Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Mineral- und Eisenhaushalt des Körpers, Knochensystem

Regulation der Calciumhomöostase
© H. Hinghofer-Szalkay

Glandula: kleine Eichel (glans)
Nephrolithiasis: νεφρός = Niere, λίθος = Stein
Parathyreoidea: παρά = bei, neben,
θυρεός = türähnliches (θυρα = Türe) Schild (Schilddrüse)
Rachitis: ραχίς = Wirbelsäule, ραχίτης = die WS betreffend
Tetanie: τέτανος = Spannung



Extrazelluläres Calcium ist für mehrere enzymatische Systeme - wie die Blutgerinnung - unverzichtbar und stabilisiert das zelluläre Membranpotential. Sinkt die Konzentration ionalen Calciums in der interstitiellen Flüssigkeit, dann nimmt die Erregbarkeit von Nerven- und Muskelzellen zu - die Konzentration an freiem Ca++ muss über 0,7 mM/l betragen, sonst besteht die Gefahr tetanischer Krämpfe.

Die wichtigsten hormonellen Faktoren, welche den Calcium- und Phosphatspiegel steuern, sind
 
   -- Parathormon - es wird bei sinkendem Calciumspiegel aus den Epithelkörperchen (Nebenschilddrüsen) freigesetzt, stimuliert Osteoklasten und hebt [Ca++] im Blut
 
   -- Calcitonin - parafollikuläre Zellen der Schilddrüse setzen es bei steigendem Calciumspiegel frei; Calcitonin fördert die Mineralisierung des Knochens
 
   -- Calcitriol ("Vitamin-D-Hormon") vermehrt die Calciumresorption im Darm. An Osteoblasten regt es die Bildung von Osteocalcin, sowie die Mineralisierung im Knochen an. Im proximalen Nierentubulus hemmt es zusammen mit Parathormon die Ausscheidung von Calcium und Phosphat, der Ca++-und Phosphatspiegel steigt im Blut an
 
   -- Der aus dem Knochen stammende Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 (FGF23) führt zu vermehrter Phosphatausscheidung mit dem Harn.

Calcitriol wird von Leber und Nieren aus einer (mit der Nahrung aufgenommenen oder in der Haut unter UV-Wirkung entstandenen) Vorstufe in die aktive Form gebracht. Der Aktivierungsschritt in der Niere unterliegt mehrfacher Rückkopplung: Er wird durch Parathormon und abnehmenden Phosphatspiegel im Blut angeregt, durch Calcitriol gehemmt.


Ca++, HPO4-- Parathormon Calcitonin Calcitriol Integrierte Antwort von Parathormon und Calcitriol auf Hypocalcämie FGF23 Steroidhormone

Störungen der hormonellen Regulation       Core messages
 
Calcium und Phosphat finden sich vor allem als Strukturträger in Knochen und Zähnen (Apatit), spielen aber auch eine entscheidende Rolle in der Regulation des Stoffwechsels, bei der zellulären Signalvermittlung (Ca++), als Bestandteil der Erbsubstanz (Nukleotide) oder als Energieträger (ATP). Als Quelle kurzfristig vom Körper benötigten Calciums und Phosphats dient die Nahrung, allenfalls (z.B. postresorptiv, bei Schwangeren und Stillenden) auch der Knochen selbst, der einen großen Calcium (1000-1200 g) - und Phosphatspeicher (Phosphor: ~600 g - jeweils für eine 70 kg schwere Person) darstellt und dessen Mineralbilanz von Hormonen feinreguliert wird.

In
Hydroxylapatit beträgt das atomare Verhältnis Ca zu P 5:3 (Ca5[PO4]3[OH]) - 1,6 mal so viel Ca (Molekulargewicht 40) wie P (MG 31). Der Anteil von Calcium zu Phosphor in Knochen und Zähnen beträgt rund 2 zu 1 - genauer: Molar etwa 62 zu 38%, gewichtsmäßig 68 zu 32%.

Dass die Regulierung con Calcium und Phosphat eng zusammenhängt, hat zwei Gründe: Erstens ist der Hauptanteil im Körper im Knochen (hauptsächlich in der Form von Hydroxyapatit) gebunden und das Mengenverhältnis dadurch vorgegeben, zweitens wird die Dynamik von Ca und P durch dasselbe Hormonsystem gesteuert (Parathormon, Calcitriol, Calcitonin).
 
Calcium, Phosphat, Knochenstoffwechsel
 

Calcium und Phosphat sind Hauptbestandteile der Knochensubstanz und hier in großer Menge (ca. 1 kg Ca++ bei einer erwachsenen Person) gespeichert. Gleichzeitig spielen sie im Körper eine vielfache Rolle, z.B. Calciumionen als Informationsvermittler in der Zelle und Phosphat als Bestandteil energie- (z.B. ATP) und informationstragender Moleküle (Nukleotide). "Anorganisches" Phosphat (Pi: inorganic phosphate, vor allem als PO4- oder PO42-, abhängig vom herrschenden pH-Wert) ist ein Grundbaustein des Lebens.
 
Jeden Tag werden etwa 0,5 g
Ca++ aus dem Knochen mobilisiert (und wieder eingebaut), das sind ~0,05% des Körperbestandes. Das Gleichgewicht zwischen Ab- und Einbau hängt von zahlreichen Faktoren ab, wie physische Belastung (fördert Mineralisierung), Ernährung, Alter, Geschlecht, hormonelle Regulation.
 

Abbildung: Bildung und Freisetzung von Parathormon in den Nebenschilddrüsen
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016

Die Nebenschilddrüsen (Epithelkörperchen, Gesamtmasse ~0,5 Gramm) liegen auf der Rückseite der Schilddrüse. Sie enthalten Hauptzellen - diese produzieren Parathormon - und oxyphile Zellen, deren Funktion noch erforscht wird.
 
  Calciumionen binden an einen calciumsensitiven Rezeptor in der Zellmembran der Hauptzelle, dessen Aktivierung über G-Proteine, Phospholipase C (PLC), IP3 (Calciumfreisetzung) und DAG (Proteinkinase C) die Freisetzung von Parathormon hemmt. Auch die Parathormonsynthese wird heruntergefahren.
 
Sinkender Ca++-Spiegel im Blut reduziert den intrazellulären [Ca++] und gibt damit die Sekretion von Parathormon frei, das die Resorption an Knochen und Niere steigert und den Ca++-spiegel im Blut wieder anhebt (negative Rückkopplung)

 
Der calciumsensitive Rezeptor (CaSR, Ca++-sensing receptor) gehört zur Gruppe der GPC-Rezeptoren. Er wird vor allem von Hauptzellen der Epithelkörperchen und von renalen Tubulusepithelzellen exprimiert (wo er die Calciumresorption hemmen kann) und reagiert auf Veränderungen des extrazellulären Calciumspiegels im Bereich von 1 bis 10 mM (Normalwert etwa 2,5 mM gesamt). In Epithelkörperchen hemmt er bei Erhöhung des extrazellulären [Ca++] die Exozytose von Parathormon.

Der Körper reguliert die
Calcium- und Phosphatkonzentration in den Körperflüssigkeiten in engen Bereichen, obgleich Zufuhr, Verteilung und Ausscheidung großen Schwankungen unterworfen sein können. Dabei interagieren vor allem Calciumspiegel und die Synthese von Parathormon, D-Hormon (Vitamin D) und Calcitonin; UV-Bestrahlung spielt für die D-Hormon-Bildung eine Rolle.

Die hauptsächlich beteiligten Organe sind
 
      Knochen (Speicher),
 
      Darm und Niere (Resorption und Ausscheidung),
 
      Niere und Leber (Hormonaktivierung und -abbau) sowie
 
      die Epithelkörperchen der Schilddrüse (Hormonsynthese) ( Abbildung).
 
     Über die Bedeutung von Calciumionen in der Zelle s. u.a. dort
 


Der Stoffwechsel von
Calcium und Phosphat wird hauptsächlich reguliert durch drei Faktoren:

      Parathormon aus "Hauptzellen" der Epithelkörperchen (glandulae parathyreoideae ) - es steigert den Ca++-Spiegel im Blutplasma, wenn dieser abgesunken ist

      (Thyreo-) Calcitonin aus den parafollikulären Zellen der Schilddrüse - es fördert den Calciumeinbau in den Knochen

      Calcitriol (Vitamin D3-Hormon: 1,25-Dihydroxy-Calciferol) - es steigert die Resorption von Ca++ im Darm

Der normale Calcium- und Phosphatspiegel wird vor allem durch Parathormon und Calcitriol aufrechterhalten, sodass man diese beiden als calciotrope Hormone bezeichnet hat.
 

Abbildung: Wie die Niere mit Ca++ umgeht
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003

Grüne Felder: Verbliebener Anteil, gelbe Felder: Resorption. Prozentwerte beziehen sich auf glomerulär filtriertes Ca++ (d.h. ~0,18 mM/min)


Das Wirkungsprofil der Ca++-wirksamen Hormone hängt vom Zeitverlauf ab: Langfristig aktiviert eine Unterversorgung mit Calcium alle drei Hormonsysteme, Überversorgung schaltet sie ab.

Kurzfristig
steigert Parathormon den
Calciumspiegel, Calcitonin hingegen senkt akut erhöhte Calciumwerte im Blutplasma. [Ca++] wird viel präziser eingestellt als der Phosphatspiegel.

    Die Calciumkonzentration im Blutserum beträgt etwa 2,5 mMol/l (10 mg/dl). Davon sind knapp 60% freie Ionen (das ist der biologisch wirksame Anteil), die andere Hälfte gebunden (vor allem an Eiweiß).

Abnahme des freien (ionisierten) Anteils erhöht die Erregbarkeit von Muskelfasern und kann zu hypocalcämischer Tetanie
führen ( Mechanismus s. dort).
 
     Referenzbereiche s. dort
 
   Verwechslung von Infusionsflüssigkeiten: Calcium-komplexierende Infusionslösungen (Citrat!) können wegen Gefahr von Krampfauslösung lebensgefährlich sein.

Da ~40% des Plasma-Ca++ gebunden sind (hauptsächlich an Plasmaprotein), unterliegen ~60% davon der kapillären Filtration.

Für die Niere bedeutet das: Bei 1,5 mM/l freiem Calcium und einer GFR von 0,12 l/min ergibt das z.B. 0,18 mM oder über 7 mg pro Minute. Davon werden 99,5% in der Niere rückresorbiert (
Abbildung), sodass die tägliche Ausscheidung mit dem Harn nur etwa 50 mg beträgt (Vergleich: mit der Ernährung tägliche Zufuhr etwa 1 Gramm).
 
Parathormon mobilisiert Calcium aus dem Knochen und aktiviert Calcitriol

Die Ca++-Homöostase wird hauptsächlich über die Wirkungen von Parathormon (Parathyrin, PTH, parathyroid hormone) und 1,25(OH2)-Vitamin D reguliert; beide erhöhen den Ca++-Spiegel, indem sie auf ihre jeweiligen Zielorgane wirken. [Ca++] im Blutplasma reguliert seinerseits die Bildung und Sekretion des Parathormons.



Bildung, Freisetzung und Abbau
Wirkung an Rezeptoren Wirkungen im Organismus
     
Hauptzellen in den Epithelkörperchen ( Abbildung oben) synthetisieren Parathormon (84 Aminosäure als Präprohormon, aus dem im endoplasmatischen Retikulum Pro-PTH und im Golgi-Apparat schließlich Parathormon wird. Dieses wird in sekretorischen Vesikeln gespeichert und bei Erniedrigung des extrazellulären [Ca++] freigesetzt.

Rückkopplung: PTH wirkt
Ca++-resorptionssteigernd (Knochen, Niere) und erhöht damit den extrazellulären Ca++-Spiegel.
 
 
Abbildung: Calciumsensor und Regulation des Calciumspiegels
Nach Goltzman D, Hendy GN. The calcium-sensing receptor in bone—mechanistic and therapeutic insights. Nature Rev Endocrinol 2015; 11: 298-307

Sinkender extrazellulärer Calciumspiegel ([Ca2+]e) aktiviert (1) den Calciumsensor (CaSR, calcium-sensing receptor) in den Zellen der Epithelkörperchen (glandulae parathyreoideae) und regt (2) die Sekretion von Parathormon (PTH) an.
 
Parathormon sorgt für Konversion zu biologisch aktivem D-Hormon, welches die Calcium- und Phosphatresorption aus dem Darm (3) und damit den Calciumspiegel erhöht.
 
Parathormon steigert auch die Calciumresorption in der Niere (4), was den Calciumspiegel weiter hebt (5), steigert gleichzeitig die Sekretion von Phosphat, und fördert den Umsatz im Knochen (6), resultierend in Knochenabbau, Calciumfreisetzung und weiterer Steigerung des Calciumspiegels (7).
 
 Der hohe Calciumspiegel hemmt weitere Sekretion von Parathormon (8). Überhöhte Calciumwerte veranlassen die Niere zu vermehrter Ausscheidung ([Ca2+]u)


Parathormon steigert den extrazellulären Calciumspiegel - es fördert die Freisetzung von Ca++ und HPO4-- aus dem Knochen, die Rückresorption von Ca++ aus den Nierentubuli (beides erhöht den Ca++-Spiegel im Blut) sowie die renale Ausscheidung von HPO4-- (was den Phosphatspiegel stabilisiert bzw. senkt) - und fördert die Synthese von Calcitriol, damit wirkt es der Entmineralisierung des Knochens entgegen.

  Nach der Transkription von
Präproparathormon (115 Aminosäuren) entsteht im endoplasmatischen Retikulum  Proparathormon (90 Aminosäuren). Im Golgi-Apparat werden 6 weitere Aminosäuren abgespalten, es entsteht Parathormon (84 Aminosäuren). Dieses wird anschließend in sekretorischen Granula gespeichert, bis es auf Reizung der Zelle hin freigesetzt wird.
 
    Die Expression des Parathormon-Gens wird durch
Calcitriol (Vit. D3) unterdrückt:



Vor dem Parathormon-Gen befinden sich regulatorische Elemente, inklusive Response-Elemente für Vitamin D. Letztere binden an einen Vitamin-D-Rezeptor (VDR), und dieser wiederum bildet einen Komplex (ein Dimer) mit einem Retinoid X-Rezeptor. Dieser Komplex ist ein Transkriptionsfaktor; seine Anlagerung an das VDR-Response Element senkt die Transkription von Parathormon.
 
 
Die Freisetzung von Parathormon wird angeregt durch sinkenden extrazellulären Ca++-Spiegel (über Calciumrezeptoren CaSR), steigenden Phosphatspiegel sowie - wesentlich weniger wirksam - über Katecholamine (ß-adrenerg und dopaminerg).

       Hypocalcämie (Werte unter 1,25 mM Ca++) führt innerhalb von Minuten zur Freisetzung von Parathormon aus den Epithelkörperchen der Nebenschilddrüsen (ggl. parathyreoideae, Abbildung). Längerdauernder Calciummangel führt zu Hyperplasie der Epithelkörperchen.
 
 
Sinkt der Ca++-Spiegel, wird Parathormon sezerniert

       Umgekehrt stoppt ein Anstieg extrazellulärer Ca++-Konzentration (Hypercalcämie) die Parathormonausschüttung.
 


Abbildung: Physiologische Kennkurve der Parathormonregulation
Modifiziert nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016

Die Sekretion von Parathormon ist bei normalen Calciumwerten im Blut (~10 mg/dl gesamt, ~1,25 mM [Ca++]) unterdrückt ( Abbildung ganz oben), der Serumspiegel minimal (grüne Linien). Sinkt der Calciumspiegel, wird die Hemmung der Parathormonproduktion zusehends aufgehoben, der Hormonspiegel im Blut steigt.
 
Bei einer Reduktion des Calciumspiegels auf ~80% des Normalwertes ist die PTH-Sekretion halbmaximal angeregt (rote Linien), eine Senkung um weitere ~10% führt zu maximaler PTH-Freisetzung

Die Sekretion des Parathormons verhält sich umgekehrt proportional zum Plasmaspiegel an freiem Calcium: Der Hormonspiegel ist bei normalem [Ca++] minimal, steigt bei Absenkung des [Ca++] um ~20% (auf 1 mM) halbmaximal an und läuft ab einer Hypocalcämie unter ~70% des Normalwertes auf maximaler Leistung ( Abbildung).

 

Die Steuerung der Hormonfreigabe erfolgt über G-Protein-assoziierte Calciumrezeptoren (CaSR, calcium sensing receptors):
 

Abbildung: Regulation der Expression von CaSR und PTH, und der Sekretion von PTH
Nach einer Vorlage in Porterfield SP, White BA: Endocrine Physiology, 3rd ed. Philadelphia, Mosby, 2007

Primäre Steuergröße der Parathormonfreisetzung (PTH) ist extrazelluläres Ca++: Hohes [Ca++] aktiviert den Calciumsensor (CaSR) und hemmt über die Signalkaskade die Expression des PTH-Gens. Das tut auch Calcitriol (VitD), das gleichzeitig die Expression von CaSR fördert

    In den Epithelkörperchen der Schilddrüse: CaSR ( Abbildung rechts und oben) bindet an der Membran-Außenseite Ca++-Ionen. Dies wirkt sich über Gq- und Gi-Proteine aus:
 
      Gq-Proteine aktivieren über den PLC-IP3-Ca++-Weg Proteinkinase C, dies führt zu Freisetzung von Ca++ aus intrazellulären Speichern. Der steigende Calciumspiegel in der Zelle hemmt die Sekretion bereits gebildeten Parathormons aus Speichergranula der Epithelkörperchenzellen und inhibiert die Expression des PTH-Gens im Zellkern. Es wird also weniger Parathormon gebildet und das bereits gespeicherte wird nicht exozytiert.
 
     Hier führt ausnahmsweise eine Steigerung des intrazellulären [Ca++] nicht zur Anregung, sondern zu einer Hemmung der Vesikelfusion und Sekretion (ähnlich wie in der Niere, wo intrazellulärer Ca++-Anstieg die Freisetzung von Renin hemmt).
 
      Die Aktivierung von Gi hemmt Adenylylcyclase, [cAMP] nimmt ab, die Aktivität der Proteinkinase A sinkt, die Transkription des Parathormon-Gens sowie die Exozytose von Vesikeln ebenfalls.

Sinkender
Ca++-Spiegel im Blut stimuliert, steigender hemmt die Freisetzung von Parathormon.

Vitamin-D-Hormon wirkt doppelt hemmend auf die Aktivität der Hauptzelle: Es unterdrückt die Expression von Parathormon und fördert diejenige des CaSR (der wiederum inhibierend auf die PTH-Transkription wirkt).

Der
Calciumrezeptor (CaSR) sitzt in der Außenmembran der Epithelkörperchenzellen und bindet [Ca++] entsprechend einer Sättigungscharakteristik. Die Wirkung erfolgt über ein Gαq-Protein, Phospholipase C und IP3 / DAG. Dabei werden intrazelluläre Calciumspeicher und Proteinkinase C aktiviert, was die Parathormonsekretion hemmt und den intrazellulären Abbau des Hormons fördert.

Aktivierung des CaSR (Hypercalcämie) hemmt auch die Zellteilung. Umgekehrt führt längerdauernde Hypocalcämie zu Enthemmung der Mitose und Hyperplasie der Epithelkörperchen.

     Auch Tubuluszellen in der Niere (sie regulieren die Rückresorption / renale Ausscheidung von Calcium und Magnesium) und Zellen im Knochen verfügen über CaSR.

  In den Kreislauf freigesetztes Parathormon wird rasch abgebaut - hauptsächlich (90%) von Leber und Nieren (
Halbwertszeit 4-5 Minuten). Durch die Abtrennung eines N-terminalen Fragments verliert das Hormon seine biologische Wirksamkeit.
 

Wirkung an Parathormonrezeptoren
  
Parathormon wirkt über mindestens zwei Arten von Rezeptoren (PTH1R und PTH2R) auf sein Zielgewebe. Ein weiterer Typus (CPTH) wird von Osteozyten exprimiert.
Am häufigsten findet sich der "klassische" PTH1R an Zellen in den Nieren (Tubulusepithel) und Knochen (Osteoblasten). Aktivierung von PTH1R auf Osteoblasten führt zu deren Expression von RANKL, dieses koppelt auf RANK auf Osteoklasten-Vorläuferzellen und verwandelt sie zu aktiven Osteoklasten (Knochenabbau).
Der PTH2R findet sich vor allem in Zentralnervensystem, im Pankreas sowie in Plazenta und Hoden.


Abbildung: Parathormonrezeptor
Nach Rosenblatt M. When two keys fit one lock, surprises follow. Nature Chem Biol 2009; 5: 707-8

Parathormon aktiviert seinen Rezeptor stufenweise:
 
Transienter cAMP-Effekt: Einer raschen Bindungsphase folgt eine Konformationsänderung des Rezeptors mit stabiler Bindung; dann wird über den G-Protein-Mechanismus Adenylylcyclase aktiviert, es erfolgt ein vorübergehender cAMP-Anstieg (oben).
 
Anhaltender cAMP-Effekt: Anschließend wandert der Hormon-Rezeptor-Komplex in das Zellinnere und behält cAMP-steigernde Wirkung (unten). Diese langanhaltende Phase scheint für die volle Hormonwirkung verantwortlich zu sein




Parathormonrezeptoren sind metabotrop (G-Protein,
Anregung der Adenylylcyclase, Anstieg des cAMP), sie befinden sich vor allem in Knochen und Nieren. Für die biologische Wirksamkeit (Bindung an den Rezeptor) sind die 27 N-terminalen Aminosäuren entscheidend (fehlen die ersten 2 Aminosäuren, bindet das Molekül zwar an den Rezeptor, ohne aber in der Zelle die cAMP- oder IP3-Ca++-abhängigen Signalwege zu aktivieren).

Der Vorgang der Aktivierung erfolgt in mehreren Phasen:


      Zunächst entsteht ein lockerer Hormon-Rezeptor-Komplex, der sich durch Konformationsänderung des Rezeptors festigt und dann die Adenylylcyclase einschaltet.
 
      Nach Internalisierung des Komplexes folgt eine länger anhaltende Phase, die cAMP-Konzentration in der Zelle bleibt erhöht ( Abbildung).

Aktivierte PTH-Rezeptoren stimulieren außerdem Phospholipase C und damit IP3 / DAG, was Ca++ aus internen Speichern freisetzt und calciumabhängige Kinasen einschaltet.

Parathormonrezeptoren liegen in zwei Konformationen vor, genannt RG und R0.
Liganden mit höherer Affinität zur RG-Konformation des Rezeptors bewirken eher rasche, anabole Effekte am Knochen. (Wiederholte Parathormongaben niedriger Dosierung fördern den Knochenaufbau.)
Liganden mit höherer Affinität zu R0 wirken über längere Dauer auf den Knochen resorptionsfördernd. (Konstant erhöhte Parathormonspiegel fördern die Resorption von Knochensubstanz.)
 
Systemische Wirkungen des Parathormons
 
   Im Knochen ist der Parathormon-Effekt abhängig von der Wirkungsdauer. Parathormon  wirkt im Knochen hauptsächlich durch Mobilisierung von Calciumphosphat.
 

     Längerer Anstieg des Parathormonspiegels fördert den Abbau von Knochensubstanz - die Resorption indirekt, denn Osteoklasten haben keine PTH-Rezeptoren, Osteoblasten und Osteoklasten-Vorläufer schon. Letztere produzieren auf das PTH-Signal hin Zytokine, die Osteoklasten anregen.
 
Parathormon regt Osteoblasten zur Bildung von Interleukin 6 an, dieses stimuliert Osteoklasten. Parathormon hemmt weiters die Kollagensynthese durch Osteoblasten und steigert die Bildung von Proteasen, welche die Knochenmatrix abbauen. (Lymphozyten bilden mehrere Substanzen, welche die Knochenresorption anregen, wie TNF-α und RANKL.)
 
Diese Vorgänge mobilisieren Calcium und steigern den Calciumspiegel im Blut.

     Kurzzeitiger Anstieg des Parathormonspiegels regt vor allem die Neubildung von Knochensubstanz an. Dies erfolgt direkt durch Öffnung von Calciumkanälen in Osteozyten, was Ca++ aus der extrazellulären Knochenflüssigkeit in die Zellen lässt - von dort gelangt es über gap junctions in Osteoblasten an der Oberfläche der Knochenstruktur (osteozytische Osteolyse). Die Osteoblasten deponieren dieses Calcium anschließend in die Knochenmatrix. Auch senkt Parathormon die Bildung von Sclerostin in Osteozyten, was die Osteoblasten schützt.
 
Indirekt wirkt Parathormon synthesesteigernd, indem es zur Freisetzung von Wachstumsfaktoren aus abgebauter Knochensubstanz beiträgt. Auch regt es Osteoblasten zur Freisetzung von Osteoprotegerin an, was mit dem RANKL-Mechanismus interferiert und den Knochen vor Abbau schützt.

   Das Wirkungsspektrum des Parathormons in der Niere umfasst die Rückresorption von Ca++ aus dem glomerulären Filtrat, die Ausscheidung von Phosphat sowie die Aktivierung von Calcitriol (Hydroxylierung von 25-Hydroxyvitamin D an C1):

     Parathormon steigert die renale Calciumresorption im dicken aufsteigenden Schenkel der Henle-Schleife (TAL) sowie in der pars convoluta des distalen Tubulus ([Ca++] steigt im Blut, sinkt in Harn) - vermutlich zur Gänze indirekt, indem es die Synthese von 1,25-(OH2)-Vit.D fördert.

     Parathormon hemmt die Phosphatresorption im proximalen Tubulus, insbesondere bei ausreichendem Phosphatangebot mit der Ernährung ([Phosphat] steigt im Harn - Phosphaturie -, sinkt im Blut). Die vermehrte Ausscheidung von Phosphat erfolgt durch Verlagerung von Na/Phosphat-Cotransportern aus der apikalen Membran von Tubulusepithelzellen in den Pool intrazellulärer Vesikel.

Auf den Phosphatspiegel hat Parathormon unter physiologischen Rahmenbedingungen keine Auswirkung, weil seine Phosphat-sekretionsfördernde Wirkung in der Niere durch die gleichzeitige Phosphat-resorptionssteigernde Wirkung in Darm und Knochengewebe ausbalanciert wird.
 
Bei Parathormonmangel (Hypoparathyreoidismus) steigt der Plasma-Phosphatspiegel
 
     Parathormon steigert die Synthese von aktivem Vitamin-D-Hormon (Calcitriol) in der Niere. Es regt in renalen Mitochondrien über Aktivierung renalen 1α-Hydroxylase CYP 27B1 an ( s. weiter unten). Calcitriolbildend wirken weiters ein Absinken des Ca++- und Phosphatspiegels im Serum sowie Östrogene und Prolaktin.
 
Parathormon regt die renale Calcitriolbildung an
  
   (intaktes) Parathormon (iPTH) im Serum
1,1-6,9 pM
Serum enthält neben iPTH auch Parathormonfragmente
Biologische Halbwertszeit (Kreislauf) 4-5 Minuten

Überproduktion von Parathormon (Hyperparathyreoidismus) führt zu Schwund der Knochensubstanz mit gesteigerter Bruchneigung (Osteomalazie: Erweichung adulter Knochen) und erhöhtem
Calciumspiegel, was die Bildung von Nierensteinen fördert.

Calciumverlust bei chronischer Niereninsuffizienz führt zu starkem Anstieg des Parathormons, das aber renal nicht mehr wirkt, sondern nur am Knochen; in solchen Fällen wird Calcium substituiert, um den Knochenabbau zu bremsen.
 

Abbildung: Regulierung des Calciums durch Parathormon und Calcitriol (=Vitamin D3)
Nach einer Vorlage in Hilal-Dandan / Brunton, Goodman & Gilman's Manual of Pharmacology and Therapeutics, 2nd ed., McGraw Hill Education 2014

Parathormon hat stimulierende Wirkung auf Nieren (vermehrte Aktivität der 1α-Hydroxylase, Bildung von Vitamin D3) und Knochen (Resorption von Ca++). Ca++ und Phosphat werden durch die Wirkung von Vitamin D3 vermehrt aus dem Darm resorbiert. Die Phosphatresorption wird durch vermehrte renale Sekretion ausbalanciert

Osteoblasten reagieren auf Parathormon mit der Bildung von Zytokinen (vor allem IL 1), und diese regen Osteoklasten (die Makrophagen-Abkömmlinge sind und wie Immunzellen reagieren) zur Aktivierung lysosomaler Hydrolasen und Sekretion von Kollagenasen an. Grundsubstanz wird dadurch abgebaut, Calcium und Phosphat mobilisiert und ins Blut abgegeben.

Parathormon hemmt weiters die Sclerostinbildung der Osteozyten. Sclerostin wirkt (über Hemmung des Wnt-Signalweges) antianabol auf den Knochen, indem es Osteoblasten hemmt; seine Inhibition durch Parathormon wirkt anabol.
Kurzfristig wirkt das Hormon anabol, bei längerfristig erhöhtem Serumspiegel regt es die Resorption an (was Ca++ für die extrazelluläre Flüssigkeit zur Verfügung stellt) und wirkt insoferne katabol.
 
PTH mobilisiert Calciumphosphat aus dem Knochen. In der Niere fördert es Calciumresorption und Phosphatausscheidung

     Rückkopplungskreis: Erhöhtes [Ca++] hemmt die Freisetzung von Parathormon; der fallende Parathormonspiegel senkt die Vit-D-Synthese in der Niere; die Ca++-Resorption nimmt ab; der Ca++-Spiegel fällt; das wiederum stimuliert die Parathormonproduktion; Parathormon steigert den Ca++-Spiegel; etc.
 


Abbildung: Rückkopplungsschleifen der Calcium- und Phosphat-Homöostase
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016

Die Hauptzellen in den Nebenschilddrüsen reagieren auf den extrazellulären Calciumspiegel sowie auf Signale aus dem Knochen (FGF23) mit Änderung der Parathormonsekretion.
 
In den Nieren bewirkt Parathormon gesteigerte Calciumresorption, geringere Phosphatresorption, und Hydroxylierung von 25-OH-VitD zum aktiven 1,25-Dihydroxy-VitD.
 
Im Knochen fördert Parathormon insgesamt die Resorption von Calciumphosphat und steigert so den Calciumspiegel.
 
Im Darm fördert 1,25-Dihydroxy-VitD die Calciumresorption



Die gesteigerte Phosphatausscheidung verhindert, dass es außerhalb des Knochens zum Ausfällen von Calciumphosphat kommt.
Ein erniedrigter Phosphatspiegel beugt einem Überschreiten des Löslichkeitsprodukts im Gewebe - und einem Ausfall von Calciumphosphatkristallen - vor.

Bei
Überschreiten des Löslichkeitsprodukts im Harn besteht das Risiko, dass sich Calciumsalze kristallin ablagern und zu Konkrement oder Nierensteinen werden (Nephrolithiasis ). Dies kann die Folge einer Überproduktion von Parathormon (primärer Hyperparathyreoidismus) sein. Wenn größere Steine in den Ureter gelangen und diesen verlegen, kann die reaktive Kontraktion der glatten Muskulatur zu Durchblutungsabnahme und Sauerstoffmangel an der betreffenden Stelle führen. Eine daraus resultierende Nierenkolik verursacht überaus heftige Schmerzen.
 
Primärer Hyperparathyreoidismus kann zu Nephrolithiasis (Bildung von Nierensteinen) führen

     Die Gesamtwirkung des Parathormons ist eine (wenn auch kurzfristige) Steigerung der Ca++-Konzentration im Blut; im Harn nimmt die Konzentration von Calcium ab, die von Phosphat zu. (Die Menge an ausgeschiedenem Calcium steigt über längere Zeit im Endeffekt an.) Auch fördert Parathormon die Resorption von Magnesium in der Niere (Henle-Schleife, distaler Tubulus).
Die Mobilisierung von Calcium aus dem Knochen würde über längere Zeit zu dessen Entkalkung führen. Parathormon regt aber auch die Aktivierung von Calcitriol in der Niere an (Induktion der 1α-Hydroxylase). Dies fördert die Calcium- und Phosphataufnahme im Darm. Das ist wichtig, weil die längerfristige Wirkung des Parathormons - im Gegensatz zum Kurzzeiteffekt - eine vermehrte Ausscheidung von Calciumphosphat ist, wegen der erhöhten Menge an mobilisiertem Salz, das unter PTH-Wirkung aus dem Knochen gerät und schließlich mit dem Harn entfernt wird.


Calcitonin schützt den Knochen, es fördert seine Mineralisierung
  
Das aus 32 Aminosäuren bestehende Calcitonin (Thyreocalcitonin) stammt hauptsächlich aus den parafollikulären C-Zellen der Schilddrüse ( Abbildung).


Abbildung: Parafollikuläre Zellen
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Der Entstehungsort des Peptidhormons Calcitonin sind die "parafollikulären" C-Zellen (C für Calcitonin), die den Schilddrüsenfollikeln außen angelagert sind

Seine Sekretion wird gefördert durch steigenden, und gehemmt durch niedrigen Ca++-Spiegel: Die Calcitoninausschüttung ist proportional dem Calciumspiegel [Ca++] im Blut (entgegengesetzt zur Wirkung auf die Parathormonsekretion). Der calciumsensitive Rezeptor der C-Zellen entspricht dem der Hauptzellen der Epithelkörperchen (CaSR: Ca++-sensing receptor, s. Abbildung oben).

Calcitoninrezeptoren sind G-Protein-assoziierte Rezeptoren und ähneln Sekretin- und Parathormon-1- Rezeptoren. Ihre Wirkung erfolgt über cAMP oder Phospholipase C. Sie entfaltet sich vor allem über Hemmung des (durch Osteoklasten bedingten) Knochenabbaus.

Beim Menschen scheint
Calcitonin keine wesentliche Rolle für die Steuerung des Ca++-Spiegels zu spielen.
 
Wirkungen des Calcitonins:

    
Calcitonin fördert die Mineralisierung des Knochens, indem es die Osteolyse bremst - über rezeptorvermittelte Inhibition der Osteoklasten (die reich an Calcitoninrezeptoren sind) und Anregung der Osteoblasten. Diese Wirkungen klingen rasch ab (innerhalb weniger Stunden dauerhaft erhöhten Calcitoninspiegels), sie sind transitorisch.

Calcitonin ist ein "Knochenschutzhormon" und wirkt in dieser Hinsicht antagonistisch zu Parathormon, das Ca++ aus dem Knochen mobilisiert.
 
Calcitonin reduziert die Osteoklasten-Aktivität
 
     Calcitonin verringert bei niedrigem Serum-[Ca++] die Rückresorption von Phosphat im proximalen Nierentubulus und steigert die Rückresorption von Calcium im distalen Tubulus. In dieser Hinsicht wirkt Calcitonin synergistisch mit Parathormon, das ebenfalls die renale Rückresorption von Ca++ und Sekretion von HPO4-- fördert.
 
     Calcitonin regt die Sclerostinbildung der Osteozyten an, was antianabol auf den Knochen wirkt. Sclerostin ist ein Glykoprotein, das die knochenbildende Wirkung der Osteoblasten hemmt.
 
     Calcitonin hemmt bei Hypercalcämie kurzfristig die Bildung von Parathormon, wirkt aber über längere Zeiträume synergistisch im Sinne von Knochenaufbau und -erhalt (vor allem bei Wachstum und Laktation).

     Calcitonin hat außerdem (wahrscheinlich durch Endorphinfreisetzung) eine analgetische Wirkung im ZNS.

Calcitonin wirkt bei akuten, nicht bei langsamen / längerdauernden Änderungen des Calciumspiegels.
 
   Calcitonin im Serum (Angaben unterschiedlich)
Männer <8 (<15?) pg/ml, Frauen <4 (<10?) pg/ml
Biologische Halbwertszeit im Kreislauf 10 Minuten (einige Stunden?)
 
  Über CGRP (Calcitonin gene related peptide) s. dort

  
Calcitriol sorgt für die Resorption von Calcium und kann dessen Blutspiegel erhöhen
 
Calcitriol (1,25(OH)2-Vit. D, Vitamin D3) ist das biologisch wirksamste der Gruppe der Vitamin-D-Hormone. Es stimuliert die Resorption von Ca++ und HPO4--  aus dem Darm, was den Ca++-Spiegel im Blut stabilisiert oder erhöht. Seine Wirkungen entfaltet es offenbar über die Steuerung der Transkription verschiedener (z.B. die intestinale Aufnahme von Calcium verstärkender) Proteine.


Abbildung: Endogene Vitamin-D-Synthese
Nach Lin JT, Lane JM, Nonpharmacologic management of osteoporosis to minimize fracture risk. Nat Clin Pract Rheumatol 2008; 4: 20-25

Mangelnde UV-Bestrahlung - vor allem ein Problem der Wintersaison - ist der Grund für niedrige Vit-D3-Hormonaktivität und gefährdet die Versorgung des Körpers mit Calcium


Transport und Speicherunmg: Der gesamte Vit-D-Spiegel im Blut variiert stark und ist von zahlreichen Faktoren abhängig, wie Entwicklungsstand, Nahrung, Sonneneinwirkung, Körpermaßen, Gesundheitsstatus, genetischen Faktoren.

Im Blut wird (das fettlösliche) Vit. D mit Chylomikronen oder an Vitamin D-bindendes Protein gebunden transportiert. Im Körper wird es vorwiegend im Fettgewebe gespeichert. Dieser Vitamin-D-Speicher ist beträchtlich; nur 1-2% davon werden täglich umgesetzt.

Vitamin D-bindendes Protein
(VDBP, ein 60 kDa- α-Globulin, das von Hepatozyten sezerniert wird und zur Albumin-Genfamilie gehört) ist das wichtigste Trägerprotein für verschiedene Formen des D3-Komplexes. Man findet es (außer im Blutplasma) in extrazellulären und transzellulären Flüssigkeiten, u.a. im Liquor cerebrospinalis.
 
25-OH-, 24,25-(OH)2- und 1,25-(OH)2-D3 sind im Blutplasma zu mehr als 85% an VDBP gebunden, ein kleinerer Teil ist an Lipidpartikel und Albumin angelagert, weniger als 1% des Vitamin-D3-Hormons liegt frei (ungebunden) vor. Die molare Konzentration von VDBP im Blut ist etwa 20-mal höher als die aller D3-Metaboliten, hat also eine hohe Bindungskapazität und bildet einen Puffer, der Konzentrationsschwankungen des freien Vitamins minimiert.
 
Aufgrund der starken Proteinbindung hat die gebundene Form des Hormons (Vitamins) im Kreislauf
eine biologische Halbswertszeit von mehreren Stunden. Nur etwa 0,4% des (biologisch aktiven) 1,25-(OH)2-D3 zirkuliert als freies (nicht proteingebundenes) Steroid im Blut. Seine Konzentration bleibt auch bei verändertem Trägerproteinspiegel ziemlich konstant.
 
Wirkungsmechanismus: Das Vitamin-D3-Hormon bindet in Dünndarmmukosa-, Nierentubulus-, Knochen- und Nebenschilddrüsenzellen an den nukleären Vitamin D-Rezeptor (VDR, Calcitriolrezeptor - >Abbildung), einen Transkriptionsfaktor, der an DNA-Sequenzen (vitamin D-response elements) bindet (als Heterodimer mit dem Retinoid-X-Rezeptor) und so die Expression von Zielgenen steuert.
  

Abbildung: Vitamin D-Rezeptor
Nach einer Vorlage bei m.forocoches.com

Der Vit. D-Rezeptor ist ein Mitglied der Familie der Steroidrezeptoren, die zu den nukleären Rezeptoren gehören.
 
Außer durch Vitamin D wird der Rezeptor durch zahlreiche Faktoren hochreguliert, u.a. Wachstumsfaktoren.

Die Auswirkungen der Transkriptionssteigerung sind vielfältig, die Hauptwirkung des Vitamins ist eine erhöhte Resorption von Ca++ und Phosphat. Dazu kommen weitere (nicht mit dem Calciumstoffwechsel verknüpfte) Wirkungen, wie Zytokinproduktion und Reifung / Differenzierung verschiedener Zellen, inklusive Immunzellen

    Calcitriol induziert Calbindin, ein u.a. vom Darmepithel exprimiertes Ca++-Bindungs- und Transportprotein. Dieser Mechanismus verlängert die Wirkungszeit des Vitamin-D-Hormons und verbessert die Aufnahme des Calciums aus der Nahrung (erhöhter Nutzungsgrad).
 
     Calcitriol erhöht die Ca++- (synergistisch mit Parathormon) und Phosphat-Resorption in der Niere (Henle-Schleife, distaler Tubulus). Calcitriol hemmt weiters die renale 1-Hydroxylierung des Vit.D und damit seine eigene Synthese (negatives Feedback).

     Calcitriol fördert die Calcium- und die Phosphatresorption im Dünndarm - letzteres über Na/P-Cotransporter, welche den geschwindigkeitslimitierenden Schritt für den transepithelialen Transport darstellen.
 
     Calcitriol wirkt größtenteils indirekt auf den Knochen - über seinen Einfluss auf Calcium- und Phosphattransport in Darm und Nieren. Direkt bewirkt es an den Osteoblasten bei ausreichendem [Ca++] die Synthese von Matrixmaterial und die Mineralisierung; bei Hypocalcämie fördert es über Osteoklasten den Calciumabbau.

Unter günstigen Umständen (Einwirkung von Sonnenlicht..) kann der Organismus ausreichend
Calcitriol selbst bilden; die Bezeichnung "Vitamin" ist daher eigentlich nur dann gerechtfertigt, wenn dies nicht gegeben ist (was in unseren Breiten allerdings recht häufig vorkommt und insbesondere im Winter die Regel darstellt).

Die Vorstufe Vitamin D (
Calciferol: Ergocalciferol in der Nahrung; aus 7,8-Dehydro-Cholesterin unter UV-Einfluss in der Haut entstehendes Cholecalciferol) wird durch enzymatische Hydroxylierung in Leber (D25-Hydroxylase Calcidiol, 25-OH-Form) und Niere (1α-Hydroxylase) zum biologisch aktiven Calcitriol (1,25(OH)2-Form).

Regulation: Diese letzte Reaktion (
1α-Hydroxylase-Aktivität in der Niere) wird - im Sinne einer negativen Rückkopplung -
 
     durch Parathormon und abnehmenden Calcium- bzw. Phosphatspiegel im Blut angeregt und
 
      durch Calctriol (Selbsthemmung) sowie Hypercalcämie und Hyperphosphatämie inhibiert.

Einige Hormone (Somatotropin, Insulin, Prolaktin, Östrogene, auch Parathormon) stimulieren über Calcitriol die Calcium- und Phosphatresorption.

Calcitriolrezeptoren
(Vit-D-Rezeptoren, VDRs) kommen in praktisch allen Zellen vor; sie gehören zur Gruppe der nukleären Rezeptoren (Vit.D ist lipophil und gelangt daher problemlos durch Zellmembranen). VDRs binden das Hormon im Zytoplasma, der Komplex wandert dann in den Zellkern, wo er die Transskription von Zielgenen beeinflusst.
Calcitriol hat darüber hinaus auch nichtgenomische Effekte.
 


Abbildung: Vitamin D und Calciumhomöostase
Nach einer Vorlage bei New Human Physiology

UV-Licht aktiviert Dehydrocholesterin zu Cholecalciferol (Vit. D); Leber und Niere arbeiten bei der Synthese von Vit-D3-Hormon zusammen (Hydroxylasen); der Darm resorbiert und der Knochen speichert Calcium - bei Bedarf gibt er Calcium wieder ab, z.B. während der Gravidität



Zu den Wirkungen des Calcitriols zählen

      Aufnahme von Calcium und Phosphat im Darm ( s. dort): Calcitriol beeinflusst die transzelluläre Resorption von Ca++ durch Mukosazellen des Duodenums. Das betrifft drei Schritte:
 
     Passage von Calciumionen durch die apikale Membran via TRPV6-Kanäle
 
     Intrazelluläre Kopplung an Bindungsproteine, insbesondere Calbindin (puffert Ca++-Konzentrationsschwankungen und erhält so den Konzentrationsgradienten für Calciumeinstrom über die apikale Membran)
 
     Passage von Calciumionen über die basolaterale Membran via Calciumpumpen und Na/Ca-Austauscher

      Osteoblasten: Reifung und Anregung der Bildung von Osteocalcin sowie Bildung von Hydroxylapatitkristallen (Mineralisierung) im Knochen, wo Calcitriol gleichzeitig die Reifung und Resorptionstätigkeit der Osteoklasten stimuliert und dadurch den Umbau des Knochens beschleunigt

      Im proximalen Tubulus der Niere wird die Ca++- und HPO4---Ausscheidung gehemmt (allerdings nur, wenn gleichzeitig Parathormon wirkt) - das erhöht den Ca++- und HPO4---spiegel im Blut

      Calcitriol unterdrückt die Expression des Parathormon-Gens

      Zu Wirkungen des Vitamin D, die nichts mit dem Calciumstoffwechsel zu tun haben, gehören Reifung und Differenzierung zahlreicher Zellen, sowie die Zytokinbildung - Vit.D ist also auch für die Immunabwehr bedeutsam.
 

Abbildung: Ultraviolett A, B und C

Die Grenzen werden bezüglich diverser Effekte in der Literatur unterschiedlich angegeben. Der mittlere Balken zeigt die Wellenlängenbereiche, die sich am biologischen Effekt orientieren


Die Grenzen zwischen den UV-Wellenlängenbereichen sind nicht ganz eindeutig definiert. Physikalisch wird als UV-B ("mittleres UV") ein Bereich zwischen 280 und 315 nm bezeichnet. UV-A ("nahes UV") liegt bei höheren Wellenlängen (bis 400 nm), UV-C ("fernes UV") unter 280 nm.

Was den biologischen Effekt betrifft, wird die "antirachitische", Vitamin-D-bildende Wirkung für ein Wellenlängenband beschrieben, das sich im Wesentlichen mit dem UV-B-Bereich deckt, wahrscheinlich leicht zu höheren Wellenlängen verschoben (
Abbildung).
Calcitriol induziert calcium-transportierende Proteine im Darm und fördert so die Ca++-Aufnahme. Die Umwandlung der Vorstufe Vitamin D erfolgt durch enzymatische Hydroxylierung in Leber (Calcidiol, 25-(OH)D3) und Niere (Calcitriol, 24,25-(OH)2D3 ( Abbildung).
 

Abbildung: Vitamin-D-Synthese
Modifiziert nach Mehlig LM, Garve C, Tauer JT, Suttorp M, Bauer A. Inhibitory effects of imatinib on vitamin D3 synthesis in human keratinocytes. Mol Med Report 2015; 11: 3143-7

Haut, Leber und Nieren kooperieren bei der Synthese des Vitamin-D3-Hormons.

CYP, Cytochrom P-450 Enzym



Cytochrome P-450-Enzyme (CYP): Die Niere metabolisiert 25-(OH)D3 mittels CYP 27B1 zu Calcitriol 1,25-(OH)2D3, mittels CYP 24A1 zu 24,25-(OH)2D3.

Mutationen von
CYP 27B1 führen zu vitaminabhängiger Rachitis , solche von CYP 24A1 zu D-Hypervitaminose.

        In der Haut wird unter UV-Wirkung 7-Dehydrocholesterin zu Prävitamin D3 umgewandelt und dieses isomerisiert zu Cholecalciferol.

     Die Leber bildet daraus (mittels mitochondrialer und mikrosomaler Enzyme) Calcidiol;

     dieses wird in der Niere (mittels 1α-Hydroxylase) zu Calcitriol (Vit-D-Hormon) umgewandelt ( Abbildung). Dieser Schritt erfolgt in den Mitochondrien des proximalen Tubulus und wird durch Parathormon, Hypophosphatämie, aber auch durch Prolaktin angeregt.
 

Die Leber bildet aus Cholecalciferol Calcidiol
 
Die Nieren bilden
aus Calcidiol mittels 1α-Hydroxylase Calcitriol. Dieser Schritt wird u.a. durch Parathormon angeregt
 
Schwere Niereninsuffizienz bedingt Calcitriolmangel



  Calcitriol wird hauptsächlich über die Galle ausgeschieden. (Gallenflüssigkeit ist auch für die Aufnahme des - fettlöslichen - Vitamins erforderlich).

Chronischer Mangel an Calcitriol
- bei vitaminarmer Kost kombiniert mit zu wenig UV-Licht, oder in Folge chronischer Niereninsuffizienz - führt zu geringer Calciumaufnahme aus dem Darm. Der Calciummangel stimuliert die Ausschüttung von Parathormon.
 
Vitamin-D-Mangel führt kompensatorisch zu erhöhter Parathormonsekretion
 
In der Wachstumsperiode kann die daraus resultierende Untermineralisierung im Knochen zu bleibenden Deformitäten des Skeletts (Rachitis) führen.

Prophylaxe: Sonnenlicht und Vitamin D. Vorsicht: Fettlösliche Vitamine werden im Körper gespeichert, D-Hypervitaminose kann gefährliche Verkalkungen zur Folge haben, daher ist die Dosierung sorgsam zu kontrollieren.

Eine Vitamin-D-Überdosierung kann über die Anregung der intestinalen Calciumresorption zu einem Anstieg des Serum-[Ca++] führen.
 
D-Hypervitaminose lässt das freie Calcium im Serum ansteigen
 
Der Vitamin-D-Status wird meist über Messung des Calcidiolspiegels (Vit.D2 entsteht durch Wirkung der
1α-Hydroxylase-Aktivität in der Niere) abgeschätzt:

  Vitamin D im Serum
Calcidiol (25-OH-Vit D) optimal 30-40 ng/ml
Mangel: <20 ng/ml
Referenzbereiche saisonabhängig: 15-95 ng/ml für den Sommer, 12-62 ng/l für die Winterzeit (sowohl zu niedrige als auch zu hohe Werte nachteilig)
  In unseren Breiten finden sich meist Serumwerte zwischen 8 (!) und 80 ng/ml


Calcitriol (1,25-(OH)2-Vit D) 20-80 ng/l
Kinder: 40-100 ng/l, Schwangere: 40-130 ng/l
Umrechnung: 1 pM = 2,5 ng/l


Biologische Halbwertszeit im Kreislauf: Mehrere Stunden für die proteingebundenen Formen
Im Fettgewebe langfristige Speicherung

 
   Geschlechtshormone unterstützen den Knochenaufbau, Glucocotricoide hingegen den Knochenabbau.
 
     Östrogene regen den Hydroxylierungsschritt in der Leber an; Östrogenmangel (postklimakterisch) könnte auch auf diese Weise zur Entwicklung einer Osteoporose beitragen. Östrogene wirken anabol auf den Knochen. Testosteron ist beim Mann für die Aufrechterhaltung einer normalen Knochendichte ebenfalls unverzichtbar.
 
     Gesteigerter Blutspiegel an Glucocorticoiden befördert Osteoporose, was durch Wirkungen auf die Bildung von Osteoprotegerin und RANKL erklärbar ist.
 
   Ca und Pi in der Nahrung wirken sich auf mineralwirksame Hormone aus.
 
     Der Parathormonspiegel und der Vit-D-Hormon-Spiegel im Blut sinken durch intestinale Calciumaufnahme rwegen des Anstiegs im Serum-[Ca++], der die Parathormonsekretion hemmt, was wiederum die Calcium- und Phosphatresorption im Knochen unterdrückt und so den postprandialen Calcium- und Phosphatanstieg begrenzt. Das Absinken des Parathormonspiegels reduziert außerdem die Calciumresorption in der Niere und bewirkt Calciurie. Bei anhaltender Calciumresorption im Darm senkt der niedrige Parathormonspiegel außerdem die 1-Hydroxylierung des 25-OH-Vit.D, und das senkt wiederum die Calciumresorption im Darm.
 
     Der Parathormonspiegel und der Vit-D-Hormon-Spiegel im Blut steigen durch intestinale Aufnahme relativ großer Mengen Phosphat. In dieser Situation steigt der Phosphatspiegel im Plasma, was im Knochen zu vermehrter Mineralisierung führt. Calcium wird dabei verbraucht, [Ca++] im Blutplasma sinkt, die Parathormonsekretion steigt an, Phosphat wird vermehrt mit dem Harn ausgeschieden; gleichzeitig wird mehr Calciumphosphat aus dem Knochen mobilisiert. Der Phosphateffekt funktioniert also indirekt über die Steigerung des Parathormonspiegels. Bei längerer Wirkungsdauer nimmt zudem die 1-Hydroxylierung des 25-OH-Vit.D zu, der Vit-D-Hormonspiegel im Blut steigt an (und damit seine Wirkungen).
 
Synopsis: Integrierte Antwort von Parathormon und Calcitriol auf Hypocalcämie
  
Wie reagiert das System Parathormon / Vit-D-3 (Calcitriol) auf ein - auch nur geringgradiges - Absinken des Calciumspiegels (hypocalcemic challenge)?


Abbildung: Kurz- vs. Langzeitwirkung des Parathormons auf den Knochen
Nach Kopic S, Geibel JP. Gastric Acid, Calcium Absorption, and Their Impact on Bone Health. Physiol Rev 2013; 93: 189-268

Parathormon wirkt zeitabhängig auf den Knochen: Kurzfristig durch Osteoblastenanregung aufbauend (links), über längere Zeit fördert es die Aktivität von Osteoklasten (erhöhter Umbau).
 
RANKL (von Osteoblasten) bewirkt an RANK (auf Osteoklasten-Vorläufern) die Ausreifung von Osteoklasten und Knochenresorption. Dabei gibt es eine Kompetition mit Osteoprotegerin (aus Osteoblasten): Dieses bindet an RANKL und verdrängt es von der Bindung an RANK, die Akivierung von Osteoblasten und damit die Osteolyse wird reduziert


      Kurzfristig (Minuten bis Stunden -
Abbildung, links): Absinken des extrazellulären [Ca++] wird von CaSR auf Zellen der Nebenschilddrüsen registriert und stimuliert die Sekretion von Parathormon. Parathormon mobilisiert Ca++ aus Niere (vermehrte Rückresorption in distalen Tubuli) und Knochen (Expression von RANKL auf Osteoblasten, erhöhte Osteoklastenaktivität, Knochensubstanz wird abgebaut). Der Calcium- und Phosphatspiegel im Blut steigt an. Auch hemmt Parathormon die renale Phosphatresorption: Es hemmt den natriumabhängigen Phosphattransporter im proximalen Tubulus vermehrte Phosphatausscheidung, verringerter Serumspiegel, weniger Bindung freien Calciums.

      Längerfristig (Stunden bis Tage - Abbildung, rechts): Anhaltende Hypocalcämie aktiviert über Stimulierung der renalen 1α-Hydroxylase Vitamin D3. Das regt die Ca++-Resorption in Darm und Knochen an (auch die von Phosphat). Die Expression von TRPV-Calciumkanälen, Calbindin und PMCA - und damit die Kapazität der Epithelzellen für den Ca++-Import - nimmt zu. Auch stimuliert Calcitriol die Bildung von RANKL auf Osteoblasten, was den Parathormon-Effekt auf den Knochen verstärkt.
 
     Negative Rückkopplung: Erhöhte Parathormonspiegel steigern die Synthese von Calcitriol, und dieses reprimiert direkt die Expression des Parathormon-Gens (gl. parathyreoidea) sowie die Aktivität der 1α-Hydroxylase (Niere).

Steigt der Ca++-Spiegel (wieder) an, sinkt die Parathormonfreisetzung, tubulär wird weniger Ca++ rückresorbiert, und Phosphat bleibt dem Körper erhalten. Die Calcitriolsynthese wird heruntergefahren, die intestinale Calciumresorption ebenfalls; im Knochen sinkt der Umbau. Das System stabilisiert sowohl den Calciumspiegel im Serum als auch die Mineralisation im Knochen.
FGF23
 
Der Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 (FGF23,  fibroblast growth factor 23) - ein 32-kDa-Protein - wird vor allem von Osteoblasten und Osteozyten gebildet. Es steigert die Phosphatausscheidung in der Niere und senkt dadurch den Phosphatspiegel im Blut. Es wirkt über FGF-Rezeptoren (FGFR), zusammen mit sogenannten αKlotho-Korezeptoren als FGFR/Klotho-Komplex. Der FGF-Spiegel verhält sich (zumindest längerfristig) proportional zur Ca++-Konzentration im Blutplasma (Anstieg [FGF23] von wenigen bis über 200 pg/ml ab ~1 mM [Ca++]), und gesteigerte Phosphatzufuhr mit der Nahrung stimuliert die FGF-Synthese (rasche Erhöhung des Phosphatspiegels im Serum tut das nicht).

     FGF23 reduziert vor allem die Resorption von Phosphat im proximalen Nierentubulus (es hemmt die Expression von Natrium / Phosphat-Kotransportern und damit deren Einbau in die apikale Membran) und senkt so den Phosphatspiegel.

     FGF23 erhöht die Calciumresorption aus distalen Nierentubuli, indem es die Expression von TRPV5-Glykoproteinen (für die Calciumaufnehme wesentliche Membrankanäle) in die distalen Tubuli anregt. Gleichzeitig senkt es die Sekretion von Parathormon, das seinerseits die Bildung von FGF anregt.

     FGF23 reduziert die Bildung von Calcitriol im proximalen Tubulus durch Hemmung der Synthese (1α-Hydroxylase) und Förderung des Abbaus (24-Hydroxylase). Umgekehrt fördert Calcitriol die Bildung von FGF23.

Dazu kommen weitere Wirkungen, wie Myokardhypertrophie (das Herz seinerseits bildet bei Überlastung FGF23) oder Inhibition der Mineralisierung im Knochen.
 
Parathormon, Vit-D-Hormon, FGF23: Wirkungen auf die Ca++ / Pi- Homöostase

Nach White / Harrison / Mehlmann, Endocrine and reproductive physiology, 5th ed., Elsevier 2019

Dünndarm
Knochen
Nieren
gll. para-
thyreoideae
Parathormon
keine direkte Wirkung
reguliert Differenzierung / Funktion von Osteoklasten über RANKL / OPG- Expression in Osteoblasten
stimuliert 1α- Hydroxylase und Produktion von 1,25(OH)2D3 keine direkte Wirkung
1,25(OH)2D3
erhöht Ca++-Resorption über TRPV-Kanäle, Calbindin und Plasmamembran -  Ca++ ATPase
reguliert Differenzierung / Funktion von Osteoklasten über RANKL / OPG- Expression in Osteoblasten unterstützt Ca++- Resorption im distalen Tubulus über Calbindin
unterstützt Phosphat-
resorption im proximalen Tubulus
hemmt Transkription des Parathormon-
gens
fördert die Expression des CaSR-Gens
FGF23
keine direkte Wirkung Osteozyten bilden FGF23
hemmt Phosphat-
resorption im proximalen Tubulus /
1α-Hydroxylase / Produktion von 1,25(OH)2D3
?


Steroidhormone

Auch Steroidhormone aus Nebennieren und Gonaden wirken auf den Calcium- und Phosphat- Stoffwechsel des Knochens ein.

      Östradiol regt die Ca++-Resorption sowohl im Darm als auch in den Nierentubuli an, hebt die Lebensdauer von Osteoblasten und stimuliert die Apoptose von Osteoklasten. All das wirkt fördernd auf Knochenwachstum und -dichte. Der postmenopausale Östrogenabfall bedingt für ~5 Jahre raschen Knochenabbau, dessen Tempo sich anschließend verlangsamt.

      Testosteron hat ähnliche Effekte, allerdings zum Teil durch Östradiol, das durch periphere Umwandlung aus Testosteron entsteht.

      Hochdosierte Glucocorticoide (Corticoidtherapie, Mb. Cushing) bewirken umgekehrt Knochenabbau und Osteoporose - über gehemmte Differenzierung und Funktion der Osteoblasten, vermehrte Resorption von Knochen, verminderte Calciumresorption im Darm sowie erhöhte Calciumausscheidung mit dem Harn (physiologische Glucocorticoidkonzentrationen haben keine solchen Effekte).


 
Hypoparathyreoidismus: Es kommt zu Hypocalcämie / Hyperphosphatämie, dadurch ist die neuromuskuläre Erregbarkeit gesteigert (tetanische Krämpfe). Die Ursache kann ein Defekt bei der Bildung (Nebenschilddrüsen) oder der Wirkung (Zielzellen) des Parathormons sein:

      Hormonmangel: Bei fehlerhafter Anlage (Chromosom-22-Mikrodeletionssyndrom), Zerstörung oder Entfernung der Epithelkörperchen (Operation, Bestrahlung) fällt die Parathormonbildung aus.

     Hormonumenpfindlichkeit: Bei ungestörter Hormonproduktion, aber mangelnder Empfindlichkeit der Zielzellen gegenüber Parathormon (Rezeptordefekt, gestörte second-messenger-Mechanismen) besteht ein Pseudohypoparathyreoidismus.
 

Abbildung: Pathophysiologie des sekundären Hyperparathyreoidismus
Nach Slatopolsky E, Brown A, Dusso A. Pathogenesis of secondary hyperparathyroidism. Kidney Int Suppl 1999; 56: S14-9

Nierenfunktionsstörungen wirken sich auf den Calcium- und Phosphatstoffwechsel aus: Calciummangel und Vit-D3-Erniedrigung regen die Bildung von Parathormon chronisch an, Hyperplasie der Epithelkörperchen ist die Folge


Hyperparathyreoidismus: Epithelkörperchenadenome können vermehrt Parathormon bilden, was zu Erhöhung des Calcium- und Erniedrigung des Phosphatspiegels führt (primärer Hyperparathyreoidismus). Die Folgen sind Verlust der Knochenfestigkeit durch Mobilisierung von Calcium, Hypercalcämie, Nierensteinbildung (Nephrolithiasis) und Nierengewebsverkalkung (Nephrocalcinose).

Der Grund für die Nierensteinneigung ist die Überschreitung des Löslichkeitsproduktes des Calciumphosphat-Systems (Parathormon mobilisiert Calcium und steigert die Phosphatausscheidung).

Fortdauernde Hypocalcämie (bedingt z.B. durch calciumarme Ernährung, Niereninsuffizienz mit Calciumverlust, Leberzirrhose mit mangelnder Vitamin-D-Aktivierung und daraus resultierendem niedrigen 1,25-(OH)2-D3-Spiegel) kann reaktiv zu Epithelkörperchenhyperplasie mit erhöhter Parathormonausscheidung führen (sekundärer Hyperparathyreoidismus mit Erniedrigung der
1,25-(OH)2-D3-Rezeptordichte - Abbildung).

Bei Chronizität der Parathormonüberproduktion kann der physiologische Regelkreis erlahmen, die negative Rückkopplung sistieren und die Parathormonproduktion auch trotz Senkung des Calciumspiegels erhöht bleiben (tertiärer Hyperparathyreoidismus).

Calcitriolmangel ist oft bei Niereninsuffizienz zu beobachten (
1α-Hydroxylase-Mangel), ferner bei geringer UV-Exposition (Haut), Lebererkrankungen (25-Hydroxylasemangel) und mangelnder Vitaminzufuhr (Vit.D) mit der Ernährung. Kinder leiden unter Rachitis, Erwachsene unter Osteomalazie.

Calcitriolüberschuss tritt bei übertriebener Vitamin-D-Substitution auf und führt zu Organ- bzw. Gewebsverkalkungen.
 
  
   Absinken der Calciumkonzentration (Hypocalcämie) erhöht die Erregbarkeit von Zellmembranen, weil der Natriumeinstrom erleichtert wird, und bewirkt tetanische Krämpfe, die lebensbedrohlich sein können. Gegenmaßnahme: Erhöhung des Calciumspiegels (Calciumcarbonat i.v.).

   Diuretika können den Calciumhaushalt beeinflussen:

 
  Schleifendiuretika hemmen den Na/K/Cl-Transport, reduzieren die Aufladung in der Henle-Schleife und verringern die parazelluläre Ca++-Resorption

    Amilorid hemmt die apikale Natriumpermease (ENaC) der distalen Tubuli und fördert - so wie Thiazide - die Ca++-Resorption

    Thiazide hemmen die NaCl-Resorption, senken die zelluläre Na+-Konzentration, erhöhen das basolaterale Membranpotential und steigern damit die Ca++-Resorption
 

 
      Der Knochen speichert für seine Druckbelastbarkeit Calcium (~1 kg) und Phosphat (~0,6 kg). Täglich werden ~500 mg Ca++ aus dem Knochen mobilisiert und wieder eingebaut (~0,05% des Körperbestandes). Das Gleichgewicht zwischen Ab- und Einbau hängt von Faktoren ab wie physische Belastung (fördert Mineralisierung), Ernährung, Alter, Geschlecht, hormonelle Regulation
 
 
     Calcium und Phosphat werden reguliert durch Parathormon, (Thyreo-) Calcitonin und Calcitriol (Vitamin D3-Hormon). Die Blutspiegel werden vor allem durch Parathormon und Calcitriol erhöht / aufrechterhalten (calciotrope Hormone). Die Parathormonsekretion steigt bei sinkendem, und sinkt bei steigendem Ca++-Spiegel. Der Ca++-Spiegel beträgt ~2,5 mMol/l (10 mg/dl) - knapp 60% freie Ionen (biologisch wirksam und filtrierbar), gut 40% gebunden (Protein, Komplexsalze). Abnahme des freien Anteils erhöht die Erregbarkeit von Muskelfasern und kann zu Tetanie führen
 
      Die Zellmembran der Hauptzellen der Epithelkörperchen hat G-Protein-betriebene calciumsensitive Rezeptoren (CaSR), deren Aktivierung die Synthese und Freisetzung von Parathormon hemmt. Parathormon steigert die Ca++-Resorption in Knochen und Nieren (distaler Tubulus), und fördert die Synthese von Calcitriol, damit wirkt es der Entmineralisierung des Knochens entgegen. Parathormon steigert die renale Ausscheidung von Phosphat (geringere Resorption im proximalen Tubulus). Die gesteigerte Phosphatausscheidung wirkt der Bildung von Calciumphosphatkristallen außerhalb des Knochens entgegen. Primärer Hyperparathyreoidismus kann zur Bildung von Nierensteinen führen
 
      Der Parathormon-Effekt im Knochen hängt von der Einwirkungsdauer ab: Kurze Parathormon-"Pulse" wirken anregend auf Osteoblasten, längerdauernd wird die Resorption angeregt: RANKL nimmt zu, Osteoprotegerin wird supprimiert, Osteoklasten werden angeregt (erhöhtes turnover): Osteoblasten bilden osteoklastenanregende Zytokine, Grundsubstanz wird abgebaut, Calcium und Phosphat mobilisiert
 
     Calcitonin aus parafollikulären C-Zellen der Schilddrüse wird proportional zum Ca++-Spiegel freigesetzt - gesteuert durch calciumsensitive Rezeptoren (CaSR). Calcitonin bremst Osteoklasten und regt Osteoblasten an ("Knochenschutzhormon"). Calcitonin verringert bei niedrigem Ca++-Spiegel die Rückresorption von Phosphat im proximalen Nierentubulus sowie die von Calcium im distalen Tubulus (synergistisch mit Parathormon). Calcitonin reagiert auf akute Änderungen des Ca++-Spiegels   
 
      UV-B-Bestrahlung der Haut macht aus Dehydrocholesterin Prävitamin D; dessen Hydroxylierung in Leber (25-Hydroxylase) und Niere (1α-Hydroxylase) ergibt Calcitriol. Calcitriol (Vitamin D3) regt die Resorption von Ca++ und HPO4--  aus dem Darm an. Parathormon und niedrige Ca/P-Spiegel steigern die Aktivität der 1α-Hydroxylase, hohe Ca/P-Spiegel senken sie. Die Leber bildet Vitamin D-bindendes Protein (DBP), das wichtigste D3-Trägerprotein; ~0,4% des (biologisch aktiven) D3 ist nicht proteingebunden (biologische Halbwertszeit mehrere Stunden)
 
      D3 wirkt - vor allem in Dünndarm, Nierentubuli, Knochen und Nebenschilddrüsen - über nukleäre Rezeptoren (VDR, Calcitriolrezeptor), der an vitamin D-response elements bindet und die Expression von Zielgenen steuert. D3 steigert die Ca/P-Resorption im Dünndarm, fördert die Knochenmineralisierung und hat zahlreiche weitere Wirkungen im Körper, z.B. stärkt es das Immunsystem

      Der Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 (FGF23) aus dem Knochen steigert die Calciumresorption und Phosphatausscheidung in der Niere
 

 




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