>Abbildung: Atmung und Kreislauf
Oben: Äußere Atmung; Mitte: Atemgastransport über den Kreislauf; unten: Innere Atmung
1: Diffusion von Sauerstoff aus der Alveolarluft in das Blut des Pulmonalkreislaufs
2: Transport über den arteriellen Kreislauf
3: Diffusion von O2 aus dem Blut ins Gewebe
4: Abgabe von Kohlendioxid an das Blut
5: Transport über den venösen Kreislauf
6: Diffusion von CO2 aus dem Blut in die Alveolarluft

Die
Diffusionsstrecke für die Atemgase liegt in den Lungenalveolen bei ~0,2 µm; etwa 300
Millionen Alveolen bieten in der Lunge einer erwachsenen Person eine
Diffusionsfläche von ~100 m2
Jeden Tag strömen durchschnittlich etwa 6.000 Liter Luft durch die Lungen einer erwachsenen Person, dabei wird Sauerstoff (O2) für die oxidative Energiegewinnung aus der Atemluft extrahiert (400-800 l/d) und das entstandene Kohlendioxid (CO2) in sie abgegeben (350-700 l/d).
Die Aufzweigung der Luftwege dient der Vergrößerung der Austauschfläche zwischen
Luft (Alveole) und Körper (Blut) um den Faktor 103: >300 Millionen Alveolen
haben eine Oberfläche von bis zu ~100 m2 (zum Vergleich: Hautoberfläche etwa 2 m2).
Die Trennwand zwischen Luft und Blut
ist äußerst dünn (~0,0002 mm), das erleichtert die Diffusion (je geringer die Diffusionsstrecke, desto intensiver der Austausch: Diffusionsgesetz).
Luftzusammensetzung und Gasaustausch
<Abbildung: Atemgastransport und seine Regelung
Nach einer Vorlage bei basicmedicalkey.com
Der Atemgasaustausch wird durch das Atemzentrum des Hirnstamms reguliert, der sich an Blutgaswerten (pO2, pCO2, pH) orientiert.
Die äußere Atmung tauscht Atemgase mit der Umwelt aus, die innere Atmung mit dem Zellstoffwechsel

Die Zusammensetzung von Atemluftproben wird unter unterschiedlichen physikalischen Bedingungen angegeben:

Wasserdampfgesättigte
Einatemluft (
ATPS -
ambient temperature and pressure, saturated): Bedingungen im Spirometer: Umgebungsdruck, Spirometertemperatur: Etwa 20% O
2 (Partialdruck ~150 mmHg), 6% H
2O, 73% N
2, 1% Ar.
Ausgeatmete Luft (
BTPS -
body temperature and pressure, saturated): Bedingungen, wie sie in der Lunge herrschen: Umgebungsdruck, Körpertemperatur, H
2O-gesättigt ergiben sich etwa folgende Werte: 15% O
2 (Partialdruck ~115 mmHg), 5% CO
2 (Partialdruck ~40 mmHg), 6% Wasserdampf (p
H2O 47 mmHg bei H
2O-Sättigung und 37°C), 73% N
2, 1% Ar.

Luft unter
Standardbedingungen (
STPD -
standard temperature, pressure, dry): Normbedingungen: Druck 760 mmHg, Temperatur 0°C, trocken (p
H2O
= 0). Diese Bedingungen entsprechen weder denen im Körper noch denen im
Spirometer, sind aber einheitlich (Standard-Atmosphärendruck, kein
Wasserdampf).
Zusammensetzung trockener Atmosphärenluft etwa: 21% O
2, 78% N
2, 1% Ar.
Die unterschiedlichen Werte (Inspirationsluft →
Exspirationsluft) erklären sich einerseits durch Anfeuchtung
(Wasserdampfsättigung), andererseits durch den Atemgasaustsusch (Aufnahme von O2, Abgabe von CO2).
Die Exspirationsluft kann weitere Bestandteile von Interesse enthalten, z.B.
Wasserstoff (H2-Atemtest): Normalerweise enthält die Atemluft keine nennenswerte Menge an Wasserstoff, aber Dickdarmbakterien können Kohlenhydrate metabolisieren, die im Dünndarm nicht resorbiert wurden (bei Zuckerresorptionsstörungen wie z.B. Laktasemangel oder Fruktosemalabsorption - Überforderung des GLUT5-Systems). Dabei entsteht neben Laktat, Azetat und CO2 auch H2;
über Haut oder Schleimhäute aufgenommene Fremdstoffe (z.B. Medikamente).

>Abbildung: Bronchialbaum (
nach
Weibel)
Sukzessive Aufteilungen der Luftwege bezeichnet man als Generationen (Trachea: 0, terminale Alveolen: bis 23). Die Strömungsgeschwindigkeit nimmt mit zunehmender Aufteilungszahl kontinuierlich ab.
Niedrigere Generationen
(bis bronchioli terminales) dienen der Luftleitung durch Strömung (grüner Farbton), darunter überwiegt der Gastransport durch Diffusion (brauner Farbton). Der Gesamtquerschnitt steigt vor allem in Abschnitten, wo Gasaustausch erfolgt (ab Generation
16/17 - in der Abbildung: rotbrauner Farbton)
Bei jeder Aufzweigung ist die Summe der Querschnitte der Tochterbronchien größer als der Querschnitt des Mutterbronchus. Der Gesamtquerschnitt der Atemwege nimmt mit zunehmender Generation zu: Zuerst moderat, auf ~100 cm2 bei Generation 14, auf ~400 cm2 bei Generation 18; die Alveolen erreichen eine Oberfläche von ~100 m2 (106 cm2).
Das bedeutet auch, dass die Strömungsgeschwindigkeit der Luft von Generation zu Generation abnimmt
(am schnellsten strömt die Luft in der Trachea), parallel zur Zunahme
des Gesamtquerschnitts. Die niedrige Strömungsgeschwindigkeit im Übergangsbereich zwischen Bronchien und ductuli alveolares fördert die Deposition eiungeatmeter Mikropartikel (Reinigungsfunktion).
Bronchien liefern den Hauptanteil des Strömungswiderstandes (Luftwege mit >2 mm
Durchmesser verfügen über Knorpelringe und liefern ~80% des gesamten Luftwegwiderstandes).
Bronchiolen
tragen nur einen kleinen Teil zum gesamten Strömungswiderstand bei -
Erkrankungen in diesem Bereich sind daher schwierig über den Widerstand
zu detektieren.

<Abbildung: Verteilung des Strömungswiderstandes entlang der Aufteilung der Luftwege
Nach Thien FCK: Measuring and imaging small airways dysfunction in asthma. Asia Pacific Allergy 2013; 3:224-30
Der
Strömungswiderstand in den Atemwegen ist am höchsten im Bereich etwa der 5.
Aufteilungsgeneration ist. Das hat - außer mit der Geometrie der Luftwege - wahrscheinlich
auch mit
Strömungsprofilen zu tun, eine endgültige theoretische Erklärung steht noch aus
Trachea und Bronchien
sind mit knorpeligen Ringen ausgestattet, sie enthalten außerdem
Schleimdrüsen, glatte Muskelzellen, Mukuszellen und Flimmerepithel (>Abbildung unten). Die Knorpelringe sind
notwendig, um diesen Strukturen die nötige Festigkeit zu verleihen. Das
hat mit dem Bernoulli-Effekt
zu tun:
Strömt Gas (oder Flüssigkeit) entlang einer Struktur (z.B. der
Wand eines Bronchus), nimmt mit zunehmender Geschwindigkeit der Druck
senkrecht zur Strömungsrichtung ab. (Das erklärt z.B., warum ein
Flugzeug abhebt, wenn die Luft an der Oberseite der Flügel rascher
strömt als an der Unterseite, weil dann die nach oben gerichtete Kraft
größer ist als die nach unten gerichtete).
In den Luftwegen bedeutet dieser Effekt, dass die Luft an Engstellen
einen Sogeffekt auf die Wand der Luftwege ausübt und ein Kollaps dieses
Abschnittes droht (dynamische Atemwegskompression,
s. dort).
Bei Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit steigt also die
Wahrscheinlichkeit einer Obstruktion der betroffenen Luftwege. Durch
die Verengung reißt die Strömung ab, der Vorgang wiederholt sich, und
es kann zu Oszillationen der Wand kommen (z.B. bei "bellendem" Husten).
Bronchiolen hingegen haben keine Knorpelringe, sind am umgebenden
Gewebe befestigt und werden von diesem im eingeatmeten Zustand geweitet ("aufgespreizt"). Das trägt dazu bei, dass der Betrag des Atemwiderstandes stark von der Atemlage abhängt (
s. dort): Mit der Inspiration werden die Luftwege weiter, der Strömungswiderstand geringer.
Zentrale Stenosen - im Larynx- bis Hauptbronchusbereich - führen zu massiver Widerstandserhöhung.
Bei Verengung der kleinen Bronchien findet man hingegen oft einen
unauffälligen Resistance-Betrag. Emphyseme zerstören das stützende
Gewebe um die Bronchiolen und erhöhen deren Kollapsneigung.
>Abbildung: Morphologie der Luftwege von Trachea bis Alveole
Nach einer Vorlage bei Fishman AP: Fishman’s Pulmonary Diseases and Disorders, 4th ed. McGraw Hill Medical 2008
Große
luftführende Strukturen (Trachea, Hauptbronchien, Lappen- und
Segmentbronchien) verfügen über knorpelige Abstützungsringe und Drüsen,
das innere Epithel ist hochzylindrisch und verfügt über ein hochaktives
Flimmerepithel (links).
Die Strölmungsgeschwindigkeit nimmt mit zunehmender Aufteilung stetig ab, der Strömungswiderstand steigt bei den ersten Teilungsgenerationen zunächst etwas an und sinkt anschließend kontinuierlich ab (<Abbildung oben). Durch insgesamt
23 Aufteilungsschritte vergrößert sich die Oberfläche in der Lunge um
drei Zehnerpotenzen, von ~0,1 auf 80-100 m2

Die
Verteilung der Luft im Bereich der bronchioli respiratorii und der ductuli alveolares - die wegen Zahl (mehrere 10
6) und Gesamtquerschnitt kaum zum Strömungswiderstand beitragen - ist vorwiegend über die
Dehnbarkeit
seiner Komponenten bestimmt: Je größer die Compliance, desto besser die
Belüftung. Da die Compliance mit dem Durchmesser des betreffenden
Luftweges abnimmt (je stärker gedehnt, desto steifer die Wand), werden
gering gefüllte Teile (mit schlaffer Wand) besonders gut belüftet (z.B.
in der Lungenbasis bei aufrechter Körperlage,

s.
dort).
Automatischer Angleich der alveolaren Dehnung:
Dieser Mechanismus trägt zur gleichmäßigen Luftfüllung in benachbarten
Lungenabschnitten bei (je geringer der Luftinhalt, desto leichter
füllen sich die Alveolen). Unterstützt wird dieser
"Nachbarschaftsabgleich" durch die Anwesenheit interalveolärer
Öffnungen (Kohn-sche Poren

),
welche benachbarte Alveolen eines Lungenlappens untereinander
verbinden. Auf diesem Wege können auch Alveolen belüftet werden, deren
ductulus alveolaris obstruiert ist.
Mechanische Stabilisierung:
Benachbarte Alveolen teilen sich bienenwabenartig gemeinsame Wände und
sind mittels Kollagen- und Elastinfasern an benachbarten Luftwegen
befestigt. Diese Architektur verteilt auftretende Kräfte stabilisierend
auf das Gerüstwerk und verhindert den Kollaps einzelner Alveolen. Dazu
kommt der Effekt der "Surfactant-Bremse" (

s.
dort).
Atemgase (O2, CO2) lösen sich in den
Körperflüssigkeiten entsprechend ihrem Partialdruck und ihrer
spezifischen Löslichkeit. Nach dem Henry-Gesetz
ist die Konzentration c eines in einer Flüssigkeit gelösten Gases proportional zu dessen Partialdruck p mal dem Betrag des Löslichkeitskoeffizienten H:
Der Betrag von H ist spezifisch für das jeweilige Paar
Gas-Flüssigkeit. Beispielsweise ist die Löslichkeit von CO2 in Körperflüssigkeiten wesentlich höher als diejenige von Sauerstoff,
s. dort.
Eine erwachsene Person verbraucht im Ruhezustand pro Minute ~0,3 Liter Sauerstoff für den (oxidativen) Energiestoffwechsel. Gleichzeitig werden etwa 0,25 Liter Kohlendioxid abgeatmet.
Das Zahlenverhältnis CO2-Abgabe / O2-Aufnahme beträgt im Schnitt ~0,82 und heißt respiratorischer Quotient; sein Betrag hängt von Ernährung und Stoffwechselzustand ab (~0,7 bei Oxidation von Fetten, ~1,0 bei Oxidation von Kohlenhydraten).
Atmung erfolgt durch Druckschwankungen in der Lunge
Der
direkte physikalische Grund für Luftströmung in die (Inspiration) oder
aus der Lunge (Expiration) ist ein Druckunterschied zwischen Außenwelt
(pB: Barometrischer Druck) und Druck in den Alveolen (pA).
An dem Vorgang der Atmung nehmen der knöcherne Thorax (mit seiner
spezifischen Volumendehnbarkeit), die Atemmuskulatuer (vor allem für
die Inspiration), die Luftwege (Verbindung zwischen Außenluft und
Alveolen), die Pleura (der Spalt zwischen den Pleurablättern unterliegt
die meiste Zeit einem subatmosphärischen Druck) und der zuständige Teil
des Nervensystems teil:
>Abbildung: Das Ventilationssystem
Nach
einer Vorlage bei Schwartzstein / Parker, Respiratory Physiology: A
Clinical Approach. Lippincott Williams & Wilkins 2006
Das
Bild zeigt die Schlüsselelemente des Atmungsapparates. Die Innervation
des Diaphragma erfolgt aus den Halssegmenten C3-C5 (bei tieferen
Rückenmarksläsionen bleibt die Zwerchfellatmung aufrecht). Die
Interkostalmuskeln werden aus dem Thorakalmark innerviert, die
Bauchmuskulatur aus unterem Brust- sowie Lendenmark
Ventilation
ist die Belüftung der lufthältigen Räume (Luftwege: Trachea, Bronchien
,
Bronchiolen, Alveolen). In ausgeatmeter Ruhelage befindet sich in der Lunge eine Luftmenge, die als funktionelle Residualkapazität bezeichnet wird. Die Luftmenge, die pro Zeit geatmet wird, heißt
Atemzeitvolumen.
Eingeatmete Luft gelangt
durch die zuführenden Luftwege (Rachen, Kehlkopf, Bronchien, Bronchiolen) in
die Lungenbläschen (Alveolen), wo der Atemgasaustausch mittels Diffusion stattfindet.
Die Belüftung der Alveolen (alveoläre Ventilation)
ist für den Austausch der Atemgase maßgeblich. Sie ergibt sich aus insgesamt eingeatmeter Frischluft
minus der Totraumbelüftung (s. unten). Macht z.B. das Inspirationsvolumen
600 ml und der Totraum 25% der eingeatmeten Luftmenge aus (150 ml),
verbleiben bei diesem Atemzug 75% (also 450 ml) für die alveoläre Frischluftzufuhr (alveoläre Ventilation).
Erhöhung der Atemfrequenz und/oder Vertiefung der Atmung verstärkt den venösen Rückstrom (venous return) und damit (über den Starling-Mechanismus) das Herzzeitvolumen. Umgekehrt kann untypische Atmung wie z.B. Atmen gegen einen Widerstand (Valsalva-Versuch) den umgekehrten Effekt haben und die Auswurfleistung des Herzens (vorübergehend) reduzieren.

<Animation: Atempumpe
Quelle: cvphysiology.com/Cardiac Function
Einatmung
senkt den Druck im Brustraum. Dadurch strömt einerseits Luft in die
Lunge, andererseits auch vermehrt Blut in den Brustraum, mit der Folge
besserer diastolischer Füllung des rechten Ventrikels.
Ppl = intrapleuraler Druck
pRA = Druck im rechten Vorhof (Zentralvenendruck)
RA, RV = rechter Vorhof / Ventrikel
SVC, IVC = obere / untere Hohlvene

Erhöhter Druck im rechten Vorhof erschwert den Bluteinstrom aus
der Peripherie zum Herzen, und verringert so den venösen Rückstrom
(z.B. beim Pressen) - umgekehrt nimmt der venöse Blutfluss bei reduziertem Vorhofdruck zu
(z.B. bei tiefer Einatmung).
Auch beeinflusst die Atmung den Durchmesser der Hohlvenen und
Herzräume (steigt bei Einatmung), was sich auf den venösen Rückfluss direkt (z.B. durch
Kompression der v. cava) oder indirekt (über die Vorlast des Herzens)
auswirkt.
Der intrapleurale Druck pip
(Druck im Pleuraspalt) wirkt sich auf den Druck im Niederdrucksystem des Kreislaufs aus: Einatmung erweitert den
Brustraum und macht [pip]
stärker subatmosphärisch ("negativ"), was Lunge, Venen und rechtes Herz expandieren lässt und den Druck in diesen Räumen
senkt. Der transmurale Druck im rechten Ventrikel nimmt zu, weil der Innendruck weniger stark abnimmt als der
intrapleurale.
Der inspiratorische Anstieg des transmuralen Drucks weitet die Herzkammer, begünstigt den Bluteinstrom und erhöht so die Füllung des rechten Ventrikels (kardiale Vorlast). Das vermehrt das Schlagvolumen
in der Systole (Frank-Starling-Mechanismus). Darüber hinaus begünstigt ein reduzierter Vorhofdruck den venösen Rückstrom von der Kreislaufperipherie
zum Herzen (erhöhtes Druckgefälle).
Bei der Exspiration ergeben sich entgegengesetzte Effekte geringeren Ausmaßes; der Nettoeffekt der Atmung ist eine Stärkung des Blutflusses durch den zentralen Kreislauf (Herz und Lunge).
Das linke Herz reagiert
auf den
Atemzyklus anders: Inspiration erhöht das Blutvolumen in der Lunge (siehe oben), was
vorübergehend den Einstrom von Blut in den linken Vorhof reduziert.
Also sinkt
die Auswurfleistung des linken Ventrikels während der Einatmung. Die
Ausatmung zeitigt einen (kleineren) entgegengesetzten Effekt, und insgesamt bewirkt Erhöhung
der Atemfrequenz und/oder Vertiefung der Atmung auch im linken Herzen
eine Erhöhung von Schlagvolumen und Herzzeitvolumen.
>Abbildung: Respirationszyklus 1
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016
Links: Zustand "a" und "b" im Atemzyklus mit zugehörigen Druckwerten (Zustand "c" und "d" s. nächstes Bild). pB = Luftdruck (außen bzw. Ganzkörper- Plethysmographiekammer), pIP = intrapleuraler Druck, ptp = transpulmonaler Druck, pA = Alveolardruck (Drucke in cm H2O relativ zu pB).
Rechts oben: Änderungen des
Lungenvolumens während eines Atemzyklus. FRC = funktionelle
Residualkapazität (=das bei ausgeatmetem Ruhezustand in der Lunge
befindliche Luftvolumen, in diesem Fall 3,2 l).
Rechts unten: Zeitverlauf des intrapleuralen und transpulmonalen Drucks während eines Atemzyklus. Inset: Statisches
Druck-Volumen-Verhältnis (Volumenänderung als Funktion des
transpulmonalen Drucks). Der Unterschied zwischen dem transpulmonalen
und dem Pleuradruck (b-b', d'-d) ergibt sich aus der Atemdynamik: Alveolardruck und Luftströmung folgen dem Pleuradruck mit Verzögerung nach (s. nächste Abbildung)

Die beiden <Abbildungen> "Respirationszyklus" illustrieren - in vereinfachter Darstellung -, dass der intrapleurale Druck zwei Komponenten aufweist:
Eine statische, welche das Lungenvolumen bestimmt (transpulmonaler Druck ptp: Alveolardruck PA - Pleuradruck PIP); und


eine
dynamische, welche den Luftstrom steuert (Druckgefälle: Alveolardruck p
A - Außendruck p
B).
Transpulmonaler Druck:
Ptp = PA - PIP
|
Der intrapleurale Druck beträgt im exspirierten Zustand etwa -0,5 kPa, bei normaler Inspirationsstellung -0,7 bis -0,8 kPa.
|
<Abbildung: Respirationszyklus 2
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016
Links: Zustand "c" und "d" im Atemzyklus mit zugehörigen Druckwerten (Zustand "a" und "b" s. vorhergehendes Bild). pB = Luftdruck (außen bzw. Ganzkörperplethysmographiekammer), pIP = intrapleuraler Druck, ptp = transpulmonaler Druck, pA = Alveolardruck (Drucke in cm H2O relativ zu pB).
Rechts oben: Änderungen des Alveolardrucks während eines Atemzyklus.
Rechts unten: Luftströmung während eines Atemzyklus. Inset: Dynamisches Druck-Volumen-Verhältnis
(Strömung als Funktion des alveolären Drucks).
Die Steilheit der
Geraden entspricht dem Kehrwert des Atemwegwiderstandes, ist also umso
größer, je leichter die Luft durch die Bronchien strömt
(Bronchodilatation, Zustand bei hohem Sympathikustonus)
Als Atempumpe kann insgesamt das Zusammenwirken von

bezeichnet werden.
Atmung überwindet mechanische Widerstände
Normalerweise beansprucht die
Atmung nur einen sehr kleinen Teil des Gesamt-Energieverbrauchs des
Organismus. Je enger die Bronchien sind (Innendurchmesser), umso größer
ist der Strömungswiderstand und umso schwerer erfolgt die Ventilation.
Bei der Atmung müssen zwei Arten von Widerstand (Resistance) überwunden werden:
Der Atemwegwiderstand (Druck pro Strömung), der bei der Luftströmung durch die Atemwege auftritt, und
der Gewebewiderstand, der bei diversen Verformungen des Gewebes auftritt.
Der Atemwegwiderstand ist physiologischerweise der führende Anteil, er macht ~85% des Gesamtwiderstandes aus.
Widerstand (
s. dort) und Dehnbarkeit (Compliance: Volumen pro Druck: ΔV / ΔpTP)
des Atemapparats bestimmen, wieviel Energie für Strömung und Verformung
aufgebracht werden muss.
Bei sehr langsamer (quasistatischer) Atmung ist der Effekt des
Widerstandes auf die Beziehung zwischen transpulmonalem Druck (pTP) und
Volumen (V) vernachlässigbar gering, und das Volumen nimmt bei
einem Anstieg des transpulmonalen Drucks (Druckunterschied zwischen
Pleuraspalt - für die Lunge "außen" - und Alveolarraum, also "innen") so gut wie linear zu, entsprechend dem Betrag der Compliance (ΔV / ΔpTP) des Atemapparates bei der betreffenden Atemlage.
Bei
rascher Einatmung hingegen
muss zunächst ein Anstieg des transpulmonalen Drucks den Atemwiderstand
überwinden, die Druck-Volumen-Beziehung "kurvt" von einer Linie zu
einem Bogen aus, bevor im Druck-Volumen-Diagramm derselbe Punkt
erreicht wird wie bei quasistatischer Einatmung. Bei der Ausatmung gilt
analog: Der transmurale Druck muss zunächst abnehmen, um die Luftsäule
in die Gegenrichtung zu beschleunigen, dann folgt das Volumen nach. Das
Druck-Volumen-Profil beschreibt eine
Hysterese (

s.
dort).
Der pulmonale
Gefäßwiderstand hat
in mittlerer Atemlage ein Minimum:
Tief exspiratorisch sind die Gefäße außerhalb des
Alveolarbereichs komprimiert (niedriges
Lungenvolumen),
tief inspiratorisch (hohes Volumen) sind die Kapillaren der jetzt aufgedehntem Alveolen abgeplattet.
In
beiden Fällen ist ein Teil des Gefäßbaumes
verengt (erhöhter
Strömungswiderstand); in Atem-Mittellage hingegen sind beide
Gefäßpopulationen gut geöffnet und bieten
einen geringen Strömungswiderstand.
>Abbildung: Atemwiderstand als Funktion des Lungenvolumens
Nach John Hopkins School of Medicine's Interactive Respiratory Physiology 1995
Bei
zunehmender Inspiration weiten sich die Atemwege (vor allem im Bereich
der Bronchiolen), der Innenradius steigt, und der Atemwegwiderstand (Resistance)
nimmt in nichlinearer Weise ab (blaue Kurve). Zwischen tiefer Ein- und
Ausatmung liegt ein Unterschied des Strömungswiderstandes um eine
Zehnerpotenz
Kräftegleichgewicht und Strömungswiderstand: Der Atemwegwiderstand ist umso größer, je enger die Bronchien sind (>Abbildung); diese werden
erweitert durch strukturelle Rückstellkräfte vor allem der Knorpelspangen (exspiratorisch), andererseits
verengt durch Kontraktion der Bronchien (Bronchokonstriktion steigt durch
parasympathischen, sinkt durch
sympathischen Einfluss).

Bei laminarer Strömung gilt
das Hagen-Poiseuille-Gesetz,
wonach die Durchlässigkeit eines Rohres (Trachea, Bronchus) mit der vierten Potenz des
Radius zunimmt:
wobei
Q = Strömung, ∂p = Druckdifferenz, r = Innenradius, η = Viskosität des
Atemgases und l = Länge eines (unverzweigten) Luftwegsabschnittes.
Vierte Potenz des Radius: Anders formuliert, ändert sich der Strömungswiderstand proportional zu (1/r4).
Das bedeutet, dass z.B. eine Halbierung des Radius einen Anstieg des
Widerstandes um den Faktor 16 ergibt. Zwar erfolgt ein beträchtlicher
Teil der Strömung in den Luftwegen
nicht-laminar (turbulent) und das Hagen-Poiseuille-Gesetz verliert
einen Teil seiner Gültigkeit, aber der Widerstand nimmt jedenfalls
umgekehrt proportional zum Innendurchmesser eines Luftweges
beträchtlich zu.
Bronchokonstriktion (wie durch cholinergen bzw. parasympathischen Einfluss) erschwert daher die Atmung, Bronchodilatation hingegen (adrenerg hervorgerufen, wie bei körperlicher Belastung) senkt den Atemwegwiderstand und erleichtert die Ventilation.
Die Reinigung der Luftwege erfolgt andererseits (ceteris paribus) durch
Bronchokonstriktion wegen stärkerer Wirbelbildung gründlicher
(Impaktation eingeatmeter Partikel), bei Bronchodilatation hingegen
weniger effizient. Die Einstellung der optimalen Bronchienweite trägt - im Sinne eines Kompromisses - beiden Anforderungen Rechnung.
<Abbildung: Mechanik der Einatmung
Nach einer Vorlage bei basicmedicalkey.com
Der
wichtigste Einatemmuskel ist das Zwerchfell (Diaphragma
); es erweitert
den Thorakalraum zum Abdomen, die äußeren Interkostalmuskeln erweitern den Thorakalraum nach vorne
und seitlich.
Kohäsionskräfte sichern das Aneinanderhaften der Pleurablätter
Obstruktive (d.h. verengende) Atemwegserkrankungen erhöhen den
Atemwegwiderstand (COPD: Chronic obstructive pulmonary disease, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, Asthma
bronchiale).
Die Compliance der Lunge
sinkt
bei interstitiellen Erkrankungen - das Gewebe läßt sich nur schwer
verformen - und ist
erhöht bei Lungenemphysem - das rarefizierte Gewebe
leistet kaum Verformungswiderstand.
Zur Compliance s. dort
Atemarbeit: Die Gesamtarbeit für die Überwindung respiratoricher Widerstände setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
Arbeit für Dehnung (Überwindung elastischer Widerstände) - inspiratorisch investierte Kraft
wird exspiratorisch zurückgewonnen
Arbeit für Friktion (Reibung bei Relativbewegungen: Luft bzw. im Gewebe) - muß sowohl bei Ein- als auch Ausatmung geleistet
werden. Bei
Ruheatmung ist nur die Einatmung muskelaktiv und nimmt nur einen geringen Anteil (1-2%) des gesamten
Energieaufwands
des Organismus in Anspruch. Mit zunehmender Ventilation steigt auch der
Anteil der Arbeit zur Überwindung von Reibungswiderständen (wachsende
Bedeutung von Turbulenzen).
Bei körperlicher Leistung müssen zusätzlich exponentiell anwachsende
Widerstände überwunden werden, der Aufwand nimmt zu (bis über 10% des Sauerstoffverbrauchs des Körpers). Die Ausdauer der
Atemmuskulatur kann die Leistungsgrenze insgesamt bestimmen.
Der Betrag der insgesamt
geleisteten Atmungsarbeit ist aus Druck-Volumen-Kurven der
respiratorischen Aktivität ersichtlich (vgl.
Herzarbeit): Druck (Dimension: Kraft / L2) mal Volumen (L3) = Kraft x Weg, also Arbeit.
Boyle-Mariotte-Gesetz: Druck mal Volumen
Das Boyle-Mariotte-Gesetz
(Spezialfall der allgemeinen Gasgleichung bzw. thermischen Zustandsgleichung idealer Gase) besagt, dass (bei
gleich bleibender Temperatur) das Produkt aus Volumen (V) und Druck (p) einer
gegebenen Gasmenge konstant ist:
[p x V] bleibt unverändert
|
<Abbildung: Bolye-Mariotte-Gesetz
Quelle: Wikipedia
Das
Produkt aus Druck (p, pressure) und Volumen (V) eines Gases ist konstant
(soferne sich die Temperatur - hier angegeben in Kelvin - nicht ändert)

Erhöht man den
Druck auf eine gegebene (eingeschlossene) Gasmenge, verkleinert sich in
entsprechendem Ausmaß das Volumen - und umgekehrt. Je enger der Raum,
in den die Gasmoleküle gebracht werden, umso größer wird die kinetische
Energie ihrer Wärmebewegung - und damit der Druck, den sie auf die Wand
ausüben. Das Produkt aus beiden Größen bleibt dabei konstant.
Übertragen auf die Lungenfunktion
bedeutet das:
Erweitern die Inspirationsmuskeln den Thoraxraum (Volumenzunahme), dann
sinkt der Druck in der Lunge. Damit entsteht ein Druckgradient, der Luft in die Lunge stömen lässt (Einatmung).
Während der Einatmung ist der intrapulmonale Druck geringer als der Außendruck.
|
Bei
der Ausatmung zieht sich die (nicht weiter durch Muskelzug erweiterte) Lunge wieder zusammen, bedingt durch Rückstellkräfte (elastische Fasern
im Lungengewebe, Oberflächenspannung in den Alveolen), welche die vorangegangene Inspiration erhöht hat. Der
Gradient dreht sich um: Das Volumen nimmt ab und der Druck zu, Luft strömt aus der Lunge.
Die Atemruhelage erreicht man am Ende einer normalen Exspiration.
|