Für die Kommunikation zwischen Nervenzellen verfügt ein erwachsener Mensch über etwa
hundert Billionen (~1014) Synapsen. Ihre
primäre Wirkung ist eine Veränderung des Zustands der nachgeschalteten (postsynaptischen, "empfangenden") Zelle im Sinne einer Verstärkung (inhibitorisches postsynaptisches Potential, IPSP) oder Abschwächung (exzitatorisches postsynaptisches Potential, EPSP) des Membranpotentials: IPSPs erschweren, EPSPs erleichtern die Entstehung eines Aktionspotentials am postsynaptischen Neuron. Das präsynaptische ("sendende") Neuron synthetisiert Neurotransmitter in der Nähe des Zellkerns, transportiert den Transmitter durch den Neurit, speichert ihn in Vesikeln und sezerniert ihn schließlich über Exozytose. Die Exozytose erfolgt mittels vesikulärer Proteinkomplexe des SNARE-Mechanismus (soluble N-ethylmaleimide- sensitive- factor attachment receptor). Transmitter diffundieren über den synaptischen Spaltraum (~20 nm) und binden an postsynaptische Rezeptoren. Dies löst rezeptortypische Folgereaktionen (z.B. Natriumeinstrom und Depolarisation) aus, welche postsynaptische Auswirkungen haben. Je nach Transmitter erfolgt rasche (Millisekundenbereich: Glutamat, GABA, Glycin, Acetylcholin nikotinerg..) oder langsame Übertragung (Sekundenbereich: Katecholamine, Acetylcholin muskarinerg). Kotransmitter bewirken zusätzlich Fazilitation oder Depression (Sekunden- bis Minutenbereich oder länger) sowie Modulation des synaptischen Effekts (Sekunden bis Tage: Neuropeptide). |
Vergleich elektrische - chemische Synapsen Nach Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill) |
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Typ Synapse |
Abstand prä- post- synaptisch |
Zytoplas- matische Kontinuität? |
Ultra- struktur |
Trans- mission durch |
Synaptische Verzögerung |
Richtung der Übertragung |
Elektrisch |
4 nm |
ja |
Gap junction- Kanäle |
Ionenstrom |
nein |
meist bidirektional |
Chemisch |
20-40 nm |
nein |
Vesikel (präsyn.) Rezeptoren (postsyn.) |
chemische Transmitter |
≥0,3 ms (meist 1-5 ms) |
unidirektional ("Einbahn") |
Häufig vorkommende Neurotransmitter Nach Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021 (erweitert) |
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Neurotransmitter |
Vorkommen |
Cotransmission |
Acetylcholin |
Motorische Neurone zu Muskeln; Neurone im autonomen Nervensystem; exzitatorische / modulatorische Neurone im ZNS |
VIP Substanz P |
Glutamat |
Mehrzahl der exzitatorischen Neurone im ZNS; meiste sensorische Neurone |
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GABA |
Meiste inhibitorische Neurone im ZNS | Somatostatin Cholecystokinin Neuropeptid Y |
Glycin |
Einige inhibitorische Neurone (hauptsächlich in Hirnstamm und Rückenmark) |
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Serotonin (5-HT) |
Modulatorische Neurone im ZNS; Neurone im Gastrointestinaltrakt |
Substanz P TRH Enkephaline |
Dopamin |
Modulatorische Neurone im ZNS | Cholecystokinin Neurotensin GLP-1 |
Noradrenalin |
Modulatorische Neurone im ZNS; autonom-nervöse Neurone |
Galanin Enkephaline Neuropeptid Y |
Histamin |
Modulatorische Neurone im ZNS | |
ATP, Adenosin |
Einige sensorische und ZNS-Neurone |
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Neuropeptide |
Exzitatorische, inhibitorische, modulatorische Neurone (Cotransmission); neurosekretorische Zellen |
Mit Katecholaminen, Acetylcholin, GABA, Serotonin, Oxytocin, Vasopressin |
An der Fusion transmitterspeichernder Vesikel mit der präsynaptischen Membran sind SNARE-Komplexe beteiligt |
Die präsynaptische Freisetzung von Acetylcholin wird durch Botulinumtoxin spezifisch gehemmt |
Tetanustoxin spaltet Synaptobrevin und verhindert die Glycin-Freisetzung an Renshaw-Zellen |
Ein zweites kurz nach einem vorangehenden EPSP ist größer als das erste, weil die präsynaptisch- zytoplasmatische Ca++-Konzentration noch erhöht ist |
NMDA-Kanäle sind ionotrope Glutamatrezeptoren |
GABAA-Rezeptoren öffnen Chloridkanäle und reduzieren die postsynaptische Erregbarkeit |
Glycinrezeptoren öffnen Chloridkanäle und reduzieren die postsynaptische Erregbarkeit |
Neuronen sind über Synapsen miteinander
verknüpft. Der präsynaptische Teil setzt bei Erregung Transmitter
frei, der postsynaptische trägt Rezeptormoleküle. Der
Transmitter wird nach seiner Freisetzung wiederaufgenommen und/oder
abgebaut, er kann auch präsynaptisch negativ rückkoppelnd oder
über den Kreislauf neuroendokrin wirken (längere Halbwertszeit). Neurotransmitter sind z.B. Glutamat / Aspartat,
GABA, Glycin, Acetylcholin, Katecholamine, Serotonin; Kotransmitter Peptide, Purine, NO,
Eikosanoide Symmetrische Synapsen haben gleich große prä- und postsynaptische Zonen (meist inhibitorisch), bei asymmetrischen ist der postsynaptische Apparat ausgeprägter (meist exzitatorisch). Man unterscheidet axodendritische, axosomale, axoaxonale, auch dendrodendritische Synapsen. Die Signalübertragung kann Millisekunden (Glutamat, GABA, Glycin, Acetylcholin nikotinerg), Sekunden (Katecholamine, Acetylcholin muskarinerg), oder bis Tage wirken (Neuromodulation). Fazilitation bedeutet Erhöhung, Depression Erniedrigung der synaptischen Wirkung nach hochfrequenter Reizung des betreffenden Synapsensystems (synaptische Plastizität), erklärbar durch Verstärkung oder Abschwächung der Transmitterfreisetzung und der Rezeptoransprechbarkeit Einzelne synaptische Depolarisationen (EPSPs) depolarisieren um 0,01-1 mV, sie bleiben alleine unterschwellig. Mehrere EPSPs können das Membranpotential über das Schwellenpotential hinaus reduzieren (Summation) und so ein Aktionspotential auslösen. Die Summation kann zeitlich (d.h. nacheinander) oder räumlich (d.h. gleichzeitig durch mehrere Synapsen) erfolgen. Bei zeitlicher Summation ist die [Ca++] im präsynaptischen Zytoplasma durch initiale Erregung erhöht, das verstärkt die Transmitterfreisetzung sowie knapp nachfolgende EPSPs. Inhibierende Synapsen hyperpolarisieren meist durch erhöhte Durchlässigkeit für Chloridionen oder Anstieg der Kaliumdurchlässigkeit. IPSPs stabilisieren das Membranpotential Neurotransmitter und Neuropeptide werden vesikulär gespeichert: Protonenpumpen stellen einen pH-Wert von ~5,4 ein, Transporter konzentrieren den Transmitter im Vesikel. Die Transmitterfreisetzung erfolgt nach folgender Sequenz: Depolarisierung öffnet spannungsgesteuerte Ca++-Kanäle → Exozytose (elektro-sekretorische Kopplung), über Calmodulin und Proteinkinasen Aktivierung weiterer Vesikel → Transmitterfreisetzung. Zahlreiche spezielle Proteine sind involviert (Synaptotagmin, Synaptobrevin, Syntaxin, SNARE-Proteine). Jedes Aktionspotential führt zur Entleerung hunderter Vesikel (Freisetzung von einigen 104 Transmittermolekülen) Transmitter binden an unterschiedliche Rezeptor-Subtypen (verschiedene Effekte möglich). Rezeptoren verändern ihre Ansprechbarkeit gegenüber dem Neurotransmitter: Phosphorylierung / Dephosphorylierung, Wechsel rezeptorbeladener Membranabschnitte zwischen Zellmembran und Zellinnerem. Drei Mechanismen beenden die Transmitterwirkung: Sinkende Konzentration durch Diffusion in das umliegende Interstitium, enzymatischer Abbau im synaptischen Spalt, Aufnahme in präsynaptische Neurone und Gliazellen. Praktisch alle Stufen des synaptischen Wirkmechanismus können pharmakologisch / toxikologisch beeinflusst werden Glutamat ist der wichtigste exzitatorische Transmitter (~50% aller zerebralen Synapsen), es ist mit dem Zitratzyklus verknüpft und kann zu Glutamin amidiert werden. Glutamat wirkt über vier Rezeptorklassen - eine metabotrope: mGluR, drei ionotrope: AMPA-, NMDA-, Kainat-R. mGluR werden eingeteilt in Gruppe I: Aktivierung Phospholipase C → IP3 → Ca++-Freisetzung, DAG → Proteinkinase C; und Gruppe II und III: Hemmung der Adenylylcyclase → cAMP sinkt. AMPA sind durchgängig für Na+ und K+, sie finden sich an den meisten exzitatorischen Synapsen und bewirken rasche EPSPs. Der NMDA-Glutamatrezeptor ist ein Na+-, K+- und Ca++-Kanal, für seine Öffnung reicht die Bindung von Glutamat nicht aus: Mg++ blockiert den Ionenkanal, Depolarisierung entfernt es, z.B. durch Aktivierung von AMPA- oder Kainat-Rezeptoren; als Cofaktoren wirken Glycin oder Serin sowie Zinkionen, die zusammen mit Glutamat aus präsynaptischen Vesikeln freigesetzt werden. Kainat-Rezeptoren lassen Na+ und K+ passieren Nerven- und Gliazellen nehmen Glutamat über Transporter auf - dabei gelangen 3 Na+ und ein H+ in die, ein K+ aus der Zelle. So wird Glutamat aus dem synaptischen Spaltraum entfernt und der Erregungspegel des Nervengewebes reguliert (Schutz vor Exzitotoxizität: diese kann bei Ischämie durch verringerte Glutamatclearance auftreten). Gliazellen wandeln freigesetztes Glutamat zu Glutamin um (Glutamat-Ammonium-Ligase), Nervenzellen nehmen dieses auf und wandeln es in Glutamat um (Glutaminase), dabei entsteht Ammoniak (das aus dem Gehirn entfernt wird) GABA und Glycin sind inhibitorische Neurotransmitter; beide werden präsynaptisch vesikulär gespeichert. Glutamatdecarboxylase bildet GABA (γ-Aminobuttersäure) aus Glutamat; GABA ist der führende inhibitorische Transmitter im Zentralnervensystem (~30% aller zerebralen Synapsen). Astrozyten nehmen GABA und Glutamat auf und stellen dem präsynaptischen Neuron Glutamin für die Transmittersynthese zur Verfügung (Glutaminzyklus). GABA wirkt über drei Rezeptor-Haupttypen: Ionotrope sind die häufigsten (GABAA), sie öffnen Chloridkanäle und reduzieren die postsynaptische Erregbarkeit (IPSP); metabotrope (GABAB) hemmen die Adenylylcyclase, öffnen K+- und schließen Ca++-Kanäle, beides stabilisiert das Membranpotential; und Chloridkanäle (GABAC: Retina, Rückenmark, colliculi superiores, Hypophyse). GABA wird nach seiner Freisetzung teils abgebaut, teils in präsynaptische Neuronen aufgenommen. - Glyzin öffnet an seinen Rezeptoren Chloridkanäle; der Effekt ist abhängig vom Ausgangswert des Membranpotentials (Cl-- Gleichgewichtspotential ~-70 mV, bei geringerem Wert des Membranpotentials → IPSP, bei höherem → EPSP) und der Öffnung der Chloridkanäle Wird das Membranpotential eines Axons durch aufgeschaltete Neurite verändert, beeinflusst das die Menge des von ihm (aktionspotentialbedingt) freigesetzten Transmitters. Dieses Prinzip der präsynaptischen Hemmung ist insbesondere im Rückenmark wirksam. Neuromodulation ist die prä- oder postsynaptische, indirekte Beeinflussung der Freisetzung oder Wirkung von Transmittern - meist über veränderte Permeabilität von K+- und Ca++-Kanälen. Neuromodulation erfolgt über Kotransmitter, wirkt längerfristig und ist an Gedächtnisprozessen beteiligt Mehrere tausend synaptische Endigungen von verschiedenen anderen Neuronen können auf eine einzelne Nervenzelle einwirken (Konvergenz), andererseits wirkt ein Neuron auf mehrere andere ein (Divergenz). Konvergenz und Divergenz ermöglichen die Analyse und Beeinflussung von Erregungsmustern: Sinnesmeldungen werden abstrahiert, Kontraste verstärkt, Muster erkannt, Merkmale zugeordnet. Schwache Impulse können summiert und überschwellig, Assoziationen verfestigt werden (Koinzidenzdetektion). Das Gebiet in einem Sinnesorgan, das zu einer zentralen Nervenzelle konvergiert, nennt man dessen rezeptives Feld. Rezeptive Felder überschneiden sich (Divergenz) |