

Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert

Ernährung und Verdauungssystem

Funktionen
und Eigenschaften des Gastrointestinalen Systems
© H. Hinghofer-Szalkay
Cadherin: calcium-adhering - Ca++-abhängig, bewirkt Zellkontakt
Cholezystokinin: χολή = Galle, κύστις = Blase, κίνησις = Bewegung
ergotrop: ἔργον = Arbeit, τροπή = Richtung (auf Arbeit ausgerichtet)
intraluminal: lumen = Licht ("lichte Weite") - Innenraum von Hohlorganen
Kerckring-Falten: Theodor Kerckring
Lieberkühn'sche Krypten: Johann N. Lieberkühn
M-Zelle: M für microfold cells (kleine Falten statt Mikrovilli an der apikalen Oberfläche)
Paneth-Zellen: Joseph Paneth
Peyer'sche Plaques: Johann Peyer
Prader-Willi-Syndrom: Andrea Prader, Heinrich Willi
Waldeyer-Ring: Heinrich Waldeyer
Zöliakie: κοιλία = Bauch, Unterleib, κοιλιακός = abdominalkephal
Magen-Darm-Schleimhaut nimmt Nahrungsstoffe über eine große Austauschfläche (~200 m2) in das "eigentliche Innere"
des Körpers auf. Vor physiko-chemischen und biologischen
Gefahren (Toxine, Mikroorganismen, Parasiten) schützen Ansäuerung (Magen), Schleimbildung und immunologische
Abwehr (Enzyme, sekretorische Antikörper, GALT: Gut-associated lymphatic tissue) - die sogenannte Darmbarriere. Die Darmflora (etwa 100 Billionen Bakterien,
Archaeen, Eukaryoten) ist ein komplexes
Ökosystem mit einem ziemlich individualspezifischen Muster. Ihre Aktivität wirkt sich
auf Gesundheit und Stimmungslage aus.
Komplexe
Nahrungsstoffe (Fremdeiweiß) sind potentielle Antigene. Die
gastrointestinalen Immunmechanismen müssen so ausgelegt sein, dass sie
einerseits biologischen Schutz bieten, andererseits keine
Unverträglichkeitsreaktionen auf Nahrungskomponenten auftreten.
Rezeptoren im Magen-Darm-Trakt detektieren mechanische und chemische
Reize; das löst Sekretion,
Kontraktion, Hormonsekretion aus. Ein Teil der Information wird neuroendokrin
bis zum Gehirn weitergeleitet und beeinflusst u.a. Hunger- und
Sattheitsgefühle.
Das gastrointestinale
System trägt wesentlich zur Kreislaufregulation bei. Es kann einen
beträchtlichen Anteil des Blutvolumens speichern und bei hohem Sympathikustonus dem
Kreislauf bereitstellen - durch Drosselung der arteriellen Durchblutung
und Kontraktion der zahlreichen Venen. Das befördert Blut aus dem
Splanchnikusbereich, erhöht den venösen Rückstrom und stabilisiert die Herzleistung.
|
Das enteroendokrine
System: "Verdauungshormone" aus dem Darm kommunizieren Information an
andere Stellen des GI-Systems, aber auch an das Gehirn u.a.
Das Darmnervensystem
(enterales Nervensystem) verwaltet lokale Reflexe (z.B. die
Peristaltik), steuert Sekretion und Motorik und steht mit dem
restlichen Nervensystem in reziproker Verbindung
Das enterale Immunsystem
ist ein Zentrum der mikrobiologischen Prüfung, angeborenen und
adaptiven Abwehr, aber auch Mäßigung (Verhinderung überschießender
Immunreaktionen z.B. auf Nahrungsmittelkomponenten)
Das gastrointestinale System baut nicht nur Makromoleküle ab (enzymatische Verdauung) und nimmt Nahrungsstoffe auf (Absorption), er hat zahlreiche weitere Funktionen, darunter:
<Abbildung: Schematischer Aufbau der Darmwand
Nach einer Vorlage in Wikimedia
Die
Versorgung mit Blut (Atemgase, Nährstoffe, Hormone etc), Nervenimpulsen
(afferent, efferent) und Lymphgefäßen (Transport von extrazellulärer
Flüssigkeit und Chylomikronen) erfolgt über die Gekröseplatten
(Mesenterium)

Durchmischung und Weiterbewegung des Darminhalts
Sekretion (Gleitfähigkeit, Schutz der Schleimhaut, Resorptionshilfe)
Immunologische Funktionen
Aufschließung (Ansäuerung), Pufferung
Chemosensitivität: Analyse der Zusammensetzung des Chymus (Speisebreis) mittels Rezeptoren
Bildung von Mediatorstoffen und Hormonen
Kreislaufwirksamkeit (Blutspeicherung)
Über Transportsysteme s. dort
Über die Polarität epithelialer Zellen s. dort
Resorption
Assimilation: Darunter versteht man die Gesamtheit der digestiven (aufschließenden) und absorptiven / resorptiven Vorgänge im Darm. Sie kann in vier konsekutive Mechanismen untergliedert werden:
>Abbildung: Darmoberfläche
Nach Vorlagen bei Pearson Education 2004, 2011
Rote
Pfeile: Resorption über die luminale Membran (Mikrovilli) der
Darmschleimhaut- Epithelzellen.
Grüner Pfeil: Transport über die
basolaterale Membran
Intraluminale

Phase (lumen: Innenraum von Hohlorganen) -
Verdauung im Darmrohr, insbesondere durch pankreatische Enzyme
Bürstensaumphase - Stoffe werden im Bereich der Mikrovilli weiter abgebaut, um apikal resorbiert werden zu können
Intrazelluläre Phase - weitere Spaltung, z.B. von di- bis polymeren Molekülen, in der Mukosazelle, sowie Transport durch die Zelle
Basolateralmembranphase - dient dem Transport durch die basolaterale Membran zu Pfortader und Lymphgefäßen (teils energieverbrauchend)
Verweildauer: Die Passagezeiten des Speisebreis durch die
verschiedenen Abschnitte des Gastrointestinalsystems spiegeln die
unterschiedlichen Kontakt- und Speicherungsdauern wider:
Verweildauer des Chymus
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Ösophagus
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Magen
|
Dünndarm
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Dickdarm
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~10 Sekunden
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bis zu 3 h
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bis zu 7 h
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bis zu 70 h
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Die Summe dieser Zeitbeträge ergibt eine gesamte Passagezeit (=Zeit von
der Nahrungsaufnahme bis zur Defäkation) von 1 bis 3 Tagen.

<Abbildung: Luminale und basolaterale Membransysteme der Darmschleimhaut
Nach einer Vorlage bei solvobiotech.com
Der wichtigste Weg für die Aufnahme
(Absorption, Resorption) von Stoffen aus dem Darmlumen sind verschiedene molekulare Transporter
(bunte Ovale) auf der luminalen Membran einerseits (links), der
basolateralen Membran andererseits (rechts).
Vgl. dort
Auch die Sekretion in den Darm erfolgt über solche Systeme, also transzellulär.
Darüber hinaus können Stoffe (z.B. Ionen, Wasser) auch parazellulär zwischen den Kompartimenten ausgetauscht werden, d.h. durch das Schlußleistensystem (tight junctions).
Treibende Kraft für die Bewegung sind Konzentrationsgefälle,
elektrische Ladung, oder direkt ATP (primäre Energiequelle ist die Spaltung energiereicher Phosphate)
ASBT, apical sodium-dependent bile salt transporter
BCRP, breast cancer resistance protein
CNT, concentrative nucleoside transporter
ENT,
equilibrative nucleoside transporter
HPT1, Cadherin 17
MCT, monocarboxylate transporter
MRP, multidrug resistance-associated protein
OATP, organic anion-transporting polypeptide
OCT, organic cation transport protein
OCTN, organic cation transporter, novel, type n
OST, Oligosaccharyltransferase
PEPT, peptide transporter
PgP, P-glycoprotein

Die Oberfläche, die der Resorption zur Verfügung steht, würde bei einem glatten Darmrohr nur etwa 1/3 m2 betragen (
s. auch dort). Durch die makroskopischen Aufstülpungen der Kerckring-Falten
sowie Einfaltungen nach innen (Lieberkühn'sche Krypten) (>Abbildung) nimmt die Oberfläche um das Dreifache auf 1 m2 zu. Eine weitere Verzehnfachung - auf ~10 m2 - erfolgt durch die ca. 1 (0,5-1,6) mm langen Darmzotten (villi intestinales).
Entscheidend ist die mikroskopisch feine Auffaltung der apikalen (also
luminalen) Zellmembran der Enterozyten (= Mukosazellen) in Mikrovilli (Durchmesser ~0,1 µm) (brush border) - das erhöht die Resorptionsfläche um einen weiteren Faktor 20 auf ungefähr 200 m2.
Insgesamt wird die Resorptionsoberfläche durch Einfaltungen, Zotten und Mikrovilli etwa 600fach vergrößert:
Oberflächenvergrößerung um den Faktor
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Kerckring-Falten
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3-4
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Villi intestinales
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6-10
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Mikrovilli
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20-30
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Zottenmotorik:
Die Darmzotten kontrahieren sich regelmäßig (in Längsrichtung
angeordnete kontraktile Myofibroblasten), das unterstützt den Transport
resorbierten Inhalts durch Blut- und Lymphgefäße. Anschließend stülpt
sie der arterielle Druck wieder in die Länge, und es ergeben sich neue
Kontaktstellen mit dem Chymus ("stempelartige" Bewegungen).
Stoffwechsel der Enterozyten:
Die Epithelzellen werden an der Basis der Krypten ständig nachgebildet,
wandern entlang der Längsachse zur Zottenspitze und werden dort
abgeschilfert (>Abbildung); dieser Vorgang dauert 2-5 Tage (innerhalb dieser Zeit erneuert sich der gesamte villöse Epithelbesatz). Dabei spielt Glutamin als Stickstoffquelle für die Synthese von Nukleinbasen eine wichtige Rolle.

>Abbildung: Erneuerung von Enterozyten
Nach Barker N, Adult intestinal stem cells: critical drivers of epithelial homeostasis and regeneration. Nature 2014; 15: 19-33
In den Lieberkühn-Krypten
der Zotten befinden sich Stammzellen, aus denen - durch 4-6 Mitosen und
anschließende Differenzierung - laufend junge Epithelzellen
hervorgehen. Die meisten werden zu Enterozyten, weiters entstehen
Becherzellen (goblet cells),
M-Zellen, Paneth-Zellen und andere. Die Abschilferung beruht sowohl auf
Druck als auch auf dem Verlust von Verbindungsstellen mit
Nachbarzellen; einige Zellen unterliegen der Apoptose

Die Verwendung von Substraten durch die Darmmukosa hängt vom Stadium der Nahrungsaufnahme ab (digestive vs. postdigestive Phase) - sie stehen an vorderster Stelle bei der Verwertung des intestinalen Angebots:
Enterozyten nehmen im Nüchternzustand (postdigestiv) Glutamin als
wichtige Energiequelle aus dem Blut (Quelle: Abbau endogener Proteine) auf, verwandeln es in Ammoniak
(ergibt mit Pyruvat Alanin, das zur Leber gelangt) und Glutamat, das (ATP-Synthese) zu Citrullin abgebaut wird. Citrullin gelangt über die v. portae in den Kreislauf und wird von der Niere zu Arginin umgebaut, das zur Leber gelangt, wo es im Harnstoffzyklus benötigt wird.
In der resorptiven (digestiven) Phase werden Glutamat und Aspartat aus dem Darmlumen resorbiert und zwecks ATP-Synthese metabolisiert (ihre Konzentration im Pfortaderblut ist dementsprechend erniedrigt). Das aus Glutamin entstandene Ammoniak gelangt zur Leber, die es zur Synthese von Harnstoff heranziehen kann.
Entzündliche Vorgänge im Darm können diese Strukturen angreifen, was zu Resorptionsstörungen und
Mangelernährungssymptomen führt (wie bei Colitis ulcerosa, Morbus Crohn oder Zöliakie).
Der Gastrointestinaltrakt ist ein Immunorgan
Der
Gastrointestinaltrakt hat die größte Oberfläche, die im Körper direkten
Kontakt mit potentiell infektiösem, giftigem bzw. immunogenem Material
der "Außenwelt" ausgesetzt ist (berücksichtigt man die Mikrovilli, ist
es etwa das Hundertfache der Hautoberfläche, s. oben). Dementsprechend
finden sich etwa 80% aller immunglobulinproduzierenden B-Zellen im Darmbereich (vor allem im Dünndarm).
Mit
der Nahrung gelangen nicht nur Nährstoffe, Mineralien, Vitamine,
Spurenelemente in den Darm, sondern auch Mikroorganismen und
verschiedenste Fremdstoffe. Das stellt das Immunsystem des Gastrointestinaltrakts
vor zwei Aufgaben: Einerseits gegen potentiell pathogene Stoffe und
Keime - Viren, Bakterien, Protozoen, Mehrzeller - zu schützen (Protektion), andererseits immunologische Toleranz
gegenüber benötigten potentiell immunogenen Nährstoffen sowie der
normalen Bakterienflora des Darms (vor allem des Dickdarms) zu
gewährleisten. Die Darmschleimhaut bildet eine Zone, in der zelluläre Entzündungsmechanismen inhibiert werden (noninflammatory microenvironment),
um die massiv mit Fremdantigenen beladene Grenzfläche Darminhalt /
Schleimhaut vor potenziell destruktiven Veränderungen zu schützen.
Die
Epithelzellen der Darmmukosa bilden eine physikalische
Barriere für
Mikroben, die zu Billiarden im Darm vorkommen. Ein Schleimfilm (Mukus)
schützt das Epithel,
tight junctions dichten den Raum zwischen den Epithelzellen ab. M-
(microfold-) Zellen in den Peyerschen Plaques prüfen den Darminhalt: Sie nehmen Antigenträger (Bakterien) auf und reichen sie an
antigenpräsentierende Zellen weiter.
In der lamina propria befinden sich Blut- und Lymphgefäße sowie das darmsassoziierte lymphatische Gewebe: Gut-associated lymphatic tissue, GALT - es beinhaltet 5-mal
so viele Lymphozyten wie das Blut.
<Abbildung: Intestinales Immunsystem
Epitheliale Stammzellen erneuern laufend den Epithelbesatz, wobei
Paneth-Zellen am Boden von Lieberkühn'schen Krypten eine unterstützende Rolle spielen.
ECL-Zellen bilden Histamin, Paneth-Zellen
Defensine (<Abbildung unten). Die Schleimbildung der Becherzellen
wird durch Acetylcholin angeregt.
Das Mukosa-assoziierte lymphatische Gewebe (
MALT)
nimmt Antigene an der Darmoberfläche auf (Bakterien, Viren u.a.) und
gibt sie an das intestinale Lymph- und Immunsystem weiter (dendritische
Zellen, T- und B-Lymphozyten, Makrophagen).
In den Peyer-Plaques prüfen M-(
microfold-) Zellen den Darminhalt

Epithelzellen des Darms (Enterozyten) sind intensiv mit dem Chymus und darin enthaltenen Antigenen konfrontiert. Neben MHC-1 (wie alle kernhaltigen Zellen) exprimieren sie auch MHC-II (wie Immunzellen). Sie können Antigene aufnehmen, verarbeiten und resultierende Peptidbruchstücke an intraepitheliale Lymphozyten (IEL) präsentieren. Enterozyten sezernieren darüber hinaus Zytokine ("Hormone des Immunsystems") wie IL-7 (das die Entwicklung von IELs fördert), TGF-ß und IL-10 (hemmt entzündliche Reaktionen).
Die Mehrzahl (~65%) der intraepithelialen Lymphozyten exprimiert CD8, und viele von ihnen zeigen untypische Phänotypen ihrer Rezeptoren (z.B. zwei α-Ketten statt des üblichen αß-Musters). Jede dieser untypischen Zellgruppen hat spezifische Aufgaben
und erkennen unterschiedliche Merkmale auf möglicherweise verletzten
oder infizierten Epithelzellen, oder auch Nichtprotein-Epitope, welche
ihnen über epitheliale MHC-Moleküle präsentiert werden.
Die Zellen des Darmepithels können nicht alle notwendigen Immunfunktionen erfüllen; zwischen ihnen liegen M-Zellen, die Antigene im Darmlumen sammeln, Paneth-Zellen, die antimikrobielle Substanzen produzieren, und intraepitheliale Lymphozyten. Unterhalb der Epithelschicht liegt die lamina propria mit dendritischen Zellen, T- und B-Lymphozyten, Makrophagen und anderen Lymphozyten, sowie Peyer'sche Plaques (s. weiter unten).
Zur Abwehr möglicher Infektionen verfügt der Darm über einen Schleimfilm (Muzine: glykosylierte Proteine aus Becherzellen), der die Mikroorganismen auf Distanz zum Epithel hält; antibiotische Peptide wie Defensine, die Pathogene abtöten können; und sekretorische Antikörper vom Typ IgA aus Plasmazellen (unterstützt durch T-Helferzellen) in der lamina propria. Verschiedene Rezeptoren
der Epithelzellen (wie Toll-like und NOD-like) fördern einerseits
immunologische Abwehrmaßnahmen gegen Pathogene, limitieren andererseits
Entzündungsreaktionen auf ungefährliche Bakterien. Dazu wirken dendritische Zellen und Makrophagen der lamina propria entzündungshemmend und homöostatisch.
Lymphozyten tragen zur Immunität des Darms vor allem im Sinne
spezifischer Abwehrmechanismen gegen Mikroben und Parasiten bei.
Aktivierte regulatorische T-Zellen (Treg) halten Entzündungsreaktionen des Darms im Zaum. Lymphatische
Organe des gastrointestinalen Traktes befinden sich
im Rachenraum als Waldeyer-Ring
(lymphatischer Rachenring - die Gesamtheit der Mandeln im
Hals-Rachen-Bereich): Rachenmandeln, Tubenmandeln (Eustachi-Röhre),
Gaumenmandeln (Tonsillen), Zungenmandeln
im Dünndarm (Peyer-Plaques, s. unten) und
im Dickdarm
(Appendix).
Etwa 1014
Bakterien befinden sich im Darm, sie operieren mit über einer halben
Million verschiedener Gene (~30-mal mehr als das Genom des Menschen
enthält). Dieses intestinale Mikrobiom regt das Immunsystem an; schon bei (Passage durch den Geburtskanal) und unmittelbar nach der
Geburt (Stillen) beginnt sein Aufbau. Bei Versuchstieren, die keimfrei
aufwachsen, bleibt ihr GALT mangels adäquater Stimulation
unterentwickelt, das Repertoire und die Synthese an Antikörpern aller
IgG-Klassen eingeschränkt. Das Immunsystem bedarf der kontinuierlichen
Auseinandersetzung mit Bakterien im Gastrointestinalsystem, um im
Bedarfsfall gerüstet zu sein - nicht nur im Darm, sondern an allen
Grenzflächen des Körpers.
Alleine im Darm produzieren B-Lymphozyten jeden Tag rund 2000 mg
IgA-Antikörper - entsprechend ~10% der gesamten Plasmaeiweißsynthese
oder ~65% der gesamten Immunglobulinproduktion des Körpers. Diese
enorme Sekretionsleistung steht im Dienst der Verhinderung eines
Übertritts von Mirkoorganismen durch die Barriere des Mukosa-Epithels (Enterozyten) im Darm.
Gleichzeitig ist ein Ausbleiben inflammatorischer IgA-Antworten auf die
Anwesenheit verschiedenster Nahrungsbestandteile entscheidend, um eine
angemessene orale Nahrungsmitteltoleranz zu erreichen. Lipide, Kohlenhydrate, Proteine u.a. werden von den Enterozyten resorbiert und dendritischen Zellen im Bereich der Basalmembran "zur Kenntnis gebracht", wobei die Enterozyten laufend ein Zytokin (TSLP: Thymic stromal lymphopoietin)
freisetzen, wodurch die dendritischen Zellen in einen
antiinflammatorischen Modus versetzt / konditioniert werden. Auch
können Enterozyten selbst Antigene an T-Lymphozyten präsentieren, wobei
diese aber nicht aktiviert, sondern (wegen Fehlens kostimulatorischer
Signale, wie CD80/86) in einen anergen (inaktiven) Zustand versetzt werden. Immunantworten können in der Darmschleimhaut aktiv unterdrückt werden.
Wird die orale Toleranz durchbrochen, können Nahrungsmittelallergien auftreten.

>Abbildung: Häufigkeit und Arten von Mikroorganismen im Gastrointestinaltrakt
Nach einer Vorlage bei Alfred-Nissle-Gesellschaft e.V. - a-nissle-ges.de
Die Zahl der Mikroorganismen (im Verdauungssystem mehr als 1000 verschiedene Arten) übersteigt diejenige der Zellen im Körper.
CFU (colony forming unit): In einem Kulturmedium koloniebildende Einheit (KBE). Die Anzahl vitaler Bakterien in einer Probe kann höher liegen als die Zahl nachweisbarer CFUs

Bakteriendichte (>Abbildung) Die
Magensäure tötet die meisten Bakterien ab, sodass der Inhalt praktisch
steril ist; normalerweise findet man im Magen ~1 vitale Bakterie / g
Chymus (Helikobakter, Laktobacillus). Die Zahlen steigen nach peripher
enorm an: Duodenum, 103/g; Jejunum, 104/g; Ileum, 107/g; Colon, 1012/g. Auch die Art der beteiligten Bakterien unterscheidet sich je nach Darmabschnitt.
Das darmassoziierte lymphatische Gewebe stellt nicht nur eine Abwehrlinie gegen Mikroben dar (Mikrobiom des Darmes: schätzungsweise 1014 Zellen - mehr als die Gesamtzahl an Körperzellen inklusive Erythrozyten -, 500-1000 Arten, ~0,6 Millionen Gene - 30-mal mehr als das Genom des Menschen), sondern genießt auch eine immunologische Sonderstellung. So zeigt der Darm Toleranz
gegenüber oral zugeführten Antigenen, was vor immunologischen
"Überreaktionen" gegenüber Nahrungsbestandteilen schützt. Der
Mechanismus dieser oralen Toleranz ist noch weitgehend unklar (2020).
Verschiedene Moleküle, wie z.B. Cadherine
,
beteiligen sich an Schutz und Integrität der Darmschleimhaut.
Dazu zählen antimikrobielle Proteine, die sich u.a. in den Krypten ansammeln. Infektionsschützend wirken sekretorische
Antikörper (Klasse IgA)
und unspezifische Schutzfaktoren, u.a. eine muköse Auskleidung der
Darmschleimhaut. Der niedrige pH-Wert im Magen tut das seine.
Überreaktionen werden durch eine Art Allergieschutz des
darmassoziierten Gewebes (GALT) vermieden.
Andererseits verfügt der Darm mit seiner Darmflora
aus Bakterien, Archaeen und Eukaryoten über ein komplexes immunologisch
stabilisierendes Ökosystem (die Kolonisierung des Darms beginnt ab der Geburt). Im Darm einer gesunden erwachsenen Person lassen sich hauptsächlich anaerobe Bakterien (~10 bis 100 Billionen) nachweisen.
Die intestinale Barriere (Trennung zwischen luminaler "Außenwelt" und
unter dem Mukosaepithel liegender "Innenwelt") wird durch eine
einzellige Epithelzellschicht gebildet: Enterozyten, die mittels durchgehender interzellulärer Abdichtungen
zusammengehalten werden. Gleichzeitig besteht ein ständiger Austausch
von Zellen: Stammzellen aus dem Bereich der Krypten bilden fortlaufend
frischen Ersatz für die sich abnutzenden Epithelzellen.
Dichtigkeit der Darmbarriere und Selektivität ihrer Durchlässigkeit sind im Bereich der
Mikrovilli besonders hoch, die Enterozyten haben hier einen extrem
dichten Tight-junction-Besatz; diese Barriere ist in der Tiefe der
Krypten weniger dicht. In den Krypten befinden sich Stammzellen, aus
denen verschiedene spezialisierte Zellen für die Darmschleimhaut
hervorgehen.

<Abbildung:
Schleimhaut- Immunsystem im Darm des Menschen
Nach Brandtzaeg et al, Terminology: nomenclature of mucosa- associated lymphoid tissue. Mucosal Immunology 2008; 1: 31-7
Links: Zonen in der Darmschleimhaut, in die über hochendotheliale Venolen naive B- und T-Lymphozyten gelangen (immunologische Induktionszone). Durch
B-Zell- und M-Zell-Follikel werden Antigene zu antigenpräsentierenden
Zellen transportiert (einschließlich dendritische Zellen, Makrophagen
und B-Zellen).
Mitte: Über die Lymphbahnen gelangen die Zellen in Lymphknoten
und
aktivieren dort T-Lymphozyten. Von hier gelangen Effektor- und
Gedächtnis- B-und T-Zellen ins Blut und gelangen in "Effektor"-Gebiete,
z.B. wieder im Darm.
Rechts:
"Effektor"-Mukosa. Die Auswanderung reifer Lymphozyten wird durch das lokale Profil endothelialer Adhäsionsmoleküle und von Chemokinen gesteuert
APC, antigenpräsentierende Zelle
B, B-Lymphozyt
DC, dendritische
Zelle
FDC, follikuläre dendritische Zelle
HEV, hochendotheliale
Venole
J, J-Kette
M, M-Zelle
MALT, Mukosa-assoziiertes lymphatisches Gewebe (tissue)
mSC, membranständige sekretorische Komponente
pIgR, polymerer Ig-Rezeptor
sIgA,
sekretorisches IgA
sIgM, sekretorisches IgM
T, T-Lymphozyt
Die Epithelzellen der Darmmukosa stammen von gemeinsamen Vorläuferzellen in den Lieberkühn'schen Krypten ab. Spezialisten sind:
Schleimproduzierende Becherzellen an der Spitze der Darmzotten. Diese produzieren stark glykosylierte Proteine (Muzine),
die als Bestandteil des Schleims (Mukus) Mikroben vom Kontakt mit dem
Epithel fernhalten. Muzine werden auch von submukösen Drüsen
sezerniert.
Im
Dünndarm finden sich Mikroben auf der Außenseite einer einfachen
Schleimschicht; im Dickdarm ist die Schleimschicht zweilagig, die
Mikroben reichern sich in der lumenwärts gerichteten an. In beiden
Fällen bleiben die Epihelien weitgehend keimfrei; der Mukus hilft vermutlich bei
der Vermittlung antimikrobieller Effekte epithelialer Substanzen und
bindet an Adhäsionsproteine, die Mikroben zum Andocken an
Endothelzellen benützen.
Der Darm einer erwachsenen Person produziert
mehrere Liter Schleim pro Tag, die Muzine werden innerhalb von 6-12
Stunden neu gebildet. Produktion und Glykosylierung der Muzine
unterliegt der Regulation durch zahlreiche Zytokine und wird auch durch mikrobielle Adhäsionsproteine anregegt..

>Abbildung: Lieberkühn´sche Krypte (bis 0,4 mm tief) mit Paneth´schen Körnerzellen
Nach einer Vorlage bei vivo.colostate.ed
Paneth-Zellen produzieren antimikrobielle Stoffe, darüber liegende pluripotente Stammzellen dienen der Erneuerung aller anderen Zelltypen

Proliferationszeit:
Becherzellen (wie Enterozyten) erhöhen auf dem Weg vom Drüsengrund
(Lieberkühn-Krypte) zur Oberfläche ihren Differenzierungsgrad. An der
Spitze der Zotte angekommen, schilfern sie ab und werden Teil des
Darminhalts. Die Zeit vom "Start" am Kryptengrund bis zur Abschilferung
(cell turnover time) beträgt 3-6 Tage.
Die kurze Proliferationsspanne
macht die Darmschleimhaut sehr empfindlich gegenüber Einflüssen, welche
die Mitoseaktivität hemmen (Krebstherapie: Bestrahlung,
Chemotherapeutika).
In der Tiefe der Krypten
sitzen Paneth'sche Körnerzellen
(>Abbildung). Sie bilden Abwehrpeptide, die Bakterien, Pilze, Spirochäten
und einige Viren abtöten (breitband-antibiotische Wirkung):
Defensine (α- und β-HD - human defensins - Paneth-Zell-Defensine heißen auch Crypticidine), diese stammen aus Dünn- und Dickdarm und diversen Zellen auch außerhalb des Darmes: Epithelien (Haut, Lunge), Granulozyten, NK-Zellen, zytotoxische T-Lymphozyten.
Defensine wirken direkt gegen Bakterien, Pilze und hüllentragende Viren
(Angriff gegen Membrankomponenten) und regen Entzündungsvorgänge an.
Laktoferrin,
Lysozyme,
IgA,
Peptidasen wie Trypsin, diese verstärken z.B. die Wirkung von Defensinen.
M-Zellen
(Microfold cells)
auf der Oberfläche domförmiger Mukosaerhebungen über Peyer'schen
Plaques (<Abbildung
oben) "sammeln" Moleküle und Mikroorganismen (die an
entsprechende
Rezeptoren binden und damit immunologisch "interessant" sind) aus dem
Darm ein und transportieren sie mittels
Endosomen zu ihrer nicht-luminalen (basolateralen) Zelloberfläche, um
sie an hier wartende Immunzellen zu "übergeben" (Details sind noch
unklar, 2022). Dendritische Zellen können diese Epitope Lymphozyten
präsentieren.
Dazu kommen Makrophagen und
lokale lymphoide Zellen - sie alle sind zu antiviraler und
entzünsungsfördernder Aktivität fähig, zumeist getriggert durch die
Bindung mikrobieller Liganden an mustererkennende Rezeptoren. Im Darm gesunder Menschen sind dendritische Zellen und Makrophagen
der lamina propria entzündungshemmend wirksam (einige Makrophagen
können gleichzeitig Mikroben phagozytieren und antiinflammatorische
Zytokine sezernieren).
Die Epithelzellen der Darmschleimhaut (Mukosa) exprimieren verschiedene Rezeptoren
(Toll-like Rezeptoren in der Zellmembran, NOD-like Rezeptoren im
Zytoplasma) zur Erkennung von PAMPs. Werden solche Rezeptoren
aktiviert, löst das einerseits Immunantworten (antiviral,
inflammatorisch) gegen Pathogene aus, andererseits begrenzt es
Reaktionen auf harmlose Mikroben (Kommensalen). Epithelzellen können
bei Mikrobenkontakt oder Verletzung Zytokine sezernieren, die auch als Alarmine bezeichnet werden und angeborene Immunabwehr aktivieren.
Auf diese Weise wird das Immunsystem mit ausgesuchten
Antigenen befasst - entweder im Peyer-Plaque
selbst, und/oder in
tributären Lymphknoten. Der Darm enthält ~30.000 solitäre
Lymphfollikel (sie finden sich auch im gesamten Dickdarm). Im Darm befinden sich ~200 Peyer-Plaques, sie gehören zum sekundären lymphatischen Gewebe und finden sich vor allem im
distalen Ileum. Peyer-Plaques
enthalten zwischen 5 und 200 aggregierte
Lymphfollikel.
Unter Peyer'schen Plaques (Peyer's patches) versteht
man lymphatisches Gewebe in der lamina propria des Dünndarms, das
ähnlich wie Lymphknoten follikulär organisiert ist. Hier können
Immunreaktionen gegen Antigene / Pathogene im Darm starten.
Peyer-Plaques beinhalten vor allem B-Zellen. Diese werden nach
Selektion zu Plasmazellen, die vor allem große Mengen an IgA
produzieren.
Lymphoide Zellen des
angeborenen Immunsystems - zytokinproduzierende Lymphozyten ohne
T-Zell-Rezeptoren - sezernieren auf entsprechende Reize hin Interleukine (z.B. IL-17) und beteiligen sich so an der Verstärkung regulativer und protektiver Aufgaben an der Darmschleimhaut.
Das intestinale Nervensystem beeinflusst die Barrierefunktion des Epithels. Nicht nur Nerven-, auch Gliazellen des
Darmnervensystems spielen dabei mit, z.B. über den glial cell line-derived neurotrophic factor (GDNF). Effektorstoffe wie Acetylcholin, VIP und NO
sind Schlüsselsubstanzen für die Regulierung der Epithelbarriere, indem
sie muköse Perfusion, Lymphozytenwanderung, Schleimproduktion
und Resorption beeinflussen.

Zum
Immunsystem des Darms s. auch
dort
Der Gastrointestinaltrakt hat große Bedeutung für den Kreislauf
Das Verdauungssystem ist stark kreislaufwirksam: Die
starke Perfusion und die gute Dehnbarkeit der Venengeflechte
(Mesenterialbögen, venöse Blutspeicher z.B. in Leber und Milz) führen
dazu, dass das gastrointestinale System ein wichiger Angriffspunkt für regulatorische Einflüsse
ist. Arterioläre Dilatation führt zu starker Blutspeicherung, und
kardiovaskuläre Reflexe - z.B. der Baroreflex - wirken sich vor allem
auf Gefäße im Bauchraum aus. Starke Vasodilatation kann zu
Kreislaufversagen führen (Widerstandsverlustschock).

<Abbildung: Durchblutungsgrößen (erwachsene Person) im Splanchnikusgebiet
Modifiziert nach einer Vorlage bei Koepen and Stanton, Berne and Levy's Physiology (6th ed), Mosby / Elsevier 2008
Dem
Verdauungssystem fließen insgesamt etwa 1,8 l/min arterielles Blut zu,
das sind rund 30% des gesamten Ruhe-Herzminutenvolumens

Die
Durchblutung beansprucht mit 1,5-2,0 Litern pro Minute einen großen
Anteil (in Ruhe ein Drittel) des Herzzeitvolumens.
Etwa 700 ml/min gelangen über die a. coeliaca, 700 ml/min über die a.
mesenterica superior, und 400 ml/min über die a. mesenterical inferior
zu den in der <Abbildung gezeigten Organen.
Die Pfortader bringt
etwa 1,3 l/min Blut aus dem Darm zur Leber, sodass diese rund ein
Drittel ihrer Blutversorgung arteriell, und zwei Drittel über den
Pfortaderkreislauf erhält (ausgeprägte Arteriolen verhindern beim
Zusammenfluss in den Leberläppchen zu den Sinusoiden ein Überschießen
des arteriellen Zustroms - der Druck im Pfortaderkreislauf beträgt weniger als 10 mmHg).
Die sympathische
Versorgung der Baucheingeweide, und damit die Steuerung der
Durchblutung, erfolgt über Nerven des Splanchnikussystems. Bei erhöhtem Sympathikustonus
(ergotrope
Reaktionslage) kommt es zu Vasokonstriktion und damit zu
verminderter Durchblutung und (druckpassiv) Entspeicherung von Blut aus
venösen Gefäßnetzen - Blut wird mobilisiert, der venöse Rückstrom verbessert und die Vorlast des Herzens erhöht, was Herzminutenvolumen und arteriellen Druck zu stabilisieren hilft.
Mehr zur Perfusion des Gastrointestinaltrakts s. dort
Enteroendokrine Zellen (enteroendocrine cells, EEC) sind flaschenförmige sensorische Zellen des Gastrointestinaltrakts. Sie
befinden sich - meist einzeln zwischen Mukosazellen eingestreut - in der Schleimhaut des Magens und Dünndarms und
registrieren die Anwesenheit diverser Nahrungsstoffe im Darmlumen
(wie Glucose, Aminosäuren, Peptide), sowie auch von Bakterien. Ihre Lebensdauer ist (mit bis zu mehreren Monaten) länger als diejenige "gewöhnlicher" Mukosazellen (4-5 Tage).
Die meisten
EECs haben mit ihrem apikalen Anteil direkten Kontakt mit dem Darmlumen
(open-type) und bilden dort Mikrovilli aus; einige erstrecken sich nicht bis zur Oberfläche (closed-type). Einige
der registrierten nutritiven Signale werden nicht über den Bürstensaum
des apikalen Zellteils, sondern basolateral von benachbarten Enterozyten
empfangen (Lang- und kurzkettige Fettsäuren, Lipoproteine,
Aminosäuren).
Viele EECs verfügen über zytoplasmatische Fortsätze - meist ihres
basolateralen Zellanteils, mit großen und kleinen sekretorischen
Granula, Mitochondrien und Neurofilamenten bestückt -, die sich zu
benachbartern Zellen erstrecken.
Diese axonähnlichen Fortsätze kontaktieren auch Nervenzellen und werden als Neuropodien (neuropods) bezeichnet (>Abbildung).

>Abbildung: Verbindung einer enteroendokrinen Zelle
Nach Liddle RA: Interactions of gut endocrine cells with epithelium and neurons. Compr Physiol 1018; 8: 1019-30
Enteroendokrine
Zellen (EEC) haben oft seitliche zytoplasmatische Fortsätze ihres
basalen Anteils (Neuropodien), über die sie Kontakt mit afferenten
Neuronen aufnehmen können.
Vermutlich sind EECs auch durch vagale Efferenzen innerviert

Sensorische Funktion. Die Oberfläche der enteroendokrinen Zellen verfügt über ähnliche Rezeptormechanismen wie Geschmackszellen (T1- und T2-Rezeptoren etc) sowie über entsprechende Transporter (über SGLT1 wird Glucose aufgenommen, über Aminosäuretransporter teils Na+-gekoppelt Aminosäuren, über den H+-gekoppelte solute carrier
PepT1 Di- und Tripeptide). Auf diese Weise gelangen Glucose,
Aminosäuren und kleine Peptide über die apikale Membran in die EEC, die
depolarisiert und mit neuronalen, parakrinen und endokrinen Impulsen
reagiert.
Einige dieser Stoffe gelangen nicht direkt, sondern via Nachbarzellen an die basolaterale Membran der EECs. Diese kann z.B. via GLUT2 Glucose in das Zellinnere befördern; bei deren Metabolisierung (Glukokinase) entsteht ATP, ATP-sensitive Kaliumkanäle (KATP) schließen und die Membran depolarisiert. Fettsäuren gelangen über entsprechende Rezeptoren (free fatty acid receptors,
FFAR) über die basolaterale Membran in die enteroendokrine Zelle und
steigern hier die Calciumkonzentration. Auch aromatische Aminosäuren
(Tryptophan, Phenylalanin) scheinen über basolaterale Gq-gekoppelte
Rezeptoren zu wirken (sie regen die Sekretion von CCK, Ghrelin und
GLP-1) an).
Das intestinale Mikrobiom wirkt sich auf
Nahrungsaufnahme, Energiehaushalt und Stoffwechsel aus. EECs reagieren
auf die Anwesenheit und Aktivität enteraler Bakterien und spielen für
den Informationsfluss Darm
→ Gehirn eine (wahrscheinlich entscheidende) Rolle. Erklärbar ist die
entsprechende Sensorik nicht nur über direkten Kontakt mit den
Mikroorganismen (apikale Membran, Bürstensaum), sondern auch via
lösliche Stoffwechselprodukte (z.B. Lipopolysaccharide, die auf TLRs
wirken), sowie Stoffwechselprodukte wie sekundäre Fettsäuren, Indole,
oder kurzkettige Fettsäuren, die im Darm nur durch bakteriellen Abbau
des Darminhalts entstehen.
Sekretorische Funktion. EECs bilden
Peptidhormone sowie Neurotransmitter (z.B. Glutamat) und speichern
diese in Vesikeln, die bei Anregung exozytiert werden. Sie reagieren
auf
luminale chemische Reize mit paraktinen Signalen zu benachbarten
Epithelzellen, Transmitterausschüttung an Kontaktstellen zu
Nervenfasern, sowie endokrin durch Sekretion von Hormonen. Auf diese
Weise nehmen sie mit ihrer unmittelbaren Umgebung, aber auch mit dem
gesamten Organismus Kontakt auf. Lokal beteiligen sie sich an der Regulation von Sekretion und Motilität, und haben trophische Funktion.
Die Mehrzahl der EECs konzentriert sich auf die Expression eines bestimmten
Peptidhormons; dementsprechend werden sie bezeichnet (G-Zellen bilden
Gastrin, D-Zellen Somatostatin, etc). Das Muster des Expressionsverhaltens verschiedener EECs ist allerdings ziemlich komplex, z.B. exprimieren L-Zellen sowohl NPY als auch GLPs. EECs
bilden auch postsynaptische Proteine, d.h. sie empfangen Signale von
efferenten (vom ZNS kommenden) Impulsen und senden Information über
Nahrungsstoffe und im Darm vorhandene Mikroorganismen via afferente
Fasern an das Gehirn, und hormonell an alle entsprechend mit Rezeptoren
ausgestattete Gewebe. EECs scheinen bei Anwesenheit bestimmter mikrobieller molekularer Muster (PAMPs) Zytokine freizusetzen; auf bakterielle Lipopolysacchardide reagieren sie beispielsweise mit der Sekretion von TNFα.
Wenn manb berücksichtigt, dass Nervenfasern keinen direkten Kontakt zum
Inhalt des Darms haben, liegt angesichts der Positionierung der EECs
und ihrer Neuropodien die Vermutung nahe, dass diese mittels ihrer
bidirektionalen Verbindung mit dem Nervensystem eine entscheidende
Vermittlerfunktion ausüben und Signale aus dem Lumen an afferente
intestinale Neuronen übermitteln.
Was ist die Funktion der Neuropodien?
Offensichtlich speichern und sezernieren diese meist nur einige µm,
manchmal (vor allem im distalen Darm) bis zu 70 µm langen Fortsätze
sowohl Peptidhormone als
auch Neurotransmitter, und sie verfügen sowohl über präsynaptische als
auch postsynaptische Proteine. Damit
erreichen sie zahlreiche Nachbarzellen ganz unmittelbar (parakrine Wirkungen),
können Impulse (Information über die Situation im Darmlumen) an afferente
Nervenfasern übermitteln,
Signale
efferenter (parasympathischer) Nerven empfangen,
endokrine Information in die Blutbahn senden.
ECCs sind mobil und suchen aktiv Kontakt mit Nervenzellen, die
ihrerseits wahrscheinlich EECs trophisch stimulieren
("Überlebensfaktoren") und das Wachstum von Neuropodien anregen können.
Hormone aus dem Gastrointestinaltrakt regulieren Verdauungstätigkeit und Appetitkontrolle
Die Tätigkeiten des gastrointestinalen Systems werden reguliert durch
Peptide aus Schleimhautepithelien (meist in zwei oder mehr molekularen Formen) und
einige
Neurokrine (von
intestinalen Nervenzellen freigesetzte
Signalstoffe).
Aus dem gastrointestinalen System freigesetzte
Peptide können
endokrin (als Hormon über die Blutbahn an allen Teilen des Körpers, soferne ihre Austauschgefäße nicht durch spezifische
Barrieren abgedichtet sind) oder
parakrin wirken (und auf diesem Wege auch die Aktivität von Nervenzellen beeinflussen, wie das z.B. Histamin in der Magenwand tut).
Hormonproduzierende Zellen in den Schleimhäuten des gastrointestinalen
Systems sind einzeln oder in kleinen Gruppen angeordnet ("diffuses
neuroendokrines System"). Ihre apikalen Enden tragen Mikrovilli, die
wahrscheinlich über Rezeptoren für das "Scannen" des Darmrohrinhaltes
verfügen. Einige nehmen Aminosäuren aus dem Kreislauf
auf und decarboxylieren sie zu biogenen Aminen (z.B. Serotonin) -
solche Zellen werden einem System zugerechnet, die man als
APUD (Amine Precursor Uptake and Decarboxylation) bezeichnet hat.
Gastrointestinale Hormone werden freigesetzt, wenn auf ihre
Entstehungszellen in Magen- und Darmschleimhaut Dehnungs-
(mechanische), Nahrungs- (chemische) oder Nervenreize (Neurokrine)
einwirken. Einmal an das Interstitium abgegeben, gelangen sie in
Pfortaderkreislauf, Leber und Blutkreislauf generell - und damit zurück
zum gastrointestinalen System, wo sie dessen Aktivitäten (Sekretion,
Resorption, Motorik, Hormonbildung) beeinflussen. Sie steuern auch das
Wachstum der Schleimhaut in Magen und Darm sowie des exokrinen Pankreas.
Die folgende Tabelle zeigt an, welche Auslöser die Freisetzung von Verdauungshormonen unter physiologischen Umständen anregen
(+) oder hemmen (-) - oder keine Wirkung haben (0):
Reiz
|
Hormon
|
|
Gastrin
|
CCK
|
Sekretin
|
GIP
|
Motilin
|
Proteine / Aminosäuren
|
+
|
+
|
0
|
+
|
0
|
Fette / Fettsäuren
|
0
|
+
|
+
|
+
|
+
|
Kohlenhydrate
|
0
|
0
|
0
|
+
|
0
|
Säure
|
-
|
+
|
+
|
0
|
+
|
Dehnung
|
+
|
0
|
0
|
0
|
0
|
neuronale Aktivität
|
+
|
0
|
0
|
0
|
+
|
Nach Johnson: Gastrointestinal Physiology, 9th ed., Mosby 2019
Größter Hormonproduzent. Hormonsezernierende
Zellen des Verdauungssystems (<Abbildung) machen zusammengenommen
die größte endokrin aktive Masse des Körpers aus. Sie erzeugen "Verdauungshormone", die auf Motilität und Sekretion in
Magen, Darm, Pankreas, Leber und Gallenblase, und auch auf andere Gewebe, z.B. das Gehirn,
einwirken.
<Abbildung: Gastrointestinale Hormone: Bildungsorte und Wirkungen
Nach einer Vorlage bei pacbio.com
Das Verdauungssystem produziert die größte (molare) Menge an Hormonen im Organismus.
Gastrin wird im Antrum des Magens und im Duodenum gebildet; Sekretin im Duodenum; GIP und Motilin im Duodenum und Jejunum; Cholezystokinin in Duodenum, Jejunum und Ileum

Zahlreiche Verdauungshormone sind identisch mit Transmittern, die im
Gehirn, peripheren Nervensystem, auch in anderen Geweben vorkommen.
Agonisten / Antagonisten können daher sehr weitreichende
(Neben-)Wirkungen haben, u.a. abhängig von ihrem Verhalten an der Blut-Hirn-Schranke.
Das gastrointestinale System kann daher als das größte endokrine Organ des Organismus
bezeichnet werden. Hormonbildende Zellen befinden sich in der
Darmschleimhaut, wobei man "offene" und "geschlossene" Typen
unterscheidet (<Abbildung unten):
Die meisten sind gegen die Schleimhautoberfläche "offen" (open enteroendocrine cells),
können also an ihrem apikalen Ende - mittels Rezeptoren und
Ionenkanälen - Stoffkonzentrationen im Darmlumen registrieren und
entsprechend (endokrin) reagieren - z.B. auf pH, Aminosäuren oder
Fettsäuren. Sekretagoge Stoffe regen diese Zellen an.
Andere erstrecken sich nicht bis zum Darmlumen, sie sind "geschlossen" (closed enteroendocrine cells); ihre Aktivität wird parakrin, neuronal oder endokrin reguliert.
Beide Zelltypen sezernieren ihre Hormone über die basolaterale
Membran in Richtung splanchnische Kapillaren in der lamina propria; so
gelangen sie in Pfortader, Leber und systemischen Kreislauf. In einer
typischen Situation kommt es anschließend zu einem Effekt der negativen Rückkopplung:
Der sekretagoge Stoff, der im Darm die Hormonausschüttung ausgelöst
hat, wird durch die Reaktion des Darms abgebaut bzw. entfernt, seine
Konzentration im Darm nimmt ab, und die Hormonbildung der
entsprechenden enteroendokrinen Zellen erlischt. Das Ergebnis ist die
Stabilisierung der entsprechenden Stoffkonzentrationen.
Aufgeschaltet auf solche simple Rückkopplungsschleifen sind übergeordnete neurohumorale Steuerungen;
das ermöglicht die Integration der Verdauungsvorgänge in
gesamtorganische Situationen (z.B. multiple Einflüsse auf das
Verdauungssystem, oder Stress, der das gastrointestinale System "herunterfährt").

>Abbildung: Lage und Funktionsweise enteroendokriner Zellen (blau)
Nach Steinert RE, Feinle-Bisset C, Asarian L, Horowitz M, Beglinger C, Geary N: Ghrelin,
CCK, GLP-1, and PYY(3–36): Secretory Controls and Physiological Roles
in Eating and Glycemia in Health, Obesity, and After RYGB. Physiol Rev
2017; 97: 411-63
Links: Ghrelinzellen im Magen sind von Nachbarzellen gegen das Lumen abgeschlossen (closed enteroendocrine cells), sie haben keinen direkten Kontakt zum Mageninhalt.
1: Neuronale Impulse sind die wichtigste Anregung zur Ghrelinsekretion
2: Freigesetztes Ghrelin diffundiert durch die lamina propria in das Blut und gelangt so in den Kreislauf
3:
Ghrelinzellen verfügen über Rezeptoren (orange) für Nahrungsstoffe, die
sie über die Blutbahn und wohl auch aus dem Lumen erreichen
4: Verschiedene endokrine Signale können Ghrelinzellen hemmen
Rechts: CCK / GLP-1 / PYY- Zellen im Dünndarm haben direkten Kontakt zum Darmlumen (open enteroendocrine cells).
1: Auch sie verfügen über Nahrungsstoff-Rezeptoren (orange), sowohl
apikal als auch basolateral, und diese üben wohl die Hauptwirkung auf
die Hormonsekretion aus
2: Die sezernierten Hormonmoleküle diffundieren durch die lamina propria in das Blut und gelangen so in den Kreislauf
3: Hormone und Nährstoffe gelangen aus dem Kreislauf zu den enteroendokrinen Zellen
4: Auch neuronale Impulse beeinflussen die Hormonproduktion

Als beim Menschen unter physiologischen Bedingungen sicher endokrin wirksam ("Verdauungshormone") gelten
Gastrin,
Sekretin,
Cholezystokinin,
Motilin und
GIP (gastric inhibitory peptide).
Alle weiteren unten beschriebenen gelten als "Kandidaten" für eine
physiologische Bedeutung als Hormon, die aber noch nicht mit letzter
Sicherheit nachgewiesen ist (Stand 2019) - sie können zumindest parakrin oder neurokrin, oder im pharmakologischen und/oder pathologischen Sinne wirksam sein. Zu solchen "putativen" Hormonen zählen Enteroglucagon (das zur Sekretinfamilie gehört), Peptid YY und pankreatisches Polypeptid.
Ghrelin wirkt als Hormon auf das Gehirn, indem es die Nahrungsaufnahme beeinflusst. Seine physiologische Bedeutung ist unklar, da eine Beschädigung des Ghrelin-Gens das Hungergefühl nicht zu beeinflussen scheint.

Peptidhormone im gastrointestinalen System

Nach Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
|
Hormon
|
Quelle
|
Ziel
|
Wirkung
|
Cholecysto-
kinin
|
I-Zellen in Duodenum und Jejunum, Neurone in Ileum und Colon
|
Pankreas
Gallenblase
|
Anregung von Enzym-
sekretion und
Kontraktion
|
GIP
|
K-Zellen in Duodenum und Jejunum
|
Pankreas
|
Hemmung Flüssigkeits-
resorption
Anregung Insulin-
freisetzung
|
Gastrin
|
G-Zellen in Magenantrum
|
Belegzellen in Magen-
schleimhaut |
Sekretion von H+ |
Gastrin-
releasing peptide *
|
Nervenfasern (Vagus)
|
G-Zellen in Magenantrum
|
Förderung der Gastrin-
freisetzung
|
Guanylin *
|
Ileum und Colon
|
Dünn- und Dickdarm
|
Steigerung der Flüssigkeits-
resorption
|
Motilin
|
Endokrine Zellen im oberen Verdauungs-
trakt
|
Ösophagus-
sphincter
Magen
Duodenum
|
Anregung glattmuskulärer Kontraktionen
|
Neurotensin *
|
Endokrine Zellen im Gastrointestinal-
trakt
|
Glatter intestinaler Muskel
|
Vasoaktive Anregung der Histamin-
freisetzung
|
Peptid YY
|
Endokrine Zellen in Ileum und Jejunum
|
Magen
Pankreas
|
Hemmung vagal angeregter Säureproduktion
Sekretion von Enzymen und Flüssigkeit
|
Sekretin
|
S-Zellen im Dünndarm
|
Pankreas
Magen
|
Anregung der Bicarbonat- und Flüssigkeits-
produktion der Ausführungs-
gänge
Hemmung der Säure-
produktion
|
Somatostatin
|
D-Zellen in Magen und Duodenum, ∂-Zellen in Pankreas
|
Magen
Darm
Pankreas
Leber
|
Inhibition Gastrin-
freisetzung
Steigerung Flüssigkeits-
resorption, Hemmung Sekretion, Kontraktion glatte Muskulatur
Hemmung Sekretion endokrin / exokrin
Reduktion Gallenfluss
|
Substanz P
|
enterische Neurone
|
enterische Neurone |
Neuro-
transmitter
|
VIP
|
enterische Neurone
|
Dünndarm
Pankreas
|
Glattmuskuläre Relaxation, Steigerung Sekretion
Steigerung Sekretion
|
*
Gastrin-releasing peptide (GRP) ist ein regulatorisches Neuropeptid, Guanylin ein 15-AS-, Neurotensin ein 13-AS-Peptidhormon
Verdauungshormone sind Peptide; sie funktionieren über GPCR-Rezeptoren. Man teilt sie nach strukturellen Homologien in mehrere Gruppen ein:
Gastrin-Familie
Zur Gastrin-Familie gehören die Peptidhormone
Gastrin und
Cholezystokinin
(=Pankreozymin). Diese beiden Hormone weisen an ihrem C-Ende eine
gleiche 5-Aminosäuren-Sequenz auf. Sie wirken über CCK-Rezeptoren und
Gq-Proteine auf den
Ca++- DAG- PKC-Signalweg.
Gastrin
entsteht zu 60-70% in G-Zellen
des Magenantrums und zu 30-40% in der Duodenalmukosa. Es wird als Vorstufe gebildet und von der G-Zelle durch posttranslationale Verarbeitung (posttranslational processing) aufbereitet.
Präprogastrin ist das primäre Transkript. Durch Sulfatierung und Enteroproteolyse entstehen
Progastrine, die weiterer Endoproteolyse, sowie Ringbildung zu einem Pyroglutamylrest unterliegen;
Gastrin-Zwischenformen (Intermediate) entstehen, und nach weiteren molekularen Modifikationen schließlich
Gastrin, das (aus 17 Aminosäuren bestehend) biologisch aktiv (G-17) und
vor Angriff durch zirkulierende Amino- und Carboxypeptidasen geschützt
ist.
Die Gastrinfreisetzung wird durch Sinken des pH-Wertes im Magenantrum unter 3,5 gehemmt (negatives Feedback, Schutz vor Übersäuerung).
Bei Personen mit reduzierter Säurebildung (z.B. atrophische Gastritis) fällt dieser Hemm-Mechanismus weg, sie zeigen extrem hohe Gastrinwerte im Blut.
Gastrin regt über den CCK-2-Rezeptor (Gastrinrezeptor)
an Belegzellen die Säureproduktion und
an Hauptzellen die Produktion von Pepsinogen an, stärkt die Kontraktionswellen im Antrum und
erhöht den
Tonus des Kardiasphinkters (glatte Muskelzellen).
Gastrin (Serum / Plasma, nüchtern)

<100 ng/l (pg/ml)

>Abbildung: Verteilung enteroendokriner Zellen auf Magen, Dünn- und Dickdarm
Nach Steinert RE, Feinle-Bisset C, Asarian L, Horowitz M, Beglinger C, Geary N. Ghrelin,
CCK, GLP-1, and PYY(3–36): Secretory Controls and Physiological Roles
in Eating and Glycemia in Health, Obesity, and After RYGB. Physiol Rev
2017; 97: 411-63
Die
Kategorisierung erfolgte ursprünglich nach histologischen Kriterien
(I-Zellen für CCK, L-Zellen für Enteroglucagon und PYY usw). Diese
Zellen produzieren einen Mix aus verschiedenen Hormonen
Gastrin ist der wichtigste Reiz für die Sekretion von Magensaft. Es triggert die Freisetzung von Histamin aus enterochromaffinartigen (ECL-) Zellen und wirkt direkt auf Belegzellen.
Näheres zu Gastrin s. dort
Cholezystokinin (CCK, Pankreozymin)
wird von enteroendokrinen I-Zellen
im Duodenum, Jejunum und oberen Ileum gebildet
(Abbildungen). Es ist ein aus 33 Aminosäuren bestehendes Peptid mit
struktureller Beziehung zu Gastrin (5 gleiche C-terminale Aminosäuren).
CCK wirkt über CCK-1-Rezeptoren. Diese nutzen DAG-, Proteinkinase C - und Ca++- abhängige Signalwege. Azinuszellen
im Pankreas werden indirekt angeregt: Sie haben keine CCK-Rezeptoren,
im Gegensatz zu afferenten Faserrn des Vagus. An diesen löst CCK einen
(cholinergen) vago-vagalen Reflex aus, der die Drüsenepithelzellen im
Pankreas zur Absonderung enzymreichen Sekrets anregt (
s. dort).
Bestandteile des
Chymus, die infolge der CCK-Wirkung verdaut werden (Peptide, Aminosäuren, Fettsäuren) sowie niedriger
pH-Wert regen seine Produktion an. Vor allem wirken langkettige Fettsäuren und Monoglyzeride anregend auf die CCK-Sekretion.
Trypsin im Darm hemmt die
CCK-Freisetzung, Plasma-CCK-Spiegel und Trypsinsekretion sinken
(negative Rückkopplung).
<Abbildung: Physiologie des CCK
Nach Steinert RE, Feinle-Bisset C, Asarian L, Horowitz M, Beglinger C, Geary N. Ghrelin,
CCK, GLP-1, and PYY(3–36): Secretory Controls and Physiological Roles
in Eating and Glycemia in Health, Obesity, and After RYGB. Physiol Rev
2017; 97: 411-63
Die
Produktion von CCK (rote Punkte) aus enteroendokrinen Zellen (hellblau)
des Dünndarms wird von allen Makronährstoffen angeregt (Rezeptoren an
der apikalen Membran: orange). Das Hormon diffundiert über die lamina
propria in Blutgefäße und erreicht so seine Zielorgane (rote Pfeile).
1: CCK ruft Sättigungsgefühl hervor - vielleicht via hormonelle Wirkung
auf die Pylorusregion des Magens und von hier über vagale Afferenzen
(grüner Pfeil) oder unmittelbar über neuronale Impulse, sowie über
direke endokrine Wirkung auf das Gehirn
2:
CCK dämpft die postprandiale Erhöhung des Blutzuckerspiegels über
Beeinflussung der Magenentleerung und möglicherweise einen vago-vagalen
Reflex
3: Die Magenentleerung wird durch CCK vermittels eines direkten endokrinen Effekts verlangsamt
Durchgezogene Linien: gesicherte Effekte; gestrichelt: postuliert
Wirkungen (<Abbildung): CCK
regt Cholezystokinin die Gallenblase (Fettemulsion durch gallensaure Salze) zur Kontraktion an (daher der Name
) - sowohl durch direkten Einfluss auf die Gallenblasenmuskulatur, als auch indirekt über Aktivierung parasympathischer (N. X) Nervenfasern
verstärkt die Wirkung von Sekretin (Anregung der Bicarbonatsekretion auch bei niedrigen Sekretinspiegeln)
regt das Wachstum der Bauchspeicheldrüse an
verlangsamt die Magenentleerung - dadurch gewinnen die Verdauungsvorgänge im
Duodenum Zeit - und hemmt die Salzsäurebildung (?)
regt die Enzymsekretion in der Bauchspeicheldrüse an (enzymatischer Abbau, daher der Name "Pankreozymin")
relaxiert den Sphincter Oddi (ampulla hepatopancreatica), wahrscheinlich über inhibitorische Neurotransmitter (NO)
regt die Darmmotorik an
reduziert die Salzsäureproduktion im Magen, indem es Gastrin vom CCKB-Rezeptor kompetitiv verdrängt.
Cholezystokinin wird im oberen Dünndarm gebildet und regt die Sekretion eines enzymreichen Pankreassaftes an
|
CCK gehört zu den Verdauungshormonen, die auch außerhalb des
gastrointestinalen Systems wirksam sind: Es wird in mehreren
Gehirnregionen gebildet und beteiligt sich an der Regulierung von Nahrungsaufnahme (Sättigungssignal) und
Energiehaushalt.
CCK (Nüchternplasma)

<80 ng/l (stark methodenabhängig)
Biologische Halbwertszeit 2,5-5 Minuten
Zur Sekretin-Familie zählen die Hormone Sekretin, Glucagon, die glucagonähnlichen Peptide GLP-1 und GLP-2, Enteroglucagon, sowie das vasoaktive intestinale Peptid (VIP). Ihre Rezeptoren wirken über Gs-Proteine und erhöhen den intrazellulären cAMP-Spiegel.
Sekretin stammt aus duodenalen und jejunalen S-Zellen.
Es wird - ähnlich wie Gastrin - über mehrere Zwischenschritte aus einer
Vorstufe (Präprogastrin) gebildet. Das fertige Hormon ist ein aus 27
Aminosäuren bestehendes Peptid.
Sekretin wirkt über Sekretinrezeptoren, welche cAMP-abhängige Signalwege nutzen. In der apikalen Membran der Ausführungsgang-Epithelzellen öffnen sich Chloridkanäle (CFTR-Kanäle),
und neue werden (durch Exozytose CFTR-haltiger Vesikel) hinzugefügt.
Chloridionen strömen daraufhin vermehrt lumenwärts (Wasser folgt
osmotisch auf dem parazellulären
Weg nach), Chlorid wird anschließend gegen Bicarbonat getauscht. Das
Ergebnis ist die Bildung basischen Pankreas- und Gallensekrets.
Die Freisetzung des Sekretins
wird durch duodenale pH-Werte unter 4,5 angeregt; der Blutspiegel
steigt innerhalb weniger Minuten nach Ansäuerung des Duodenalinhalts
(Passage sauren Mageninhalts in den Zwölffingerdarm) an. Sekretin
erhöht die Bicarbonatbildung in Pankreas, Gallenblase und Dünndarm,
hemmt die Gastrin-Sekretion im Magen, steigert im Magen die
Muzinproduktion (verzögerte Magenentleerung), und
regt die Sekretion von Somatostatin und Insulin an.
In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts entdeckten und beschrieben Ernest H. Starling und William M. Bayliss
das Sekretin und prägten den Begriff "Hormon" (von ὁρμᾶν = antreiben).
1902 untersuchten sie, inwieweit das Nervensystem Digestionsvorgänge
steuert. Durchtrennung sämtlicher Nerven zum Pankreas resultierte nicht in einem Ausfall seiner physiologischen Regulation, woraus die Bedeutung endokriner Steuerung ("Verdauungshormone") ersichtlich wurde.
Sekretin (Nüchternplasma)

12-75 ng/l (methodenabhängig)
Biologische Halbwertszeit
~4 Minuten
Glucagon
und glucagonähnliche Peptide (GLP) entstehen aus einem gemeinsamen Vorläufermolekül, dem Präproglucagon. Durch Proteolyse entstehen daraus Glucagon, GLP-1 und GLP-2. Prohormon-Konvertasen erzeugen zellspezifisch bestimmte Hormonmuster: Pankreatische α-Zellen Glucagon, L-Zellen im Darm GLP-1 und GLP-2.
Glucagon wird bei Abfall des Blutzuckerspiegels freigesetzt, es führt zu
Glykogenolyse, Glukoneogenese aus Aminosäuren und Aktivierung von
Lipasen (Steigerung des Fettsäurespiegels im Blut).
Glucagon (Nüchternplasma / -serum)

50-150 ng/l (methodenabhängig)
GLP (Glucagonähnliche Peptide, glucagon-like
peptides) aus L-Zellen in Dünndarm und Colon (Abbildungen) sind - wie GIP - Inkretine (insulinotrope Hormone). Sie wirken - über
GLP-Rezeptoren - auf verschiedene Zielorgane und regen das Wachstum des Darms an.
GLP-1 wird
aus distalen Darmabschnitten (>Abbildung oben) 5-30 Minuten nach Nahrungsaufnahme freigesetzt,
angeregt durch freie Fettsäuren und Glucose im Jejunum, teils über neuronale Stimulation, proportional zur aufgenommenen Kalorienmenge. In Ileum und Colon wirken freie Fettsäuren und Glucose direkt stimulierend.
GLP-1 regt die Insulinfreisetzung an - auch in Abwesenheit einer Hyperglykämie -, verlangsamt die Magenentleerung, fördert das postprandiale Sättigungsgefühl, zügelt die Glukoneogenese (Leber) und steigert die
Insulinempfindlichkeit
(Muskulatur). GLP-1 stärkt Herztätigkeit
und Knochenaufbau und wirkt trophisch auf endokrin aktive Zellen der
Bauchspeicheldrüse (Langerhans-Inseln), vor allem ß-Zellen (möglicher
Einsatz bei diabetischen Patienten).
GLP-2 (und PYY) werden zusammen mit GLP-1 sezerniert. GLP-2 hat keine insulinotrope Wirkung, bindet an einen eigenen GLP-2-Rezeptor und hat einen stark wachstumsfördernden Effekt auf den Darm.
Glucose im Darm steigert die Sekretion von GLP-1, dieses wirkt u.a. appetithemmend und regt die Sekretion von Insulin an |
VIP
(vasoaktives intestinales Peptid) wird im Duodenum bei Anwesenheit
von Fetten im Chymus freigesetzt, es relaxiert glatte Muskulatur in
Magen und Darm,
erhöht die Bildung bicarbonatreichen Sekrets in Pankreas, Leber und
Darm und hemmt die Bildung von Magensäure. Es wirkt via NO
vasodilatierend (daher der Name) und durchblutungsfördernd.
VIP (Nüchternplasma)

<50 ng/l (<15 pM/l)
~10-fach höhere Werte im liquor cerebrospinalis
Motilin-Familie
Zur Motilin-Familie gehören die Hormone
Motilin unf
Ghrelin. Ihre Rezeptoren sind an Gq-Proteine gekoppelt, sie aktivieren den
Ca++- DAG- PKC-Signalweg.
Motilin aus M-Zellen des Dünndarms wird gemeinsam mit Ghrelin ausgeschüttet. Es ist ein 22-Aminosäure-Peptid, das aus dem 114-Aminosäuren-Präpromotilin entsteht. Der Motilinrezeptor ist ein GPCR, er nützt den Phospholipase-C-Signalweg.

Die Freisetzung von Motilin wird gefördert durch steigenden pH-Wert (Alkalinisierung) im Dünndarm.

Die Anwesenheit von - insbesondere saurem - Chymus im Dünndarm hemmt die Motilinbildung.
Motilin beschleunigt die Magenentleerung und löst sowohl in Magen als auch im Dünndarm interdigestive Bewegungen aus, beruhend auf seiner anregenden Wirkung auf den migrierenden Motorkomplex (MMC, myoelektrischer Komplex). Tatsächlich steigt in der interdigestiven (Nüchtern-) Phase die Motilinkonzentration im Blut alle 1-2 Stunden an (zyklische Freisetzung alle ~90 Minuten).
Motilin wird auch als "intestinaler Hausmeister"
bezeichnet, da es die
Kontraktionen in Fundus und Antrum des Magens sowie die Peristaltik im
Dünndarm anregt und so den Darm "reinigt" - was auch das Aufsteigen von
Bakterien aus dem Colon in den Dünndarm limitieren dürfte.
Der Motilinrezeptor bindet auch das Antibiotikum Erythromyzin;
dessen anregende Wirkung wird zur Behandlung verlangsamter
Magenentleerung (Gastroparese, z.B. postoperativ oder bei Diabetes
mellitus) genutzt.
Auch regt Motilin
die Gallenblase zu Kontraktionen (Fettverdauung!) und den unteren
Ösophagussphinkter zum festeren Verschluss an. Ferner stimuliert es die
Pepsinproduktion und damit die Eiweißverdauung im Magen, sowie die
Freisetzung von pankreatischem Polypeptid und Somatostatin.
Motilin (Serum)

16-28 pM/l (stark methodenabhängig)
Ghrelin
ist ein appetitanregendes Hormon aus der Magenschleimhaut (Ghrelin-Zellen), dessen
Blutspiegel bei leerem Magen ansteigt
und nach dem Essen absinkt. Es wird zunächst als Präproghrelin
gebildet, zu Ghrelin umgebaut und durch Ghrelin-O-Acyltransferase
(GOAT) aktiviert. Ghrelin wird auch im nucleus arcuatus des Hypothalamus sowie im Duodenum gebildet.
Ghrelin wirkt über einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor, den growth hormone secretagogue receptor (GHSR). Sein Name stammt daher, dass es zunächst als wachstumsfördernd galt (Growth Hormone RELeasing peptide); erst später erkannte man seine Hauptwirkung, nämlich appetitsteuernd am Hypothalamus.
Ghrelin regt
das Hungergefühl an, beschleunigt die Magenentleerung und stimuliert
die Freisetzung von Wachstumshormon (Menschen, die am - genetisch
bedingten - Prader-Willi-Syndrom
leiden, haben eine gesteigerte Ghrelin-Produktion, was zu starkem Übergewicht
führt). Ghrelin-Zellen sind von "geschlossenen Typ", sie grenzen nicht
direkt an das Lumen (>Abbildung) und werden vor allem durch
neuronale Stimuli angeregt; sie verfügen aber auch über
Nährstoffrezeptoren (Abbildung).
Andere endokrine Faktoren können
Ghrelinzellen hemmen (CCK, PYY u.a.)
Ghrelin (Serum)

200-600 ng/l
Über Ghrelin und seine GHRH-stimulierende Wirkung s. auch dort
Glucoseinduziertes insulinotropes Peptid (GIP)
GIP (glukoseabhängiges insulinotropes Peptid, glucose-dependent insulinotropic polypeptide, früher gastric inhibitory peptide) besteht aus 42 Aminosäuren. Es wird von endokrinen K-Zellen
in der Dünndarmmukosa als Reaktion auf die Anwesenheit von langkettigen
Fettsäuren, Triglyzeriden, Glucose und Aminosäuren gebildet (z.B. Freisetzung von Inkretinen nach Glucoseaufnahme via SGLT1).
Wirkungen: GIP wirkt
über GIP-Rezeptoren der ß-Zellen im Pankreas, die via Gs den cAMP-Spiegel heben. Es ist ein Inkretin (insulinotropes Hormon). GIP regt die Insulinausschüttung im Pankreas an, was erklärt, warum oral aufgenommene Glucose stärker insulinstimulierend wirkt als parenteral verabfolgte (Infusion) - ein Effekt, der lange bekannt, aber erst später erklärbar war: Inkretin-Effekt.
Diese Wirkung tritt auf, sobald die Dünndarmmukosa mit dem Chymus in
Berührung kommt - also schon bevor die Substratkonzentration
(Glucose,..) im Blut ansteigt.
Bei höherer Konzentration hemmt GIP die Säureproduktion im Magen und verzögert die Magenentleerung,
deshalb die frühere Bezeichnung "gastrisches inhibitorisches Peptid". Dies ist als Schutzmechanismus für das Duodenum
zu
verstehen, das vor überhasteter Magenentleerung bewahrt wird: GIP hemmt
nicht nur die Säureproduktion im Magen, sondern steigert auch die
Sekretionstätigkeit im Dünndarm (Pufferung).
Sensorische Funktionen der Darmmukosa.
Die >Abbildung zeigt an Hand des Beispiels der L-Zelle, wie
spezielle Zellen in der Schleimhaut die Anwesenheit verschiedener
Substanzen im Darmlumen detektieren.

L-Zellen
in der Darmschleimhaut verfügen über Rezeptoren für freie Fettsäuren,
Zucker, Peptone (Proteinfragmente) und Gallensäuren und setzen bei
deren Anwesenheit in Darmlumen die Peptidhormone Oxyntomodulin, PYY,
GLP-1 und GLP-2 frei. Diese wirken auf verschiedene Zellen:
Enterozyten, Neurone in Darm (IPAN, vagale Afferenzen) und Gehirn
(Hypothalamus), Lymphozyten, Gefäßwandzellen, Myofibroblasten.
GLP-1
bewirkt über vagale Afferenzen verzögerte Magenentleerung, reduzierte
Sekretion, Anregung der Insulinfreisetzung (Pankreas) und Sattheit
(Hypothalamus). L-Zellen verfügen außer nach außen gerichteten
(Exterozeptoren) auch nach innen gerichtete Messfühler (Interozeptoren).
Über Paneth-Zellen s. dort
FFARs, free fatty acid receptors
GLP, glucagon-like peptide
IPAN, intrinsic primary afferent neuron
PYY, peptide YY

Die Antwort auf die Anwesenheit
z.B. von Peptiden, Fettsäuren, Zuckermolekülen oder Gallensäuren ist
die Freisetzung bestimmter Signalstoffe wie Oxyntomodulin, PYY,
GLP-1 und GLP-2. Diese wirken ihrerseits auf andere Zellen ein, u.a.
Nervenfasern.
So werden Muskelzellen, Blutgefäße, das Immun- und das
Nervensystem (Gehirn) durch die Zusammensetzung des Chymus beeinflusst.
Vermutlich melden auch Dehnungsrezeptoren in Magen und Dünndarm die Anwesenheit von Chymus, ihre Reizung dürfte (über vagale Afferenzen) einen zentralen Sattheitseffekt (Hypothalamus) hervorrufen und weitere Nahrungsaufnahme hemmen.
Weitere Hormone des Gastrointestinaltrakts
Somatostatin wird aus δ- (D-) Zellen des Magens (Antrumbereich), anschließendem Dünndarm, sowie Pankreas freigesetzt in Reaktion auf
Gastrin
sowie
niedrigen pH-Wert im Magen.
Somatostatin ist
kurzlebig (Halbwertszeit 1-3 Minuten); es hat breite inhibierende Wirkung (auch auf seine eigene Sekretion), u.a. hemmt es - in parakriner Weise -
die Kontraktion der Gallenblase
die Salzsäurebildung des Magens (direkt über Wirkung an Belegzellen,
und indirekt durch Hemmung der Histaminausschüttung von ECL-Zellen)
die Sekretion von
Gastrin und anderen Hormonen, wie Insulin, Glucagon, Somatotropin (geeignet zur Therapie der Akromegalie), Prolaktin
die Sekretion von Verdauungsenzymen aus Magen (Pepsinogen) und Bauchspeicheldrüse.
Cortistatine
werden von Neuronen in der Großhirnrinde gebildet und wirken u.a. an
Rezeptoren im limbischen System; sie haben schlaffördernde Wirkung.

Synopsis: Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht der
wichtigsten anregenden und hemmenden gastrointestinalen Hormone, ihrer
Entstehungs- und Wirkorte sowie Freisetzungsreize:
Hormon / Wirkstoff
|
Syntheseort
|
Hauptwirkung(en)
|
Reiz für die Freisetzung
|
hauptsächlich stimulierend
|
CCK
|
I-Zellen
(Duodenum / Jejunum)
|
Gallenblasenkontraktion
Sekretion pankreatischer Enzyme
Verzögerung Magenentleerung
Anorexigene Wirkung (ZNS)
Freisetzung von Sekretin
|
Im Duodenum: Peptide
Aminosäuren
Glucose
Fettsäuren
|
Gastrin
|
G-Zellen
(Antrum des Magens)
|
Sekretion von Salzsäure
Sekretion von Pepsinogen, Pankreassaft, Galle
Tonus Kardiasphinkter
Antrummotilität, Peristaltik
D-Zellen, histaminproduzierende ECL-Zellen
|
Vagusaktivität
Dehnung Magenwand
GRP
Peptide im Magen
|
Histamin
|
ECL-Zellen
(Magen)
|
Sekretion von Salzsäure |
Vagusaktivität
Gastrin
|
GLP-1, GLP-2
|
L-Zellen
(Ileum, Colon)
|
Trophische Effekte (Inselzellen, Darm)
|
Im Darm: Freie Fettsäuren, Glucose
|
Motilin
|
M-Zellen
(Jejunum)
|
Magenentleerung
Migrating motor complex (MMC)
Gallenblase
|
Im Duodenum:
Niedriger pH-Wert
Fettsäuren
|
Sekretin
|
S-Zellen
(Duodenum / Jejunum)
|
Sekretion von Bicarbonat
Sekretion von Pepsinogen
Verzögerung Magenentleerung
|
Duodenum: pH < 4
Vagusaktivität
Gallensaure Salze
CCK
|
hauptsächlich inhibierend
|
Somatostatin
|
D-Zellen
(Magen / Dünndarm)
|
- Kontraktion Gallenblase
- Salzsäurebildung Magen
- Sekretion von Gastrin, Insulin, Glucagon, Somatotropin, Prolaktin
- Sekretion von Verdauungsenzymen
|
Im Duodenum:
pH < 2-3
Fettsäuren
Peptide / Aminosäuren
|
GIP
|
K-Zellen
Duodenum / Jejunum)
|
- Sekretion von Salzsäure
- Motilität des Magens
Anregung der Insulinsekretion (Inkretineffekt)
|
Im Duodenum:
Glucose
Fettsäuren
Peptide
|
Der Gastrointestinaltrakt ist ein Sinnesorgan und wird autonom-nervös versorgt
Der Vagusnerv fördert (parasympathisch) Transport- und Sekretionsvorgänge; der
Sympathikus wirkt auf enterale Motorik und Sekretion im Allgemeinen hemmend und tonisiert die Schließmuskeln.

<Abbildung: Afferenzen aus dem Darm zum Zentralnervensystem
Nach einer Vorlage in jonlieffmd.com
Vagus: N. X; Spinalnerven vgl. dort
IPAN, Intrinsic primary afferent neuron, sensorisches Neuron im Meissner-schen Plexus

Afferenzen
vom Darm (sensorische Neuronen) melden Dehnungs-,
chemische und Schmerzreize an prävertebrale Ganglien und ZNS.
Sie bilden einerseits afferente Schenkel viszeraler Reflexe,
andererseits führen sie zu bewussten
Empfindungen (wie Übelkeit, Stuhldrang, Schmerz - viszerosensible Afferenzen).
Die intrinsisch afferenten Fasern aus dem Darm sind cholinerg.
Efferenzen zum Darm modulieren das enterale Nervensystem nach Maßgabe der Situation des gesamten Organismus. So reduziert z.B. physische Belastung sympathikoton die enterale Aktivität und Perfusion, umgekehrt fördern trophotrope Situationen parasympathikoton die Darmtätigkeit (Motorik, Sekretion, Resorption, Perfusion, endokrine Aktivität).

Näheres über das
Darmnervensystem s.
dort
Malassimilation bedeutet eine Beeinträchtigung der Nahrstoffausnutzung im Darm. Sie kann verschiedene Ursachen haben: Maldigestion nennt man eine gestörte Aufspaltung von Nahrungsbestandteilen (Enzymmangel, Enzymdefekt). Von Malabsorption
spricht man, wenn die Aufnahme der Nahrungsstoffe in die Schleimhaut
und weiter in Blut- bzw. Lymphbahn nicht richtig funktioniert.
Zöliakie
Ein bedeutsames Beispiel für Malabsorption ist die Glutenunverträglichkeit (Zöliakie
), die im Rahmen einer Typ IV-Hypersensitivität auftritt (
s. dort): Es handelt sich um eine Überempfindlichkeit gegen Bestandteile von Klebereiweiß (Gluten), das in vielen Getreidesorten vorkommt. Fast alle betroffenen Personen zeigen ein bestimmtes HLA-Muster (HLA-DQ2 oder HLA-DQ8-Allel).

>Abbildung: Stadien der Zoeliakie im Jejunum
Nach einer Vorlage bei Wikipedia
Klassifikation nach Michael N. Marsh. Die Hyperplasie im Stadium 2 bezieht sich auf die Lieberkühnschen Krypten

Die Entzündung der Dünndarmschleimhaut kann mit weitgehender Zerstörung
der Darmepithelzellen einhergehen (Stadieneinteilung s. >Abbildung). Folge ist eine gestörte Resorption von Nahrung.
Bei betroffenen Kindern macht sich eine verlangsamte körperliche
Entwicklung bemerkbar; allgemeine Symptome sind Appetitlosigkeit,
Gewichtsabnahme, Durchfall, Erbrechen, auch neurologisch-psychiatrische
Zeichen (Müdigkeit, Depression). Zur Behandlung wird glutenfreie Diät
verwendet.

Assimilation
ist die Summe der digestiven und absorptiven Vorgänge im Darm. Sie erfolgt intraluminal (Verdauung im
Darmrohr), im Bürstensaum (Mikrovilli), intrazellulär (Spaltung und
Transport) und durch die Basolateralmembran (aus der Mukosazelle zum Kreislauf).
Die Verweildauer des Chymus beträgt im Magen bis zu 3, im Dünndarm bis
zu 7, im Dickdarm bis zu 70 Stunden, die Summe heisst Passagezeit (1-3
Tage)
Die Resorptionsoberfläche ist durch makroskopische (mal ~3: Kerckring-Falten, Lieberkühn-Krypten), mikroskopische (Darmzotten: mal ~10) und ultramikroskopische Auffaltungen (Bürstensaum: mal ~20) auf ~200 m2
vergrößert. Darmzotten kontrahieren sich regelmäßig (Blut- und
Lymphströmung), der arterielle Druck entfaltet sie wieder
(stempelartige Relativbewegungen zum Chymus). Stammzellen aus den Krypten bilden fortlaufend Ersatz für abgeschilfertes Epithel (turnover time 3-6 Tage)
Lymphatische Organe des gastrointestinalen Trakts befinden sich im Rachenraum, Dünn- und Dickdarm. Das
darmassoziierte lymphatische Gewebe (GALT) beinhaltet 5-mal mehr
Lymphozyten als das Blutvolumen. Es hindert Keime an der
Passage in den Körper durch intakte Darmmukosa und Sekrete (Magensäure,
Mukus). Microfold- (M-) Zellen in den Peyerschen Plaques nehmen
Mikroorganismen auf und reichen sie an Makrophagen, antigenpräsentierende Zellen und Lymphozyten weiter. ECL-Zellen bilden Histamin, Paneth-Zellen Defensine, Becherzellen Muzin, Plasmazellen IgA. Rezeptorbestückte Epithelzellen
(Toll-like, NOD-like etc) wehren Pathogene ab und limitieren
Entzündungsreaktionen. Dazu wirken dendritische Zellen und Makrophagen
der lamina propria homöostatisch; regulatorische T-Zellen limitieren
Entzündungsreaktionen
Magensäure
tötet die meisten Bakterien ab; im Duodenum finden sich ~103, im Jejunum ~104, im Ileum ~107, im Colon ~1012 Mikroorganismen pro Gramm Darminhalt. Das gesamte Mikrobiom des Darmes wird auf ~1014 Zellen geschätzt (~103 verschiedene Spezies). Plasmazellen
im Darm produzieren 2 g IgA pro Tag (~10% der gesamten
Plasmaeiweißsynthese, ~65% der gesamten Immunglobulinproduktion).
Enterozyten präsentieren Antigene an T-Lymphozyten (ohne
diese zu aktivieren) und beeinflussen dendritische Zellen. Immunantworten können in der
Darmschleimhaut aktiv unterdrückt werden, wird diese Toleranz
durchbrochen, können Nahrungsmittelallergien auftreten
Die
Durchblutung des Verdauungssystems beträgt 1,5-2,0 l/min - 1,3 l/min
aus der Pfortader. Die Steuerung erfolgt über Nerven des
Splanchnikussystems. Ergotrope Reaktionslage führt zu Vasokonstriktion,
verminderter Durchblutung und Entspeicherung von Blut aus venösen
Gefäßnetzen - Blut wird mobilisiert, der venöse Rückstrom verbessert
und die Vorlast des Herzens erhöht, was Herzminutenvolumen und
arteriellen Druck zu stabilisieren hilft (Blutreserve)
Hormonproduzierende
Zellen in den Schleimhäuten bilden ein "diffuses neuroendokrines
System" - sie reagieren auf entsprechende Reize (mechanisch, chemisch,
neurokrin) und sezernieren
über ihre basolaterale Membran Hormone, die über den Kreislauf
Sekretion, Resorption, Motorik, Hormonbildung und Wachstum des Gastrointestinaltrakts beeinflussen. Viele sind identisch mit Neurotransmittern. Hormonbildende
Zellen sind meist vom "offenen" Typ, sie registrieren mittels apikaler
Rezeptoren und Ionenkanälen Stoffe im Darmlumen; "geschlossene" werden
parakrin, neuronal oder endokrin gesteuert. Als sicher physiologisch wirksam gelten
Gastrin, Sekretin, Cholezystokinin, Motilin und GIP. Zahlreiche weitere gelten als Kandidaten für eine physiologische Bedeutung (putative Hormone) - sie können
parakrin oder neurokrin, im pharmakologischen oder
pathologischen Sinne wirksam sein
Gastrin aus G-zellen (2/3 Magenantrum, 1/3 Duodenum) regt die Bildung von Salzsäure im Magen an, indem es Belegzellen stimuliert und die Freisetzung von Histamin aus ECL-Zellen anregt. - Cholezystokinin
(CCK) stammt aus I-Zellen in Duodenum, Jejunum und oberem Ileum; diese
reagieren auf die Anwesenheit von Fettsäuren, Aminosäuren, Peptiden im
Chymus. CCK regt das Pankreas zur
Absonderung enzymreichen Sekrets und die Gallenblase zur Kontraktion
an, relaxiert den Sphincter Oddi, ruft Sättigungsgefühl hervor,
verlangsamt die Magenentleerung. - S-Zellen (Duodenum, Jejunum) bilden Sekretin, wenn der Chymus im Dünndarm sauer (pH<4,5) ist; es regt die Sekretion basischen
Pankreas- und Gallensekrets an, hemmt die Gastrinsekretion,
steigert die Muzinproduktion, und
regt die Sekretion von Somatostatin und Insulin an
M-Zellen im Dünndarm setzen Motilin bei Alkalinisierung des Darminhalts frei. Es beschleunigt die Magenentleerung und löst interdigestive Motorik aus (zyklische Freisetzung alle ~90 Minuten), regt
Fundus und Antrum des Magens sowie die Peristaltik im
Dünndarm an, "reinigt" den Darm (MMC: migrierender Motorkomplex,
myoelektrischer Komplex) und regt den unteren Ösophagussphinkter zum festeren Verschluss an. - Glucoseinduziertes insulinotropes Peptid (GIP) wird aus K-Zellen im Dünndarm bei Anwesenheit von langkettigen
Fettsäuren, Triglyzeriden, Glukose und Aminosäuren freigesetzt, regt die Insulinausschüttung an (Inkretin-Effekt), verzögert die Magenaktivität (frühere Bezeichnung "gastric inhibitory
peptide") und steigert die Sekretionstätigkeit im Dünndarm (Pufferung)
Der Gastrointestinaltrakt ist ein Sinnesorgan (Dehnungs-, chemische und Schmerzreize; intrinsisch afferente Fasern aus dem Darm sind cholinerg) und wird autonom-nervös versorgt. Efferenzen zum
Darm können Durchblutung und Darmtätigkeit hemmen (Sympathikus) oder Motorik, Sekretion, Resorption, Perfusion und endokrine Aktivität fördern (Parasympathikus)
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Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen:
Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie
sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und
Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.