Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
Mineralstoffwechsel
© H. Hinghofer-Szalkay
Osteoporose: ὀστέον = Knochen, πῶρος = Tuffstein
Osteoprotegerin: protegere = beschützen
RANK: Receptor
activator of nuclear factor kappa B
RANKL: RANK ligand
Der Knochen ist nicht nur Stützorgan und Mineralspeicher, sondern auch mechanosensibel und insoferne ein Sinnesorgan. Mechanische Belastung des Knochens verschiebt extrazelluläre Flüssigkeit in den Knochenkanälchen, das erzeugt Scherkräfte (shear stress), die sich auf die Osteozyten übertragen. Diese - netzartig verzweigten und untereinander verbundenen - Zellen sind Mechanosensoren: Sie nehmen physikalische Reize auf und setzen sie in molekulare Antworten um (z.B. Hemmung der Sclerostinsynthese).
Je höher die auftretenden (Spitzen-)Kräfte, desto stärker wird die Anlagerung neuer Knochenmasse gefördert; das Knochengewebe wird dadurch belastungsfähiger
und bruchfester. Bleiben solche mechanischen Belastungen aus, überwiegt
der Abbauprozess (Inaktivitätsatrophie, Osteoporose). Diese Anpassung
an die mechanische Belastung erfolgt unabhängig von systemischen
Einflüssen wie Parathormon oder Vitamin D.
Osteoprotegerin (ein Produkt der Osteoblasten) bindet an den Osteoklasten-Rezeptor RANKL und schützt so den Knochen vor Abbau. Glucocorticoide hingegen hemmen die Bildung von Osteoprotegerin, stimulieren diejenige von RANKL, und fördern dadurch den Knochenumbau.
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Knochen
besteht aus extrazellulärer Matrix (Proteine und
Hydroxylapatitkristalle) und einem System von Zellen, welche in der
calcifizierten Matrix mechanische Belastungen messen und auf diese
reagieren können (Osteozyten), sowie an der Oberfläche "alte"
Knochensubstanz abbauen (Osteoklasten) und neue synthetisieren
(Osteoblasten)
und sich dabei gegenseitig kontrollieren.
Dynamik des Knochengewebes
In die
Aktivierung der Osteoblasten aus mesenchymalen Stammzellen via
Prä-Osteoblasten sind mehrere Signalwege eingeschaltet. Knochen wächst und heilt hauptsächlich auf dem Weg enchondraler Ossifikation:
Wachstum, Mineralisierung und Reparaturvorgänge erfolgen anhand einer
knorpeligen Vorlage. Am Anfang stehen mesenchymale Zellkondensate, die
eine aus Knorpelzellen (Chondrozyten) verschiedener Entwicklungsstufe
bestehende Wachstumsplatte formieren ( Abbildung).
Abbildung: Ossifikation, Knochenauf- und abbau, und ihre Steuerungsfaktoren
Nach Bradley EW et al, Histone Deacetylases in Bone Development and Skeletal Disorders. Physiol Rev 2015; 95:1359-81
Wachstum und Reparatur des Knochens erfolgt in erster Linie von innen anhand einer
knorpeligen Vorlage
(enchondrale Ossifikation), beginnend mit mesenchymalen Zellgruppen, aus denen eine knorpelige Vorlage entsteht. Mehrere
Hdacs (Histon-Deacetylasen) regulieren die Chondrogenese.
Hdacs regulieren Knorpel- und Knochenwachstum
über die Expression entsprechender Matrixgene; sie stimulieren die
Proliferation, Reifung und Matrixbildung von Osteoblasten sowie die
Bewegungs- und Resorptionsaktivität von Osteoklasten. Hdacs fördern
auch desmale (Bindegewebs-) Ossifikation.
Transkriptionsfaktoren sind
ATF4,
Nkx3.2,
Osx (Osterix),
Runx2,
Sox9,
Twist
Msx2 ist ein Transkriptionsrepressor
Sirt, Sirtuine, Deacetylasen
VEFG,
Gefäßwachstumsfaktor
Proliferierende
Chondrozyten bilden eine Matrix, die reich an Typ II-Kollagen, Proteoglykanen
und Aggrecan sind. Später bilden sie Typ X-Kollagen und angiogene
Faktoren wie VEGF, und es beginnt die Mineralisierung der
extrazellulären Umgebung. Die meisten Chondrozyten unterliegen
schließlich der Apoptose, einige entwickeln sich zu Osteoblasten und
Osteoklasten. Histon-Deacetylasen (Hdacs) und andere Faktoren regulieren die beteiligten Schritte ( Abbildung).
Steuerung von Osteogenese und Knochenabbau
Osteoklasten lagern sich mit ihrem Bürstensaum an der Oberfläche an, indem ihre Integrine (Adhäsionsproteine,
die in allen Zellen außer Erythrozyten vorkommen, in der Zellmembran
verankert sind und für die Signalübermittlung zwischen Zellen und deren
Umgebung bedeutsam sind) an Vitronektin
(ein u.a. im Knochen gebildetes Glykoprotein, das der Zelladhäsion
dient) der Knochenmatrix binden. Sie sezernieren Protonen in den
Resorptionsraum (Lakune - bis 70 µm tief), welcher durch eine
Randzone gegen die
Umgebung abgedichtet ist. Der niedrige pH-Wert löst den Apatit auf,
saure Proteasen die Matrixproteine.
Es benötigt mindestens 100 Osteoblasten, um eine gebildete Lakune mit
neuer Knochensubstanz aufzufüllen (Durchmesser Osteoklast ~100 µm,
Durchmesser Osteoblast 10-14 µm). Eine Knochenstammzelle kann sich in
~36 Stunden verdoppeln; um sich in einen Osteoblasten umzuwandeln,
braucht sie mindestens 9 Stunden.
Der RANK -Ligand spielt eine Schlüsselrolle für die Reifung und Aktivierung der Osteoklasten (Abbildungen). Osteoprotegerin (ein Produkt von Osteoblasten) bindet an RANKL und schützt so den Knochen vor Abbau. Glucocorticoide
wirken umgekehrt: Sie hemmen die Bildung von Osteoprotegerin und
stimulieren diejenige von RANKL, fördern dadurch den Knochenabbau.
Abbildung: Detektion mechanischer Belastung im Knochen (rechts) und Regulation der Blasten-Klasten-Kooperation (links)
Nach Baron R, Kneissel M. WNT signaling in bone homeostasis and
disease: from human mutations to treatments. Nature Med. 2013; 19:
179-92
Mechanische Belastung des Knochens führt über Verformungen der
Knochensubstanz zu Bewegung extrazellulärer Flüssigkeit in den
Knochenkanälchen, die von Zilien gemessen wird (shear stress) und das Knochenwachstum anregt - u.a. über Hemmung von SOST.
BMPR, bone morphogenetic protein receptor, eine Rezeptorkinase, die in Zellwachstum, Differenzierung und Knochenbildung involviert ist DKK1, Dickkopf-related protein 1, zysteinreiches Knochenprotein FZD, Frizzled protein (D nach drosophila), Rezeptorprotein mit zahlreichen Funktionen
LRP5, Low-density lipoprotein receptor-related protein 5 - ein LDL-Rezeptor, der rezeptormediiert endozytiert NFAT, Nuclear factor of activated T-cells, T-lymphozytäre Transkriptionsfaktor, der aktiviert an einen Promotor bindet und die Genexpression von Zytokinen anregt PKA, Proteinkinase A
RANK, Receptor activator of nuclear factor kappa B - ein Protein der Membran von
Osteoklasten, das deren Aktivierung durch Bindung von Liganden
beeinflusst - Mutationen führen zu Knochenerkrankungen RANKL, RANK-Ligand (die Bindung an RANK führt zur Differenzierung von Klasten - vgl. dort) ROR2, Receptor tyrosine kinase-like orphan receptor, transmembranaler Rezeptor, Tyrosin-Proteinkinase, regt das Wachstum in Epiphysenfugen an
SOST, Gen für Sclerostin, hemmt Knochenformation durch Osteoblasten WNT, Protoonkogen. Die WNT-Genfamilie codiert Signalproteine ("Wnt" aus Wingless und Int-1: Mutierte wingless-Gene
bei Taufliegen produzieren eine flügellose Variante; das Int-Gen spielt
bei genetischen Manipulationen im Mausmodell eine Rolle)
Der Knochen ist in gewissem Maß auch ein Sinnesorgan, indem er
physikalische Reize zu molekularbiologischen Antworten umsetzt:
Mechanische Belastung des Knochens führt über Verformungen der
Knochensubstanz zu Bewegung extrazellulärer Flüssigkeit in den
Knochenkanälchen
(Pfeile in der Abbildung). Diese
Flüssigkeitsströmung reizt (shear stress) Rezeptoren in der Zellmembran von Osteozyten, die in den Kanälchen ein Netzwerk bilden (vergleichbar der Scherspannung in Blutgefäßen, die Endothelzellen reizt).
Dies beeinflusst
zelluläre Signalwege (Zilienreizung: SOST; BMPR, s. Abbildungslegende), was wiederum auf
Blasten und Klasten auf der Knochenoberfläche einwirkt und deren
Funktionsgleichgewicht beeinflusst.
Physiologische Anpassung der Knochenmasse an das Belastungsmuster:
Der Knochen unterliegt fortlaufender Umformung (remodeling).
Vermehrte Scherspannung im Knochen fördert seine Neubildung (z.B.
infolge Krafttraining), verminderte Reizung hingegen führt zu Abbau der
Knochensubstanz (z.B. infolge Immobilisierung). Die Belastung steuert
den Knochenstatus primär: Je höher die auftretenden (Spitzen-)Kräfte,
desto belastungsfähiger (und bruchfester) wird das Gewebe. (Das gilt
bis zur physiologischen Belastungsgrenze - z.B. beim Femurknochen bis
zu 1,6 Tonnen).
Dieses System lässt sich u.a. durch Vibration
anregen, da diese
ebenfalls zu Flüssigkeitsbewegung in den canaliculi führt
(therapeutische Anwendung: Anregung des Knochenaufbaus). So hat man
versucht, dem Knochenabbau durch mangelnde Belastung (Immobilisierung,
Raumfahrt) mittels Anregung durch mechanische Schwingungen
vorzubeugen - z.B. bei einer Vibrationsfrequenz von ~20 Hz über 1/5
Stunde täglich insbesondere in Kombination mit Muskelübungen
erfolgreich.
Abbildung: Mögliche Mechanismen, wie der Sympathikus Knochenabbau fördert und Knochenneubildung hemmt
Nach Elefteriou F, Impact of the Autonomic Nervous System on the Skeleton. Physiol Rev 2018; 98: 1083-112
Im Knochen freigesetztes Noradrenalin wirkt vor allem über ß2-Rezeptoren an Osteoblasten (auch Osteozyten), steigert
die Exprimierung von RANKL und fördert Osteoklastenbildung und
Knochenresorption. Cholinerge Anregung erfolgt vermutlich vor allem an Osteoklasten
Autonom-nervöse Steuerung:
Das autonome Nervensystem (Vegetativum) beteiligt sich an der
Regulierung der Knochenphysiologie. Der Knochen verfügt über
sympathische
und parasympathische Nervenversorgung:
Adrenerger Einfluss: Der Sympathikus wirkt auf den Knochenstoffwechsel. Knochenzellen (Osteoblasten,
Osteozyten, Osteoklasten) weisen in ihrer Membran α- und ß-Rezeptoren auf; vor allem
über letztere wird via vermehrte RANKL-Bildung das Knochenwachstum
gebremst, der Abbau gefördert Abbildung).
Cholinerger Einfluss: Acetylcholinrezeptoren
auf Osteoklasten und Osteoblasten wirken vermutlich anabol.
Im
Knochengewebe sind auch Transmitter wie Endocannabinoide
oder NPY nachweisbar.
Wie bedeutsam die neuronale Aktivität für die Physiologie
des Knochenstoffwechsels ist, wird gegenwärtig erforscht.
Knochen und Calcium
Calcium ist Bestandteil von
Knochen und Zähnen (diese können eine maximale Kaukraft von 1900 N übertragen).
>99% des Calciums und 85% des Phosphors im Körper
befinden sich in Knochen und Zähnen.
Abbildung:
Calciummetabolismus und Knochen
Nach
Reich KM, Fedorak RN, Madsen K, Kroeker KI. Vitamin D improves
inflammatory bowel disease outcomes: Basic science and clinical review.
World J Gastroenterol. 2014; 20: 4934-47
Vitamin
D wird im Fettgewebe gespeichert, bei Bedarf von dort freigegeben, über
ein Bindungsprotein zur Leber transportiert und mittels hepatischer
25-Hydroxylase in die hauptsächliche zirkulierende Form
25-Hydroxyvitamin D3 umgewandelt. Die Niere konvertiert mit ihrer
1α-Hydroxylase weiter zur aktiven Form 1α,25-Dihydroxyvitamin D3. Zu
deren Aktivitäten gehört Calciumresorption und Knochenentwicklung.
Parathormon aus den Epithelkörperchen regt die Produktion der
1α-Hydroxylase an, wobei dieser Effekt durch einen negativen
Rückkopplungskreis limitiert ist: 1,25(OH)2D3 bremst das Parathormon.
CaBP, Calcium-Bindungsprotein VDR, Vitamin D-Rezeptor RXR, Retinoid X-Rezeptor RANK(L) s. dort TRPV6, Calcium-resorbierender TRP-Kanal
Bei typischer westlicher Ernährungsweise stammt deutlich mehr als die
Hälfte (~75%) des Nahrungscalciums aus Milch und Milchprodukten. Die
empfohlene Ca-Aufnahme ist mindestens 1 g/d. (Die Nieren filtrieren
etwa 9 Gramm Ca++ täglich, davon werden mehr als 98% rückresorbiert.)
Außer Calcium sind in der apatitähnlichen Knochensubstanz sowie in den
Zähnen auch andere Ionen gespeichert - wenn auch in geringerer Menge
als Calcium: Natrium, Kalium, Magnesium, Fluorid. Die Knochen speichern etwa gleich viel (immobilisiertes) Natrium wie der Extrazellulärraum ( s. dort).
Größe und Calciumgehalt der Knochenmasse kann aufgrund der Knochendichte mit
modernen bildgebenden Verfahren - z.B. Computertomographie, Röntgen-Absorptiometrie - bestimmt
werden. Auch Ultraschall kann zur Abschätzung der Knochendichte herangezogen werden.
Bei ungenügender mechanischer Belastung (lange Bettlägerigkeit,
Immobilisierung, Postmenopause) nimmt die Calcium- und Phosphateinlagerung im Knochen
ab, die Ausscheidung mit dem Harn zu.
In der Schwangerschaft wird vermehrt Calcium für den Aufbau des fetalen Knochensystems benötigt. Der Calciumbedarf der Schwangeren ist höher ist als sie durch die Nahrung decken kann; ihre
Knochendichte nimmt trotz gesteigerter enteraler Resorption ab.
Nur ein kleiner Teil des Knochencalciums ist für die schnelle
Regulation des Calciumspiegels in den extrazellulären Flüssigkeiten
verfügbar: Dieses Calcium bestimmt die Erregbarkeit der Zellmembranen
und ist für Enzymsysteme (z.B. Blutgerinnung) wesentlich.
Chronischer Calciummangel (streng vegetarische Diät, keine Milchprodukte)
kann eine Neigung zu Tetanie (Muskelkrämpfen) bewirken.
Synopsis
Die "Knochenfitness" hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab:
Mechanische Belastung des Knochens (körperliche Aktivität)
Endokriner Status (Geschlechtshormone)
Calciumaufnahme (Ernährung)
Alle drei Faktoren müssen für eine optimale Knochengesundheit zusammenwirken
(additiv). Mangel in einem dieser Bereiche kann nicht durch stärkere
Beanspruchung (z.B. Training, Calciumzufuhr) in anderen vollständig
kompensiert werden.
Über die Veränderung der Knochendichte mit dem
Lebensalter s. auch
dort
Der
Calciumgehalt der Knochenmasse kann aufgrund der
Knochendichte
mit
modernen bildgebenden Verfahren bestimmt
werden - z.B.
Photonen-Absorptiometrie
(Single
photon absorptiometry SPA, Dual photon absorptiometry DPA),
Röntgenanalyse (Absorptiometrie
DEXA:
Dual-energy X-ray absorptiometry, Radiogrammetrie
DXR:
Digital X-ray radiogrammetry).
Diese Verfahren haben in der medizinischen Praxis
konventionelle Methoden z.T. abgelöst, die sich an der Bestimmung der
mechanischen Belastbarkeit oder der Konzentration von "Knochenmarkern"
orientieren:
Bestimmung der Knochenbelastbarkeit
Die Belastbarkeit des
Knochens ist u.a. eine Funktion der Knochenmasse und ist im Allgemeinen umgekehrt proportional der Gefahr eines
Knochenbruchs.
Die gemessenen Werte für die
Knochendichte werden auf Geschlecht, Alter, Gewicht u.a.
normiert. Von Osteoporose spricht man, wenn das Messresultat unter dem 2,5-fachen Standardabweichungsbereich einer Referenzpopulation liegt.
Abbildung: Knochenmasse und
Frakturrisiko mit dem Lebensalter
Das Knochenbruchrisiko (Ordinate rechts, nach unten zunehmend) verhält sich umgekehrt proportional zur Knochenmasse
Die Knochen
können in vivo nicht wie ein Werkstück auf Elastizität oder
Bruchfestigkeit getestet werden. Indirekte Prüfmethoden sind mit unterschiedlichen physikalischen
Eigenschaften des Knochens verknüpft, und die Ergebnisse sind nicht ohne weiteres ineinander überführbar.
Während akustische Verfahren mit Ultraschall
arbeiten, verwenden Durchleuchtungsverfahren (Absorptiometrie, Computertomographie)
ionisierende Strahlung.
Akustische
Verfahren: Die mechano-akustischen
Eigenschaften des Knochens können durch Reflexions- oder
Durchschallungsmethoden im niedrigen MHz-Bereich
abgeschätzt werden (Quantitative Ultrasound).
Beurteilungskriterien sind
die Schallgeschwindigkeit
(abhängig von mechanischen
Eigenschaften und Größe des Knochens sowie Schallweg) und / oder
die Abschwächung des Signals
im Durchschallungsverfahren ( Abbildung).
Abbildung: Bestimmung physikalischer
Knocheneigenschaften mittels Ultraschall
Links: Puls-Echo-Verfahren,
Sender und Empfänger in einem Teil
Rechts: Durchschallung - Sender
und Empfänger getrennt
Bildgebende Diagnostik
Der Knochen wird mit Gamma- oder
Röntgenstrahlung durchdrungen; die Absorption nimmt mit der
Knochendichte zu. Heute verwendet man folgende Varianten:
Röntgen: Standardmethode, zeigt z.T. unspezifisch Demineralisierung des Knochen an (verringerte Dichte)
Szintigrafie: Darstellung von Regionen mit gesteigertem Knochenumbau mit radioaktivem Marker (Biphosphonat mit 99m-Technecium)
Computertomographie (CT): Nachweis intraossärer Strukturen und veränderter Knochenkonturen. Quantitative CT erlaubt die Abschätzung der Knochendichte bzw. -masse
Magnetresonanztomografie (MRT): Nachweis von Weichteilgewebe (Metastasen)
Single-photon
absorptiometry: Photonen-Absorptiometrie; ein radioaktives Nuklid
(Photonen-Emitter) wird über den zu testenden Knochen (z.B.
Radius) geführt und auf der Gegenseite die Strahlungsintensität
detektiert. Die Absorption wird auf g/cm
kalibriert. Die Methode eignet sich für Knochen, die nur von
wenig Weichgewebe umgeben sind
Dual-energy
absorptiometry: Zwei-Energie-Röntgentechnik, verwendet zwei unterschiedliche
Strahlungsintensitäten. Methode der Wahl zur Knochendichtebestimmung
Dual photon absorptiometry DPA: Gadolinium-153 (emittiert
Gammastrahlung mit 44 und 100 keV)
Dual-energy X-ray absorptiometry DEXA, Radiogrammetrie
DXR:
Röntgenstrahlung mit zwei
Intensitäten
Bei diesem - höhere
Energiedosen verwendenden - Verfahren werden die Gewebe
unterschiedlicher Dichte besser durchdrungen, und es können auch
z.B. Wirbel und Hüftapparat gut dargestellt werden.
Knochenhistologie
Quantitative Morphometrie
erlaubt im Fall sonst unklarer Diagnose oder therapeutischer Wirkungen
die Beurteilung histologischer Gegebenheiten (Trabekeldicke etc) und
deren Dynamik aus Knochenbiopsien (z.B. aus dem Beckenkamm). So signalisiert erhöhte Aktivität an alkalischer Phosphatase gesteigerte Osteoblastentätigkeit (Knochenaufbau).
Zu Knochenmarkern s. dort
Knochenumsatz (remodeling):
Osteoklasten lagern sich mittels Integrinen an das
Glykoprotein Vitronektin der Knochenmatrix an, bilden eine am Rand
abgedichtete Resorptionslakune und sezernieren Protonen und saure
Proteasen, die den mineralischen Knochen bzw. Matrixproteine auflösen.
Osteoblasten füllen die Lakune mit neuer Knochensubstanz auf; sie
bilden Osteoprotegerin, dieses bindet an RANKL und schützt so den
Knochen vor Abbau
RANK ist ein Protein in der
Osteoklastenmembran; die Bindung an einen Liganden (RANKL) führt zur
Aktivierung von Osteoklasten. Glucocorticoide hemmen die Bildung von
Osteoprotegerin und stimulieren diejenige von RANKL, und fördern
dadurch den Knochenabbau. Noradrenalin steigert die Exprimierung von
RANKL und fördert Osteoklastenbildung und Knochenresorption
Mechanische Belastung des Knochens induziert Bewegung extrazellulärer
Flüssigkeit in den Knochenkanälchen, die von Rezeptoren in Zilien von
Kanälchen-Osteozyten registriert wird und zelluläre Signalwege
aktiviert. Vermehrte Scherspannung (z.B. Krafttraining) fördert den
Knochenaufbau, verminderte Reizung (z.B. Immobilisierung) zu
Knochenabbau
Der Knochen ist vegetativ innerviert: Osteoblasten, Osteozyten und
Osteoklasten haben α- und
ß-Rezeptoren, deren Aktivierung das Knochenwachstum bremst und den
Abbau fördert; cholinerge Rezeptoren wirken vermutlich anabol
>99% des Calciums und 85% des Phosphors im Körper befinden sich in
Knochen und Zähnen. Die empfohlene Ca-Aufnahme ist mindestens 1 g/d
(bei typischer Ernährungsform vorwiegend aus Milch und Milchprodukten).
Der Calciumspeicher kann über die
Knochendichte mit bildgebenden Verfahren (CT, Röntgen-Absorptiometrie)
abgeschätzt werden
Die Knochenbelastbarkeit hängt ab vom Grad der körperlichen Aktivität,
vom endokrinen Status (Steroidhormone, Parathormon, D3-Hormon) und der Calciumaufnahme (Ernährung) ab. Diese Faktoren müssen gleichzeitig
optimiert sein, um zu voller Wirkung zu gelangen
Bei ungenügender Belastung (lange Bettlägerigkeit, Immobilisierung,
Postmenopause) wird weniger Calcium und Phosphat in den Knochen
eingelagert und mehr mit dem Harn ausgeschieden (Gefahr einer
Urolithiasis)
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Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen:
Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie
sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und
Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.