G-Protein-gekoppelte Rezeptoren
GPCR- (G-protein coupled receptor), metabotrope
oder G-Protein-gekoppelte (GTP-bindende: G-Proteine binden Guanosinphosphat), heptahelikale (7-TM, 7-transmembrane, heptahelical, serpentine) Rezeptoren (
s. auch dort) bestehen meist aus 350-400 Aminosäuren, können aber auch wesentlich größer sein (NAS>1000). Ihre sieben transmembranalen α-Helices sind mittels intra- bzw. extrazellulären Verbindungsstücken miteinander verbunden (zwischen den Helices 5 und 6 liegt eine lange
intrazelluläre Schleife), das gesamte Molekül windet sich schlangenförmig ("serpentinisch") durch die Zellmembran.
Der glykolsylierte N-Terminus liegt extrazellulär, der hydrophile
C-Terminus intrazellulär. Binden GPCRs ihren Liganden (z.B. ein Hormon), aktivieren
sie ein assoziiertes G-Protein, indem sie gebundenes GDP gegen GTP
tauschen (
s. dort).
G-Proteine sind
membranständige Eiweißmoleküle, die mit Guaninnukleotiden (GTP, GDP)
interagieren (daher ihr Name); ihre Aufgabe ist es, auf die Aktivierung
von GPCRs zu reagieren und ein
rezeptorabhängiges Signal in die Zelle weiterzuleiten, wo
Effektorsysteme (Kinasen, Ionenkanäle etc) eine entsprechende Antwort
der Zelle bewirken.
G-Proteine sind heterotrimer: Sie bestehen
aus drei unterschiedlichen Untereinheiten (α, β, γ). Man
kennt beim Menschen 21 verschiedene α-, 6 β- und 12 γ-Untereinheiten
(daraus ergeben sich etwa 1500 Kombinationsmöglichkeiten).
Im "Ruhezustand" bilden α, β und γ-Untereinheit ein Trimer und können
(müssen aber nicht) am Rezeptormolekül angedockt sein. In diesem
Zustand hat die α-Untereinheit GDP gebunden.
Die folgende Tabelle informiert über die wichtigsten Subtypen der G-Proteine und ihre
Funktionen (es gibt zahlreiche weitere, z.B. für visuelle,
olfaktorische und gustatorische Reizdetektion):
Wichtigste G-Protein-Subtypen und ihre Funktion

Nach Rang & Dale's Pharmacology, 9th ed. 2020
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Subtyp
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Effekte
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Gαs |
Anregung der Adenylylcyclase
(Bildung von cAMP)
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Gαi |
Hemmung der Adenylylcyclase
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Gαo |
vermutlich über βγ |
Gαq |
Aktivierung von Phospholipace C
(mehr IP3 / DAG), Freisetzung Ca++, Aktivierung Proteinkinase C
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Gα12/13 |
Aktivierung von Rho-Kinase
(ROCK1, Protein mit vielfachen Funktionen)
|
Gβγ |
Aktivierung von Kaliumkanälen
Hemmung spannungsgesteuerter Calciumkanäle
Aktivierung von GPCR-Kinasen
Interaktion mit Adenylylcyclase / PLC
|

Die G-Protein-Hauptklassen vom Typ Gα
s, Gα
i, Gα
0 und Gα
q
haben die größte pharmakologische Bedeutung. Beim Menschen sind 21
Gα-Subtypen bekannt, 6 Gβ- und 12 Gγ-Subtypen (theoretische Gesamtzahl
der möglichen Kombinationen 1,5.10
3).
GPCRs stellen die umfangreichste Gruppe von Rezeptormolekülen an der
Zelloberfläche dar. Sie vermitteln die Wirkung zahlreicher Peptidhormone,
Neurotransmitter, Prostaglandine und sind in die Perzeption von Licht,
Geruch und Geschmack involviert. Der Mensch verfügt über mehr als achthundert GPCR-Varianten (davon an die 500 alleine für den Geruchssinn). GPCRs kommen in der Zellmembran sowie in
der Endosomenmembran vor.
GPCRs werden in drei Klassen (A - bei weitem die umfangreichste Klasse
-, B, C) eingeteilt (weitere Beispiele sind Adhäsions-GPCRs, Pheromone,
frizzled GPCRs):
Drei Hauptklassen metabotroper Rezeptoren

Nach Rang & Dale's Pharmacology, 9th ed. 2020
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Klasse
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Rezeptoren
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Strukturelle Merkmale
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A: Rhodopsin-
Familie
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Größte Gruppe, Rezeptoren für die meisten Amin-Neurotransmitter, viele Neuropeptide, Purine, Prostanoide, Glucagon, Calcitonin
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Kurzer N-terminaler extrazellulärer Anteil, Ligand bindet an Transmembranhelices (Amine) oder extrazelluläre Schleifen (Peptide)
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B: Sekretin- / Glukagonrezeptor-
Familie
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Peptidhormonrezeptoren (Sekretin, Glucagon, Calcitonin etc)
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Ligandenbindende Domäne auf extrazellulärer Zwischensequenz
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C: Metabotrope Glutamatrezeptor- / Calciumsensor- Familie
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Kleine Gruppe; Metabotrope Glutamatrezeptoren, GABAB-Rezeptoren, Ca++-sensing receptors
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Langer extrazellulärer Anteil mit ligandenbindender Domäne
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Angehörige jeweils einer Klasse (A, B,
C) haben sehr ähnliche Aminosäuresequenzen (Sequenzhomologie), zwischen
den Klassen existieren hingegen diesbezüglich erhebliche Unterschiede,
auch was die (orthosterische) Bindungsstellen der Antagonisten betrifft. Über den
calciumsensitiven Rezeptor (CaSR,
calcium-sensing receptor) s.
dort.
Das "Umschalten" zwischen GDP- und GTP-gebundener Form wird im Allgemeinen durch zwei Proteintypen erleichtert:
GTPase activating proteins (
GAPs - diese fördern die GDP-gebundene Form und inaktivieren
GTPasen) und
Guanine nucleotide exchange factors (
GEFs - sie aktivieren GTPasen).

Abbildung: Struktur und Signalauslösung an GPCRs
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
GPCRs binden extrazelluläre Liganden (z.B. Hormone). Sie bestehen aus jeweils 7 transmembranalen Domänen (grün).
G-Proteine liegen im Ruhezustand (links) als trimereKomplexe vor und binden an die Zellmembran - Gα und Gγ kovalent an Lipide (rote Zickzack-Linien).
Bei (1) bindet der extrazelluläre Signalstoff an den Rezeptor, was einen allosterischen Effekt bewirkt (2): In Gα bildet sich eine Bindungstasche, und der aktivierte Rezeptor tauscht GDP gegen GTP aus, GTP-gebundenes Gα
dissoziiert vom Rezeptor und die frei gewordenen G-Proteine aktivieren
ihre Effektprproteine (in diesem Beispiel: Effektor 1 ist ein
Ionenkanal, Effektpr 2 ein Enzym). Bei (4) lagert sich wieder GDP an Gα. Bei (5) schließlich bildet sich wieder der trimere G-Protein-Komplex

Alle GPCRs nutzen
den in der Abbildung skizzierten G-Protein-Zyklus zur Signalübertragung, und der Wechsel zwischen
GDP-gebundener und GTP-gebundener Form definiert die Zugehörigkeit zur
G-Protein-Superfamilie (zu dieser zählt man auch kleine monomere GTPasen wie z.B. Mitglieder der Ras-Superfamilie
kleiner G-Proteine wie Rab, Ras und Rho).
G-Proteine können stimulierend (Gs), inhibierend (Gi) oder auf andere Weise wirken (z.B. regen Gq-Proteine
die Bildung von IP3 und DAG an, wie im Signalweg von Vasopressin, GnRH,
TRH, TSH, oder Angiotensin II).
Nach Aktivierung durch den Rezeptor trennen sich α-Untereinheiten
von GDP und lagern stattdessen GTP an, das sie dann spalten (sie wirken
als GTPase), worauf sie vom Molekülkomplex dissoziieren. Verschiedene
α-Untereinheiten binden an unterschiedliche Klassen von
Effektoren und haben unterschiedliche Wirkungen. Eine besonders wichtige ist die Aktivierung von Adenylylcyclase: Diese lässt cAMP (zyklisches Adenosin-Monophosphat) entstehen. Dieser klassische zweite Botenstoff diffundiert in die Zelle und aktiviert
Proteinkinase A (PKA), ein Schlüsselenzym des Zellstoffwechsels
(
Abbildung).
Die β- und γ-Untereinheit
bleiben zusammen, können sich in der Membranebene bewegen (die
γ-Untereinheit ist über Fettsäureketten in der Membran verankert) und diverse Ziele (Ionenkanäle, Enzyme) beeinflussen.
Abbildung: Aktivierung der Adenylylcyclase und Proteinkinase A durch G-Protein-gekoppelte Rezeptoren
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)
Oben:
Im gezeigten Beispiel koppelt der mit seinem Signalstoff besetzte
Rezeptor an ein Gs-Protein (s für stimulierend). Ist seine α-Untereinheit "eingeschaltet",
tauscht sie ihr gebundenes GDP (Guanosindiphosphat) gegen GTP
(Guanosintriphosphat) und dissoziiert von dem beim Rezeptor
verbleibenden βγ-Komplex. Inhibitorische G-proteine (Gi) hemmen die Adenylylcyclase.
Anschließend koppelt die α-Untereinheit an das Enzym Adenylylcyclase
und regt es zur Bildung von cAMP (zyklisches Adenosin-Monophosphat) aus
ATP an. cAMP ist ein klassischer second messenger. Solange die Zyklase auf "on" steht, produziert sie weiter cAMP (Signalverstärkung in der Zelle).
Anschließend dissoziiert die α-Untereinheit - die wieder GDP gebunden
hat - zurück zum βγ-Komplex (die Zyklase beendet ihre cAMP-Bildung) und rekombiniert zum kompletten Gs-Protein, wenn sich der
Signalstoff vom Rezeptor gelöst hat.
Unten: In der Zelle binden 4 cAMP-Moleküle an die regulatorischen Komponenten des Enzyms Proteinkinase A
(PKA). Dadurch lösen sich die katalytischen Komponenten vom Molekül und
sind aktiv, d.h. sie phosphorylieren spezifische Substratproteine.
Reguliert wird der Vorgang durch Schlüsselenzyme: Phosphodiesterase
inaktiviert cAMP zu AMP, Proteinphosphatasen inaktivieren Proteine,
indem sie Phosphatreste von ihnen entfernen
Jeder ligandenaktivierte Rezeptor aktiviert ~100 oder auch deutlich mehr G-Proteine (erste Stufe der Signalverstärkung). Die Adenylylcyclase produziert cAMP, so lange die α-Untereinheit
gebunden bleibt und sie aktiviert. Dadurch entsteht viel mehr cAMP als G-Proteine aktiviert wurden (zweite Stufe der Signalverstärkung).
Mehrere
second messengers
werden durch hydrolytische Spaltung von Phospholipiden aus dem inneren
Blatt der Zellmembran gewonnen - katalysiert durch Phospholipasen (C,
D, A
2),
die durch spezifische Rezeptor- G-Protein- Aktivierungen eingeschaltet
werden. Es gibt Untergruppen der Phospholipasen, die sich in
Expression (zellspezifisch), Aktivierungsmodus und katalytischer
Aktivität (Spaltungsort im Phosphatidylcholin) unterscheiden. So gibt
es die β- (typischerweise im G-Protein-Weg), γ- (Tyrosinkinaseweg) und
δ- Familien der Phospholipasen C (PLC).
Phosphatidylinositole wie PIP2
und PIP3 stellen zwar mengenmäßig nur einen kleinen Teil des
Membranmaterials, sind aber für die Signaltransduktion von großer
Bedeutung. Phospholipase C setzt aus PIP2 die Botenstoffe IP3 und DAG
frei (
Abbildung).
Abbildung: Aktivierung des DAG / IP3-Systems durch G-Protein- gekoppelte Rezeptoren
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)
Bindet
der Signalstoff an seinen Rezeptor, wird in diesem Fall über den
G-Protein- Mechanismus Phospholipase C aktiviert (Gq-, vielleicht auch andere G-Proteine). Dieses Enzym spaltet
PIP2 (Phosphatidylinositol 4,5-Biphosphat) in zwei second messengers:
DAG (Diacylglycerin) und IP3 (Inositoltriphosphat).
IP3 ist wasserlöslich und gelangt zum (Ca++ speichernden)
endoplasmatischen Retikulum. Hier bindet es an IP3-Rezeptoren (ITPR), was zu
Freisetzung von Calciumionen in das Zytoplasma und entsprechenden
Aktivierungen führt.
DAG ist lipophil, verbleibt in der Zellmembran und aktiviert Proteinkinase C.
Inset rechts unten: Proteinkinase C ist abhängig von Ca++/Calmodulin. Dieses phosphoryliert Zielproteine und ändert dadurch ihre Aktivität
Zeitverlauf der intrazellulären Konzentrationen:
IP3 erreicht innerhalb von Sekunden nach Rezeptoraktivierung einen Gipfelwert (der rasch wieder abklingt),
DAG
einen kleinen frühen Gipfelwert ebenfalls innerhalb von Sekunden (durch
PIP2 verursacht) und einen späteren, intensiveren und über Minuten und
Stunden anhaltenden Maximalwert (Mitwirkung von Phospholipase D).
Phospholipase C spaltet Phosphatidylinositol-Biphosphat (PIP2)
zu Diazylglyzerin (DAG) und Inositol-Triphosphat (IP3).
DAG ist fettlöslich und wirkt in der Zellmembran, IP3 diffundiert durch
die Zelle und erreicht das endoplasmatische Retikulum, wo es über
IP3-Rezeptoren die Freisetzung von Ca++ und damit intrazelluläre Signalkaskaden aktiviert.
Calciumionen beeinflussen die Funktion zahlreicher Proteine / Enzyme (auch Kinasen und Phosphatasen), Kanäle, Transporter, Transkriptionsfaktoren, synaptischer Vesikelproteine u.a. Sie tun das entweder durch
direkte Anlagerung an das Zielprotein, oder über
Bindung an Vermittlerproteine, wie das ubiquitäre und multifunktionale Steuerprotein Calmodulin.
So aktiviert der Ca++/Calmodulinkomplex Ca-abhängige Proteinkinase (CaM-Kinase), woraufhin sie sich durch intermolekulare Wirkung selbst
phosphoryliert. Dadurch errlangt das Enzym eine von Ca++ unabhängig gewordene, länger wirksame Funktion, was z.B. im Rahmen des Gedächtnisaufbaus bei synaptischer Verstärkung eine Rolle spielen kann.
Phospholipase D spaltet Phospholipide, die Arachidonsäure enthalten. Dabei entsteht Anandamid, ein Endocannabonoid.
Phospholipase A2 sind Enzyme, welche von Phospholipiden Fettsäuren abspalten (Arachidonsäure-System, Prostaglandinsynthese).
Proteinkinase C (PKC) wird von beiden second messengers
- DAG in der Zellmembran, Ca/Calmodulin im Zytoplasma - aktiviert,
worauf Proteine phosphoryliert werden und entsprechende Reaktionen der
Zelle erfolgen. PKC
unterliegt ihrerseits verschiedenen regulatorischen Einflüssen, z.B.
Ubiquitinierung ihrer regulatorischen und/oder katalytischen Einheit.
Man kennt mehr als ein Dutzend Proteinkinasen C, die sich in Gewebeverteilung, zellulärer Lokalisation und Ansprechen auf Ca++ bzw. DAG unterscheiden.
Zur Funktion von Proteinkinasen s. auch dort
Die wichtigsten
Ziele der G-Proteine, über welche sie Funktionen der Zelle beeinflussen, sind die folgenden:

Adenylylcyclase (Bildung von cAMP)

Phospholipase C (Bildung von IP3 und DAG)

Ionenkanäle (vor allem für Ca
++ und K
+)
Rho A / Rho-Kinase (reguliert zahlreiche Signalwege, z.B. betreffend Zellwachstum, Motilität, glattmuskuläre Kontraktion)
MAP-Kinase (beteiligt an mehreren Funktionen, u.a. Zellteilung)
GPCRs ändern bei Bindung ihres Liganden ihre
Konformation, die Gα-Untereinheit tauscht GTP
gegen GDP, dissoziiert vom verbleibenden βγ-Dimer ab und wirkt als der
primäre Signalübermnittler (Abbildungen): Es koppelt "downstream" an Effektorproteine
wie z.B. Adenylylcyclase (Adenylatzyklase) oder Phospholipase C. Das beeinflusst wiederum die Bildung von cAMP, DAG und IP3 und führt zu spezifischen zellulären Antworten (
Abbildung).