigene mt-Ribosomen
(bestehend aus 70S- unsd 30S-Einheiten, typisch für Prokaryonten) für die Translation der mitochondriell kodierten Proteine.
Mitochondrien
entstehen ständig neu, nach 10-20 Tagen Lebensdauer werden sie
lysosomal abgebaut. Mitochondrien stammen ausschließlich von denjenigen
der Mutter ab, da Mitochondrien der Spermien bei der Befruchtung nicht
in die Eizelle eindringen.
Lysosomen, Peroxisomen, Granula
Lysosomen und Peroxisomen (microbodies;
jeweils mehrere hundert pro Zelle) bilden den "Magen der Zelle". Sie
bauen
zelleigene (Autophagie) oder endozytierte (Heterophagie), potentiell
giftige Substanzen ab - deren Komponenten können im Zytosol
wiederverwertet werden (andernfalls bleiben Residualkörper bestehen).
Lysosomen
sind Abspaltungen aus dem Golgi-Apparat und enthalten saure
Hydrolasen - Glykosidasen, Lipasen, Proteasen, Nukleasen, Phosphatasen
(Leitenzym saure Phosphatase), Sulfatasen, Lysozym. Protonenpumpen in
ihrer Membran stellen ein saures Milieu her (pH~5). Sie können
zelleigene Komponenten (wie denaturierte Proteine) oder auch
endozytierte Fremdstoffe abbauen, z.B. in
Granulozyten. Man kann sie als die "Müllverbrennungsanlage" der Zelle
sehen. Der Abbeu zelleigener Organellen (bzw. derer Komponenten) wird
als Autophagie bezeichnet (dabei wird auch Stoffwechselenergie gewonnen).
Peroxisomen
stammen nicht aus dem Golgi-Apparat, sondern bilden sich durch Teilung
schon vorhandener. Sie finden sich vor allem in Hepatozyten und
Nierenepithelzellen (Entgiftungsfunktion). Sie entziehen Zielmolekülen
Wasserstoffatome, indem sie diese oxidieren (daher der Name). Dazu
nützen sie Wasserstoffperoxid (H2O2), das durch Katalase (Leitenzym der Peroxisomen) abgebaut wird (bei solch aggressiven Vorgängen ist die Notwendigkeit der Kompartimentierung
- Abtrennung von Reaktionsräumen - besonders evident).
Weiters
übernehmen Peroxisomen einen Teil des Abbaus von Alkohol (zu
Acetaldehyd) und Fettsäuren (wobei H
2O
2 entsteht, anders als sonst beim Fettsäureabbau). Aus dem in den Peroxisomen gebildeten H
2O
2 entsteht durch Katalase-Aktivität Sauerstoff und Wasser.
Sekretionsgranula
finden sich in sekretorischen (z.B. endokrin aktiven) Zellen, wo
chemische Modifikationen ("Reifung") der zu sezernierenden Moleküle
stattfindet. Ihr Durchmesser beträgt <1 µm.
Die Membranen der Zellorganellen haben eine große
Oberfläche: So enthält 1 ml Lungengewebe eine
intrazelluläre Membran-Gesamtfläche von 10 m
2.
Apoptose: Die Zelle gibt sich auf
Im Körper des Menschen sterben jede Sekunde etwa 105 Zellen ab. Die meisten davon werden durch Neubildung ersetzt. Der Zelluntergang kann als Reaktion auf Beschädigung, Sauerstoff- oder Nährstoffmangel erfolgen; werden Zellen ungenügend versorgt, beschädigt (z.B. Hämolyse)
oder anderweitig verletzt, werden sie nekrotisch, schwellen
an, platzen, und der in die Umgebung gelangte Inhalt bewirkt eine Entzündung,
die Auswirkungen auf die lokale Durchblutung und allenfalls auf den
gesamten Körper hat.
Im Gegensatz dazu steht der durch spezifische Signale ausgelöste, geordnete, wohlkoordinierte programmierte Zelltod (PCD, programmed cell death), ausgelöst durch das Auftreten oder Ausbleiben spezifischer Faktoren.
Dabei bestimmt das Gleichgewicht
von Faktoren, die für "Überleben" oder "Tod" stehen, das Schicksal der Zelle; es tritt keine Entzündung auf (wie das bei einer Nekrose
der Fall wäre).
Programmierter Zelltod dient der gezielten Entfernung
unerwünschter, funktionsloser oder gefährlicher Zellen, mit anderen
Worten der zellulären Qualitätskontrolle. Im Rahmen der ontogenetischen
Entwicklung tauschen benachbarte Zellen ständig Signale aus, die
einerseits das Überleben von Zellen fördern (survival factors), sie andererseits zu programmiertem Absterben veranlassen (death signals). Die Fähigkeit zu programmiertem Zelltod bleibt zeitlebens erhalten.
Man unterscheidet mehrere Formen des programmierten Zelltods - Apoptose,
Autophagie u.a. Dabei können defekte Zellen entfernt werden (z.B.
unreife Lymphozyten), gefährliche (virusinfizierte Zellen,
autoaggressive T-Zellen, Zellen mit beschädigter DNA) oder unnötige /
überflüssige Zellen abgetötet werden (während der Embryogenese, z.B. überzählige Neuronen oder interdigitale Zellen).
Apoptose (Typ I-PCD) ist
eine von mehreren Formen des programmierten Zelltodes. Sie betrifft
einzelne (nicht Gruppen von) Zellen, die im Laufe des Vorgangs - der
durch heftige Bewegungen charakterisiert ist (die Zelle "kocht") -
nicht anschwellen, sondern schrumpfen (das Chromatin im Zellkern
kondensiert dabei). Schließlich entstehen membranumhüllte Bruchstücke
der Zelle (apoptotic bodies), die von Phagozyten aufgenommen und abgebaut werden.
Apoptose ist
der Suizid einer Zelle, bewirkt durch einen genetisch
programmierten Mechanismus der geordneten Zerstörung und gekennzeichnet
durch eine spezifische Abfolge biochemischer Vorgänge. Sie erlaubt das
Aussortieren redundanter Zellen (embryogenetische Organausformung,
Abschilferung von Epithelzellen, Entsorgung ausgedienter Leukozyten) -
etwa 1010 Zellen pro Tag.
Abbildung: Apoptose
Modifiziert nach einer Vorlage in Kumar / Abbas / Fausto: Robbins and Cotran Pathologic Basis of Disease, 7th ed. Saunders 2004
Links intrinsischer Weg (mitochondrial), rechts extrinsischer (Todesrezeptor- mediierter) Mechanismus.
Caspasen werden aktiviert, die Zelle spaltet sich in Komponenten auf, Ausbuchtungen (blobs) werden zu Apoptosekörperchen und diese von Makrophagen oder anderen Nachbarzellen erkannt und phagozytiert.
Bax und Bak - sie öffnen mitochondielle spannungsabhängige Anionenkanäle (VDAC, voltage-dependent anion channels), was zu Freisetzung von Cytochrom c führt - sind Mitglieder der Bcl2-Proteinfamilie und als solche Regulatoren der Apoptose
Zellen brauchen für ihre Funktionalität die Anwesenheit nicht nur von
Nährstoffen, Elektrolyten, Sauerstoff etc, sondern auch die Anregung durch gewebespezifische trophische Faktoren, Zytokine, Hormone oder interzelluläre Kontakte (Integrine, Adhäsionsmoleküle). Diese
wirken jeweils nur in definierten Mustern auf eine bestimmte Zellart,
sie sind nicht austauschbar. Bringt man eine Zelle aus ihrer
physiologischen Umgebung, trifft sie auf andere (oder kein) Muster
anregender Stoffe und stellt ihre Funktionen ein, sie stirbt.
"Überlebensfaktoren" wirken über Rezeptoren in der Zellmembran und aktivieren kontinuierlich antiapoptotische Substanzen in der Zelle. Apoptose erfolgt automatisch (als default response), wenn solche stimulierende Faktoren aus der Umwelt der Zelle ausbleiben (death by neglect).
Neben der Abwesenheit von Überlebensfaktoren ist die Aktivierung sogenannter Todesrezeptoren eine zweite Möglichkeit für die Auslösung einer Apoptose. Dabei handelt es sich meist um Mitglieder der TNF-Rezeptorfamilie (TNFR, tumor necrosis factor receptors), auch als Fas-Rezeptoren bezeichnet (nach "FS-7-associated surface antigen" - auch CD95). Der entsprechende Bindungspartner des Rezeptors heißt dann Fas-Ligand ( Abbildung unten). Daneben gibt es zahlreiche weitere "Todesrezeptoren", z.B. PD-1 (nach "programmed cell death"), ein Immuncheckpoint-Rezeptor, der auf T-Lymphozyten aktiviert werden kann.
Apoptosemarker: Zellen, die in die Apoptose eintreten, schichten einige Membranbestandteile um (durch ein Enzym namens Scramblase, ein Mitglied der Flippase-Lipidtransporter-Proteinfamilie) und lassen so ihre Bereitschaft für programmierten Zelltod erkennen. Phosphatidylserin - ein physiologischer Bestandteil von Zellmembranen, z.B. ~15% der Phospholipide in Zellen des Gehirns - spielt eine Rolle bei der Erkennung apoptotischer Zellen: Gesunde Zellen tragen Phosphatidylserin
fast ausschließlich in ihrer (zytoplasmatischen) Innenschicht;
apoptotische Zellen vermehrt (>10%) auch in der (an ihre Umwelt
grenzende) Außenschicht, was
von Phagozyten und anderen Zellen (dendritischen Zellen, Fibroblasten,
Epithelzellen) erkannt wird und den Abbau der Zelle fördert. Das
Entfernen abgestorbener Zellen wird als Efferocytose bezeichnet, dabei werden die Zellen phagozytiert, bevor ihre Membranen für toxische Inhaltsstoffe durchlässig werden und diese in die Umgebung freigeben.
Apoptose eliminiert unerwünschte Zellen
Wenn diese
nicht mehr benötigt werden (z.B. im Rahmen ontogenetischer
Entwicklungsschritte; im Rahmen der
Gehirnentwicklung sterben ~50%
der ursprünglich angelegten Zellen apoptotisch ab)
Wenn Zellen am Ende ihrer
physiologischen Lebensspanne stehen (Erneuerung z.B. von
Blutkörperchen, Gewebsregeneration z.B. in Epithelien)
Bei
Zelldefekten
(z.B. nach allzu fehlerhafter mitotischer
DNA-Replikation)
Ablauf und Faktoren: Bei zunächst intakter Zellmembran und intakten
Zellorganellen kommt es zu Abrundung der Zelle, Schrumpfung des
Zytoplasmas, Kondensierung des Kernmaterials, das
Zytoskelett verliert seine Struktur, die Kernhülle löst sich auf, das
Chromatin zerbricht und die DNA wird durch
Endonukleasen abgebaut, und es entstehen von Zellmembran
umhüllte Fragmente (apoptotische Körperchen).
Veränderungen in der
Zellmembran (wie die Verlagerung von Phosphatidylserin-Molekülen an deren Außenseite) werden von Makrophagen
als Zeichen einer Apoptose erkannt, worauf hin sie die Zelle
phagozytieren. Nachbargewebe bleibt
unbeschädigt.
Die Schlüsselenzyme, welche Apoptose der Zelle durchführen, sind spezielle Proteasen, die normalerweise in inaktiver Form (als Procaspasen) vorliegen und - wenn durch Schlüsselreize "scharf
gemacht" - mit
Cystein in ihrem aktiven Zentrum Zielproteine am C-Ende von Aspartatresten
aufschneiden: Man hat sie daher Caspasen genannt .
Caspasen spalten sehr spezifisch Zielproteine (Strukturelelemente,
Enzyme) an definierten Aminosäuresequenzen - einige Proteine werden dadurch
inaktiviert, andere aktiviert. Dabei laufen Sequenzen über mehrere
(etwa 9) Caspasen ab - einige lösen die Apoptose aus, andere leiten ihre
Endphase ein.
Procaspasen
kommen in der Zelle als natürliche Bestandteile vor. Sie verfügen über
eine N-terminale Prodomäne, deren Abspaltung sie aktiviert. Man teilt
sie in zwei Hauptklassen ein, Initiator-
und Effektor-Procaspasen ( Abbildung unten):
Initiator-Procaspasen
(z.B. Caspase 8, 9) finden sich im Zytoplasma in monomerer Form, in der
sie inaktiv sind (einmal aktiviert, können sie sich selbst weiter
aktivieren - Autoaktivierung). Taucht ein apoptotisches Signal
auf - entweder von außen ("Todesrezeptoren") oder von innen
(mitochondrial) ausgelöst -, lagern diese sich über Wirkung von
Adapterproteinen zu Komplexen zusammen, die (durch gegenseitige
enzymatische Wirkung) zu aktiver Caspase werden und Effektor-Procaspase
aktivieren.
Effektor-Procaspasen
(z.B. Caspase 3, 6, 7) liegen normalerweise in dimerer Form vor, die inaktiv
ist. Die Aktivierung erfolgt durch "gezündete" Initiator-Caspasen. Als
Ziele kommen über 103 verschiedene zelluläre Proteine in
Frage - u.a. interzelluläre Adhäsionseiweiße (Ablösung vom
Zellverband), Bestandteile des Zytoskeletts (Formverlust) oder der Hülle des Zellkerns (Abbau nukleärer Lamine, das sind
Intermediärfilamente der
Kernmembran). Auch zytoplasmatische DNase wird durch Effektorcaspasen aktiviert (durch Spaltung eines Inhibitor-Proteins).
Caspasen
sind intrazelluläre Proteasen, deren aktives Zentrum Cystein enthält
und die am C-Terminus ihrer Zielproteine an Aspartat schneiden. Die
meisten sind Bestandteile enzymatischer Kaskaden, an deren Ende die
Apoptose der Zelle steht.
Abbildung: Wege der Apoptose
Nach einer Vorlage in Strachan / Read, Human Molecular Genetics, 5th ed. 2020 (CRC Press)
Der extrinsische Weg der Apoptose involviert die Aktivierung eines "Todesrezeptors" (Fas)
an der Zelloberfläche durch einen Liganden auf einer benachbarten Zelle
(links oben angedeutet). Dabei wird der normalerweise in monomerer Form
vorliegende Fas-Rezeptor trimerisiert (durch den trimeren Liganden).
Clustering des Fas-Rezeptors rekrutiert ein FADD-Adapterprotein (Fas-associated death domain protein). FADD dient als "Schablone" zur Rekrutierung und Autoaktivierung von Procaspase 8.
Der intrinsische Weg der
Apoptose wird durch Belastung / Beschädigung zellulärer Organe (z.B.
Hypoxie, Chemikalien, ionisierende Strahlung) über Komponenten von
Mitochondrien oder des endoplasmatischen Retikulums aktiviert. So
entstehen in der äußeren Mitochondrienmembran aus proapoptotischen Faktoren wie Bax-Oligomeren Poren, durch welche Cytochrom c in das Zytoplasma entweicht und Apaf1 (apoptotic protease-activating factor 1) aktiviert. Cytochrom c löst die Formierung eines Apoptosoms aus, das Procaspase
und schließlich die selben Effektorcaspasen aktiviert (Caspase 3, 6, 7)
wie der extrinsische Weg
Apoptose kann durch
innere (DNA-Schäden, falsch gefaltete Proteine) oder
äußere Signale (wie Binden von TNF-α, Fehlen von Wachstumsfaktoren) ausgelöst werden:
Von außen ausgelöste (extrinsische, rezeptormediierte) Apoptose (Todesrezeptor- Signalweg): Bestimmte Liganden können den Zell-Suizid von außen triggern, z.B.
Zytokine wie TNF (zahlreiche "Todesrezeptoren" gehören zur TNF-Superfamilie - z.B. Fas, s. Abbildung)
Retinsäure,
Glucocorticoide
u.a.
Solche Liganden binden an die extrazelluläre Domäne von Todesrezeptoren, die intrazellulär eine Todesdomäne (death domain) haben, welche das Apoptoseprogramm starten können. Diese Rezeptoren gehören zur
TNF-Rezeptorfamilie, zu der auch der Todesrezeptor Fas (CD95) gehört. Letzterer wird durch Fas-Liganden auf zytotoxischen T-Zellen aktiviert.
Fas (CD95) ist ein "Todesrezeptor". Er vermittelt u.a. die Apoptose von Lymphozyten im Rahmen der Selbsttoleranz. Der Fas-Ligand (CD95-Ligand) wird von zytotoxischen (CD8+) Lymphozyten exprimiert, er bindet an Fas und führt zur Apoptose der Fas-tragenden Zelle.
Mutationen des FAS-Gens führen zu systemischen Autoimmunerkrankungen.
Bindet der Fas-Ligand an den Fas-Rezeptor anderer Zellen, führt dies zu deren
Apoptose, was für die T-Zell-Homöostase bedeutsam zu sein scheint (
s.
dort).
Ist die Todesdomäne aktiviert, triggert sie Adapterproteine, die
ihrerseits Initiator-Caspasen "einschalten". Dies lässt aus
Todesrezeptoren
todesinduzierende Signalkomplexe (
death-inducing signaling complex DISC) entstehen, und diese aktivieren Effektor-Caspasen.
Extrinsische Apoptose ist für die Entwicklung / Funktion einiger Gewebe / Organe
erforderlich, wie in der
Embryogenese: So
unterziehen sich Zellen der Handanlage zwischen den Fingern einer
Apoptose, es entstehen die Fingerstrahlen; zahlreiche Neuronen im sich entwickelnden Gehirn "beschließen" zu sterben.
Von innen ausgelöste (endogene) Apoptose
(intrinsischer / mitochondrialer Weg, Stressor-Stimulation): Starke Belastung oder Beschädigung zellulärer Schlüsselsysteme lösen programmierten Zelluntergang aus. Beispielsweise das endoplasmatische Retikulum: Hier kann eine länger dauernde Störung der Ca++-Homöostase
(eine Hauptfunktion des EPR) oder eine Anhäufung falsch gefalteter
Proteine (deren Entfernung zu den Aufgaben des EPR gehört) Apoptose
triggern. Oder Mitochondrien, die bei entsprechender Reizung Cytochrom c in das Zytosol austreten lassen.
Dieser Mechanismus unterliegt einer komplexen Kontrolle, z.B. durch
Bcl-2-Proteine (nach B-cell lymphoma), die sich gegenseitig beeinflussen können. Diese regulatorischen Proteine wirken unterschiedlich auf den Apoptoseverlauf: Antiapoptotische bremsen, proapoptotische fördern ihn. Es sind die ersten Regulatorproteine, deren Wirkung auf die Apoptose nachgewiesen wurde.
Verschiedene Probleme
in der Zelle können den intrinsischen Weg auslösen, wie
Hitze,
Strahlung (inklusive UV-Licht),
Gifte (z.B. Zytostatika),
Sauerstoffmangel,
Schäden an der DNA (nach der
S-Phase).
So hat z.B.
Cytochrom c -
normalerweise im mitochondriellen Intermembranraum zu Hause - nichts im
Zellplasma zu suchen. Vermehrte
Durchlässigkeit beschädigter Mitochondrien führt zur Freisetzung
des Cytochrom c in das Zytoplasma, es wirkt dann als pro-apoptotisches
Molekül
(death inducer). Die Freisetzung von Cytochrom c kann durch Faktoren
der
Mitochondrienmembran verhindert werden.
Apoptose läuft im Rahmen einer
proteolytischen Kaskade
ab und unterliegt mehrfacher
Regulierung. So verteidigen apoptose-hemmende Proteine (
IAPs:
Inhibitors of apoptosis proteins) die Integrität der Zelle, indem sie Caspasen hemmen, manchmal auch zum Abbau freigeben.
Apoptosefördernde (
proapoptotische) und apoptosehemmende (
antiapoptotische)
Faktoren stehen in einem
Gleichgewicht, das bei
Triggerung zugunsten des Zelluntergangs auf die proapoptotische Seite
verschoben wird.
Abbildung: Die zwei Signalwege der Apoptose (vgl. Abbildung oben)
Nach einer Vorlage in Ritter / Flower / Henderson / Loke / MacEwan / Rang, Rang & Dale's Pharmacology, 9th ed. Elsevier 2020
Der "Todesrezeptorweg" (death receptor pathway, links)
wird über Bindung entsprechender Liganden (z.B. TNF; "Fas-Ligand") an seine
Rezeptoren aktiviert. Das stößt über Adapterproteine die Aktivierung
von Initiatorcaspasen an (z.B. Caspase 8), die wiederum
Effektorcaspasen (z.B. Caspase 3) aktivieren.
Den mitochondrialen Weg (mitochondrial pathway, rechts)
aktivieren verschiedene Reize, u.a. irreparable Schäden an der DNA. Das
p53-Protein bewirkt die Freisetzung von Cytochrom c aus Mitochondrien,
und über die Initiatorcaspase 9 wird die Apoptose aktiviert.
Proteine der Bcl-2-Familie
können pro- oder antiapoptotische Wirkung haben - letzteres in
Zusammenhang mit dem Einfluss von "Überlebensfaktoren" (trophische
Faktoren, Wachstumsfaktoren, Adhäsionsmoleküle, Integrine etc), der
über entsprechende Rezeptoren erfolgt.
Mikro-RNAs (miRNA)
sind "nicht-codierend" und hemmen die Transkription zahlreicher (etwa
30% aller proteincodierenden) Gene. Durch Inhibition der Transkription
antiapoptotischer Bcl-2 können sie die Apoptose anregen
Apoptose wird durch extrazelluläre Überlebensfaktoren gehemmt.
Meist binden diese an Rezeptoren an der Zellmembran und aktivieren so
Signalwege, die eine Apoptose zu verhindern helfen (Abbildungen). Gesunde Zellen
verhindern auch durch eigene Signalproteine, von
Phagozyten attackiert zu werden, indem sie an inhibierende Rezeptoren
in der Makrophagenmembran binden.
Umgekehrt kann das Fehlen von Wachstumsfaktoren Apoptose triggern. Antiapoptotische Bcl-2-Proteine werden über Rezeptoren angeregt, die durch extrazelluläre "Überlebensfaktoren" (survival factors, s. Abbildung) - z.B. Neurotrophine (das sind Proteine, die Überleben, Wachstum und Differenzierung von Nervenzellen betreiben) - stimuliert werden.
Bestimmte hormonsensitive Zellen gehen zugrunde, wenn sie keine anregenden Signale empfangen (Beispiele: Lymphozyten ohne Antigen- / Zytokinreiz, Neurone ohne
NGF).
Die Abwesenheit dieser für die betreffenden Zellen essentiellen
Faktoren löst bei ihnen intrinsische Apoptose aus - ein physiologischer
Bestandteil immunologischer Auslese und mehrerer Vorgänge im Rahmen der Ontogenese (Rückbildung von Strukturen der "phylogenetischen Erinnerung").
Ein zentrales
Auslösermolekül ist das Tumorsuppressor-Protein p53,
das in einer gesunden Zelle nur in geringer Konzentration vorliegt und als Kontrollfaktor im Zellzyklusfungiert.
Bei Vorliegen von Schäden (z.B. irreparablen
DNA-Defekten) tritt es vermehrt auf und trägt zur
Eliminierung von Zellen bei, die u.a. potentiell zu Krebszellen werden
könnten. Schaltet die Zelle auf "Apoptose", aktiviert p53 das
(ebenfalls für die Steuerung des Zellzyklus entscheidende) Protein p21 und proapoptotische Bcl-2-Proteine (Bid) - Bid (BH3 interacting-domain death agonist),
Bax (Bcl-2-associated X protein), Bak (Bcl-2 homologous antagonist killer).
Abbildung: Apoptosom
Nach Yuan S et al. Structure of an apoptosome-procaspase 9 CARD complex. Structure 2010; 18: 571-83
Blick auf eine heptamere Form eines Apoptosoms in einer menschlichen Zelle. Um eine zentrale radnabenförmige Ringstruktur (hub)
sind je sieben armförmige Fortsätze angeordnet, mit daran befestigten
regulatorischen Regionen, auf denen Cytochrom c zu liegen kommt.
Eine Apaf-1-Region ist türkis umrahmt dargestellt
NBD, nucleotide binding domain; HD1, first helical domain; WHD, winged helix domain; HD2, second helical domain
Überwiegt die Wirkung proapoptotischer (gegenüber
antiapoptotisch wirkenden) Bcl-Proteine, ist der Zelluntergang
eröffnet: Bax- oder Bak- Oligomere bilden Poren in der Mitochondrienmembran, durch welche Cytochrom c austreten kann. Dieses komplexiert dann mit dem Protein Apaf-1 (apoptotic protease-activating factor 1) und mit Procaspase 9. Um das Apaf1-Adapterprotein bildet sich - bei Anwesenheit von Cytochrom c und ATP - ein Apoptosom ( Abbildung), ein multimolekularer (heptamerer) Enzymkomplex, der die Aktivierung von Caspasen im intrinsischen Apoptoseweg auslöst.
Zellen, die einer Apoptose unterlaufen, verlieren den Kontakt zu ihren
Nachbarzellen und stülpen ihre
Membran so um, dass sie die Zellbestandteile in Vesikel einschließen,
die dann von Makrophagen
(Histiozyten) "entsorgt" werden können - ohne dass es zu einer Entzündungsreaktion kommt. Dabei wird auch das Genom
geordnet abgebaut (Caspase-aktivierte Desoxyribonuklease, CAD).
Channelopathien (Ionenkanalerkrankungen) sind genetisch bedingte Abnormitäten in Form und Funktion von Ionenkanälen. So können Veränderungen an
Natriumkanälen Krämpfe, Muskel- und Herzerkrankungen bedingen; an
Chloridkanälen
Bewegungsstörungen, Nierenfunktionsprobleme und Taubheit. Verschiedene
Ionenkanalerkrankungen können auch Epilepsieneigung zur Folge haben.
Hypothalamisch
bedingte Unfruchtbarkeit kann durch diskontinuierliche Gabe von
Gonadotropin behandelt
werden. Die Frequenz der hypothalamischen Hormonfreisetzung ist auf die
Dauer der Refrakterität an den Empfängerzellen abgestimmt.
Dauerinfusion des Hormons hätte nur geringen Effekt (Reduktion der Rezeptorzahl,
receptor downregulation).
Tuberkelbakterien
(Mycobacterium tuberculosis, Erreger der Tuberkulose) verhindern die Fusion der Phagosomen (in die sie von Makrophagen
aufgenommen wurden) mit Lysosomen und können so in der Zelle überleben,
obwohl sie phagozytiert wurden.
Der Aufbau von
Mikrotubuli kann durch
Spindelgifte behindert werden. Beispielsweise wird
Colchicin zur
Behandlung akuter Gichtanfälle genutzt, weil es die
Wanderung von
neutrophilen Granulozyten und damit den akuten Entzündungsprozess
hemmt.
Ein weiteres Beispiel:
Zytostatika
wie
Vincristin und
Vinblastin führen zum Zerfall von Mikrotubuli, was
vor allem Zellen mit hoher Teilungsrate betrifft und damit
Tumorwachstum eindämmt - allerdings auch den Mikrotubulus-Mechanismus
der Nervenzellen, was die neurotoxischen Nebenwirkungen erklärt.
Der Körper besteht zur Hälfte seiner Masse aus Zellen - bestehend zu
70% aus Wasser, 15-20% Eiweiß, ~10% Nukleinsäuren, Elektrolyten u.a.
Teilweise sind sie polar
aufgebaut, z.B. Epithelzellen mit einer apikalen und einer
basolateralen Membran, gegeneinander abgedichtet und
funktionsabhängig mit unterschiedlichen Membranproteinen ausgestattet.
Gase gelangen direkt,
Wassermoleküle über Aquaporine, Elektrolyte über Ionenkanäle; Glucose,
Aminosäuren u.a. über Transporter durch Biomembranen. Stoffe
können auch über Endozytose in die, über Exozytose aus der Zelle
gelangen (Transzytose: durch die Zelle hindurch). Extrazellulärer
Stoffaustausch ist zwischen Zellen möglich (parazellulärer Transport),
die keine extrazelluläre Abdichtung (Schlussleisten) aufbauen
Zellmembranen
grenzen ab - gegen andere intrazelluläre Kompartimente oder den
Extrazellulärraum -, lassen aber gezielten Stoffaustausch und
Kommunikation zu - über Rezeptoren, Permeasen, Austauscher, Cotransporter, Pumpen oder andere Strukturen, die zum Großteil aus
Protein bestehen. Gase und lipophile Stoffe können direkt durch die
Membran diffundieren. Grundbaustein von Zellmembranen sind
Phospholipide (>50%), sie wirken
hydrophob und separieren (hydrophile) Funktionsräume. Die Ausstattung
mit Lipiden, Proteinen und Kohlenhydraten ist seiten-, kompartiment-
und zellspezifisch. Das gesamte Membranmaterial wird innerhalb von ~3
Wochen vollständig erneuert
Integrale Proteine sind in Membranen verankert, meist mittels
α-helikaler Sequenzen aus ~20 vorwiegend hydrophoben Aminosäuren.
Permeasen,
Transporter, Pumpen haben Innenporen mit vorwiegend hydrophilen
Aminosäuren.
Der transmembranale Stoffaustausch hängt ab vom Konzentrationsgefälle
für die jeweilige Substanz, vom elektrischem Potential an der Membran
(Ionen), und der Permeabilität der Membran für den
jeweiligen Stoff. Proteine sind in der Membran frei
beweglich (Lateraldiffusion), können aber auch Ansatzpunkt für extra-
und intrazelluläre Gerüststrukturen sein. Sie wirken z.B. als Enzyme,
Rezeptoren, Erkennungsstrukturen (Glykolipide, Glykoproteine,
"Glykokalyx-Ausweis")
Diffusion ist die Verteilung von Teilchen nach ihrem
Konzentrationsgefälle (das durch Transportprozesse aufgebaut wurde).
Die Menge eines Stoffes, der über eine Grenzfläche diffundiert, ist
proportional der Austauschfläche und dem Konzentrationsgrandienten
sowie umgekehrt proportional der Diffusionsstrecke (Fick'sches Gesetz).
Der Krogh'sche Diffusionskoeffizient kennzeichnet die spezifische
Beweglichkeit (Permeabilität) der Substanz in der Matrix. Osmose ist
die Strömung von Wasser durch Grenzflächen (Zellmembranen), die für
gelöste Moleküle schwer passierbar ist - in Richtung der höheren
Konzentration der gelösten Teilchen. Die
Osmolarität gibt die Konzentration gelöster Stofe an; isoton nennt man
Flüssigkeiten mit gleicher osmotischer Konzentration wie Blutplasma
(~285 mOsm/l)
Stoffe diffundieren nach ihrem elektrochemischen Gradienten ("passiv"),
werden mit dem Gradienten eines anderen gegen ihren eigenen Gradienten
mitgenommen (Cotransport) oder ausgetauscht (Antiport - sekundär
aktiv), oder unter Energieaufwand (ATP) befördert (primär aktiver
Transport). Permeasen können "geschlossen", "offen" oder "inaktiviert"
sein. Der Zustand wechselt 1-100 mal pro Mikrosekunde (Transporter
wechseln ihre Konformation höchstens einmal pro Millisekunde). Die
Wahrscheinlichkeit des "Offen"-Zustandes bestimmt die Permeabilität,
sie kann durch verschiedene Faktoren (z.B. Transmitter) beeinflusst
werden.
Ist eine Permease für ein Ion selektiv durchgängig, wird sie nach dem
Ion benannt ("Kaliumkanal", "Natriumkanal"). Das
Gleichgewichtspotential für ein Ion ist die Membranspannung, welche
seine Diffusion verhindert
In Blutplasma und anderen extrazellulären Flüssigkeitn ist Natrium das
Kation, Chlorid das Anion mit der höchsten Konzentration. Im Zytoplasma
ist Kalium das Kation mit der höchsten Konzentration. Ausfall
ATP-betriebener Transporter wie der Na-K-Pumpe führt zu Anreicherung
von Kationen in der Zelle sowie zu osmotischem Wassereinstrom
(Schwellung)
Das Zytoskelett
hat
Aktinfilamente, Intermediärfilamente (belastbar,
über Adhäsionspunkte / Desmosomen mit Nachbarzellen verbunden),
Myosinfilamente (Verformung, Bewegung, Kontraktion), Mikrotubuli
(Hohlzylinder aus Tubulin für intrazellulären Transport, als
Spindelapparat der Zellteilung). Koordinierte Aktivität von Aktin- und
Intermediärfilamenten, Mikrotubuli, Myosin und zahlreichen
Hilfsproteinen ermöglicht stabile Struktur, Form und Bewegung von
Zellen. Der Zellkern
hat den Großteil der genetischen Information (typischerweise ~10%
des Zellvolumens), Nucleoli produzieren Ribosomen, Kernporen erlauben
selektiven Moleküldurchtritt. Das glatte endoplasmatische Retikulum speichert Ca++,
nimmt an Biotransformation teil, glukuroniert Biliruin, synthetisiert
Membranmoleküle, Fettsäuren und Steroide; das rauhe bildet Proteine
(Translation). Vesikel separieren, speichern, modifizieren, sortieren und transportieren ihren Inhalt. Der Golgi-Apparat
modifiziert, transportiert und verteilt seinen Inhalt; er besteht aus
einem kernnahen "Cis-Golgi-Netzwerk", einem "Golgi-Stapel" und einem
zellmembranseitigen "Trans-Golgi-Netzwerk". Innerhalb von ~20 Minuten
kann ein Golgi-Apparat vollständig neu gebildet werden, eine Zelle kann
über 200 Golgi-Apparate enthalten. Mitochondrien (meist ~103 pro Zelle, ~1/5 des Zellvolumens, Lebensdauer 10-20 Tage) nutzen Sauerstoff zur Energiegewinnung (Atmungskette), speichern Ca++,
sind enzymatisch aktiv und können Apoptose triggern. Lysosomen und
Peroxisomen bauen zelleigene (Autophagie) oder endozytierte
(Heterophagie) Stoffe ab
Apoptose ist die komplex regulierte "Selbstaufgabe" der Zelle, wenn
diese überflüssig oder nicht funktionstüchtig geworden ist. Sie kann
durch innere (DNA-Schäden, falsch gefaltete Proteine,
Fehlen von Wachstumsfaktoren) oder äußere Signale (z.B.
TNF-α) ausgelöst werden: Endogene (intrinsischer / mitochondrialer Weg
- Sauerstoffmangel, Strahlung, Hitze, Gifte) vs. extrinsische
(rezeptormediierte) Apoptose (Todesrezeptor-Signalweg). Caspase ist
eines der beteiligten Enzyme. Zytoplasma und
Kern schrumpfen und werden abgebaut, die Zelle wird fragmentiert und
verliert den Kontakt zu ihren Nachbarzellen; Nachbargewebe bleibt
unbeschädigt. Manche Zellen gehen zugrunde, wenn sie keine anregenden
Signale empfangen (Wachstumsfaktoren, Zytokine, Antigen). Es gibt
proapoptotische und antiapoptotische Faktoren; wird deren
Gleichgewicht zugunsten des Zelluntergangs verschoben, resultiert
Apoptose
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