Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
    

    
Respirationssystem und Atemgastransport

Abwehrmechanismen des Respirationsapparates
© H. Hinghofer-Szalkay

CFTR = Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator
concha nasalis: concha = muschel(förmiges Gefäß), Muschelschale
Defensin: defendere = abwehren
Glutathion: Glutamin (gluten = Leim), ϑϵιον = Schwefel
Laktoferrin: lac = Milch, ferrum = Eisen
mukoziliäre Clearance: mucus = Schleim, cilia = Wimpern, to clear = klären
Surfactant: Surface active agent


Mit der Luft atmen wir zwangsläufig nicht nur Gase, sondern auch Staub ein, und damit Mikroorganismen (Infektionsgefahr), Ruß etc. Je kleiner die Teilchen (Feinstaub), desto liefer dringen sie in die Lunge ein und können sogar in Blut- und Lymphbahn gelangen. Die zuführenden Luftwege fangen vieles ab, bevor die Verunreinigungen in die Alveolen gelangen.

Partikel kollidieren mit Schleim (Nase, Rachen, Kehlkopf, Trachea, Bronchien), bleiben in diesem hängen und werden von der Aktivität der Flimmerhärchen aus den Atemwegen in den Rachen zurücktransportiert (mukoziliäre Clearance). Gelangen sie in den Alveolarbereich (Feinstaub), werden sie hier phagozytiert und abtransportiert, oder sie bleiben vor Ort liegen (und färben die Lunge allenfalls grau bis schwarz).

Zusätzlich verfügt die Lunge über reflektorischen (Räuspern, Husten, Niesen) und immunologischen Schutz - humoral (z.B. sezernierte Antikörper, Komplement, Defensine) und zellulär (Phagozyten, Lymphozyten etc).


Schutzfunktion Nasenschleimhaut Mukoziliäre Clearance Unspezifische Mechanismen Spezifische Abwehr

Core messages
 
Die Lungen sind Belastungen aus der Umwelt in besonderer Weise ausgesetzt: Sie tauschen jeden Tag an die 104 Liter Luft mit der Umgebung aus und sind Feinstaub, Bakterien, Pilzen und Viren ausgesetzt, manchmal auch Giftftoffen - über eine Austauschfläche von ~102 m2. Entsprechend vielfältig und effizient sind die pulmonalen Schutz- und Abwehrmechanismen gestaltet. Auch die Nasennebenhöhlen im Schädelknochen (sinus maxillares, frontales, sphenoidales) sind diesen Herausforderungen ausgesetzt, ihre ständige Reinigung durch Sekretion reichlicher Mengen Flüssigkeit - kombiniert mit fortwährendem Schleimtransport durch Zilienschläge ihres Flimmerepithels Richtung Pharynx - schützen vor Infektion und Entzündung.
 
Die Gesamtheit der Luftwege hat Schutzfunktion
 
Atemluft  beinhaltet Aerosole, Staubpartikel und Mikroorganismen, die möglichst nicht in die empfindlichen Alveolen gelangen sollen. Nasen- und Rachenraum, Luftröhre und Bronchien fangen viele dieser Teilchen ab (über 10 µm: z.B. Pollen), indem sie einen mucinreichen Schleimfilm produzieren und die Luft durch enge Öffnungen leiten. Vor allem größere Staubpartikel und Tröpfchen werden so gestoppt, bevor sie in die Alveolen geraten können.


Abbildung: Durch die Nase geatmete Luft gelangt durch enge Spalträume, die reich mit submukösen Drüsen versehen sind
Nach Widdicombe JH, Wine JJ. Airway Gland Structure and Function. Physiol Rev 2015; 95: 1241-319

Links: Gebiete mit der höchsten Dichte an submukösen Drüsen mit schwarzer Linie markiert (mehrere tausend Öffnungen muköser Ausführungsgänge). Die Öffnungen von vorderen Nasendrüsen gehen in die Dutzende.
 
Rechts: Knochen weiß, Gewebe grau, Luft dunkel; gelbe Box: Gebiet der Nasenmuscheln (conchae nasales ).
 
Das computertomographische Bild zeigt, wie eng die Spalträume (schwarz) sind, durch die Luft an den Nasenmuscheln vorbei  in den Rachenraum strömt


Die Schleimhäute des Respirationsapparats haben neben verschiedenen Schutz- und Abwehrfunktionen auch wichtige sensorische Aufgaben. So lösen offenbar diverse "Irritationsrezeptoren" via C-Fasern den Hustreflex aus (dieser entfernt eingeatmete Fremdkörper aus den Luftwegen). Die oberen Luftwege
enthalten auch u.a. neuroendokrine Zellen (PNECs: pulomnary neuroendocrine cells), die hier etwa 0,5% des Epithels ausmachen und einzeln oder in kleinen Gruppen vorkommen. Diese Zellen geben einerseits Signalstoffe (wie Serotonin) aus sekretorischen Granula an ihre Umgebung ab (endokrine Aktivität), exprimieren andererseits für Nervenzellen typische Peptide und können neuronale Impulse an das ZNS übermitteln (sie sind direkt innerviert). Sie scheinen Warnfunktion auszuüben und Reflexe zu stimulieren.
 
Neuroendokrine Zellen finden sich übrigens auch im Pankreas, im Verdauungssystem und im Urogenitaltrakt.

Der obere Atmungstrakt - zu dem der Nasenraum, die Nebenhöhlen, der Mund- und Rachenraum sowie der Kehlkopf gehören - enthält relativ zahlreiche Mikroorganismen, die mit der eingeatmeten Luft ständig nachgeliefert werden. Sie werden zwar laufend mit dem Nasensekret nach außen oder durch das Schlucken in den Verdauungstrakt fortgespült, ein Teil verbleibt aber auf den Schleimhäuten (Staphylo- und Streptokokken, Bazillen u.a., auch potentielle Krankheitserreger). Die Konkurrenz um metabolische Ressourcen ermöglicht normalerweise ein mikrobielles Gleichgewicht ohne Pathogenität, unterstützt durch Komponenten des Immunsystems (Flimmerstrom, angeborene Abwehr, IgA).

Bur wenige Mikroben finden sich physiologischerweise im unteren Atmungstrakt (Trachea, Bronchien, Bronchiolen, Alveolen). Mit der Inspiration hierher gelangte Mikroben werden weitgehend in die Sekretschichte auf den Luftwegen gefangen ("impaktiert") und durch den Zilienschlag der Flimmerepithelien wieder zum oberen Atmungstrakt befördert. Partikel unter 10 µm Durchmesser (Bakterien, Viren) können mit der Einatmung bis in die Alveolen gelangen, sie werden dann z.B. durch Alveolarmakrophagen normalerweise unschädlich gemacht.
  
Schleimhaut, Mucin, lymphatischer Rachenring
  

Dieser Reinigungsprozess beginnt (bei Nasenatmung) schon in der Nase ( Abbildung): Submuköse Drüsen auf den Nasenmuscheln (conchae nasales) und glandulae nasales anteriores (vordere Nasendrüsen) des vorderen Nasenraumes produzieren kontinuierlich mucinhältigen Schleim, in dem Beimengungen zur Atemluft (Gase, Flüssigkeiten, Partikel, Mikroorganismen) im Zuge der Luftströmung "hängen bleiben" (die Schleimhaut verfügt über Flimmerhärchen) - und zwar umso besser, je intensiver der Luft-Schleimhaut-Kontakt ist (vergrößerte Oberfläche durch die Struktur der Nasenmuscheln).


Abbildung: Mucine sind Hauptbestandteile des Nasensekrets
Nach einer Vorlage bei sigmaaldrich.com

Mucine sind Glykoproteine - sie bestehen aus einem zentralen Eiweißfaden (core protein) und langen Polysaccharid-Seitenketten (Glykane), die viel Wasser binden und den Proteinkern vor Säureeinwirkung und enzymatischem Abbau schützen


Die Nasenmuscheln beinhalten venöse Gefäßgeflechte, welche Schwellkörper aufbauen und die Spalten für die Luftpassage polsterartig verengen oder ganz verlegen können (Schnupfen!). Die Intensität der Durchblutung dieser Schwellkörper ändert sich mit der Tageszeit (zirkadianer Rhythmus) und pendelt zwischen links und rechts ("nasaler Zyklus", unterliegt autonomer Kontrolle durch das ganglion pterygopalatinum). Je dicker die Schwellkörper, desto enger die verbliebenen Spalträume für den Luftstrom. Das steigert einerseits den Atemwiderstand (bei Nasenatmung), intensiviert andererseits die Reinigungsfunktion der Schleimhaut (Filterfunktion, "Einfangen" von Staubteilchen).

Oberhalb der oberen Nasenmuschel liegt die Riechschleimhaut, die von ersterer komplett verdeckt und anatomisch geschützt wird.

Die Nasenschleimhaut steht mit der Schleimhaut der Nebenhöhlen (sinus paranasales) - insbesondere Stirnhöhle (s. frontalis), Kieferhöhle (s. maxillaris), Keilbeinhöhle (s. sphenoidalis), Siebbeinzellen (cellulae ethmoidales) - in offener Verbindung. Die Nebenhöhlen produzieren mit ihren insgesamt wohl bis zu 2 m2 Schleimhaut stetig beträchtliche Mengen an Sekret, das einen wichtigen Immunschutz bietet und über das Flimmerepithel Richtung Nasenhöhle abtransportiert wird.

Die Nasenschleimhaut (Resorptionsfläche ~100 cm2 - Vergleich: Oberfläche der Alveolen ~100 m2) hat die Fähigkeit, zugeführte Stoffe zu resorbieren. So wirken z.B. Nasentropfen oder Schnupftabak nicht nur lokal, sondern auch systemisch.
 
   Dabei werden nicht nur lipo-, sondern auch hydrophile Moleküle absorbiert, sogar mit erheblichem Molekulargewicht - z.B. Oxytozin (~1 kD) oder auch Insulin (fast 6 kD!), das bei intranasaler Applikation je nach Galenik zu 2 bis 60% aufgenommen wird.
 

Abbildung: Lymphatischer Rachenring
Nach einer Vorlage bei newenglandent.com

Gaumen- und Rachenmandeln (tonsillae palatinae & pharyngeales) sind Organe des Immunsystems. Sind sie durch Abwehrsituationen herausgefordert, können sie sich vergrößern und werden dann als Adenoide bezeichnet


Lymphatischer Rachenring ( Abbildung): Im Bereich des Nasen- und Mundrachens liegen als immunologische "Abfangstationen" lymphoide Gewebe, die Gaumen- und Rachenmandeln (Tonsillen). Sind diese vergrößert (insbesondere bei Kindern), spricht man von Adenoiden (Rachenmandelhyperplasie).

Wie auch in den Bronchien, sind Luftströmung und Reinigung zwei Erfordernisse, die entgegengesetzte Konsequenzen für den Strömungswiderstand haben (weite Spalträume: gute Strömung, enge Spalträume: gute Reinigung). Schwellen die Nasenmuscheln an (Schnupfen, Nachtschlaf), wird die Luft besonders effizient gefiltert, die Nasenpassage ist aber erschwert und kann völlig sistieren. Öffnen sich die Spalträume, wird die Atmung erleichtert, es können aber auch mehr potentielle Krankheitserreger in tiefere Abschnitte des Atemapparates gelangen (wo sie dann wiederum gefiltert sowie allenfalls spezifisch und unspezifisch abgewehrt werden).

 
 

Abbildung: Reinigung der Atemwege (mukoziliäre Clearance)
Modifiziert nach Oberdörster G et al, Nanotoxicology: an emerging discipline evolving from studies of ultrafine particles. Environ Health Perspect 2005; 113: 823-39

Sensorische Afferenzen über die Nn. I, V, IX und X. Sensible Meldungen können Nies-, Hust- und Schluckreflex auslösen; Reinigung der Atemwege ("Abtransport") durch mukoziliäre Clearance, Niesen, Husten und Verschlucken; Reinigung des Gewebes über den Lymph- und Blutweg
 
    Über Husten und Niesen s. dort


Mukoziliäre Clearance
 
Eine besondere Bedeutung haben dabei nicht nur der sezernierte Schleim (in dem Partikel haften bleiben - defekte Schleimproduktion wie z.B. bei zystischer Fibrose erhöht die Gefahr bronchopulmonaler Infektionen), sondern auch Zilien (Flimmerhaare) auf der Schleimhaut des Bronchialbaums, welche den Schleim oralwärts befördern (ziliärer Transport z.B. bei Rauchern gestört):

      Flimmerepithel befindet sich auf der Oberfläche der Luftwege, auch im Mittelohr und allen Nebenhöhlen. Seine Flimmerhärchen (Zilien) sind ~6 µm lang und haben einen Durchmesser von ~0,25 µm (pro µm2 Luftwegoberfläche finden sich ~10 Flimmerhärchen).
    

   Zum Mechanismus des Zilienschlags in Flimmerepithelien s. dort

Mittels ihres Dynein-Mechanismus - Teil einer auch in anderen Zilien (Ependym des Gehirns, Geschlechtsorgane) vorhandenen 9+1-Mikrostruktur - sind sie zu koordinierter Bewegung ("Flimmerschlag") fähig. Diese verursacht einen oralwärts gerichteten Schleimstrom (mukoziliäre Clearance - ~1 cm/min), der die Teilchen zum Rachen befördert, von wo sie verschluckt werden.
 
Mukoziliärer Schleimtransport ~ 1 cm/min
 
Die Reinigung der Inspirationsluft wird durch Engstellung der Bronchien unterstützt, wie bei geringer Atemtätigkeit. Bronchokonstriktorisch wirken parasympathische (cholinerge) Impulse, die gleichzeitig auch die Schleimproduktion fördern. Auf diese Weise können eingeatmete Schwebeteilchen besser abgefangen werden; ist der Sauerstoffbedarf des Körpers gering (geringe Muskelaktivität), kann sich die Lunge den durch verengte Bronchien erhöhten Strömungswiderstand besser "leisten" als bei körperlicher Aktivität, wo die Bronchien zugunsten höherer Ventilation geweitet sind.

Husten und Niesen ( s. auch dort) unterstützt den Reinigungsmechanismus der Atemwege, insbesondere dann, wenn der mukoziliäre Reinigungsmechanismus nicht ausreicht oder beeinträchtigt ist (z.B. bei Rauchern). Beim Husten sind Druckwerte von bis zu 400 mmHg / 50 kPa (!) registriert worden. Solche Phasen hohen intrathorakalen Drucks treiben Blut in die Peripherie (die zentralen Venen haben keine Klappen), die diastolische Füllung der Ventrikel und die Pumpleistung des Herzens nehmen ab; intensiver Husten kann Schwindelgefühl oder Benommenheit verursachen.

Gelangen eingeatmete Partikel bis in die Alveolen, werden sie von Alveolarmakrophagen aufgenommen und in das Lymphsystem befördert. (Rauchen behindert auch diese Reinigungsfunktion der Atemwege.)


Da aus Lungensekret mit herkömmlichen Methoden keine Bakterienkolonien züchtbar sind, nahm man an, dass die Oberfläche der Luftwege steril sei. Im Rahmen des Mikrobiom-Projekts kamen dann neue Nachweisverfahren zum Einsatz und es wurden in der Lunge gesunder Menschen über 100 Bakterienarten entdeckt.

Die Luftwege sezernieren in regulierter Weise Schleim, indem sie Chlorid sezernieren. Dazu dient der Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR) , ein Chloridkanal in der apikalen (luftseitigen) Zellmembran der Epithelzellen der Bronchien. Dieser Chloridkanal bestimmt den Wasser- und Salztransport in exokrinen Drüsen wesentlich mit: Chlorid gelangt durch den CFTR aus der Zelle, Wasser folgt osmotisch nach. Auf diese Weise wird in den Atemwegen ein ausreichendes Flüssigkeitsvolumen des Bronchialsekrets sichergestellt.
 
Chloridkanäle (CFTR) in der apikalen Membran von Bronchialepithelzellen erleichtern den Chloridausstrom und ermöglichen ausreichende Sekretion von Kochsalz (NaCl) sowie Wasser (osmotisch)
 
Bei Mukoviszidose ist CFTR defekt, Na+ wird vermehrt aus dem Bronchiallumen resorbiert, das Bronchialsekret wird eingedickt
 
Dies treibt die Flüssigkeitsproduktion des Bronchialsekrets an

   
Mukoviszidose: Mutationen im CFTR-Gen beeinträchtigen diesen Mechanismus, der transmembranale Chloridtransport stockt, der Wassergehalt der Sekrete der Bronchien - aber auch der Bauchspeicheldrüse, Leber (Galle), Geschlechtsdrüsen und des Dünndarms - ist zu niedrig. Der Bronchialschleim wird zähflüssig, dadurch ist die Atmung und mukoziliäre Clearance behindert. Die Zähflüssigkeit der Sekrete bedingt multiple Funktionsstörungen (zystische Fibrose = Mukoviszidose).
 
Der Gesamtquerschnitt der Luftwege nimmt oralwärts ab; die Flüssigkeit, die in tieferen Abschnitten des Respirationssystems gebildet wurde, wird teilweise rückresorbiert, die Schichtdicke des Schleims bleibt dadurch etwa konstant.

An der Resorption beteiligt sich der epitheliale Natriumkanal (ENaC), der auch in der Nasen-Rachen-Schleimhaut exprimiert wird.

Das Sekret auf den Atemwegen eines gesunden Menschen besteht zu 97% aus Wasser und zu 3% aus gelösten Stoffen (Mucin zu 1/3, weiters andere Proteine, Lipide, Salze, Zellreste). Diese Zusammensetzung ähnelt der von Eiweiß im Hühnerei; sie stellt dem Flimmerschlag einen vergleichsweise geringen Widerstand entgegen.
 

Abbildung: Mukoziliäres Transportsystem
Nach einer Vorlage in Rodney Rhoades & Richard Pflanzer, Human Physiology, 2nd ed. Saunders 1992

Becherzellen bilden Mucine (s. oben), die sie an die Solschichte des Bronchialschleims abgeben und die bei Kontakt mit Wasser aufquellen und dadurch strukturbildend wirken.
 
Flimmerhärchen (Zilien) liegen in einer dünnflüssigen Schleimschicht ("Solphase"), über der eine viskösere Schicht ("Gelphase") Fremdpartikel und Mikroorganismen einfängt (teils durch Immunglobulin A unterstützt). Die Zilien schlagen mit einer Frequenz von 15-25 / s, der Transport der Partikel in Richtung Pharynx erfolgt mit einer Geschwindigkeit von 1-2 cm/min.
 
Vergiftung dieses Mechanismus z.B. durch Zigarettenrauch blockiert die mukoziliäre Clearance und damit die Reinigungsfunktion der Lunge


Becherzellen: Das Sekret stammt aus sekretorischen Epithelzellen der Atemwege (Becherzellen, goblet cells), die neben den Flimmerzellen stehen. Sie bilden Glykoproteine (Mucin), die große Mengen an Flüssigkeit binden und dem produzierten Schleim eine gelartige Konsistenz verleihen ("Gelphase" s. unten und Abbildung). Sie sezernieren auch Zytokine (Immunmodulation), sekretorische Antikörper (IgA), Defensine, Lysozyme, Laktoferrin (s. unten).

Manche Keime (Pseudomonas aeruginosa) greifen Becherzellen in der Bronchialschleimhaut an, vermindern so die Schleimproduktion und können dadurch die Schutzbarriere in den Luftwegen überwinden (insbesondere bei immungeschwächten Menschen).

Das mukoziliäre System zeigt einen zweischichtigen Schleimfilm, welcher dem Flimmerepithel aufliegt:

       Eine wasserreiche Schicht ("Solphase") - sie weist eine geringe Viskosität auf, was den Flimmerschlag der Zilien erleichtert. Sie bildet weiters ein Flüssigkeitsreservoir, das bei unterschiedlichem Wasserverlust über die Atmung Mikrozirkulation und Gewebehydrierung stabilisieren hilft. Der transepitheliale - osmotisch angetriebene - Transport von Wasser erfolgt hauptsächlich transzellulär unter Beteiligung verschiedener Aquaporine in apikaler und basolateraler Membran der epithelialen Wandzellen

       Eine zähere, mucinreiche Schicht ("Gelphase"), welche Partikel aus der Luftphase im Bronchus auffängt ("Impaktation") und die so den Transport von Partikeln Richtung Kehlkopf (pro Minute ~10 mm) unterstützt ( Abbildung).
 
Möglicherweise ist diese Schichtung von einer feineren Mikrostruktur als ursprünglich angenommen: Nach einer neuen Theorie (gel-on-brush model) befindet sich in der wasserreichen "Solphase" ein feines Netzwerk aus Mucin- und großen Glykoproteinfäden, welche nicht frei umherschwimmen, sondern an den Zilienspitzen befestigt sind. Dieser Aufbau könnte auch die Stabilität einer derart feinen Schichtung (mukös auf wässrig) erklären.
 

Abbildung: Bronchoalveoläre Region
Modifiziert nach Evans CM, Fingerlin TE, Schwarz MI, Lynch D, Kurche J, Warg L, Yang IV, Schwartz DA, Idiopathic Pulmonary Fibrosis: A Genetic Disease That Involves Mucociliary Dysfunction of the Peripheral Airways. Physiol Rev 2016; 96:1567-91

In den Luftwegen finden sich zilienbewehrte Epithelzellen, muköse Zellen bilden membranfixiertes Mucin. Der normale Flüssigkeitsgehalt dieses Schutz- und Transportapparats wird durch Osmo- und Elektrolytregulation der Schleimhaut aufrechterhalten


Sowohl die Sekretion von wässriger als auch muköser Flüssigkeit erfolgt ohne myoepitheliale Zellen - einfach durch Verlagerung aus dem zellulären in das luminale Kompartiment. Die Drüsenazini werden bei Sekretion nicht enger (wie z.B. in der laktierenden Brustdrüse), sondern durch den bei Schleimbildung auftretenden hydrostatischen Druck im Lumen sogar etwas weiter (während die sich entleerenden Zellen deutlich schlanker werden).
 
   Über die (~3.108) Alveolen können Pharmaka appliziert werden, was den Vorteil einer großen Resorptionsoberfläche (etwa 100 m2) und einer systemischen Wirkung unter Umgehung der Leber (kein First-pass-Effekt) bietet. Dadurch ist eine hohe Bioverfügbarkeit z.B. von Peptiden erzielbar. Will man diese systemische Wirkung erreichen, muss die Teilchengröße der dabei verwendeten Aerosole zwischen 1 und 6 µm betragen, um einerseits Wiederausatmung (<1 µm), andererseits Impaktation in den zuführenden Luftwegen (>6 µm) zu minimieren, d.h. die Tröpfchen in die Alveolen zu bringen.
Teilchen bis etwa 2,5 µm (Ruß, Bakterien,..) können vom Bronchialsystem durch Sedimentation und mukoziliäre Clearance abgefangen werden. Kleinere Partikel (Feinstaub: <2,5 µm) gelangen bis in die Alveolen. Hier springen verschiedene Mechanismen ein, welche die Eindringlinge in die Atemwege zurückbefördern (Husten), teils unspezifisch (Alveolarmakrophagen) oder spezifisch bekämpfen, teils in das Körperinnere weitertransportieren (Lymphe).

Typ-I-Alveolarzellen sind Bestandteil der Barriere zwischen Alveolarluft und Kapillarblut, Alveolarzellen vom Typ II (Abbildungen) bilden Surfactant. Alveolarmakrophagen (Staubzellen) stammen von Blutmonozyten ab und entfernen Fremdkörper aus der Alveole.

Man unterscheidet nichtspezifische und spezifische Mechanismen der immunologischen Kontrolle (Immunsystem s. dort).
    
 
Unspezifische Abwehrmechanismen
 
Diese umfassen Husten, Niesen, mukoziliäre Clearance, Sekrete, zelluläre Abwehr:


   Reinigung der Atemwege

  
  Husten, Räuspern, Niesen - dabei werden Partikel im Bereich des Larynx bis auf ~50 m/s beschleunigt, was Schleim und Partikel von der Oberfläche der Luftwege reißt und in den Pharynx bzw. nach außen befördert

Maximale Luftgeschwindigkeit beim Niesen
~50 m/s  (180 km/h)


  
  Mukoziliäre Clearance : Staub- und Rußteilchen, Tröpfchen usw. bleiben im Bronchialsekret (Mukus) haften und werden vom Flimmerepithel (Zilien) in den Rachenraum befördert (Geschwindigkeit: ~1 cm/min; Kinozilien in der Trachea schlagen ~20mal pro Sekunde), anschließend ausgehustet oder verschluckt. (Rauchen neutralisiert diese Reinigungsfunktion.)

  Sekrete

  
  Tracheobronchialsekret schützt und befeuchtet die Atemwege und stellt Immunsubstanzen bereit

     Alveolarsekret: Hier spielt das Surfactant eine besondere Rolle. Es wird von Typ-II-Alveolarzellen (Pneumozyten) produziert und nimmt eine komplexe Tertiärstruktur ein, welche den Verbleib in der (sich verkleinernden) Alveole erschwert und den Weitertransport in die Bronchien begünstigt (Surfactant-Pumpe). Damit gelangen auch "gefangene" Partikel aus dem Alveolarbereich in die Bronchien und werden mit der mukoziliären Clearance abtransportiert - sofern sie nicht von Makrophagen geschnappt wurden ( Abbildung).

Etwa 10% des Surfactant besteht aus Proteinen - etwa zur Hälfte Plasmaproteine und Apolipoproteine: Surfactant-assoziierte Proteine (SP-A, SP-B, SP-C und SP-D).

    SP-A und SP-D vermitteln angeborene Immunität, sie binden an Viren und Bakterien (carbohydrate recognition domains) und regen so über Opsonisierung Makrophagen zur Phagozytose an
 

    SP-B und SP-C sind hydrophob und beschleunigen die Einlagerung von Lipiden - dadurch beteiligen sie sich an der Aufrechterhaltung der biophysikalischen Eigenschaften der Alveolarauskleidung

     In den Sekreten bedinden sich u.a. Glutathion (aus 3 Aminosäuren bestehendes Antioxidans), Lysozyme, Komplementfaktoren, Defensine

Defensine sind Peptide des respiratorischen Epithels, bei entzündlichen Vorgängen werden sie auch von Neutrophilen produziert. Defensine greifen Mikroben an, vermutlich durch Perforierung der Bakterienwand. Sie scheinen nur bei niedriger Salzkonzentration zu wirken. Dies würde zur Erklärung beitragen, warum bei Patienten, die an zystischer Fibrose leiden, die Atemwege leichter geschädigt und infiziert werden.
 


Abbildung: Pulmonales Abwehrsystem
Modifiziert nach Holt PG, Strickland DH, Wikström ME & Jahnsen FL, Regulation of immunological homeostasis in the respiratory tract. Nature Rev Immunol 2008; 8: 142-52

Alveolarepithelzellen werden auch Pneumozyten genannt:
 
Typ-1-Zellen sind extrem flach und bedecken >90% der Alveolaroberfläche.
 
Typ-2-Zellen sind hochepithelial und stellen Surfactant her ( s. auch dort), wie auch Clara-Zellen im Bronchialsystem, die insbesondere an der unspezifischen Abwehr beteiligt sind
 
  Zu dendritischen Zellen s. dort
 
    Zu T-Zellen s. dort
 
  Zu Plasmazellen s. dort
 
    Zu Makrophagen s. dort
 
   Zelluläre Abwehr


      Proteinasehemmer (Antiproteasen) werden durch Sauerstoff- und Stickstoff- Radikale inaktiviert, was z.B. beim Rauchen geschieht und dessen schädliche Wirkung z.T. erklärt.

Durch Einwirkung von Sauerstoffradikalen entsteht u.a.
H2O2 (Wasserstoffperoxid), das führt zur Lipid-Peroxidation. Auch können AGE's - advanced glycation end products -, Glykationsprodukte aus Protein und Zucker. entstehen.

  
   Antioxidativ wirkende Moleküle sind z.B.
 
    Transferrin (Eisentransporter im Blut),
 
    Laktoferrin (außer in der Milch u.a. auch in Speichel, Tränenflüssigkeit, Nasen- und Bronchialsekret, Schweiß),
 
    Glutathion ,
 
    Superoxid-Dismutase (eine Sammelbezeichnung für Proteine, die Superoxid-Anionen zu Wasserstoffperoxid umwandeln).


  
   Nichtphagozytär: In den zuführenden und terminalen Luftwegen

  
   Phagozytär: Monozyten (Blut!), Alveolarmakrophagen ( Abbildung). Alveolarmakrophagen stammen von Monozyten ab, wandern über den Blutkreislauf in die Lunge ein und haften sich am Endothel der Lungenkapillaren an. Sie befördern an der Oberfläche der Luftwege phagozytierte Fremdkörper in die Lymphknoten, wo diese abgebaut oder gespeichert werden können, und bilden auch Zytokine.

Die Wände der Alveolarkapillaren enthalten
neutrophile Granulozyten - diese machen
~50% des gefäßwandständigen Pools an Leukozyten aus -, in Bindegewebe und Bronchialschleimhaut Mastzellen.
 
 
Spezifische Abwehrmechanismen


Abbildung: Lymphatischer Apparat in der Lunge
Nach Nagaishi C. Functional Anatomy and Histology of the Lung. Baltimore: University Park Press, 1972

Lympathisches Gewebe, Lymphgefäße und Lymphknoten in der Lunge beteiligen sich an der lokalen Immunregulation


BALT
= bronchus-assoziiertes lymphatisches Gewebe (T für tissue)

  Antikörpervermittelter Schutz:

      Sekretorisches Immunglobulin ist die am stärksten produzierte Immunglobulinklasse (80% der B-Zellen liegen unter Schleimhautoberflächen). Treten IgA-Moleküle zwischen Epithelzellen an die Oberfläche, werden sie mit einer sekretorischen Komponente versehen, liegen dann dimer vor (sIgA) und werden auch in das Bronchialsekret abgesondert.

IgA spielt eine Hauptrolle bei der Abwehr in den Atemwegen, vor allem im oberen Respirationstrakt, in Zusammenarbeit mit Tonsillen (lymphatischer Rachenring) sowie lymphatischem Gewebe in der Nachbarschaft der Bronchien und mediastinalen Lymphknoten ( Abbildung). Es gelangt über den Ig-Rezeptormechanismus durch die Schleimhaut an deren Oberfläche. Bei Allergien spielt weiters IgE eine Rolle (z.B. Heuschnupfen). Mastzellen sind im Bereich der Luftwege reichlich vorhanden, sodass reichlich Histamin freigesetzt werden kann und die Bronchien verengt (asthma bronchiale),

Dendritische Zellen des Respirationstrakts - zwischen mukösen Epithelzellen (teils ragen ihre Zellfortsätze in den Luftraum hinein) und in der lamina propria - sammeln Antigene und präsentieren diese in peribronchialen und mediastinalen Lymphknoten an naive T-Tellen. Diese entwickeln sich vor allem zu Th2-Zellen, die zurück in die Bronchialschleimhaut wandern (homing) und dort durch "ihre" Antigene reaktiviert werden können, was zur Entwicklung von allergischem Asthma führen kann.
 
      Immunglobuline aus dem Blutplasma (IgG). IgG-Moleküle sind komplementaktivierend, können direkte zytotoxische Wirkung entfalten (membrane attack complex MAC) und Plasmazellen aktivieren.
 
      Antigenpräsentation an Lymphozyten (Makrophagen, Monozyten, dendritische Zellen, Epithelzellen)

   
  Zelluläre Immunantworten
 
         zytokinvermittelt
 
         direkte zelluläre Zytotoxizität

   
  Nicht-lymphozytäre zelluläre Immunantworten:
 
         mastzellabhängig
 
         eosinophilenabhängig
 

 
      Nasen- und Rachenraum, Luftröhre und Bronchien fangen Aerosole, Staubpartikel und Mikroorganismen ab, indem sie einen mucinreichen Schleimfilm produzieren und die Luft durch enge Öffnungen leiten. Schwellkörper (Nasenmuscheln), Flimmerhärchen (Luftwege, Mittelohr, Nebenhöhlen) und Mucin intensivieren die Reinigungsfunktion. Schwellen die Nasenmuscheln an (Nachtschlaf), wird die Luft intensiv gefiltert, die Nasenpassage aber erschwert. Die Nebenhöhlen produzieren mit insgesamt ~2 m2 Schleimhaut große Sekretmengen, die zum Pharynx abfließen. Die Nasenschleimhaut (~100 cm2) resorbiert lipo- und hydrophile Moleküle bis zu mehreren kD Masse (je nach Galenik bis zu 60%). Gaumen- und Rachenmandeln sind Immunorgane (lymphatischer Rachenring)
 
      Der apikale Chloridkanal Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR: beeinträchtigt bei Mukoviszidose) fördert den Wasser- und Salztransport: Chlorid gelangt durch ihn aus der Bronchialepithelzelle, Wasser folgt osmotisch nach, ein ausreichendes Flüssigkeitsvolumen des Bronchialsekrets wird sichergestellt. Die Schleimproduktion wird cholinerg (parasympathisch) angeregt. Flimmerhärchen (Zilien) verursachen mit koordinierten Flimmerschlägen (Frequenz 15-25/s; Dynein-Mechanismus) einen oralwärts gerichteten Schleimstrom (mukoziliäre Clearance 1-2 cm/min), der die Teilchen zum Rachen befördert, wo sie verschluckt werden. Husten und Niesen unterstützt den Reinigungsmechanismus
 
      Sekretorische Epithelzellen der Atemwege bilden Glykoproteine (Mucin), Zytokine (Immunmodulation), sekretorische Antikörper (IgA), Defensine, Lysozyme, Laktoferrin. Der Schleimfilm auf dem Flimmerepithel ist zweischichtig: Eine wasserreiche "Solphase" erleichtert den Flimmerschlag, eine zähere, mucinreiche "Gelphase" fängt Partikel auf. Teilchen bis etwa 2,5 µm werden vom Bronchialsystem durch Sedimentation und mukoziliäre Clearance abgefangen, kleinere (Feinstaub: <2,5 µm) gelangen bis in die Alveolen, werden von Alveolarmakrophagen aufgenommen und in das Lymphsystem befördert, wo sie abgebaut oder gespeichert werden
 
      Unspezifische pulmonale Abwehrmechanismen umfassen Husten, Niesen, mukoziliäre Clearance, Sekrete, zelluläre Abwehr. Das Tracheobronchialsekret schützt und befeuchtet die Atemwege und stellt Immunsubstanzen bereit. Alveolarepithelzellen (Pneumozyten) sind vom Typ 1 (>90% der Alveolaroberfläche) und Typ 2 (hochepithelial, produzieren Surfactant). Das Alveolarsekret enthält Antioxidantien (Glutathion, Superoxiddismutase, Laktoferrin, Transferrin), Lysozyme, Komplementfaktoren, Defensine (greifen Mikroben an). Surfactant besteht zu 10% aus surfactant-assoziierten Proteinen (SP-A, SP-B, SP-C und SP-D). SP-A und SP-D vermitteln angeborene Immunität, sie binden an Viren und Bakterien und regen Makrophagen zur Phagozytose an. SP-B und SP-C sind hydrophob und beschleunigen die Einlagerung von Lipiden (Alveolarauskleidung)
 
      Spezifische Abwehrmechanismen schützen über sekretorisches Immunglobulin A, vor allem im oberen Respirationstrakt. Dendritische Zellen zwischen mukösen Epithelzellen und in der lamina propria sammeln Antigene und präsentieren diese in Lymphknoten an naive T-Tellen. Diese entwickeln sich vor allem zu Th2-Zellen, die zurück in die Bronchialschleimhaut wandern und dort durch "ihre" Antigene reaktiviert werden können. IgG-Moleküle sind komplementaktivierend, können direkte zytotoxische Wirkung entfalten und Plasmazellen aktivieren. Zelluläre Immunantworten können zytokinvermittelt, lymphozytär, mastzell- oder eosinophilenabhängig erfolgen
 

 




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