Neurotransmitter können an präsynaptischen (Auto-) oder postsynaptischen Rezeptoren angreifen.
Abbildung
: Wirkung eines Neurotransmitters an präsynaptischen Rezeptoren
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)
Präsynaptische metabotrope Rezeptoren bilden second messengers. Diese können die Effizienz der Transmitterfreisetzung auf verschiedenen Wegen beeinflussen: Durch direkte Beeinflussung von Ca++-Kanälen oder indirekt durch Wirkung auf K+-Kanäle, was das Membranpotential und damit den Ca++-Einstrom
ändert - das hat Auswirkung auf die Länge des Aktionspotentials
(rechts). Dauert das präsynaptische Aktionspotential länger, erhöht
sich postsynaptisch das EPSP
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Ionotrope Rezeptoren - z.B. nikotinartige cholinerge Rezeptoren - beeinflussen über die Permeabilität von Ionen direkt das Membranpotential und finden sich üblicherweise in der postsynaptischen Membran. Sie wirken
rasch (Millisekunden) - begrenzt auf ihr unmittelbares Umfeld - entweder de- (EPSP: exzitatorisch) oder hyperpolarisierend (IPSP: inhibitorisch).
Metabotrope Rezeptoren - etwa 80% aller Neurotransmitter und Neurohormone - wirken über G-Proteine auf intrazelluläre second-messenger-Mechanismen und funktionieren etwas
langsamer (Sekunden). Sie bilden Botenstoffe, die durch
Diffusion auch in einiger Entfernung vom aktivierten Rezeptor und
unterschiedliche Ionenkanäle beeinflussen können. Oft wirken sie auf die präsynaptische Neuronenendigung und modulieren dort die Freisetzung des Neurotransmitters. So kann z.B. der präsynaptische Einstrom von Ca++
direkt oder indirekt beeinflusst und damit die synaptische Intensität
gesteuert werden.
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Abbildung: Wirkung von Noradrenalin auf präsynaptische Calciumkanäle
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Von
einer postganglionär-sympathischen Nervenzelle freigesetztes
Noradrenalin bindet an präsynaptische adrenerge α-Rezeptoren derselben
Zelle (links). Der dadurch freigewordene βγ-Komplex des G-Proteins
diffundiert zu Calciumkanälen in der benachbartern Membran und senkt
deren Öffnungswahrscheinlichkeit - beim Eintreffen von
Aktionspotentialen strömen weniger Calciumionen in die Zellle ein.
Der sinkende Ca
++-Spiegel in der präsynaptischen Endigung
senkt die Häufigkeit der Vesikel-Exozytose und damit die Freisetzung
von Noradrenalin. Die Synapse hat ihre Übertragungseffizienz gesenkt
(negative Rückkopplung)
Die
Abbildung
zeigt das Beispiel der Selbsthemmung adrenerger Synapsen durch Senkung
des Calciumeinstroms durch freigesetztes Noradrenalin. So können
präsynaptische Nervenendigungen bei anhaltender Aktivität (hoher
Aktionspotentialfrequenz) durch negatives Feedback die eigene Freisetzung ihres Neurotransmitters reduzieren - eine synaptische Kurzzeit-Plastizität.
Präsynaptische Axonendigungen können auch metabotrope Rezeptoren (also GPCRs) für Transmitter enthalten, die von anderen Nervenendigungen freigesetzt werden (
Abbildung
). So sind sowohl Bahnungs- als auch Hemmeffekte möglich, welche die Synapsenaktivität beeinflussen - je nach Art des Neurotransmitters, der involvierten Rezeptoren, Signalwege und Effektoren (z.B. Enzyme) in der Zielzelle.
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Abbildung
: Präsynaptische Bahnung und Hemmung
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Links: Metabotrope
Beeinflussung der präsynaptischen Membran kann hier eine Bahnung
hervorrufen. In diesem Beispiel senkt Serotonin über einen
Serotonin-GPCR an der Endigung eines präsynaptischen Neurons die
Öffnungswahrscheinlichkeit von Kaliumkanälen und senkt dadurch das
Membranpotential (wirkt also depolarisierend).
Rechts: Metabotrope Beeinflussung der präsynaptischen Membran kann auch inhibierend wirken. In diesem Beispiel wirkt
GABA über GABA
A-
Rezeptoren
die Öffnungswahrscheinlichkeit von Chloridkanälen in der Membran des
präsynaptischen Neurons (Mitte) und senkt damit die
Depolarisierungsgröße (den Effekt) bei Eintreffen eines
Aktionspotentials. Wirkung auf GABA
B-Rezeptoren
kann die Öffnung von Kaliumkanälen wahrscheinlicher oder diejenige von
Calciumkanälen seltener machen; beides hat einen hyperpolarisierenden
(inhibitorischen) Effekt
Werden Kaliumkanäle geschlossen, nimmt das Membranpotential (das durch K
+-Ausstrom
aufrechterhalten wird) ab und die Membran wird depolarisiert; das
erleichtert die Aktivierung spannungsabhängiger Calciumkanäle und regt
die Freisetzung des Neurotransmitters an. Man spricht von
präsynaptischen Effekten
(presynaptic facilitation / inhibition).
An
der postsynaptischen Membran können metabotrope Rezeptoren die Amplitude der hervorgerufenen Potentialänderungen (EPSP, IPSP) über Wirkung auf ionotrope Rezeptoren variieren (
Abbildung
). Dadurch steuern sie - an Dendriten,
Soma, oder Axon - mehrere Größen (Membranwiderstand, Längskonstante, Ruhepotential, Schwellenpotential, Aktionspotentialdauer).
Neuromodulation
Die
Informationsübertragung an Synapsen wird oft durch zusätzlich in den
Synapsenraum abgegebene Stoffe beeinflusst, die dort an der prä- und
postsynaptischen Membran und an subzellulären Kompartimenten ihrer
Zielneurone wirken und eine Fülle von Effekten erzielen können. Solche
Stoffe werden als Neuromodulatoren bezeichnet. Dabei handelt es sich um
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Transmitter, die in der Peripherie des - den Neuromodulator
produzierenden - Axons synthetisiert oder wiederverwendet und in
Vesikeln gespeichert werden, wie Monoamine (
Noradrenalin,
Dopamin,
Serotonin,
Histamin) und
Acetylcholin; oder
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Neuropeptide (mehr als einhundert sind bekannt) mit 2 bis 50 Aminosäuren, z.B.
CCK,
α-MSH,
NPY, AgRP). Diese werden im Soma der Nervenzelle
synthetisiert (nahe an Zellkern und endoplasmatischem Retikulum) und anschließend zum synaptischen Terminal
transportiert.
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Abbildung: Wirkung von Neuromodulatoren auf Zielneurone
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Beispiel Dopamin (DA), das von einem dopaminergen Nervenende (rechts) freigesetzt wird. Es beeinflusst als Neuromodulator..
(1) ..die präsynaptische Freisetzung
eines Neurotransmitters durch Wirkung auf Kaliumkanäle (a),
Calciumkanäle (b), Freisetzung des Inhals von Vesikeln (c) oder die
postsynaptische Produktion eines retrograd wirkenden Botenstoffs (d);
(2) die postsynaptische Erkennung des Neurotransmitters durch Wirkung auf seine Rezeptoren: Einlagerung in die (e), Bewegung zur subsynaptische(n) Membran (f), Veränderung ihrer Leitfähigkeit (g);
(3) die synaptische Integration und Erregbarkeit des postsynaptischen Neurons durch Wirkung auf spannungsgesteuerte Ionenkanäle (h)
(Neuro-) Modulation ist die Abänderung neuronaler Aktivität durch Wirkung eines Neuromodulators, meist über metabotrope - G-Protein-gekoppelte und daher langsamer wirkende - Rezeptoren (GPCRs) an ihren Zielzellen. Diese können sowohl auf der Membran präsynaptischer als auch postsynaptischer Neuronen liegen. So können
metabotrope Rezeptoren durch
Modulation ionotroper Rezeptoren in der postsynaptischen Membran die Öffnungswahrscheinlichkeit ionotroper Rezeptoren und damit die Amplitude postsynaptischer Potentiale verändern. Allgemein kann man Produkte von Nervenzellen, welche die Aktivität anderer Nervenzellen beeinflussen, als natürliche neuroaktive Substanzen (NAS, natural neuroactive substances) bezeichnen. Neuromodulatoren können auch gemeinsam mit "klassischen" Transmittern freigesetzt werden (Cotransmission).
Neuromodulation beeinflusst die
Freisetzung oder Wirkung von Neurotransmittern
(die im Millisekundenbereich
wirken) auf einer langsameren Zeitskala (Sekunden bis Tage). So werden
nachhaltige (bis
zu mehrere Tage andauernde) Effekte bewirkt: Ablesung
von Genen (Transkription) und Proteinsynthese (Translation) und
Neubildung von Ionenkanälen, Einlagerung in die synaptische Membran,
Intensivierung des
Ansprechverhaltens etc (
Abbildung
). Neuromodulation wirkt längerfristig und ist auch bei Gedächtnisprozessen involviert.
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Abbildung
: Neuromodulation sympathischer / parasympathischer Signalübertragung
Nach einer Vorlage in Herring / Paterson, Levick's Introduction to Cardiovascular Physiology, 6th ed. 2018
Die Freisetzung von Noradrenalin (NA) und Acetylcholin (ACh) aus postganglionären Neuronen wird angeregt durch Calciumionen,
die - insbesondere bei Eintreffen von Aktionspotentialen - durch
spannungsgesteuerte Ionenkanäle (graue Boxen) in die Zelle
gelangen.
Neuromodulatoren können aus Blutgefäßen stammen, z.B. Angiotensin (Ang II) oder C-Typ natriuretisches Peptid (CNP); aus Myozyten, z.B. B-Typ natriuretisches Peptid (BNP); oder aus Neuronen, z.B. Neuropeptid Y (NPY), Galanin (Gal), vasoaktives intestinales Peptid (VIP), oder (intrazellulär) neuronale NO-Synthase (nNOS) bzw. das Aktivatorprotein CAPON (carboxy-terminal PDZ ligand of nNOS).
Grüne
Pfeile symbolisieren anregende, rote Pfeile hemmende modulatorische Wirkpfade
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Neuromodulation erfolgt nicht nur im Zentralnervensystem, sondern auch in der Peripherie des autonomen Systems (
Abbildung
). Dabei können die Neuromodulatoren auf die Freisetzung oder Aufnahme von
Transmittern wirken, autokrin oder parakrin, anregend oder
(auto-)inhibitorisch.
Neuromodulatorische Systeme und Mechanismen sind erst ansatzweise
verstanden und Gegenstand intensiver Forschung. Ihre Bedeutung spiegelt
sich in der Tatsache wider, dass die meisten Medikamente, die zur
Behandlung psychiatrischer Störungen Verwendung finden, mit der
Funktion von Neuromodulatoren interferieren.
Postsynaptische Potentiale, Summation, Genexpression
Die Ankunft von Aktionspotentialen an
axonalen Enden löst Vorgänge aus, die auf das folgende Neuron
exzitatorisch (depolarisierend) oder inhibitorisch (hyperpolarisierend)
wirken. An der
postsynaptischen Membran
verändert sich als Folge der Durchtritt von Ionen und damit das
Membranpotential. Die Wirkung kann eine depolarisierende oder
hyperpolarisierende
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, also erregende und hemmende sein.
Kleine
Nichtpeptide als Neurotransmitter werden großteils in
der Nähe des Synapse synthetisiert, vesikulär gespeichert und bei präsynaptischer
Erregung - unter Vermittlung von Ca
++-Ionen - in den synaptischen Spaltraum exozytotisch freigesetzt. Dabei entsteht ein
docking complex
aus verschiedenen Proteinen - Neurexin, Syntaxin, Rab3, Synaptobrevin,
Synaptotagmin (s.
unten) und ein Transmitter-Transporter (
Abbildung).
Abbildung: Erregende und hemmende Neurotransmission
Nach einer Vorlage bei Hilal-Dandan / Brunton, Goodman
& Gilman's Manual of Pharmacology and Therapeutics, 2nd ed., McGraw
Hill Education 2014
Ein Aktionspotential (1. AP)
trifft über eine präsynaptische Afferenz an der Synapse ein. Dies führt
zur Freisetzung eines Transmitters, der exzitatorisch (oben) oder inhibitorisch (unten) wirkt: Postsynaptisch kommt es zu einer lokalen Depolarisation (2. EPSP) oder Hyperpolarisation (2. IPSP).
Der Effekt ist entweder - bei überschwelliger Summation - ein postsynaptisches Aktionspotential (3. Ap) oder ein inhibierter Zustand.
Gezeigt ist auch der Anlagerungskomplex, der die Exozytose des
Transmitters ermöglicht (Mitte oben) sowie ein postsynaptischer
spannungssensitiver Natriumkanal (Mitte unten)
Peptide werden hingegen im Zellsoma gebildet (
Translation) und per
axonalem Transport in die Peripherie gebracht.
Einzelne postsynaptische Potentiale haben eine kleine Amplitude (0,01-1 mV) und bewirken dementsprechend nicht viel.
Summation mehrerer postsynaptischer Potentiale hingegen wirkt sich stärker aus; sie kann die Zelle bis über ihr Schwellenpotenial
hinaus
depolarisieren und so ein Aktionspotential hervorrufen.
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Wenn z.B. an einem Neuron die Aktivierung einer exzitatorische Synapse
das Membranpotential um 1 mV reduziert und das Schwellenpotential 15 mV
vom Ruhepotential entfernt liegt, bedarf es an dieser Nervenzelle der
Wirkung von mindestens 15 EPSPs, um ein Aktionspotential auszulösen.
Synaptische Bahnung (Facilitation): Um das
Schwellenpotential einer Nervenzelle zu erreichen, sind also multiple
depolarisierende Einflüsse nötig. Setzen
diese an ihren Synapsen depolarisierenden Transmitter frei, so erzeugt das postsynaptisch pro Impuls je eine kleine
Ladungsverringerung, ein
exzitatorisches postsynaptisches Potential (
EPSP).
Um ein Aktionspotential auszulösen, müssen mehrere EPSPs wirksam werden - entweder knapp nacheinander (
zeitliche Bahnung) oder über mehrere Eingänge gleichzeitig (
räumliche Bahnung):
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Abbildung: Räumliche und zeitliche Bahnung
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
Eintreffende einzelne Aktionspotentiale
bewirken am betreffenden Dendrit und am Soma des Neurons exzitatorische
postsynaptische Potentiale (
PSPs), die unterschwellig bleiben (A).
Gelangen Aktionspotentiale über mehrere Eingänge an die Nervenzelle,
erhöht deren Einfluss das PSP (räumliche Summation), sodass dieses
überschwellig wird und am Axonhügel Aktionspotentiale auslöst, die über
das Axon weitergeleitet werden (B, C).
Knapp aufeinander folgende Erregungen können das PSP ebenfalls überschwellig werden lassen (C)
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Treffen
präsynaptisch mehrere Erregungen knapp hintereinander ein, sind die auf
den ersten Impuls folgenden Effekte (Transmitterfreisetzung) verstärkt:
Die terminale [Ca++] (im präsynaptischen
Zytoplasma) ist nach der ersten Erregung noch erhöht ("Restcalcium"),
und es wird beim nächsten Engagement der spannungsgesteuerten Calc
iumkanäle der präsynaptischen Membran mehr Neurotransmitter
freigesetzt. Das verstärkt postsynaptisch den EPSP-Effekt.
Dieses
Phänomen wird als eine der Grundlagen für synaptische Plastizität und Kurzzeitgedächtnis gesehen.
Ein zweites kurz nach einem vorangehenden EPSP ist größer als das erste, weil die präsynaptisch- zytoplasmatische Ca++-Konzentration noch erhöht ist
|
Das Gegenstück dazu ist synaptische Depression oder Habituation (synaptic depression).
Dabei handelt es sich um eine vorübergehende Abnahme der Effizienz, mit
der bei Erregung der postsynaptischen Zelle Transmitter freigesetzt
wird. Sie wird vor allem an inhibitorischen Synapsen beobachtet und
erklärt sich mit einer abnehmenden Transmitterbeladung der Vesikel,
üblicherweise infolge starker vorangegangener Entleerung.
Durch
Hyperpolarisation wird eine Nervenzelle (oder glatte Muskelzelle) gehemmt und bildet weniger
oder
keine Aktionspotentiale. Inhibierende Synapsen setzen einen Transmitter
frei, der postsynaptisch zu jeweils einem inhibitorischen
postsynaptischen Potential (IPSP)
führt. Diese Hyperpolarisierung erfolgt meist durch erhöhte Durchlässigkeit für Chloridionen (Einstrom von Anionen), oder auch durch einen Anstieg der Kaliumdurchlässigkeit der Membran (Ausstrom von Kationen). Jedes IPSP
trägt dazu bei, das Membranpotential der Nervenzelle zu stabilisieren
bzw. zu erhöhen, und sie so gegenüber anregenden Reizen weniger
empfänglich zu machen.
Die meisten Synapsen finden sich an
Dendriten, mit einem Axon-Endfortsatz (axonalem
Terminal) als
präsynaptischem, und einem
Dornenfortsatz (dendritic spine) als
postsynaptischem Anteil.
Abbildung: Abschwächung postsynaptischer Potentiale in Dendriten
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
Ein Neuron (oben) sendet Aktionspotentiale, die an Dendriten zweier
anderer Neurone eintreffen (unten). Die eintreffenden exzitatorischen
postsynaptischen Potentiale (EPSPs) haben identische Größe (obere
Registrierungen).
Das linke Neuron hat dünne Dendriten mit einer geringen Längskonstante
(λ), das rechte dickere mit einem höheren λ-Wert (entsprechende Länge
mit "l" angezeigt). Daher ist der Effekt am Axonhügel des linken
Neurons schwach (und unterschwellig), an dem des rechten Neurons
überschwellig (ein Aktionspotential wird ausgelöst - untere
Registrierungen)
V
m, Membranpotential; Abszisse: Zeit
Dendriten unterscheiden sich in Länge und Durchmesser, und damit in der Längskonstante
(λ): Dicke Dendriten leiten Strom besser (zum Soma) als dünne
(
Abbildung). Beispielsweise weist ein Dendrit mit 0,2 µm
Durchmesser einen λ-Wert von 0,35 mm, ein Dendrit mit 10 µm Durchmesser
(ceteris paribus) einen λ-Wert von 2,5 mm
auf - etwa der 7-fache Wert. Damit werden EPSPs dicker Dendriten auch
stärker zur Depolarisierung des Axonhügels beitragen als solche an
dünnen.
Dazu kommt, dass Dendriten eher stetige Potentiale besser leiten als
sich rasch ändernde - sie wirken als Tiefpassfilter: Rasch variierende
Potentialsignale haben einen verhältnismäßig geringeren Effekt.
Axonhügel und Auslösung eines Aktionspotentials: Der Betrag des Schwellenpotentials (threshold potential)
ist am Axonhügel eines Neurons - der Stelle der Nervenzelle, an der
meist Aktionspotentiale entstehen (Triggerzone) - im Allgemeinen um
10-15 mV geringer als der des Ruhepotentials. (Die Membran des Soma und
der Dendriten ist weniger erregbar - hier liegt das Schwellenpotential
bis zu 30 mV vom Ruhepotential entfernt.) An den Axonhügel schließt sich eine 15 bis 50 µm lange myelinfreie Zone an - der Beginn des Axons ist unmyelinisiert. Durch dieses initiale Segment
fließen Reizströme, die eine überschwellige Depolarisation triggern; es
dient als "Brennpunkt" für die Entstehung von Aktionspotentialen.
Das Aktionspotential läuft von hier orthodrom über das Axon und dessen Verzweigungen bis zu den Endstücken (axon terminals) mit den präsynaptischen Apparaten; sowie - abgeschwächt -
antidrom
über das Soma und die Dendriten der Nervenzelle. Die orthodrome Leitung
dient der Signalleitung, die Funktion der antidromen ist nicht ganz
klar (Löschen laufender Verrechnungsprozesse, Modifikation von
Membraneigenschaften, Einfluss auf synaptische Plastizität..?).
Ändert sich das
Ruhepotential, dann verschiebt sich auch das Schwellenpotential -
abhängig vom Spannungsbetrag und von der Geschwindigkeit der
Potentialänderung. Depolarisiert man eine Membran langsam, gleitet das
Schwellenpotential sozusagen davon ("Akkommodation"); die
Depolarisierung muss rasch genug erfolgen, man spricht vom einem Steilheitsbedarf. Bei ausreichender (und ausreichend rascher) Depolarisation über das Schwellenpotential hinaus
wird das postsynaptische Neuron erregt und bildet ein Aktionspotential.
Postsynaptische Depolarisierung kann die Expression von Genen anregen.
Neben kurzfristigen Potentialänderungen an der postsynaptischen Membran
(über ionotrope Rezeptoren für Millisekunden, über metabotrope für
Millisekunden bis Sekunden) können Neurotransmitter auch
bewirken, dass im postsynaptischen Apparat neue Gene exprimiert werden (
Abbildung). Diese Wirkung hält wesentlich länger an (vgl. auch dort).
Abbildung: Signalwege von der Synapse zum Zellkern
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Die dargestellten Signalwege führen zur Phosphorylierung von
CREB.
Bindet Glutamat an NMDA-Rezeptoren der postsynaptischen Membran (auf
Dornenfortsätzen der Dendriten), strömen Calciumionen in die Zelle ein.
Die resultierende Depolarisierung öffnet weiters spannungsabhängige
Calciumkanäle des Dendriten, die intrazelluläre [Ca
++]
steigt an. Auch aus dem endoplasmatischen Retikulum treten Calciumionen
durch Ryanodinrezeptoren (calciumsensitive Calciumkanäle) in das
Zytoplasma ein.
An
Calmodulin gebundenes Ca
++ aktiviert CaM-Kinasen, Rsk
(Ras-MAP-Kinase) und Proteinkinase A (über cAMP). Diese Faktoren führen
zu Phosphorylierung von CREB, welches anschließend Zielgene mit CREs in
entsprechenden Promotoren anregt