Die Leber ist
an der Physiologie des gesamten Organismus beteiligt. Sie
dient als
Energiespeicher, Substratquelle, Eiweißfabrik,
Entgiftungsstation etc. Hepatozyten wandeln Stoffe um und machen viele
davon ausscheidungsfähig; andere werden für
Emulgierung im
Verdauungssystem benötigt (Gallensäuren). Die
Galle ist das
Transportsystem für Stoffe, die von der Leber in den Darm gelangen sollen.
Hepatozyten
aktivieren u.a. biologische Wirkstoffe, etwa durch
Hydroxylierung von D
3-Hormon, oder Dejodinierung von Thyroxin zum
biologisch aktiven T
3; man spricht von
Biotransformation. Leberzellen
speichern auch Vitamine und Spurenelemente - für ganz unterschiedliche
Intervalle: So wird für Vitamin B
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nur ein Depot für wenige Tage angelegt (übliche Kost bietet kontinuierliche Zufuhr), der Vorrat an
Vitamin B
12 hingegen reicht für Jahre (überbrückt saisonale Versorgungsschwankungen).
Aufgrund ihrer intensiven Durchblutung und Speicherfähigkeit spielt die
Leber eine wichtige Rolle im
Kreislauf: Bei körperlicher Ruhe strömt fast ein Drittel des Herzminutenvolumens durch die
Leber. Eine Besonderheit ist der
Pfortaderkreislauf: 70% der
hepatischen Perfusion stammt aus dem Darm (v. portae), 30% ist
(sauerstoffreiches) arterielles Blut.
Die Leber ist eine Station des
Immunsystems: Endothel-, Stern-,
dendritische Zellen machen nur einige Prozent der Lebermasse aus,
beteiligen sich aber intensiv an der Bekämpfung von Pathogenen.
Versorgungsschwankungen,
die sich aus
der Unregelmäßigkeit der Nahrungsaufnahme ergeben, werden durch
metabolische Pufferfunktion der Leber überbrückt: Nährstoffe werden im Darm
resorbiert, gelangen
über den Pfortaderkreislauf in die Leber und werden dort z.T. gespeichert, z.T.
umgewandelt,
z.T. an den allgemeinen Kreislauf weitergereicht (Fette finden über
Lymphgefäße, unter Umgehung der Leber, direkt in den
systemischen Kreislauf). Diese Phase nennt man
postprandial, die gute Versorgung spiegelt sich in einem entsprechenden
Hormonmuster wider (viel Insulin, wenig Glucagon).
Versiegt der Nachschub aus dem Darm, folgt eine
postresorptive
Phase, in der Körperreserven für eine gleichmäßige Versorgung (z.B. mit
Glucose) herangezogen werden - wie aus der Leber
(Glykogenreserve, Glukoneogenese). Das Hormonmuster stellt sich um
(wenig Insulin, viel Glucagon). Nach einigen Stunden
ist der Glykogenvorrat der Leber geleert,
es müssen andere Reserven genutzt werden - insbesondere Fette, diese
bieten eine mehr als doppelt so große Energiedichte wie Zucker (oder
Aminosäuren): Triglyzeride werden im Fettgewebe abgebaut, Glyzerin und
Fettsäuren gelangen mit dem
Kreislauf in die Leber, und diese bildet
Ketonkörper -
die Energiewährung des Hungerzustands (Ketose). Die Leber kann
(wie der Darm) Cholesterin und Fettsäuren bilden (
Lipogenese).
Besonders sticht die Fähigkeit der Leber hervor, Eiweiß für den
Extrazellulärraum zu bilden (
Proteinsynthese) und zu sezernieren; so sind die
Plasmaproteine (die sich in Blut und
Interstitium verteilen) fast alle hepatogen (Ausnahme: γ-Globuline, die
aus Immunzellen stammen). So kann eine Fehlfunktion der Leber Eiweißmangel und Ödeme
verursachen (weil Albuminmangel den onkotischen Effekt des
Blutes verringert und Flüssigkeit vermehrt im Gewebe zurückbleibt).
© H. Hinghofer-Szalkay