>Abbildung: Stress und Stressor: Begriffe und Einflüsse
Homöostase bedeutet, dass physiologische Zustandsgrößen stabil gehalten werden (von Allostase spricht man, wenn solche Zustandsgrößen auf ein neues Niveau eingestellt werden). Der Stressor kann als System-Input gesehen werden, die einwirkende Irritation wirkt auf das physiologische Systen ("Stress-System") ein und bewirkt als System-Output adaptive Reaktionen ("Stress-Antwort") mit unterschiedlichen Zeitverläufen
'Stress'
kann als ein Zustand definiert werden, in dem das Gehirn (insbesondere das limbische System) die erlebte Reizmenge als exzessiv,
oder die Reizqualität als bedrohlich einstuft und mit einer
generalisierten
Reaktion antwortet. So wird z.B. Schmerz als Stress empfunden und löst dementsprechende Reaktionen aus.
Sofortreaktionen
- die unmittelbar das Überleben sichern sollen (
Alarmreaktion - Adrenalinflut,
gesteigerte Atmungs-und Kreislaufleistung) werden von
chronischen
Stressantworten unterschieden (Widerstandsphase, Erschöpfung - s. unten).
Wirkt ein Stresseinfluss auf das Stress-System fördernd (resilienzsteigernd), handelt es sich um einen Eustress
; gefährdet er hingehen die Funktionsfähigkeit, indem er das System überfordert (und pathogen wirken kann), spricht man von Disstress. Eustress (wörtlich "guter Stress") bewirkt "physiologische", gesundheitserhaltende adaptive
Antworten des Organismus, Disstress (ein Zustand unzulänglicher Adaptation an den Stressor) überfordert sein
Anpassungsvermögen.
<Abbildung: Stress löst humorale und autonom-nervöse Antworten aus
Nach: Glaser R & Kiecolt-Glaser JK, Stress-induced immune dysfunction: implications for health. Nature Reviews Immunology 2005; 5, 243-251
Empfindet
das Gehirn Reize / Situationen als belastend / bedrohlich, werden die
hypothalamisch-hypophysär-adrenale und sympathisch-adrenomedulläre
Achse aktiviert. ACTH
triggert die Bildung von Glukokortikoiden, die - wie auch GH und Prolaktin - das Immunsystem beeinflussen. Anregung des
Sympathikus führt zur Freisetzung von Adrenalin /
Noradrenalin aus dem Nebennierenmark, sympathische Fasern stimulieren auch direkt lymphatisches
Gewebe, Zytokine werden freigesetzt. Leukozyten verfügen über Rezeptoren für Stresshormone und
werden durch diese moduliert. Umgekehrt aktivieren
Zytokine den das neuroendokrine System (Hypothalamus)

CRH, corticotropin-releasing hormone
IL-1, Interleukin-1
NK, natural killer cell
Die Auswirkungen von kurz- und langdauerndem Stresseinfluss sind unterschiedlich, können sogar entgegengesetzt sein:
Akuter Stress bewirkt eine Beschleunigung des Serotonin-Umsatzes im Gehirn,
chronischer Stress hingegen senkt die Freisetzung und den Umsatz von Serotonin.
Auch die Funktion und Verteilung von Serotoninrezeptoren hängt von der Stressdauer ab. Serotonin regt die Freisetzung von CRH im Hypothalamus an.
Man unterscheidet (>Abbildung oben)
Ziel der Stressreaktion sind stabile Körperfunktionen.
Als Homöostase
bezeichnet
man die Fähigkeit des Körpers, durch Regelung entgegen äußeren und inneren
"Störgrößen" (Stressoren) Stabilität biologischer Zustandsgrößen zu
wahren. Die betreffende Zustandsgröße (z.B. Blutdruck) wird als Regelgröße bezeichnet, diese wird stabil gehalten oder entsprechend angepasst (Allostase
: Anpassung an veränderte Herausforderungen durch physiologische Strategiewechsel mit dem Ziel erhaltener Stabilität).
>Abbildung: Hormonelle Stressantworten
Nach einer Vorlage bei Pearson Education 2005

Der Sympathikus
kann Stressreaktionen im Stoffwechsel in Sekundenschnelle mediieren (z.B. Substratmobilisierung, Kreislauf- und Atemanregung).
Hormonelle Stressantworten können in akute (kurzfristige) und längerfiristige unterteilt werden (>Abbildung):
Kurzfristig, d.h. innerhalb von Sekunden bis Minuten (
Katecholamine) kommt es zur Mobilisierung von Glukose (
Leber),
zur Steigerung der Kapazität in den Transportsystemen (Atmung und
Kreislauf), erhöhtem Energieumsatz und Umverteilung des
Herzzeitvolumens vom Splanchnikus (Darm, Niere etc) zum Gehirn
(Aufmerksamkeit).
Längerfristig - weil über
Transskriptionsanregung im Zellkern wirkend,
über Minuten und bis zu Stunden hinweg - steigern Mineralkortikoide (
Aldosteron) das extrazelluläre Flüssigkeitsvolumen und damit die Kreislaufstabilität, während Glukokortikoide (
Kortisol) Eiweiß- und Fettreserven zur Glukosebildung mobilisieren sowie im Immunsystem den Aminosäureverbrauch auf Sparflamme drehen.
Der stressinduzierte Anstieg des Glukokortikoidspiegels wirkt als negative Rückkopplung auf Gehirn und Immunsystem
- er bremst die Aktivität des hypothalamisch-hypophysär-adrenalen
Sytems und schützt den Körper vor überschießenden endokrinen und
immunologischen Reaktionen.
Chronisch erhöhte Glukokortikoidspiegel können allerdings Glukoseaufnahme und Proteinsynthese so stark verringern, dass die mentale Performance abnimmt und degenerative Veränderungen (Neuronenverlust) auftreten.
Die nachfolgende Tabelle gibt typische Werte für den Anstieg des Adrenalin- und Noradrenalinspiegels im Blut bei verschiedenene Formen der Belastung wieder (100% bei Ruhe und liegender Position):
|
Adrenalin
|
Noradrenalin
|
Wechsel zu stehender Position
|
< +50%
|
≈ +100%
|
körperliche Belastung (mittelschwer)
|
< +100%
|
≈ +400%
|
psychische Belastung (Vortrag)
|
> +100%
|
≈ +50%
|
Hypoglykämie (<30 mg/dl Glukose)
|
> +2000%
|
≈ +300%
|
Hämorrhagischer Schock
|
bis +2500%
|
≥ +800%
|

<Abbildung: CRH-Neurone im Mittelpunkt von Stresseinflüssen
Nach einer Vorlage in Melmed S, Polonsky
K., Larsen PR, Kronenberg HM (eds.): Williams Textbook of
Endocrinology, 12th ed., Saunders, 2011
CRH-Neurone
können über neurogenen ("psychischen") und systemischen
("physiologischen") Stress beeinflusst werden - die neurophysiologische
Verarbeitung erfolgt mittels Interneuronen, die verschiedene
Transmitter bilden. Kortisol vermittelt negative Rückkopplungseffekte
auf der Ebene von Hypothalamus, Hypophyse, und Immunzellen
Systemischer ("Physiologischer") Stress wird vom Hypothalamus unmittelbar
beantwortet, z.B. Änderungen der Körpertemperatur, des
Blutdrucks, des Blut-pH, der Atemgaswerte, der Osmolalität, des
Blutzuckerspiegels etc. Diese internen Störungen werden reflektorisch
beantwortet, es bedarf keiner Beurteilung durch den Hippokampus.
Neurogener ("Psychologischer")
Stress hingegen ergibt sich durch (imaginierte oder reale) Änderungen
von Umweltgrößen und -reizmustern; hier erfolgt eine Alarmierung des limbischen
Systems (Mandelkerne, Hippokampus, Parahippokampus).
CRH-Neurone im Hypothalamus
erhalten von verschiedenen übergeordneten Neuronenverbänden (die
Stresseinflüsse bearbeiten) sowie aus der Peripherie (Störeinflüsse,
Rückkopplung) Informationen in Form exzitatorischer und inhibitorischer
Impulse und reagieren mit entsprechender CRH-Freisetzung und damit
Modulierung der ACTH-Ausschüttung (<Abbildung).
Der Mandelkern als "Angstzentrum" (über Angst
s. dort) löst bei starker Stressbelastung im Hirnstamm eine vermehrte Produktion von Dopamin und Noradrenalin aus. Diese hemmen den präfrontalen Kortex,
der ja seinerseits Signale zum limbischen System und den Basalganlien
sendet, Emotionen kontrolliert und die Produktion von Katecholaminen ím
Hirnstamm dämpft (Abbildung unten).
Dopamin und Noradrenalin in hoher Konzentration
öffnen an Neuronen des präfrontalen Kortex dendritische Ionenkanäle,
was hier die synaptische Signalübertragung beeinträchtigt.

>Fight or flight?
Stress ist
also geeignet, Frontalhirnfunktionen wie Planung, Aufmerksamkeit,
Situationsanalyse, Urteilskraft, Entscheidungsfindung, Fehlerbehebung
und Konfliktkontrolle durcheinanderzubringen - stereotype
Alarmreaktionen im Sinne von "freeze, fight or flight" setzen sich durch, was in einer technisierten Umwelt kontraproduktiv
sein kann (was hilft einem Piloten Totstellreaktion oder erhöhter Blutdruck bei
eingeschränktem Denkvermögen in einer gefährlichen Flugsituation?).
Wesentlich für die Stressreaktion ist dann außer
Art, Intensität und Dauer des Stressors, wie dieser
bewertet wird (teils angeboren, teils erlernt). Das limbische System verleiht
der über sensorische Hirnrindengebiete zugeleiteten Information
(Temporalhirn) entsprechende Bedeutung (positiv? neutral? bedrohlich? etc).
Amygdala-Kerne mediieren
im Tierversuch insgesamt eine aktive ('bejahende') Antwort auf Herausforderungen, das Hippokampus-Areal eher eine
passive ('verweigernde').

24 warning signs of stress
© Matt Groening
Stress aktiviert den Sympathikus
('Kampfbereitschaft') und die hypothalamisch-hypophysär-adrenale Achse, was zur Aktivierung der Nebennierenrinde führt. Die Zellen im Hippokampus verfügen über zahlreiche Kortisolrezeptoren,
und der Hippokampus kann die Antwort der
hypothalamisch-hypophysär-adrenalen Achse auf Stresseinwirkung dämpfen.
Kortisolanstieg bei akutem
Stress schwächt vorübergehend das Kurzzeitgedächtnis über Hemmung der
entsprechenden Funktion von Hippokampus und Temporalhirn; chronischer
Stress kann zum Absterben von Neuronen im Hippokampus führen.
Längerfristige Auswirkungen auf den Stoffwechsel stellen sich abhängig
vom Zeitrahmen dar. Stress hat vielfache Auswirkungen auf das Immunsystem: Einerseits werden akute zelluläre Immunantwort gedämpft, andererseits unterstützt akuter Stress - kortisolbedingt - die Zuweisung von Leukozyten ('Trafficking') in entzündetes Gewebe.
>Abbildung: Funktionsgleichgewicht Frontalhirn - "subkortikales" System
Das
Frontalhirn ermöglicht "rationale" Situationsanalyse und
überlegte Reaktionen - das limbische System im Verein mit dem Hirnstamm
produziert hingegen stressbedingt "Alarmreaktionen"
Der präfrontale Kortex
kontrolliert unser Verhalten auf der höchsten Ebene - er leitet uns
durch einen sozialen, ethischen und emotionskontrollierten Kontext.
Im ungestressten Zustand sendet der präfrontale Kortex Efferenzen an tiefergelegene Areale wie Striatum (Verhalten), Hypothalamus (Hunger, Aggression, Sexualantrieb) und Mandelkerne (Emotionen, Angst) und hemmt unangebrachte Impulse. So reguliert er auch Stresssignale - inklusive noradrenerge und dopaminerge - aus
dem Hirnstamm und hält deren Aktivität auf einem mäßigen Niveau, was
über Unterstützung synaptischer Aktivität die Forntalhirnkontrolle
stärkt.
Das "subkortikale"
System (>Abbildung) kann entspannend oder
mobilisierend wirken und dementsprechend Aufmerksamkeit und vegetative
Lage (Kreislauf, Atmung, Hormone..) steuern. So umfasst die
Mobilisierung für eine Fight-or-flight-Situation die Aktivierung von
Kreislauf, Atmung und Muskelsystem.
Akuter, intensiver Stresseinfluss verschiebt das Funktionsgleichgewicht, und die Mandelkerne veranlassen eine überschießende Freisetzung von Dopamin und Noradrenalin.
Dies unterdrückt die Wirkung des Forntalhirns, über postsynaptische
Löschung der Afferenzimpulse werden die präfrontalen Kontrollfunktionen
geschwächt, Emotionalität und Impulsivität laufen im akuten Stress aus
dem Ruder.

<Abbildung: Verlagerung von Frontalhirn- auf limbische Kontrolle bei Stresseinwirkung
Nach: Arnsten AF, Stress signalling pathways that impair
prefrontal cortex structure and function. Nature Rev Neurosci 2009; 10:
410-22
Fight-or-flight-Reaktionen
sind vom Gehirn generierte, komplexe Muster, die erhöhte sensorische
Aufmerksamkeit, verstärkte Muskelansprechbarkeit und eine Reihe
peripherer Umstellungen umfassen:
Erhöhte Muskeldurchblutung (Adrenalin, evt. autoregulativ - bei starker Muskelaktivität)
Erhöhte Hautdurchblutung (mit Schweißsekretion)
Herabgesetzte Durchblutung im Splanchnikusgebiet und in den Nieren (Umleitung zu akut lebenswichtigen Organen)
Kontraktion der meisten Venen (hoher Sympathikustonus → Mobilisierung von Blut für den zentralen Kreislauf)
Erhöhte Herzfrequenz und -kontraktilität (gesteigertes Herzzeitvolumen)

>Abbildung: Wie sich Belastung auf die Förderleistung des Herzens auswirkt
Die
Erhöhung des Herzzeitvolumens beruht letztlich auf Steigerung des
Schlagvolumens (etwa von ≈70 auf über 100 ml), andererseits auf Zunahme
der Herzfrequenz (auf etwa das Dreifache des Ruhewertes). Auf diese
Weise kann das Herzminutenvolumen insgesamt auf das 3-4fache steigen.
Dabei können
verschiedene Zwischenglieder wirksam sein, wie Muskelpumpe, Atempumpe,
Nierenfunktion, hormonelle Adaptationen (>Abbildung).
Die meisten dieser Wirkungen sind durch hohe Aktivität im sympathischen
Nervensystem bedingt. Diese ist eine Folge der anregenden Wirkung des
Hypothalamus auf das Kreislaufzentrum sowie direkt auf präganglionäre
sympathische Nervenzellen.
Vasovagale Synkope: Starker Stress kann aber auch eine plötzliche Aktivierung im parasympathischen System auslösen (fainting), was zu einer Synkope
führen kann ('Drop dead'-Reaktion). Ohnmachtsanfälle können bei extremer
(psychischer) Belastung bei etwa jedem fünften Menschen auftreten,
der in eine extreme Stress-Situation gerät. Unmittelbare Ursache ist ein Abfall der
Hirndurchblutung auf <50% des Normalwertes, bedingt durch die
Abnahme sowohl des Herzzeitvolumens als auch des peripheren
Widerstandes (beides senkt den Blutdruck).
Nach Hans Selye reagiert der Körper auf Stresseinwirkung ziemlich
gleichförmig mit einem allgemeinen Adaptationssyndrom, das er in drei
Phasen eingeteilt hat:

1)
Alarmreaktion - nach anfänglicher reizbedingter "Verwundbarkeit" des
Systems (Delle bei "1" in Abbildung links) steigt dessen
Belastbarkeit. Während dieser akuten Reaktion reagiert das limbische
System, wirkt über Freisetzung hypothalamischer Hormone auf die
Hypophyse (ACTH,..) und bewirkt damit die Freisetzung
energiemobilisierender Hormone: Glukokortikoide (Kortisol) fördern den Katabolismus in Bewegungssystem (Muskeln, Knochen) und
Immunsystem
(lymphatisches Gewebe - Entzündungshemmung). Dies setzt
Aminosäuren ins Blut frei, die Leber verwendet diese zur Glukoneogenese - der Blutzuckerspiegel
steigt an.
Weiters kommt es zu einer Aktivierung des Sympathikus:
Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin) steigern Herzleistung und
Ventilation. Dadurch kann mehr Sauerstoff und Glukose in die Muskulatur
gelangen; das Gesamtmuster unterstützt eine
Fight-or-flight-Reaktion.

2)
Widerstandsphase - bewirkt eine Stabilisierung mit erhöhter
Ausschüttung von diversen Hormonen (ACTH, GH, Prolaktin, Kortikoide
u.a.). In dieser Phase stellt der Organismus erfolgreich ein
neues
Gleichgewicht
zwischen Belastung und körperlicher Reaktion auf die
Belastung her. Bei andauernder Stresseinwirkung allerdings werden
Reserven
(Coping), über die der Organismus nicht unbegrenzt verfügen
kann (z.B.
endokrine Reagibilität) zusehends verbraucht; die Widerstandsphase kann nicht
unbegrenzt aufrechterhalten werden.

3)
Erschöpfungsphase - das System ist überfordert, physiologische
Reserven (Substrate, Regulationskapazität) sind aufgebraucht, die
Funktion der Nebennieren nimmt ab (bis hin zur Atrophie), das
Immunsystem bricht zusammen, es können
Krankheitszeichen entstehen bis hin zu dauerhaften Schädigungen,
Zusammenbruch des Organismus und letalem Ausgang.
Dieses Konzept ist etwas abstrakt und verallgemeinernd, seine Grundstruktur scheint aber nach wie vor gültig zu sein.
Die allgemeine physiologische Performance (Funktionsfähigkeit) kann als
Funktion des Belastungsgrades dargestellt werden, dabei ergibt sich
eine glockenförmige Kurve:

>Abbildung: Das Muster der Stressverarbeitung hängt u.a. davon ab,
wie die Erfolgsaussichten für eine aktive Beantwortung (fight) im
Vergleich zu denen einer Konfrontationsvermeidung (flight / fright)
eingeschätzt werden
Unterforderung / Dekonditionierung: Ausbleibende Belastung senkt Alertheit und Spannkraft (links) und führt bei längerer Dauer zu adaptiver Verkümmerung physiologischer Reaktionssysteme
Optimale Funktion (Mitte): Mit zunehmendem Herausforderungsdruck
und absehbaren Folgen von Handlungen reagiert der Körper aktiv und
effizient auf Belastungssituationen. Im Tiermodell sind besonders
Amygdala und Sympathikus aktiv, die Konzentration von
Katecholaminen und Gonadotropinen sowie Geschlechtshormonen nimmt zu,
das Immunsystem arbeitet im optimalen Bereich
Überforderung (rechts): Sind
die Reize zu intensiv oder die Folgen eigener Handlungen nicht absehbar
(Unberechenbarkeit), stellt sich das Reaktionsmuster auf Passivität um.
Im Tiermodell rückt die Aktivität des Hippokampus und des
hypophysär-adrenokortikalen Systems
in den Vordergrund (ACTH, Glukokortikoide), die gonadotrop-sexuelle
Achse wird zurückgefahren. Bei längerer Dauer stellt sich ein
Erschöpfungssyndrom ein
Die stressbedingte Aktivierung des subkortikalen Systems (Abbildung
oben rechts) löst zwar eine Alarmreaktion aus, was für Kampf oder Flucht
vorteilhaft ist; für rationale Reaktionen ist dieses Muster allerdings
weniger günstig, da das Frontalhirn in dieser Situation eher gehemmt
und eine nüchterne Analyse einer potentiell gefährlichen Akutsituation
daher erschwert wird. Die Auslese hat hier offenbar insgesamt
körperliche vor mentalen Überlebensstrategien begünstigt; andererseits
kann eine gedämpfte körperliche Reaktion unter Umständen eine
Erschöpfungsphase zu vermeiden helfen.
Situationsanalyse:
Verschiedene experimentelle Daten dauten darauf hin, dass die Strategie
einer Stressbeantwortung angesichts einer Bedrohung von der Beurteilung
der Gesamtsituation abhängt, die von Großhirn zusammen mit dem
limbischen System vorgenommen wird.
Erscheint
der Erfolg einer aktiven Beantwortung der Herausforderung
wahrscheinlich, wird die "Kampfachse" aktiviert (mäßige Gefahr, Erfolg
einer aktiven Abwehrreaktion absehbar: Die Amygdala
aktiviert aggressiv-dominantes Verhalten; Sympathikus, Katecholamine,
Gonadotropine werden aktiviert).
Erscheint die Gefahr intensiv und der
Erfolg eines Kampfes nicht absehbar, schaltet der Hippokampus eine
passive Reaktion; die ACTH-Achse wird aktiviert, die Gonadotropinausschüttung gehemmt,
eine Konfrontation vermieden.
Patienten sollten ihren Kampfgeist nicht verlieren. Positive
Stressbeantwortung stärkt Psyche,
Zuversicht und Immunsystem. Ihrer Psychostruktur entsprechend sind
manche Menschen geborene "Fighter" (Optimisten), andere neigen dazu,
verzagt
zu reagieren (Pessimisten). Von der Art und Weise, wie von ärztlicher
Seite eine
allenfalls folgenschwere Diagnose mitgeteilt und die Betreuung gestaltet wird,
kann sehr viel abhängen - schaffen es die Patienten, stabil und
belastbar zu bleiben (Resilienz), ist der Krankheitsverlauf günstiger (Mobilisierung von Reserven) als wenn sie mutlos und verängstigt sind (Immunsuppression).