Hormonelle Steuerung der Nierenfunktionen
Der tubuläre Transport einiger Stoffe
unterliegt hormoneller Kontrolle, z.B. Natrium
durch Aldosteron, Calcium durch Parathormon.
s. auch Übersicht
Abbildung: Aquaporine, Vasopressin, Wassertransport in Sammelrohren
Vasopressin (AVP) bindet basolateral an V2-Rezeptoren (V2R) und fördert über die Wirkung von Proteinkinase A (PKA) die
Insertion vorhandener (vesikulär gespeicherter) Aquaporin-2-kanäle (AQP2) in die
luminale (apikale) Membran der Tubuluszellen, sowie die Expression von neuem AQP2.
In den Sammelrohren betritt Wasser die Tubuluszellen apikal (harnseitig) über
Aquaporin-2-Kanäle und verlässt sie basolateral (Interstitium: blutseitig)
über Aquaporin-3- und 4- Kanäle (AQP3, AQP4)
~15% der Rückgewinnung von
primär filtriertem Wasser steht unter dem Einfluss von Adiuretin (=Vasopressin). Vasopressin regt in der Niere V2-Rezeptoren an. Diese GPCRs bewirken über cAMP und Proteinkinase A, dass Tubuluszellen aquaporin-2-hältige zytoplasmatische Vesikel
in ihre luminale Membran der Hauptzellen integrieren (
Abbildung).
Zusätzlich fördert Vasopressin die Synthese neuer Aquaporin-2-Moleküle.
Aquaporine sind komplexe Membranproteine, welche
die Permeabilität der Zellmembran stark
erhöhen. Sie ermöglichen es Wassermolekülen, dem osmotischen Gradienten folgend aus den Sammelrohren in das hypertone Nierenmark zu diffundieren (Osmose).
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Abbildung: Verteilung von Aquaporinen im Nephron
Aquaporin
1 (AQP1) findet sich im proximalen Tubulus sowohl in der apikalen als
auch basolateralen Membran der Epithelzellen. Der apikale Bürstensaum
verfügt zusätzlich über AQP7. Die proximalen Tubuli resorbieren ~70% des glomeruläre filtrierten Wassers.
Die absteigenden Schenkel der Henle-Schleifen resorbieren ~20% des glomerulär filtrierten Wassers mittels AQP1 in der apikalen und basolateralen Membran der Tubulusepithelzellen.
Die Sammelrohre sind bedingt permeabel für Wasser (0 bis 9% der
glomerulär filtrierten Menge können rückresorbiert werden): AQP2 (unter
Vasopressinwirkung) in den apikalen, AQP3 und AQP4 in den basolateralen
Membranen
Aquaporin 1 findet sich in Epithelzellen des proximalen Tubulus
das vasopressinabhängige Aquaporin 2 in der apikalen Membran von Sammelrohrepithelzellen
Aquaporin 3 und Aquaporin 4 befindet sich immer (konstitutiv) in der basolateralen Membran von Sammelrohrepithelzellen.
Wenn also Wasser im Körper zurückgehalten werden soll (Antidiurese), kann es durch Vasopressinwirkung über die apikale Membran in Hauptzellen des Sammelrohrepithels eindringen
(Genaktivierung und Transkription sowie Exozytose vorhandener
Speichervesikel, Einlagerung von Aquaporin-2-Kanälen), durch die Zelle
diffundieren und anschließend durch die basolaterale
Membran über - konstitutiv dauerhaft präsente - Aquaporin 3- und 4-
Kanäle die Zelle wieder verlassen und über den Kreislauf zur Hydrierung
des Körpers beitragen.
Vasopressin wirkt auch auf die glomeruläre Filtration: Es kontrahiert Zellen des Mesangiums,
was den Filtrationskoeffizienten senkt und die Filtrationsleistung
verringert. Auch hemmt Vasopressin die Freisetzung von Renin.
Maximale Antidiurese erfolgt bei starker Vasopressinwirkung, sie kann
den Harn bis auf ~1200 mOsm konzentrieren, bedingt hauptsächlich durch
die Anwesenheit von Kochsalz und Harnstoff. Bei geringer Vasopressinwirkung hingegen nimmt die Menge der Harnausscheidung zu, die Osmolalität des Harns ab.
AVP-Rezeptoren finden sich an
Epithelzellen des Sammelrohrsystems, hier erfolgt die hormonabhängige
Wasseraufnahme (
Abbildung), die bis zu einem Liter Wasser pro Stunde zurückgewinnen kann (maximale Antidiurese).
Versagen
des Vasopressinmechanismus führt zu Diabetes insipidus
("Wasserharnruhr"; Harnausscheidung bis zu >20 l/d). Meist ist das
Aquaporin 2 betroffen, das hormonabhängig in die Tubulusmembran
eingebaut wird (nephrogener Diabetes insipidus).
Abbildung: Unterschiedliche Wasserpermeabilität der Nephronabschnitte
Nach einer Vorlage in Brenner BM, ed.: The Kidney. Saunders, Philadelphia 1996
Die
höchste Permeabilität hat der proximale Tubulus und der absteigende Schenkel der Henle-Schleife, die geringste der distale
Tubulus. Die Permeabilität des Sammelrohrs ist vasopressinabhängig
(grüne Säulen).
Abszisse logarithmisch - die Permeabilitätswerte unterscheiden sich um bis zum Mehrhundertfachen
Alkohol hemmt die Freisetzung
von Vasopressin und führt zu Wasserdiurese und Dehydration ("Kater"
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), der Körper verliert Wasser
Nikotin fördert die Vasopressinausschüttung und hemmt damit die Wasserausscheidung, Körperwasser und Körpergewicht nehmen zu
Regulationsbreite:
Trinken exzessiver Flüssigkeitsmengen kann zur raschen Bildung von
mehreren Litern stark verdünnten Harns (deutlich unter 100 mOsm)
führen, umgekehrt bringt ein "Durstversuch" bis ~4-fache Harnkonzentrierung (~1200 mOsm). Der Morgenharn spiegelt die Durstphase der Nacht wider: Seine Osmolalität ist etwa dreifach erhöht, auf ~900 mOsm.
Geringe Diurese reduziert die Harnstoffausscheidung. Bei abnehmendem Harnvolumen - wenn die glomeruläre Filtration abnimmt, oder bei vasopressinbedingter Antidiurese
- gelangt nur eine relativ geringe Flüssigkeitsmenge in das distale
Sammelrohrsystem. Das erhöht hier die Konzentration an Harnstoff,
dessen Rückresorption zunimmt - die Harnstoff-Chlearance nimmt ab. Die
Harnstoffkonzentration im Nierenmark und auch die im Blutplasma nimmt
zu.
Antidiurese reduziert die Harnstoffclearance
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Natrium vs. Kalium: Der distale Tubulusapparat resorbiert ~5% der glomerulär filtrierten Natriummenge. Die (luminale) Na+-Resorption (über ENaC) trägt zum lumennegativen Potential bei; dieses wiederum treibt die K+-Sekretion (über ROMK) an. Das fördert die Resorption von Na+ die Sekretion von K+.
Erhöhte Kaliumkonzentration in Sammelrohrzellen steigert die Kaliumsekretion in den Harn. Umgekehrt wird K+ aus dem Sammelrohr resorbiert, wenn Kaliummangel herrscht.
Die Natriumresorption des distalen Tubulussystems unterliegt einer Feinregulation: Aldosteron bewirkt verstärkte Natriumrückresorption und Kaliumausscheidung.
Die
Rückgewinnung von Natrium erfolgt durch drei zeitversetzt wirkende
Mechanismen:
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Anregung des
Na+/H+-Austausches durch
direkte Membranwirkung (obwohl Steroid!), was einen raschen Effekt ermöglicht;
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einen
verzögerten Effekt über nukleäre Rezeptoren, deren Aktivierung die
Expression von
Natriumkanälen (ENaC) in der
apikalen Membran der Tubuluszellen
bewirkt;
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Erhöhung der Zahl (Expression) von Na
+-K+-ATPase-Molekülen in der
basolateralen Membran
als langfristig wirkender Effekt.
Ein Ausfall der Aldosteronwirkung
(gehemmte Sekretion, Nierenrindendefekt, Blockade der renalen
Aldosteronrezeptoren) hat vermehrte Natrium- und
Flüssigkeitsausscheidung der Niere (Natriurese, Diurese) zur Folge.
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Abbildung: Vasopressin erlaubt den (osmotisch bedingten) Austritt von Wasser aus dem Sammelrohrsystem
Nach einer Vorlage in Silverthorn, Human Physiology, an Integrated Approach, 4th Int'l ed. 2007, Pearson / Benjamin Cummings
Bleibt
die Vasopressinwirkung ganz aus, produziert die Niere verdünnten Harn
(Wasserdiurese, links).
Bei maximaler Vasopressinwirkung wird der Harn 4-5fach hyperton (Konzentration bzw. Antidiurese, rechts)
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Abbildung: Mongolische Wüstenrennmaus
Wüstentiere haben im Vergleich zur Rinde ein besonders ausgeprägtes
Mark, das in der Tiefe wesentlich höhere Osmolalitätswerte erzielt als die
Niere des Menschen. Dementsprechend wassersparend wirkt sich dieser
Mechanismus aus, der Harn ist extrem konzentriert.