Über den Sehnerv geleitete Information gelangt -- zum Großteil zum corpus geniculatum laterale (seitlicher Kniehöcker des Thalamus, spezialisiert auf ipsi- vs. kontralaterale sowie magno- und parvozelluläre Systeme) und von hier zur Sehrinde im Okzipitalhirn, die zurück auf den Kniehöcker projiziert und dort die neuronale Verarbeitung modifiziert; -- eine kleinere Portion projiziert auf das Mittelhirn und steuert Pupillenreflexe und Orientierungsbewegungen von Augen und Kopf; -- ein sehr kleiner Anteil gelangt zum Hypothalamus und synchronisiert biologische Rhythmen mit dem Tag-Nacht-Zyklus. Diese Impulse stammen von fotosensitiven Ganglienzellen in der Netzhaut, die Melanopsin als Sehpigment verwenden. Die Sehrinde (primärer visueller Kortex) folgt der im corpus geniculatum laterale bestehenden Spezialisierung. Sie zeigt ein entsprechendes Streifenmuster okularer Dominanzsäulen, die mit definierten Netzhautorten jeweils eines Auges korrespondieren. Diese Rindenfelder dienen der Erkennung komplexer Formen, Ausrichtung und Winkellage geometrischer Formen, Analyse von Richtung und Bewegung, Farbunterscheidung und Tiefenbeurteilung. Der Sehrinde sind sekundäre visuelle Rindengebiete nachgeordnet, die sich mit der weiteren Analyse der visuellen Information befassen, z.B. ein dorsales "Wo"-System im Parietalkortex (Analyse von Objektposition, Bewegung und Tiefe; darauf ausgerichtete motorische Planung) und ein temporales "Was"-System zur Objektidentifikation (Gesichtskennung im gyrus fusiformis) sowie Analyse von Form und Farbe. |
~90% der Fasern des tractus opticus ziehen zum corpus geniculatum
laterale. Die retinale Information wird in sechs Schichten teils
gekreuzt, teils ungekreuzt abgebildet - getrennt nach
Gesichtsfeldhälfte (gekreuzt), Auge (Schichten 1,4,6 kontralateral;
2,3,5 ipsilateral) und Ganglienzelltyp (M = magnozellulär - Schicht
1+2, P = parvozellulär - Schicht 3,4,5,6). ~10% projizieren auf die
colliculi superiores (Pupillenreflexe, Orientierungsbewegungen von
Augen und Kopf). Ein kleiner Teil zieht zum Hypothalamus
(Synchronisierung biologischer Rhythmen mit dem Tag-Nacht-Zyklus) Das parvozelluläre System (P: kleine, farbempfindliche, langsam adaptierende rezeptive Felder) überträgt ~80% der retinalen Information auf die Kernschichten 3-6 des corpus geniculatum laterale (hohes räumliches Auflösungsvermögen, Objekt- und Detailerkennung). Es kommuniziert mit Schichte IVCß des primären visuellen Kortex Das magnozelluläre System (M: große, nicht farbempfindliche, rasch adaptierende rezeptive Felder) projiziert auf die Kernschichten 1 und 2 des corpus geniculatum laterale (hohe zeitliche Auflösung, Analyse von Position und Bewegung). Es kommuniziert mit Schichte IVCα des primären visuellen Kortex Non-M-non-P-Ganglienzellen der Netzhaut projizieren auf koniozelluläre Neuronen zwischen Schichten des P- und M-Systems, und diese auf den primären visuellen Kortex (optisch induzierte Verhaltenssteuerung) Das Netzhautbild wird auf Vierhügel, Thalamus, Großhirnrinde abgebildet (Retinotopie) - je nach Bedeutung der Lage im Gesichtsfeld unterschiedlich gewichtet. Die primäre Sehrinde besteht aus I: Molekularschicht ("Informationshighway"), II: äußerer Körnerschicht, III: äußerer Pyramidenschicht (Projektion auf andere Kortexareale), IV: innerer Körnerschicht (IVA, IVB, IVCα, IVCβ), V: innerer Pyramidenzellschicht und VI: multiformer Schicht Magnozelluläre Afferenzen gelangen zu IVCα (diese projiziert auf IVB), parvozelluläre zu IVCß (diese projiziert auf III) - pro Neuron jeweils von einem Auge. Zellen in Schichte IV erhalten Inputs jeweils einseitig, solche in Schichte III haben teils monokulären, teils binokulären Eingang. Neuronen in Schichten II und III haben binokuläre rezeptive Felder, die retinotope Ordnung bleibt erhalten. Der Seitenabgleich dient der räumlichen Wahrnehmung Neurone in IV (C) erhalten Inputs von jeweils nur einem Auge, alle anderen von beiden Augen. Lamina V kommuniziert mit den oberen Vierhügeln und der Pons, lamina VI mit dem nucleus geniculatum laterale, lamina III und IV B mit anderen kortikalen Gebieten. Lamina III enthält okuläre Dominanzsäulen, die jeweils dem rechten oder linken, und dazwischen solche, die beiden Augen zugeordnet sind Der visuelle Kortex extrahiert aus der Gesamtheit der optischen Information unterschiedliche Aspekte: Orientierung und Gestalt von Gegenständen (parvozelluläres System), Bewegung von Gegenständen mit Richtungsselektivität (magnozelluläres System), Farben (Neurone mit Farbselektivität über Non-M-non-P-Sytem zum Blob pathway). Nach Analyse der Einzelkomponenten entsteht ein Gesamteindruck. Der visuelle Kortex erbringt ~30% der Rechenleistung der gesamten Hirnrinde, rund die Hälfte der bewusst verarbeiteten Sinnesinformation ist visueller Natur Nachgeschaltet sind assoziative visuelle Rindenfelder: V2 für visuelle Gestaltserkennung; V3 analysiert Formen, V3a Bewegung und Richtung; V4 unterscheidet Farbunterscheidung und erkennt Objekte nach Farbe; V5, Bewegungserkennung; V6, Tiefenbeurteilung. Die Gesamtwahrnehmung hilft bei Orientierung, Bewegungswahrnehmung, Blick- und Körpermotorik. Weitere Rindengebiete analysieren die visuelle Umwelt nach Formen (parvozellulärer Pfad), Richtung von Bewegungen (magnozellulärer Pfad), Farben. Umfassende Bildanalyse erfolgt im Okzipital-, Parietal- und Temporallappen. Hauptpfade für die Informationsverarbeitung sind der dorsale Weg zum Parietalkortex ("wo?") und der ventrale Weg zum Temporalkortex ("was?") Kortikale Säulen sind - meist richtungsspezifische - Prozessoren des visuellen Kortex. Orientierungssäulen erfassen die Umwelt als ein System von Linien mit bestimmter Orientierung. Blobs sind farbselektive, nicht richtungsspezifische Säulen. Benachbarte Orientierungssäulen und Blobs verarbeiten Information vom identischen Netzhautort und sind zu okulären Dominanzsäulen gruppiert. Jedem Ort in der Umgebung entsprechen zwei Netzhautorte (linke und rechte Retina) und zwei okuläre Dominanzsäulen, die im visuellen Kortex nebeneinander liegen, Hyperkolumnen (kortikale Module, ~2 x 2 mm) bilden und für eine Stelle des Gesichtsfeldes stehen Der gyrus fusiformis am unteren Rand des Schläfenlappens ermöglicht Gesichtskennung, eine Störung dieser Fähigkeit heißt Prosopagnosie |