Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

  
Integrative Funktionen des Nervensystems, Physiologie des Verhaltens

Hirnnerven
© H. Hinghofer-Szalkay
Accessorius (lat) Beinerv
Facialis: facies (lat) Gesicht
Ganglion Gasseri: Johann Lorenz Gasser
Glossopharyngeus: γλῶσσα = Zunge, φάρυγξ = Rachen
Hypoglossus: ὑπό = unter,
γλῶσσα = Zunge
Oculomotorius: oculus = Auge, motor = Beweger (movere = bewegen)
Olfactorius: olfacere = riechen, wittern
Opticus: ὀπτικός = zum Sehen gehörend
Trigeminus: tria = drei, geminus = Zwilling (Drillingsverv)
Trochlea (lat) Rolle, Winde, Flaschenzug
Vagus: 
vagari = umherziehen, umherstreifen


Als Hirnnerven werden z.T. "nach außen gewachsene" zerebrale Fasersysteme (N. I, II), z.T. aus dem Hirnstamm entspringende Nerven (III bis X, XII) bezeichnet; auch ein aus dem Halsmark entspringender Nerv (XI) gehört dazu.

Gehirnnerven enthalten motorische, sensorische und vegetative (autonom-nervöse) Fasern. Zum Großteil sind sie hochspezialisiert (Olfactorius für den Geruchssinn; Opticus für den Gesichtssinn; Oculomotorius, trochlearis und abducens für Augenbewegungen; Vestibulocochlearis für Gehör- und Gleichgewichtssinn), teilweise haben sie gemischte Funktionen, z.B. der Vagusnerv (Muskelsteuerung, Eingeweide, sensorische Afferenzen). Der Accessorius hat ausschließlich motorische Aufgaben; der Fazialis kommandiert vor allem die Mimik.

Die Funktion der Gehirnnerven wird nur im Zusammenhang mit ihren peripheren Anbindungen einerseits, und vor allem den Verschaltungen im Gehirn andererseits verständlich. Einige von ihnen arbeiten weitgehend unabhängig von anderen (Sehen, Hören etc), andere sind funktionell eng miteinander verknüpft. So ist die Tätigkeit der okulomotorischen N. III, IV, und VI ein Gesamtpaket, getrennt würden sie keine sinnvolle Funktion ausüben.
   
Hirnnerven (cranial nerves CN 1 - CN 12) befassen sich u.a. mit der Afferenz von (phylogenetisch meist jüngeren) Sinnesinformationen (wie Gesichts-, Gehör-, Gleichgewichtssinn), steuern die Motorik des Kopf- und Halsbereichs und haben autonom-nervöse Aufgaben. Sie sind meist mit dem Hirnstamm verbunden, mit wenigen Ausnahmen: CN 1 (N. olfactorius: olfaktorisches Gehirn), CN 2 (N. opticus) und z.T. CN 11 (N. accessorius: entspringt teilweise im oberen Halsmark). CN 1 (Geruchssinn) und CN 2 (Gesichtssinn) sind eigentlich vorgewachsene Teile des Gehirns, ihre Peripherie - bulbus olfactorius, Retina - ist mehrschichtig aufgebaut und entspricht im Aufbau kortikalem Gewebe (Gehirnrinde).

 
 
Abbildung: Hirnnerven
Nach einer Vorlage in Banich / Compton, Cognitive Neuroscience, 4th ed. 2018, Cambridge Univ. Press

Hirnnerven enthalten motorische, sensorische und vegetative Fasern - teils sind sie hochspezialisiert (sensorisch: z.B. Olfactorius, Opticus, Vestibulocochlearis; motorisch: z.B. okulomotorische Nerven, Accessorius), teilweise haben sie gemischte Funktionen (Vagus, Facialis, Trigeminus)


Der Anteil an motorisch-efferenten, sensorisch-afferenten und autonomen (vegetativen) Fasern ist je nach Hirnnerv sehr unterschiedlich:
 
    Beispielsweise führt der Sehnerv (II) nur afferente,
 
    die motorischen Augenmuskelnerven (III, IV, VI) nur efferente Information;
 
    der Vagusnerv (X) hat 80% afferente und 20% efferente Fasern usw.

Die Numerierung richtet sich nach anatomischen Kriterien (rostro-kaudale Abfolge der Austrittsstellen am Gehirn).

Afferente viszerale Information aus dem Kopfbereich (kranial) ist mechano- und chemosensibel und wird über vier Hirnnerven zugeleitet: Trigeminus (V) - Gesichtsbereich, Facialis (VII) - Geschmack, Glossopharyngeus (IX) - Gaumen und oberer Oropharynx, und Vagus (X) - Brust- und Baucheingeweide (außer Becken).

Efferente viszerale Information gelangt über den Oculomotorius (III) - Ziliarganglion - innere Augenmuskulatur, Facialis (VII) - ggl. sphenopalatinum - Tränendrüse, chorda tympani - Sublingual- und Submaxillardrüse, Glossopharyngeus (IX) - ggl. oticum - Parotis, und Vagus (X) - Herz, Lunge, Leber, Milz, Gastrointestinaltrakt, Nieren - in die Peripherie.

Motorisch steuern Gehirnnerven die Muskeln im Kopf- und Halsbereich (äußere Augenmuskeln: III, IV, VI; Kaumuskulatur: V; Gesicht: VII; Hals: IX-XII).

Oft sind an einem motorischen Ablauf mehrere Hirnnerven beteiligt, z.B. beim Schluckakt: Die motorischen Efferenzen, welche den Schluckakt - mit einer pharyngealen, laryngealen und oesophagealen Phase - steuern, umfassen den N. trigeminus, facialis, glossopharyngeus, Vagus, Accessorius und Hypoglossus.

Was die Gehirnnerven tun, ist als Gesamtmuster zu verstehen; ihre zerebrale Organisation deutet auf einen im Vergleich zu Rückenmarksnerven höheren funktionellen Anspruch hin.

Es sei darauf hingewiesen, dass die Hirnnerven paarig angelegt sind
- 12 auf der linken und 12 auf der rechten Seite - mach in Summe 24 Hirnnerven. (Der ebenfalls paarige nervus terminalis, dessen funktionelle Rolle unklar ist, hat die Bezeichnung CN 0 erhalten. Wird er mitgezählt, verfügt der Mensch über 26 Hirnnerven.)
   
I    II    III    IV    V    VI    VII    VIII    IX    X    XI    XII
 
I: Nervus olfactorius (Riechnerv, CN 1)
 
  Die Fasern des Riechnerven leiten Impulse vom Riechorgan zum Gehirn.

Im Bulbus olfactorius (mit einigen hundert Glomeruli, an denen Impulse von Mitralzellen umgeschaltet werden, auf die wiederum Information von mehr als tausend Sinneszellen konvergiert) wird die Geruchsinformation aufgearbeitet und dabei modifizierender Einfluss aus dem limbischen System berücksichtigt.

Blockierte Zuleitung der Impulse des N. olfactorius (z.B. im Bereich der Siebbeinplatte) äußert sich in einem Verlust des Riechvermögens (Anosmie).
  
CN 1 (N. olfactorius)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
Nasenschleimhaut
Nasenschleimhaut bulbus olfactorius
-
-
Geruchswahrnehmung
 
Untersuchung: Aromatische Riechstoffe, Reizstoffe
 
II: Nervus opticus (Sehnerv, CN 2)
 
  Der Sehnerv sendet Impulse von der Retina zum Gehirn.

Die Tatsache, dass die linke Hemisphäre die rechte Körperhälfte steuert und von dieser sensorische Information erhält (und vice versa), erklärt, warum die linke Hemisphäre auch visuelle Information von der rechten Hälfte der Umwelt - korrespondierend zur linken Netzhauthälfte - erhält (und vice versa), s. Sehnervenkreuzung. So erhalten beide Hirnhälften Information von beiden Augen - jeweils die kontralaterale Gesichtsfeldhälfte betreffend.
 
Die Fasern des tractus opticus (nach dem chiasma opticum) ziehen zum corpus geniculatum laterale (~90%), zum Mesencephalon (~10%) und einige wenige zum Hypothalamus.
 
Näheres zum Sehnerv s. auch dort
   
CN 2 (N. opticus)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
Retina
Retina
Thalamus
obere Vierhügel
-
-
Gesichtssinn
 
Untersuchung:  Fundus (Augenspiegel), Gesichtsfeld (Perimetrie), Sehtests, Farbsinntestung (Ishihara-Tafeln)
 
III: Nervus oculomotorius (CN 3)
 
  Der Oculomotoriusnerv steuert vier äußere (quergestreifte) Augenmuskeln: Rectus superior, medialis und inferior, obliquus inferior (bis auf den rectus sup. alle ipsilateral, Abbildung).


Abbildung: Okulomotorius- Kernkomplex
Nach einer Vorlage bei www.aoo.org (C. Gralapp)

Alle Muskeln werden durch eigene Kerne ipsilateral (ungekreuzt) innerviert (hellrot) - bis auf den m. rectus sup., der kontralateral (gekreuzt) innerviert wird (dunkelrot). Der zentrale Unterkern innerviert bilateral den Lidhebermuskel. Parasympathische Fasern (blau: Edinger-Westphal-Kern → Ziliarganglion) innervieren den m. sphincter pupillae (→ Miosis) und den Ziliarmuskel (→ Akkommodation)


Der m. rectus superior hebt vor allem das Auge,
der m. rectus inferior senkt es,
der m. rectus medialis bewirkt Adduktion,
der m. obliquus inferior vor allem Extorsion ( zur Okulomotorik und Definitionen s. dort).

Dementsprechend fallen Funktionsstörungen aus, z.B. gestörter Blick zur Mitte bei Parese des m. rectus medialis.

 
Der N. oculomotorius
innerviert weiters die mm. levatores palpebrae (die motorischen Neurone befinden sich im zentralen Unterkern, central caudal nucleus).
 
Auch ermöglicht er - parasympathisch - die Erhöhung der Brechkraft (Akkommodation) durch Stimulation des Ziliarmuskels, sowie die Pupillenverengung (Miosis) durch Anregung des sphincter pupillae. Die Akkommodation wird vom visuellen Kortex gesteuert; die Verbindung läuft über die Nucll. praetectales des Diencephalon zum Nucl. accessorius nervi oculomotorii (Edinger-Westphal-Kern) im Mittelhirn. Ein Teil der Fasern kreuzt über die commissura epithalamica zur Gegenseite, was die Symmetrie der Reaktionen erklärt (konsensueller Reflex). Die Umschaltung von prä- auf postganglionär erfolgt im Ziliarganglion.
 
Schließlich leiten einige Fasern afferente Information über die Dehnung der äußeren Augenmuskeln (Propriozeption) zum Mittelhirn.
 
CN 3 (N. oculomotorius)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
Äußere Augenmuskeln
(außer rectus lateralis und obliquus superior)
ganglion trigeminale
Mittelhirn
Mittelhirn
(nuclei oculomotorii)
Äußere Augenmuskeln
(außer rectus lateralis und obliquus superior)
ganglion ciliare
Augenbewegungen
Lidhebung
Pupillenweite
Akkommodation
Propriozeption
 
Untersuchung: Pupillentestung, Augenfolgebewegungen, Lider (Ptosis?)
 
IV: Nervus trochlearis (CN 4)
 
Dieser kleine Hirnnerv steuert den obliquus superior (schrägen oberen Augenmuskel - dessen Sehne wird in der Trochlea (Rollknorpel) umgeleitet, daher der Name des Hirnnerven). Er entspringt im motorischen nucleus N. trochlearis des Mittelhirns, weist den längsten intrakraniellen Verlauf auf und hat (unter allen Hirnnerven) die geringste Zahl an Neuronen. Er ist der einzige, der auf die Gegenseite projiziert (seine Fasern kreuzen im Hirnstamm auf der Höhe der unteren Vierhügel) und der dorsal aus dem Hirnstamm austritt (und außen um diesen herum nach ventral verläuft).
  Der m. obliquus superior bewirkt vor allem Intorsion (Innenrotation, Inzyklotorsion) des Auges.
 
CN 4 (N. trochlearis)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
m. obliquus superior
ganglion trigeminale Mittelhirn
Mittelhirn
m. obliquus superior Augenbewegungen
Propriozeption
 
Untersuchung: Augenfolgebewegungen.
Paresen des Trochlearisnerven äußern sich in Hebung des betroffenen Auges im Ruhezustand (gehemmte Depression), Fehlstellungen beim Blick zur Seite, sowie Hebung des Auges bei Absenken des Kopfes (Kippung) auf die betroffene Seite.
 
V: Nervus trigeminus (CN 5)
 
Der Drillingsnerv versorgt Gesicht, Mundschleimhaut, Nebenhöhlen, äußere 2/3 der Zunge und den Großteil der Dura mater des Gehirns (inklusive Tentorium cerebelli) mit sensiblen Fasern.
  Die Hauptfunktionen des Trigeminusnerven sind somatische Sensibilität im Gesichtsbereich und die Steuerung der Kaumuskulatur.

(Sensorik im Bereich von Nase, Ohren und Schlund wird durch Facialis, Glossopharyngeus und Vagus übermittelt; letzterer leitet auch Information von posterioren Abschnitten der Dura.)
 
CN 5 leitet Information betreffend Berührung, Vibration, Zwei-Punkt-Diskriminierung, Propriozeption und Schmerz. Seine motorischen Fasern
versorgen die Kaumuskulatur (m. masseter, mm. pterygoidei) und am Kauen beteiligte Muskeln (m. digastricus, m. mylohyoideus), und von diesen Muskeln senden afferente Fasern propriozeptives Feedback zurück zum Gehirn.
 
Weiters versorgt CN 5 einen Muskel im Mittelohr (m. tensor tympani), einen im Rachen (m. tensor veli palatini), den m. mylohyoideus sowie den vorderen Bauch des (den Unterkiefer senkenden) m. digastricus (der rückwärtige wird durch CN 7 versorgt, wie auch der m. stylohyoideus).
 

Abbildung: Trigeminussystem und parasympathische Ganglien
Nach einer Vorlage in Wilson-Pauwels et al, Cranial Nerves - Function & Dysfunction. Mcgraw-Hill Professional, 3rd ed. 2010

Die drei Hauptäste sind der N. ophthalmicus (V1), N. maxillaris (V2) und N. mandibularis (V3).
 
Im ganglion submandibulare enden parasympathisch-präganglionäre Fasern aus dem nucl. salivatorius superior des Facialiskomplexes, die über die chorda tympani (Ast des N. facialis, der durch das Mittelohr zieht und parasympathische sowie geschmacksignalisierende Fasern führt) und den N. lingualis (Zweig des N. mandibularis) laufen. Postganglionäre Fasern erreichen dann (über den N. lingualis) die Unterzungen- und Unterkiefer-Speicheldrüsen. Durch das Ganglion submandibulare ziehen auch sympathische Fasern aus dem plexus caroticus.
 
Das ganglion ciliare empfängt Fasern aus dem Edinger-Westphal-Kern des N. oculomotorius und steuert Miosis und Akkommodation im Auge. Das ganglion pterygopalatinum schaltet parasympathisch-sekretorische Fasern aus dem nucl. salivatorius superior des Facialisnerven für Tränen-, Nasen-, Gaumen- und Rachendrüsen sowie für Gefäße des Gesichts und Gehirns um. Das ganglion oticum erhält parasympathische Fasern des N. glossopharyngeus (aus dem nucl. salivatorius inferior) und sendet postganglionäre Impulse zur Parotis


Der Trigeminus besteht aus drei Ästen, dem N. ophthalmicus, maxillaris und mandibularis ( Abbildung). Dabei versorgen diese drei Hauptäste folgende Gebiete:

     Ophthalmischer Ast (V1) : Hornhaut (obere Hälfte), benachbarte Bindehaut, Haut auf Nasenrücken und Nasenspitze, Nasenschleimhaut, frontoparietale Teile der Kopfhaut, Oberlid, supratentoriale Meningen

     Maxillarer Ast (V2) : Hornhaut (untere Hälfte), Infra- und postorbilate Haut, Haut der Oberlippe, Nasenflügel, obere Mundschleimhaut, obere Zahnreihen

     Mandibularer Ast (V3) : Kiefergelenk, Haut der Unterlippe, untere Mundschleimhaut, untere Zahnreihen, Schleimhaut am vorderen Teil der Zunge. Er versorgt auch den m. tensor tympani des Mittelohres. Parasympathische Fasern aus dem nucl. salivatorius superior schalten im ggl. submandibulare um, das am N. lingualis "hängt" ( Abbildung)

Die Neurone der afferenten Fasern der Trigeminusäste befinden sich im
Ganglion Gasseri (ganglion semilunare, ganglion trigeminale) und projizieren auf den Hirnstamm (Mittelhirn bis medulla oblongata) zum Trigeminus-Kernkomplex.

      Propriozeption aus der Kieferregion gelangt zum mesenzephalen Kern des trigeminus.

      Der pontine Kern ist der Nucleus principalis nervi trigemini (Pr5) für feines Tastempfinden (epikritische Sensibilität) der Gesichtsregion.

      Kaudal schließt der spinale (gemeint ist die medulla oblongata) sensorische Trigeminuskern an - mit den Unterkernen Nucleus oralis (Sp5O), interpolaris (Sp5I) und caudalis (Sp5C, unmittelbar über dem ersten Zervikalsegment des Rückenmarks).

Die Projektionen in die Trigeminuskerne sind somatotop organisiert,
mechanosensible Afferenzen werden präzise zugeordnet. Der spinale Kern empfängt auch Schmerzimpulse über Aδ-Fasern, Sp5C auch über C-Fasern. Tiefenschmerz ist nicht gut lokalisierbar, bedingt durch synaptische Verteilungsmuster, die trigeminale Schmerzimpulse auf weite Areale verteilen. Insbesondere Sp5C-Neurone können sensibilisiert werden (Allodynie) und erhöhte Schmerzanfälligkeit bedingen.

Zahnschmerz wird oft in benachbarte Gesichts- und Halsregionen projiziert, umgekehrt können Schmerzen aus Muskeln, von den Ohren, sogar vom Herzen in die Gesichtsregion ausstrahlen.


Großkalibrige afferente Fasern bringen taktile Information an Neuronen im Trigeminuskern (diese Schaltung ist analog dem Hinterhorn im Rückenmark), dessen Neurone die Seite kreuzen und zum nucl. ventralis posterior des Thalamus ziehen.

Bezüglich der Schmerzleitung und -verarbeitung gibt es im Bereich des Trigeminus Besonderheiten. Trigeminaler Schmerz umfasst Nozizeption im Bereich der Hornhaut, der Meningen und der Zähne - Gebiete, in denen fast nur Schmerz zur Empfindung kommt.

Reflexe: Über den Trigeminus verlaufende Hirnstammreflexe sind der Lidschlussreflex (Orbicularis-oculi-Reflex, corneal reflex: Augenschluss bei Reizung der Hornhaut) und der Masseterreflex (Unterkieferreflex, jaw jerk reflex: Mundschluss bei Reflexhammerschlag gegen Kinn oder untere Zahnreihe).
 
CN 5 (N. trigeminus)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
Haut und Schleimhäute (Kopf)
Zähne
Versorgte Muskeln (Propriozeption)
ganglion trigeminale
Brücke
(sensorischer Kern)
Brücke (motorischer Kern)
Kaumuskeln
m. tensor tympani
m. tensor veli palatini
Sensibilität
(Gesicht)
Kaubewegungen
Gaumenmotorik
Schallleitung
Propriozeption
 
Untersuchung: Lidschlussreflex; Masseterreflex; Sensibilität; Motorik (Mundöffnung, Kauen)
 
VI: Nervus abducens (CN 6)
 
  Der N. abducens innerviert den m. rectus lateralis und bewirkt Abduktion (Außenbewegung) des Auges.

Die Kerne des (rechten und linken) N. abducens liegen in der dorsomedialen Pons, die Neuriten treten an der Vorderseite der Brücke aus, passieren den sinus cavernosus und gelangen so zum Auge.
 
   Zur Steuerung der Augenmuskeln allgemein s. dort, durch das Vestibularissystem s. dort

Ausfall der Funktion des Abducensnerven führt zu Schielstellung (strabismus convergens, Innenschielen) des Augapfels.
 
CN 6 (N. abducens)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
m. rectus lateralis (propriozeptiv)
ggl. terminale
Brücke
Brücke
m. rectus lateralis Abduktion
Propriozeption
 
Untersuchung: Augenfolgebewegungen
 
VII: Nervus facialis (CN 7)

  Der Gesichtsnerv steuert vor allem die mimische Muskulatur (mm. faciei) sowie den m. stapedius.
  

Abbildung: Facialissystem
Nach einer Vorlage in Berkowitz AL, Clinical Neurology & Neuroanatomy: A Localization-Based Approach, 2nd ed. Mc Graw Hill 2022

Motorische Efferenzen grün, sensorische Afferenzen rot, parasympathische Efferenzen blau gezeigt.
 
Stirn- und Lidmuskeln werden über den oberen Facialiskern bilateral versorgt; der untere Facialiskern vermittelt an die übrige mimische Muskulatur nur seitengekreuzte Projektionen aus dem kontralateralen Präfrontalkortex


Dazu kommen weitere Funktionen:
  Versorgung des m. digastricus (posteriorer Bauch)
  Somatosensorik aus dem äußeren Gehörgang (zusammen mit Nn. glossopharyngeus und vagus)
  Leitung von Geschmacksinformation aus den vorderen 2/3 der Zunge (posteriores Drittel: N. glossopharyngeus)
  Parasympathische Versorgung der Kopfdrüsen (gll. nasales, lacrimalis, submandibularis, sublingualis) außer der Parotis (ggl. pterygopalatinum, Abbildung oben).

Defekte im Bereich dieses Hirnnerven machen sich in einer - partiellen oder totalen - (einseitigen) Lähmung der Gesichtsmuskulatur bemerkbar
(Facialisparase).

Bewegungen der mimischen Muskulatur werden im gyrus praecentralis geplant und die entsprechenden Impulse über fibrae corticonucleares zu den Facialiskernen im Hirnstamm geleitet. Diese bestehen aus zwei Zellgruppen:
 
 
  Die obere Neuronengruppe projiziert auf die Lid- und Stirnmuskulatur und wird von beiden Gehirnhälften angesteuert ( Abbildung).
 
    Die untere Neuronengruppe steuert die restliche mimische Muskulatur und wird ausschließlich von der kontralateralen Hemisphäre versorgt.
 
Differentialdiagnose: Bei einer Facialisparese vom zentralen Typ ist die Stirn-Augen-Partie von der Lähmung ausgespart, weil diese bilateral repräsentiert ist. Die Symptomatik peripherer Facialisparesen richtet sich nach den betroffenen Nervenästen.
 
CN 7 (N. facialis)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
Geschmacksknospen
ganglion geniculatum
nucleus solitarius
(medulla oblongata)
Brücke
Muskeln in Gesicht und Kopfhaut
Speicheldrüsen
Tränendrüsen
Mimik
Salivation
Tränenbildung
Geschmack
 
Untersuchung: Schirmer-Test (Tränenproduktion über parasympathische Fasern des N. petrosus superficialis major); Geschmacksprüfung; Stapediusreflex (Hyperakusis bei Facialisparese); Mimik (Stirnrunzeln, Augen schließen, Nase rümpfen, Zähne zeigen)
 
VIII: Nervus vestibulocochlearis (CN 8)
 
  Der N. vestibulocochlearis (früher: N. statoacusticus, Hör- und Gleichgewichtsnerv) leitet Impulse von der Hörschnecke und dem Gleichgewichtsorgan an den Hirnstamm.

Nährers s. in den entsprechenden Kapiteln (z.B. dort bzw. dort).
 
CN 8 (N. vestibulocochlearis)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
Bogengänge
Utriculus, Sacculus
Corti-Organ
ganglion vestibulare
ganglion spirale
nuclei vestibulares
Spiralganglion
-
-
Gleichgewichtssinn
Hören
 
Untersuchung: Hörprüfung; Nystagmus, Lagerungsproben
 
IX: Nervus glossopharyngeus (CN 9)
 
  Der Glossopharyngeus (Zungen-Rachen-Nerv) bringt Information aus dem hinteren Zungenabschnitt zum Gehirn. Er versorgt die Ohrspeicheldrüse mit parasympathischen Fasern (ggl. oticum, Abbildung oben) und kommandiert die Rachenmuskulatur.

So steuert er den Schluckakt: Der Schluckreflex wird durch Reizung von Mechanorezeptoren in der Schleimhaut (Zungengrund, Gaumen, Rachenhinterwand) getriggert. Afferente Fasern laufen teils im N. glossopharyngeus, teils im N. vagus zum “Schluckzentrum” im Hirnstamm.

Der Glossopharyngeus vermittelt Information über Geschmackstoffe auf der Zunge. Er leitet weiters afferente Impulse vom sinus caroticus (Blutdruckregulation) und glomus caroticum (Atemregulation) zum Kreislauf- und Atemzentrum. Der Pharyngealreflex (Würgreflex) läuft teils über den IX, teils den X. Hirnnerven.
 

Das ganglion inferius (ggl. petrosum) des N. glossopharyngeus (IX) enthält Zellkörper von Nervenfasern, die am Baroreflex beteiligt sind
  
CN 9 (N. glossopharyngeus)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
Rachen, hintere Zungenabschnitte
Carotissinus
glomera carotica
ganglion superius (Berührung, Temperatur, Schmerz) und inferius (Geschmack)
Vom Pharynx: nucleus
tractus solitarii
Von Carotis: Vasomotorisches und Atemzentrum
nucleus ambiguus
nucleus salivatorius
Rachenmuskulatur
ganglion oticum und Parotis
Schluckmotorik
Speichelsekretion
Zungensensorik
Blutdruckregulation
Atemregulation
 
Untersuchung: Prüfung auf Bitterempfindung, Sensibilität; Speichelsekretion; Würgereflex


X: Nervus vagus (CN 10)
 
  Der Vagusnerv beteiligt sich (mit dem N. glossopharyngeus) an der Motorik und Sensorik im Bereich des Rachens und Kehlkopfs und versorgt den Brust- und Bauchraum mit sensorisch-afferenter sowie parasympathisch-efferenter Information.
 

Abbildung: Versorgungsgebiete des Vagusnerven
Nach einer Vorlage bei Thibodeau GA, Patton KT, Anatomy & Physiology (6th ed.), Mosby Elsevier 2007

Die Vagusnerven haben 80% afferente (Sensibilität aus dem Bereich des äußeren Ohres, taktil, gustatorische Impulse vom Zungengrund, Mechanosensibilität aus dem Pharynx, Herz, Lunge und Abdominalbereich) und 20% motorische / parasympathisch-efferente Fasern (diese steuern Muskeln des Kehlkopfs und Rachens sowie der oberen Speiseröhre, beeinflussen Herz und Bronchien, glatte Muskeln und Drüsen im gastrointestinalen System etc).
 
Der rechte und der linke Vagusnerv steuern individuell Anteile des Kehlkopfs, beeinflussen unterschiedlich stark die Herzqualitäten (Chronotropie: rechter Vagus) und verlieren im Bereich der Speiseröhre ihre Individualität (plexus oesophagealis)


Der Vagus ist ein gemischt viszeromotorischer, somato- und viszerosensibler Nerv. Er ist der größte des parasympathischen Systems und beteiligt sich an der Regulation der meisten inneren Organe ( Abbildung).
Etwa 80% der Fasern des N. vagus sind
afferent (sensorisch), 20% efferent (motorisch / parasympathisch).

Der Vagus transportiert sensible Information vor allem aus dem Eingeweidebereich (von Hals bis proximalem Colon), was u.a. für den Ablauf autonom-nervöser Reflexe von Bedeutung ist, vermittelt aber auch Somatosensibilität aus Zunge, Rachen, Ohrbereich. Weiters beteiligt er sich am Geschmacksempfinden. Motorische Fasern steuern Kehlkopf, Rachenmuskulatur und den oberen (quergestreiften) Ösophagus.

Der Vagusnerv leitet afferente Impulse aus der Wand des Aortenbogens (Blutdruckregulation) und aus den glomera aortica (Atemregulation) zum Kreislauf- und Atemzentrum. Er wirkt auf das Herz negativ chrono- und dromotrop, d.h. verlangsamend und die Erregungsleitung entschleunigend. Von Rachenwand und Kehldeckel sendet er Geschmacksinformation an das Gehirn. Der dorsale Vaguskern ( Abbildung) wirkt allgemein-viszeromotorisch: Er fördert die Darmtätigkeit, z.B. regt er die Säureproduktion im Magen an und ermöglich die "gastrische Akkommodation" (Erschlaffung der Magenwand bei Füllung) über einen vago-vagalen Reflex.
 

Abbildung: Hirnstamm von dorsal
Nach einer Vorlage bei neupsykey.com / cranial-nerves-and-cranial-nerve-nuclei

Afferenzen links, Efferenzen rechts


Zu den Kerngebieten des Vagus gehören (
Abbildung)

    der speziell-viszeromotorische nucl. ambiguus, den er gemeinsam mit dem N. glossopharyngeus nutzt und mit diesem zusammen die Muskulatur des Pharynx und quergestreifte Anteile des Ösophagus versorgt. Auch beeinflusst er von hier aus die Herzqualitäten;

    der allgemein- (parasympathisch) viszeromotorische nucl. dorsalis für die parasympathische Versorgung des Körpers vom Hals- bis Abdominalbereich;

    der Solitariuskern (nucl. tractus solitarii), der viszerosensible Impulse von Atemapparat, Barorezeptoren (Herz, Aortenbogen), Speiseröhre und Gastrointestinaltrakt verarbeitet.

Läsionen im Bereich des Vagus können verschiedene Symptome bedingen (z.T. mit deutlicher Asymmetrie), wie laryngo-pharyngeale Schwäche (Schluckschwierigkeiten), Hypophonie (leise Stimme), Dysarthrie (Schwierigkeiten beim Aussprechen der Konsonanten "G" und "K"), nasales Sprechen.
 
CN 10 (N. vagus)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
Rachen, Kehlkopf, thorakale und abdominelle Eingeweide
oberer und unterer Vaguskern
nucleus tractus solitarii
nucleus N. trigemini
dorsaler motorischer Vaguskern
Ganglien der Nervengeflechte (Plexus), dann Eingeweide
Motorische und sensorische Versorgung der Eingeweide
 
Untersuchung:  Sprechprüfung, Gaumensegel, Kehlkopf; vegetative Funktionstests

    
s. auch dort
 
XI: Nervus accessorius (CN 11)
 

  Der - eigentlich aus dem hohen Rückenmark entspringende - N. accessorius innerviert den m. sternocleidomastoideus und trapezius. Damit steuert er die Positionierung des Kopfes in Relation zum Rumpf (wie Kopfdrehung oder -streckung), u.a. im Rahmen von Halte- und Stellreflexen.

Die Afferenzen von Muskel- und Sehnenspindeln dieser Muskeln laufen vermutlich über den plexus cervicalis.

Dazu kommt eine Beteiligung an der Phonation, der Motorik des Rachens und Kehlkopfs, sowie - autonom-nervös - thorakaler und abdomineller Eingeweide. Weiters vermittelt der N. accessorius propriozeptive Inputs aus der von ihm versorgten Peripherie.
 
CN 11 (N. accessorius)
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
mm. trapezius und sternocleido- mastoideus
obere Zervikalganglien
Rückenmark
dorsaler motorischer Vaguskern, nucleus ambiguus,
Vordersäule C1-C5 (6)
mm. trapezius und sternocleido- mastoideus
Pharynx, Larynx, Eingeweide
Schulterbewegungen, Drehbewegungen des Kopfes, Stimme, Engeweidemotorik,
Propriozeption
 
Untersuchung: Kopf drehen, Schulter heben
 
XII: Nervus hypoglossus (CN 12)
 
  Der Hypoglossusnerv (Unterzungennerv) steuert die Motorik der Zunge (m. genioglossus, hypoglossus, styloglossus). Dadurch wird z.B. das Herausstrecken der Zunge oder ihre Verkrümmung zur Seite gesteuert.

Bei Ausfall der Funktion des N. XII kommt es zu Symptomen der
Hypoglossuslähmung - Schwierigkeiten beim Sprechen, Kauen, Trinken, Schlucken (Abweichung der Zunge auf die erkrankte Seite), Faszikulationen, Atrophie.
 
CN 12 (N. )
Sensorische Afferenzen
Motorische Efferenzen
Funktion(en)
Rezeptoren
Zellkörper
projizieren auf Zellkörper
projizieren auf
Muskulatur der Zunge (propriozeptiv)
ganglion trigeminale
nucleus N. hypoglossi
nucleus N. hypoglossi Muskulatur der Zunge und des Rachens
Zungenbewegungen
Propriozeption
 
Untersuchung: Zunge symmetrisch herausstreckbar? Atrophisch?


 



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