Welche Größe steuert die Flüssigkeitsmenge, die sich außerhalb der Zellen befindet? Da
Natrium das Leitkation in dieser (extrazellulären) Flüssigkeit ist (Konzentration ~140
mM im Gegensatz zu ~10 mM in den Zellen) und die Osmolalität
vom Gehirn präzise
geregelt ist (~290 mOsm/kg), bestimmt die in der extrazellulären
Flüssigkeit vorhandene Natriummenge auch das extrazelluläre
Flüssigkeitsvolumen - die Volumeneinstellung erfolgt über die
Natriumbilanz.
Volumensensoren befinden sich in der Wand der Vorhöfe des Herzens
und der Pulmonalgefäße (kardiopulmonale Rezeptoren). Aufgrund ihrer
zentralen Position im kardiovaskulären System reagieren sie auf die Größe des "effektiven
zirkulierenden Volumens" ("Volumenrezeptoren"), und ihre Messresultate
sind für die Einstellung der Natriumbilanz im Körper ausschlaggebend.

Ödeme, Aszites

u.ä. pathologische Flüssigkeitsansammlungen entgehen
diesem Messvorgang und müssen unter Zuhilfenahme u.a. von Diuretika aus dem Körper gebracht
werden.
Die Nieren steigern die Ausscheidung von Natrium als Antwort auf eine Vergrößerung des "effektiven zirkulierenden Volumens" bzw. extrazellulären
Flüssigkeitsvolumens, nicht durch gesteigerte Natrium-Konzentration im
Blutplasma (letztere wird osmoregulatorisch stabilisiert).

Übersicht zur
Volumenregulation s.
dort
Flüssigkeits- und Ionenbilanz im Darm
>Abbildung: Wasserbilanz einer erwachsenen Person
Modifiziert nach einer Vorlage bei New Human Physiology

Die >Abbildung zeigt im Gastrointestinaltrakt täglich
umgesetzte Wasservolumina. Pro Tag gelangen im Dünndarm ~9 Liter
Flüssigkeit zur Resorption, davon stammen 2 Liter aus der oralen
Aufnahme (Getränke, Nahrung) und 7 Liter von Sekreten (Speichel,
Magensaft, Pankreassekret, Galle, intestinales Sekret).
Der Flüssigkeitsdurchsatz beträgt auf der Höhe des Duodenums 9 l/d, im
Bereich der Ileozökalklappe 1,5 l/d (Aufnahme im Dünndarm 7,5 l/d); 0,1
l Wasser wird pro Tag mit dem Stuhl ausgeschieden (Aufnahme im Dickdarm
1,4 l/d, Kapazität bis 5 l/d).
Die Flüssigkeit im Darm ist ional unterschiedlich zusammengesetzt, wie die folgende Tabelle zeigt: Auffallend ist besonders
die hohe Kaliumkonzentration im Dickdarm und
der hohe Bikarbonatwert im distalen Dünndarm,
bedingt durch selektive Ionentransportprozesse in der Darmschleimhaut.
Ionale Zusammensetzung Chymusflüssigkeit, mM/l
Nach Werten in Hilal-Dandan / Brunton, Goodman
& Gilman's Manual of Pharmacology and Therapeutics, 2nd ed., McGraw
Hill Education 2014
|
|
[Na+] |
[K+] |
[Cl-] |
[HCO3-] |
Duodenum
|
60
|
15
|
60
|
15
|
Übergang Jejunum - Ileum
|
140
|
6
|
100
|
30
|
Distales Ileum
|
140
|
8
|
60
|
70
|
Rectum
|
40
|
90
|
15
|
40
|
Wie die Regulation von Volumen und Osmolalität zusammenhängen
Zwei
Systeme regulieren Volumen und Tonizität der extrazellulären
Flüssigkeit, beide sind entscheidend für die Kreislauffunktion:

Das
extrazelluläre Volumen (bzw. das
"effektive zirkulierende Volumen", ein vage definierter, funktioneller Begriff, der das zirkulatorisch wirksame Blutvolumen bedeuten soll) wird über die
Kochsalzmenge im Körper reguliert,

die
Osmolalität - wesentlich für das Funktionieren der Zellen - über den
Wassergehalt
des Körpers.
Dazu stehen unterschiedliche Sensoren, Hormone und
Erfolgsorgane zur Verfügung, wobei die Nieren eine zentrale Stellung
einnehmen:
Das
Volumen des Extrazellulärraums kann sich verringern (Dehydration) oder
vermehren (Hyperhydration). Wenn die osmotische Konzentration
unverändert bleibt, spricht man von isotoner, wenn sie steigt, von
hypertoner, und wenn sie sinkt, von hypotoner De-oder Hyperhydration.
Wasser tritt
innerhalb von Minuten durch die Kapillarwände, für den Austausch über
Zellmembranen werden mehrere Stunden veranschlagt. Für den Körper mit
ca. 40 Liter Wasser ergibt sich bei einem täglichen Flüssigkeitsverlust von 2-3 l/d, dass
bei Ausbleiben der Wasserzufuhr schon nach wenigen Tagen Lebensgefahr
besteht (Verdursten).

<Abbildung: Feedback-Kontrolle des effektiven zirkulierenden Blutvolumens
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003
Niedriges
effektives (zentrales) Blutvolumen triggert parallele - vegetative und
humorale - Korrekturmechanismen mit dem Ziel der Anhebung des
extrazellulären (und damit Plasma-) Volumens über verringerte
Natriumausscheidung.
BV = Blutvolumen
Die Tabelle und die Abbildung zeigen, dass vier parallele Regelkreise das effektive zirkulierende Volumen beeinflussen:

Anregung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Mechanismus

Steigerung des Sympathikustonus

Freisetzung von Adiuretin

herabgesetzte Freisetzung natriuretischer Peptide
steigern das effektive zirkulierende Volumen.
Auslösend für die Aktivierung der renalen Kompensation sind
Rezeptoren
im Kreislauf (arterielle Barorezeptoren in Aortenbogen und
Karotissinus, Volumenrezeptoren in den Vorhöfen des Herzens und großen
Lungengefäßen), die von hier ausgehende Erregungsgröße
(Aktionspotentialfrequenzen) nimmt bei Volumenreduktion ab und setzt im
nucl. tractus solitarii entsprechende Kompensationen in Gang;
Barorezeptoren in den Nieren, die einen verringerten Perfusionsdruck mit vermehrter Reninausschüttung beantworten;
Rezeptoren in anderen Organen (ZNS, Leber).
Operativ wirken
(1) der Renin-Angiotensin-Aldosteron-Mechanismus,
(2) der
Sympathikus,
(3) das hypothalamisch-hypophysäre System mit Vasopressin 

(4) Bei
stärkerer Dehnung von Herzmuskelzellen in den Vorhöfen kommt es zur
Sekretion von atrialen
natriuretischen Peptiden, diese wirken den
oben genannten Mechanismen entgegengesetzt und fördern (bei Überdehnung
der Herzräume) die Natriumausscheidung. Das extrazelluläre und
Plasmavolumen nehmen ab und damit die Druck/Volumenbelastung am Herzen
(
Vorlast).
Bluthochdruck kann durch Verringerung der Salzaufnahme gemindert werden.
Gesteigerter
Umsatz an Körperwasser geht auf vermehrten Wasserverlust zurück. Bei
maximalem Schweißverlust (8-10 l/Tag), noch stärker bei Diabetes
insipidus (Wasserbedarf bis 20-30 l/Tag) sind bereits wenige Stunden
ohne Wasserzufuhr lebensgefährlich. Bei gestörtem Durstempfinden
(Verwirrte, Bewusstlose) kann sich dann innerhalb von Stunden ein
bedrohliches Wasserdefizit ausbilden (Diagnose durch Messung des
Osmolalitätsanstiegs: Osmometrie).
Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen:
Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie
sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und
Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.