Bainbridge-Reflex: Francis A. Bainbridge
Blut strömt aus der Kreislaufperipherie zum rechten Herzvorhof - angetrieben durch ein Druckgefälle: Je
höher der periphere ("systemische") Druck und je geringer
der Vorhofdruck, desto leichter bewegt sich das Blut herzwärts. Die Strömung
nimmt mit dem Druckunterschied zu, die Kurve des venösen Rückstroms (venous return) quantifiziert diese Beziehung. Dazu kommt: Während der Systole "saugt" das Herz Blut aus dem
Venensystem an. Entsprechend dem Frank-Starling-Mechanismus fällt die Systole umso stärker aus, je mehr Blut in der Diastole in die Kammer eingelagert wurde. Die Darstellung als Druck-Strömungs-Diagramm heisst Starling-Kurve. Beide Kurven (venöser Rückstrom und Starling) überschneiden sich im aktuellen Zustandspunkt des kardiovaskulären Systems (Gefäßsystem und Herz sind hydromechanisch zusammengeschaltet) - sozusagen als Kompromiss zwischen der Mechanik des Kreislaufs und derjeniger des Herzens. Der Druck im Vorhof ist kardiologisch aufschlussreich: Im rechten Vorhof wird er als zentraler Venendruck (CVP: central venous pressure), im linken Vorhof als pulmonalkapillärer Druck (PCWP: pulmonary capillary wedged pressure) bezeichnet. Diese Druckwerte können mittels Herzkathetern ermittelt werden. Änderungen von Ventrikelkraft, Blutvolumen, Gefäßdehnbarkeit oder peripherem Strömungswiderstand äußern sich in charakteristischen Verlagerungen der entsprechenden Druck-Volumen-Beträge. So wird bei körperlicher Belastung das Herzminutenvolumen (Strömung) stark erhöht, der Vorhofdruck kann dabei unverändert bleiben, wenn sich die Zustandskurven - venöser Rückstrom und Starling - entsprechend verschieben (höhere Inotropie des Herzens, erleichterter venöser Rückstrom aus der Peripherie). Unter physiologischen Bedingungen sind die Aktionen von Herz und Kreislauf gut aufeinander abgestimmt. Das ermöglichen Feedback-Mechanismen: Die Herzwände sind mit Rezeptoren ausgestattet, die Reflexe auslösen und als Volumen- oder Frequenzwächter auftreten können. Auch ist das Herz ein hormonbildendes Organ: Natriuretische Peptide werden bei starker Dehnung in den Kreislauf freigesetzt und erhöhen u.a. die renale Salz- und Wasserausscheidung. Auf diese Weise wird das Blutvolumen gesenkt und das Herz entlastet (was auch durch Diuretika bezweckt wird, wenn der Blutdruck zu hoch oder das Herz überfordert ist). |
HZV ~ pms - pra |
rechter Ventrikel |
linker Ventrikel |
||
Maß für die Vorlast (preload) |
Maß für die Nachlast (afterload) |
Maß für die Vorlast (preload) | Maß für die Nachlast (afterload) |
Zentralvenen- druck |
Pulmonalarterien- druck |
PCWP |
Arterieller Blutdruck |
Gefäßsystem (venöser Rückstrom, arterielle Impedanz) und Herz sind funktionell aufeinander abgestimmt: Erhöhung des Blutvolumens (vermehrte Vorlast) steigert (Frank-Starling),
Vasokonstriktion (erhöhter peripherer Widerstand) senkt das
Herzzeitvolumen. An der Schnittstelle Herz / Gefäßsystem überschneiden
sich die Arbeitskurven von Herz und Kreislauf im aktuellen
“Arbeitspunkt”. Steigt der periphere (systemische) Druck, fließt mehr,
steigt der Zentralvenendruck, fließt weniger Blut zum Herzen Kardiopulmonale Rezeptoren in Vorhöfen, Ventrikeln und herznahen Gefäßen übertragen Information über den Vagusnerv an Kreislaufzentrum und Hypothalamus. Ihre Reizung (z.B. durch Drucksteigerung) senkt Herzfrequenz und peripheren Widerstand (nucl. tractus solitarii) und inhibiert die Sekretion drucksteigernder Hormone (Hypothalamus: Vasopressin). Sinkender Druck aktiviert umgekehrt Mechanismen, welche die Vorlast des Herzens steigern Ventrikuläre Chemorezeptoren (Adenosin, Bradykinin, Prostaglandine, Histamin, Serotonin, Thromboxan, Laktat, K+, Sauerstoffradikale) bilden den Großteil nichtmyelinisierter C- und Aδ-Afferenzen, melden Schmerz an das Gehirn und erhöhen sympathische Efferenzen (Bradykardie, Blutdruckanstieg). Myelinisierte veno-atriale Mechanorezeptoren messen das zentrale Blutvolumen: Vorhof (A-) rezeptoren feuern während der Vorhofkontraktion (Herzfrequenzfühler) und lösen bei starker Dehnung den Bainbridge-Reflex (Tachykardie entlastet die Vorhöfe) aus; Hohlvenen (B-) rezeptoren melden den zentralen Venendruck (frühdiastolischer Druckanstieg), senken Sympathikustonus (ähnlich wie Barorezeptorreflex) und renalen Gefäßwiderstand, und bremsen den Renin- Angiotensin- Aldosteron- Mechanismus (Volumenentlastung). Nichtmyelinisierte Mechanorezeptoren im gesamten Herzen (plus Pulmonalarterie) bewirken bei enddiastolischen Drucksteigerungen (tiefe Einatmung) Bradykardie und Vasodilatation. Barorezeptoren in den Koronararterien wirken stärker reflexogen als ventrikuläre Mechanorezeptoren. Der Bezold-Jarisch-Reflex ist ein vagaler Schutzreflex, ausgelöst durch Minderdurchblutung, Sauerstoffmangel, Serotonin: er führt zu Bradykardie und Blutdrucksenkung Ein Maß für die Vorlast des rechten Herzens ist der zentrale Venendruck (mittlerer Blutdruck im Bereich des rechten Vorhofs), für die Nachlast der pulmonalarterielle Druck. Für das linke Herz wird die Vorlast durch den pulmonalkapillären (PCWP), die Nachlast durch den arteriellen Druck abschätzbar. Steigerung der Herzleistung senkt den Vorhofdruck |