Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

    
Grundlagen und Methoden der Physiologie; molekulare und zelluläre Aspekte
 
  Strukturierung der Stoffwechselwege, Funktion von Enzymen

© H. Hinghofer-Szalkay
Allosterie: ἄλλως = anders, στερεός = Ort
Enzym: ἐν = in, ζύμη = Hefe, Sauerteig
Glykogenolyse: γλυκύς = süß,
γενεά = Abstammung, λύσις = Auflösung
Lineweaver-Burk-Diagramm: Hans Lineweaver, Dean Burk
Metabolismus: μετα-βολισμός = Um-wurf
Michaelis-Menten-Konstante: Leonor Michaelis, Maud Menten
Mitochondrium: μίτος = Faden, χόνδρος = Korn
Phytoalexin: φυτόν = Pflanze, αλ
εκειν = abwehren
Xenobiotika: ξένος  = fremd, βίος = Leben
Zytoplasma: κύτος = Höhlung, Gefäß, πλάσμα = Gebilde (von πλάσω = formen, gestalten)

Enzyme sind Proteine, die bestimmte Reaktionen beschleunigen. Man unterscheidet nach ihrer Funktion

   -- Klasse I-Enzyme (Oxidoreduktasen)

   -- Klasse II-Enzyme (Transferasen), z.B. Transaminasen (Aminogruppe), Kinasen (Phosphat), Methyltransferasen (Methylgruppe)

   -- Klasse III-Enzyme (Hydrolasen), sie spalten oder verknüpfen Moleküle unter Einsatz von Wasser

   -- Klasse IV-Enzyme (Lyasen, Synthasen), sie fügen kleine Moleküle an oder entfernen sie

   -- Klasse V-Enzyme (Isomerasen) schalten zwischen isomeren Formen um (Epimerasen, Mutasen)

   -- Klasse VI-Enzyme (Ligasen) verknüpfen Moleküle unter Verwendung energiereicher Phosphate

Die für den Metabolismus notwendige Energie wird aus der Spaltung von Lipiden, Glucose u.a. gewonnen. Oxidative Energiegewinnung erfolgt z.T. in Mitochondrien, anoxidative im Zytoplasma.

Spezialisierte Stoffwechselwege dienen der Verarbeitung stickstoffhaltiger Moleküle (Harnstoffzyklus), von Kohlenhydraten (Citratzyklus), Lipiden (Fettsäurezyklus) u.a.

  
  
Mitochondrien  Enzyme Grundbausteine des Stoffwechsels  Essentielle Aminosäuren


Aktivierungsenergie 
  Michaelis- (Menten-) Konstante    Allosterie    Essentielle Aminosäure

Praktische Aspekte       Core messages
 
ATP steht im Zentrum des Energiestoffwechsels und wird über die Atmungskette regeneriert
 
Der Energiebedarf  einer erwachsenen Person beträgt ~10 MJ (Millionen Joule, entspricht ~2500 Cal) pro Tag, der Energieumsatz (Leistung) einer ruhenden erwachsenen Person rund 100 Watt. Diese Energie wird z.B. für Transport, Bewegung, Kontraktion, Synthese, Wachstum eingesetzt. Dabei werden chemische Verbindungen errichtet, andere gelöst; das läuft in aller Regel innerhalb komplexer Stoffwechselwege ab. Die einzelnen Schritte werden oft durch enzymatischen Einfluss beschleunigt oder verzögert; Enzyme werden von der Zelle je nach Erfordernis gebildet (Enzyminduktion) oder abgezogen, fallweise zu Gruppen formiert. Auf diese Weise können Zellen auf veränderte Bedingungen situationsspezifisch reagieren.

Stoffwechselenergie treibt Vorgänge an, die nicht aufgrund vorhandener Konzentrations- bzw. Energiegefälle ohnehin von selbst ablaufen - z.B. das "Bergauf"-Pumpen von Ionen durch Membranen (Na-K-Pumpe) oder mechanische Vorgänge (Verformung, Kontraktion). Die Energie wird metabolisch aus Nahrungsstoffen und im Körper nutzbaren Depots gewonnen und auf Phosphatmoleküle übertragen (ADP + P → ATP); vor allem entsteht Wärme, die nach außen abgegeben wird.
 

Abbildung: Elektrochemischer Protonengradient und ATP-Synthese
Nach einer Vorlage in
nature.com/scitable/ topicpage/mitochondria

An der inneren Mitochondrienmembran werden hochenergetische Elektronen an einer Transportkette entlanggereicht. Dies speist Protonenpumpen: H+ gelangt aus der Matrix in den Raum zwischen innerer und äußerer Membran, der dadurch aufgebaute Konzentrationsgradient lässt Protonen wieder in das Mitochondrium eintreten - via ATP-Synthase, was die Bildung von ATP aus ADP antreibt


Die (aerobe) Energiegewinnung erfolgt an der inneren Mitochondrienmembran, dafür ist Sauerstoff notwendig. Bei mangelhafter Durchblutung eines Gewebes (Ischämie) gelangt zu wenig Sauerstoff zu den Zellen, die Mitochondrien bilden nicht genügend ATP, der Zellstoffwechsel leidet.

Näheres zur Energiegewinnung in den Mitochondrien s. dort
  
Der Organismus ist auf Energiezufuhr in Form von Nährstoffen von außen angewiesen; in welcher Form - als Kohlenhydrate, Fette, oder Proteine - ist in Hinblick auf die Energieverwertung ziemlich einerlei, denn diesbezüglich sind die Nährstoffe grundsätzlich austauschbar.
 

Abbildung: Metabolismus - wichtigste Wege
Nach einer Vorlage bei Elmhurst College

Dieses stark vereinfachte Schema deutet Verknüpfungspunkte im Protein- und Stickstoff- (gelb), Kohlenhydrat- (grün) und Fettstoffwechsel (rot), deren Einmündung in den Citratzyklus sowie den - die Energiegewinnung (ATP) antreibenden - mitochondrialen Elektronentransport an


Das Zytoplasma füllt den Raum zwischen Zell- und Kernmembran aus und beinhaltet Zellorganellen und fadenförmige Strukturen. Hier erfolgen Zuckerabbau (Glykolyse), Synthese der Fettsäuren, Aktivierungen von Aminosäuren u.a.

Die Moleküle des Stoffwechsels erfüllen verschiedenste Aufgaben; Aufbau, Form und Stoffwechseltätigkeit sind ständigen Änderungen unterworfen und der jeweiligen Funktion angepasst.

    Kohlenhydrate liefern Energie und sind Bestandteile z.B. von Glykoproteinen und Glykolipiden;

    Lipide sind tragende Komponenten von Zellmembranen und erfüllen verschiedenste Aufgaben im Körper (nicht nur Energiespeicherung in Fettzellen);

    Proteine sind Bau- und Funktionsmoleküle in und außerhalb der Zelle, Informationsmoleküle (z.B. Zytokine und Hormone), Enzyme;

    Nukleotide dienen der Informationsspeicherung (DNA) und -übertragung (RNA), dem Energiestoffwechsel (ATP) u.a.

Um die notwendige Trennung der chemischen Funktionen zu gewährleisten, ist jede Zelle in Reaktionsräume (zelluläre Kompartimente) gegliedert. Für das Verständnis z.B. von Stoffwechselerkrankungen ist es wesentlich zu wissen, wo welche Reaktionen ablaufen und wie die beteiligten metabolischen Wege interagieren.

 
Zelluläre Enzyme sind Proteine
 
Zur Erleichterung von Reaktionen werden Biokatalysatoren (Enzyme ) benötigt, welche die betreffenden Reaktionen in spezifischer Weise "einschalten", d.h. ermöglichen bzw. beschleunigen. Sie können die Aktivierungsenergie, die für den Übergang von einem zu einem anderen Zustand nötig ist, herabsetzen ( Abbildung). Dadurch wird der thermodynamische Anspruch an die "Schwellenüberwindung" reduziert und ein Reaktionsgleichgewicht stellt sich rascher ein. Mit anderen Worten, mehr Moleküle sind in der Lage, in einer bestimmten Zeitspanne die Energiebarriere zu überwinden.
 


Abbildung: Ein Enzym verringert die Energieschwelle für "seine" Reaktion
Modifiziert nach einer Vorlage in der Website der New Jersey University of Medicine & Dentistry

Enzyme helfen beim Überschreiten eines Übergangszustandes (Gipfel der Kurve), der durch höhere freie Enthalpie (thermodynamisches Potential) des Systems gekennzeichnet ist.
 
Die freie Enthalpie des Übergangszustandes (freie Aktivierungsenergie) wird herabgesetzt, die Wahrscheinlichkeit für die Überwindung dieser Schwelle steigt an.
 
ΔG = Netto freie Energie


   
  Als Aktivierungsenergie (activation energy) bezeichnet man die mindestens notwendige Energie, die man potenziellen Reaktionspartnern zuführen muss, um eine Reaktion zu starten (vgl. dort).
 
Enzymkinetik  Induktion / Inhibition Enzymklassen

Aktivierung / Inaktivierung auch nur eines Schlüsselenzyms kann zum Ein- oder Ausschalten eines kompletten metabolischen Pfades ausreichen ("schwächstes Glied der Kette") - z.B. über (Nicht-)Verfügbarkeit des entsprechenden Substrats / Intermediärprodukts. Auf diese Weise können über Schlüsselsubstanzen gegenseitige Beeinflussungen / Steuerungen verschiedener Stoffwechselwege erfolgen.

Der nötige Energieaufwand zur Überwindung der Reaktionsschwelle ist mit Enzym geringer als ohne ihn ( Abbildung). Enzyme ändern nichts am chemischen Gleichgewicht, steigern aber die "Trefferquote" der Reaktionspartner durch Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit der Hin- und Rückreaktion. Sie können Reaktionen um einen Faktor beschleunigen, der viele Zehnerpotenzen beträgt.

Zur Beeinflussung der Reaktionspartner verfügen Enzyme über aktive Zentren - diese sind oft räumlich komplex angelegt, hydrophob, und/oder mit Co-Faktoren (z.B. Metallionen - wie Zink - oder kleinen Nicht-Protein-Molekülen - wie Vitaminderivaten) ausgestattet. Durch Bindung an das Substrat erhöht sich die Reaktionswahrscheinlichkeit, indem ein instabiler Zwischenzustand auftritt - durch Annäherung und passende räumliche Ausrichtung (Schlüssel-Schloß) der Reaktionspartner - und diese so leichter miteinander reagieren.
 
Cofaktoren / Coenzyme: Einige Enzyme müssen sich mit anderen (Nichtprotein-) Molekülen zusammentun, um wirksam werden zu können. Diese können im Zuge der katalytischen Reaktion vorübergehend verändert werden. Das "nackte" Enzym ist unwirksam und wird als Apoenzym bezeichnet, der gesamte (enzymatisch aktive) Komplex als Holoenzym.

    Cofaktoren sind Metallionen wie Magnesium (ATPasen, Adenylatcyclasen, Kinasen), Eisen (Hämproteine, Cytochrome, Katalasen, Peroxidasen), Zink (Superoxiddismutase, Kollagenase, Alkohol-Dehydrogenase, alkalische Phosphatase, Transkriptionsfaktoren, Carboanhydrase), Kupfer (Cytochrom C-Oxidase, Ferroxidase, Superoxiddismutase, Tyrosinase), Selen (Glutathionperoxidase).

    Coenzyme sind kleine organische Moleküle, meist Vitaminabkömmlinge, wie Thiamin (Dehydrogenasen, Transketolase), Riboflavin (Redox-Enzyme), Niacin (Dehydrogenasen, Redox-Enzyme), Pantothensäure (Dehydrogenasen, Fettsäuresynthase), B6 (Transaminasen, Decarboxylasen, Glykogenphosphorylase), Folat (Transferasen / Synthasen), B12 (CoA-Mutase, Methioninsynthase), Ascorbinsäure (Hydroxylasen, Carboxylasen).

Die Aktivität von Enzymen wird durch zusätzliche Faktoren beeinflusst:

    Die optimale Temperatur beträgt für die meisten Enzyme 37°C, also die normale Betriebstemperatur des Organismus. Steigende Temperatur unterhalb des Optimums erhöht auch die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens des Substrats mit dem aktiven Zentrum des Enzyms, bei Temperaturwerten über dem Optimum kommt es zu Denaturierung und Funktionsverlust des Enzyms.

    Die Konzentration an Wasserstoffionen spielt ebenfalls eine Rolle; die meisten Enzyme funktionieren zwischen pH 4 und pH 8 (Enzyme im Magen, insbesondere Pepsin, funktionieren in einem noch saureren pH-Bereich - Pepsin zwischen pH 0 und pH 3 - und verlieren ihre Aktivität im Duodenum; das pankreatische Trypsin hat sein pH-Optimum bei pH 8).
 
Auf- / Abbau von Enzymen: Enzyme können von der Zelle je nach Bedarf neu aufgebaut ( Proteinsynthese s. dort) oder abgebaut werden (
Ubiquitinmechanismus s. dort). Beides wird von entsprechenden Rückkopplungsmechanismen gesteuert. Auf diese Weise kann die Zelle über ihre Enzymausstattung die jeweils gewünschten Stoffwechselwirkungen erzielen (z.B. Wachstum, Hormonbildung, Sekretion...). Die Funktionen einer Zelle sind über ihre Expression bestimmter Enzyme definiert, diese begünstigen die Bildung bestimmter Stoffwechselprodukte, und diese können wiederum die Ablesung von Genen beeinflussen ( Abbildung). So ergeben sich multiple Rückkopplungsschleifen, die einerseits den Metabolismus der Zelle stabilisieren, andererseits den Stoffwechsel an veränderte Rahmenbedingungen anpassen können.
 
 
Abbildung: Die Stellung von Enzymen zwischen Genen und Metabolismus in der Zelle

Enzyme sind einerseits das Produkt der Proteinsynthese (Transkription und Translation genetischer Information), andererseits steuern sie den Zellstoffwechsel und über diesen auch die Transkription von Genen

So kann z.B. hohe Konzentration einer bestimmten Aminosäure in der Zelle ein (allosterisch funktionierendes) Transkriptionsrepressorprotein aktivieren. Dieses schaltet das Gen für ein Enzym, das diese Aminosäure zu bilden hilft, ab und verhindert so eine weitere Anreicherung dieser Aminosäure in der Zelle. Umgekehrt kann sinkende Konzentration einer bestimmten Aminosäure ein Transkriptionsaktivatorprotein einschalten, das wiederum die Synthese der Aminosäure anregt (Wirkung von Stoffwechselprodukten auf die Transkription in der Abbildung).
  
Enzymkinetik
 
Eine typische enzymgesteuerte Reaktion kann folgendermaßen geschrieben werden:



E ist das Enzym, S das Substrat, P das Produkt. k sind die Geschwindigkeitskonstanten (ein Maß für das jeweilige Reaktionstempo).

Der zeitliche Ablauf enzymatischer Reaktionen (Kinetik) hängt von mehreren Faktoren ab - wie der Konzentration der Ausgangsstoffe (A) und der durch die Wirkung des Enzyms entstandenen Produkte (P). Als Reaktionsgeschwindigkeit (V) kann man sowohl die Verschwinderate von A als auch die Entstehungsrate von P definieren: V = -(ΔA/Δt) = +(ΔP/Δt).

Nimmt [V] linear mit [A] zu, spricht man von einem System 1. Ordnung; dieses Verhalten ist typisch für niedrige Konzentrationsbereiche des Ausgangsstoffes, in denen das Enzym weitgehend frei ist und seine aktiven Zentren mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch ein Substratmolekül besetzt sind. Je mehr Substrat auftaucht, umso mehr wird umgesetzt - in linearer Proportionalität: V(t) = k x [A] (k ist eine
Geschwindigkeitskonstante). Reaktionen 1. Ordnung weisen auf diffusionskontrollierte Verfügbarkeit des Substrates hin.

Häufig sind die enzymatischen Abläufe von mehr als einem Ausgangsstoff abhängig, z.B. wenn Glucose durch Hexokinase bzw. Glukokinase phosphoryliert werden soll: Hier wird sowohl Glucose als auch ATP benötigt, die Reaktionsgeschwindigkeit hängt sowohl von der Verfügbarkeit von ATP als auch der von Glucose ab:
V(t) = k x [ATP] x [Glucose]. Es handelt sich um eine Reaktion 2. Ordnung.

Eine wichtige Kenngröße enzymatischer Reaktionen - und Transportvorgänge - ist die
Substratkonzentration, bei der die Umsatzgeschwindigkeit halbmaximal ist, d.h. bei Halbsättigung des Systems.
Mit zunehmender Substratkonzentration nimmt die Reaktionsgeschwindigkeit zu, bis sie - bei mit Substrat gesättigtem Enzym - maximal ist (Vmax). Eine wichtige Größe zur Quantifizierung der Kinetik ist die Michaeliskonstante Km :
 
     Die Michaeliskonstante
(Km, Michaelis-Menten-Konstante) ist diejenige Substratkonzentration (mol/l), bei der die Reaktionsgeschwindigkeit (Enzym / Substrat) die Hälfte des Maximalwertes erreicht (Vmax/2). Sie ist eine charakteristische Eigenschaft einer Transportsystems bzw. Enzyms und gilt als Maß für die Affinität des Enzyms bzw. Transportproteins für sein Substrat:
Ein niedriger K
m-Wert zeigt eine stabile Bindung (hohe Affinität) zwischen Enzym / Transporter und Substrat an (und umgekehrt: Ein hoher [Km] bedeutet niedrige Bindungsstärke).
Maximale Reaktionsgeschwindigkeit erreicht ein Enzymsystem ab einer Substratkonzentration, die dem Zehnfachen des Km-Wertes entspricht.
 

Abbildung: Michaelis-Menten-Beziehung (Michaelis-Menten plot)
Nach einer Vorlage in Panini SR, Medical Biochemistry, 2nd ed. 2021 (Thieme)

Die Reaktionsgeschwindigkeit (reaction velocity V) einer Reaktion nimmt mit der Konzentration der Bindungspartner (Substrat) zu und kann durch die Anwesenheit eines Enzyms erhöht werden.
 
Enzymbeeinflusste Reaktionen sind sättigbar: Wird [V] als Funktion der Substratkonzentration [S] dargestellt, nähert sich [V] mit steigender [S] asymptotisch an einen Maximalwert (Vmax) an. Es ergibt sich eine Hyperbel; die Substratkonzentration bei halbmaximaler Reaktionsgeschwindigkeit (Vmax/2) ist die Michaeliskonstante (Km)


Die Michaelis-Menten-Gleichung ist eine fundamentale Formulierung der Enzymkinetik. Sie beschreibt den Verlauf der Reaktionsgeschwindigkeit als Funktion der Substratkonzentration:



Dabei ist V die Geschwindigkeit der enzymkatalysierten Reaktion, Vmax die maximale Geschwindigkeit, [S] die Substratkonzentration bzw. Konzentration eines zu transportierenden Stoffes und Km die Michaelis-Menten-Konstante (Substratkonzentration bei Vmax/2).

Die Michaelis-Menten-Beziehung kann durch Umformung (doppelt-reziproke Darstellung) auch linearisiert werden (Lineweaver-Burk equation):



Als
Lineweaver-Burk plot
dargestellt, ergibt sich eine Gerade ( Abbildung):
 

Abbildung: Lineweaver-Burk-Diagramm
Nach einer Vorlage in Panini SR, Medical Biochemistry, 2nd ed. 2021 (Thieme)
Statt der Reaktionsgeschwindigkeit V (y-Achse) und der Substratkonzentration [S] (x-Achse) werden deren Kehrwerte aufgetragen. Es ergibt sich eine lineare Beziehung, die Steigung der Linie definiert den Quotienten Michaeliskonstante / Vmax, die Kreuzungen mit den Achsen stellen -1/Km (x-Achse) bzw. 1/Vmax (y-Achse) dar.
 
Diese
Darstellung zeigt u.a. an, ob eine Enzymhemmung (s. unten) nichtkompetitiv (die Steigung der Geraden nimmt zu, der Schnittpunkt auf der x-Achse bleibt gleich), kompetitiv (die Steigung der Geraden nimmt zu, der Schnittpunkt durch die y-Achse bleibt gleich) oder unkompetitiv ist (die Gerade ist entlang der y-Achse nach oben verschoben, ihre Steigung bleibt gleich)


Hier wird der Kehrwert der Reaktionsgeschwindigkeit (1/V) als Funktion des Kehrwerts der Substratkonzentration (1/[S]) aufgetragen. Es ergibt sich eine Gerade, wobei der Schnittpunkt mit der V-Nulllinie den Betrag für -1/Km ergibt. Der Schnittpunkt mit der Ordinate ergibt 1/Vmax, und die Steilheit der Linie entspricht dem Quotienten Km/Vmax.

Es gibt weitere Möglichkeiten zur linearen Darstellung der Enzymaktivität, z.B. den Scatchard-Plot oder das Hill-Diagramm. Alle Varianten gehen von Messergebnissen aus, also von empirischen Beobachtungen der Enzymaktivität, deren Muster dann mathematisch charakterisiert wird (als Hyperbel bei Michaelis-Menten, als Gerade bei anderen Darstellungen der Sättigungsfunktion).
 
Induktion / Inhibition
 
Adaptation: Eine Enzyminduktion (=Zunahme der Enzymmenge) kann durch erhöhte Transkription des entsprechenden Gens oder verminderten Abbau des Enzyms erreicht werden. Enzyminduktion wird durch zahlreiche physiologische Faktoren (z.B. erhöhte Substratkonzentration), aber auch durch Arzneistoffe verursacht.
 

Abbildung: Enzymkette
Nach: Raven / Johnson, Understanding Biology, wm.c.brown publishers; 3rd ed (1996)

Mehrere Enzyme ordnen sich in einer Biomembran so an, dass ein Substrat über Intermediärprodukte zu einem Endprodukt verwandelt werden kann


Dabei kann es zu reversiblen räumlichen Anordnungen von Enzymen (enzyme clustering, "Metabolon") kommen, z.B. in Zellmembranen ( Abbildung), um eine Optimierung der Reaktionsabfolge von einer Ausgangssubstanz (Substrat) über oft mehrere Zwischenstufen bis zum fertigen Endprodukt zu erzielen.
 
Enzymhemmung: Enzyme können durch Hemmung ihrer Aktivität reguliert werden (Enzymregulation). Dies erfolgt durch Inhibitoren, die sich an das Enzym anlagern. Das hat zur Folge, dass das Substrat nur langsam oder gar nicht mehr umgesetzt werden kann. Die Inhibition kann reversibel (umkehrbar) oder irreversibel sein. Irreversible Hemmung kann erfolgen durch Modifikation bzw. Destruktion funktioneller Gruppen am Enzym  (z.B. durch Cyanid, Quecksilber u.a.). Beispielsweise hemmt Penicillin permanent die Synthese von Peptidoglycanen, Bausteinen der Bakterienwand.
 
Bei den reversiblen Formen der Enzymhemmung unterscheidet man

     Kompetitive Inhibition
: Der Inhibitor verdrängt das eigentliche Substrat - dank ähnlicher Struktur - an der aktiven Stelle des Enzyms, dessen Wirkung auf das Substrat dadurch nachlässt. Bindung eines kompetitiven Inhibitors senkt die Affinität des Enzyms für sein Substrat und erhöht folglich den KM-Wert. Erhöhung der Substratkonzentration kann den Inhibitor wieder verdrängen

     Nichtkompetitive Inhibition: Der Inhibitor bindet nicht an die aktive, sondern eine andere Stelle des Enzyms. Dies kann eine allosterische Stelle sein und man spricht von allosterischer Hemmung. Jenenfalls führt die Anlagerung des Inhibitors zu einer Veränderung der Form der aktiven Stelle des Enzyms, dadurch sinkt die Reaktionsgeschwindigkeit

     Unkompetitive Inhibition: In diesem Fall bindet der Inhibitor erst dann an das Enzym, wenn dieses mit dem Substrat einen Komplex gebildet hat. Durch die Anlagerung des Inhibitors an diesen Komplex ist die Wirkung des Enzyms auf das Substrat blockiert, es entsteht kein Produkt mehr.
 
Ein besonderes Funktionsmodell ist der allosterische Effekt, d.h. die Verquickung von Funktions- und Gestalteffekt. Ein Beispiel ist die S-Form der Bindungskurve des Hämoglobins (Besetzung eines der 4 Hämeinheiten mit Sauerstoff verändert die Form und damit die Bindungscharakteristik des Gesamtmoleküls).

   Als allosterischen Regulator / Modulator bezeichnet man eine Substanz, die an einen Rezeptor oder ein Enzym
- abseits dessen aktiver Stelle - bindet, eine Gestalts- ("Allosterie") und damit Aktivitätsänderung dieses Rezeptors oder Enzyms bewirkt. Eine solche Bindungsstelle heißt allosterische / regulatorische Stelle, der Effektorstoff wird - je nach Wirkung -  als allosterischer Aktivator bzw. allosterischer Inhibitor bezeichnet.
 
Substanzen, welche direkt an die aktive Stelle (des Enzyms oder Hormonrezeptors) binden und über diese wirken, nennt man auch orthosterische Regulatoren bzw. Modulatoren.
  
 
Abbildung: Steuerung allosterischer Enzyme
Nach einer Vorlage bei Pearson Education, Benjamin Cummings 2000

Viele Enzyme sind allosterisch, sie wechseln ihre Gestalt (Konformationsänderung) und verfügen über unterschiedliche Bindungsstellen: Aktive lagern Substratmoleküle an, regulative binden Signalmoleküle (dadurch ändern sich Konformation und Bindungseigenschaften). Aktivatoren arretieren das Molekül in der aktiven, Inhibitoren in der inaktiven Form.
 
Durch Kombination verschiedener Substrat / Aktivator / Enzym- Systeme sind im Stoffwechsel komplexe Netzwerke metabolischer Regelung realisiert


Allosterische Steuerungen sind häufig das Werkzeug für physiologische Rückkopplung, womit z.B. Enzymaktivitäten oder endokrine Regelkreise stabilisiert werden können. Die Rückkopplung kann sowohl "rückwärts" (feedback) - z.B. wenn ein Hormon seine eigene Produktion eindämmt - als auch "nach vorne" (feedforward) erfolgen - z.B. wenn ein Sauerstoffmolekül am Hämoglobin dessen Affinität für weitere O2-Moleküle beeinflusst.
 
 

Physiologisch reguliert werden Enzymaktivitäten durch

    Klassische Aktivierung und Hemmung, z.B. durch Kompetition mehrerer Molekülarten um Bindung, oder allosterische Effekte - die Enzyme haben neben katalytischen auch regulatorische Bereiche, an denen steuernde Substanzen wirken ( Abbildung)

 
  Interkonversion, d.h. Änderung des Aktivitätszustandes z.B. durch Phosphorylierung (kann aktivieren oder auch inaktivieren)

 
  Räumlich-zeitliche Separation und entsprechende Aktivierung (Zymogene werden in inaktiver Form gespeichert und erst aktiviert, wenn dies sinnvoll ist - s. Verdauungsenzyme)

    Isoenzyme: Homologe Enzymvarianten mit unterschiedlichen, je nach Einsatzort optimierten Eigenschaften - z.B. LDH-Isoenzyme (Formen für Herz, Lymphsystem, Lunge, Nieren, Leber / Muskulatur)

    Kinetik: Gleichgewicht Enzymnachbildung / Abbau (Turnover)
   
Fremdstoffmetabolisierende Enzyme: Enzyme werden u.a. auch dazu benötigt, Fremdstoffe zu bearbeiten (um- oder abzubauen, löslich / ausscheidbar zu machen), die sich sonst im Körper anreichern und toxisch wirken. So bilden Pflanzen Substanzen, die ihren Verzehr vergällen sollen (Fraßgifte, Phytoalexine ). Insgesamt führen wir dem Körper mit der Nahrung ~104 verschiedene Fremdstoffe (Xenobiotika ) zu (z.B. in Kaffee ~300 verschiedene Substanzen).  Diese werden von fremdstoffmetabolisierenden Enzymen abgebaut, die im Rahmen von Phase I- und Phase II-Reaktionen aktiv werden: So werden etwa Phytoalexine in weniger gefährliche Stoffe umgewandelt und leichter ausscheidbar gemacht.

Solche Enzyme haben eine breite Substratspezifität und können daher auch viele synthetische Verbindungen (Pharmaka!) abbauen bzw. eliminierbar machen.
 
Enzymklassen
 
Nach der Art der geförderten Reaktion unterscheidet man folgende Enzymklassen (enzyme code EC 1 bis 7):

  
   Redoxreaktionen: Oxidoreduktasen (Klasse 1-Enzyme EC 1), sie erleichtern Redox-Reaktionen (Abgabe von Elektronen durch einen Donor = Oxidation - im Anabolismus wird oft NADPH oxidiert, dabei gibt es Elektronen ab; Aufnahme von Elektronen durch einen Akzeptor = Reduktion - im Katabolismus wird meist FAD oder NAD+ reduziert).
 
Allgemein: A- + B
→ A + B-

      Gruppenübertragungen: Transferasen (Klasse 2-Enzyme EC 2), sie übertragen funktionelle Gruppen von einem Molekül auf ein anderes, z.B. Transaminasen (Aminogruppe), Kinasen (Phosphat), Methyltransferasen (Methylgruppe).
 
Allgemein: A-X + B → A + B-X

 
   Kondensationen und Hydrolysen: Hydrolasen (Klasse 3-Enzyme EC 3) spalten Moleküle unter Einsatz von Wasser oder verknüpfen Moleküle unter Wasserausscheidung (Kondensation) - so entstehen z.B. Proteine aus einzelnen Aminosäuren, Ribosomen wirken hydrolytisch; Peptidasen / Proteasen wirken umgekehrt peptidbindungsspaltend, wobei H2O eingebaut wird. ATPasen und GTPasen hydrolysieren energiereiche Phosphatträger (ATP, GTP): ATPasen treiben Membranproteine wie die Na/K-Pumpe sowie Motorproteine wie Myosin an (Energiekopplung), GTPasen beteiligen sich an der Regulation zellulärer Reaktionsabläufe.
 
Allgemein: A-B + H2O A-H + B-OH

      Molekülspaltungen: Lyasen (Klasse 4-Enzyme EC 4) entfernen oder addieren Elemente z.B. von Wasser, CO2 oder Ammoniak von / zu einer Doppelbindung. Sie knüpfen kleine Moleküle - z.B. CO2 - an Doppelbindungen größerer und heißen deshalb auch Synthasen, können aber auch in umgekehrter Richtung wirken, z.B. Decarboxylasen.
 
Allgemein: A-B → A + B

  
   Isomerisierungen: Isomerasen (Klasse 5-Enzyme EC 5), sie "switchen" Moleküle zwischen isomeren Formen (Epimerasen, Mutasen)

  
   Synthesen: Ligasen (Klasse 6-Enzyme EC 6), sie verknüpfen Moleküle (ähnlich Klasse IV-Enzymen, aber unter Verwendung energiereicher Phosphate). Sie heißen deshalb auch Synthasen.
 
Sind die zu verbindenden Moleküle
M1 und M2 und NTP ein Nukleosidtriphosphat (z.B. ATP), gilt
 
Allgemein: M1 + M2 + NTP → M1-M2 + NDP + P

      Bewegung von Ionen / Molekülen über Membranen oder deren Separation in Membranen: Translokasen (Klasse 7-Enzyme EC 7).
 
Grundbausteine des Stoffwechsels
 
Als Energiespeicher stehen für kurze Zeit Kohlenhydrate (extrazelluläre Glucose; Glykogen in Leber- und Muskelzellen) und als Langzeitreserve Fette (Neutralfette in Fettzellen) zur Verfügung. Proteine sind wertvolle Baustoffe und werden nur im Notfall und zeitlich begrenzt zur Energiegewinnung herangezogen.


Tabelle: Energiespeicher im Organismus einer normalgewichtigen erwachsenen Person

Die bei weitem größte Energiereserve beinhaltet das Fettgewebe, sein Abbau kann den Energiebedarf des Organismus für mehrere Wochen decken. Die Leber bildet dann Ketonkörper, die im chronischen Hungerzustand einen großen Anteil der Energieversorgung des Gehirns übernehmen können


Die Glykogenolyse wird durch das Enzym Glykogen-Phosphorylase an mehreren Stellen der verzweigten Glykogenmoleküle gleichzeitig bewerkstelligt und liefert direkt Glucose-1-Phosphat - z.B. in den Muskelzellen, die damit direkt Energielieferanten erhält, die dabei aufgrund der Phosphorylierung nicht aus der Zelle entweichen können.

    Die wichtigste Energiereserve des Körpers ist das Fettgewebe. Bei einem Körperfett von z.B. 15 kg ( Tabelle) entspricht das etwa 140.000 Kilokalorien, bei einer erwachsenen Person der Energiebedarf für mehr als zwei Monate. Tatsächlich bezieht der Organismus im Hungerzustand den überwiegenden Großteil seiner Energie aus dem Fettgewebe (
Ketonkörper s. dort).

Der alimentäre Fettbedarf ist gering, da der Körper Fett aus Kohlenhydraten bilden kann; lediglich
essentielle Fettsäuren müssen zugeführt werden (insbesondere Linolsäure: Diese findet sich vor allem in Ölen (Sonnenblumen-, Weizenkeim-, Soja- und Maiskeimöl bestehen etwa zur Hälfte aus Linolsäure, Margarine zu ~10%, Butter zu ~3%).
 
Essentielle Aminosäuren können nicht von den Zellen synthetisiert werden
  
     Als essentiell gelten Aminosäuren, die der Körper nicht selbst synthetisieren kann (und die daher mit der Nahrung zugeführt werden müssen); als bedingt essentiell solche, die er aus anderen stickstoffhaltigen Metaboliten bilden kann (falls diese in ausreichender Menge vorhanden sind).

Der Körper ist für die Proteinsynthese auf 20 Aminosäuren absolut angewiesen (
Abbildung):
 

Abbildung: Aminosäuren
Nach einer Vorlage bei chemistry.msu.edu

Essentielle Aminosäuren grün markiert. Gezeigt sind der volle Name sowie das Namenskürzel (drei Buchstaben, blau) und der Einbuchstabencode, der bei der Angabe von Aminosäuresequenzen verwendet wird (rot)


Etwa die Hälfte davon kann vom Körper nicht selbst gebildet werden (essentielle Aminosäuren), zumindest nicht im nötigen Ausmaß: Die für die Synthese notwendigen Enzyme sind im Laufe der Phylogenese verloren gegangen, die betreffenden Aminosäuren müssen von außen zugeführt werden.

Absolut essentiell sind Lysin und Threonin, sie können nicht aus den entsprechenden Ketosäuren hergestellt werden (die dazu nötigen Aminotransferasen sind nicht vorhanden). Weiters benötigen Valin, Leucin, Isoleucin, Methionin, Phenylalanin und Tryptophan zu ihrer Synthese die entsprechende Ketosäure, dann können sie im Körper aufgebaut werden. Bedingt essentiell - nämlich
während Wachstum und Schwangerschaft - sind Arginin und Histidin.

Cystein und Tyrosin sind semiessentiell, d.h. sie können vom Körper nur gebildet werden, wenn andere essentielle Aminosäuren vorhanden sind.

Alle Zellen bilden Proteine für ihren Bedarf, viele für Sekrete oder Signalstoffe, die Leber zusätzlich für das Blutplasma (Volumenerhalt, Gerinnung, Transport). Kohlenhydrate stellen meist den Hauptanteil der Energielieferung, sie werden als Glykogen in Leber und Muskelzellen gespeichert, diese Reserve hält nur für einige Stunden vor.
 

Zum Bedarf an Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen s. dort
 
Vorübergehend kann die Zelle ihren Energiebedarf auch ohne Sauerstoff (anoxidativ) decken, vor allem durch teilweisen Abbau von Zucker (anaerobe Glykolyse).


1992 erhielten die Biochemiker Edmond Fischer und Edwin Krebs (nicht verwandt mit Hans Krebs, nach dem der Citratzyklus benannt ist und der 1953 Nobelpreisträger war) den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin "für ihre Entdeckung der Mechanismen, welche die Stoffwechselvorgänge in Organismen steuern". Fischer und Krebs arbeiteten über die Glykogenphosphorylase und erforschten ihre Aktivierung / Inaktivierung mittels second-messenger-Mechanismen.



 
Sind die Energiereserven der Zelle aufgebraucht, kommt es bei Bestehen einer Unterversorgung mit Substrat und Sauerstoff zu einem - zunächst reversiblen, später bleibenden - hypoxischen Schaden; die Funktionen der Zelle sind eingeschränkt. Das führt u.a. zu einer mangelhaften Transportleistung der Transportsysteme in der Zellmembran; dies bewirkt osmotischen Wassereinstrom und Zellschwellung.

Die Erhaltung des Zellvolumens ist an eine intakte Energieversorgung geknüpft und leidet unter Sauerstoffmangel (Pathologie: Dystrophie, “trübe Schwellung” geschädigter Zellen).
 

 
      Mit ~10 MJ verbraucht ein erwachsener Mensch etwa gleich viel Energie wie eine 100 W-Glühbirne. Dazu wird Sauerstoff benötigt: Zellen gewinnen ihre Energieträger (ATP) vor allem durch oxidative Phosphorylierung von Nahrungsstoffen und im Körper nutzbaren Depots. Bei deren Abbau gewonnene energiereiche Elektronen werden an der inneren Mitochondrienmembran entlang einer enzymatischen Transportkette weitergereicht, dabei gelangen Protonen in den Intermembranraum, die beim Zurückdiffundieren durch ATP-Synthasen energiereiche Phosphate (ADP + P → ATP) erzeugen. Die hier gespeicherte Energie kann auf energieverbrauchende Vorgänge (Bewegung, Transport, Aufbau) übertragen werden. Vorübergehend kann die Zelle ihren Energiebedarf auch anoxidativ decken (anaerobe Glykolyse)
 
      Enzyme stoßen Reaktionen an, indem sie die Energieschwelle erniedrigen, die für deren Start erforderlich ist. Über Wirkung aktiver Zentren und instabiler Zwischenzustände reduzieren sie die freie Enthalpie des Übergangszustandes (freie Aktivierungsenergie), steigern die Zahl der Moleküle, die diese Energiebarriere überwinden, und können Reaktionen um Zehnerpotenzen beschleunigen. (In-) Aktivierung, Bildung und Abbau sowie Gruppierung von Schlüsselenzymen können ganze metabolische Pfade einfrieren oder einschalten (veränderte Verfügbarkeit von Substraten oder Intermediärprodukten). Enzyme ändern nichts am chemischen Gleichgewicht, erhöhen aber die "Trefferquote" der Reaktionspartner und damit die Geschwindigkeit der Hin- und Rückreaktion
 
      Eine Kenngröße enzymatischer Aktivität ist die Michaelis-Menten-Konstante (KM) - die Substratkonzentration, bei der die Reaktionsgeschwindigkeit halbmaximal ist. KM kann als Maß für die Affinität eines Enzyms / Transportproteins für sein Substrat gelten: Niedriger [KM] bedeutet stabile Bindung (hohe Affinität) zwischen Enzym / Transporter und Substrat, hoher [KM] bedeutet niedrige Bindungsstärke. Die Michaelis-Menten-Gleichung gibt die Geschwindigkeit (V) der katalysierten Reaktion an, sie hängt ab von der Substratkonzentration (S) und [KM]: V = Vmax ([S] / [S] + KM) 
 
      Es gibt Oxidoreduktasen, Transferasen, Hydrolasen, Lyasen, Isomerasen, Synthetasen, ATPasen / GTPasen. Viele Enzyme funktionieren allosterisch (Konformationsänderung) und verfügen über unterschiedliche Bindungsstellen (Anlagerung von Substrat einerseits, regulierenden Signalmolekülen andererseits). Reguliert werden Enzymaktivitäten durch Aktivierung und Hemmung, z.B. durch allosterische Effekte oder Kompetition um Bindung; Änderung des Aktivitätszustandes, z.B. durch Phosphorylierung; räumlich-zeitliche Separation; oder Veränderung des Gleichgewichts Enzymnachbildung / Abbau. Aktivatoren arretieren das Molekül in der aktiven, Inhibitoren in der inaktiven Form
 
      Die wichtigste Energiereserve des Körpers ist das Fettgewebe (Energiebedarf für Monate), aus ihm bezieht der Körper im Hungerzustand den Großteil seiner Energie. Fette können aus Kohlenhydraten aufgebaut werden. Für einige Stunden kann Energie aus Kohlenhydratreserven (Glykogen) bezogen werden: Glykogen-Phosphorylase spaltet an mehreren Stellen der verzweigten Glykogenmoleküle gleichzeitig. Proteine sind wertvolle Baustoffe und werden nur im Notfall und zeitlich begrenzt zur Energiegewinnung herangezogen
 
      Von den zwanzig Aminosäuren sind etwa die Hälfte essentiell - sie können vom Körper nicht (Lysin, Threonin) oder nur bedingt (Valin, Leucin, Isoleucin, Methionin, Phenylalanin, Tryptophan; während Wachstum und Schwangerschaft auch Arginin und Histidin) selbst gebildet werden. Cystein und Tyrosin sind semiessentiell, d.h. sie können vom Körper nur in Anwesenheit anderer, essentieller Aminosäuren gebildet werden
 

 




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