Die Atmung folgt einem autonomen Rhythmus (Spontanatmung), andererseits wird sie durch zahlreiche periphere (Rückkopplung) und zentrale Impulse (Steuerung)
modifiziert. Nervenzellgruppen im Hirnstamm generieren durch wechselseitige Anregung und Hemmung spontane
Entladungssalven. Sie reagieren auf zentrale Steuerimpulse sowie Signale von peripheren Rezeptoren und werden als Atemzentrum zusammengefasst. Physische Belastung steigert die Ventilation bis etwa 20-fach, angeregt durch zentrale (vor allem aus motorischen Zentren, "Mitinnervation") und periphere Impulse (aus dem Bewegungssystem und der Lunge). Steigender pCO2 (auch sinkender pH oder pO2) - erfasst durch Chemorezeptoren in Hirnstamm und arteriellen Glomuskörperchen - ist ein weiterer wichtiger Atemantrieb, erhöhter CO2-Partialdruck (Hyperkapnie) kann die Ventilation bis ~10fach steigern. Die Empfindlichkeit der Atemantriebe kann durch Begleitfaktoren beeinflust werden, z.B. verändert der pO2 die CO2-Kennkurve (Reaktion der Atmung auf veränderte CO2-Werte). Aus der Lunge melden Dehnungs- und Irritationsrezeptoren, sie begrenzen die Atemtiefe (Hering-Breuer-Reflex) und beeinflussen Atemform und Bronchien (Weite, Sekretion). Die Bronchien sind parasympathisch (Bronchialmuskulatur) und sympathisch versorgt (Gefäße, Drüsen). Die Atmung ist in den Säure-Basen-Haushalt integriert: Sie ist das System, das die größte Menge an sauren Valenzen aus dem Körper entfernt (Kohlensäure). Nichtrespiratorische pH-Abweichungen werden durch vermehrtes oder verringertes Abatmen von CO2 korrigiert (respiratorische Kompensation). Eine Atemform, die in Relation zum Säure-Basen-Status zu viel CO2 abatmet, nennt man Hyperventilation (senkt den pCO2: Hypokapnie); atmet man zuwenig CO2 ab, spricht man von Hypoventilation (bewirkt Hyperkapnie). |
Adrenalin erniedrigt den Atemwegwiderstand über relaxierende Wirkung von ß2-Adrenozeptoren an der Bronchialmuskulatur |
Rezeptoren in Lunge und Luftwegen Nach Schwartzstein / Parker, Respiratory Physiology - A Clinical Approach (2006) |
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Lage |
Fasern myelinisiert? |
Rezeptortyp |
Reiz |
Effekt auf Atmung |
Obere Luftwege |
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Nase |
ja |
mechanisch |
Strömung |
Abnahme |
Rachen |
ja |
mechanisch |
Schlucken |
Stillstand |
Lunge |
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Langsam adaptierende Rezeptoren |
ja |
mechanisch |
Erweiterung der Lunge |
Erhöhte Exspirationszeit |
Deflation der Lunge |
Erhöhte Atemfrequenz |
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Rasch adaptierende Rezeptoren |
ja |
mechanisch und chemisch |
Deflation der Lunge | Erhöhte Atemfrequenz, Seufzen |
C-Fasern |
nein |
mechanisch |
erhöhter Kapillardruck |
erhöhte Atemfrequenz (?) |
chemisch |
Capsaicin Bradykinin Serotonin Prostaglandin |
Dehnung der Lunge aktiviert Afferenzen über den N. vagus Aktivität dieser Afferenzen verringert die Tiefe der Inspiration (Lungendehnungsreflex, Hering-Breuer-Reflex) - zumindest bei Neugeborenen Die am Lungendehnungsreflex beteiligten Nervenfasern verlaufen im N. vagus (X) |
Das Atemzentrum in der medulla oblongata des Hirnstamms steuert die Atmung |
Vom
Gehirn ausgehende Mitinnervation des Atemzentrums verstärkt die Atmung
zu Beginn einer Muskelaktivität noch vor Änderung der Blutgaswerte |
Die Herzfrequenz steigt bei Einatmung
(RR-Intervall verkürzt) und sinkt bei Ausatmung (respiratorische
Arrhythmie, durch schwankende parasympathische Aktivität vermittelt) Der Blutdruck schwankt analog, die Periodendauer liegt bei 3-5 Sekunden (Ruheatmung) |
Hyperpnoe bedeutet gesteigertes, Hypopnoe herabgesetztes Atemzeitvolumen (in Bezug auf die Ruheatmung) |
Schon geringgradige Zunahmen des arteriellen pCO2 steigern die Atmung deutlich (bis zu ~70 mmHg - bei noch höheren Werten nimmt die Atmung wieder ab) |
Mitinnervation des Atemzentrums kann schon vor Beginn einer körperlichen Belastung die Atmung anregen (Hyperpnoe) |
Die Atmung wird durch zentrale Impulse und Reflexe gesteuert. Etwa 20% der Vagusfasern sind respiratorische
Afferenzen von
respiratorischem Epithel, Muskel- und Sehnenspindeln, Fibroblasten,
Immunzellen. Erfasst werden Gaszusammensetzung, mechanische (langsam
adaptierende: SARs, rasch adaptierende Rezeptoren: RARs) und chemische
Information (Irritantien), Temperatur, Sinnesreize, sowie Viren,
Bakterien, Pollen, Staub. Zytokine, Wachstumsfaktoren, biogene Amine,
Prostaglandine, ATP, H+ aktivieren afferente Neuronen. Impulse laufen zum nucl. tractus solitarii und zur Nachbarschaft gereizter Zonen. Die zentrale
Verarbeitung der Signale aus dem Respirationssystem erfolgt über
Hirnstamm (nucl. tractus solitarii) → Thalamus → Insel, motorischen und
somatosensorischen Kortex, posterioren Parietalkortex, orbitofrontalen
Kortex. Beeinflusst werden Atmung, Bronchienweite, Sekretion, Durchblutung, zentrale Projektionen (Hustenreflex, Dynpnoe) Zentrale Chemorezeptoren in der medulla oblongata messen pCO2 und pH-Wert im liquor cerebrospinalis, periphere arteriellen pO2, pCO2 und pH. In den glomera (carotica, aortica) sind die Hauptzellen (Typ I) chemosensitiv (Typ II-Zellen Glia-ähnlich). Glomera haben die höchste spezifische Durchblutung aller Gewebe im Körper (~40mal höher als im Gehirn), im gesamten Organ herrschen arterielle Partialdruck- und pH-Werte. Glomuszellen enthalten Transmitterstoffe (Acetylcholin, Dopamin, ATP, Noradrenalin, Substanz P, Metenkephalin), die sie bei Stimulation freisetzen; diese kontrollieren die Aktionspotentialfrequenz der afferenten Fasern des Sinus- bzw. Aortennerven. Niedriger pO2 (Hypoxie), hoher pCO2 (Hyperkapnie) und niedriger pH-Wert (Azidose) schließen Kaliumkanäle, die Depolarisation öffnet spannungsgesteuerte Calciumkanäle, erhöhtes intrazelluläres [Ca++] setzt Dopamin frei, erhöhte Aktionspotentialfrequenz afferenter Fasern im N. glossopharyngeus (von Carotis) bzw. vagus (von Aorta) regen die Ventilation an Langsam adaptierende Dehnungsrezeptoren im Lungengewebe begrenzen über vagale Afferenzen die Inspiration (Hering-Breuer- Reflex). Rasch adaptierende Dehnungsrezeptoren im Bronchialbaum vermitteln Irritationsreize (z.B. plötzliche Weitung der Alveolen); diese Rezeptoren sind sehr empfindlich auf Mediatoren und Reizstoffe. In der Wand der Alveolen und Atemwege befinden sich juxtakapilläre ("J-") Rezeptoren, die auf Irritationen reagieren und Bronchokonstriktion, Schleimsekretion, flache und rasche Atmung auslösen. Rezeptoren in Muskeln, Sehnen, Gelenken stimulieren bei Belastung die Atmung (Vorwärtskopplung) Rhythmusgenerierende Neuronen in der medulla oblongata erzeugen spontane Impulsfolgen, inspiratorische (dorsal) und exspiratorische Neuronen (ventrolateral) hemmen einander wechselseitig. Ergebnis ist die rhythmische Aktivierung der Inspirationsmuskeln. Ein Teil der ventralen Neuronengruppe (Prä-Bötzinger-Komplex) ist vermutlich der eigentliche Schrittmacher der Atemrhythmik. Auf diese Neuronengruppen wirken zahlreiche rückgekoppelte (aus Atemmuskulatur, Atemwegen) und nicht-rückgekoppelte Impulse (aus Kortex, limbischem System, Hypothalamus). Vom Gehirn ausgehende Mitinnervation verstärkt die Atmung schon mit beginnender Muskelaktivität. Weitere Einflüsse sind Pressen, Niesen, Husten, Schlucken, Sprechen. Die wichtigsten Efferenzen aus dem Atemzentrum sind somatomotorische (Atmungssteuerung), bronchomotorische, kardiovaskuläre (z.B. respiratorische Sinusarrhythmie durch Oszillation parasympathischer Efferenzen zum Herzen) Eupnoe ist normale Ruheatmung, Tachypnoe erhöhte (>16/min), Bradypnoe erniedrigte (<12/min) Atemfrequenz, Apnoe Atemstillstand; Hyperpnoe bedeutet gesteigertes, Hypopnoe herabgesetztes Atemzeitvolumen. Hyperventilation → Hypokapnie → respiratorische Alkalose, Hypoventilation → Hyperkapnie → respiratorische Azidose. Hypokapnie kann zu vorübergehendem Atemstillstand, Hyperkapnie auf ~70 mmHg zu ~10facher Ventilationssteigerung führen. Die respiratorische Antwort auf Azidose oder Hypoxie ist vergleichsweise geringer. Die Empfindlichkeit des Atemzentrums auf Hypoxie hängt vom arteriellen pCO2 (steigt bei Hyperkapnie), die auf Hyperkapnie vom arteriellen pO2 ab (steigt bei Hypoxie). Muskelaktivität hat unter allen Atemantrieben die stärkste Wirkung (Ventilationssteigerung bis ~20fach) und erfolgt in drei Phasen: Eine neurologische (Mitinnervation), metabolische (Muskelbelastung) und kompensatorische (Azidose) Die Atemwege sind vegetativ innerviert: Die Bronchien vorwiegend parasympathisch (Bronchokonstiktion, Schleimbildung); sympathische Fasern innervieren Gefäße und Drüsen. Adrenalin erniedrigt den Atemwegwiderstand über relaxierende Wirkung von ß2-Adrenozeptoren an der Bronchialmuskulatur. Auch Mastzellen haben ß-Rezeptoren, Katecholamine hemmen deren Mediatorfreisetzung und steigern die mukoziliäre Clearance. NANC-Nerven setzen VIP und NO frei und wirken bronchodilatierend |