Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Medizinische Physiologie der Leberfunktionen

Energiehaushalt und Substrat-Interkonversion
© H. Hinghofer-Szalkay

Cori-Zyklus: Gerty Cori, Carl F. Cori
Embden-Meyerhof-Parnas-Weg:  Gustav G. Embden, Otto F. Meyerhof, Jakub K. Parnas
Glykolyse: γλυκύς = süß, λύσις = Auflösung
Ketokörper, Ketose (Ketoazidose): Von Aceton <-- frz. acétone
Taurin: bos taurus = Ochse (Taurin 1827 aus Ochsengalle isoliert)





Wenn Aminosäuren für den Energiestoffwechsel genutzt werden sollen, müssen sie desaminiert werden - d.h. Stickstoff wird aus dem Molekül entfernt. Über den Glucose-Alanin-Zyklus wird aus Muskelprotein Glucose gewonnen: die Leber wandelt Alanin (und Ketoglutarat) zu Stickstoff (für den Harnstoffzyklus) und Pyruvat (für die Gluconeogenese) um. Diese Reaktion wird durch ein Enzym beschleunigt, das vor allem von Leberzellen gebildet wird: Die Alanin-Aminotransferase AL(A)T (früher GPT).

Wenn Lactat zu Glucose verwandelt werden soll, bedarf es ebenfalls der hepatischen Enzymausstattung. Im Cori-Zyklus wandert Glucose von Leber zu Muskulatur (Glykolyse), Lactat von Muskulatur zu Leber (Gluconeogenese).

Es gibt mehrere energierelevante Umwandlungsprozesse in der Leber: Gluconeogenese (Hirnstoffwechsel!), Glykogenolyse (angeregt durch Glucagon, Adrenalin u.a.), Glykogensynthese (osmotische Pufferung), Glykolyse (aerob oder anaerob), Lipogenese, Cholesterinsynthese, Aminosäurestoffwechsel, Harnstoffsynthese. In Hungerperioden produziert die Leber - über die basale Ketogenese hinaus - vermehrt Ketonkörper (Ketose) für fast alle Gewebe, vor allem das Gehirn.

Weitere Interkonversionen betreffen u.a. Cholesterinbildung, Nukleinsäuremetabolismus, Vitaminspeicherung und Säure-Basen-Haushalt (Glutamat, Ammonium, Harnstoff).



Leber und Muskel: Glucose-Alanin- und Cori-Zyklus  Leber und Energiestoffwechsel Hunger und Ketonkörper Leber und pH-Regulation Leber und Cholesterin Nukleinsäuren, Vitamine, Spurenelemente

   Gluconeogenese

Core messages
 
Die Leber verfügt über eine hohe funktionelle Reservekapazität: Ein Bestand von nur ~20% der Hepatozyten ermöglichen das Überleben mit ausreichender hepatischer Funktion, wenn ein vorsichtigter Lebensstil ohne besondere metabolische Belastungen gepflogen wird. ~25% des Lebergewebes reichen für eine vollständige Regeneration nach Entfernung von ~75% des Organs aus.

     Als Gluconeogenese bezeichnet man die Fähigkeit einer Zelle, aus Nichtzucker-Bausteinen des Metabolismus (Lactat, Aminosäuren, Glycerin) Glucose zu synthetisieren. Dieser Vorgang ist im Wesentlichen eine Umkehrung der Glycolyse und findet vorwiegend im Zytoplasma statt; die Glucose-6-Phosphatase wirkt im endoplasmatischen Retikulum, die Pyruvatcarboxylase in den Mitochondrien. Für einen vollständigen Ablauf der Gluconeogenese sind daher diese drei Zellkompartimente notwendig. Leber, Nieren und Darm sind zur Gluconeogenese fähig; die Leber tut dies u.a., um den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren. Sie
verfügt über genügend Glucose-6-Phosphatase, um das Phosphat aus Glucose-6-Phosphat  zu entfernen und Glucose zu mobilisieren (vgl. dort) und versorgt andere glucoseabhängige Zellen, insbesondere im Nervensystem sowie im Blut (Erythrozyten).
 
Die Leber kann aus Aminosäuren oder Lactat Glucose bilden
 

Nach einer Nüchternperiode (wie beim Aufwachen nach einer nächtlichen Schlafphase) ist der Blutzucker- und Insulinspiegel niedrig, die Konzentration an Fettsäuren (mobilisiert aus Fettgewebe) hoch - der niedrige Insulinspiegel bedeutet auch, dass die Lipolyse kaum gehemmt ist. Zellen, die auf anaerobe Glykolyse spezialisiert sind (wie rote Blutkörperchen, die keine Mitochondrien haben und ihren Energiestoffwechsel glykolytisch bestreiten), senden Lactat zur Leber.

Die Leber verfügt über hohe oxidative Kapazität, vor allem im peripheren Azinusbereich (Zone 1). Daher ist sie u.a. in der Lage, Lactat zu metabolisieren ( Abbildung; Cori-Zyklus, Abbildung unten). Lactat fällt insbesondere bei starker körperlicher Belastung in der Skelettmuskulatur an.
  Muskelzellen sind enzymatisch nicht dazu ausgestattet, Lactat in Glucose rückzuverwandeln; dazu wird die Enzymausstattung der Leber benötigt.

Bei der Fettsäureoxidation fallen auch Ketonkörper an, die von Gehirn, Muskeln, Nieren und Fettgewebe utilisiert werden können. Bei andauerndem Hungerstoffwechsel gewinnen diese Produkte der ß-Oxidation an Bedeutung für den Energiestoffwechsel.


Die Leber kann auch Aminosäuren zur Energiegewinnung nutzen: In hohem Maße gilt das für Alanin (Glucose-Alanin-Zyklus, Abbildung). Dieses wird in den Muskeln aus überschüssigem Stickstoff (in NH4+) und Pyruvat gebildet und mit dem Kreislauf zur Leber transportiert. Leberzellen können Alanin desaminieren (sie verfügen über Alanin-Aminotransferase), es entsteht Pyruvat, und es fällt Stickstoff (für den Harnstoffzyklus) an. Pyruvat kann anschließend zu Glucose aufgebaut werden (Gluconeogenese).
 
     Desaminierung von Aminosäuren ist die Voraussetzung für deren Verwendung als Energieträger.

Aus Muskeleiweiß kann so Glucose für den Energiestoffwechselgewonnen werden. Im Nüchternzustand konsumiert die Skelettmuskulatur selbst hauptsächlich Fettsäuren, nur wenig Glucose (niedriger Glucose- und Insulinspiegel).
 
 
Abbildung: Glucose-Alanin-Zyklus
Nach einer Vorlage bei Nelson / Cox, Lehninger's Principles of Biochemistry, 5th ed. 2008

Im Glucose-Alanin-Zyklus wird Energie in Form von Glucose aus dem Abbau von Muskelprotein gewonnen und Harnstoff synthetisiert (dadurch wird einer Ammoniakvergiftung vorgebeugt)
 
Die Alanin-Aminotransferase (ALT) katalysiert in beiden Richtungen (Muskel: Alaninbildung, Leber: Glutamatbildung)


Alanin

       Der Glucose-Alanin-Zyklus stellt dem Muskel Glucose zur Verfügung und entfernt Stickstoff ( Abbildung).

Sowohl die Umwandlung von Alanin und Ketoglutarat zu Pyruvat und Glutamat (Leberzelle) als auch die umgekehrte Reaktion - Alanin und Ketoglutarat aus Pyruvat und Glutamat (Muskelzelle) - wird durch die Alanin-Aminotransferase (ALAT, ALT - früher: Glutamat-Pyruvat-Transaminase, GPT) beschleunigt.

ALT (erhöhter Plasmaspiegel: Diagnostik von Leberschäden) benötigt als Coenzym Vitamin B6.

Gewebe, die im Rahmen ihres Energiestoffwechsels Lactat produzieren (z.B. Erythrozyten, Nierenmark, stark belasteter Skelettmuskel), liefern damit der Leber Nachschub für die Gluconeogenese; die Glucose gelangt zu den Verbrauchern zurück (Cori-Zyklus,
Abbildung):
 

Abbildung: Cori-Zyklus
Nach einer Vorlage bei Lehninger Principles of Biochemistry, 4th ed.

Im Cori-Zyklus ergibt sich ein Glucose-Lactat-Kreislauf zwischen der Leber und peripheren Geweben:
 
Aktive Muskelzellen (in denen die aerobe Glykolyse nicht ausreicht, um den aktuellen Energiebedarf zu decken) und rote Blutkörperchen (die vollständig auf anaerobe Glykolyse angewiesen sind) erzeugen Lactat, das von der Leber zu Glucose umgebaut wird (Glukoneogenese). Dazu benötigtes ATP stammt aus dem oxidativen Abbau von Fettsäuren.
 
Die Glucose kann in die Glykogensynthese einfließen oder dient der Versorgung peripheren Gewebes, u.a. von Muskelzellen (damit schließt sich der Versorgungskreis)



Gewebe, die ihre ATP-Synthese teilweise (stark belastete Muskelzellen) oder gänzlich (Erythrozyten) über anaerobe Glykolyse (Abbau von Glucose zu Pyruvat / Lactat) antreiben, geben Lactat an den Kreislauf ab. Dieses wird an Orten mit hohem Sauerstoffangebot / ausreichender Durchblutung - wie Leber oder Herzmuskel - wiederverwertet (Glukoneogenese, angetrieben über ATP aus oxidativer Phosphorylierung).

  Der Cori-Zyklus nimmt Lactat aus der Peripherie (z.B. akut belasteter Muskulatur) auf, bildet daraus Glucose (energetisch angetrieben durch Fettsäureabbau) und retourniert diese zu glucoseabhängigen Zellen (z.B. aktive Myozyten, Abbildung). Der Cori-Zyklus verknüpft die Glykolyse in arbeitender Muskulatur (und anderer Zellen, insbesondere roten Blutkörperchen) mit der Glukoneogenese in der Leber - was wiederum glucoseabhängigen Geweben zugute kommt.

Die Vorteile des Cori-Zyklus sind die folgenden:

     Kein "Rückstau" von Lactat in stark belasteter Muskulatur oder in Erythrozyten

     Regenerierung von Glucose, Glykolyse kann fortgesetzt werden

     Regenerierung von NADH (via Lactat-Dehydrogenase), das für die Glukoneogenese benötigt wird

Anfallendes Lactat kann so
via Pyruvat - abhängig von der metabolischen Situation -
 
      aerob vollständig abgebaut (Resorptionsphase), oder
 
      als freie Glucose in den Extrazellulärraum abgegeben bzw. in Glykogen eingebaut werden (Postresorptionsphase).
 
      Über Leber und Kohlenhydrat- bzw. Fettstoffwechsel s. dort
 
Synthese, Speicherung, Umbau, Abbau
 
Die Beteiligung der Leber am Energiehaushalt ist vielfältig (Einzelheiten s. Biochemie):

     Gluconeogenese, d.h. die Neubildung von D-Glucose aus Vorstufen wie Pyruvat oder Oxalacetat. Sie findet sowohl im Zytoplasma als auch in Mitochondrien statt (Glykolyse nur im Zytoplasma). Dabei werden 6 hochenergetische Phosphatbindungen (4 von ATP, 2 von GTP) hydrolysiert, um aus zwei Molekülen Pyruvat ein Molekül Glucose zu synthetisieren.

Erwachsene Personen verstoffwechseln mindestens ~200 g Glucose täglich. Hauptabnehmer sind Gewebe, die für ihren Energiehaushalt von Glykolyse abhängig sind. Das sind insbesondere das Gehirn, weiters arbeitende Muskulatur, Erythrozyten (die auf anaerobe Glykolyse angewiesen sind) und die Nieren.
  Gluconeogenese ist von entscheidender Bedeutung, wenn der Körper seine Kohlenhydratreserven verbraucht hat - wie beim Fasten, im Hungerzustand, nach intensiver Muskelbelastung oder infolge anhaltend kohlenhydratarmer Kost. Dann muss Glucose aus Pyruvat oder anderen C-Trägern de novo gebildet werden. Die Leber bestreitet 90% der Gluconeogenese für den Organismus; beteiligt sind weiters Nieren und Dünndarm. Abnehmer der neu synthetisierten Glucose sind vor allem Erythrozyten (ihr Energiestoffwechsel ist vollständig auf anaerobe Glykolyse angewiesen), Nervengewebe (weitgehend auf Glucose angewiesen), aktive Muskulatur, Nierengewebe.
 

Abbildung: Gluconeogenese
Nach einer Vorlage bei WikimediaCommons


Im ersten Schritt der Gluconeogenese wird in den Mitochondrien Pyruvat carboxyliert, es entsteht Oxalacetat.
 
Das verantwortliche Enzym ist die Pyruvatcarboxylase; diese wird durch Acetyl-CoA (dessen Pegel z.B. im Hungerzustand ansteigt) angeregt, weiters durch Cortisol (dieses regt die Synthese der
Pyruvatcarboxylase an).

Enzyme sind in blauer Schrift angegeben. Rote Pfeile symbolisieren irreversible Reaktionen



An diesem Vorgang (Pyruvat → Oxalacetat → Glucose) sind 10 enzymatische Schritte (drei davon irreversibel, Abbildung) in mehreren Kompartimenten (Mitochondrien, Zytoplasma, endoplasmatisches Retikulum) beteiligt.

  
  Glykogenolyse - der Abbau von Glykogen zu Glucose-1-phosphat und Glucose.

Ein erhöhter Energiebedarf des Körpers regt die Ausschüttung von Adrenalin und Glucagon an, was die Glykogenolyse stimuliert. Insulin hemmt hingegen glykolytische Aktivität.

  
  Glykogensynthese - Glykogen ist osmotisch kaum aktiv, die speichernde Zelle hält ihr Volumen so gut wie unverändert, s. dort

     Glykolyse (Embden-Meyerhof-Parnas-Weg, EMP-Weg ): Abbau von Glucosemolekül zu Pyruvat, wobei Energie auf ATP übertragen und NAD+ zu NADH reduziert wird.

Dies ist der bedeutendste Abbauweg für Kohlenhydrate. Die Energie kann aerob (
wenn Sauerstoff für die Atmungskette vorliegt Acetyl-CoA) oder anaerob (Lactat) gewonnen werden
 

Abbildung: Zentrale Stoffwechselwege: Eine Übersicht
Nach einer Vorlage bei http://www.metabolicpathways.teithe.gr/


Die biochemischen Teilsysteme sind miteinander über enzymatisch regulierte - katabole oder anabole - Reaktionen verknüpft. Die Zelle kann ihren Stoffwechsel über Expression entsprechender Enzyme in spezifische Richtungen lenken.
 
Für die metabolischen Schritte notwendigen Baustoffe (Aminosäuren, Kohlenhydrate, Elektrolyte etc) müssen - soferne nicht in ausreichendem Maße in der Zelle vorhanden -
aus dem Extrazellulärraum über die Zellmembran mittels Transporter  herangeschafft werden. Auch deren Synthese kann die Zelle steuern.
 
Der Pentosephosphatweg baut Glucose zu Ribosen um (Nukleotidsynthese) und bildet Reduktionsäquivalente (NADPH/H+,
NADH/H+).
 
Der Harnstoffzyklus (Krebs-Henseleit) bildet Harnstoff aus stickstoffhaltigen Abbauprodukten (Ammonium u.a.). Transaminierungen transponieren α-Aminogruppen von Aminosäuren auf α-Ketosäuren.
 
Zur ß-Oxidation s. dort.
 
Ketonkörper sind eine transportable Form des Acetyl-CoA (Hungerstoffwechsel).
 
 Der Krebs- (Citrat-) Zyklus gewinnt Energie aus dem oxidativen Abbau organischer Stoffe. ß-Oxidation bedeutet Fettsäureabbau


     Fettsäuresynthese (Lipogenese): Sie erfolgt im Zytoplasma unter Einfluss eines multifunktionalen Enzyms, der Fettsäure-Synthase

  
  Die komplexe Cholesterinsynthese (Mevalonatweg) erfolgt in erster Linie in Leber und Darmschleimhaut. Soferne möglich, verwendet der Körper Nahrungscholesterin für seinen Bedarf. Da Cholesterin nicht die Blut-Hirn-Schranke passiert, synthetisiert das Gehirn sein eigenes Cholesterin

     Cholesterin- und Triglyzeridaufnahme: Die Leber hat eine zentrale Stellung im Fettstoffwechsel - inklusive Speicherung  s. dort
 
     Auf- und Abbau von Aminosäuren: Ähnliches gilt für Aminosäuren und Proteine  s. dort
 
      Zur Harnstoffsynthese  s. dort
 
  
  Über den Abbau von Hormonen, Medikamenten und anderen Stoffen (Phase I- und Phase-II-Reaktionen)  s. dort
 
Hungerstoffwechsel und Ketonkörper
 vgl. dort
 

Nach mehr als 24 Stunden Nahrungskarenz bzw. in Hungerperioden (Hunger, Fastendiät, unbehandelter Diabetes mellitus) beginnt die Leber, über die basale Synthese hinaus vermehrt Ketonkörper zu produzieren. Dazu werden im Fettgewebe Fettsäuren aus Triglyzeriden mobilisiert / oxidiert. Acetyl-CoA-Moleküle werden dabei in den Mitochondrien kondensiert, es entsteht HMG-CoA ( Abbildung) und daraus die wasserlöslichen sauren Produkte Acetessigsäure (acetoacetate), ß-Hydroxybuttersäure (ß-hydroxybutyrate) und Aceton (acetone). Nach wenigen Tagen ttritt eine deutliche Erhöhung der Ketonkörperkonzentration im Blut (Ketose) mit Senkung des Blut-pH (Ketoazidose) auf.
 

Abbildung: Synthese der Ketonkörper
Nach einer Vorlage bei Ahern K, Rajagopal I: Ketone Body Synthesis. bio.libretexts.org / Bookshelves / Biochemistry

Ausgangssubstanz ist HMG-CoA. Ketonkörper in den rosa gefärbten Feldern.
 
Die HMG-CoA-Lyase ist ein Schlüsselenzym für die Ketogenese: Es regt in den Mitochondrien der Hepatozyten die Bildung von Acetessigsäure an.
 
Acetessigsäure zerfällt auch ohne enzymatische Einwirkung zu Aceton und CO2 - oder auch durch Einwirkung von Acetoacetat-Decarboxylase. Die Umwandlung der Acetessigsäure zu ß-Hydroxybuttersäure bedarf der Wirkung (NADH-abhängig) von Hydroxybutyrat-Dehydrogenase

Ketonkörper werden als Nebenprodukte der Fettsäureoxidation (ß-Oxidation) in den Mitochondrien der Hepatozyten - also nur in der Leber - produziert. Dabei werden drei Acetyl-Coenzym A (AcCoA)-Moleküle zu ß-Hydroxy-ß-Methlyglutaryl-CoA (HMG CoA) kondensiert - durch die Wirkung einer HMG-CoA-Synthase, dem geschwindigkeitsbestimmenden Enzym der Ketonkörpersynthese. HMG-CoA ist dann die Ausgangssubstanz für die Entstehung der Ketonkörper (ß-Hydroxy-Buttersäure, Acetessigsäure und Aceton - Abbildung).

Ketonkörper dienen fast allen Geweben
- insbesondere dem Gehirn (nur nicht Erythrozyten und der Leber selbst) - als Energiequelle. Da das Fettgewebe im Hungerzustand die Lipolyse erhöht, fallen vermehrt Fettsäuren an (und aus der Muskulatur kommen glucoplastische Aminosäuren), und die Leber hat ausreichend Substrat für die Ketogenese - in deren Ablauf Coenzym A entsteht, was wiederum der ß-Oxidation zugute kommt (Biochemie). Im fortgesetzten Hungerzustand werden die Ketonkörper zum wichtigstenn Energielieferanten des Gehirns. Die Fettreserven des Körpers können (je nach Ausgangssituation) das Gehirn via Ketonkörper bis zu mehrere Monate mit Energie versorgen; sind die Fettreserven aufgebraucht, ist auch diese Option erschöpft, und es müssen körpereigene Proteine als Energielieferanten abgebaut werden (was entsprechende Funktionseinschränkungen nach sich zieht).

ß-Hydroxybutyrat ist konzentrationsmäßig führend und der wesentliche energiespendende Ketonkörper. Aceton hat keine metabolische, aber diagnostische Bedeutung (Ketose-Geruch in der Expirationsluft Hungernder - riecht wie Nagellackentferner; Aceton wird auch mit dem Harn ausgeschieden). Im ketotischen Zustand steigt die Ketonkörperkonzentration im Blutplasma bis auf ~4 mM/l an, was etwa einer Verzwanzigfachung des Normalwertes entspricht.
 
Basale Ketogenese: Die Leber bildet ständig etwas Ketonkörper, der normale Blutspiegel
(ohne Hungerzustand) beträgt ~0,02 g/l (~0,2 mM/l).
 
Wie stellen Ketonkörper Stoffwechselenergie bereit? Das erfolgt durch folgende Schritte:

    ß-Hydroxybutyrat wird zu Acetoacetat rückverwandelt (dabei wird NAD+ zu NADH und dieses überträgt sein Elektron auf den Komplex I der Atmungskette, es entstehen 3 ATP)
 
    CoA wird von Succinyl-CoA enzymatisch auf Acetoacetat übertragen; diese Bildung von Acetoacetyl-CoA kostet 1 GTP. (Leberzellen verfügen nicht über das verantwortliche Enzym Thiophorase und können diesen Schritt nicht nutzen.) Ein weiteres Enzym (Thiolase) bricht anschließend Acetoacetyl-CoA zu 2 Acetyl-CoA auf, dieses gelangt in den Citratzyklus und liefert schließlich 2 mal 12 ATP.
 
Der Gesamtgewinn an ATP beträgt 26 mol ATP (3 + 24 - 1) pro mol verwertetem ß-Hydroxybutyrat.

  
  Zum Stoffwechsel in der postresorptiven Phase s. dort
 
Leber und pH-Regulation
 

Am Säure-Basen-Haushalt beteiligt sich die Leber durch entsprechende Anpassung der Stickstoffausscheidung. Harnstoff ist der quantitativ führende Weg zur Stickstoffausscheidung (~900 mM N/d). Die Harnstoffsynthese konsumiert sowohl H+ als auch HCO3-. Bei ausgeglichenem Säure-Basen-Haushalt wird Stickstoff im periportalen Bereich des Leberläppchens zu >90% als Harnstoff gebunden; die Ausscheidung von Harnstoff ist pH-neutral.

     Bei Azidose wird vermehrt Glutamat verwendet, um Stickstoff zu binden, die Ausscheidung von Ammonium nimmt zu. Mit Ammoniumchlorid gelangen saure Valenzen zur Ausscheidung; Ketoglutarat wird abgebaut, es entsteht Bicarbonat.

     Bei Alkalose nimmt die Stickstoffelimination über Harnstoff zu, die N-Ausscheidung über Ammonium ab.

Leber und Cholesterinstoffwechsel
Zur Cholesterinproduktion s. dort, zum Lipidstoffwechsel s. dort
   Cholesterin wird hauptsächlich über die Galle ausgeschieden. Die Hepatozyten bilden daraus primäre Gallensalze (Cholat, Chenodesoxycholat). Diese werden zwecks besserer Wasserlöslichkeit konjugiert (mit Glyzin, Sulfat, Glukuronat oder Taurin ) und in die Primärgalle der Gallenkanälchen ausgeschieden.
 

 Abbildung: Hepatobiliäre, enterale und renale Transportsysteme
Nach Trauner M, Boyer JL. Bile Salt Transporters: Molecular Characterization, Function, and Regulation. Physiol Rev 2003; 83: 633-71

Gallensaure Salze (BS) werden von Hepatozyten basolateral über den Na+/Taurocholat-Cotransporter (NTCP) und organische Anionen- Transportproteine (OATPs) aufgenommen. Monovalente Gallensalze werden über den kanalikulären Gallensalz-Exporter (BSEP) ausgeschieden, bivalente über die kanalikuläre Pumpe MRP2, zusammen mit anderen Anionen (OA-).
  
Phosphatidylcholin (PC) wird über den Phospholipid-Exporter (MDR3) befördert, organische Kationen (OC) über den Multidrug-Exporter MDR1 (MDR3 bietet alternative Routen). Gallensäuren werden im Ileum wieder resorbiert (ISBT, ileal sodium / bile transporter) und über MRP3 an den Kreislauf weitergereicht.
  
Ähnliche Mechanismen existieren in der Niere (Tubuluszellen) und Gallengängen (Cholangiozyten). Gallensaure Salze gelangen über die Galle in den Darm, von wo sie rückresorbiert werden (dicke Pfeile)


  Über Transportsysteme s. auch dort   
 
Im Darm wird ein Teil der Gallensalze bakteriell umgewandelt (dekonjugiert, dehydroxyliert) und so zu sekundären Gallensalzen umgewandelt. Der enterohepatische Kreislauf bringt im Darm resorbierte Gallensalze an Albumin gebunden zu den Hepatozyten zurück (Aufnahme über das  Na-taurocholate cotransporting polypeptide NTCP Abbildung). Die Leberzellen konjugieren Gallensalze zurück, die vorher dekonjugiert wurden.
 
     Solchermaßen geht nur ein geringer Teil des Gallensäurepools (3-4 Gramm, Rezirkulation 4-12mal pro Tag) mit dem Stuhl verloren; Gallensalzmoleküle werden als Emulgator wiederverwendet.
 
Nukleinsäuren, Vitamine, Spurenelemente
 
  Der Nukleinsäurestoffwechsel synthetisiert Kreatinphosphat, Harnsäure, Pyrimidin, Purine. Bildung und Ausscheidung von Harnstoff bedeutet Ausscheidung von Ammonium aus dem Körper (hepatisches Koma bei Leberversagen).

  Die Leber speichert Vitamine - vor allem A (gut für ~10 Monate), D (3-4 Monate; auch Aktivierung des Provitamins zu Calcidiol, genügend UV-Bestrahlung vorausgesetzt), B12 (gut für bis zu mehrere Jahre). Seit langem ist bekannt, dass der Verzehr von Leber eine ausgezeichnete Vitaminquelle bedeutet.

  Die Leber speichert zahlreiche Spurenelemente. Dazu gehört Eisen, das als Ferritin gespeichert wird und neben Hämoglobin der bedeutendste Eisenspeicher im Körper ist. Dazu bildet die Leber Apoferritin, das Eisen reversibel bindet und so einen dynamischen Pool aufbaut.

  Zur Interaktion von Darm (Resorption), Leber (Speicherung), Knochenmark (Erythropoese), Milz (Ery-Abbau) und Nieren (Erythropoetin) s. auch dort
 

 
      Die Leber hat hohe oxidative Kapazität, vor allem in der peripheren (sauerstoffreichen) Zone I ihrer Azini. So kann sie aus Lactat, das (insbesondere bei körperlicher Belastung) aus Muskelzellen anflutet, Glucose aufbauen und diese der Muskulatur wieder zur Verfügung stellen (Cori-Zyklus). Weiters bildet die Leber aus Alanin und Ketoglutarat Glutamat (kann zu Harnstoff umgebaut werden) und Pyruvat (kann zur Glucosesynthese herangezogen werden); im Muskel läuft die Reaktion in die andere Richtung, so gelangt überschüssiger Stickstoff aus dem Muskel (Glutamat / Alanin) über die Leber schließlich in den Harn (als Harnstoff). Das benötigte Enzym ist in beiden Fällen Alanin-Aminotransferase (ALT), die als leberspezifisch gilt
 
      Gluconeogenese dient dem Glucoseangebot (~200 g/d) vor allem für das Gehirn;  Glykogenolyse wird durch Adrenalin und Glucagon angeregt (erhöhter Energiebedarf), durch Insulin gehemmt (postprandial); die Glykolyse (EMP-Weg) baut Glucose zu Pyruvat ab und bildet ATP / NADH. Aminosäuren, Kohlenhydrate, Elektrolyte gelangen aus dem Extrazellulärraum mittels Transportern in die Zelle, deren Synthese ist regulierbar. Der Pentosephosphatweg betreibt Nukleotidsynthese und bildet Reduktionsäquivalente (NADPH/H+). ß-Oxidation bedeutet Fettsäureabbau. Der Harnstoffzyklus (Krebs-Henseleit) bildet Harnstoff aus stickstoffhaltigen Abbauprodukten (Ammonium u.a.). Transaminierungen transponieren α-Aminogruppen von Aminosäuren auf α-Ketosäuren. Ketonkörper sind eine transportable Form des Acetyl-CoA (Hungerstoffwechsel). Fettsäure-Synthase ermöglicht Lipogenese, der Mevalonatweg Cholesterinsynthese
 
      Im Hungerzustand und unbehandeltem Diabetes mellitus produziert die Leber vermehrt (bis 20-fach) Ketonkörper (Ketose). ß-Oxy-Buttersäure und Acetessigsäure dienen vor allem dem Gehirn als alternative Energiequelle; Aceton hat diagnostische Bedeutung. Aus dem Fettgewebe kommen vermehrt Fettsäuren, aus der Muskulatur glucoplastische Aminosäuren
 
      Stickstoff wird zu >90% über Harnstoff aus dem Körper entfernt (~900 mM N/d). Bei Azidose nimmt über Glutamin / Glutamat / Ammonium die Ausscheidung von Ammoniumchlorid (saure Valenzen) zu, gleichzeitig entsteht Bicarbonat. Bei Alkalose wird die Ausscheidung von Harnstoff forciert, die Ammoniumexkretion reduziert
 
      Cholesterin wird hauptsächlich über die Galle ausgeschieden. Hepatozyten bilden daraus primäre Gallensalze (Cholat, Chenodesoxycholat), die mit Glyzin, Sulfat, Glukuronat oder Taurin konjugiert und in die Gallenkanälchen ausgeschieden werden. Monovalente Gallensalze werden über den kanalikulären Gallensalz-Exporter (BSEP) ausgeschieden, bivalente über die kanalikuläre Pumpe MRP2, zusammen mit anderen Anionen. Phosphatidylcholin wird über den Phospholipid-Exporter befördert, organische Kationen über den Multidrug-Exporter MDR1. Gallensäuren werden im Ileum wieder resorbiert (ileal sodium / bile transporter ISBT)
 

 




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