Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

    
Ernährung und Verdauungssystem

Dickdarm, Kontinenz und Defäkation
 © H. Hinghofer-Szalkay

Bauhin-Klappe: Caspar Bauhin
Defäkation: faex, faecis = Bodensatz, (Wein)Hefe, Abschaum (Stuhl)
Enterochromaffine Zellen: έντερον = Darm, χρώμα = Farbe, affinis = benachbart
Hämorrhoiden:
αἷμα = Blut, ρεῖ = fließen
Kontinenz: con-tinere (tenere = halten) zusammenhalten, geschlossen halten
N. hypogastricus: ὑπό = unter,
γαστήρ = Bauch
N. pudendus: pudere = sich schämen
Rectum: intestinum rectum = gerader Darm
Skatol: σκατός = Kot
Valsalva-Versuch: Antonio Valsalva



Der Dickdarm enthält den Großteil der Darmflora. Diese schützt vor mikrobieller Überwucherung des Darms und bildet einige Vitamine (K, B12) und resorbierbare Energieträger.

Die Motorik des Colons - tonische Inhibition, Peristaltik (colonic migrating motor complexes) und Antiperistaltik, Massenbewegungen (high-amplitude propagating contractions) - ist komplex gesteuert (mehrfache inhibitorische und exzitatorische Rückkopplungsmechanismen). Sie hat hohe Aufnahmekapazität und transportiert meist langsam, zeigt aber auch kraftvolle Misch- und Transportbewegungen. Segmentations- und Pendelbewegungen sowie reflektorisch (gastro-kolisch, ileo-kolisch) ausgelöste “Massenbewegungen” (3-4 pro Tag) befördern den Coloninhalt ins Rectum - das löst Stuhldrang aus. Die Passagezeit des Chymus im Dickdarm beträgt (soferne keine Diarrhoe auftritt) zwischen 5 und 70 Stunden.

Die Resorptionsoberfläche des Colons und Enddarms ist mit ~1 m2 vergleichsweise gering, reicht aber für die Aufnahme von Flüssigkeit, kurzkettigen Fettsäuren (aus dem bakteriellen Metabolismus) und Pharmaka (Suppositorien). Die Resorption von Wasser ist an die Aufnahme von Elektrolyten geknüpft. Na/K-ATPase, Natriumkanäle, Na/H-Austauscher bauen - angeregt u.a. durch Aldosteron - osmotische Gradienten auf und dicken den Stuhl dadurch ein. Die Resorption von Flüssigkeit aus dem Dickdarm unterstützt auch den Kreislauf durch Stabilisierung des Blutvolumens.

Das "Kontinenzorgan" am Darmausgang (Analsphincter, Venenpolster) bewirkt Dichtigkeit des Darmausgangs, vor allem durch einen hohen Ruhetonus des glattmuskulären m. sphincter ani internus. Der quergestreifte m. sphincter ani externus ist willkürlich steuerbar. Dehnung des Rectums verringert reflektorisch den Sphinctertonus am Beginn einer Defäkation (Reflexzentrum im Sakralmark, übergeordnete Kontrolle durch das Gehirn).



Physiologie des Dickdarms Resorption im Colon Resorption im Rectum Steuerung der Colon-Motorik Kontinenz  Defäkation Stuhl: Zusammensetzung, Untersuchung

Praktische Aspekte       Core messages
  
Der 1 bis 1,5 Meter lange Dickdarm (Colon + Rectum) erhält pro Tag etwa 1-2 l Chymus aus dem Jejunum; dazu kommt seine eigene Sekretionsleistung (bikarbonatreich). Den Großteil des Wassers resorbiert er zurück, mit dem (leicht hypertonen) Stuhl gibt er etwa 0,1 l Wasser pro Tag ab.

Dickdarm: Endstrecke der Verdauung
 
Portionsweise gelangt der Inhalt des Ileums (distalen Dünndarns) in den Anfangsteil des Dickdarms, den Blinddarm (Coecum, Zökum, Caecum, Zäkum). Dabei muss die Ileozökalklappe (Bauhin-Klappe , ileocecal sphincter) passiert werden; diese steht unter der Kontrolle parasympathischer (Vagus), sympathischer und enterisch-nervöser Einflüsse. Der Lumendruck im Bereich der Klappe ist generell höher als davor oder dahinter (positiver Ruhedruck), ändert sich aber reflektorisch: Dehnung des Ileum relaxiert, Dehnung im Colon tonisiert den Sphincter. Dadurch wird einerseits Darminhalt in den Dickdarm befördert, endererseits eine retrograde Passage erschwert ( Abbildung).
 

Abbildung: Zeitverlauf des intraluminalen Drucks auf der Höhe der Ileozäkalklappe bei Dehnung des Ileum und des Colon
Nach Cohen S, Harris LD, Levitan R: Manometric characteristics of the human ileocecal junctional zone. Gastroenterol 1968; 54: 72-5

Links: Dehnung des Ileum relaxiert reflektorisch den Sphincter und ermöglicht die Passage von Ileuminhalt in das Colon.

Rechts: Dehnung des Colon löst hingegen eine Kontraktion der Ileozäkalklappe aus, was einen Rückfluss vom Colon in den Dünndarm verhindert


Der proximale Dickdarm zeigt unterschiedliche motorische Muster. Die Mehrzahl der Kontraktionen sind Segmentationen, die 12 bis 60 Sekunden andauern und bis zu 50 mmHg Druck generieren können. Diese Bewegungen dienen der Durchmischung und unterstützen die Resorption von Wasser und Elektrolyten. Wahrscheinlich sind sie auch die Ursache für die Ausbildung von Haustren (sackartige Colonausbuchtungen zwischen Taenien - longitudinalen dünnen Muskelsträngen des Colon - und Kontraktionsringen).

Ab und an (normalerweise 1-3mal pro Tag) bewegt sich der Dickdarm schubartig (“Massenbewegungen”), ausgelöst durch Dehnungsreize und reflektorisch bei Füllung des Magens und Dünndarms. Die Segmentationen hören auf, Haustren verschwinden distal des Kontraktionsgürtels. Dehnung der Magen- oder Dünndarmwand führt zu Kontraktionen des Colons - nervös und wahrscheinlich auch hormonell bedingt -, was den Darminhalt Richtung Sigmoid schiebt und Stuhldrang auslöst
(gastro-kolische und ileo-kolische Reflexe). Massenbewegungen bringen den Darminhalt analwärts. Auch gegenläufiger Transport kommt vor (colon ascendens).

Gesteuert wird die Motorik des Dickdarms durch mehrere Faktoren: Glatte Muskelzellen vom interstitiellen (Cajal-) Typ, Darmnerven, Nerven des autonomen Systems (Reflexe über Mesenterialganglien und Rückenmark, deszendierende Einflüsse auf die Dickdarmmotorik - z.B. Emotionen), lokale Wirkstoffe, Hormone (Gastrin und CCK fördern Kontraktionen und vermutlich Massenbewegungen, Adrenalin inhibiert alle Motorik im Dickdarm). Das Membranpotential der glatten Muskelzellen fluktuiert; auf basale Wellen sind gelegentlich Spikes (Aktionspotentiale) aufgesetzt, die dann Kontraktionen auslösen.
 
Auf dem Weg von Blinddarm, Colon ascendens und transversum zum Colon descendens nimmt der Darminhalt durch Entzug von Flüssigkeit zunehmend feste Konsistenz an. Segmentationsbewegungen im Colon descendens halten die Fortbewegung des Darminhaltes eher zurück; nur im Rahmen von Massenbewegungen kommt es zu Weiterbeförderung in das Sigmoid.
 
Das Colon enthält Bakterien, die an Gärungs- und Fäulnisprozessen teilhaben, aber auch Vitamine und resorbierbare Energieträger bilden und Schutz vor mikrobieller "Fremdbesiedlung" des Darms verleihen. 99% der Darmbakterien sind anaerob, etwa 103 Arten sind identifiziert worden: Das Mikrobiom des Menschen zeigt individuelle Muster, manche Arten kommen obligat vor - wie E. coli -, andere nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, z.B. Lactobacillus (20-60%). Darmbakterien bilden Vitamin K (Menachinon), B2,  B12 (Kobalamin), Biotin, Folsäure. Die Physiologie der Darmflora ist komplex; Störungen treten z.B. auf, wenn durch Antibiotika das physiologische Gleichgewicht ihrer Mikroorganismen gestört wird.
 
Der Dickdarm hat folgende Funktionen:
Resorption von Flüssigkeit und Elektrolyten, wodurch auch die Konsistenz des Stuhls beeinflusst wird. Diese Aufgabe übernimmt vor allem das colon ascendens und transversum.
Resorption kurzkettiger Fettsäuren (SCFAs, short-chain fatty acids), die durch bakterielle Fermentation aus Ballaststoffen gewonnen werden.
Zwischenspeicherung des Dickdarminhalts (Reservoirfunktion), insbesondere im colon descendens und Rectosigmoid.
Kontrollierte Entleerung des Stuhls (Defäkation).
 
Resorption im Colon
 
Der Dickdarm resorbiert Wasser, Salze, sowie einige Fettsäuren und Vitamine. Etwa 1-2 Liter Wasser gelangt aus dem Ileum in das Colon, davon werden ~90% rückresorbiert; normalerweise gelangt kaum mehr als 0,1 l mit dem Stuhl zur Ausscheidung.



Abbildung: Wand des Colons
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016

Die Colonschleimhaut (Mocosa, oben) hat die gleiche Grundstruktur wie die des Dünndarms. Auch ihre Krypten enthalten spezialisierte Zellen in der Epithelschicht

Die Colonschleimhaut resorbiert aus dem Lumen Kochsalz und sezerniert Kaliumbicarbonat (Abbildungen unten). Letzteres dient zur Pufferung von kurzkettigen Fettsäuren (Acetessigsäure, Buttersäure, Propionsäure), die durch bakteriellen Abbau von pflanzlichen Faserstoffen entstehen und den Hauptteil der Anionen im Colon ausmachen.

Da der transepitheliale Widerstand der Dickdarmschleimhaut größer ist als im Dünndarm,
findet die Chloridresorption im Colon vorwiegend über einen Cl-/HCO3--Austauscher in der apikalen Membran statt. Chlorid wird dann über einen K+/Cl--Symporter über die  basolaterale Membran Richtung Blutkreislauf gebracht ( Abbildung und vgl. dort).

Die Aufnahme von Elektrolyten aus dem distalen Darm bestimmt aus osmotischen Gründen auch die Wasserresorption; diese ist an dem Transport hydrophiler Stoffe geknüpft. Das System der Schlussleisten ist im Colon dichter als im Dünndarm, und es können osmotische Gradienten aufgebaut (Na/K-ATPase, Natriumkanäle, Na/H-Austauscher) und der Stuhl dadurch eingedickt werden.

Über Volumen- und Elektrolytbilanzen im Darm s. auch dort
 

Abbildung: Elektroneutrale Kochsalzresorption
Nach einer Vorlage bei Ganongs's Review of Medical Physiology, 24th ed. Lange Basic Science 2012

NaCl betritt die Mukosazelle über deren apikale Membran: Na+ im Austausch gegen H+ (NHE: Natrium / hydrogen exchanger) und Cl- im Austausch gegen HCO3- (CLD: chloride / anion exchanger).
 
An der basolateralen Membran wirkt die Na-K-Pumpe (Na-K-ATPase) sowie vermutlich der K-Cl-Kotransporter (KCC1: electroneutral potassium-chloride cotransporter). Dieser Transportmechanismus findet sich auch im Dü
nndarm


Aldosteron ("Salzsparhormon"!) fördert diese Systeme und damit die Resorption von Flüssigkeit im Dickdarm (und die Kreislaufstabilität durch Stabilisierung des Blutvolumens). Aldosteron steigert die Aufnahme von Na+ am Bürstensaum der Darmschleimhautzellen (luminaler Zellpol) über epitheliale Natriumkanäle (ENaC, >Abbildung).

Dabei entsteht ein Ladungsgradient, der die
- z.T. parazelluläre, also über tight junctions erfolgende - Sekretion von K+ antreibt. Je nach Bedarf kann Kalium im Colon auch resorbiert werden - aktiv über H+/K+-ATPase.
 

Abbildung: Elektrogene Kochsalzresorption im Colon
Nach einer Vorlage bei Ganongs's Review of Medical Physiology, 24th ed. Lange Basic Science 2012

Natriumionen betreten die Mukosazelle an der apikalen Membran mittels des epithelialen Natriumkanals (ENaC: epithelial sodium channel) und verlässt sie basolateral via die Na-K-Pumpe. Hier finden sich auch Chloridkanäle, durch die Cl- transzellulär aufgenommen werden kann - zusätzlich zum parazellulären Weg ( Abbildung oben)


Chloridionen können aus dem Lumen durch "offene" tight junctions resorbiert werden ( Abbildung), allerdings nur geringgradig - wegen des relativ hohen Widerstandes (im Vergleich zum Dünndarm ist das Schlussleistensystem dichter) wird der transepitheliale Weg bevorzugt (s. oben).

In das Darmlumen sezerniert wird Chlorid b
asolateral über einen Kotransporter (NKCC1: Natrium / Kalium /  Chlorid Cotransporter) und apikal über den cystic fibrosis transmembrane conductance regulator CFTR (sowie möglicherweise auch andere Chloridkanäle).
 

Abbildung: Chloridsekretion im Darm
Nach einer Vorlage bei Ganongs's Review of Medical Physiology, 24th ed. Lange Basic Science 2012

Chloridionen werden aus dem Interstitium basolateral über einen Kotransporter aufgenommen (NKCC1: Natrium/ Kalium/ Chlorid- Cotransporter).
 
Apikal verlassen sie die Mukosazelle über den CFTR (Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator), vielleicht auch über andere Chloridkanäle (nicht gezeigt).
 
Natriumionen können via tight junctions in das Darmlumen gelangen


    Aus dem Dickdarm können auch Pharmaka aufgenommen werden, allerdings ist die Resorptionsoberfläche mit ~1 m2 relativ gering (Dünndarm: >100 m2) und die Füllung kann sehr unterschiedlich, die Dosierung von im Colon applizierten Pharmaka ungenau sein.
 
Resorption im Rectum
 
 
Abbildung: Venöse Abflüsse aus dem Rectum

Die oberen Rektalvenen leiten Blut in den Pfortaderkreislauf und damit direkt zur Leber (diese kann rektal absorbierte Stoffe aktivieren oder inaktivieren). Die mittleren und unteren Rektalvenen hingegen leiten das Blut Richtung untere Hohlvene und damit direkt in den systemischen Kreislauf, d.h. an der Leber vorbei

Das Rectum hat eine Resorptionsfläche von 400-700 cm2, also 4-7% der Gesamtfläche des Dickdarms.

Von praktischer Bedeutung
ist die rektale Resorption von Arzneimitteln (Suppositorien, Kapseln, Klysmen): Lipophile Stoffe werden gut resorbiert, und der first-pass-Effekt wird bei rektaler Verabfolgung teilweise vermieden, da ein Teil des venösen Abflusses von der Rektalschleimhaut nicht zur Leber (Pfortaderkreislauf), sondern direkt in den venösen Kreislauf erfolgt ( Abbildung).
 
Die Motorik des Dickdarms ist komplex gesteuert
 
Zur Erfüllung seiner Aufgaben - Speicherung und Transport, Rückresorption, Mikrobiom, Stuhlformung, Defäkation - bedarf das Colon einer speziellen motorischen Kontrolle. Dabei bildet es funktionelle Kompartimente, die sich durch komplexe Interaktion von teils spontanaktiven (Schrittmacher-) Neuronen und glatten Muskelzellen ergeben.

  Über die Dickdarmmotorik s. auch dort

Füllt sich das terminale Ileum, dann erschlafft der an der am Übergang zum Colon (Ileozökalklappe) gelegene Sphincter. Pro Tag treten an dieser Stelle etwa 1-2 Liter Chymus in das Colon über. Die
Passagezeit beträgt für ~1,5 m (gesamter Dickdarm) ~30 (5 bis 70) Stunden, im Vergleich zum Dünndarm (~7 m in 2-4 Stunden) relativ lange. Sie hängt von der Zusammensetzung des Darminhalts ab: Ballaststoffe (Faserstoffe) regen die Motorik an und verkürzen die Passagezeit; bei faserstoffarmer Mischkost beträgt sie 2-3 Tage.
 
Ballaststoffe (dietary fiber) verkürzen die Passagezeit im Dickdarm
    
Die motorischen Muster beinhalten
 
     Peristaltik
,
 
     Haustrierungen (segmentale Bewegungen) - rhythmische Segmentations- und Pendelbewegungen haben eine Frequenz von ~5/min - und
 
     propulsive Massenbewegungen, bei denen Haustrierungen verschwinden, Tänien erschlaffen und Darminhalt entlang des erschlafften Colons analwärts gelangt (oft synchron mit einem gastrokolischen Reflex). Diese Massenbewegungen treten etwa 2-3mal täglich auf.
 



Abbildung: Tonische Inhibition im Dickdarm
Nach Smith TK, Koh SD. A model of the enteric neural circuitry underlying the generation of rhythmic motor patterns in the colon: the role of serotonin. Amer J Physiol 2017; 312: G1-G14

1: Serotoninerge Neurone (grün) aktivieren Rezeptoren auf hemmenden Neuronen (IMN), die zu Längs- (LM) und Ringmuskelzellen (CM) ziehen.
 
2: Hemmende Neuronen in der Ringmuskulatur (CM-IMNs) setzen Sticksttoffmonoxid (NO) und Purine frei - das aktiviert ein Synzytium aus glatten Muskelzellen, intramuskulären interstitiellen Cajal-Zellen (ICC-IM) und platelet-derived growth factor-receptor α-positive (PDGFRα+) cells (SIP).
 
3: NO - aus hemmenden Neuronen der Längsmuskelschicht (LM-IMNs)? - hemmt exzitatorische Neuronen (EMNs), interstitielle Cajal-Schrittmacherzellen (ICC-MY), Gliazellen (diese sind von Neuronen innerviert) und intrinsische primär-afferente Neuronen (IPANs)..
 
SIP: Elektrophysiologisches Synzytium aus glatten Muskelzellen (smooth muscle), interstitiellen (Cajal-) Zellen und PDGFRα+ (platelet-derived growth factor-receptor α-positive) Zellen. SIP wird durch NO und Purine aktiviert


Vor allem Dehnung in der Längsachse (nicht zirkumferentiell) bewirkt  eine Hemmung der Motorik (tonische Inhibition) und ermöglicht ungestörte Speicherung (Akkommodation) von Darminhalt. Das geschieht über inhibitorische Interneurone, die u.a. Stickstoffmonoxid (NO) verwenden:

NO unterdrückt die Aktivität verschiedener Neuronen - myenterischer, intrinsisch primär-afferenter Neuronen (IPANs), Schrittmacherzellen - des Colons (
Abbildung). Man spricht von einem "okkulten Reflex" - er hemmt vor allem Neuronen, die in die Peristaltik bzw. in rhythmische motorische Wellen des Dickdarms (colonic migrating motor complexes, CMMCs) involviert sind.

CMMCs wirken peristaltisch in aborale Richtung (Transportfunktion). Das Colon ascendens generiert auch antiperistaltische Wellen: Diese dienen der Durchmischung des Inhalts und unterstützen die Resorption von Flüssigkeit (Wasser und Elektrolyte). Auch dabei spielen Schrittmacherzellen eine wichtige Rolle. So wechseln sich tonische Inhibition, Peristaltik und Antiperistaltik ab und unterstützen die allmähliche Formierung von Stuhl. Gelegentlich treten auch "Massenbewegungen" auf (high-amplitude propagating contractions, HAPCs) - 7 bis 10 pro Tag. Sie werden meist durch den gastrokolischen Reflex (parasympathischer Reflexweg) oder morgens beim Aufwachen aktiviert.

 

Abbildung: Entstehung rhythmischer Transportwellen (CMMCs) im Dickdarm
Nach Smith TK, Koh SD. A model of the enteric neural circuitry underlying the generation of rhythmic motor patterns in the colon: the role of serotonin. Amer J Physiol 2017; 312: G1-G14

1: Enterochromaffine Zellen aktivieren intrinsisch primär-afferente Neuronen (IPANs) via Serotoninrezeptoren
 
2: IPANs synchronisieren die Aktivität serotoninerger Neurone
 
3: Inhibitorische motorische Neuronen (IMNs) werden unmittelbar vor Auslösung peristaltischer Wellen (colonic migrating motor complexes, CMMCs) aktiviert
 
4: IPANs und serotoninerge Interneurone aktivieren wiederum aszendierende Interneurone
 
5: Aszendierende Interneurone stimulieren exzitatorische Motoneurone (EMNs), das Resultat sind Transportwellen (CMMCs)
 
6: Aszendierende Interneurone sind auch mit serotoninergen Neuronen verschaltet
 
7: Exzitatorische Motoneurone regen die Längsmuskelschicht, die Ringmuskelschicht und auch Cajal-Zellen an
 
8: Synchronisierte serotoninerge Neuronen aktivieren Gliazellen, diese setzen Prostaglandin E2 frei und hemmen damit inhibitorische Motoneuronen - das Resultat ist eine Disinhibition von Zellen, die durch NO gehemmt werden
 
9: Während des motorischen Migrationskomplexes (Colonperistaltik, CMMC) aktivieren serotoninerge Neuronen submuköse Neuronen (SMNs)


Peristaltik und Massenbewegungen werden die meiste Zeit unterdrückt (tonische Inhibition) - das zeigt sich daran, dass diese myenterisch-neuronalen autorhythmischen motorischen Muster (Dauer 30-60 Sekunden) an isolierten Dickdarmpräparaten regelmäßig (alle 3-4 Minuten) aufteten.

Auch das Auslösen von Transportwellen im Dickdarm
(CMMCs) bedarf des Zusammenspiels mehrerer Faktoren (>Abbildung). So aktivieren enterochromaffine Zellen - granulierte, gut färbbare neuroendokrine Zellen in der Darmmukosa - serotoninerg Rezeptoren an intrinsisch primär-afferenten Neuronen (IPANs). Diese fördern die Erregbarkeit sensorischer Neuronen, was wiederum Aktivitätsmuster in der Darmmuskulatur triggert. Dabei erfolgt die Aktivierung der Motorik über mehrere Zwischenstufen, was zahlreiche Möglichkeiten der Kontrolle und Beeinflussung der Dickdarmmotorik ergibt ( Abbildung).


Kontinenz
 
Die Kontinenz   (Dichtigkeit) des Darmausgangs wird durch den geknickten Verlauf des Rectumausgangs (erfolgt funktionell durch die Puborektalis-Muskelschlinge, welche das Rectum hinten erfasst und nach vorne zum Schambein zieht) sowie einen dreifach geschichteten Verschlussmechanismus ermöglicht - auch bei körperlicher Aktivität, trotz der dabei auftretenden Druckspitzen im Bauchraum.

     Das aus einem Venengeflecht bestehende corpus cavernosum recti direkt unter die Schleimhaut des Anus wirkt wie eine abdichtende Manschette. Bei der Defäkation wird es durch die Stuhlpassage vorübergehend ausgepresst.

     Sympathisch-efferente Fasern (präganglionär) aus L1-L3 ziehen zum ggl. mesentericum inferius und von dort (postganglionär) zum glattmuskulären m. sphincter ani internus, den sie zu einem Dauertonus anregen.

     Somatisch-efferente Fasern aus dem Sakralmark ziehen über den N. pudendus   zum M. sphincter ani externus, den sie tonisieren (3 in der Abbildung rechts unten). Dieser Mechanismus tritt in Gang, wenn das (üblicherweise leere) Rectum gefüllt wird und unterstützt die Kontinenz des Darmausganges, bis der Defäkationsreflex freigegeben wird.
 

Abbildung: Kontinenzorgan
Nach einer Vorlage in H. Hinghofer-Szalkay: Praktische Physiologie, 3. Aufl. Blackwell Berlin 1994
Der grüne Pfeil deutet den Abdichtungseffekt an, der sich durch den Druck des Darmblocks auf das - durch den Zug der Puborektalschlinge abgeknickte - Rectum ergibt.
 
Bei der Defäkation hebt sich das Rectum, der Darmausgang wird begradigt und der Stuhl kann diese Engstelle leichter passieren


Daraus resultiert eine Abdichtung des "Kontinenzorgans". Der Verschlusstrichter im Anorektalbereich ist aus 3 Schichten zusammengesetzt ( Abbildung):
  
    Von außen verschließt quergestreifte Muskulatur, bestehend aus Puborektalschlinge, musculus levator ani und dem ringförmigen äußeren Schließmuskel (m. sphincter ani externus) den Analausgang. Der äußere Schließmuskel wird somatomotorisch durch den N. pudendus (aus dem Sakralmark, Abbildung ganz oben) kontrolliert. 

     Als mittlere Schicht wirkt ein glattmuskulärer Ausläufer der Darmwand mit dem m. sphincter ani internus (innerer Schließmuskel). Dieser ist parasympathisch aus dem Sakralmark, sympathisch aus dem Lendenmark versorgt. Der Sympathikus unterstützt im Sinne einer Dauertonus (der nur während der Defäkation unterbrochen ist) die Schließfunktion 1-adrenerg), der Parasympathikus die Relaxation (cholinerg).

     Die innere polsterartige Abdichtung durch die Schleimhaut gewährleistet die volle Kontinenz. Arterio-venöse Kurzschlussgefäße füllen sich durch Kontraktion der ableitenden Venen (V. haemorrhoidalis media) mit Blut; es ergibt sich ein Schwellkörper (corpus cavernosum recti), der den Analkanal abdichtet.
   

Abbildung: Steuerung des Darmausgangs
Modifiziert nach einer Vorlage in New Human Physiology

Kontinenz (Dichtigkeit des Darmausganges) wird durch den Sympathikus aufrechterhalten: Aus dem lumbalen Zentrum (L1-L3) gelangen Impulse über Hypogastricusnerven und unteres Mesenterialganglion zum glattmuskulären inneren Schließmuskel und versetzen ihn (α1-adrenerg) in einen Dauertonus. Dieser dichtet den Darmausgang ab.
 
Defäkation (Stuhlgang) wird durch Füllung des Rectum reflektorisch initiiert und erfolgt unter Einfluss des Parasympathikus: Er sendet Impulse aus dem sakralen Zentrum (S2-S4) über Splanchnicusnerven, die den
inneren Schließmuskel (cholinerg) relaxieren. Der Vagusnerv leitet afferente Impulse aus dem Darm (bis colon transversum) und entsendet Fasern zum plexus myentericus, diese regen die Darmmotorik an.
 
Der N. pudendus führt somatomotorische Impulse aus dem Sakralmark zum quergestreiften äußeren Sphincter. Bei Füllung des Rectum (das sonst leer ist) wird der äußere Sphincter reflektorisch aktiviert; dieser Mechanismus unterstützt die Kontinenz und kann die Defäkation verhindern (willkürliche Kontrolle)


Der hohe (Ruhe-)Tonus des gesamten Analsphincters geht vor allem auf eine Dauerkontraktion des glattmuskulären m. sphincter ani internus zurück. Passive Dehnung des Rectum (Eintritt einer Stuhlsäule) löst diesen Tonus reflektorisch, und der Sphincterdruck nimmt vorübergehend um bis zu 20 mmHg ab (dann kontinuierlich wieder zu), was am Beginn der Auslösung einer Defäkation stehen kann. Retrograde Peristaltik kann aber auch die Stuhlsäule bis zum colon ascendens zurückbefördern, insbesondere wenn der Stuhldrang willkürlich unterdrückt wird.

Ist diese nicht angebracht (Hemmung durch das Großhirn: kortikale Inhibition), kommt es synchron zu einer reflektorischen Aktivierung des quergestreiften m. sphincter ani externus, dessen Druck rasch um ~15 mmHg steigt (
Abbildung unten) und dann für einige Zeit auf einem niedrigenen Plateauwert (<10 mmHg) verbleibt. So wird der Austritt von Stuhl verhindert (der Muskel bildet einen Verschlussring um das untere Rectum).

Mechanorezeptoren in der Wand des Rectum sind von mehrfacher Bedeutung: Sie registrieren nicht nur das Volumen, sondern auch die Konsistenz des Inhalts im Enddarm. Das tun sie über die Analyse des zeitlichen Dehnungsverlaufs bei Bewegung des Darminhalts (Musteranalyse). So ermöglichen sie z.B. die Unterscheidung zwischen festem (Stuhl) und gasförmigem Darminhalt (Flatus), was verständlicherweise für die Steuerung von "Freigabe" oder Kontinenz wichtig ist.

 
Defäkation
 

Die meiste Zeit über ist das Rectum (Mastdarm) so gut wie leer, es zeigt aber segmentale Kontraktionen, die einer Füllung entgegenstehen. Nur bei einem Transportschub aus dem Sigmoid gelangt Stuhl in das Rectum, es kommt zu passivem Druckanstieg, etwa um ~20 mmHg. Die Aufdehnung des Rectum löst einen rectosphincterischen Reflex aus, bei dem sich der innere Schließmuskel vorübergehend entspannt. Gleichzeitig lösen Dehnungsrezeptoren Stuhldrang aus. Wenn es die Begleitumstände erlauben, wird dieses Reflexmuster in eine Defäkation integriert.
 
    
 

Abbildung: Zeitverlauf des intraluminalen Drucks auf der Höhe des inneren und äußeren Analsphincters bei Dehnung des Mastdarms (rectosphincterischer Reflex)
Nach Daten in Schuster MM: Simultaneous manometric recording of internal and external anal sphincteric reflexes. John Hopkins Med J 1965; 116: 70-88

Wird das Rectum gedehnt, entspannt sich der innere und kontrahiert der äußere Sphincter. Diese Reaktionen dauern nur kurz an; während das Rectum konstant gedehnt wird (hier im Experiment), lässt die Reaktion nach, weil die Dehnungsrezeptoren in der Wand des Rectum akkommodieren (PD-Verhalten)


Meist verhindert eine gleichzeitige Kontraktion des äußeren Schließmuskels eine Stuhlentleerung. Die Reaktion des inneren (glattmuskulären) und des äußeren (quergestreiften) Sphincters sind bei (experimenteller) konstanter Dehnung des Rectum transient ( Abbildung); beide Reaktionen (rectosphincterischer Reflex, Stuhldrang, meist ausgelöst durch die Anwesenheit von Stuhl im Rectum) gehen rasch vorüber, denn die Dehnungsrezeptoren adaptieren deutlich. Das Rectum kann beträchtliche Volumina speichern (maximales Volumen ~2 Liter).

Ist der Reiz intensiv genug (und liegt keine zentrale Hemmung vor), steigert der Defäkationsreflex den rectalen Druck in einer zweiten, aktiven Kontraktionswelle auf ~40 mmHg. Dieser Druck reicht für den Ablauf der Defäkation aus; im Rahmen des Defäkationsreflexes relaxieren beide Schließmuskeln sowie die Beckenbodenmuskulatur.

Unterstützt wird dieser Mechanismus
 
     durch kräftige Kontraktionen des Sigmoid (parasympathischer Reflex: Dehnung Rectum Afferenz zu Sakralmark → parasympathische Efferenz → Tonuszunahme glatte Muskulatur)
 
     sowie die Bauchpresse (diese kann Spitzen-Druckwerte von über 60 mmHg erzeugen; Zwerchfell und Bauchdeckenmuskulatur kontrahieren).
 

Kontraktionen des colon sigmoideum beteiligen sich an der Defäkation
  
Der Defäkationsreflex ist parasympathisch dominiert:

     Dehnungsrezeptoren im Rectum stehen am Anfang der dehnungsafferenten Komponente (Fasern im N. splanchnicus - 1 in der Abbildung)

     Reflexzentren gibt es im Rückenmark (parasympathisch-sakral: spinale Ebene), Hirnstamm und Großhirn (supraspinale Ebene - entwickelt sich in den ersten Lebensjahren, wobei das Halten des Stuhls willkürlich kontrollierbar wird)

     Der parasympathisch-efferente Teil (aus S3, Fasern im N. splanchnicus - 2 in der Abbildung) erreicht intramurale Ganglien; postganglionäre Fasern hemmen den M. sphincter ani internus.
 

Abbildung: Defäkationsreflex
Nach einer Vorlage in Pearson Education 2013

1: Wanddehnung Dehnungsrezeptoren Afferenz
 
2: Parasympathisch-motorische Efferenz → Kontraktion Sigmoid, Erschlaffung m. sphincter ani internus
 
3: Motorische Efferenz zu m. sphincter ani externus gehemmt → Herabsetzung des Muskeltonus im Anusbereich


Das Reflexzentrum im Sakralmark steuert - unter Freigabe übergeordneter Zentren des Gehirns - zunächst das willkürliche Zurückhalten (Kontinenz) bzw. nach Freigabe des Reflexes die Defäkation.

Die Umstellung von sympathischer auf parasympathische Aktivität geht mit einer Entspannung des äußeren Schließmuskels einher.

Der Defäkationsreflex hat mehrere Phasen:

     Parasympathische Wirkung auf den gesamten Enddarm: Kontraktion des colon descendens, Sigmoid und Rectums - cholinerg und purinerg

     Relaxation des Sphincterapparats - Abnahme des adrenergen Einflusses auf den inneren, und des cholinergen auf den äußeren Sphincter, plus nitriderger Einfluss

     Gleichzeitig wird durch Anspannung der Bauchdeckenmuskulatur und des Zwerchfells der Druck im Abdominalraum erhöht.
 
Ist die Blase gefüllt, kommt es mit dem Defäkationsablauf automatisch auch zu einer Detrusion.

Der muskuläre Verschlussapparat (Beckenboden, Schließmuskelringe) wird erschlafft und der anorektale Schwellkörper entleert, das Analrohr stellt sich steil auf. Die Bauchpresse schafft den zum Auspressen des Stuhls notwendigen Druck.
Die Puborektalschlinge erschlafft, der Knick im Darmausgangsbereich wird minimiert, durch das aufgestellte Darmrohr und den relaxierten Verschlussapparat kommt es zu einem geringen Passagewiderstand, und der Druckgradient befördert den Stuhl nach außen.

Der Durchtritt des Stuhls wird von Rezeptoren des Anoderm (=die unterhalb der linea dentata gelegene Hautpartie) kontrolliert. Diese sind für die Steuerung der Defäkation wichtig; sie ermöglichen auch die Wahrnehmung der Stuhlkonsistenz und die Unterscheidung zwischen gasförmigem und festem Inhalt im Darmausgang.

Der intraabdominale Druck kann während der Defäkation bis auf Werte des arteriellen Blutdrucks ansteigen. Dies hat wiederum Effekte auf den Kreislauf (Valsalva-Versuch).
 
Stuhlfrequenz (bowel movement frequency):
Zwei von drei Menschen haben 1-3 Stuhlgänge pro Tag; diese Zahl gilt als normale Häufigkeit der Defäkation. Als Verstopfung (Obstipation) gelten niedrigere Werte (<1 pro Tag), als Durchfall (Diarrhoe) vier und mehr Darmentleerungen pro Tag.
 
Stuhl: Zusammensetzung und Untersuchung
 
Stuhl ist normalerweise leicht sauer bis geringgradig basisch (pH zwischen 6,0 und 7,3). Kurzkettige Fettsäuren aus dem bakteriellen Abbau pflanzlicher Faserstoffe machen die meisten Anionen im Colon aus und werden durch Bicarbonat gepuffert, das die Colonmukosa sezerniert (Kochsalz wird resorbiert).
 

Abbildung: Stuhlfärbung und ihre Beurteilung
Nach einer Vorlage bei puremeridian.com

Die Braunfärbung des Stuhls ist auf die Anwesenheit von Gallenfarbstoffen - hauptsächlich Sterkobilin - zurückzuführen (~200 mg/d)


Der Wasseranteil der Faeces liegt normalerweise bei etwa 3/4, die Osmolalität um ~360 mOsm (leicht hyperton: Blutplasma hat ~290 mOsm). Zu jeweils 8% besteht Stuhl aus Nahrungsresten, Bakterien (~1011/ml, 99% Anaerobier, 1% E. coli und Enterolokken) und abgeschilferten Schleimhautzellen. Darmbakterien machen ca. 30% des Trockengewichts aus.

     Zur Darmflora s. dort

Der Dickdarm entfernt aus den Chymus die meiste im Ileum noch verbliebene Flüssigkeit, mit den Fäzes werden pro Tag 80-120 ml Wasser ausgeschieden. Im Colon bauen Bakterien (über 500 Arten) unverdauliche Nahrungsbestandteile (Ballaststoffe: Zellulose, Hemizellulose, Pektin, Lignin) zu kurzkettigen Fettsäuren ab, diese werden energetisch genutzt.

Dabei entstehen Gase (CO2, CH4, H2), die z.T. direkt nach außen abgehen, z.T. resorbiert und über die Lunge abgeatmet werden (beim bakteriellen Abbau unverdauter Kohlenhydrate, z.B. Lactose bei Laktasemangel, entsteht H2, das in der Atemluft gemessen werden kann).
 
  
  Zu Darmgasen s. auch dort
 

Abbildung: Physiologische Zusammensetzung des Stuhls

3/4 Flüssigkeit, 1/4 feste Bestandteile: Jeweils ~8% der Festmasse (wasserfrei) entfallen auf abgeschilferte Mukosa, Bakterien und unverdaute Nahrungsreste


Der Stuhl wird mit einem Schleimfilm überzogen ausgeschieden. Sein Volumen beträgt normalerweise 60-300 ml pro Tag (geringe Mengen beim Fasten, größere Mengen bei zellulose- und ballaststoffreicher Ernährung).

Bei Diarrhoe infolge mangelnder Flüssigkeitsrückresorption kann das Volumen bis zu mehrere l/d betragen
).

Kohlenhydratreiche Kost macht ihn weicher, eiweißreiche härter. Bei Dehydrierung wird Wasser gespart (vermehrte Rückresorption im Darm) und der Stuhl wird härter. Klinische Beurteilungskriterien sind z.B. Menge, Konsistenz, Farbe (
Abbildung), Geruch, Zusammensetzung.

Stuhl beinhaltet
Gallenfarbstoffe (das Abbauprodukt Sterkobilin bedingt die typische Braunfärbung, bei seiner Abwesenheit kann der Stuhl gelblich erscheinen). Der Geruch entsteht hauptsächlich durch die Tryptophanderivate Skatol und Indol sowie Schwefelverbindungen (H2S, Thiole).

Diagnostisch wird z.B. auf Blutbeimengung (Hämoccult® -Test), Stuhlfett (Diarrhoe, Pankreaserkrankung), Enzyme (Pankreas), Nährstoffmuster (Gedeihstörung) oder Krankheitserreger untersucht.

  

 
 
     Patienten sollen nach Operationen oder längerer Bettlägrigkeit nicht unbeaufsichtigt die Toilette aufsuchen: Betätigung der Bauchpresse kann den Blutrückstrom aus den Extremitäten zum Herzen so behindern, dass kreislauflabile Patienten kollabieren (vgl. Valsalva-Versuch).

    
Erweiterte, entzündete und thrombosierte Venen bilden Hämorrhoidalknoten, welche (bei Hämorrhoiden 2. Grades nur beim Pressen, bei solchen 3. Grades reponierbar, bei solchen 4. Grades nicht reponierbar) nach außen treten und je nach Schweregrad konservativ bis chirurgisch behandelt werden müssen.

  
  Durchfälle können durch bakterielle Toxine verursacht werden, welche das Gleichgewicht der Ionen- und Wasserbewegung über die Darmwand zugunsten der Sekretion verschieben (Choleratoxin steigert [cAMP] durch Blockade der G-Protein-Inaktivierung und Daueraktivierung der Adenylatzyklase,  Clostridientoxin steigert [cGMP] in Enterozyten). Eine einfache und wirksame Therapie ist die orale Rehydration (Trinken von Kochsalz-Glucose-Lösungen).
 

 
      Die Ileozäkalklappe hat einen hohen Grundtonus, lässt aber Chymus aus dem Ileum übertreten, wenn dort der Druck ansteigt; eine retrograde Passage (Druckanstieg im Colon) verhindert sie reflektorisch. Im proximalen Dickdarm überwiegt Segmentationsmotorik (12-60 s Dauer, bis 50 mmHg) zur Unterstützung der Resorption von Wasser und Elektrolyten. 1-3mal pro Tag lösen Dehnungsreize in Magen und Dünndarm Massenbewegungen aus (gastro-kolische und ileo-kolische Reflexe), dabei verschwinden distal des Kontraktionsgürtels Segmentationen und Haustren. Gesteuert wird die Motorik durch interstitielle (Cajal-) Zellen, Darmnerven, Nerven des autonomen Systems (Reflexe über Mesenterialganglien und Rückenmark, deszendierende Einflüsse auf die Dickdarmmotorik), lokale Wirkstoffe, Hormone (Gastrin und CCK fördern, Adrenalin hemmt die Motorik im Dickdarm). Die Darmflora (hunderte Species, 99% anaerob) bewirkt Gärungs- und Fäulnisprozesse, bildet auch Vitamine (z.B. K, B12)
 
      Der Dickdarm resorbiert Wasser, Salze, Fettsäuren, Vitamine. ~1 l/d Wasser gelangt aus dem Ileum in das Colon, davon werden ~90% osmotisch (mit NaCl) rückresorbiert: Die Schleimhaut resorbiert Kochsalz para- und transzellulär (apikal Na+ im Austausch gegen H+, Cl- im Austausch gegen Bicarbonat; basolateral wirken Na/K-ATPase, CFTR, K/Cl-Kotransporter) und sezerniert Kaliumbicarbonat (Pufferung von Fettsäuren). Aldosteron fördert die Na-Resorption. Das Schlussleistensystem ist im Colon dichter als im Dünndarm, der Aufbau osmotischer Gradienten ermöglicht die Eindickung des Stuhls. Das Rectum (4-7% der Gesamtfläche des Dickdarms) kann Arzneimittel resorbieren - zum Teil unter Umgehung des Pfortaderkreislaufs
 
      Die Passagezeit des ~1,5 m langen Dickdarms beträgt ~30 (5 bis 70) Stunden. Motorische Muster sind Peristaltik, Segmentations- und Pendelbewegungen (~5/min), propulsive Massenbewegungen. SIP ist ein elektrophysiologisches Synzytium aus glatten Muskelzellen, interstitiellen (Cajal-) Zellen und PDGFRα+- Zellen und wird durch NO und Purine aktiviert. Peristaltische Aktivitätswellen des Colon (CMMCs) haben Transportfunktion. Enterochromaffine Zellen wirken serotoninerg auf intrinsisch primär-afferente Neuronen (IPANs), fördern die Erregbarkeit sensorischer Neuronen und aktivieren so die Motorik. Antiperistaltische Wellen dienen der Durchmischung und unterstützen die Resorption. Peristaltik und Massenbewegungen des Colon sind die meiste Zeit unterdrückt (tonische Inhibition)
 
      Mehrere Faktoren bedingen die Kontinenz des Darmausgangs: Geknickter Verlauf des Rektumausgangs, dreifach geschichteter Verschlussmechanismus: Außen (quergestreift) Puborektalschlinge, musculus levator ani, m. sphincter ani externus (innerviert durch N. pudendus); in der Mitte (glattmuskulär) Ausläufer der Darmwand mit dem m. sphincter ani internus - parasympathisch aus dem Sakralmark, sympathisch aus dem Lendenmark (L1-L3) versorgt); innen die vom corpus cavernosum recti unterfütterte Schleimhaut. Die Kontinenz ist durch somatomotorische Tonisierung des äußeren und (vor allem) sympathische (α1-adrenerg) des inneren Schließmuskels gewährleistet
 
      Gelangt Stuhl in das (meist leere) Rectum, steigt der Druck um ~20 mmHg. Dies löst Stuhldrang (meist verhindert Kontraktion des äußeren Schließmuskels eine Stuhlentleerung) und einen rectosphincterischen Reflex aus: Beides geht rasch vorüber, die Dehnungsrezeptoren adaptieren. Das Rectum kann maximal ~2 Liter Volumen aufnehmen. Ist der Reiz intensiv genug und unterbleibt eine zentrale Hemmung, steigert der Defäkationsreflex den rectalen Druck in einer von colon descendens und Sigmoid ausgehenden Kontraktionswelle (cholinerg / purinerg) auf ~40 mmHg, Zwerchfell und Bauchdeckenmuskulatur kontrahieren (Spitzendruck >60 mmHg), der Darmausgang wird begradigt, die Puborektalschlinge erschlafft, die Tonisierung des äußeren Schließmuskels aufgegeben, Aktivität von Ästen des Splanchnicusnerven (S2-S4) relaxieren den inneren Schließmuskel - der Druckgradient steigt, der Fließwiderstand sinkt, Stuhl wird ausgepresst. Rezeptoren des Anoderm ermöglichen die Wahrnehmung der Stuhlkonsistenz. Bei gefüllter Blase kommt es mit der Defäkation automatisch auch zur Detrusion
 
      Stuhl (60-300 ml/d, pH zwischen 6,0 und 7,3, ~360 mOsm, jeweils 8% Nahrungsreste, Bakterien, Schleimhaut) wird mit einem Schleimfilm überzogen ausgeschieden. Seine Braunfärbung ist durch Gallenfarbstoffe (Sterkobilin) bedingt. Kohlenhydratreiche Kost macht ihn weicher, eiweißreiche härter
 

 




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