Aus
hydrostatischen
Gründen ist der Druck im Pleuraspalt in jeweils "
oben" gelegenen
Abschnitten (im Sitzen oder Stehen: im Bereich des Lungenapex, also
kranial; bei Rechtslage: in der linken Lunge, etc) stärker negativ (bezogen auf den Außendruck) als in jeweils
"
unten"
gelegenen Abschnitten (im Sitzen oder Stehen: im Bereich der
Lungenbasis, also kaudal; bei Rechtslage in der rechten Lunge, etc):
Typischerweise -8 cm H
2O (-0,8 kPa) vs. -3 cm H
2O (-0,3 kPa).
Zusätzlich zu hydrostatischen Gründen für Unterschiede in der Perfusion
der Lungenareale (Druck "unten" höher als "oben") kommen auch
anatomische (Gefäßaufzweigungen mit strömungsmechanischen Folgen) und
funktionelle Faktoren (z.B. Veränderung des Gefäßtonus mit dem
Sauerstoffpartialdruck). So bestehen auch im "schwerelosen" Zustand des
Raumflugs regionale V/Q-Unterschiede in der Lunge, obwohl kein
hydrostatischer Druckgradient vorhanden ist.
Die Belüftung wird hier mit V (Ventilation), die Durchblutung mit Q (Perfusion) abgekürzt.

>Abbildung: Perfusionsgradient in der Lunge in aufrechter Körperposition
Nach einer Vorlage in Herring / Paterson, Levick's Introduction to Cardiovascular Physiology, 6th ed. 2018
Das Herzniveau liegt bei "0". Hier beträgt der diastolische arterielle Druck (p
d) 13 cm H
2O (
~9 mmHg
). In
13 cm Höhe über dem Herzen beträgt der diastolische Druck 0
(=atmosphärischer Außendruck). Darüber (im Bereich der Lungenspitze)
ist der Außendruck während der Diastole größer als der Innendruck, die
Gefäße kollabieren, die Blutströmung ist unterbrochen
Die hydrostatischen Druckverhältnisse haben zur Folge, dass im Sitzen oder Stehen eine Zone
im apikalen Lungenbereich besteht, in welcher der diastolische Blutdruck nicht ausreicht, um die Gefäße geöffnet zu halten; daher ist die
Perfusion dieser Gebiete während der Diastole
unterbrochen (<Abbildungen>).
Ventilation findet hier während der ganzen Zeit statt: Man kann sagen, die Lunge - ohnehin durch elastische Kräfte bestrebt,
sich zusammenzuziehen - "hängt" an den apikalen Partien der Thoraxwand
und erzeugt hier einen stärkeren Sogeffekt als an den basalen
Abschnitten.

<
Abbildung: Zonen der pulmonalen Durchblutung
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
Die Xenonmethode erlaubt die Darstellung gravitationsbedingter Unterschieden in der Durchblutung der Lunge.
Vorgangsweise: Kochsalzlösung, die mit dem radioaktiven Gas 133Xe
äquilibriert wurde, wird der Person (die während dessen den Atem
anhält) i.v. injiziert. Der Bolus gelangt in die Lunge, und Xenon
diffundiert rasch in die Alveolen. Mehrere Sensoren über dem Thorax
messen die Intensität der ß-Strahlung (oben links); sie ist bei aufrechter Lagerung am geringsten an der Lungenspitze (Apex) und am höchsten im Bereich der Lungenbasis (Mitte: Kurve der ermittelten Perfusion; Ordinate: willkürliche Einheiten).
Bei
körperlicher Belastung steigt das Herzminutenvolumen, Unterschiede der
regionalen Durchblutung bei aufrechter Körperlage bleiben zwar
bestehen, werden aber geringer.
PPA = pulmonal-arterieller Blutdruck, PPV = pulmonal-venöser Blutdruck, PA
= Alveolardruck. Für die Zonen 1 (die unter normalen Umständen in der Lunge nicht vorkommt) bis 4 gelten die angegebenen
Druckbedingungen (Blutdruckwerte in rosa, Alveolardruck in blau
unterlegten Feldern).
Bedingungen der
Zone 1 (Alveolarkapillaren kollabiert, Strömung sistiert) herrschen nur
in Ausnahmefällen, wenn entweder der alveoläre Druck erhöht (positive pressure ventilation)
oder der pulmonale Blutdruck reduziert ist (Hypovolämie) - oder wenn
der Körper beschleunigt wird, z.B. bei einem Looping oder in einer
Humanzentrifuge (Astronautentraining)

Das hat zur Folge, dass die Alveolen im Bereich der Lungenspitze
stärker aufgedehnt sind als in der Lungenbasis; dementsprechend ist
ihre Dehnbarkeit (Compliance) geringer als die der basalen Alveolen,
und sie werden bei der Atmung geringer geweitet als letztere. Das
bedeutet wiederum: Die alveoläre Ventilation ist - bezogen auf die
einzelnen Lungenbläschen - "unten" besser als "oben".
Das gilt auch für andere Körperpositionen: z.B. ist in linker
Seitenlage die rechte Lunge "oben" - mit stärkerem pleuralem Unterdruck
und relativ geringer alveolärer Ventilation als in der linken Lunge,
die "unten" zu liegen kommt. Analoges gilt für die Durchblutung:
Pulmonale Blutgefäße - vom
P-Typ, also
in ihrer Dehnung dem hydrostatischen Druck folgend - sind "unten"
stärker geweitet und folglich besser durchblutet als "oben".
>Abbildung: Wie sich der Perfusionsdruck auf die Hämodynamik in der Lunge auswirkt
Nach einer Vorlage in Boron W, Boulpaep E: Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016
Oben:
Mit zunehmendem Durchblutungsdruck werden die Gefäße geweitet, der
Widerstand des pulmonalen Gefäßbaums nimmt ab (links) und die Perfusion
zu (rechts).
Unten: Unter Ruhebedingungen
ist das alveoläre Kapillargeflecht nur teilweise geöffnet, und einige
offene Kapillaren sind dennoch nicht durchblutet. Mit steigendem Druck
nimmt die Zahl der geöffneten und der durchbluteten Kapillaren zu, bis
schließlich alle perfundiert sind
Ventilations- Perfusions- Quotient (-Koeffizient; folgende <Abbildung): Blutprobenanalysen
aus verschiedenen Lungenabschnitten geben Auskunft über deren jeweiliges
Belüftungs- Durchblutungs- Verhältnis:
Basal liegende Lungengefäße sind bei aufrechter Körperlage
besser durchblutet, weil sie dem erhöhten (
hydrostatischen) Druck nachgeben (Gefäße vom
"Lungen"- oder
P-Typ)
und das Blut weite Gefäße bevorzugt (geringerer
Strömungswiderstand). Der arterielle und venöse Blutdruck ist hier
höher als der alveoläre, die Gefäße sind immer geöffnet. Dieses unten
liegende Lungenareal mit stets offenen Gefäßen wird als
Zone III bezeichnet.
Gleichzeitig sind die Alveolen in diesem Bereich
(bei aufrechter Körperlage) gering entfaltet (das Gewebe ist intensiv
mit Blut gefüllt) und gut dehnbar; sie werden daher auch relativ
gut belüftet (die Belüftung der Alveolen steigt mit ihrer
Compliance, d.h. wenn sie wenig gedehnt sind).
Die Perfusion ist basal hoch - die Ventilation auch, aber nicht in demselben Ausmaß. Der
Ventilations-Perfusions-Koeffizient ist niedrig (~0,6), das Blut wird wegen
der
O2-Bindungskurve des Hämoglobins dennoch gut arterialisiert.
Apikal liegende Lungengefäße sind bei aufrechter Körperlage aus
hydrostatischen Gründen nur während der systolischen Druckspitzen durchblutet - der (
transmurale) Druck ist gering, die Gefäße
eng (hoher
Strömungswiderstand) oder kollabiert. Dieses oben liegende Lungenareal mit kollabierten Gefäßen wird als
Zone I bezeichnet. Die Alveolen sind hier geweitet, daher weniger dehnbar, und weniger gut belüftet.
Doe folgende Tabelle zeigt typische Unterschiede, die sich bei einer
gesunden Person durch das Ventilations / Perfusions- Muster bei
aufrechter Position des Thorax ergeben (bei Rechtslagerung würden sich
die Werte in der rechten Lunge ähnlich wie in der Basis bei aufrechter
Haltung verhalten, umgekehrt bei Linkslagerung):
Regionale Unterschiede bei aufrechter Körperlage
Nach West JB: Ventilation / blood flow and gas exchange. Oxford, UK, Blackwell 1989
|
Ort
|
Anteil am Lungen-
volumen
|
Ventilations- Perfusions- Koeffizient
|
pO2 (mmHg)
|
pCO2 (mmHg) |
pH
|
Perfusion (l/min)
|
Apex
|
7%
|
3,3
|
132
|
28
|
7,55
|
0,07
|
Basis
|
13%
|
0,6
|
89
|
42
|
7,38
|
1,3
|
gesamt
|
100%
|
0,84
|
100
|
40
|
7,40
|
5,0
|
Man sieht, dass sich der hohe Betrag des Ventilations / Perfusions- Verhältnisses (ventilation-perfusion ratio) im jeweils oben, und der niedrige im jeweils unten
gelegenen Lungenabschnitt deutlich auf die Partialdruckwerte der
Atemgase und den pH-Wert des den betreffenden Abschnitt verlassenden
Blutes auswirkt.
Die Perfusion (Q) ist apikal niedrig - die Ventilation (V) auch, aber nicht in demselben Ausmaß. Der
V/Q-Koeffizient ist hoch (~3,0), das Blut wird extrem
gut arterialisiert (pO
2 > 100 mmHg). Eine Übergangsregion in der Mitte zwischen Zone I und III hat
phasenweise verengte Gefäße, da hier der alveoläre Druck über dem
venösen, aber unter dem arteriellen liegt - die Gefäße werden
intervallweise durchblutet (
Zone II).
Das Gewicht des Lungenparenchyms macht bei einem Wechsel zu aufrechter
Körperposition den intrapleuralen Druck in der apikalen Region
(Lungenspitzen) stärker negativ (Sogeffekt), im Bereich der Lungenbasis
weniger negativ (Druckeffekt). Die Alveolen sind im Sitzen bzw. Stehen
in ausgeatmeter Ruhestellung (FRC in den Lungen) in den Lungenspitzen
maximal, in der Basis nur geringgradig aufgedehnt. In diesem Zustand
ist die Compliance der basal gelegenen Alveolen größer als die der
apikalen, sie lassen sich leichter aufdehnen. Das hat auch zur Folge,
dass sich bei der Inspiration zuerst vorwiegend basale Alveolen mit Luft füllen.