Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

  
Körperhaltung und Motorik
 
Basalganglien und Motorik
© H. Hinghofer-Szalkay
Athetose: ἀ = un-, θετός < τιθέναι = veranlassen
Ballismus: βάλλειν = werfen, schleudern
Chorea: χορεία = Tanz

Dopamin: Dihydroxyphenylalanin
globus pallidus (lat) blasse Kugel
Habenulae: habena = Zügel
Parkinson-Syndrom: James Parkinson
Putamen (lat) Hülse, Schale
Schizophrenie: σχίζειν = abspalten, φρήν = Seele
Striatum: Streifenkörper (stria = Streifen)
Tourette-Syndrom: Nach G.G. de la Tourette

Planung und Feinsteuerung von Bewegungsabläufen bedürfen komplexer Kontrollmechanismen. So ist den Ausgängen der Pyramidenbahn im motorischen Kortex ein mehrgliedriger Mechanismus aus Basalganglien und motorischem Thalamus vorgeschaltet.

Die Basalganglienkette schaltet einen direkten und einen indirekten Rückkopplungsweg der motorischen Kontrolle:
 
 -- Der
direkte Weg bewirkt Disinhibition (Bewegungserleichterung),
 
 -- der indirekter Weg Inhibition (Bewegungshemmung).

Beteiligte Transmitter sind Glutamat (exzitatorisch) und GABA (inhibitorisch). Zusätzlich sind dem Striatum dopaminerge Einflüsse aufgeschaltet (exzitatorisch und inhibitorisch).

Die Funktion der Basalganglien lässt sich anhand von Funktionsstörungen ablesen, die Symptome wie (hyperton-hypokinetisch), Mb. ParkinsonHuntington-Chorea, Ballismus und Athetose (hypoton-hyperkinetischer Formenkreis) bewirken.

Basalganglien  Dopaminrezeptor


Bewegungsstörungen         Core messages
 
Sobald erlernte Bewegungsmuster und Verhaltensweisen zur automatisierten Routine geworden sind, wird deren Koordination von der Gehirnrinde an die Basalganglien ausgelagert. Das gilt nicht nur für die Verteilung des Muskeltonus, welche den Körper in stabiler Position hält: Basalganglien lernen auch die Verknüpfung wiederholt auftretender Kombinationen von Reizmustern und darauf folgender  willkürmotorischer Muster. So können Basalganglien die Realisierung oftmals frequentierter Reiz-Reaktions-Kombinationen übernehmen, transkortikale Schaltkreise dadurch entlasten und für andere Funktionen freimachen - beispielsweise beim Steuern eines Fahrzeuges, was bei geübten Menschen weitgehend unbewusst erfolgt. Endabnehmer der Rechenleistung der Basalganglien sind motorischer Thalamus und motorischer Kortex - letzterer triggert Bewegungen über Aktivierung motorischer Einheiten.

Die Basalganglien modifizieren die thalamische Aktivität unter Berücksichtigung peripherer und emotionaler Aspekte der Motorik
  
Die Basalganglien gehören - zusammen mit dem limbischen System - zu den subkortikalen Systemen des mesenenzephal-dienzephalen Abschnitts des Gehrins. Sie sorgen für ausgewogene und koordinierte Aktivierung der Muskulatur zur Stabilisierung der Körperhaltung und bei der Durchführung von Bewegungsprogrammen. Dabei werden nicht nur Informationen über die aktuelle Stellung und Bewegung der Gelenke berücksichtigt (Tiefensensibilität), sondern die motorische Planung und emotionale Komponenten (Gefühle → Körpersprache); auf Letzteres ist das limbische System fokussiert.
 

Abbildung: Basalganglien
Nach Nieuwenhuys R, Voogd J, van Huijzen C. The Human Central Nervous System: A Synopsis and Atlas, 2nd ed. 1981 (Springer Berlin)

Farbcodierung in den folgenden Bildern beibehalten

Im Mittelpunkt dieses Systems stehen die Basalganglien ( Abbildung).
 
Dazu gehören
    das
Striatum (nucleus caudatus + Putamen + nucleus accumbens),
    das Pallidum (globus pallidus),
 
   der nucleus subthalamicus,
    die substantia nigra (nucleus niger).

Alle diese Strukturen liegen in unmittelbarer Nähe zum Thalamus, dem größten Teil des Diencephalon, und werden dem Telencephalon zugezählt.

Diese Kerne beeinflussen einander mit vorwiegend hemmenden Verbindungsbahnen; daraus ergeben sich Regelkreise und Feinabstimmungen für die Kontrolle der Motorik. Den Großteil ihrer Inputs erhalten die Basalganglien aus allen Teilen des Großhirns (vor allem der motorischen und primären sensorischen Rinde) sowie aus der substantia nigra. Die (primären) Outputs projizieren auf den primären Motorkortex, das supplementärmotorische Areal, die prämotorische Rinde (über den Thalamus) sowie auf motorische Kerne im Hirnstamm.
 

Abbildung: Parallele Rückkopplungsschleifen zwischen Basalganglien, Thalamus und Großhirnrinde
Nach einer Vorlage in Banich / Compton, Cognitive Neuroscience, 4th ed. 2018, Cambridge Univ. Press

Diese Schleifen sind funktionell weitgehend eigenständig, aber teilweise überlappend (Farbcode) und antero-posterior orientiert: Die limbische (rot unterlegt) zieht durch vordere Teile des Striatum und Pallidum und zieht durch den medial-orbitofrontalen Kortex; daran schließen assoziative (gelb), sensorische (grün) und motorische Teile an (blau)


Wie das Kleinhirn, sind die Basalganglien in Kontrollschleifen eingebunden, die auch Teile des Großhirns einschließen ( Abbildung). Die Großhirnrinde projiziert auf die Basalganglien und diese über den Thalamus zurück auf den Kortex; zusätzlich kommen Inputs über nigrostriatale Bahnen und aus dem nucleus subthalamicus, und Projektionen der Basalganglien auf die oberen Vierhügel (Kontrolle der Okulomotorik).

Im Gegensatz zum Kleinhirn - dessen Bewegungen rasch erfolgen und nicht mehr modifiziert werden können, wenn sie einmal in Gang gebracht wurden - kümmern sich die Basalganglien um die Initiierung (oder auch das Aufhalten) langsamerer, komplexer Bewegungen im Rahmen der Körperhaltung, den Ablauf erlernter motorischer Muster, die zeitliche Koordination sequenzieller Bewegungen sowie das "Umschalten" zwischen motorischen Programmen.

Die Basalganglien verwenden verschiedene Transmitter, die teils exzitatorisch (Glutamat, Acetylcholin), teils hemmend wirken (GABA, Dopamin) und in den Neuronenendigungen, d.h. direkt präsynaptisch synthetisiert werden; das neuroaktive Peptid Substanz P entsteht im Soma und wird mittels axonalem Transport zur Synapse gebracht. Als exzitatorischer Transmitter dient Glutamat, als inhibitorischer GABA (γ-Aminobuttersäure). Dopamin kann über D1-Rezeptoren exzitatorisch (direkter Weg), über D2-Rezeptoren inhibitorisch wirken (indirekter Weg).

Defekte im Bereich der Basalganglien äußern sich typischerweise in Bewegungen, die der willkürmotorischen Kontrolle nicht mehr (vollständig) unterstellt werden können.

Während man ursprünglich der Meinung war, dass die Basalganglien rein motorische Funktionen haben, weiß man heute, dass sie auf weite Teile des Hirnstamms sowie (über den Thalamus) der Hirnrinde projizieren - einschließlich des limbischen Systems. Damit haben sie Einfluss auf Kognition, Motivation und Affekte - was sich bei Erkrankungen der Basalganglien entsprechend bemerkbar macht.


Prägendes Merkmal der Basalganglienfunktion sind Inhibition und Disinhibition. GABAerge Neuronen in Projektionskernen der Basalganglien haben hohe tonische Entladungsfrequenzen (40-80 Aktionspotentiale pro Sekunde) und zügeln damit die Aktivität ihrer Zielneurone in Thalamus und Hirnstamm. Werden andere, diesen daueraktiven Hemmneuronen "aufgeschaltete" GABAerge Neuronen aktiv, verschwindet vorübergehend und selektiv deren hemmende Aktivität (Disinhibition), und - sonst unterdrückte - motorische Programme können aktiviert werden. Dann generieren bei Bedarf z.B. die
colliculi superiores ruckartige Augenbewegungen (Sakkaden), oder motorische Neuronengruppen des Thalamus entsprechende Bewegungsmuster. Man kann auch sagen, dass aus den zahlreichen gespeicherten Verhaltensprogrammen das für die gegebene Situation jeweils passende freigegeben wird. Die Aufgabe der Basalganglien besteht dann in der Selektion des passenden Verhaltensmusters.
 

Abbildung: Die Basalganglien sind in die transkortikale Bewegungsplanung eingebunden
Nach einer Vorlage in Carlson NR / Birkett MA, Physiology of Behavior, 12th ed. Pearson 2017

1: Bei Automatisierung motorischer Verhaltensmuster informiert das Frontalhirn das Striatum (nucl. caudatus und Putamen) über die Bewegungsplanung verschiedener Anteile der Großhirnrinde (die auf das Frontalhirn projizieren).
 
2: Diese Information wird bearbeitet und fließt weiter zum Pallidum.
 
3: Anschließend gelangt modifizierte Information zur supplementär- und prämotorischen Rinde.
 
4: Schließlich wird im primären motorischen Kortex entsprechendes motorisches Verhalten initiiert bzw. modifiziert


Striatum (nucl. caudatus und Putamen), nucleus subthalamicus und substantia nigra (pars compacta) erhalten anregende (glutamaterge) Projektionen aus Großhirnrinde und limbischem System (einschließlich Mandelkernen und Hippocampusformation). Eingänge betreffend Sensorimotorik und Motivation kommen indirekt über den Thalamus. Modulierende Einflüsse kommen von der substantia nigra pars compacta (dopaminerg), den Raphekernen des Mittelhirns (sertotoninerg) und den pedunculopontinen Kernen des Tegmentum, die für Wachheit und Aufmerksamkeit, Lernen und Willkürmotorik bedeutsam sind (cholinerg). Der nucleus subthalamicus ist der einzige Teil der Basalganglien mit erregenden (glutamatergen) Ausgängen.

Die Basalganglien haben glutamaterge (exzitatorische) Eingänge
 
        aus weiten Regionen der Großhirnrinde (inklusive limbischen Anteilen),
 
        aus intralaminaren Kernen des Thalamus
 
        und dopaminerge aus dem ventralen Mittelhirn.
  
Zwei führende Ausgänge stammen
 
        aus dem inneren Pallidum
 
        aus der pars reticulata der substantia nigra.
 
Diese sind GABAerg (inhibitorisch) und projizieren auf den Thalamus und Kerne des Hirnstamms.
 
Die Abfolge der Vorgänge kann vereinfacht so beschrieben werden:

Das Striatum (Streifenkörper) wird von der gesamten Großhirnrinde und der Sensorik glutamaterg angeregt und inhibiert seinerseits über GABAerge Neurone Pallidum und substantia nigra (pars reticulata). Die substantia nigra (pars compacta) hemmt die Aktivität von Neuronen im Striatum (nigro-striatale Projektion); bei Ausfall dieser Projektion treten Symptome eines Parkinson-Syndroms ( s. unten) auf.

Die Basalganglien senden hemmende Impulse an
Thalamus und Hirnstamm. Dadurch werden dort vorliegende motorische Programme "im Zaum gehalten". Ein Ausfall dieser Kontrollfunktion kann zu willkürlich nicht beeinflussbaren Kontraktionen im Bereich der Extremitäten, des Rumpfes, Halses und Gesichts führen (Chorea, „Veitstanz“), die unvermittelt aus dem Ruhezustand, aber auch Willkürbewegungen überlagernd, auftreten.
 

Abbildung: Basalganglien
Nach einer Vorlage in Carlson NR / Birkett MA, Physiology of Behavior, 12th ed. Pearson 2017

Vereinfachtes Schema der Rückkopplungskreise zwischen Großhirnrinde und Basalganglien. Direkte Wege durchgezogen, indirekte unterbrochen dargestellt. Exzitatorische Bahnen schwarz, inhibitorische rot gezeichnet.
 
Der Streifenkörper (nucleus caudatus und Putamen) empfängt Impulse aus dem frontalen, parietalen und temporalen Kortex. Über das Pallidum und den Thalamus bestehen Rückkopplungsschleifen zum Großhirn (Motorkortex). Auf diese Weise können Bewegungen nach Maßgabe aktueller somatosensorischer Informationen portioniert werden, und zwar unter Berücksichtigung somatotoper Gegebenheiten.
 
Die Rückkopplungsschleifen sind teils anregend (glutamaterg), teils hemmend (GABAerg). Werden Neurone im Striatum von der Großhirnrinde angeregt, inhibieren sie Neurone im Pallidum; diese den Thalamus hemmenden Neurone werden dadurch "ausgeschaltet" (Disinhibition). Das ist der "direkte" Weg, der den thalamischen nucl. ventralis anregt; der "indirekte" Weg (über den nucl. subthalamicus) hemmt ihn hingegen.
 
Der "hyperdirekte" Weg wurzelt in der prä-supplementärmotorischen Rinde und regt Neurone im nucleus subthalamicus direkt an. Diese stimulieren wiederum Neurone im inneren globus pallidus, was den Motorkortex inhibiert. Das heißt, der hyperdirekte Weg bremst die Motorik rasch und direkt - unter Umgehung des Striatum (Putamen und nucleus caudatus)
 
    s. auch dort


Die Basalganglien haben zwei Ausgangssysteme, welche die rhythmische Aktivität der Thalamusneurone erregend oder hemmend beeinflussen:

      Direkter Weg: Er projiziert GABAerg aus dem Striatum in das innere Pallidum (
Abbildung) und in die Substantia nigra (pars reticulata) und von diesen beiden Stellen ebenfalls GABAerg in den Thalamus. Dies führt zu einer Steigerung der Thalamusaktivität (Disinhibition: Zwei hemmende Neurone hintereinandergeschaltet).

      Indirekter Weg: Die GABAergen Neurone projizieren aus dem Striatum in das äußere Pallidum und von dort ebenfalls GABAerg in den nucleus subthalamicus ( Abbildung). Von dort geht es glutamaterg zu den GABAergen Neuronen des inneren Pallidum und der pars reticulata des nucleus niger. Der indirekte Weg dämpft die Aktivität thalamischer Neuronen und dient wahrscheinlch primär der Unterdrückung unerwünschter (unpassender) Bewegungen.
 
Das Pallidum wird vom nucleus subthalamicus glutamaterg angeregt
   
Die Inhibition thalamischer Neuronen (nucl. ventralis anterior und lateralis) reduziert die Anregung motorischer Neurone im Kortex.
 
Das Pallidum wird vom Striatum GABA-erg gehemmt
 
Die Hemmung der thalamischen Kerne durch GABAerge Neurone (inneres Pallidum, substantia nigra pars reticulata) wird durch Aktivierung des Striatum aufgehoben (Disinhibition): Das Gehirn kann über Aktivierung des Striatum eine vorübergehende "Entfesselung" des motorischen Thalamus bewirken.
GABAerge Neuronen des Striatum (spiny projection neurons SPNs) sind im Ruhezustand weitgehend inaktiv, während Zellen des globus pallidus (pars interna) und der substantia nigra (pars reticulata) - also inhibitorische Output-Neurone zum Thalamus - im Ruhezustand tonisch aktiv sind. Unmittelbar vor einer Willkürbewegung regen exzitatorische Projektionsneurone in Großhirnrinde und Thalamus SPNs an, was wiederum deren Hemmung im direkten Pfad unterbindet und Bewegungen "freigibt".

Zusätzlich zu den hemmenden Wegen über das Striatum kann das Großhirn - ausgehend vom Prä-supplementärmotorischen Kortex - Bewegungen auch über einen erst seit jüngerer Zeit bekannten "superdirekten Pfad" unter Umgehung von nucleus caudatus / Putamen unterbinden ( Abbildung). Der Vorteil ist eine kürzere Zugriffszeit als beim "klassischen" indirekten Weg. Das kann z.B. in Gefahrensituationen sehr hilfreich sein, wenn es darum geht, eine Bewegungsfolge plötzlich abzustoppen.

Ferner empfängt das Kleinhirn (Neozerebellum) Signale von der motorischen Großhirnrinde und koordiniert präzise Portionierung
und kurzfristige Beendigung motorischer Aktivitäten, was z.B. rasch aufeinander folgende, z.T. antagonistische Bewegungsabläufe ermöglicht. Dieser Rückkopplungskreis läuft parallel zu dem der Basalganglien und schaltet ebenfalls im Thalamus um, der dann auf den motorischen Kortex projiziert.


1686 verfasste Thomas Sydenham Schriften über die Chorea minor (daher auch "Sydenham-Chorea"). Die substantia nigra wurde erstmals 1800 von Samuel Sömmerring identifiziert (daher auch die Bezeichnung "Sömmerring-Ganglion"). 1817 beschrieb James Parkinson die später (60 Jahre nach seinem Tod) nach ihm benannte Schüttellähmung. Die Chorea major ("Veitstanz") wurde 1872 von George Huntington beschrieben, nach ihm wird diese bis heute unheilbare Krankheit als Huntington-Chorea bezeichnet (s. unten).
 
Die Schaltungen innerhalb des Basalgangliensystems sind somatotopisch gegliedert. Man kennt Funktionsketten für die

      Körpermotorik (mit Betonung von Gesichts- und Mundbewegungen), für die

  
   Kontrolle der Augenbewegungen (gesteuert vom frontalen Augenfeld des Kortex), und

      komplex-assoziative zur Ausarbeitung motorischer Strategien im Rahmen von motivations- und erkenntnisabhängigem Verhalten.

So ist der nucleus caudatus auf stereotype Handlungen (z.B. Körperpflege) spezialisiert, das Putamen auf motorische Fähigkeiten wie z.B. Bewegungsabläufe beim Sport.

   

Abbildung: Gegenwärtige Vorstellung der Verschaltungen zwischen Gehirn, Basalganglien und Thalamus
Nach einer Vorlage in Kandel / Koester / Mack / Siegelbaum (eds), Principles of Neural Sciences, 6th ed. 2021 (McGraw Hill)

Die wichtigsten Eingangskerne sind das Striatum (nucl. caudatus und Putamen), nucleus subthalamicus und substantia nigra (pars compacta). Sie erhalten Projektionen aus Großhirnrinde und limbischem System. Eingänge betreffend Sensorimotorik und Motivation kommen indirekt über den Thalamus.

Kortikale Schleifen laufen über Kortex → Striatum → substantia nigra / globus pallidus pars interna → Thalamus → Kortex. Subkortikale Schleifen folgen umgekehrt dem Muster → Thalamus → Striatum substantia nigra / globus pallidus pars interna → subkortikale Strukturen.

Grün: glutaminerge, rot: GABAerge, gelb: dopaminerge Projektionen

D1, D2: Dopaminrezeptoren
GPe, GPi: globus pallidus, pars externa / interna
SNc / SNr: Substantia nigra, pars compacta / reticulata


Die substantia nigra spielt insbesondere für die Steuerung von Augenbewegungen und motorische Planungsvorgänge eine Rolle, aber auch für Lernvorgänge und motiviertes Verhalten. Ihre Funktionen stehen unter der Kontrolle des Striatums, umgekehrt projiziert sie dopaminerg auf das Striatum zurück ( Abbildung).
 
       Die pars reticulata (SNr) verfügt über GABAerge Neuronen, diese projizieren auf den Thalamus ( Abbildung) und die oberen Vierhügel (Augenbewegungen), und hemmen dopaminerge Aktivitäten der pars compacta. Diese Neuronen sind spontanaktiv und üben tonisch-inhibitorische Aktivität aus.

       Die pars compacta (SNc) sendet exzitatorische dopaminerge (D1) Impulse an das Striatum (Nigro-striatales System), die in die Kontrolle der Feinmotorik einfließen und motorische Lernvorgänge unterstützen. Wahrscheinlich ist sie auch in die Schlaf-Wach-Regulation involviert.
 
Der nucl. subthalamicus empfängt direkte Anregung aus der Großhirnrinde.
 
Die substantia nigra hat dopaminerge Projektionen (D1-Rezeptoren) auf das Striatum
 
Ungenügende Wirkung dieser Fasern (Dopaminmangel) verursacht Parkinson-Symptome

 
 
 
Abbildung: Amygdala und Basalganglien
Nach einer Vorlage bei what-when-how.com/neuroscience

Die Amygdala grenzt unmittelbar an den nucleus caudatus, mit dem sie direkte Verbindung hat


Verbindungen zur Funktion des limbischen Systems. Der Mandelkern hat direkte Verbindungen zum nucleus caudatus ( Abbildung), und beide projizieren - direkt und indirekt - auf den Hippokampus, der Erinnerungsinhalte verfügbar hält, bis sie kortikal "abgespeichert" sind. Das bedeutet, dass die Amygdala Lernprozesse in den Basalganglien beeinflusst. 

In den Basalganglien wirken weiters cholinerge Interneurone (ihr Ausfall trägt zu den Symptomen einer Chorea bei), Eingänge aus dem Hirnstamm (noradrenerge aus dem locus coeruleus, serotoninerge aus den Raphekernen) sowie verschiedene peptiderge Afferenzen. Diese Systeme projizieren auch intensiv auf die Großhirnrinde und das limbische System.
 
Dopamin und Dopaminrezeptoren
  
Die Funktionsschleifen in den Basalganglien werden durch “Berieselungssysteme” moduliert, z.B. durch die nigro-striatalen Bahnen. Diese benutzen Dopamin als Transmitter, ihr Ausfall führt zum Parkinson-Syndrom.
  Dopaminrezeptoren befinden sich an entsprechenden Nervenzellen (Striatum, limbisches System, nucl. accumbens, Groß- und Kleinhirnhirnrinde). Teils regen sie über ein Gs-Protein die Adenylatzyklase an (D1-Gruppe: D1, D5), teils hemmen sie diese über ein Gi-Protein (D2-Gruppe: D2, D3, D4).

Die Rezeptor-Subtypen sind unterschiedlich auf die Hirnregionen verteilt, was funktionelle Verschiedenheiten andeutet. Für das Belohnungssystem des Gehirns spielen Dopaminrezeptoren eine zentrale Rolle. Substanzen, welche die Wirkung an Dopaminrezeptoren verstärken, können euphorisierende Effekte auslösen.

Motorische Thalamuskerne regen motorische Rindenareale im Großhirn an. Sie werden von vielen anderen Zentren beeinflusst, insbesondere von Basalganglien und Kleinhirn. Dopamin im Neostriatum (nucl. caudatus, putamen) beeinflusst die Aktivität im direkten und indirekten Weg:

      D1-Dopaminrezeptoren regen striatale Output-Neurone im direkten Weg an, hemmen GABAerge Neurone in innerem Globus pallidus (GPi) und der substantia nigra pars reticulata (SNr).

       Im indirekten Weg bewirkt Aktivierung von D2-Dopaminrezeptoren die Hemmung striataler Output-Neurone zum äußeren Globus pallidus (GPe) und Hemmung von glutamatergen Neuronen im nucleus subthalamicus (STN), und GABAerger Neurone im inneren globus pallidus und dem retikulären Teil der substantia nigra.


Dopaminrezeptoren haben eine zentrale Bedeutung für Verhaltensmotorik, wie sie z.B. für räumliches Gedächtnis benötigt wird. Dopamin ist ein Schlüsselfaktor für die motorische Kontrolle, weiters für Kognition, Gedächtnis, Lernen, Motivation, Lustempfinden sowie auch für die Steuerung neuroendokriner Signale.
 

Im Striatum ist die Aktivierung von Dopaminrezeptoren für das Gleichgewicht motorischer Anregungsmuster entscheidend.

Dopaminrezeptoren werden auch in anderen Geweben, insbesondere in der Niere exprimiert (vasokonstriktorische Wirkung).



  
Schädigungen im Basalganglienbereich bedingen Bewegungsstörungen, die man als Plus- und Minussymptome klassifiziert. Diese gehen jeweils auf Unter- und Überfunktion bestimmter Neurotransmitter zurück. Zu den Plus-Symptomen zählen unwillkürliche, abnorme Bewegungen (Hyperkinesien), zu den Minus-Symptomen Bewegungsverlangsamungen und -störungen (Hypokinesien).
  
 
Abbildung: Extrapyramidal- motorische Störungen
Nach einer Vorlage bei what-when-how.com

Eingänge (aus dem Kortex) zum Striatum, Ausgänge (zum Thalamus) aus innerem Pallidumkern (GPi) und subantia nigra, pars reticulata (SNr). Diese Ausgangskerne sind teils direkt, teils indirekt - über den äußeren Pallidumkern (GPe) und den nucl. subthalamicus (STN) - an das Putamen angekoppelt.
 
Direkter Weg: Aktivierung, indirekter Weg: Hemmung der thalamokortikalen Projektion. Blaue Pfeile glutaminerg, schwarze GABAerg.
 
Parkinsonismus: Ausfall der dopaminergen Projektion der pars compacta des nucleus niger (SNc) führt zu eines Dysbalance des dopaminergen Einflusses (D1/D2) auf striatale Neuronen mit dem Resultat verringerter kortikal-motorischer Anregung.
 
Hemiballismus: Einseitiger Ausfall des nucl. subthalamicus.
 
Chorea: Ausfall striataler GABAerger Projektionen zum externen Pallidum


     Das Parkinson-Syndrom ist die häufigste Basalganglienerkrankung. Symptome sind das “Einfrieren” von Bewegungen (Akinese), erhöhter Muskeltonus (Rigor) und ein Zittern der Finger bzw. Hände (Ruhetremor).
 
   Eine Substitutionstherapie mit der Vorstufe L-DOPA oder Dopamin-Agonisten ist möglich, weiters die Gabe von Anticholinergika, um der dopaminmangelbedingten Enthemmung des cholinergen Systems entgegenzuwirken.
  Parkinsonartige Symptome können durch Medikamente (Neuroleptika) hervorgerufen werden.
 
Mb. Parkinson beruht auf dem Untergang dopaminerger Neurone in der substantia nigra
 
Fehlfunktionen des dopaminergen Systems werden nicht nur mit Parkinson-Syndrom, sondern auch mit Erkrankungen wie Drogenabhängigkeit, Schizophrenie , Tourette-Syndrom , Aufmerksamkeitsdefizit / Hyperaktivität (ADHD, Attention deficit hyperactivity disorder) u.a. in Verbindung gebracht.

  
  Die (autosomal-dominant vererbliche) Huntington-Chorea geht mit Degeneration GABAerger Nerven, die vom Striatum in Pallidum und substantia nigra ziehen, sowie cholinerger Interneurone einher. Die Krankheit beginnt mit Bewegungsunruhe (Extremitäten, Mimik, später Kopf und Rumpf), die sich später zu plötzlich einsetzendem, unwillkürlichen Bewegungen steigern (choreatische Hyperkinesie: kurze, irreguläre Bewegungen, welche die Willkürmotorik unterbrechen). Im weiteren Verlauf kann es zu Akinesie und Rigor kommen.

  
  Athetose ist eine relativ häufig auftretende extrapyramidal-motorische Störung, bedingt durch Defekte im Striatum (Pallidum), die oft auf perinatale Schädigungen zurückzuführen sind. Zu den hyperkinetischen Bewegungsabläufen gehören u.a. langsame, schraubende Bewegungen der Gliedmaßen und des Rumpfes, stolpernder Gang, Überstreckungen, Spreizung der Finger, Grimassieren bei geöffnetem Mund.

  
  Ballismus tritt meist (infolge Blutung in einen nucl. subthalamicus) einseitig als Hemiballismus auf (oder nur eine Extremität betreffend: Monoballismus) und bedingt “schleudernde” Bewegungen im Arm-, Bein-, Schulter- oder Beckengürtelbereich.
 

 
     Die Basalganglien (Striatum, Pallidum, nucleus subthalamicus) dienen motorischer Feinabstimmung. Sie hemmen Neurone in Thalamus und Hirnstamm
 
     Das Striatum wird glutamaterg angeregt (Sensorik, Großhirnrinde) und inhibiert GABAerg Pallidum und substantia nigra. Die substantia nigra hemmt das Striatum (nigro-striatales System: bei Ausfall oder Dopaminmangel Parkinson-Syndrom) und hebt seinerseits die Hemmung des Thalamus durch GABAerge Neurone (inneres Pallidum, substantia nigra pars reticulata) auf (Disinhibition)
 
     Die Basalganglien haben zwei Ausgangssysteme:
 
   --  Der GABAerge direkte Weg projiziert aus dem Striatum in das innere Pallidum und in die Substantia nigra (pars reticulata) und von hier (ebenfalls GABAerg) zu motorischen Thalamuskernen, die dadurch disinhibiert (aktiviert) werden
 
   --  Indirekter Weg: GABAerge Projektionen aus dem Striatum in das äußere Pallidum und von dort - ebenfalls GABAerg - in den nucleus subthalamicus. Dieser regt das Pallidum glutamaterg an, und dieses hemmt motorische Thalamuskerne
 
     Die substantia nigra beeinflusst die Steuerung von Augenbewegungen, motorische Planung, Lernen und Motivation. Sie steht unter der Kontrolle des Striatums, auf das sie dopaminerg zurückprojiziert. Ihre spontanaktive pars reticulata hemmt Thalamus, obere Vierhügel und pars compacta. Diese erregt dopaminerg das Striatum (nigro-striatales System)
 
     Dopaminrezeptoren befinden sich auf zahlreichen Neuronen (Striatum, limbisches System, nucl. accumbens, Groß- und Kleinhirnhirnrinde). Teils regen sie die Adenylatzyklase an (D1-Gruppe), teils hemmen sie diese (D2-Gruppe). Sie sind wichtig für Verhaltensmotorik, räumliches Gedächtnis, Kognition, Gedächtnis, Lernen, Motivation, Lustempfinden, Steuerung neuroendokriner Signale, zerebrales Belohnungssystem
 
     Mb. Parkionson, Huntington-Chorea, Athetose und Ballismus liegen Ausfallserscheinungen im Basalgangliensystem zugrunde
 

 




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