Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

  
Integrative Funktionen des Nervensystems, Physiologie des Verhaltens

Parietal- und Okzipitallappen
© H. Hinghofer-Szalkay

Agnosie: ἀ = Verneinung, γνώσις = Erkenntnis
Agraphästhesie: γραφή = Schrift, αἴσθησις = Wahrnehmung
Akinetopsie: κίνησις = Bewegung, ὄψις = Sehen
Aphasie: ἀφασία = Sprachlosigkeit (φαίνο = (er)scheinen)
Apraxie: πρᾶξις = Tat, Handlung
Aprosodie: προσῳδία = Zugesang (πρός hinzu, ᾠδ- singen)
Astereognosie: στερεός = räumlich,
γνώσις = Erkennen
Ataxie: τάξις = Ordnung, Ausrichtung
Bálint-Syndrom: Rezsö Bálint
Dysgraphie:
δυς = miss-, γραφή = Schrift
Dyslexie: λέξις = Sprache
Gerstmann-Syndrom: Josef Gerstmann
Neglekt: neglegere = nicht wissen
okzipital: oc- = entgegen, gegenüber; caput = Kopf (occiput = Hinter-Kopf)
parietal: paries = Wand (os parietalis = Scheitelbein)
Penfield-Homunculus: Wilder
Penfield; homo = Mensch, homunculus = Menschlein
Prosodie: πρός = nach .. hin, ᾠδή = eigentlich; "Zugesang"
Prosopagnosie: πρόσωπον = Gesicht, ἀγνωσία = Nichterkennen (γνῶσις = Wissen, (Er-) Kenntnis)
somatotop: σῶμα = Körper, τόπος  = Ort



Scheitel- und Hinterhauptlappen verarbeiten somatische (parietal) und visuelle Sinnesinformation (okzipital) - gemeinsam stehen sie im Dienst der Orientierung des Körpers.

Der Parietallappen integriert diese Information in die motorische Strategie.
 
   -- Der obere Teil empfängt Information vom magnozellulären System des Okzipitallappens (dorsale Route, posteriores "Aufmerksamkeitssystem"), bearbeitet das "Wo" und "Wohin" und projiziert zu Frontallappen und multimodalen Assoziationskortizes.
 
   -- Der untere Teil erhält Impulse aus dem parvozellulären Okzipitalsystem - er analysiert Details über das "Was" (Größe, Form, Beschaffenheit von Gegenständen) und projiziert über die ventrale Route in den Temporallappen, wo die Information mit der aus anderen Sinneskanälen integriert wird.

Der Parietallappen enthält eine retinotope Karte der Umwelt und analysiert binokulare Information, was für die Steuerung der Zielmotorik - insbesondere von Greifbewegungen - entscheidend ist.

Der Okzipitallappen bearbeitet in kortikalen Zellverbänden (Dominanzsäulen) visuelle Information - er abstrahiert optische Merkmale und synthetisiert einen bildlichen Gesamteindruck dessen, was in der Umwelt vor sich geht. Der Großteil des visuellen Kortex liegt im sulcus calcarinus, die fovea centralis nimmt (mit ~1% der Netzhautfläche) etwa 50% der gesamten primären Sehrinde in Anspruch (präzise Information über fixierte Gegenstände).


Übersicht Gyrus postcentralis Oberer Parietallappen  Unterer Parietallappen Assoziationskortex, Korrelat des Bewusstseins Okzipitallappen

Praktische Aspekte        Core messages
 
Posteriore Kortexanteile verarbeiten sensorische Information: Der Parietallappen vom Körper (somatosensorischer Kortex), der Okzipitallappen von der Netzhaut stammende (visueller Kortex). An Parietal- und Okzipitallappen angrenzende Anteile des Temporallappens enthalten das Hörzentrum (auditiver Kortex).
 
Der Parietallappen verarbeitet somatische Information, er dient der Raumwahrnehmung und Orientierung
 
Der Parietallappen (Scheitellappen, lobus parietalis, parietal lobe) spielt für die Zusammenführung sensorischer Information aus verschiedenen Sinneskanälen eine entscheidende Rolle, vor allem
 
      im Rahmen der Raumwahrnehmung und
 
      im Zusammenhang mit der Körpernavigation.
Das Parietalhirn führt Information über die sensorische Welt zusammen, die ihm über verschiedene Sinneskanäle zugeleitet wird, und integriert diese sowohl mit Nachrichten über den Zustand des Körperinneren als auch mit Gedächtnisinhalten. Diese Interpretationsleistung ist wichtig, um die Umwelt wahrzunehmen, zu strukturieren, sich in ihr zurechtzufinden und entsprechende motorische Leistungen zu vollbringen.
 
 
Abbildung: Teile des Parietallappens
Nach einer Vorlage bei Banich / Compton, Cognitive Neuroscience, 4th ed., Cambridge Univ Press 2018

Oben Lateralansicht, unten Medialansicht.
 
Der Parietallappen ist nach vorne durch die Zentralfurche vom Frontallappen separiert, die Grenze zum Temporallappen läuft teilweise entlang der Seitenfurche. Der sulcus (die fissura) parieto-occipitalis trennt den Parietal- vom Okzipitallappen. Der Precuneus liegt zwischen gyrus cinguli, dem lobulus paracentralis und dem Okzipitallappen, zu letzterem gehört der Cuneus (vgl. unten).
 
Der Parietallappen steht im Dienst der Somatosensorik, Haptik und Selbstwahrnehmung, der Identifikation ("was?") und Raumortientierung ("wo, wohin?"), und unterstützt Zielmotorik und Koordination. Der Präcuneus unterstützt Aufmerksamkeit und Kognition, er ergänzt Lernprozesse des Hippocampus.
 
Augen- und Zielbewegungen stützen sich auf Hinweise aus dem gesamten Parietallappen, Greifbewegungen auf solche aus anterioren Teilen des unteren Parietallappens. Propriozeptive Information zielt schwerpunktmäßig auf den Präcuneus, visuelle vor allem auf den Cuneus


Der Parietallappen erfüllt zwei Funktionen im Rahmen motorischer Programmieraktivität: Er vermittelt zwischen sensorischer Information und (auch Okulo-) Motorik (obere Parietalregion) einerseits, und er trägt andererseits zur Ausführung komplexer erlernter Handlungen bei (untere Parietalregion, Abbildung). Dabei ist er (im Gegensatz zum Kleinhirn, das erwartungsbasierte "Vorwärts-Programme" generiert) in der Lage, ablaufende motorische Programme "online" zu korrigieren, falls aktuelle sensorische Information von Erwartungswerten abweicht (etwa, wenn man einen Gegenstand aufhebt, der viel leichter oder schwerer ist als erwartet). Das ermöglicht Flexibilität während des Ablaufs geplanter Bewegungen, und zwar entsprechend etwaiger während der Durchführung aufgetretener Störgrößen.

Der obere Parietallappen integriert sensorische (propriozeptive, kinästhetische) Impulse in Bewegungen der Augen und Extremitäten, wobei er in einem räumlichen Koordinatensystem (spatial map) navigiert. Der Präcuneus konzentriert sich auf propriozeptive Information, um Greifbewegungen zu steuern; der schon zum Okzipitallapen gehörende Cuneus stützt sich vor allem auf visuelle Hinweise.

  Zur Steuerung von Sakkaden s. dort
 
Der Parietallappen
dient der Orientierung:
 
      Wie sieht die unmittelbare Umgebung aus?
 
      Was ist wo, bewegt sich wohin?
 
      Was befindet sich in der Hand?
 
      Wie ist dieses Bild in die motorische Strategie einzubauen?

Senso-motorisches Feedback: Dabei transformiert der Parietallappen Information aus einem Koordinatensystem der sensorischen Welt (Propriozeption, Kinästhetik) in ein motorisches Koordinatensystem und unterstützt bzw. steuert die Auswahl bzw. Durchführung angemessener motorischer Programme. Anteriore Anteile des Parietalkortex (Präcuneus) reagieren vor allem auf propriozeptive, posteriore (Cuneus) eher auf visuelle Information.

Läsionen im posterioren Parietalkortex können dazu führen, dass betroffene Personen zwar wissen, wann sie eine Bewegung begonnen haben, sich aber nicht erinnern können, diese Bewegung intendiert zu haben. Das spricht dafür, dass der Parietalkortex ein  inneres prädiktives Modell einer bevorstehenden Bewegung erstellt und damit am Gefühl einer willkürlichen Kontrolle der Motorik (Stichwort freier Wille, s. Bereitschaftspotentiale) beteiligt ist.

Weiters ist
der Parietallappen an der Aufrechterhaltung des Arbeitsgedächtnisses und damit dem Aufbau von Erinnerungen beteiligt.
 
Gyrus postcentralis
 

Die hintere Zentralwindung (gyrus postcentralis) und angrenzende parietale Rindengebiete beinhalten den somatosensorischen Kortex, in dem somatosensorische Wahrnehmungen verarbeitet werden. Dazu gehören
 
      primär-sensible Areale (S1) in den Brodmann-Arealen 3, 1 und 2,
 
      sekundär-sensible Assoziationsareale (S2) in Teilen der Brodmann-Areale 40 und 43,
 
      weitere parietale somatosensorische Gebiete - Brodmann 5, 7 (oberer Parietallappen), 39, 40.

Die Rinde ist somatotop organisiert, d.h. sie entspricht in ihrer Strukturierung einer (wenn auch "verzerrten", d.h. nach der funktionellen Bedeutung gewichteten) "Karte" der Körperoberfläche (sensorischer Penfield-Homunculus , Abbildungen). Das gilt auch für andere Species - die "Verzerrung" richtet sich nach der jeweiligen sensorischen Bedeutung der betroffenen Körperareale, z.B. Vibrissen (Schnurrhaare) bei vielen Tieren ( Abbildung).
 

Abbildung: Projektion des Körpers auf den somatosensorischen Kortex bei verschiedenen Species
Nach einer Vorlage bei neurobiography.info

Die Verzerrungen der Proportionen spiegeln die relative Bedeutung der Körperareale für die somatosensorische Informationsverarbeitung in der Gehirnrinde wider.
 
Mit der kortikalen Fläche steigt das betreffende Auflösungsvermögen (und die Präzision der Bewegungen)


Der somatosensorische Kortex hat mindestens 10 komplette somatosensorische Projektionen (Karten) des Körpers: 4 in S1 (jeweils eine in area 3a, 3b, 1 und 2), 4 in S2, mindestens 2 weitere im hinteren Parietalhirn. Vom Thalamus kommt Information der Tiefensensibilität (z.B. Muskelspindeln) zu area 3a, der Oberflächensensibilität (Druck, Berührung, Vibration) in die area 3b, "Kommentare" zur Oberflächensensibilität in die area 1; und diese projizieren wiederum in die area 2.

Neurone in area 3a und 1 verarbeiten Detailinformation über die Textur berührter Oberflächen, solche in area 2 über Größe und Gestalt berührter Objekte. Neurone in den Brodmann-Arealen 1 und 2 der primär-sensorischen Rinde S1 kümmern sich eher um abstraktere Aufgaben als lediglich die Repräsentation einfacher rezeptiver Felder, etwa wie die gleichzeitige Aktivierung mehrerer rezeptiver Felder, wie sie z.B. beim Berühren / Ertasten von Gegenständen auftritt (Formerkennung).

Sekundär-sensible Areale (S2) bearbeiten diese Attribute weiter und führen taktile Information mit solcher aus anderen Sinneskanälen zusammen.
Vermutlich sind sie auch für Stereognosie (dreidimensionale Wahrnehmung fester Objekte) zuständig. Rezeptive Felder in S2 sind größer als in S1 (z.B. eine ganze Hand) und können bilateral organisiert sein, was das Erkennen größerer und komplexerer Objekte erleichtert.

Die kortikale Informationsverarbeitung beginnt in primären sensorischen Arealen in der hinteren Zentralwindung und schreitet von dort zu unimodalem Assoziationskortex (z.B. prämotorischer Kortex, hintere Parietalrinde) und weiter zu multimodalem Assoziationskortex fort (z.B. temporale Assoziationsrinde, parahippocampaler Kortex, gyrus cinguli). Die S2-Gebiete nehmen dabei eine Verteilerfunktion wahr. Auf diese Weise werden immer mehr Aspekte einbezogen, das Muster berücksichtigter Information gewinnt an Komplexität.

Unter
Sinnesmodalität versteht man einen Empfindungskomplex (z.B. Fühlen vermittelt durch die Haut, Sehen vermittelt durch das Auge, etc). Unimodal ist Information, die nur eine Modalität betrifft, multimodal eine gemischte, mehrere Modalitäten enthaltende.
 

Abbildung: Gyrus postcentralis / somatosensorischer Penfield-Homunculus
Nach einer Vorlage in thebraingeek.blogspot.co.at

Am stärksten sind Körperpartien repräsentiert, die besonders gut (dicht) mit sensorischen Systemen ausgestattet sind.
 
Motorischer Homunculus s. dort


Die somatotope Repräsentation ist dynamisch (map plasticity): Bei Ausfall von Eingängen aus der Peripherie (z.B. Amputation eines Fingers) kann der entsprechende Kortexabschnitt auf benachbarte Finger "umlernen". Umgekehrt wächst das Projektionsgebiet in der Hirnrinde bei Training der Peripherie, z.B. der Tastleistung bestimmter Finger. (Geigenspieler trainieren z.B. den Tastsinn ihrer Finger der linken Hand, und die entsprechenden Repräsentationsareale in ihrem rechten Parietalkortex werden größer, wie fMRI-Untersuchungen ergeben haben.) Wie das funktioniert, ist noch unklar - vielleicht ähnlich wie bei Lernprozessen im limbischen System.

Das Brodmann-Areal 3 wird als primärer sensorischer Kortex (S1) bezeichnet: Es erhält den Großteil der Information aus sensorischen Feldern über thalamokortikale Projektionsfasern (diese enden vorwiegend in lamina IV), ihre Empfindlichkeit ist spezifisch somatosensorisch.

Somatosensorische Information von der Tiefensensibilität (Muskeln, Gelenke: Propriozeption) gelangen in die area 3a, solche von der Körperoberfläche in area 3b.
(Läsionen dieser Gebiete machen somatosensorische Empfindungen unmöglich.) Der thalamische nucl. ventralis posterior superior (VPS) vermittelt propriozeptive Impulse (zu 3a), der nucl. ventralis posterolateralis (VPL) somatosensorische aus Rumpf und Extremitäten, der nucl ventralis posteromedialis (VPM) aus Gesicht und Mund (zu 3b).

Die Kortexareale sind säulenförmig organisiert (kortikale Kolumnen) - 300-600 µm breit und alle 6 Schichten der Rinde durchspannend. Es sind dies die basalen
Recheneinheiten der Hirnrinde; sie sind somatotop organisiert. Thalamische Afferenzen schalten vorwiegend in der lamina IV - deren Axone ziehen u.a. zur Oberfläche der Hirnrinde und zu Pyramidenzellen (diese machen etwa 80% der S1-Neurone aus). Der wichtigste Output aus der Kolumne kommt von Neuronen in lamina V (die vorwiegend aus den laminae II und III angeregt werden).

Jedes Kortexareal hat spezifische Fähigkeiten. Neuronen in 3b senden zur area 1 vorwiegend Information über Beschaffenheit (Textur), zu area 2 solche über Gestalt und Größe berührter Gegenstände. (Läsionen der area 1 oder 2 haben entsprechende sensorische Beurteilungsschwierigkeiten zur Folge.) Die Brodmann-Areale 1 und 2 erkennen u.a. die Richtung von Bewegungen ertasteter Gegenstände - Neuronen der area 3a und 3b alleine können das nicht. Der in der Tiefe des sulcus centralis gelegene Teil 3a verarbeitet zusammen mit areae 1, 2, 5 und 7 ebenfalls somatische Information.

Der primäre somatosensorische Kortex repräsentiert Sinneseindrücke (Berührung, Druck, Vibration, Temperatur, Schmerz) in der jeweiligen Gewichtung (dicht mit Rezeptoren besetzte Körpergebiete - wie Zunge, Lippen, Finger - beanspruchen entsprechend umfangreiche Rindengebiete, Abbildung) und dient der haptischen Wahrnehmung. Die Rezeptoren liegen entweder in der Haut (Exterozeptoren, Oberflächensensibilität) oder im Inneren des Körpers (Propriozeptoren, Tiefensensibilität).

Die über Hinterstränge und Thalamus übermittelten Signale der Somatosensibilität werden auf den primären somatosensorischen Kortex projiziert; hier wird auch die Lokalisation der Reize auf der Körperoberfläche sowie die Erfassung der Reizstruktur mit einer bestimmten Zweipunkt-Diskrimination (Auflösungsvermögen) vorgenommen. Ist der somatosensorische Kortex auf einer Seite beschädigt, kann sich die Zweipunktschwelle auf der Gegenseite deutlich erhöhen.
 
 
Abbildung: Brodmann-Areale (vg. dort)
Nach Dubin M, Colorado State University

Die wichtigsten funktionellen Zuordnungen:

1,2,3 .. Somatosensorik
4 .. Motorik (primär)
6 .. Prämotorisch und supplementär-motorisch
8 .. Augenbewegungen
17 .. Sehrinde (primär)
18, 19 .. Sehrinde (sekundär, tertiär)
22 .. Sprachverständnis (Wernicke)
23, 24 .. Teile des gyrus cinguli
28, 34 .. Geruch (Entorhinaler Kortex)
37 .. Gesichtserkennung (gyrus fusiformis)
39, 40 .. (gyrus angularis, gyrus supramarginalis) Übergang sekundäre → tertiäre Assoziationsgebiete
41 .. Hören (primär)
42 .. Hören (sekundär)
44, 45 .. Sprachmotorik (Broca)



Zonen mit hohem Bedarf an zerebraler Bearbeitung sind entsprechend stark repräsentiert (z.B. Lippen, Gesicht, Hand). Diese Projektionen sind kontralateral organisiert (rechte Körperhälfte → linke Zentralwindung und umgekehrt).

Der somatosensorische Kortex besteht aus primär-sensiblen Arealen (S1, Brodmann 3, 1 und 2 - gyrus postcentralis) und sekundär-sensiblen (Assoziations-) Arealen (S2, Brodmann 40 und 43, ventral und dorsal an S1 anschließend, Abbildung).

Zellen aus der gesamten postzentralen Windung projizieren zum sekundären somatosensorischen Kortex. Dieser liegt um den sulcus lateralis und umfaßt auch die Brodmann-Areale 40 und 43.

Auf der dominanten Seite hat der Parietallappen schwerpunktmäßig motorische, auf der nichtdominanten räumliche Orientierungsfunktion.

Ausfälle im Bereich des Parietallappens können sich in (meist kontralateralem)
Nichterkennen von Teilen des eigenen Körpers oder der Umwelt auswirken (Neglect-Syndrom).
 

     Der obere Parietallappen projiziert u.a. zu den motorischen Gebieten des Frontallappens, der untere u.a. zum multimodalen Assoziationskortex und zum dorsolateralen präfrontalen Gebiet - der Stelle des Gehirns, 'wo sich Vergangenheit und Zukunft treffen'.
 
Oberer Parietallappen
 
Der obere Parietallappen macht sensible Empfindungen bewusst (dazu ist eine kombinierte Leistung von primären und sekundären sensorischen Rindenfeldern erforderlich). Er fragt nach dem 'wo' und 'wohin' und nutzt dabei Information der visuellen Rinde des Okzipitallappens ("dorsale Route") aus dem magnozellulären System (Schichten 1 und 2 im seitlichen Kniehöcker). Deren Neurone sind groß, dendritenreich und haben dicke, leitungsschnelle Axone. Sie sind mit großen rezeptiven Feldern der Netzhaut verbunden.
 
      Der funktionelle Schwerpunkt dieses Systems liegt bei der Analyse von Ort, Bewegung sowie Handlungen.
 

Abbildung: Magno- und parvozellulärer Pfad
Nach einer Vorlage bei sciencewise.anu.edu.au

Aus der Sehrinde gelangt bereits in der Netzhaut spezialisierte Information über
 
  Position und Bewegungsrichtung via den dorsalen (parietalen) Pfad (dorsal stream) zum oberen Parietallappen (magnozelluläres System: wo?)
 
  Form, Farbe und Beschaffenheit von Objekten via den ventralen (temporalen) Pfad (ventral stream) in den unteren Parietal- und Temporallappen (parvozelluläres / koniozelluläres System: was?)

Zum dorsalen und ventralen Pfad vgl. dort


Zum magno-, parvo- und koniozellulären System s. dort

Der obere Parietallappen
analysiert, wo sich ein Objekt befindet und wohin es sich bewegt, und kann einen Plan entwerfen, wie man es erreichen kann (der dorsale Pfad beteiligt sich an der Steuerung der Motorik, soferne sie sich auf visuelle Hinweise stützt). Er ortet und verfolgt Objekte auf der Haut, in der nahen extrapersonalen und der visuellen Umgebung. Die vorderen Teile des oberen Parietallappens ermöglichen es, Gewicht und Textur von Gegenständen abzuschätzen, die in der Hand liegen.

Lange Verbindungsfasern zum Frontalhirn unterstützen die Ausführung motorischer Pläne.

Der obere Parietallappen ist Teil des posterioren 'Aufmerksamkeitssystems'. Er wählt unter vielen eine Reizlokation aus, der Beachtung geschenkt wird, und wendet die Aufmerksamkeit bei Bedarf einem neuen Stimulus zu ('Neglekt' bei Läsion des Parietalhirns). Noradrenalin regt Neuronen zu dieser Zuwendungsfunktion an; der rechte parietale Kortex erhält meist mehr noradrenerge Zuflüsse als der linke.
 
Unterer Parietallappen
 

Der untere Parietallappen fragt nach dem 'was': Er integriert Berührungs- und propriozeptive Informationen mit solchen des Gesichtssinns mit dem Ziel, Objekte zu erkennen. Der visuelle Teil dieses Mechanismus (parvozelluläres System; "ventrale Route") projiziert in den unteren Temporallappen ( Abbildung). Er ist farbempfindlich, erlaubt detailreiche, scharfe visuelle Auflösung und analysiert Größe, Form und Textur von Objekten.

Die Region des gyrus angularis (zwischen Okzipitallappen und Wernicke-Sprachzentrum) beteiligt sich an der Umsetzung von Lesen zu Sprechen.
Der gyrus angularis ist auch Teil des Default Mode Network ( s. dort).

Läsionen des unteren Parietallappens bewirken auf der dominanten Seite Apraxie (Störungen der Ausführung zielgerichteter und koordinierter Bewegungen) und das Gerstmann-Syndrom (s. unten)

Läsionen auf der nichtdominanten Seite können zu Aprosodie (=Unfähigkeit, emotionale Komponenten des Ausdrucks - motorisch und / oder sensorisch - zu erkennen, benennen, oder sinnvoll auszuüben) führen (diese Fähigkeit heisst Prosodie ).


Abbildung: Intraparietale Areale (schematisch, nach verschiedenen Quellen interpoliert)

An den sulcus intraparietalis grenzen sogenannte intraparietale Areale, wie das hier angedeutete anteriore (AIP), laterale (LIP), mediale (MIP) und ventrale (VIP). Es sind dies Projektionsgebiete des dorsalen (parietalen) Pfades aus dem visuellen Kortex (Abbildung oben), aber auch anderer Bahnen, insbesondere aus dem Frontalhirn (z.B. dem frontalen Augenfeld: Fronto-parietale Projektionen). Die meisten Daten stammen von Studien, die an Primaten vorgenommen wurden; die funktionellen Verknüpfungen werden intensiv erforscht. Hier eine (vorläufige) Systematisierung:
AIP (anteriore intraparietale Region) - vermittelt visuelle Kontrolle von Handbewegungen (Greifen, Manipulation)
LIP (laterale intraparietale Region) - vermittelt visuelle Aufmerksamkeit und Kontrolle sakkadischer Augenbewegungen
VIP (ventrale intraparietale Region) - vermittelt Aufmerksamkeit auf bestimmte Stellen, Augenbewegungen, und visuelle Kontrolle von Zeigebewegungen
CIP (kaudale intraparietale Region) - vermittelt Tiefenwahrnehmung bei stereoptischer Betrachtung
MIP (mediale intraparietale Region) - vermittelt visuelle Kontrolle von Zielbewegungen (Zeigen, ergreifen)
 
Die für Zeige- / Zielbewegungen der oberen Extremität zuständige Region der medio-posterioren Parietalrinde wird auch als parietal reach region bezeichnet.


Die Repräsentation der Umwelt im Parietallappen erfolgt nicht in einem einzigen Areal (wie die retinotope Karte im primären visuellen Kortex), vielmehr liegt eine multiple Repräsentation mit unterschiedlicher funktioneller Spezialisierung vor (intraparietale Areale, Abbildung). Diese Areale teilen visuelle Information über die Umwelt an prämotorische und frontale Rindengebiete zwecks Steuerung von Willkürbewegungen mit.

       Ein laterales intraparietales Areal (LIP) enthält eine retinotope Karte der Konfiguration der Umwelt und unterstützt das "Zielen" der Blickmotorik.

       Ein ventrales intraparietales Areal (VIP) erhält Impulse aus verschiedenen Sinnessystemen und beteiligt sich an sensorischer Referenzierung und Koordinierung.

       Ein mediales intraparietales Areal (MIP) codiert Zielmotorik (Zeigen, Greifen) und ermöglicht z.B. die Einstellung korrekter Griffkraft für das Halten eines Objekts entsprechend seiner räumlichen Ausdehnung (z.B. Trinkgefäß vs. Kugelschreiber).

       Ein anteriores intraparietales Areal (AIP) erhält Information von beiden Augen (inklusive Querdisparation), analysiert Gestalt, Größe, Abstand und Orientierung von Objekten (vor allem zur Steuerung von Zielbewegungen).

       Ein kaudales intraparietales Areal (CIP) schätzt räumliche Tiefe ein (Stereopsie).
 
Assoziativer Kortex und Bewusstsein
 
Die Gesamtleistungen des Gehirns ergeben sich durch Zusammenarbeit der beiden spezialisierten Hemisphären.
 

   
Abbildung: Funktionelle Verknüpfung von Kortexarealen
Nach verschiedenen Quellen kombiniert

Die spezialisierten Rindengebiete sind assoziativ miteinander verknüpft (Pfeile)


Assoziative Areale sind eine entwicklungsgeschichtlich neuere Errungenschaft (man findet sie im Primatengehirn) und haben übergreifende Aufgaben:

     Der präfrontale Assoziationskortex des Stirnhirns (area 8, 9, 10, 45, 46) beeinflusst z.B. ästhetisches Empfinden und ethische Erwägungen ("Sitz der Persönlichkeit");

     der limbische Assoziationskortex am Vorderpol des Schläfenlappens (area 38) koordiniert emotionale Impulse und Gedächtnisleistungen;

     der parieto-temporo-okzipitale Assoziationskortex (area 5, 7, 20, 21, 37) fasst Information verschiedener Sinnesmodalitäten zusammen und teilt sie u.a. dem limbischen System mit; weiters beteiligt er sich an der Erstellung motorischer Programme.
 
Sekundäre Assoziationscortices integrieren Aktivitäten einzelner Sinnesmodalitäten, tertiäre übergeordnete Sinnesleistungen - z.B. visuelle, auditive, taktile und kinästhetische Leistungen (parieto-temporo-okzipitale Assoziationsfelder).

Bewusste Wahrnehmung: Der komplexen Verschaltung parietaler, temporaler und okzipitaler kortikaler Neuronengruppen liegt offenbar das Phänomen bewusster Wahrnehmung zugrunde. Zur neurophysiologischen Untersuchung bewussten Erlebens orientiert man sich an sogenannten neuronalen Korrelaten des Bewusstseins (neural correlates of consciousness, NCC). Definiert werden NCC als die für eine spezifische Bewusstseinserfahrung mindestens notwendigen Hirnaktivitäten.

Zur Eingrenzung der NCC wurden zunächst Hirnareale bestimmt, die für deren Auftreten nicht notwendig sind, d.h. ohne deren Aktivität bewusstes Erleben dennoch auftritt. Dazu gehören das Rückenmark (paraplegische Patienten behalten ein vollwertiges Bewusstsein), das Kleinhirn (für das Bewusstsein ebenfalls belanglos) oder das Frontalhirn (Defekte können motorische und Persönlichkeitsveränderungen hervorrufen, das Bewusstsein bleibt jedoch erhalten).

Treten Beschädigungen im parieto-temporo-okzipitalen Hirnbereich auf, kann es hingegen zu deutlichen Einengungen bzw. Störungen des Bewusstseins kommen. Umgekehrt treten bewusste Erfahrungen auf, wenn man (z.B. mittels Magnetfeldstimulation) Kortexareale in diesen Hirnregionen anregt. Während Versuchspersonen bewusste Erlebnisse haben, lassen sich von ihrem posterioren Gehirn breitflächige neuronale Aktivitäten registrieren (z.B. mittels Magnetresonanz- Enzephalographie). Man spricht daher von einer posterior hot zone (PHZ), also einer "hinteren heißen Zone" des Kortex, in der offenbar das Phänomen des bewussten Erlebens generiert wird.
 
 
Der Okzipitallappen verarbeitet visuelle Information
 
Der Okzipitallappen (Hinterhauptlappen, lobus occipitalis, occipital lobe; Calcarina-Rinde, area 17: primäres Sehzentrum; areae 18 / 19: sekundäres Sehzentrum) steht im Zeichen der Analyse der visuellen Umwelt: Er empfängt in hochorganisierter Form Information von den Netzhäuten und beurteilt sie nach definierten Merkmalen und Eigenschaften (Mustererkennung, Farbanalyse, Bewegungsanalyse etc).

Visuelle Information wird in übereinander gelagerten Zellverbänden (Dominanzsäulen) verarbeitet. Spezifische Zellverbände sprechen auf bestimmte Muster (z. B. Linien spezifischer Orientierung im Gesichtsfeld) an. So werden optische Merkmale aus dem Gesamtmuster herausgefiltert („Eigenschaftsextraktion“) und diese Elemente nach paralleler Merkmalsanalyse zu einem Gesamteindruck fusioniert.

Das Brodmann-Areal 17 im sulcus calcarinus entspricht dem primären, die Areale 18 und 19 dem sekundären visuellen Kortex des Okzipitallappens. Die Abbildung der Netzhaut auf die Sehrinde erfolgt in sehr unterschiedlicher "Vergrößerung", was aus retinotopen Karten deutlich wird ( Abbildung).

Der Großteil des visuellen Kortex liegt im sulcus calcarinus verborgen. Die fovea centralis projiziert auf ein großes Gebiet der Sehrinde, das ~1cm auf die laterale Konvexität der Kalkarinarinde reicht.

 

Abbildung: Retinotope Projektion auf den visuellen Kortex
Nach Horton JC & Hoyt WF, The representation of the visual field in human striate cortex: a revision of the classis Holmes map. Arch Ophthal 1991; 109: 816-24

Linker Okzipitallappen (paramedian), oben rechts normaler Situs, oben links mit aufgespreizter Kalkarinarinde, mit Angabe der Exzentrizität (=Entfernung von der fovea centralis in Bogengraden). Oberhalb der fovea centralis liegt der Cuneus (vgl. oben). Der horizontale Meridian (HM) läuft etwa die Kante der Kalkarinarinde entlang.
 
Unten rechts: Perimetrischer Befund mit Angabe der Exzentrizität (links) und Winkelgrade im Gesichtsfeld (rechts). Der dunkelblau markierte Bereich ist nur monokular abgedeckt.
 
Unten links: Retinotope Karte aus der Kalkarinarinde (auf Bildebene projiziert). Die fovea (links) projiziert auf den Okzipitalpol, der zentrale Bereich (bis 1 Grad Exzentrizität) auf die laterale Konvexität. Die obere Hälfte der Umwelt projiziert auf die untere Hälfte der Retina und auf die untere Kalkarinarinde (vertikaler Median grün gezeigt), vice versa für die untere Gesichtsfeldhälfte (vertikaler Median rot).
 
Schwarzes Oval: Blinder Fleck

Das zentrale Sehen nimmt mehr als 50% der gesamten primären Sehrinde in Anspruch. Der "Vergrößerungsfaktor", definiert als mm Kortexfläche pro Grad Gesichtsfeld, beträgt hier ~40:1. Im Vergleich dazu repräsentiert die in der Abbildung grau dargestellten Fläche des monokulären Sehens nur ~5% des visuellen Kortex, soviel wie das zentrale 1 Grad um die fovea.

Auch andere komplexe Vorgänge spielen sich im Hinterhauptlappen ab, wie z.B. Bindungsphänomene.
So sind das Gesicht einer Bezugsperson und sein Ausdruck für die emotionale Orientierung eines Babys ein entscheidendes Reizmuster. Tatsächlich bedingt die Reifung des Okzipitalhirns ab dem zweiten Lebensmonat ein zunehmend komplexes soziales und emotionales Verhalten.


     Mehr zu den Funktionen des Okzipitallappens s. dort
 


 
  Agnosien : Unter einer Agnosie im medizinischen Sinn versteht man eine Störung des Erkennens, die meist auf einen Wahrnehmungskanal beschränkt ist.
 
      So werden bei Prosopagnosie Gesichter nicht mehr erkannt,

      der Hemineglekt betrifft die der Hirnläsion kontralaterale Körperhälfte (Neglekt-Syndrom: Teile des Körpers oder der Umwelt werden nicht erkannt),

      Dyslexie   ist eine Leseschwäche,

      Akinetopsie eine fehlende Bewegungswahrnehmung usw.

Viele Patienten sind sich ihrer Defizite nicht bewusst bzw. schätzen das Ausmaß falsch ein.
 
   Läsionen des Parietallappens bedingen das Balint-Syndrom und Bewegungsagnosien.
 
Gerstmann-Syndrom (auch Angularis-Syndrom): Tritt bei Läsionen im unteren dominantseitigen Parietallappen (gyrus angularis, "Lesezentrum") auf. Symptome sind

      Rechts-Links-Verwechslung

      Fingeragnosie (Schwierigkeiten, die Finger zu benennen)

      Dysgraphie (Schwierigkeiten beim Schreiben)
 
      Dyskalkulie (Schwierigkeiten bei Umgang mit Zahlen)
Bálint-Syndrom : Tritt bei Läsionen im Parietal- sowie Okzipitallappen auf. Die Symptome sind weitgehender:
      Optische Apraxie (Blickfixierung auf ein visuelles Ziel, obwohl spontane Augenbewegungen möglich sind)

      Optische Ataxie (beim Ergreifen von Objekten werden visuelle Hinweise missachtet)
 
      Simultanagnosie (nur Komponenten des betrachteten Objekts werden gesehen, nicht seine Gesamtheit)
  Läsionen im oberen Parietallappenbereich bewirken

      Astereognosie (Gegenstände können durch Ertasten nicht erkannt werden),

      Agraphästhesie (auf die Haut gestreifte Symbole werden nicht erkannt),

      Aphasie (Funktionsstörung der sprachdominanten Hemisphäre),
 
      räumliche Agnosie,
 
      sensorischen (Hemi-) Neglekt (Vernachlässigung einer Hälfte des Körpers, eines Objektes, oder des Raumes) und
 
      Apraxie (Störung der Ausführung von Zielbewegungen).


 

 
     Im lobus parietalis befinden sich Rindenareale für Orientierung, räumliche Wahrnehmung und Körpernavigation: Lage und Positionsänderung von Umgebungselementen und Extremitäten, Erarbeitung und Kontrolle von Bewegungsstrategien. Bei Ausfall werden Teile des eigenen Körpers oder der Umwelt nicht wahrgenommen (Neglect-Syndrom). Ferner organisiert der Parietallappen Erinnerungsinhalte und kann diese abrufen
 
     Der gyrus postcentralis vermittelt somatische Sensibilität. Die Gewichtungen der somatotopen Repräsentation der Körperareale (gemäß dem sensorischen Penfield-Homunculus) ändern sich (map plasticity), wenn die Menge der zu verarbeitenden Information variiert (Training: Vergrößerung, Ausfall: Verringerung der betreffenden Kortexfläche)
 
     Der Großteil der Information aus sensorischen Feldern über thalamokortikale Projektionen (vorwiegend in lamina IV) gelangt in das Brodmann-Areal 3b und ist der primäre sensorische Kortex (S1), dieser liefert (auch bei elektrischer Reizung) somatosensorische Empfindungen. Seine Neuriten projizieren zum Brodmann-Areal 1 Information über Textur, zum Brodmann-Areal 2 über Gestalt und Größe. Die Areale 1 und 2 erkennen die Richtung von Bewegungen ertasteter Gegenstände (haptische Wahrnehmung)
 
      Der obere Parietallappen ist Teil des posterioren Aufmerksamkeitssystems. Er erhält visuelle Afferenzen (magnozelluläres System, "dorsale Route") und projiziert zum Frontallappen (motorische Areale, multimodaler Assoziationskortex) Informationen über Objekte auf der Haut, die visuelle Umgebung - Ort (wo?), Bewegung (wohin?) - sowie Handlungsabläufe (Bewegungsplan)
 
     Der untere Parietallappen integriert Berührungs- und propriozeptive Informationen mit der Objekterkennung. Der visuelle Teil (parvozelluläres System, "ventrale Route") projiziert in den unteren Temporallappen, analysiert Größe, Farbe, Form und Textur von Objekten. Läsionen bewirken Apraxie und Aprosodie
 
     Assoziativer Kortex ermöglicht Bewusstsein und erfüllt übergreifende Funktionen: Ästhetisches Empfinden, ethische Erwägungen ("Sitz der Persönlichkeit") im präfrontalen Assoziationskortex; Emotionen und Gedächtnis im limbischen Assoziationskortex; Integration und Erstellung motorischer Programme im parieto-temporo-okzipitalen Assoziationskortex. Bewusstsein erfordert breite Verschaltung kortikaler Neuronengruppen. Neuronale Korrelate des Bewusstseins (neural correlates of consciousness) nennt man die für eine spezifische Bewusstseinserfahrung mindestens notwendigen Hirnaktivitäten
 
     Der Okzipitallappen erhält visuelle Information und beurteilt sie nach definierten Merkmalen und Eigenschaften (Mustererkennung, Farb- und Bewegungsanalyse). Dies erfolgt in übereinander gelagerten Zellverbänden (Dominanzsäulen) des visuellen Kortex, die auf bestimmte Muster und Merkmale ansprechen („Eigenschaftsextraktion“), diese parallel analysieren und einen visuellen Gesamteindruck aufbauen
 
     Der visuelle Kortex liegt zum Großteil im sulcus calcarinus und erhält vor allem Information aus der fovea centralis (Stelle des höchsten optischen Auflösungsvermögens)
 

 




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