Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Humoral-neuronale Steuerung und Kontrolle von Organsystemen

Synapsen

© H. Hinghofer-Szalkay

Dendrit: δενδρίτης = verzweigt, von Bäumen abstammend (δένδρον = Baum)
De-, Hyperpolarisation: de = von..weg, ὑπέρ = über..hinaus, πολος = Achse(npunkt)
Gephyrin: γἑφυϱα = Brücke
Glia: γλία = Leim, Kitt
Glycin: γλυκύς = süß
SNARE:  für soluble N-ethylmaleimide-sensitive fusion attachment protein receptor
Synapse: σύν = zusammen, ἅπτειν = fassen, ergreifen, συναψις = Verbindung



Für die Kommunikation zwischen Nervenzellen verfügt ein erwachsener Mensch über etwa hundert Billionen (~1014) Synapsen. Ihre primäre Wirkung ist eine Veränderung des Zustands der nachgeschalteten (postsynaptischen, "empfangenden") Zelle im Sinne einer Verstärkung (inhibitorisches postsynaptisches Potential, IPSP) oder Abschwächung (exzitatorisches postsynaptisches Potential, EPSP) des Membranpotentials: IPSPs erschweren, EPSPs erleichtern die Entstehung eines Aktionspotentials am postsynaptischen Neuron.

Das präsynaptische ("sendende") Neuron synthetisiert Neurotransmitter in der Nähe des Zellkerns, transportiert den Transmitter durch den Neurit, speichert ihn in Vesikeln und sezerniert ihn schließlich über Exozytose. Die Exozytose erfolgt mittels vesikulärer Proteinkomplexe des SNARE-Mechanismus (soluble N-ethylmaleimide- sensitive- factor attachment receptor).

Transmitter diffundieren über den synaptischen Spaltraum (~20 nm) und binden an postsynaptische Rezeptoren. Dies löst rezeptortypische Folgereaktionen (z.B. Natriumeinstrom und Depolarisation) aus, welche postsynaptische Auswirkungen haben.

Je nach Transmitter erfolgt rasche (Millisekundenbereich: Glutamat, GABA, Glycin, Acetylcholin nikotinerg..) oder langsame Übertragung (Sekundenbereich: Katecholamine, Acetylcholin muskarinerg).

Kotransmitter bewirken zusätzlich Fazilitation oder Depression (Sekunden- bis Minutenbereich oder länger) sowie Modulation des synaptischen Effekts (Sekunden bis Tage: Neuropeptide).

 
 
Synapsen & Transmitter  Neurotransmitter   Speicherung, Freisetzung und Recycling, SNARE-Proteine Synaptischer Spaltraum Postsynaptischer Apparat   präsynaptische vs. postsynaptische Rezeptoren Neuromodulation   Postsynaptisaches Potential und Summation, EPSP und IPSP, Genexpression   Entfernung des Transmitters aus dem synaptischen Spaltraum Glutamat GABA Glycin Bahnung und Hemmung Konvergenz & Divergenz

    Aktive Zone
    Neurotransmitter    Fazilitation, Depression, Habituation, Augmentation    Neuromodulation    Disinhibition    Cotransmission

Praktische Aspekte       Core messages
   
Nervenzellen verständigen sich mittels Neurotransmittern untereinander - präsynaptische Zellen senden diese aus, postsynaptische reagieren darauf. Neurotransmitter können kleine (Amine, Aminosäuren, Purine) oder größere Moleküle (Peptide) sein. Über 90% aller Synapsen des Gehirns nutzen Glutamat als Transmitterstoff.
 
Wie kommunizieren Nervenzellen?
Über die Arbeitsweise der Gehirns s. dort

Die Gesamtzahl der Nervenzellen (Neuronen) im Körper eines Erwachsenen wird auf 86 Milliarden geschätzt, davon mehr als die Hälfte in der Kleinhirnrinde und weniger als 20% in der Großhirnrinde. Sie sind über Synapsen miteinander verschaltet (Gesamtzahl im Körper ~1014), wobei eine Nervenzelle auf bis zu ~5.104 andere synaptisch wirken (Divergenz) und umgekehrt von bis zu ~5.104 anderen synaptisch erreicht werden kann (Konvergenz). Je komplexer die Verschaltungsmuster - sowohl zwischen einzelnen Zellen als auch insgesamt im Verbund, also im Gehirn -, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktivität solcher komplexen Systeme (welche auch Sinnesmeldungen - aus der Umwelt und aus dem Körperinneren - einbezieht) etwas ergibt, was man als Bewusstsein bezeichnet.

Man unterscheidet zwei Arten von Synapsen: Chemische (bei weitem die Mehrzahl im Gehirn des Menschen) und elektrische (über gap junctions). Die folgende Tabelle zeigt, worin sie sich unterscheiden:

Vergleich elektrische - chemische Synapsen
 
Nach Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)

Typ
Synapse
Abstand prä- post- synaptisch
Zytoplas-
matische Kontinuität?
Ultra-
struktur
Trans-
mission durch
Synaptische Verzögerung
Richtung der Übertragung
Elektrisch
4 nm
ja
Gap junction- Kanäle
Ionenstrom
nein
meist bidirektional
Chemisch
20-40 nm
nein
Vesikel (präsyn.)
Rezeptoren
(postsyn.)
chemische Transmitter
≥0,3 ms
(meist 1-5 ms)
unidirektional
("Einbahn")
 
Während sich bei elektrischen Synapsen Änderungen des Membranpotentials (De- oder Hyperpolarisierung) der einen Zelle mittels gap junctions auf die Nachbarzelle (abgeschwächt) direkt und extrem rasch auswirken (elektrotonische Transmission) und deren Membranpotential beeinflussen (vorteihaft z.B. für Synchronisierungen), gibt es bei chemischen Synapsen keine solche elektrische Brücke. Vielmehr triggert ein präsynaptisches Aktionspotential an der chemischen Synapse die Freisetzung eines Transmitterstoffs, der dann über Rezeptoren de- oder hyperpolarisierend wirkt - je nach dem Effekt, den diese postsynaptisch auslösen.

Chemischen Synapsen stehen molekulare Verstärkungsmechanismen zur Verfügung, die elektrische Synapsen nicht haben: Bildung / Freisetzung von second messengers, Aktivierung von Kinasen - bei diesen Schritten multipliziert sich der postsynaptische Effekt. Außerdem können chemische Synapsen sowohl exzitatorisch als auch inhibitorisch wirken, also die "Polung" des Informationsflusses ändern. Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass sich die Aktivierung chemischer Synapsen auf den Zustand von Nervenzelklen über längere Zeit (bis zu Stunden) auswirken kann.

Synapsen im Nervensystem unterscheiden sich - bei ähnlichem Funktionsprinzip - in einigen Eigenschaften von motorischen Endplatten. Ähnlich gibt es auch innerhalb des ZNS Unterschiede zwischen speziellen Synapsentypen. Dies trägt zur Diversität neurophysiologischer Spezifika im Gehirn bei. Die prinzipiellen Schritte bei der Funktion einer chemischen Synapse sind die folgenden:
Verpacken des Neurotransmitters in Speichervesikel, die dann an das präsynaptische Terminal docken
Depolarisierung der präsynaptischen Membran (eintreffendes Aktionspotential)
Öffnung spannungsabhängiger Calciumkanäle, Einströmen von Ca++ in das präsynaptische Terminal
Fusion einiger Vesikel mit der präsynaptischen Membran (Synaptotagmine), Steigerung der Transmitterfreisetzung um einen Faktor ~105
Diffusion des Transmitters zur postsynaptischen Membran
Anlagerung einiger Transmittermoleküle an Rezeptoren, postsynaptische Reaktion (Öffnung von Ionenkanälen, Aktivierung von G-Proteinen,..)
Transmitter wird enzymatisch abgebaut, wieder aufgenommen, oder abtransportiert
 

Abbildung: Synaptische Verschaltungen
Nach einer Vorlage in Carlson NR / Birkett MA, Physiology of Behavior, 12th ed. Pearson 2017

Aktionspotentiale entstehen am Axonhügel des Neurons. Von hier werden sie in die Peripherie geleitet, wo Dendriten, aber auch Nervenkörper (somata) und Axone anderer Neuronen die Signale empfangen und umsetzen


Synapsen ermöglichen neuronale Kommunikation in Millisekunden - über einen synaptischen Spaltraum hinweg, der 20-40 nm weit sein kann (die Zellmembran hat eine Dicke von ~8 nm).


Indem er als junger Forscher ein Kapitel für ein Physiologie-Lehrbuch verfasste, führte der Brite Charles S. Sherrington den Begriff "Synapse" in die Neurowissenschaften ein. Sherrington, der später als "Philosoph des Nervensystems" galt, erhielt zusammen mit Edgar D. Adrian 1932 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin "für ihre Entdeckungen auf dem Gebiet der Funktion der Neuronen". Adrian erforschte vor allem die Elektrophysiologie von Sinnesorganen.


  Synapsen bestehen aus einem präsynaptischen (Sender-) und postsynaptischen (Empfänger-) Teil. Bei elektrischen Synapsen kann (im Allgemeinen) die Signalübertragung (elektrotonisch) in beiden Richtungen erfolgen, die prä- und postsynaptische Eigenschaft an einer gap junction daher wechseln; an der chemischen Synapse nur von der Seite, die Transmitter abgibt, zur rezeptorbewehrten Seite.

Sind an einer Synapse die Vesikel rund, die aktive Zone breitflächig, der synaptische Spalt relativ weit und der die Signalvermittlung beeinflussende postsynaptische Apparat (postsynaptic density) stark ausgeprägt, spricht man von einer asymmetrischen Synapse (auch Typ-I-Synapse). Diese ist meist glutamaterg und in der Wirkung exzitatorisch. Typ-I-Synapsen sind meist axo-spinal: Sie finden sich vor allem an Dornenfortsätzen (dendritic spines), an denen man einen Kopf- und einen schlanken Halsteil unterscheiden kann.

Sind die Vesikel abgeflacht, die aktive Zone weniger ausgeprägt, der synaptische Spalt eher eng und der postsynaptische Apparat zart - die prä- und postsynaptische Zone etwa gleich dick -, spricht man von einer symmetrischen Synapse (auch Typ-II-Synapse). Diese ist meist GABA-erg und in der Wirkung inhibitorisch. Typ-II-Synapsen finden sich vor allem in Somanähe (axodendritisch, axosomatisch, axoaxonal).

Elektrische und chemische Synapsen können interagieren und die "Rechenleistung" neuraler Netzwerke verstärken, z.B. in der Netzhaut, wo neben chemischer Übertragung bipolare und amakrine Zellen auch über gap junctions kommunizieren.

Elektrische Synapsen spielen im Gehirn sowohl zwischen Gliazellen - Astrozyten formen Glia-Netzwerke, in denen sich langsame (1-20 µm/s) Ca++-Wellen ausbreiten können - als auch zwischen Neuronen eine Rolle.

Chemische Synapsen setzen an der präsynaptischen Membran bei Erregung (Aktionspotential) und
Calcium-Einstrom Transmitterstoffe frei (mehr als 40 kommen beim Menschen vor; am häufigsten sind Synapsen glutamaterg). Sie setzen ihren Transmitter aus synaptischen Vesikeln frei, die in aktiven Zonen eines Axonterminals (synaptic bouton) konzentriert sind. Diese aktiven Zonen sind reich an spannungsgesteuerten Ca++-Kanälen, deren Aktivierung den Exozytosemechanismus startet.

Transmitter wirken auf Rezeptormoleküle in der "nachgeschalteten" Zelle. Viele dieser Rezeptoren befinden sich auf Dendritenfortsätzen (eine Purkinje-Zelle in der Kleinhirnrinde hat z.B. über 2000 Dendriten), und an jedem Dendrit wirken typischerweise mehr als 100 Synapsen.
  
    
  Über Dendriten s. dort
 
Da der gesamte Vorgang komplex ist, benötigt er auch entsprechend Zeit -
zwischen dem präsynaptisch eintreffenden Aktionspotential und der postsynaptischen Reaktion des Membranpotentials vergeht eine Verzögerungszeit von meist einer bis einigen Millisekunden (s. Tabelle oben).

Vorgänge am präsynaptischen Apparat: Der präsynaptische Teil enthält alle Teile für Synthese und calciumgetriggerte Freisetzung des / der Transmitter(s): Hohe Dichte von Mitochondrien, um die für den Transportprozess nötige Menge an ATP zu erzeugen; Synthese sowie Speicherung des Transmitters in Vesikeln; spannungsgesteuerte Calciumkanäle zur Aktivierung der Transmitterfreisetzung bei Eintreffen von Aktionspotentialen.

Trifft über das Axon des "sendenden" Neurons ein Aktionspotential ein, bewirkt dieses die Öffnung von
Calciumkanälen, und Ca++ dringt in das präsynaptische Axonterminal ein. [Ca++] in der Nähe der aktiven Zone (hier wird Transmitter freigesetzt) nimmt zu, es fusionieren einige Vesikel mit der präsynaptischen Membran und geben den Transmitter in den synaptischen Spaltraum frei ( Abbildung). Dort diffundiert der Transmitterstoff ca. 20 nm zur postsynaptischen Membran.
 

Abbildung: Sequenz der Signalübermittlung an einer chemischen Synapse
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)

Der Vorgang erfolgt in mehreren Schritten und erfordert eine Zeit von 0,3-5,0 Millisekunden.
 
Links: Das Aktionspotential am Axonterminal führt zum Einstrom von Ca++
 
Mitte: Exozytose führt zur Freisetzzung des Transmitters
 
Rechts: Der Transmitter bewirkt Na+-Einstrom und Depolarisierung an den postsynaptischen Rezeptoren (es kann auch ein anderer Ionenstrom ausgelöst werden, der die Membran hyperpolarisiert)


Das wiederum löst an Rezeptorkanälen in der postsynaptischen Membran (meist eines Dendriten, oder auch des Zellkörpers oder Axons) den Einstrom von Ionen aus, was an der postsynaptischen Zelle zu einer entsprechenden Änderung des Membranpotentials führt. Der gesamte Vorgang verstärkt das empfangene Signal.
  
Was bewirkt der Neurotransmitter an der postsynaptischen Membran? Das hängt von der Natur des Rezeptors ab, an den er bindet. So kann Acetylcholin eine Abschwächung (exzitatorische Wirkung, z.B. an Skelettmuskelzellen) oder auch Verstärkung des Membranpotentials herorrufen (inhibitorische Wirkung, z.B. an Herzmuskelzellen), je nach Rezeptor, auf den es trifft.
 
  Die Aktivierung chemischer Synapsen verändert die Leitfähigkeit ihrer postsynaptischen Membran für monovalente Ionen (Na+, K
+, Cl-) und verändert das Membranpotential dementsprechend (Depolarisierung / Hyperpolarisierung).

Die Öffnung der postsynaptischen Ionenkanäle durch Bindung des Transmitters kann auf zwei Wegen erfolgen: Einem direkten Gating, bei dem der Rezeptor (an den der
Transmitter bindet) identisch ist mit dem Kanal, der die Diffusion der Ionen freigibt; und einem indirekten Gating, bei dem der Rezeptor einen separaten Ionenkanal über den G-Protein-Mechanismus aktiviert ( Abbildung).
 

Abbildung: Neurotransmitter öffnen postsynaptische Ionenkanäle direkt oder indirekt
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)

Links: Der Rezeptor für direktes Gating ist ein Ionenkanal. Bindet der Transmitter, öffnet sich das "Tor" für Ionen, deren Einströmen in die Zelle das Membranpotential verändert (ligand-gated channel). Dieser Mechanismus arbeitet sehr rasch.
 
Rechts: Der Rezeptor für indirektes Gating gehört entweder zur Gruppe der heptahelikalen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (metabotropic receptors), die ihre Wirkung - in diesem Fall die Aktivierung (Phosphorylierung) eines Ionenkanals - über zyklisches AMP (cAMP) und Phosphokinase A (PKA) entfalten (das kann auch Einflüsse auf die Transkription von Genen und Synthese neuer Proteine einschließen). Oder es sind Rezeptor-Tyrosinkinasen, welche die Öffnungswahrscheinlichkeit von Ionenkanälen in der Membran über eine second-messenger-Kaskade beeinflussen (nicht gezeigt)


Die  Abbildung zeigt die unterschiedliche Struktur und Wirkungsweise der Rezeptoren: Während das direkte Gating über solche läuft, die auch ein Ionenkanal sind (ionotrop) und sehr rasche Effekte bewirken (Millisekunden - geeignet für blitzartige Aktion, z.B. im Rahmen von Muskelspindelreflexen), funktioniert das indirekte Gating über metabotrope Rezeptoren - die Ionenkanäle werden indirekt, oft über Phosphokinase A aktiviert. Letztere haben verzögerte, langsamere und länger wirkende Effekte zur Folge, z.B. bei Verstärkungsfunktionen im Rahmen von Lernvorgängen.
  

Abbildung: Synapsen im ZNS
Nach einer Vorlage in Bear / Connors / Paradiso, Neuroscience - Exploring the Brain, 4th ed 2016

Präsynaptische Apparate sind durch aktive Zonen und Vesikel gekennzeichnet (Transmitterfreisetzung), postsynaptische durch Verdichtungszonen (postsynaptic densities) mit Rezeptoren (Transmitterwirkung).
 
Die Ausprägung der Synapsen kann je nach spezieller Funktion sehr unterschiedliche Form annehmen:
 
Links oben: Axo-spinale Synapse (Dornenfortsatz = dendritic spine)
 
Rechts oben: Axonaufzweigung, zwei unterschiedlich große präsynaptische Endigungen auf postsynaptischem Soma
 
Links unten: Große präsynaptische Endigung umfasst postsynaptisches Soma
 
Rechts unten: Große präsynaptische Endigung wirkt gleichzeitig auf mehrere postsynaptische Kontakte

Es gibt auch
dendro-dendritische sowie soma-somatische Synapsen, diese kommen aber selten vor


Die meisten Synapsen sind axodendritisch, aber es kommen alle möglichen Kombinationen prä- zu postsynaptischer Verschaltung vor (axosomatisch, axoaxonal, dendrodendritisch, somatosomatisch, somatodendritisch).
 
Neurotransmitter
  
    Neurotransmitter sind von Nervenzellen - üblicherweise aus Speichervesikeln - freigesetzte Signalstoffe. Ein Neurotransmitter muss folgende Kriterien erfüllen, um als solcher qualifiziert zu gelten: (1) Er muss präsynaptisch synthetisiert werden, (2) entsprechende Stimulation des Nerven muss ihn freisetzen, (3) seine synaptische Mikroapplikation muss den Effekt einer Nervenreizung zumindest teilweise nachahmen, und (4) seine Wirkung muss pharmakologisch blockierbar sein.
 
Neurotransmitter sind mehreren Stoffklassen zuzuordnen: Aminosäuren, Amine und Neuropeptide. Dazu kommen Cotransmitter wie Purine, NO, und Eikosanoide.

Die wichtigsten Neurotransmitter sind Glutamat (der führende exzitatorische Transmitter) und Aspartat, GABA und Glycin (inhibitorisch), Acetylcholin, Katecholamine, Serotonin und Histamin; als Cotransmitter wirken u.a. Peptide, Cannabinoide, Purine (Adenosin, ATP).

Glycin entsteht aus Serin, GABA und Glutamat aus Glutamin, Aspartat aus Oxalacetat; Katecholamine aus Tyrosin; Serotonin und Melatonin aus Tryptophan, Histamin aus Histidin; Acetylcholin aus Cholin; Cannabinoide aus Phospholipiden; NO aus Arginin. Solche kleinen Transmitter können im Prinzip überall im Neuron entstehen, wo entsprechende Enzyme vorhanden sind.

In den meisten Fällen sind
Neurotransmitter Aminosäuren (Glutamat und Aspartat wirken erregend, Glycin und GABA hemmend), einfache Amine (Acetylcholin, Serotonin, Noradrenalin..) oder Peptide (z.B. Tropine des Hypophysenvorderlappens). Auch Purine (Adenosin, ATP), Endocannabinoide, oder Gase (NO, CO, H2S) kommen als Transmitter in Frage.

Entgegen der klassischen Sicht können Neurone auch mehr als einen Neurotransmitter freisetzen: Häufig werden an ein un derselben Snapse mehrere Transmitterklassen gespeichert (Colokalisierung) und freigesetzt (Cotransmission, co-release) - ob aus unterschiedlichen oder identischen Vesikeln, ist nicht immer klar.

Ob Transmitter exzitatorisch (depolarisierend), inhibitorisch (hyperpolarisierend) oder als Neuromodulatoren wirken, hängt vor allem von den Rezeptoren ab, auf die sie postsynaptisch treffen. So wirken Glutamat oder Acetylcholin im Allgemeinen erregend, in bestimmten Situationen aber auch hemmend auf postsynaptische Zellen.

  
Häufig vorkommende Neurotransmitter

Nach Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021 (erweitert)
Neurotransmitter
Vorkommen
Cotransmission
Acetylcholin
Motorische Neurone zu Muskeln; Neurone im autonomen Nervensystem; exzitatorische / modulatorische Neurone im ZNS
VIP
 
Substanz P
Glutamat
Mehrzahl der exzitatorischen Neurone im ZNS; meiste sensorische Neurone

GABA
Meiste inhibitorische Neurone im ZNS Somatostatin
 
Cholecystokinin
 
Neuropeptid Y
Glycin
Einige inhibitorische Neurone (hauptsächlich in Hirnstamm und Rückenmark)

Serotonin (5-HT)
Modulatorische Neurone im ZNS; Neurone im Gastrointestinaltrakt
Substanz P
 
TRH
 
Enkephaline
Dopamin
Modulatorische Neurone im ZNS Cholecystokinin
 
Neurotensin
 
GLP-1
Noradrenalin
Modulatorische Neurone im ZNS; autonom-nervöse Neurone
Galanin
 
Enkephaline
 
Neuropeptid Y
Histamin
Modulatorische Neurone im ZNS
ATP, Adenosin
Einige sensorische und ZNS-Neurone

Neuropeptide
Exzitatorische, inhibitorische, modulatorische Neurone (Cotransmission);
neurosekretorische Zellen
Mit Katecholaminen, Acetylcholin, GABA, Serotonin, Oxytocin, Vasopressin
 
Neuropeptide sind eine große Gruppe von Peptiden (bestehend aus einigen wenigen bis zu mehreren Dutzend Aminosäuren), die auch in anderem Zusammenhang eine physiologische Rolle spielen, z.B. als Hormone (Somatostatin, Insulin, Cholecystokinin), Schmerzhemmer (Endorphine), im Verdauungssystem (GLP-1, Cholecystokinin, Serotonin). Sowohl klassische Neurotransmitter wie Neuropeptide werden vesikulär gespeichert (storage pool); Peptide müssen aber nach ihrer Freisetzung vollständig neu synthetisiert (und axonal transportiert) werden.
 
Speicherung, Freisetzung und Recycling von Neurotransmittern
     
Präsynaptische Vesikel entstehen zunächst aus Abschnürungen aus dem Golgi-Apparat. Sie haben in ihrer Wand Protonenpumpen (aktiver Transport), die den pH-Wert auf ~5,4 einstellen. Der Protonengradient zum Zytoplasma (pH 7,2) treibt Antiporter an, die Transmitter im Vesikel konzentrieren (sekundär aktiver Transport). Auch der elektrische Gradient kann für den Transmittertransport in die Speichervesikel genutzt werden.

Die Speicherung von Neurotransmittern in Vesikeln hat mehrere Vorteile:
 
  
   Anreicherung bis zum 105-fachen der Konzentration im Zytoplasma,
 
      Schutz vor Abbau,
 
      Reserve für die synaptische Aktivität.

Präsynaptische Vesikel sind Angriffspunkt für negative Rückkopplung: Bei starker Freisetzung des Transmitters nimmt ihre Synthese zu, bei geringer präsynaptischer Aktivität hingegen ab.
 
Freisetzung (Exozytose)   Recycling (Endozytose)

Man unterscheidet kleine und große präsynaptische Speichervesikel. Beide enthalten ATP, das in verschiedener Weise genutzt werden kann.
 
    Die Mehrzahl der präsynaptischen Vesikel hat einen Durchmesser von ~40 nm, sie speichern kleine Nichtpeptide wie Glutamat, GABA, Acetylcholin. Diese Vesikel finden sich in der Nähe von aktiven Zonen und erscheinen elektronenmikroskopisch "leer" (clear / small vesicles). Ihre Wirkung beschränkt sich auf klar begrenzte synaptische Strukturen.
 
    Einige Vesikel sind größer (70-250 nm Durchmesser: large dense-core vesicles, homolog sekretorischen Granula von Nicht-Nervenzellen), gleichen sekretorischen Granula in endokrinen Zellen (dense-core secretory granules) und enthalten Neuropeptide, die aus Vorstufen synthetisiert und zusammen mit anderen Proteinen in das Trans-Golgi-Netzwerk gebracht werden. Aus diesem separieren sich Vesikel, und diese werden vom Soma zu präsynaptischen Zielen transportiert. Kleinmolekulare Transmitter und andere neuroaktive Moleküle (Cotransmitter) können zusammen mit dem Neuropeptid in dense-core-Vesikeln gespeichert und zusammen mit diesem freigesetzt werden.
 
Solche Vesikel sind über das ganze präsynaptische Endstück des Neurons verteilt; ihr Inhalt kann überall am Neuron exozytiert werden, ausgelöst durch Aktionspotentialsalven, Öffnung spannungssensitiver Ca++-Kanäle und dadurch Erhöhung der intrazellulären [Ca++]. Im Gegensatz zu kleinen synaptischen Vesikeln wird ihre Membran nicht recycelt. Für freigesetzte Neuropeptide gibt es keinen Reuptake-Mechanismus, und sie müssen im Soma der Zelle neu synthetisiert und mittels anterograden Transports in die Peripherie gebracht werden.
  
Freisetzung des Transmitters aus präsynaptischen Vesikeln
 
Die Freisetzung aus den Vesikeln erfolgt nach einem generellen Schema: Depolarisierung (Na+-Einstrom) öffnet spannungsgesteuerte Ca++-Kanäle (vor allem vom N-Typ und P-Typ), wobei die Dauer des Aktionspotentials die Intensität des Ca++-Einstroms bestimmt. Bei Erregung des Neuriten kommt es zur Exozytose von 50-100 Vesikeln - das heißt, jedes Aktionspotential führt zur Freisetzung eines beträchtlichen Anteils des präsynaptisch gespeicherten Neurotransmitters in den synaptischen Spaltraum.

Synaptische Vesikel tragen in ihrer Membran bzw. an diese angeheftet verschiedene Proteine (
SNARE-Proteine: Soluble NSF Attachment Protein Receptor - NSF: N-ethylmaleimide-sensitive factor, N-ethylmaleimide sensitive fusion protein), Abbildung). Man unterscheidet v-SNAREs in der Wand von Vesikeln (v = vesicle) und t-SNAREs (t = target) in der präsynaptischen Membran.
 
An der Fusion transmitterspeichernder Vesikel mit der präsynaptischen Membran sind SNARE-Komplexe beteiligt
 
Zu SNARE-Proteinen zählen
 
      Synaptotagmine (SYTs), vesikelgebundene Proteine, die Ca++ binden können und als Calciumsensoren wirken. Sie wirken als intrazellulärer Ca++-Sensor für die Exozytose. Diese Poteine verhindern im Ruhezustand (niedrige zytoplasmatische Calciumkonzentration) die Verschmelzung von Vesikeln mit der präsynaptischen Membran und werden durch Calciumionen aktiviert, was dann die Freisetzung des Transmitters triggert
 
      Synaptobrevine (=VAMP: vesicle-associated membrane proteins), Schlüsselproteine für die Membranfusion im Rahmen der Exozytose. Sie erleichtern die Fusion der Vesikel mit der präsynaptischen Membran
 
      Syntaxine in der inneren Zellmembran, die Synaptotagmine und Synaptobrevine binden können und wahrscheinlich einen Teil der exozytotischen Fusionsporen bilden
 
      SNAP-25 (SNAp REceptors - SNAP = synaptosomal-associated protein), das bei Aktivierung (durch allosterische Veränderung des Synaptotagmins) zusammen mit Synaptobrevin und Syntaxin den SNARE-Komplex bildet, der bei der Membranfusion / Exozytose eine essentielle Rolle spielt
 
      Synapsin (stellt die Nähe des Vesikels zur aktiven Zone sicher)
 
      Rab3 (eine GTPase).
  

Abbildung: Organisation einer präsynaptischen Endigung (presynaptic terminal)
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Links: Transsynaptische Adhäsionsmoleküle (wie Cadherin-Cadherin: homophile Bindung, Neurexin-Neuroligin: heterophile Bindung, vgl. dort) halten die aktive Zone der präsynaptischen Endigung auf einem definierten Abstand zur Membran der postsynaptischen Membran. Deren hohe Konzentration an Rezeptoren erhöht die Wirkgeschwindigkeit freigesetzten Neurotransmitters.
 
Rechts: Vergrößerter Ausschnitt des präsynaptischen Teils. Unc13 bindet SNAREs und nähert synaptische Vesikel an die präsynaptische Membran an. Der RIM/RIM-BP-Komplex bindet einerseits direkt an spannungssensitive Calciumkanäle, andererseits über Rab3 an synaptische Vesikel. So führt Einstrom von Calciumionen direkt zur Aktivierung von Synaptotagmin. Dies wiederum hebt den durch Complexin bdeingten Block des SNARE/Munc18-Komplexes auf und ermöglicht die Freisetzung des Neurotransmitters. RIM und RIM-BP sind mit Gerüstproteinen der Zelle verknüpft

    Aktive Zonen ( Abbildung) sind Teile der präsynaptischen Membran, mit denen Vesikel fusionieren und hier ihren Inhalt (Transmitter) in den synaptischen Spaltraum freisetzen. Sie liegen rezeptorbeladenen postsynaptischen Membranflächen direkt gegenüber. Die meisten Synapsen im ZNS weisen nur wenige aktive Zonen auf (oft nur eine, manchmal bis zu 20).

Trifft ein Aktionspotential an einer Synapse ein, bedeutet das nicht, dass diese auch Transmitter freigibt: Vielmehr besteht dafür nur eine bestimmte Wahrscheinlichkeit (release probability), die meist deutlich unter 1 (100%) liegt.
Die Wahrscheinlichkeit der Exozytose von Transmitter steigt mit Zahl an aktiven Zonen zwischen der präsynaptischen und der postsynaptischen Zelle. Sie hängt weiters von der vonausgegangenen synaptischen Aktivität ab: Bahnende Synapsen (facilitating synapses) erhöhen die Stärke der postsynaptischen Reaktion auf präsynaptische Erregung, hemmende (depressing synapses) senken sie ab. Ob die Synapse bahnt oder hemmt, hängt auch von der unmittelbaren Vorgeschichte der Erregungsgröße ab; so kann sich bei wiederholter Reizung (Aktionspotentialsalven) zunächst eine "Calciumwolke" im Bereich der aktiven Zone aufbauen und die Wahrscheinlichkeit der Transmitterfreisetzung steigern, später kann es durch Erschöpfung des Vesikelpools zum gegenteiligen Effekt kommen.

Das Protein Unc13
( Abbildung) spielt eine zentrale Rolle bei dem Mechanismus, der die Exozytose organisiert: Es bindet und aktiviert t-SNAREs (Membranproteine) und fixiert gleichzeitig das v-SNARE Synaptobrevin (Vesikel) an die Stelle, wo der Transmitter in den synaptischen Spalt abgegeben werden soll. Zwei weitere Komponenten der aktiven Zone sind RIM (Rab3-interacting molecule) und RIM-BP (RIM-bindung protein). RIM bindet die GTPase Rab3 und befördert synaptische Vesikel in die Nähe spannungssensitiver Calciumkanäle der präsynaptischen  Membran.

Der RIM/RIM-BP-Komplex interagiert auch mit weiteren Proteinen der aktiven Zone, die ihrerseits mit dem Zytoskelett (Actinfäden) interagieren; so ist ein Konnex zum anterograden Molekültransport vom Soma des Neuriten zur präsynaptischen Peripherie gegeben.

SNARE-Proteine beschleunigen die Fusion von Vesikeln mit der Zellmembran - das "Andocken" von Vesikeln an die präsynaptische Membran und die Ausbildung von Poren in der Vesikelwand im Rahmen der Fusion von Vesikel- und Axonmembran - sie "entsperren" den Transmitter, der in Vesikeln gespeichert vorliegt.


Die Aufnahme des Transmitters durch vesikuläre Transmittertransporter wird durch einen niedrigen vesikulären pH-Wert angetrieben, der durch H+-Pumpen aufrechterhalten wird.


   Neurotoxine hemmen die Exozytose (vor allem an der motorischen Endplatte) durch Spaltung von SNARE-Proteinen (Botulinumtoxine A und E SNAP-25, Botulinumtoxin B Synaptobrevin). Das Clostridiengift Botulinumtoxin (Botox) kann therapeutisch verwendet werden, z.B. um Muskelkrämpfen gegenzuwirken (i.m. Injektion bei Spasmen).
 
Die präsynaptische Freisetzung von Acetylcholin wird durch Botulinumtoxin spezifisch gehemmt
 
Auch Tetanustoxin spaltet SNAREs - genauer: Synaptobrevin - und verhindert dadurch die Freisetzung von inhibitorischen Neurotransmittern (Glycin und GABA). Das betrifft die Selbsthemmung der motorischen Vorderhornzellen durch Renshaw-Zellen, und sie werden übererregbar - es treten Muskelkrämpfe auf.
 
Tetanustoxin spaltet Synaptobrevin und verhindert die Glycin-Freisetzung an Renshaw-Zellen
   
Jedes Aktionspotential führt zur Entleerung von einigen hundert Vesikeln, was die Freisetzung von einigen zehntausend Transmittermolekülen bedeutet. Der freigesetzte Transmitter wird anschließend z.T. wiederaufgenommen, z.T. wird neu synthetisierter Transmitter aus dem Soma nachgeliefert (axonaler Transport).

Mehrere Faktoren können präsynaptisch die Menge des freigesetzten Transmitters (pro Aktionspotential) und damit die Intensität der synaptischen Signalübertragung variieren (synaptische Plastizität): Einerseits über den Calciumeinstrom (dieser kann durch präsynaptisch wirkende - axoaxonal freigesetzte - Neuromodulatoren beeinflusst werden; wiederholte Reizung kann den
Calciumeinstrom verstärken - Fazilitation - oder abschwächen - Depression), andererseits durch die Reaktionsstärke der Vesikelfusion pro gegebener Calciummenge.
 

Abbildung: Modell des SNARE-Mechanismus bei synaptischer Vesikelfusion
Nach Südhof TC, A molecular machine for neurotransmitter release: synaptotagmin and beyond. Nature Med 2013; 19: 1227-31

1:  Synaptische Vesikel werden zur Fusionierung vorbereitet. Dieser Schritt involviert Syntaxin (Öffnung der geschlossenen Gestalt) und Chaperone. R-SNAREs wirken als v-SNAREs, Q-SNAREs als t-SNAREs (s. Text)
 
2:  SNARE-Komplexe sind komplettiert, es kommt zur Fusion der Vesikel- mit der präsynaptischen Membran und zur Öffnung von Fusionsporen
 
3:  Die Fusionspore expandiert, Trans- werden zu Cis-SNARE-Komplexen
 
4:  Der SNARE-Komplex zerfällt, die Vesikel werden recycelt.

N = N-ethylmaleimide sensitive fusion protein, eine zytoplasmatische ATPase für die Membranfusion


Die Öffnung der Ca++-Kanäle erfolgt langsamer als die der Na+-Kanäle und kostet 1-2 ms Zeit; Ca++-Ionen strömen erst dann in das präsynaptische Terminal ein, wenn das auslösende Aktionspotential schon weitgehend abgelaufen ist (synaptic delay).

Calciumionen bewirken die Exozytose des Neurotransmitters (elektro-sekretorische Kopplung). Dies ist ein Vorgang von erheblicher Komplexität (SNARE-Zyklus s. Abbildung). Ca++-Ionen aktivieren über Calmodulin und eine Proteinkinase Synapsine - mit dem Zytoskelett verbundene Membranproteine, welche die Stabilität der Vesikel steuern -, was weitere Vesikel für die Transmitterfreigabe vorbereitet.

Die Fusion der Vesikelmembran mit der präsynaptischen Zellmembran dauert nur Bruchteile einer Millisekunde. Bis der Transmitter dann aus den Vesikeln in den synaptischen Spalt freigesetzt ist, braucht es Bruchteile einer Sekunde.
 
Recycling durch präsynaptische Endozytose
  
Für eine verlässliche Synapsenfunktion - insbesondere bei hochfrequenten Aktionspotentialfolgen - ist die Wiederverwertung von synaptischen Vesikeln essentiell. Daher gibt es einen sparsamen Umgang mit diesen Transmitterbehältern, da die Membranbestandteile und involvierten Proteine nicht vor Ort, sondern im Soma der Nervenzelle synthetisiert und in die Peripherie transportiert werden müssen. Für dieses Recycling kommen mehrere Mechanismen in Frage:


Abbildung: Zyklus der synaptischen Vesikel
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Nach der Freisetzung des Transmitters können synaptische Vesikel auf drei Wegen wiederverwendet werden:
 
1a, Kiss-and-run: Nach einer kurzen Öffnung zum Synapsenspalt mit limitiertem Austausch von Lipid- und Proteinmolekülen mit der präsynaptischen Membran bilden sich die Vesikel rasch wieder zurück.
 
1b, Clathrinmediierte Endozytose: Die Vesikelmembran fusioniert vollständig mit der präsynaptischen Membran und wird anschließend mittels des Clathrinapparats wieder zurückgewonnen.
 
1c, Ultraschnelle Endozytose: Die präsynaptische Membran wird rasch endozytiert, dabei entstehen große Vesikel, die über einen Clathrinmechanismus mit Endosomen fusionieren. Protonenpumpen säuren anschließend den Inhalt der Vesikel an, die dann mit Neurotransmitter befüllt werden (2) und sich in den präsynaptischen Vesikelpool einfügen (3). Einige devon rücken zur aktiven Zone vor (4) und fusionieren abermals mit der Membran (5)

Einige Vesikel können sich nach ihrer Entleerung - statt mit der präsynaptischen Membran zu fusionieren - auch wieder rekonfigurieren und in das präsynaptische Zellinnere zurückziehen ("kiss and run"-Mechanismus, 1a in Abbildung). Dabei wird nur ein Teil der im Vesikel gespeicherten Transmittermenge an den Extrazellulärraum freigegeben. Dies spart aber Stoffwechselenergie, weil das Vesikel mehrfach hintereinander zum Einsatz kommt, ohne remodifiziert zu werden. Vor allem geht nur ein kleiner Anteil der Bestandteile der Vesikelmembran an die präsynaptische Zellmembran verloren.

Eine andere Möglichkeit ist eine durch Clathrin vermittelte Rückgewinnung der Membran nach ihrer Fusionierung mit der Zellmembran; sie dauert mehrere Sekunden (1b). Schließlich gibt es auch einen sehr raschen (etwa eine Zehntelsekunde dauernden) Endozytosemechanismus, bei dem sich aus der die aktive Zone begrenzenden präsynaptischen Membran große Vesikel bilden und dann über einen Clathrinmechanismus zu großen synaptischen Endosomen werden, die zur Transmitterspeicherung verwendet werden (1c).
 
Synaptischer Spaltraum
 
Der synaptische Spaltraum ist 20-30 nm weit; er ist Teil des extrazellulären Raums. Die aktive Zone der präsynaptischen Membran verfügt über zahlreiche verschiedene Adhäsionsmoleküle, welche sie an die postsynaptische Membran anheften. Das ist wesentlich, weil dadurch ein konstanter, geringer Abstand für die Diffusion freigesetzter Transmittermoleküle zu den postsynaptischen Rezeptoren und eine möglichst rasche Neurotransmission gewährleistet ist.

Zu den makromolekularen Komplexen zählen (präsynaptisch) Neurexine in diversen Ausführungen (alternatives Splicing), die an verschiedene (postsynaptische) Neurexinrezeptoren - wie Neuroligin - binden (heterophile Bindung, Abbildung). Cadherine binden an Cadherin (homophile Bindung).
 

 Abbildung: Synaptische Molekülnetze
Nach Feng W, Zhang M, Organization and dynamics of PDZ-domain-related supramodules in the postsynaptic density. Nature Rev Neurosci 2009; 10: 87-99

Die Abbildung zeigt die Komplexität molekularer prä / postsynaptischer Verbindungen und Vernetzungen. Präsynaptisch gibt es neben der Exozytose des Transmitters auch calciumabhängige Kinasen.
 
Auf der postsynaptischen Seite finden sich außer Rezeptormolekülen und Ionenkanälen Adapter- und Signalproteine. Mehr als tausend verschiedene Proteine können hier interagieren und ihre Muster je nach Aktivierungsgrad der postsynaptischen Membran verändern.

Die beiden Membranen sind über Adhäsionsmoeküle (Cadherin, Neuroligin, Neurexin, Ephrin, Ephrinrezeptor) miteinander verbunden. Diese Verbindungen werden beständig auf- und abgebaut, je nach Benutzungsintensität der Synapse (vgl. synaptische Plastizität).

  AKAP, Adenylate-kinase anchoring protein, hilft bei der Anordnung von Signalproteinen    BAR, hochkonservierte Proteindomäne    CaCh, Ca++-Kanal    CaMKII, calcium/calmodulin-dependent protein kinase II; an Lern- und Gedächtnisprozessen beteiligte serin / threoninspezifische Kinase    CRIPT, cysteine-rich PDZ-binding protein; interagiert mit Synapsenproteine  EphR, Adrenalinrezeptor    GKAP, guanylate kinase-associated protein; an der Errichtung postsynaptischer Verbindungen beteiligt    GRASP, GRIP-associated protein    GRIP, glutamate receptor interacting protein, Adaptermolekül für zellulären Transport
 
  IP3R, Inositol-1,4,5-trisphosphat-Rezeptor    KCh, K+-Kanal     MAP1A, microtubule-associated protein 1A, wichtig für Neurogenese    L27, Protein-Bindedomäne     mGluR, metabotroper Glutamatrezeptor    nNOS, neuronale NO-Synthase     NMDAR, N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor (Glutamatrezeptor)
 
  PDZ, PDZ-Bindemotiv, mit anderen Proteinen interagierender Proteinteil (Proteininteraktionsdomäne)     PICK1, protein interacting with PRKCA1, Adapterprotein     SER, glattes endoplasmastisches Retikulum     SH3, Interaktionen vermittelnde Proteindomäne    SPAR, spine-associated RAPGA    SV, synaptisches Vesikel     SYNGAP, synaptic Ras GTPase-activating protein, an synaptischer Plastizität beteiligt     TIAM1, T-cell lymphoma invasion and metastasis -inducing protein 1, verknüpft extrazelluläre Signale mit Aktivitäten im Zytoskelett     TRAP, C-terminal receptor-binding region


Solche Brückenbildungen beeinflussen sowohl die Ausbildung (Synaptogenese) als auch die Funktion (Ansprechgeschwindigkeit) von Synapsen. Zu den organisierenden / beeinflussenden Molekülen zählen auch Immunglobuline und Wachstumsfaktoren. Diese steuern Organisation, Entwicklung und Funktion von Synapsen in komplexer Weise. Dazu kommen zusätzliche Einflüsse auf synaptische Aktivitäten durch Gliazellen.
 
Postsynaptischer Apparat
 
Die postsynaptische Membran erscheint elektronenmikroskopisch dicht (postsynaptic density). Im ZNS liegen mehr als 90% aller Synapsen auf Dornenfortsätzen (dendritic spines), die ankommende Information vor allem lokal wirksam machen (postsynaptische "Calciumwolken"). So sind neuronale Afferenzen in Nervenzellen topographisch organisiert
  

Abbildung: Ablauf der Vorgänge an einer Synapse
Nach einer Vorlage bei oxfordscholarship.com

Beispiel peptiderge Synapse: Die Synthese von Neuropeptiden erfolgt durch post-translationale Prozessierung von Vorstufen im Golgi-Apparat; daraus knospen Vesikel mit dem Transmitter, der axonal in die Peripherie gebracht (Transport) und vesikulär gespeichert wird (Speicherung).
 
Aktionspotentiale (Depolarisierung) öffnen Ca++-Kanäle, Calciumionen lösen die Exozytose (Priming - Docking - Fusion) des Transmitters aus. Dieser diffundiert in den synaptischen Spalt und kann postsynaptisch auf G-Protein-gekoppelte Rezepotoren wirken (links) oder auf ionotrope Rezeptoren (rechts). Er kann dann abgebaut (Hydrolyse) oder präsynaptisch wiederaufgenommen werden (Reuptake), oder auch an Autorezeptoren präsynaptisch wirksam werden.
 
Andere Transmitter werden in den Nervenendigungen aus Vorstufen direkt neu gebildet (Syntheseenzyme) und vesikulär gespeichert oder wieder abgebaut. Neuromodulation beeinflusst diese Vorgänge


Nach seiner Freisetzung diffundiert der Transmitter über den synaptischen Spalt, zurück zum präsynaptischen Apparat, oder in den umgebenden Extrazellulärraum. Spezifische Rezeptoren können sowohl postsynaptisch, präsynaptisch (autokrin), und an umgebenden Zellen zu finden sein (parakrine Wirkung). Sie werden nach ihrer Freisetzung abgebaut, zellulär aufgenommen, oder gelangen in Liquor und Blutbahn (und werden dort nachweisbar).

Neurotransmitter treffen postsynaptisch auf mehr als einen Rezeptortyp; man spricht von Rezeptor-Subtypen:

     Für Glutamat (ionotrop) NMDA, AMPA, Kainat, (metabotrop) mGluR1 bis mGluR6

     Für GABA GABAA und GABAB

     Für Acetylcholin muskarinerge (M1 bis M5) und nikotinerge (Muskel, neuronal: α-Bungarotoxin-insensitiv)

     Für Dopamin D1 bis D5

     Für Adrenalin / Noradrenalin α1A bis α1C, α2A bis α2D, ß1 bis ß3

     Für Serotonin 5-HT1A bis 5-HT1F, 5-HT2A bis 5-HT2C, 5-HT3 bis 5-HT7

     Für Histamin H1 bis H4

     Für Opioide µ1 bis µ3, δ1, δ2, κ1 bis κ3

     Für Endocannabinoide CB1 (Gehirn) und CB2 (Körperperipherie)

Zellen können so auf ein und denselben Signalstoff auf verschiedene Art und Weise reagieren, die Antworten können sogar entgegengesetzt sein (z.B. führt Reizung von D1-Rezeptoren zu erhöhter cAMP-Bildung, eine von D2-Rezeptoren hemmt die cAMP-Synthese).
 
     Genaue Kenntnis der Rezeptorverteilungen hat große pharmakologische Bedeutung, da spezifisches Ansprechen bestimmter Rezeptor-Subtypen wesentlich verfeinerte therapeutische Effekte ermöglicht.


Der Transmitter kann postsynaptisch abgebaut oder präsynaptisch wiederaufgenommen werden: Die Zellmembran unterliegt einem steten Recycling. Drei Mechanismen ermöglichen die rasche Beendigung der synaptischen Signalübertragung:

      Diffusion und damit das Absinken der Transmitterkonzentration
 
      Enzymatischer Abbau im Bereich des synaptischen Spalts

      Na+-Gradient-abhängige Aufnahme in den präsynaptischen Neuritenfortsatz (reuptake, recycling) bzw. in benachbarte Gliazellen ( Abbildung unten).

  Praktisch alle Stufen des synaptischen Wirkmechanismus können chemisch beeinflusst werden (Neuropharmaka, Neurotoxine):

    Aufnahmesysteme der Zellmembran (Aufnahme von Transmittervorstufen, Wiederaufnahme fertigen Transmitters)
 
    Natriumkanäle (die Erregbarkeit der Nervenzelle kann durch Lokalanästhetika - oder, spezifischer auf Na+-Kanäle, durch Tetrodotoxin - unterbrochen werden)
 
    Calciumkanäle (Angriffspunkt z.B. von Tetanusroxin, Botulinustoxin)
 
    Synthese- und Abbauenzyme
 
    posttranslationale Reifung, axonaler Transport
 
    vesikuläre Speicherung
 
    Rezeptoren (präsynaptisch, postsynaptisch, unterschiedliche Rezeptortypen)
   
Plastizität: Rezeptoren verändern ihre Ansprechbarkeit gegenüber Signalstoffen - das gilt auch für Neurotransmitter. Das beruht auf mehreren Mechanismen: Up- oder Downregulation; Phosphorylierung / Dephosphorylierung; Verschiebung von rezeptorbeladenen Membranabschnitten zwischen "außen" und "innen".


Die Antworten dieser Rezeptoren unterscheiden sich stark in ihrer Wirkungsdauer: Millisekunden (rasche Transmission: Aminosäuren, cholinerg-
nikotinisch), Sekunden (langsame Transmission: Katecholamine, cholinerg-muskarinisch), Minuten bis Tage (Fazilitation, Depression, Modulation). Je länger die biologische Halbwertszeit, desto deutlicher tritt die endokrine Komponente eines Transmitters in Erscheinung (z.B. Noradrenalin, Vasopressin).

  Fazilitation bedeutet eine kurzfristige (10-100 Millisekunden) Erhöhung, Depression eine Erniedrigung der synaptischen Wirkung nach hochfrequenter Reizung des betreffenden Synapsensystems. Habituation ist eine allmähliche Abschwächung im Rahmen andauernder relativ schwacher (niedrigfrequenter) Reizung.
 
Diese Phänomene erklären sich durch Verstärkung oder Abschwächung der Transmitterfreisetzung und der Rezeptoransprechbarkeit mit jeder folgenden Erregung. Fazilitation und Depression sind Mechanismen der synaptischen Plastizität: Der Abhängigkeit der Übertragungseffizienz in Abhängigkeit von der Vorgeschichte an der Synapse.
 
Augmentation ist eine Verstärkung der Synapsenwirkung über mehrere Sekunden, der Effekt einer posttetanischen Potenzierung kann bis zu mehrere Minuten nach der Reizung anhalten.

Zu posttetanischer Potenzierung und synaptischer Plastizität s. auch dort
 
Neuropeptide werden - zuerst als (Prä-) Propeptide - im Soma der Nervenzelle gebildet (DNA → Transkription → Translation
→ posttranslationale Modifikation), eventuell modifiziert, als Vorläuferpeptide über das Axon peripherwärts transportiert (langsamer anterograder Transport), in Vesikeln (LDCV: Large dense core vesicles) gespeichert und durch Endopeptidasen gespalten. Man kennt mehr als 50 Neuropeptide ( Neuromodulation s. unten).
 
 
Abbildung: Freisetzung, Wirkung und Inaktivierung von Neurotransmittern
Nach einer Vorlage bei Hilal-Dandan / Brunton, Goodman & Gilman's Manual of Pharmacology and Therapeutics, 2nd ed., McGraw Hill Education 2014

Depolarisierung der präsynaptischen Zelle (Eintreffen eines Aktionspotentials) führt zu Ca++-Einstrom und dieser zu Exozytose des Transmitters. Dieser bindet postsynaptisch an G-Protein-gekoppelte oder an Ionenkanal-Rezeptoren, was entsprechende Effekte am postsynaptischen Neuron hervorruft.
 
Präsynaptisch bindet der Neurotransmitter an G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, die dann die Transmitterfreisetzung modifizieren (hemmen oder fördern); oder an Na+-Symporter, die ihn wiederaufnehmen.
 
Gliazellen können Transmitter ebenfalls aufnehmen, falls sie entsprechende Transporter exprimieren


Neurotransmitter werden hingegen nicht nur aus Vorstufen im Soma gebildet (z.B. Dopamin aus Tyrosin) und ebenfalls axonal transportiert, sondern auch nach synaptischer Freisetzung peripher wiederaufgenommen (reuptake), oder hier aus Vorstufen (z.B. Glutamin für Glutamat, Cholin für Acetylcholin) zusammengesetzt. Weiters können extrazellulär auftauchende Neurotransmitter von Gliazellen aufgenommen werden ( Abbildung).
 
Präsynaptische vs. postsynaptische Rezeptoren
 
 
Neurotransmitter können an präsynaptischen (Auto-) oder postsynaptischen Rezeptoren angreifen.
  
 

  Abbildung: Wirkung eines Neurotransmitters an präsynaptischen Rezeptoren
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)

Präsynaptische metabotrope Rezeptoren bilden second messengers. Diese können die Effizienz der Transmitterfreisetzung auf verschiedenen Wegen beeinflussen: Durch direkte Beeinflussung von Ca++-Kanälen oder indirekt durch Wirkung auf K+-Kanäle, was das Membranpotential und damit den Ca++-Einstrom ändert - das hat Auswirkung auf die Länge des Aktionspotentials (rechts). Dauert das präsynaptische Aktionspotential länger, erhöht sich postsynaptisch das EPSP

     Ionotrope Rezeptoren - z.B. nikotinartige cholinerge Rezeptoren - beeinflussen über die Permeabilität von Ionen direkt das Membranpotential und finden sich üblicherweise in der postsynaptischen Membran. Sie wirken rasch (Millisekunden) - begrenzt auf ihr unmittelbares Umfeld - entweder de- (EPSP: exzitatorisch) oder hyperpolarisierend (IPSP: inhibitorisch).

      Metabotrope Rezeptoren - etwa 80% aller Neurotransmitter und Neurohormone - wirken über G-Proteine auf intrazelluläre second-messenger-Mechanismen und funktionieren etwas langsamer (Sekunden). Sie bilden Botenstoffe, die durch Diffusion auch in einiger Entfernung vom aktivierten Rezeptor und unterschiedliche Ionenkanäle beeinflussen können. Oft wirken sie auf die präsynaptische Neuronenendigung und modulieren dort die Freisetzung des Neurotransmitters. So kann z.B. der präsynaptische Einstrom von Ca++ direkt oder indirekt beeinflusst und damit die synaptische Intensität gesteuert werden.
 

Abbildung: Wirkung von Noradrenalin auf präsynaptische Calciumkanäle
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Von einer postganglionär-sympathischen Nervenzelle freigesetztes Noradrenalin bindet an präsynaptische adrenerge α-Rezeptoren derselben Zelle (links). Der dadurch freigewordene βγ-Komplex des G-Proteins diffundiert zu Calciumkanälen in der benachbartern Membran und senkt deren Öffnungswahrscheinlichkeit - beim Eintreffen von Aktionspotentialen strömen weniger Calciumionen in die Zellle ein.
 
Der sinkende Ca++-Spiegel in der präsynaptischen Endigung senkt die Häufigkeit der Vesikel-Exozytose und damit die Freisetzung von Noradrenalin. Die Synapse hat ihre Übertragungseffizienz gesenkt (negative Rückkopplung)


Die Abbildung zeigt das Beispiel der Selbsthemmung adrenerger Synapsen durch Senkung des Calciumeinstroms durch freigesetztes Noradrenalin. So können präsynaptische Nervenendigungen bei anhaltender Aktivität (hoher Aktionspotentialfrequenz) durch negatives Feedback die eigene Freisetzung ihres Neurotransmitters reduzieren - eine synaptische Kurzzeit-Plastizität.

Präsynaptische Axonendigungen können auch metabotrope Rezeptoren (also GPCRs) für Transmitter enthalten, die von anderen Nervenendigungen freigesetzt werden (
Abbildung). So sind sowohl Bahnungs- als auch Hemmeffekte möglich, welche die Synapsenaktivität beeinflussen - je nach Art des Neurotransmitters, der involvierten Rezeptoren, Signalwege und Effektoren (z.B. Enzyme) in der Zielzelle.
 

  Abbildung: Präsynaptische Bahnung und Hemmung
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Links: Metabotrope Beeinflussung der präsynaptischen Membran kann hier eine Bahnung hervorrufen. In diesem Beispiel senkt Serotonin über einen Serotonin-GPCR an der Endigung eines präsynaptischen Neurons die Öffnungswahrscheinlichkeit von Kaliumkanälen und senkt dadurch das Membranpotential (wirkt also depolarisierend).
 
Rechts: Metabotrope Beeinflussung der präsynaptischen Membran kann auch inhibierend wirken. In diesem Beispiel wirkt GABA über GABAA-Rezeptoren die Öffnungswahrscheinlichkeit von Chloridkanälen in der Membran des präsynaptischen Neurons (Mitte) und senkt damit die Depolarisierungsgröße (den Effekt) bei Eintreffen eines Aktionspotentials. Wirkung auf GABAB-Rezeptoren kann die Öffnung von Kaliumkanälen wahrscheinlicher oder diejenige von Calciumkanälen seltener machen; beides hat einen hyperpolarisierenden (inhibitorischen) Effekt 

Werden Kaliumkanäle geschlossen, nimmt das Membranpotential (das durch K+-Ausstrom aufrechterhalten wird) ab und die Membran wird depolarisiert; das erleichtert die Aktivierung spannungsabhängiger Calciumkanäle und regt die Freisetzung des Neurotransmitters an. Man spricht von präsynaptischen Effekten (presynaptic facilitation / inhibition).

An der postsynaptischen Membran können metabotrope Rezeptoren die Amplitude der hervorgerufenen Potentialänderungen (EPSP, IPSP) über Wirkung auf ionotrope Rezeptoren variieren ( Abbildung). Dadurch steuern sie - an Dendriten, Soma, oder Axon - mehrere Größen (Membranwiderstand, Längskonstante, Ruhepotential, Schwellenpotential, Aktionspotentialdauer).
 

Abbildung: Wirkung eines Neurotransmitters an postsynaptischen Rezeptoren
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)

Durch Modulation ionotroper Rezeptoren in der postsynaptischen Membran können metabotrope Rezeptoren über nachgeschaltete Signalwege (G-Proteine) die Öffnungswahrscheinlichkeit ionotroper Rezeptoren und damit die Amplitude postsynaptischer Potentiale verändern

  
    Neuromodulation
  
Neben Neurotransmittern werden von präsynaptischen Fasern auch Cotransmitter freigesetzt, etwa bei hoher Aktivität autonom-nervöser Neurone. Diese Substanzen werden mehr oder weniger als Neuromodulatoren aufgefasst, weil sie die Wirkung des "primären" Neurotransmitters modifizieren können. Dies erfolgt über Wirkung auf dieselben postsynaptischen Rezeptoren, die auch der Neurotransmitter benutzt, und / oder über eigene Rezeptoren. Allgemein kann man Produkte von Nervenzellen, welche die Aktivität anderer Nervenzellen beeinflussen, als natürliche neuroaktive Substanzen (NAS, natural neuroactive substances) bezeichnen.
 

Abbildung: Neuromodulation sympathischer / parasympathischer Signalübertragung
Nach einer Vorlage in Herring / Paterson, Levick's Introduction to Cardiovascular Physiology, 6th ed. 2018

Die Freisetzung von Noradrenalin (NA) und Acetylcholin (ACh) aus postganglionären Neuronen wird angeregt durch Ca++-Ionen, die - insbesondere bei Eintreffen von Aktionspotentialen - durch spannungsgesteuerte Ionenkanäle (graue Boxen) in die Zelle gelangen.
 
Neuromodulatoren können aus Blutgefäßen stammen, z.B. Angiotensin (Ang II) oder C-Typ natriuretisches Peptid (CNP); aus Myozyten, z.B. B-Typ natriuretisches Peptid (BNP); oder aus Neuronen, z.B. Neuropeptid Y (NPY), Galanin (Gal), vasoaktives intestinales Peptid (VIP), oder (intrazellulär) neuronale NO-Synthase (nNOS) bzw. das Aktivatorprotein CAPON (carboxy-terminal PDZ ligand of nNOS).
 
Grüne Pfeile symbolisieren anregende, rote Pfeile hemmende modulatorische Wirkpfade. Neuromodulatoren können auf die Freisetzung oder Aufnahme von Transmittern wirken, autokrin oder parakrin, anregend oder (auto-)inhibitorisch

 
     (Neuro-) Modulation ist die Abänderung neuronaler Aktivität durch Wirkung eines Neuromodulators, meist über metabotrope (G-Protein-gekoppelte) Rezeptoren (z.B. Acetylcholin an muskarinischen Rezeptoren). Neuromodulation beeinflusst die Freisetzung oder Wirkung von Transmittern (die im Millisekundenbereich wirken). Meist wirken neuromodulatorische Synapsen über G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCRs), wie z.B. solche für Katecholamine.

Der Mechanismus läuft in der Regel über veränderte Permeabilität von Kalium- oder
Calciumkanälen via Second-messenger- Mechanismen. Neuromodulation wirkt längerfristig (Sekunden bis Tage) und ist auch bei Gedächtnisprozessen involviert. Neuromodulatoren werden gemeinsam mit "klassischen" Transmittern freigesetzt (Cotransmission).

Neurotransmitter können nachhaltige (bis zu mehrere Tage andauernde) Effekte auslösen, indem sie die Ablesung von Genen (Transkription) und Proteinsynthese (Translation) in der Nervenzelle verändern und so z.B. die Neubildung von Ionenkanälen anstoßen, die dann in die synaptische Membran eingelagert werden und deren Ansprechverhalten auf präsynaptische Stimulation intensivieren.

Als Neuromodulatoren wirken Katecholamine, Serotonin, Acetylcholin, Aminosäuren (Serin) sowie Peptide (Neuropeptide, bisher mehr als 100 bekannt) mit 2 bis 50 Aminosäuren. Neuropeptide werden im Soma synthetisiert und anschließend zum synaptischen Terminal transportiert.
 
Postsynaptische Potentiale, Summation, Genexpression
   
Die Ankunft von Aktionspotentialen an axonalen Enden löst Vorgänge aus, die auf das folgende Neuron exzitatorisch (depolarisierend) oder inhibitorisch (hyperpolarisierend) wirken. An der postsynaptischen Membran verändert sich als Folge der Durchtritt von Ionen und damit das Membranpotential. Die Wirkung kann eine depolarisierende oder hyperpolarisierende , also erregende und hemmende sein.

Kleine Nichtpeptide als Neurotransmitter werden großteils in der Nähe des Synapse synthetisiert, vesikulär gespeichert und bei präsynaptischer Erregung - unter Vermittlung von Ca++-Ionen - in den synaptischen Spaltraum exozytotisch freigesetzt. Dabei entsteht ein docking complex aus verschiedenen Proteinen - Neurexin, Syntaxin, Rab3, Synaptobrevin, Synaptotagmin (s. unten) und ein Transmitter-Transporter ( Abbildung).
 
 
Abbildung: Erregende und hemmende Neurotransmission
Nach einer Vorlage bei Hilal-Dandan / Brunton, Goodman & Gilman's Manual of Pharmacology and Therapeutics, 2nd ed., McGraw Hill Education 2014

Ein Aktionspotential (1. AP) trifft über eine präsynaptische Afferenz an der Synapse ein. Dies führt zur Freisetzung eines Transmitters, der exzitatorisch (oben) oder inhibitorisch (unten) wirkt: Postsynaptisch kommt es zu einer lokalen Depolarisation (2. EPSP) oder Hyperpolarisation (2. IPSP).
 
Der Effekt ist entweder - bei überschwelliger Summation - ein postsynaptisches Aktionspotential (3. Ap) oder ein inhibierter Zustand.
 
Gezeigt ist auch der Anlagerungskomplex, der die Exozytose des Transmitters ermöglicht (Mitte oben) sowie ein postsynaptischer spannungssensitiver Natriumkanal (Mitte unten)


Peptide werden hingegen im Zellsoma gebildet (Translation) und per axonalem Transport in die Peripherie gebracht.

Einzelne postsynaptische Potentiale haben eine kleine Amplitude (0,01-1 mV) und bewirken dementsprechend nicht viel. Summation mehrerer postsynaptischer Potentiale hingegen wirkt sich stärker aus; sie kann die Zelle bis über ihr Schwellenpotenial hinaus depolarisieren und so ein Aktionspotential hervorrufen.
  Wenn z.B. an einem Neuron die Aktivierung einer exzitatorische Synapse das Membranpotential um 1 mV reduziert und das Schwellenpotential 15 mV vom Ruhepotential entfernt liegt, bedarf es an dieser Nervenzelle der Wirkung von mindestens 15 EPSPs, um ein Aktionspotential auszulösen.

Synaptische Bahnung (Facilitation): Um das Schwellenpotential einer Nervenzelle zu erreichen, sind also multiple depolarisierende Einflüsse nötig. Setzen diese an ihren Synapsen depolarisierenden Transmitter frei, so erzeugt das postsynaptisch pro Impuls je eine kleine Ladungsverringerung, ein exzitatorisches postsynaptisches Potential (EPSP). Um ein Aktionspotential auszulösen, müssen mehrere EPSPs wirksam werden - entweder knapp nacheinander (zeitliche Bahnung) oder über mehrere Eingänge gleichzeitig (räumliche Bahnung):
 

Abbildung: Räumliche und zeitliche Bahnung
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Eintreffende einzelne Aktionspotentiale bewirken am betreffenden Dendrit und am Soma des Neurons exzitatorische postsynaptische Potentiale (PSPs), die unterschwellig bleiben (A).

Gelangen Aktionspotentiale über mehrere Eingänge an die Nervenzelle, erhöht deren Einfluss das PSP (räumliche Summation), sodass dieses überschwellig wird und am Axonhügel Aktionspotentiale auslöst, die über das Axon weitergeleitet werden (B, C).

Knapp aufeinander folgende Erregungen können das PSP ebenfalls überschwellig werden lassen (C)
Treffen präsynaptisch mehrere Erregungen knapp hintereinander ein, sind die auf den ersten Impuls folgenden Effekte (Transmitterfreisetzung) verstärkt: Die terminale [Ca++] (im präsynaptischen Zytoplasma) ist nach der ersten Erregung noch erhöht ("Restcalcium"), und es wird beim nächsten Engagement der spannungsgesteuerten Calciumkanäle der präsynaptischen Membran mehr Neurotransmitter freigesetzt. Das verstärkt postsynaptisch den EPSP-Effekt.

Dieses Phänomen wird als eine der Grundlagen für synaptische Plastizität und Kurzzeitgedächtnis gesehen.

  
Ein zweites kurz nach einem vorangehenden EPSP ist größer als das erste, weil die präsynaptisch- zytoplasmatische Ca++-Konzentration noch erhöht ist
 
Das Gegenstück dazu ist synaptische Depression oder Habituation (synaptic depression). Dabei handelt es sich um eine vorübergehende Abnahme der Effizienz, mit der bei Erregung der postsynaptischen Zelle Transmitter freigesetzt wird. Sie wird vor allem an inhibitorischen Synapsen beobachtet und erklärt sich mit einer abnehmenden Transmitterbeladung der Vesikel, üblicherweise infolge starker vorangegangener Entleerung.

Durch Hyperpolarisation wird eine Nervenzelle (oder glatte Muskelzelle) gehemmt und bildet weniger oder keine Aktionspotentiale. Inhibierende Synapsen setzen einen Transmitter frei, der postsynaptisch zu jeweils einem inhibitorischen postsynaptischen Potential (IPSP) führt. Diese Hyperpolarisierung erfolgt meist durch erhöhte Durchlässigkeit für Chloridionen (Einstrom von Anionen), oder auch durch einen Anstieg der Kaliumdurchlässigkeit der Membran (Ausstrom von Kationen). Jedes IPSP trägt dazu bei, das Membranpotential der Nervenzelle zu stabilisieren bzw. zu erhöhen, und sie so gegenüber anregenden Reizen weniger empfänglich zu machen.
 
 
Die meisten Synapsen finden sich an Dendriten, mit einem Axon-Endfortsatz (axonalem Terminal) als präsynaptischem, und einem Dornenfortsatz (dendritic spine) als postsynaptischem Anteil.
 

Abbildung: Abschwächung postsynaptischer Potentiale in Dendriten
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Ein Neuron (oben) sendet Aktionspotentiale, die an Dendriten zweier anderer Neurone eintreffen (unten). Die eintreffenden exzitatorischen postsynaptischen Potentiale (EPSPs) haben identische Größe (obere Registrierungen).
 
Das linke Neuron hat dünne Dendriten mit einer geringen Längskonstante (λ), das rechte dickere mit einem höheren λ-Wert (entsprechende Länge mit "l" angezeigt). Daher ist der Effekt am Axonhügel des linken Neurons schwach (und unterschwellig), an dem des rechten Neurons überschwellig (ein Aktionspotential wird ausgelöst - untere Registrierungen)

Vm, Membranpotential; Abszisse: Zeit

 
Dendriten unterscheiden sich in Länge und Durchmesser, und damit in der Längskonstante (λ): Dicke Dendriten leiten Strom besser (zum Soma) als dünne ( Abbildung). Beispielsweise weist ein Dendrit mit 0,2 µm Durchmesser einen λ-Wert von 0,35 mm, ein Dendrit mit 10 µm Durchmesser (ceteris paribus) einen λ-Wert von 2,5 mm auf - etwa der 7-fache Wert. Damit werden EPSPs dicker Dendriten auch stärker zur Depolarisierung des Axonhügels beitragen als solche an dünnen.

Dazu kommt, dass Dendriten eher stetige Potentiale besser leiten als sich rasch ändernde - sie wirken als Tiefpassfilter: Rasch variierende Potentialsignale haben einen verhältnismäßig geringeren Effekt.

Axonhügel und Auslösung eines Aktionspotentials: Der Betrag des Schwellenpotentials (threshold potential) ist am Axonhügel eines Neurons - der Stelle der Nervenzelle, an der meist Aktionspotentiale entstehen (Triggerzone) - im Allgemeinen um 10-15 mV geringer als der des Ruhepotentials. (Die Membran des Soma und der Dendriten ist weniger erregbar - hier liegt das Schwellenpotential bis zu 30 mV vom Ruhepotential entfernt.) An den Axonhügel schließt sich eine 15 bis 50 µm lange myelinfreie Zone an - der Beginn des Axons ist unmyelinisiert. Durch dieses initiale Segment fließen Reizströme, die eine überschwellige Depolarisation triggern; es dient als "Brennpunkt" für die Entstehung von Aktionspotentialen.

Das Aktionspotential läuft von hier orthodrom über das Axon und dessen Verzweigungen bis zu den Endstücken (axon terminals) mit den präsynaptischen Apparaten; sowie - abgeschwächt - antidrom über das Soma und die Dendriten der Nervenzelle. Die orthodrome Leitung dient der Signalleitung, die Funktion der antidromen ist nicht ganz klar (Löschen laufender Verrechnungsprozesse, Modifikation von Membraneigenschaften, Einfluss auf synaptische Plastizität..?).
 
Ändert sich das Ruhepotential, dann verschiebt sich auch das Schwellenpotential - abhängig vom Spannungsbetrag und von der Geschwindigkeit der Potentialänderung. Depolarisiert man eine Membran langsam, gleitet das Schwellenpotential sozusagen davon ("Akkommodation"); die Depolarisierung muss rasch genug erfolgen, man spricht vom einem Steilheitsbedarf. Bei ausreichender (und ausreichend rascher) Depolarisation über das Schwellenpotential hinaus wird das postsynaptische Neuron erregt und bildet ein Aktionspotential.
 
Postsynaptische Depolarisierung kann die Expression von Genen anregen. Neben kurzfristigen Potentialänderungen an der postsynaptischen Membran (über ionotrope Rezeptoren für Millisekunden, über metabotrope für Millisekunden bis Sekunden) können Neurotransmitter auch bewirken, dass im postsynaptischen Apparat neue Gene exprimiert werden ( Abbildung). Diese Wirkung hält wesentlich länger an (vgl. auch dort).
 

Abbildung: Signalwege von der Synapse zum Zellkern
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Die dargestellten Signalwege führen zur Phosphorylierung von CREB.
 
Bindet Glutamat an NMDA-Rezeptoren der postsynaptischen Membran (auf Dornenfortsätzen der Dendriten), strömen Calciumionen in die Zelle ein. Die resultierende Depolarisierung öffnet weiters spannungsabhängige Calciumkanäle des Dendriten, die intrazelluläre [Ca++] steigt an. Auch aus dem endoplasmatischen Retikulum treten Calciumionen durch Ryanodinrezeptoren (calciumsensitive Calciumkanäle) in das Zytoplasma ein.
 
An Calmodulin gebundenes Ca++ aktiviert CaM-Kinasen, Rsk (Ras-MAP-Kinase) und Proteinkinase A (über cAMP). Diese Faktoren führen zu Phosphorylierung von CREB, welches anschließend Zielgene mit CREs in entsprechenden Promotoren anregt


Die verschiedenen in der  Abbildung gezeigten Signalwege von der Synapse bis zur Freigabe der Transkription diverser Gene im Zellkern des Zielneurons involvieren gemeinsam erhöhte Calciumspiegel, haben aber unterschiedliche funktionelle Eigenschaften. So funktioniert der Calmodulin-Kinase-Weg rasch (innerhalb von Minuten nach der Depolarisierung kommt es zur Phosphorylierung von CREB), während sich die Wirkung des MAP-Kinase-Weges über Stunden hinzieht. Außer CREB können weiters andere calciumsemsitive Transkriptionsfaktoren an unerschiedliche Promotorregionen binden.

So kann die
(präsynaptische) neuronale Aktivität über verschiedene Signalwege (postsynaptisch) auf den Zellkern des Zielneurons wirken und nicht nur direkt dessen Transkriptionsmuster beeinflussen, sondern auch epigenetische Modifikationen vornehmen - über Enzyme, welche die Methylierung der DNA und posttranslationelle Modifikation der Histone (Methylierung / Demethylierung, Acetylierung / Deacetylierung) regeln und so - über die Zugänglichkeit zu Gensequenzen -  das Muster der Genexpressionen beeinflussen. Das hat längerfristige Folgen für die Funktion der betroffenen Nervenzellen.
 
Entfernung des Transmitters aus dem synaptischen Spaltraum

Wie geht es mit dem Transmitter weiter? Transmittermoleküle werden nach ihrer Freisetzung vom präsynaptischen Apparat
 
  
   teils an Rezeptoren gebunden,

      dann endozytiert und abgebaut;

      teils werden sie präsynaptisch gebunden (können dort auch negativ rückkoppelnd wirken) und

      wieder aufgenommen (recycling);

      teils diffundieren sie in den Extrazellulärraum weiter und werden z.T. dort enzymatisch inaktiviert,

      oder mit dem Kreislauf weitertransportiert und können so - auf größere Distanz - auch neuroendokrin aktiv werden.

In den synaptischen Spaltraum freigesetzte Transmitter müssen rasch wieder entfernt werden, um die Signalübertragung nicht zu blockieren (längere Bindung an Rezeptoren führt rasch zu deren Herunterregulierung) und postsynaptische Refrakterität zu vermeiden. Das erfolgt durch Diffusion in die Umgebung (im Gehirn wegen der engen Nachbarschaft zu anderen Synapsen kein besonders effizienter Mechanismus), enzymatischen Abbau, sowie Wiederaufnahme (reuptake) in den präsynaptischen Apparat - der wichtigste Mechanismus für die rasche Entfernung kleiner Neurotransmitter.

Diese Transporter für Aminosäuren und biogene Amine weisen spezifische Funktion, Lokalisation und Pharmakologie auf. Sie nutzen Symport mit Na+ (neurotransmitter sodium transporters), manche zusätzlich K+-, Cl-- oder H+-Transport. Beispielsweise wird ein Glutamatanion zusammen mit 3 Na+ und 1 H+ gegen Austausch mit 1 K+ befördert (was den Import von zwei positiven Ladungen bedeutet - das Membranpotential unterstützt diesen Austausch).
  
   Kokain blockiert die präsynaptische Wiederaufnahme von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin und verlängert ihre Wirkung; das Antidepressivum Fluoxetin inhibiert selektiv die Aufnahme von Serotonin.

Die synaptische Konzentration von Glutamat wird auf mehrfache Weise reguliert: Es wird von Gliazellen aufgenommen, zu Glutamin umgewandelt und Nervenzellen in dieser Form wieder zur Verfügung gestellt (diese bilden daraus neues Glutamat). Acetylcholin wird im synaptischen Raum von Acetylcholinesterase aufgespalten; das resultierende Cholin kann präsynaptisch aufgenommen und wiederverwertet werden. Aminotransmitter werden teils wiederverwendet, teils durch die Enzyme MAO und COMT abgebaut.

Neuropeptide verschwinden aus dem synaptischen Spaltraum relativ langsam; sie werden durch extrazelluläre Peptidasen abgebaut.

Das Glutamatsystem
 
   Glutamat ist der führende (exzitatorische) Transmitter des Gehirns - man schätzt, dass jede zweite Synapse im Gehirn glutamaterg ist. Glutamat ist nicht nur Transmitter, sondern (zusammen mit Asparagin) auch wichtiger Baustein zerebraler Proteine. Es ist über α-Ketoglutarat mit dem Citratzyklus verknüpft und kann zu Glutamin amidiert werden (auf diese Weise wird aus dem Gehirn Ammoniak entfernt).

Glutamat wirkt auf verschiedene (rasche und langsame) postsynaptische Mechanismen (Divergenz), und zwar über vier Klassen von Rezeptoren (eine metabotrope: mGluR, drei ionotrope: AMPA-, NMDA-, Kainat-R). Die Rezeptoren sind (wie auch andere Rezeptortypen) mittels Adapterproteinen wie PSD-95 mit dem Zytoskelett und miteinander verknüpft. Das erleichtert das Clustering - die Ausbildung von Rezeptorgruppen - in der Membran.
 
Ionotrope Glutamatrezeptoren Metabotrope Glutamatrezeptoren Glutamattransporter
 
Ionotrop
 
  NMDA - N-Methyl-D-Aspartat - Aminosäurederivat >
  <AMPA - Aminohydroxy-Methyl-Isoxazol-Propionsäure - Chemikalie
Kainsäure - pflanzliches Analogon der Glutaminsäure >
 
Ionotrope Glutamatrezeptoren, die nach Rezeptor-Agonisten - AMPA, NMDA und Kainat - bezeichnet worden sind (diese Pharmaka wirken spezifisch - sie kommen im Körper nicht vor, die Rezeptoren wurden aber nach ihnen benannt), wirken depolarisierend (exzitatorisch). Sie gehören zu einer umfangreichen Gruppe von Rezeptoren (inklusive cholinerge, GABA-, Glycin-, ATP-Rezeptoren), deren Gene auch unterschiedlich gespleißt werden - daraus ergibt sich eine beträchtliche Vielfalt spezialisierter Rezeptoren.
 

Abbildung: Ionotrope Glutamatrezeptoren (mit direktem Gating)
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)

Der Rezeptorkomplex ist tetramer, seine 4 Untereinheiten haben je 3 transmembranale α-Helices und eine Aminosäureschleife, die in die Membranebene reicht und wesentlich zum Aufbau des zentralen Ionenkanals beiträgt. Einige dieser ionotropen Rezeptoren verfügen über mehr als nur eine Bindungsstelle (bis zu 4) für Glutamat, was die Bindungskinetik komplizierter macht (es kann mehr als nur einen Öffnungszustand mit entsprechend definierter Leitfähigkeit geben).
 
Links: Der AMPA / Kainat-Rezeptortyp bindet Glutamat (Glu) und gibt den Kanal für die Passage von Kationen (Na+, K+) frei. Da der Natriumgradient dominiert, bewirkt die Kanalöffnung bei einem Membranpotential in der Nähe des Ruhepotentials vor allem einen Natriumeinstrom; damit steht der depolarisierende Effekt im Vordergrund.
 
Rechts: Der geöffnete NMDA-Rezeptor lässt
Na+, K+ und Ca++ passieren. Er verfügt über Bindungsstellen nicht nur für Glutamat, sondern auch für Glycin (Gly), Zink, Magnesium, Phencyclidin (PCP). Jede dieser Substanzen beeinflusst den Rezeptor in spezifischer Weise

Ionotrope Glutamatrezeptoren sind tetramer, sie bestehen aus vier Subabschnitten mit jeweils einer membranständigen Helix, die um einen zentralen Kanal angeordnet sind. Der AMPA-Rezeptor ist in 4, der Kainatrezeptor in 5 verschiedenen Genen codiert. AMPA- und NMDA-Rezeptoren werden in der postsynaptischen Membran durch Proteine organisiert, die Teil der postsynaptischen Verdichtungszone (postsynaptic density) sind. Hier befinden sich u.a. TARP (transmembrane AMPA receptor regulatory proteins) und das postsynaptic density protein PSD-95 (95 kDa), die mit Glutamatrezeptoren interagieren.
 

Abbildung: NMDA-Glutamatrezeptor
Nach: Smith SB, Diabetic Retinopathy and the NMDA Receptor. Drug News Perspect 2002; 15: 226-32

Extrazelluläre Magnesiumionen (auch andere zweiwertige Kationen) blockieren den Ionenkanal, verlassen ihn aber bei Bindung von Glutamat(agonisten).
 
Ligandengesteuerte Koaktivierung des NMDA-Glutamatrezeptors benötigt zusätzlich zu Glutamat oder Aspartat auch Glycin oder Serin. Unterschiedliche Kombinationen von Isoformen solcher Bindungsstellen verleihen dem Rezeptor unterschiedliche Eigenschaften.
 
Der Rezeptorkanal gestattet den Einstrom von Natrium- und den Ausstrom von Kaliumionen. Der Einstrom von Calciumionen  ist bedeutsam für synaptische Plastizität, Lernen und Gedächtnis.
 
Der Zustand des Rezeptors wird durch eine Vielzahl psychoaktiver Drogen beeinflusst, Antagonisten können z.B. halluzinogen wirken (MK 801 = Dizocilpin, PCP = Phencyclidin - beides  NMDA-Blocker)


Die Mehrzahl der glutamatergen Synapsen bilden EPSPs  (exzitatorische postsynaptische Potentiale), die aus zwei Komponenten bestehen (folgende Abbildung). Diese unterscheiden sich in Ionenbeteiligung, Abhängigkeit von der Membranspannung, Kinetik und pharmakologischem Profil. Auch dienen sie im Gehirn unterschiedlichen Funktionen. Ionotrope Glutamatrezeptoren sind aus einem "Bausatz" von 14 verschiedenen Untereinheiten zusammengefügte Heterotetramere: Je vier davon sind jeweils um einen zentralen Ionenkanal angeordnet.
   

Abbildung: Glutamat-getriggerte Ionenkanäle
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

An den meisten glutamatergen Synapsen wirken zwei Rezeptortypen bei der Bildung eines EPSP zusammen: AMPA-Ionenkanäle, die eine rasche, und NMDA-Kanäle, die eine langsame Komponente beisteuern - mit unterschiedlicher Beteiligung:
 
Links oben: Bei einem stark negativen Ruhepotential (hier
~-75 mV) beteiligen sich die NMDA-Rezeptoren kaum an der Entstehung des EPSP (grün: Anteil AMPA, orange: Anteil NMDA, rot: Gesamtkurve des EPSP).
 
Rechts oben: Bei einem weniger stark negativen Ruhepotential (hier ~-40 mV) beteiligen sich zahlreiche NMDA-Rezeptoren am EPSP.
 
Links unten: AMPA-Rezeptoren öffnen bei Anlagerung von Glutamat, unabhängig vom Betrag des Ruhepotentials. Ist dieser hoch (Registrierung links oben), bleiben die NMDA-Rezeptoren durch Magnesiumionen blockiert.
 
Rechts unten: Ist der Spannungsbetrag des Ruhepotentials gering (Registrierung rechts oben), aktiviert Glutamat auch NMDA-Kanäle, die Calciumionen in die Zelle lassen (auch Natrium, und Kalium aus der Zelle).
 
NMDA-Kanäle haben eine langsamere Kinetik als AMPA-Kanäle
  

       AMPA (α-amino-3-hydroxy-5-methylisoxazole-4-propionic acid) -Rezeptoren finden sich in den meisten exzitatorischen Synapsen des Gehirns, wo sie die Mehrzahl der L-Glutamat-Rezeptoren darstellen. AMPA-Rezeptoren steuern die rasche Komponente des Glutamateffekts (Millisekunden) bei. Da sie sowohl für Na+ als auch K+ (annähernd gleich gut) durchgängig sind, liegt ihr Gleichgewichtspotential nahe beim Spannungs-Nullpunkt, d.h. es kommt vom Ruhepotential aus zu Depolarisation: Exzitatorische postsynaptische Potentiale (EPSPs).

        Kainat-Rezeptoren (für Kainat - Salz der Kainsäure - zuerst in einer Meeresalge entdeckt, ein Strukturanalog der Glutaminsäure) beteiligen sich an glutamatbedingten EPSPs. Sie finden sich an spezifischen Neuronentypen und auch an präsynaptischen glutamatergen und GABAergen Axonterminals (wo sie die Transmitterfreisetzung fördern).

Kainat-Rezeptoren sind (wie AMPA-Rezeptoren)
ebenfalls durchgängig für Na+ und K+, sie wirken depolarisierend. Wegen ihrer Ähnlichkeit werden AMPA- und Kainat-Rezeptoren auch als Nicht-NMDA-Rezeptoren zusammengefasst.
 
        NMDA (N-methyl-D-aspartic acid) -Rezeptoren sind für Kationen (Ca++ - das unterscheidet sie von AMPA-Rezeptoren -, Na+, K+) permeabel. Sie haben eine langsamere Kinetik als AMPA-Kanäle, und ihr Öffnungsverhalten hängt nicht nur von der Bindung des Agonisten ab, sondern auch von der Membranspannung; damit stellen sie eine Sonderform ionotroper Rezeptoren dar.

NMDA-Rezeptoren spielen eine wichtige Rolle für synaptische Plastizität und Lernfähigkeit.
Ihre Steuerung über das Membranpotential ist eine Besonderheit, denn sie funktioniert nicht (wie bei anderen spannungsgesteuerten Ionenkanälen) über eine Konformationsänderung: Vielmehr werden bei einem Ruhepotential >70 mV Magnesiumionen durch die negative Ladung an der Membraninnenseite angezogen, lagern sich tief im Kanal an dessen Wand an und blockieren ihn. In diesem Zustand ist eine Anlagerung von Glutamat nicht in der Lage, den Kanal zu öffnen.

Sinkt das Ruhepotential unter etwa 60 mV (
typischerweise über Aktivierung von AMPA- / Kainat-Rezeptoren), erfolgt eine elektrostatische Abstoßung des Mg++; nun können Na+, K+ und Ca++ durch den Kanal diffundieren. Der Ionenkanal verhält sich gegenüber diesen Ionen nichtselektiv, die Diffusion von Calciumionen ist aber wegen des hohen Konzentrationsgefälles besonders intensiv. Intrazellulär steigt [Ca++] stark an, [Na+] und [K+] ändern sich hingegen kaum. Ca++ beeinflussr das Öffnungsverhalten verschiedener Ionenkanäle, aktiviert zahlreiche Enzyme und die Transkription von Genen. Die Aktivierung intrazelluläree Signalwege führt u.a. zum Einbau zusätzlicher AMPA-Rezeptoren in die postsynaptische Membran.
 
      Der NMDA-Kanal ist also sowohl transmitter- als auch spannungsgesteuert. Die Ionenströmung duch den NMDA-Rezeptorkanal ist am stärksten, wenn zwei Faktoren zusammenkommen: Bindung des Transmitters (Glutamat) und Depolarisierung der Membran. Insoferne kann der NMDA-Rezeptor als "Koinzidenzdetektor" fungieren - wenn sowohl die präsynaptische als auch die postsynaptische Zelle erregt ist.

Durch den relativ langsamen Zeitverlauf des gesamten Vorgangs verlängern NMDA-Rezeptorkanäle weiters EPSPs oder IPSPs.

 
NMDA-Kanäle sind ionotrope Glutamatrezeptoren
 
Weiters werden als Cofaktoren Glycin oder Serin benötigt, sowie die Anwesenheit von Zinkionen (
Abbildung oben). Serin ist eine Aminosäure, die von Nervenzellen als Neuromodulator verwendet wird:
Zwei der vier Untereinheiten des Glutamatrezeptors haben Bindungsstellen für Glutamat, zwei für Glycin und D-Serin ( Abbildung oben). Dabei existieren unterschiedliche Isoformen der Glutamat- und der Serin-Bindungsstellen, die ontogenetisch unterschiedlich kombiniert werden, sodass der Rezeptor abhängig von der Entwicklungsphase und von der Lage im Gehirn entsprechend spezifische funktionelle Eigenschaften aufweisen kann.
Zinkionen werden zusammen mit Glutamat in präsynaptischen Vesikeln gespeichert und von dort freigesetzt; Serin stammt aus Astrozyten, seine verstärkende Wirkung auf die NMDA-Rezeptoren (über die Bindungsstellen für Glycin) könnte zur Festigung von Engrammen beitragen.

  Zur langsamen Komponente des Glutamateffekts siehe synaptische Plastizität und Langzeitpotenzierung
  
Metabotrop
  
G-Protein-gekoppelte metabotrope Rezeptoren (mGluR) werden aufgrund von Struktur, pharmakologischen Eigenschaften und second-messenger-Signalwegen eingeteilt in
 
    Gruppe I: Diese aktivieren die Kette Phospholipase C → IP3 → Ca++-Freisetzung, DAG → Proteinkinase C
 
    Gruppe II und III: Sie hemmen die Adenylylcyclase → cAMP sinkt.
 
 
Abbildung: Aktivierung eines metabotropen Glutamatrezeptors
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)

Die Wirkung erfolgt über ein GTP-bindendes G-Protein, dieses interagiert mit einem Effektormolekül, das wiederum metabolische und Ionenkanal-Aktivitäten beeinflusst


     Metabotrope Glutamatrezeptoren können sowohl depolarisierend (exzitatortisch) als auch hyperpolarisierend (inhibitorisch) wirken, je nach Umkehrpotential des jeweils regulierten Ions bzw. ob sie Kanäle öffnen oder schließen.

Das am Rezeptor “empfangene” Signal wird dabei verstärkt. Viele Transmitter im Gehirn benutzen metabotrope Mechanismen die auch von zahlreichen Medikamenten beeinflussbar sind.
 
Glutamattransporter
 

Glutamat wird von Glutamattransportern - diese finden sich an Nerven- und Gliazellen - aus dem Extrazellulärraum wieder entfernt ( Abbildung). Glutamattransporter nützen vor allem den Natriumgradienten (extrazellulär 140 mM, intrazellulär 12 mM) zum Import von Glutamat (gegen dessen Konzentrationsgefälle); so befördern sie 3 Na+-Ionen und ein Proton (H+) in die Zelle und ein K+-Ion aus der Zelle. Ein Glutamatmolekül wird in diesem Fall also zusammen mit insgesamt fünf anderen Ionen durch den Transporter bewegt (sodium and potassium coupled glutamate transporters).
 
  
Abbildung: Lokales Glutamin-Glutamat-System und "tripartite" Synapse
Nach einer Vorlage in T. Williams: Autism spectrum disorders - from genes to environment, Intech 2011

 Prä- und postsynaptische Membranen können in unmittelbarer Nähe zu Gliazellen positioniert sein (dreiteilige Synapse), welche den Transmitter (Glutamat) aufnehmen und über Endfüßchen an das präsynaptische Neuron recyceln


Dieser komplizierte Kopplungsmechanismus stellt sicher, dass Glutamat fast vollständig aus dem synaptischen Spaltraum entfernt wird. Das ist wegen der potentiellen Gefahr einer Glutamat-Exzitotoxizität wesentlich: Extrazelluläre [Glutamat]-Werte von ~1 µM führen bereits zu Übererregung der Nervenzellen durch erhöhten Ca++-Einstrom. Die Entfernung von Glutamat aus dem synaptischen Spaltraum reguliert den Erregungspegel des Nervengewebes.

Zerebrale Ischämie / Hypoxie reduziert die Aktivität der Na/K-ATPasen, senkt den extrazellulären Natrium- und den intrazellulären Kaliumspiegel. Damit nimmt auch die Triebkraft für den Glutamat-Import ab, das von Nervenzellen freigesetzte Glutamat reichert sich in der extrazellulären Flüssigkeit an und wirkt exzitotoxisch.

 
Die Umwandlung Glutamat → Glutamin erfolgt vor allem in Gliazellen durch die Glutamat-Ammonium-Ligase (früher Glutaminsynthetase); die Umwandlung Glutamin → Glutamat hauptsächlich in Nervenzellen, durch Wirkung der Glutaminase (dabei entsteht Ammoniak).

Glutaminzyklus: Freigesetztes Glutamat wird von Gliazellen zu Glutamin verwandelt und von der Nervenzelle wieder aufgenommen (folgende
Abbildung).

Es gibt mehrere Glutamat-Transporter, die sich - z.B. durch Neuropharmaka - unterschiedlich beeinflussen lassen:

       VGLUTs: vesicular glutamate transporters

       EAATs: excitatory amino acid transporters

       Glutamat-Cystein-Austauscher

   
   Über Acetylcholin, Katecholamine, Serotonin, Histamin, ATP, Opioide und Prostaglandine s. dort

       Über zentralnervöse noradrenerge, serotoninerge, dopaminerge und cholinerge Systeme s. dort

 
Inhibitorische Neurotransmitter
 
GABA (γ-Aminobuttersäure) und die Aminosäure Glycin sind inhibitorische Neurotransmitter. Sie dienen sowohl direkter Hemmung (durch Hyperpolarisierung) als auch zur Disinhibition, z.B. bei der Bearbeitung von Sinnesreizen (Sensorik) oder im Bereich des Kleinhirns und der Basalganglien (Motorik).
 
     Unter Disinhibition versteht man die Abschwächung einer hemmenden neuronalen (Spontan-) Aktivität, z.B. im Bereich der Basalganglien. Dadurch können "nachgeschaltete" anregende neuronale Muster freigegeben werden, z.B. von Bewegungsabfolgen im Thalamus.

GABA wird durch Glutamat-Decarboxylase aus Glutamat gebildet und (w
ie auch andere Transmitter) nach seiner Freisetzung teils abtransportiert und abgebaut, teils wieder in die präsynaptische Zelle aufgenommen (reuptake) und wiederverwendet ("GABA-shunt", Abbildung).
 

Abbildung: Wiederverwertung von GABA (transmitter uptake & release)
Nach einer Vorlage bei what-when-how.com/neuroscience

Die Neurotransmitter GABA (γ-Amino-Buttersäure) wird durch Glutamat-Decarboxylase aus Glutamat hergestellt; beide werden präsynaptisch vesikulär gespeichert.
 
Gliazellen (Astrozyten) nehmen freigesetztes GABA auf und stellen dem präsynaptischen Neuron Glutamin für die Transmittersynthese zur Verfügung. Auch freigesetztes Glutamat wird in Gliazellen aufgenommen, zu Glutamin verwandelt und von der Nervenzelle wieder aufgenommen (Glutaminzyklus).
 
Die Umwandlung Glutamat → Glutamin erfolgt durch die Glutaminsynthetase (hauptsächlich in der Gliazelle); die Umwandlung Glutamin → Glutamat durch die Glutaminase (hauptsächlich in der Nervenzelle)


GABA ist der führende inhibitorische Transmitter im Zentralnervensystem (Blockade der GABA-Synthese bewirkt Krampfanfälle), vor allem an Interneuronen. Etwa 30% aller zerebralen Synapsen arbeiten GABAerg; viele davon haben Peptid-Kotransmitter.
 
GABA-Rezeptoren
Glycinrezeptoren
 
Rezeptoren
:
Wie Glutamatrezeptoren, sind auch GABA- und Glycinrezeptoren pentamer aufgebaut. Ihre fünf Untereinheiten (bezeichnet als α, β, γ usw)  umgeben den zentralen Ionenkanal; jede davon hat eine große extrazelluläre ligandenbindende Domäne, gefolgt von 4 membrandurchspannenden α-Helices (M1-M4).

Im Gegensatz zu den (sonst ähnlich aufgebauten) nikotinischen Acetylcholinrezeptoren sind ihre Ionenkanäle mit neutralen oder positiv geladenen basischen Gruppen ausgekleidet, was ihre Spezifität für Anionen erklärt (nikotinische Rezeptorenkanäle haben negativ geladene saure Gruppen).

 
GABA-Rezeptoren
 
GABA wirkt sowohl über ionotrope als auch über metabotrope Rezeptoren:
  Ionotrope Rezeptoren (GABAA) sind die im Körper am häufigsten vorkommenden GABA-Rezeptoren. Jeder der pentameren Rezeptoren besteht aus Untereinheiten, deren Bauplan von jeweils eigenen Genen codiert wird und aus deren Repertoire die Rezeptoren unterschiedlich kombiniert sein können. Dieser "Bausteinset" besteht aus
 
    Sechs Typen von α-Untereinheiten (GABRA1 bis GABRA6)
    Drei Typen von β-Untereinheiten (GABRB1 bis GABRB3)
    Drei Typen von γ-Untereinheiten (GABRG1 bis GABRG3)
    Eine δ-Untereinheit (GABRD)
    Eine ε-Untereinheit (GABRE)
    Eine π-Untereinheit (GABRP)
    Eine θ-Untereinheit (BABRQ)
 
Daraus ergibt sich eine enorme Zahl an Kombinationsmöglichkeiten (Isoformen) mit spezifischen Eigenschaften. Beispielsweise kann man alleine im Hippocampus etwa 20 verschiedene GABAerge Neuronen unterscheiden; die Kleinhirnrinde verfügt über verschiedene sehr spezielle GABAerge Zellen. Auch die Zahl der Substanzen, die pharmakologisch zur Beeinflussung von GABA-Rezeptoren verwendet werden, ist sehr groß.


Abbildung: GABAA-Rezeptor (schematisch)
Nach einer Vorlage bei Jerrold S. Meyer / Linda F. Quenzer, Psychopharmacology: Drugs, the Brain, and Behavior, 2nd Ed, Sinauer Associates 2013

Der Rezeptor verfügt über Bindungsstellen für den Transmitter (Gamma-Aminobuttersäure) sowie Pharmaka wie Barbiturate, Benzodiazepine oder neuroaktive Steroide (Geschlechtshormone)


 
  Über GABAA-Rezeptoren wirken Pharmaka, die sich nicht an die GABA-Bindungsstelle, sondern an andere Rezeptorareale anlagern ( Abbildung) und die Eigenschaften des Ionenkanals allosterisch verändern. Die Rezeptoren können ganz unterschiedliche Empfindlichkeit für diese Modulatoren haben (die Untereinheiten des Rezeptors können verschieden kombiniert sein). Benzodiazepine (z.B. Diazepam [Valium]) und Barbiturate (z.B. Phenobarbital) regen GABAA-Rezeptoren an (Bildung von IPSPs), daher ihr suppressiver Effekt auf das Gehirn. Diese Substanzen wirken für sich alleine kaum, aber zusammen mit GABA auf den Rezeptor. Beispielsweise erhöhen Benzodiazepine die Frequenz der Kanalöffnungen, Barbiturate und einige Steroide deren Dauer usw.
 
Eine Unterklasse GABA-
gesteuerter Chloridkanäle, die ausschließlich aus ρ-Untereinheiten (3 Untertypen, ρ1 - ρ3) aufgebaut sind (die in GABAA-Rezeptoren nicht vorkommen), wurde früher als GABAC-Rezeptor bezeichnet und heißt jetzt GABAA-ρ-Rezeptor. Sie werden von Zellen der Netzhaut, in der Hypophyse, den colliculi superiores und im Rückenmark exprimiert und regieren intensiv auf GABA, nicht aber auf allosterische Modulatoren des Ionenkanals wie Barbiturate oder Benzodiazepine.

Postsynaptisch
öffnen ionotrope GABA-Rezeptoren Chloridkanäle, rufen IPSPs hervor und wirken daher inhibitorisch, präsynaptisch wirken sie als Autorezeptoren und hemmen die Transmitterfreisetzung.
 
GABAA-Rezeptoren öffnen Chloridkanäle und reduzieren die postsynaptische Erregbarkeit
    
Die Öffnung von Chloridkanälen bewirkt einen postsynaptischen Effekt, der vom aktuellen Membranpotential abhängt. Da das Gleichgewichtspotential für Chloridionen bei Nervenzellen bei -70 bis -80 mV liegt, hat die Öffnung von Cl--Kanälen keinen Effekt, wenn das Membranpotential diesen Wert aufweist; ist es niedriger, kommt es zu einer Erhöhung (hyperpolarisierend - IPSP), und wenn es höher ist, zu einer Senkung des Membranpotentials (depolarisierend - EPSP).

Der hemmende GABA-Effekt setzt demnach ein Membranpotential voraus, das weniger als -70 bis -80 mV beträgt (Ruhepotential von Nervenzellen etwa -65 mV). Hat das Membranpotential denselben Betrag wie das Chlorid-Gleichgewichtspotential, verändert eine Öffnung von Chloridkanälen das Membranpotential nicht, kann aber dennoch einen inhibitorischen Effekt haben - in dem Sinne, dass sie den Beitrag am Neuron wirkender depolarisierender Synapsen in Summe reduziert (gewichtetes Mittel aller Synapseneinflüsse). Das Neuron wird weniger depolarisiert, das Membranpotential stabilisiert. Spontanaktive Zellen senken ihre Aktionspotentialfrequenz, wenn an ihnen Chloridkanäle geöffnet werden.

Es kann vorkommen, dass Neurone, die stark erregt sind, ihren intrazellulären Chloridspiegel verdoppeln. Das hebt das Cl--Gleichgewichtspotential an und kann zur Folge haben, dass die Öffnung von Chloridkanälen Cl- ausströmen lässt und die Zelle depolarisiert.

    Metabotrope Rezeptoren (GABAB) finden sich im Zentralnervensystem und im peripheren autonomen Nervensystem. Sie funktionieren als Dimere (zwei septahelikale Untereinheiten B1 und B2 sind über ihre intrazellulären Enden aneinander gekoppelt und müssen kooperieren): GABA wirkt hier nur durch Bindung an B1, was eine allosterische Veränderung an B2 mit Kopplung an G-Protein zur Folge hat.

GABAB-Rezeptoren
  erhöhen über Gi die Offen-Wahrscheinlichkeit von K+-Kanälen (GIRKs) -  das nähert das Membranpotential des Neurons an das Kalium-Gleichgewichtspotential an
  senken die Offen-Wahrscheinlichkeit von Ca++-Kanälen via Reduktion der Aktivität der Adenylylcyclase.
 
Der Gesamteffekt ist eine Stabilisierung des
Membranpotentials, Reduktion der Entladungsfrequenz und der Freisetzung des Neurotransmitters des betreffenden Neurons: GABAB-Rezeptoren haben einen inhibitorischen Effekt.
 
  Auf GABAB-Rezeptoren wirkt eine Vielzahl von Agonisten (z.B. das muskelrelaxierende GABA-Analog Baclofen), Antagonisten und allosterisch wirksame Modulatoren.
  
Glycinrezeptoren
    Glycin ist eine Aminosäure, die - vor allem in Rückenmark, Hirnstamm und in der Netzhaut - über Glycinrezeptoren wirkt, z.B. an motorischen Vorderhornzellen (Renshaw-Selbsthemmung). Glycin wirkt meist inhibitorisch, indem es (wie GABAA-Rezeptoren) Chloridkanäle öffnet ( Abbildung). Die Rezeptoren sind aus α- und β-Untereinheiten aufgebaut.
 
 
Abbildung: Glycinrezeptor
Nach einer Vorlage bei biochem.uni-erlangen.de

Das an inhibitorischen Synapsen essentielle Protein Gephyrin vermittelt Clustering, Stabilisierung (für Interaktion mit dem Zytoskelett) und Verfügbarkeit (Plastizität) von Glycin- und GABA- Rezeptoren an der postsynaptischen Membran


Glycinrezeptoren öffnen Chloridkanäle und reduzieren die postsynaptische Erregbarkeit
   
Der Effekt ist abhängig vom Ausgangswert des Membranpotentials: das Gleichgewichtspotential der Chloridkanäle liegt bei ~-70 mV, d.h. ihre Öffnung führt bei Membranpotentialen unter diesem Wert zu Hyperpolarisation (IPSP's, inhibitorische postsynaptische Potentiale), bei Werten darüber hingegen zu Depolarisation.

Glycin bindet als Ko-Agonist des Glutamats auch an eine spezielle Sequenz des NMDA-Rezeptors und verstärkt so die exzitatorische Neurotransmission.

Die Freisetzung von Glycin (wie auch von GABA) wird durch Tetanustoxin gehemmt. Das Krampfgift Strychnin hemmt selektiv den Glycinrezeptor. Glycin wird nach seiner Freisetzung wieder in umgebende Zellen aufgenommen.

Chloridabhängigkeit der Synapsenwirkung: Der hyperpolarisierende (inhibitorische) Effekt der GABA- und Glycin-Rezeptoren hängt vor allem von der Öffnung von Chloridkanälen ab. Die intrazelluläre Chloridkonzentration ist allerdings ziemlich variabel; steigt sie in der Nervenzelle an, kann sich der Chloridstrom durch die Cl--Kanäle umkehren (Ausstrom statt Einstrom), und die Aktivierung des Chloridkanals depolarisiert die Zelle statt sie zu hyperpolarisieren. Deshalb ist die Aktivität von K+/Cl--Kotransportern (KCC) wichtig: Sie nutzen den Kaliumgradienten für die Entfernung von Chloridionen aus den Neuriten.

Die Öffnung von Ionenkanälen (wie GABA- oder Glycin-betriebenen Chloridkanälen) senkt auch den Membranwiderstand und damit die Längskonstante der Membran. Das verringert die Reichweite der elektrotonischen Übertragung örtlicher Depolarisationen (EPSPs) und damit deren Effektivität für die Bildung von Aktionspotentialen. Mit anderen Worten, offenstehende Ionenkanäle verringern die Erregbarkeit der betreffenden Membranstelle; die Öffnung von Glycin- oder GABA-Kanälen wirkt auch auf diese Weise erregungsdämpfend (shunting inhibition).
 
  
   Weitere inhibitorische Neurotransmitter sind ß-Alanin und Taurin.
 
  Über  Rezeptoren für Serotonin, Noradrenalin, Dopamin und Acetylcholin im Gehirn s. dort
 
Bahnung und Hemmung
  
Die Größe eines synaptischen Effekts kann dadurch reduziert werden, dass die Freisetzung von Transmitter an der präsynaptischen Zelle verringert wird. Das erfolgt durch "Vorbeeinflussung" des präsynaptischen Axons durch ein diesem aufgeschaltetes weiteres Axon (axono-axonale Synapse) eines Interneurons ("A"). Verschiedene Mechanismen kommen in Frage:

 
Abbildung: Präsynaptische Hemmung (presynaptic inhibition)
Nach einer Vorlage bei Pearson Education 2004

Aktivierung dieser axo-axonalen (GABAergen) Synapse (Neuron A) verringert die Menge an der beeinflussten Synapse (Neuron B) freigesetzten Transmitters, der an Neuron C wirkt.
 
Aktivität des Neurons A (einem Interneuron) verringert die Größe des synaptischen Effekts von B auf C: In diesem Beispiel durch Inaktivierung von Calciumkanälen, was den Effekt eines Aktionspotentials (an B) auf die postsynaptische Zelle (C) reduziert



    So kann das Interneuron "A" einen Transmitter freisetzen, der das Membranpotential der axonalen Endigung von "B" senkt.

Trifft auf "B" ein Aktionspotential ein, ist es durch die Vordepolarisierung verkleinert, die Transmitterfreisetzung und damit der synaptische Effekt auf "C" herabgesetzt. In diesem Fall wird die Inhibition durch das Zusammenwirken exzitatorischer Mechanismen aufgebaut.

    Oder der vom Interneuron "A" sezernierte Transmitter inaktiviert auf "B" Calciumkanäle und sorgt auf diesem Wege für geringere Transmitterfreisetzung an der zu beeinflussenden Synapse zwischen "B" und "C" ( Abbildung).

Das Verschaltungsprinzip der präsynaptischen Inhibition findet sich insbesondere im Rückenmark.
 
Präsynaptische Bahnung
(presynaptic facilitation) steigert die Menge an freigesetztem Transmitter; so nimmt der postsynaptische Effekt bei wiederholter Reizung (z.B. bei einer Frequenz von 20/s) zu (Anwachsen des postsynaptischen Potentials). Dem Effekt liegt eine Steigerung des Ca++-Einstroms in die präsynaptischen Endigungen - durch spannungs- oder ligandengesteuerte Calciumkanäle oder aus dem endoplasmatischen Retikulum - zu Grunde. Erhöhtes [Ca++] vermehrt die Freisetzung von Transmitter aus Vesikeln. Hört die Reizung auf, wird Ca++ innerhalb von Sekunden wieder aus dem Zytosol entfernt (mittels Ca++-ATPase in das Retikulum, mittels Na+/Ca++-Austauscher in den Extrazellulärraum).
 
Im Gegensatz dazu können postsynaptische Potenzierungen über längere Zeit anhalten (
vgl. dort).
 
Oftmals enthalten präsynaptische Endigungen (Axonterminals) zwei oder mehr verschiedene Transmitter (Colokalisation).
 
    Als Cotransmission bezeichnet man die gemeinsame Freisetzung verschiedener Neurotransmitter von ein und demselben axonalen Nerventerminal. Beispiele sind
 

    Glutamat mit Dopamin
 
    Glutamat mit Acetylcholin
 
    Glutamat und Dynorphin (Hippocampus)
 
    GABA mit Glycin
 
    Acetylcholin mit Calcitonin
 
    Acetylcholin mit Vasopressin

Kann die "Senderzelle" die Freisetzung differenzieren und wenn ja, wie ist der Mechanismus?
 

Abbildung: Selektive Freisetzung kolokalisierter Transmitter
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021

Mitte: Ein präsynaptisches Terminal, das in kleinen Vesikeln einen kleinmolekularen Transmitter und in großen Vesikeln ein Neuropeptid speichert. Große Vesikel sind weiter vom synaptischen Spalt (und den postsynaptischen aktiven Zonen) entfernt als kleine.
 
Oben: Niedrigfrequente Reizung (Aktionspotentiale in größerem zeitlichem Abstand, s. Inset) führt zu geringgradigem Calciumeinstrom, der nur auf kleine (synapsenspaltnahe) Vesikel wirkt. Der kleinmolekulare Transitter wird in den synaptischen Spalt abgegeben.
 
Unten: Hochfrequente Reizung (Aktionspotentiale in geringem zeitlichem Abstand, s. Inset) führt zu ausgedehntem Anstieg der Calciumkonzentration, der sich nun auch auf große Vesikel auswirkt, aus denen das Neuropeptid in den Extrazellulärraum freigesetzt wird


Reizstärke und Exozytose: Die Erregung eines Axons führt zur Öffnung von Calciumkanälen in seiner präsynaptischen Membran und damit zu Ca++-Einstrom ( Abbildung). Abhängig von der Intensität des Calciumanstiegs im Axonterminal können ein oder mehrere Vesikel ihren Inhalt (Transmitter) in den Extrazellulärraum entleeren. Aber nicht jedes Aktionspotential steigert den intrazellulären Calciumspiegel ausreichend stark, um den Exozytosemechanismus zu triggern. Einzelne präsynaptische Entladungen können also auch wirkungslos auf das Membranopotential des postsynaptischen Neurons bleiben.

Nimmt die Zahl der präsynaptischen Erregungen zu, steigt auch die Wahrscheinlichkeit der Transmitterfreisetzung. Kleine Vesikel (etwa 40 nm Durchmesser, nahe am synaptischen Spalt gelegen) exozytieren ihren kleinmolekularen Transmitter (z.B. Glutamat) schon bei niedrigfrequenter Reizung. Große (100-200 nm), weiter vom Synapsenspalt entfernte, mit Neuropeptiden beladene erst bei hoher Aktionspotentialfrequenz (
Abbildung).

So hat die Nervenzelle eine gewisse Kontrolle über das Muster der freigesetzten Transmitter - über die Ausdehnung der durch die Erregungspulse im Terminal freigesetzten Calciumwolken: Je höher die Aktionspotentialdichte, desto stärker in das Terminal hinein dringen freie Calciumionen, und desto eher triggern diese die Aktivierung großer Vesikel.

Viele Cotransmitter wirken als Neuromodulatoren und sind meist Neuropeptide (Somatostatin, Substanz P, Angiotensin II, Enkephaline..), aber auch ATP, NO u.a. - s. oben. Ihre Aufgabe ist die Veränderung der Intensität und Dauer des postsynaptischen Effekts des "klassischen" Transmitterstoffs. Für ihre (Ca++-getriggerte) Freisetzung aus Speichervesikeln braucht es eine intensivere Depolarisierung der (präsynaptischen) Nervenzelle als für die Freisetzung des "primären" (niedermolekularen) Transmitters alleine.

 
Konvergenz und Divergenz
 

Auf eine Nervenzelle wirken zahlreiche andere synaptisch ein (Konvergenz), andererseits schaltet jedes Neuron mit den Verzweigungen seines Axons auf zahlreiche andere (Divergenz) - Größenordnung jeweils bis etwa 5.104 
 

Abbildung: Nervenzelle, Kon- und Divergenz
Nach einer Vorlage bei New Human Physiology

Konvergenz: Zu einer Zelle läuft Information von mehreren anderen Zellen zusammen
 
Divergenz: Eine Zelle sendet Information an mehrere andere Zellen


Die logischen Verschaltungen zwischen den Zellen erfolgen über Synapsen. Nervenzellen funktionieren wie Rechenmaschinen, die nach der Logik der Summation (räumlich und zeitlich) synaptischer Einflüsse funktionieren.

Konvergenz und Divergenz sind Verschaltungsprinzipien, welche Grundlage komplexer Funktionsmuster sind. Man findet sie auf unterschiedlichen Ebenen (Abbildungen). So können Neurotransmitter einerseits auf verschiedene Rezeptoren (und deren Folgemechanismen) zugreifen (Divergenz), andererseits können unterschiedliche Transmitter über ihre jeweiligen Rezeptoren denselben Mechanismus (G-Protein, second messender, zellulären Effekt) anregen (Konvergenz).
 

Abbildung: Konvergenz- und Divergenzprinzip neuronaler Verschaltung
Nach einer Vorlage bei Silverthorn, Human Physiology, an integrated approach, 4th Int'l ed. 2007, Pearson / Benjamin Cummings

Konvergenz: Nervenzellen empfangen Impulse von mehreren anderen Neuronen. Dadurch können z.B. schwache Impulse summiert und überschwellig, oder Assoziationen verfestigt werden (Koinzidenz).
 
Divergenz: Nervenzellen senden über ihre Kollateralen Impulse an mehrere andere. Dies ermöglicht breite Streuung neuronaler Information und z.B. Bahnungseffekte in Nachbarneuronen


Beispiele:

    Divergenz: Noradrenalin wirkt auf α1-Rezeptoren (über G-Protein, PLC, PKC), α2-Rezeptoren (über G-Proteine und z.T. PLC, PKC), und ß-Rezeptoren (über G-Protein, Adenylylcyclase, cAMP) ganz unterschiedlich auf diverse Ionenkanäle und damit auf das Membranpotential

    Konvergenz: Kaliumkanäle werden über Gα-Protein von Rezeptoren für Adenosin, Acetylcholin, Dopamin, Enkephalin, GABA, Noradrenalin, Serotonin und Somatostatin beeinflusst

Konvergenz und Divergenz spielen weiters für die sinnesphysiologische Analyse von Umweltreizen eine wichtige Rolle. So werden über afferente Bahnen heranströmende Sinnesmeldungen im ZNS abstrahiert, Kontraste verstärkt, Muster erkannt und Merkmale zugeordnet.

Aktionspotentiale von mehreren Rezeptorzellen in einem Sinnesorgan konvergieren auf einzelne nachgeschaltete Nervenzellen, gleichzeitig divergiert Information von einer Rezeptorzelle auf mehrere Neuronen. Diese Verschaltungen unterliegen modifizierenden Einflüssen durch Interneurone und deszendierende Impulse. Auf diese Weise können aus der anflutenden sensorischen Information Gestalten herausgearbeitet werden, die in der jeweiligen Situation besonders bedeutsam sind.

 Das Gebiet, das jeweils zu einer zentralen Nervenzelle konvergiert, heißt rezeptives Feld. Rezeptive Felder überschneiden sich, weil Rezeptorzellen mehreren rezeptiven Feldern zugeordnet sind (Divergenz).

Chemische Synapsen haben “Einbahnwirkung” (Ausnahme gap junctions), sofern sie nur Einfluss in eine Richtung - prä- auf subsynaptisch - zulassen. Sie haben Bahnungs- oder Hemmfunktion durch Herabsetzung oder Steigerung des subsynaptischen Membranpotentials.

Gedächtnisfunktion entsteht, wenn wiederholte Aktivierung von Synapsen ihre Wirkung abschwächt (Gewöhnung, Habituation) oder verstärkt (synaptische Potenzierung). Dies ist bei GABAergen Synapsen der Fall. Nervenzellen wirken zusammen (Kooperation, Assoziation; "Langzeitpotenzierung” über viele Stunden). Die Tatsache, dass sich die Stärke von Synapsenwirkungen funktionsabhängig ändert, nennt man synaptische Plastizität; sie ist eine Grundlage für Lernprozesse.
 
  Zur Physiologie der Glia s. dort



 
SNARE-Proteine (s. oben) können durch Proteasen beschädigt werden, die von pathogenen Bakterien (Clostridium tetani → Tetanospasmin, Wundstarrkrampf; Clostridium botulinum → Botulinumtoxin, Lebensmittelvergiftung - lat. botulus = Wurst) erzeugt werden. Dadurch wird der Mechanismus der Transmitterfreisetzung gestört und es treten
 
  Wundstarrkrampf (Tetanus im pathologischen Sinn: Hemmung inhibierender Synapsen - GABA, Glycin - an Renshaw-Zellen) oder
 
  Lähmungen (Acetylcholin an exzitatorischen Synapsen bzw. der motorischen Endplatte wird nicht freigesetzt) auf (Botulismus).

Schutz bietet eine Impfung gegen Wundstarrkrampf (evt. simultan: Aktiv und passiv gleichzeitig).
 
Personen, welche die Kontrolle über ihre Atemmuskeln verlieren, müssen künstlich beatmet werden.
 

 
      Neuronen sind über Synapsen miteinander verknüpft. Der präsynaptische Teil setzt bei Erregung Transmitter frei, der postsynaptische trägt Rezeptormoleküle. Der Transmitter wird nach seiner Freisetzung wiederaufgenommen und/oder abgebaut, er kann auch präsynaptisch negativ rückkoppelnd oder über den Kreislauf neuroendokrin wirken (längere Halbwertszeit). Neurotransmitter sind z.B. Glutamat / Aspartat, GABA, Glycin, Acetylcholin, Katecholamine, Serotonin; Kotransmitter Peptide, Purine, NO, Eikosanoide
 
      Symmetrische Synapsen haben gleich große prä- und postsynaptische Zonen (meist inhibitorisch), bei asymmetrischen ist der postsynaptische Apparat ausgeprägter (meist exzitatorisch). Man unterscheidet axodendritische, axosomale, axoaxonale, auch dendrodendritische Synapsen. Die Signalübertragung kann Millisekunden (Glutamat, GABA, Glycin, Acetylcholin nikotinerg), Sekunden (Katecholamine, Acetylcholin muskarinerg), oder bis Tage wirken (Neuromodulation). Fazilitation bedeutet Erhöhung, Depression Erniedrigung der synaptischen Wirkung nach hochfrequenter Reizung des betreffenden Synapsensystems (synaptische Plastizität), erklärbar durch Verstärkung oder Abschwächung der Transmitterfreisetzung und der Rezeptoransprechbarkeit
 
      Einzelne synaptische Depolarisationen (EPSPs) depolarisieren um 0,01-1 mV, sie bleiben alleine unterschwellig. Mehrere EPSPs können das Membranpotential über das Schwellenpotential hinaus reduzieren (Summation) und so ein Aktionspotential auslösen. Die Summation kann zeitlich (d.h. nacheinander) oder räumlich (d.h. gleichzeitig durch mehrere Synapsen) erfolgen. Bei zeitlicher Summation ist die [Ca++] im präsynaptischen Zytoplasma durch initiale Erregung erhöht, das verstärkt die Transmitterfreisetzung sowie knapp nachfolgende EPSPs. Inhibierende Synapsen hyperpolarisieren meist durch erhöhte Durchlässigkeit für Chloridionen oder Anstieg der Kaliumdurchlässigkeit. IPSPs stabilisieren das Membranpotential
 
      Neurotransmitter und Neuropeptide werden vesikulär gespeichert: Protonenpumpen stellen einen pH-Wert von ~5,4 ein, Transporter konzentrieren den Transmitter im Vesikel. Die Transmitterfreisetzung erfolgt nach folgender Sequenz: Depolarisierung öffnet spannungsgesteuerte Ca++-Kanäle →  Exozytose (elektro-sekretorische Kopplung), über Calmodulin und Proteinkinasen Aktivierung weiterer Vesikel → Transmitterfreisetzung. Zahlreiche spezielle Proteine sind involviert (Synaptotagmin, Synaptobrevin, Syntaxin, SNARE-Proteine). Jedes Aktionspotential führt zur Entleerung hunderter Vesikel (Freisetzung von einigen 104 Transmittermolekülen)
 
      Transmitter binden an unterschiedliche Rezeptor-Subtypen (verschiedene Effekte möglich). Rezeptoren verändern ihre Ansprechbarkeit gegenüber dem Neurotransmitter: Phosphorylierung / Dephosphorylierung, Wechsel rezeptorbeladener Membranabschnitte zwischen Zellmembran und Zellinnerem. Drei Mechanismen beenden die Transmitterwirkung: Sinkende Konzentration durch Diffusion in das umliegende Interstitium, enzymatischer Abbau im synaptischen Spalt, Aufnahme in präsynaptische Neurone und Gliazellen. Praktisch alle Stufen des synaptischen Wirkmechanismus können pharmakologisch / toxikologisch beeinflusst werden
 
      Glutamat ist der wichtigste exzitatorische Transmitter (~50% aller zerebralen Synapsen), es ist mit dem Zitratzyklus verknüpft und kann zu Glutamin amidiert werden. Glutamat wirkt über vier Rezeptorklassen - eine metabotrope: mGluR, drei ionotrope: AMPA-, NMDA-, Kainat-R. mGluR werden eingeteilt in Gruppe I: Aktivierung Phospholipase C → IP3 → Ca++-Freisetzung, DAG → Proteinkinase C; und Gruppe II und III: Hemmung der Adenylylcyclase → cAMP sinkt. AMPA sind durchgängig für Na+ und K+, sie finden sich an den meisten exzitatorischen Synapsen und bewirken rasche EPSPs. Der NMDA-Glutamatrezeptor ist ein Na+-, K+- und Ca++-Kanal, für seine Öffnung reicht die Bindung von Glutamat nicht aus: Mg++ blockiert den Ionenkanal, Depolarisierung entfernt es, z.B. durch Aktivierung von AMPA- oder Kainat-Rezeptoren; als Cofaktoren wirken Glycin oder Serin sowie Zinkionen, die zusammen mit Glutamat aus präsynaptischen Vesikeln freigesetzt werden. Kainat-Rezeptoren lassen Na+ und K+ passieren
 
      Nerven- und Gliazellen nehmen Glutamat über Transporter auf - dabei gelangen 3 Na+ und ein H+ in die, ein K+ aus der Zelle. So wird Glutamat aus dem synaptischen Spaltraum entfernt und der Erregungspegel des Nervengewebes reguliert (Schutz vor Exzitotoxizität: diese kann bei Ischämie durch verringerte Glutamatclearance auftreten). Gliazellen wandeln freigesetztes Glutamat zu Glutamin um (Glutamat-Ammonium-Ligase), Nervenzellen nehmen dieses auf und wandeln es in Glutamat um (Glutaminase), dabei entsteht Ammoniak (das aus dem Gehirn entfernt wird)

      GABA und Glycin sind inhibitorische Neurotransmitter; beide werden präsynaptisch vesikulär gespeichert. Glutamatdecarboxylase bildet GABA (γ-Aminobuttersäure) aus Glutamat; GABA ist der führende inhibitorische Transmitter im Zentralnervensystem (~30% aller zerebralen Synapsen). Astrozyten nehmen GABA und Glutamat auf und stellen dem präsynaptischen Neuron Glutamin für die Transmittersynthese zur Verfügung (Glutaminzyklus). GABA wirkt über drei Rezeptor-Haupttypen: Ionotrope sind die häufigsten (GABAA), sie öffnen Chloridkanäle und reduzieren die postsynaptische Erregbarkeit (IPSP); metabotrope (GABAB) hemmen die Adenylylcyclase, öffnen K+- und schließen Ca++-Kanäle, beides stabilisiert das Membranpotential; und Chloridkanäle (GABAC: Retina, Rückenmark, colliculi superiores, Hypophyse). GABA wird nach seiner Freisetzung teils abgebaut, teils in präsynaptische Neuronen aufgenommen. - Glyzin öffnet an seinen Rezeptoren Chloridkanäle; der Effekt ist abhängig vom Ausgangswert des Membranpotentials (Cl-- Gleichgewichtspotential ~-70 mV, bei geringerem Wert des Membranpotentials IPSP, bei höherem → EPSP) und der Öffnung der Chloridkanäle
 
      Wird das Membranpotential eines Axons durch aufgeschaltete Neurite verändert, beeinflusst das die Menge des von ihm (aktionspotentialbedingt) freigesetzten Transmitters. Dieses Prinzip der präsynaptischen Hemmung ist insbesondere im Rückenmark wirksam. Neuromodulation ist die prä- oder postsynaptische, indirekte Beeinflussung der Freisetzung oder Wirkung von Transmittern - meist über veränderte Permeabilität von K+- und Ca++-Kanälen. Neuromodulation erfolgt über Kotransmitter, wirkt längerfristig und ist an Gedächtnisprozessen beteiligt
 
      Mehrere tausend synaptische Endigungen von verschiedenen anderen Neuronen können auf eine einzelne Nervenzelle einwirken (Konvergenz), andererseits wirkt ein Neuron auf mehrere andere ein (Divergenz). Konvergenz und Divergenz ermöglichen die Analyse und Beeinflussung von Erregungsmustern: Sinnesmeldungen werden abstrahiert, Kontraste verstärkt, Muster erkannt, Merkmale zugeordnet. Schwache Impulse können summiert und überschwellig, Assoziationen verfestigt werden (Koinzidenzdetektion). Das Gebiet in einem Sinnesorgan, das zu einer zentralen Nervenzelle konvergiert, nennt man dessen rezeptives Feld. Rezeptive Felder überschneiden sich (Divergenz)
 

 




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