Sinnesreize werden von Rezeptoren in elektrische Signale umgesetzt (Transduktion), was sekundäre Vorgänge hervorruft (Transformation). Der Reiz wird codiert: Bei ausreichender Reizstärke am Sinnesorgan
verändern afferente Nervenfasern ihre Erregungsgröße
(Aktionspotentialfrequenz, Zahl involvierter Fasern), und die
Sinnesinformation wird im Zentralnervensystem abgebildet (Projektion). Sinnesrezeptoren können peripher im Gewebe verteilt (z.B. Schmerzrezeptoren) oder in Sinnesorganen organisiert sein (z.B. Photorezeptoren in der Netzhaut). Die afferente Erregung kann anhaltend proportional zur Reizstärke sein oder bei konstanter Reizstärke mit der Zeit abnehmen (Differentialempfindlichkeit). Der wahrnehmbare Unterschied der Reizstärke ist relativ: Das Weber'sche Gesetz sagt aus, dass die Wahrnehmbarkeitsschwelle mit der Reizgröße zunimmt (die Unterscheidungempfindlichkeit abnimmt). Das vergrößert den Bereich des Empfindlichkeitsspektrums. Sinnesmodalitäten sind z.B. Sehen und Hören, Sinnesqualitäten z.B. gelb und grün. Welchem "Sinn" man afferente Information zuordnet, hängt davon ab, in welche Hirnregion projiziert wird - einerlei, welcher Art der Reiz ist. Das Gebiet in der Peripherie (z.B. der Netzhaut), das die Aktivität einer afferenten Nervenzelle beeinflusst, nennt man deren rezeptives Feld. Reize können "für das Sinnesorgan geschaffen" sein (Licht für das Auge, Schall für das Ohr) - dann nennt man sie adäquat, sie wirken schon bei geringer Reizintensität überschwellig auf das Sinnesorgan. Auch inadäquate Reize können wahrgenommen werden, wenn sie stark genug sind (z.B. Druck auf das Auge). Ob ein Reiz eine sinnesphysiologische Auswirkung hat, hängt von seiner Intensität ab: Löst er eine Erregungsänderung aus, ist er überschwellig; schafft er das nicht, bleibt er unterschwellig. |
Klassifikation sensorischer Rezeptoren Modifiziert nach Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 |
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System |
Modalität |
Reiz |
Klasse |
wo? |
Visuell |
Sehen |
Photonen |
Photo- rezeptor (Zapfen, Stäbchen) |
Netzhaut |
Auditiv |
Hören |
Schall- wellen |
Mechano- rezeptor (Haarzellen) |
Cochlea (Innenohr) |
Vestibulär |
Kopf- bewegung |
Schwerkraft Beschleunigung Kopfbewegung |
Mechano- rezeptor (Haarzellen) |
Bogengänge (Innenohr) |
Somato- sensorisch |
Hinterhornzellen mit Rezeptoren in: |
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Berührung |
Verformung / Bewegung |
Mechano- rezeptor |
Haut |
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Proprio- zeption |
Muskellänge Muskelkraft Gelenkswinkel |
Mechano- rezeptor |
Muskelspindeln Sehnenspindeln Gelenkskapseln |
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Schmerz |
schädigende Einwirkung mechanisch / thermisch / chemisch |
Thermo-, Mechano-, Chemo- rezeptor |
alle Gewebe außer ZNS |
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Jucken |
Histamin Pruritogene |
Chemo- rezeptor |
Haut |
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viszeral |
Einwirkung mechanisch / thermisch / chemisch | Thermo-, Mechano-, Chemo- rezeptor |
Kardiovaskuläres, gastrointestinales System, Harnblase, Lunge |
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Gustatorisch |
Geschmack |
Substanzen |
Chemo- rezeptor |
Geschmacks- knospen, intraorale Thermorezeptoren, Chemorezeptoren |
Olfaktorisch |
Geruch |
Substanzen |
Chemo- rezeptor |
Olfaktorische sensorische Neurone |
Mit zunehmender Veränderung des Rezeptorpotentials steigt die Aktionspotentialfrequenz |
ΔR / R = [k] |
Adäquat nennt man Reize, auf die Rezeptorzellen besonders empfindlich reagieren. Reize, für deren Aufnahme das Sinnesorgan nicht geschaffen ist, heißen inadäquat (Beispiel: Empfindung von Licht bei Druck auf den Augapfel) |
Während eines steten Reizes kann die Aktionspotentialfrequenz abnehmen (Differentialverhalten, Adaptation) |
Sinnesreize können inadäquat oder adäquat (Reizart), unter- oder
überschwellig sein (Reizintensität). Sie bewirken an Sinneszellen eine
Änderung des Membranpotentials (Transduktion). Diese Änderung nennt man
Sensorpotential, Rezeptorpotential oder Generatorpotential, sie erfolgt
mittels spezialisierter (mechano-, chemo-, photosensibler)
Membranproteine Besteht das Rezeptorpotential in einer ausreichend starken (überschwelligen) Depolarisierung, entsteht ein Aktionspotential. Mit zunehmender Reduktion des Membranpotentials am Rezeptor steigt die Aktionspotentialfrequenz, mit zunehmender Hyperpolarisierung nimmt sie ab Afferente Nervenfasern können auf einen Reiz direkt mit veränderter Erregungsgröße (Aktionspotentialfrequenz) reagieren (Druck, Schmerz, Temperatur, Geruch). Ändern sekundäre Sinneszellen ihre Transmitterfreisetzung, ändert sich die Erregungsgröße afferenter Nervenfasern (Gesichts-, Geschmacks-, Gehör-, Gleichgewichtssinn) Absolutschwelle ist die Reizstärke, die gerade noch eine Empfindung auslöst, Unterschiedsschwelle eine Änderung der Reizstärke, die gerade noch eine Empfindungsänderung hervorruft. Die Unterschiedsschwelle ist ein meist konstanter Bruchteil (Weber-Gesetz: ΔR / R) des Betrags des Bezugsreizes (ein vom Absolutbetrag des Reizes unabhängiger Quotient) Sinneserlebnisse unterscheiden sich nach Lokalisation, Ausdehnung, Richtung, Intensität, Zeitverlauf und Qualität. Modalität ist ein "Qualitätskreis", der subjektiv "besonders" und nicht mit einem anderen vergleichbar ist (z.B. Hören - Sehen). Modalitäten sind durch ihren Sinneskanal (z.B. Sehnerv - Hörnerv) und ihre Hirnregion (z.B. Sehrinde - Hörrinde) bestimmt Überschwellige Reize verändern das Erregungsmuster der afferenten Fasern, unterschwellige nicht. Auf adäquate Reize reagieren entsprechende Rezeptorzellen sehr empfindlich (sie sind auf die Verarbeitung solcher Reize spezialisiert), auf inadäquate nur bei sehr hoher Reizstärke (z.B. Schlag aufs Auge) Proportionalverhalten bedeutet 1:1-Abbildung des Reizes in der Erregungsgröße (ohne Adaptation, z.B. Schmerzrezeptoren), bei Differentialverhalten adaptatiert sie während der Reizeinwirkung (z.B. Vibrationssensoren). Die meisten Sinnessysteme zeigen kombiniertes (PD-) Verhalten, mit verschieden stark ausgeprägtem Proportional- und Differentialanteil Ein rezeptives Gebiet, dessen Sinnesinformation jeweils zu einer afferenten Nervenzelle konvergiert, nennt man deren rezeptives Feld. Die Größe rezeptiver Felder in einem bestimmten Sinnesorgan verhält sich umgekehrt proportional zum räumlichen Auflösungsvermögen. Aneinandergrenzende rezeptive Felder zeigen meist laterale Hemmung (Kontrastverstärkung). Rezeptive Felder überschneiden sich, wenn Rezeptorzellen mehreren rezeptiven Feldern zugeordnet sind (Divergenz). Wenn Nervenzellen im ZNS Impulse von mehreren Rezeptoren erhalten, spricht man von Konvergenz Im Gehirn erfolgt die Abbildung geordnet nach Modalitäten und Orten (Körper: Somatotopie, Netzhaut: Retinotopie, Tonhöhe: Tonotopie). Bewusste Wahrnehmung wird von der Aufmerksamkeit gesteuert. Inhibitorische Verschaltungen sind die Grundlage von Dämpfung, Kontrastierung, Vorwärts- und Rückwärtshemmung |