Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Physiologie des Herzens

Einflüsse auf die Herztätigkeit
© H. Hinghofer-Szalkay

bathmotrop: βαϑμός = Schwelle (der Erregbarkeit), τρόπος = Richtung, Wendung
Bowditch-Treppe: Henry P. Bowditch
chronotrop: χρόνος = Zeit (zwischen zwei Herzschlägen), τρόπος = Richtung, Wendung
dromoptrop: δρόμος = Lauf (der Erregung),
τρόπος = Richtung, Wendung
inotrop: ἰνός  = Muskel, Muskelkraft, τρόπος = Richtung, Wendung
Lusitropie: ludere = spielen, ohne Anstrengung ausführen


Mechanische und elektrophysiologische Kriterien (Herzqualitäten) erlauben eine Einschätzung der Herztätigkeit: Inotropie bezieht sich auf die Kontraktionskraft (Systole), Lusitropie auf die Entspannung (Diastole), Chronotropie auf die Pulsfrequenz, Dromotropie auf die Erregungsleitung, Bathmotropie auf die Erregbarkeit.

Man sagt, der Sympathikus beeinflusst diese Qualitäten "positiv" (kräftigend, anregend..), der Parasympathikus "negativ" (dämpfend, verlangsamend..). Das erfolgt über kardioexzitatorische / kardioinhibitorische Zentren im Hirnstamm, welche die Herzaktion in die Gesamtsituation des Organismus einfügen. Außerdem wirken Hormone auf das Herz ein, z.B. Adrenalin.

Der Baroreflex erhöht die Herzfrequenz bei sinkendem Blutdruck und stabilisiert bei höherer Volumenbelastung das Schlagvolumen; der Bainbridge-Reflex reagiert auf vermehrte Vorhofdehnung mit Frequenzsteigerung.

Auf der Ebene des Herzens selbst beeinflussen Vorlast (preload, diastolische Füllung) und Nachlast (afterload, arterieller Widerstand bzw. Blutdruck) die mechanische Aktivität des Herzens. Der myokardiale Starling-Mechanismus passt die Schlagkraft an das Blutangebot an.



Zentren und Mechanismen Sympathikus Parasympathikus Herzqualitäten und Schrittmacherpotential Reziproke Interaktion und Selbsthemmung Interaktion Barorezeptorreflex, Starling-Mechanismus, Bainbridge-Reflex


Core messages
   
Primäre Aufgabe des Herzens ist die Förderung eines bestimmten Blutvolumens pro Zeit (cardiac output, Herzminutenvolumen). Dessen Größe hängt von den Umständen ab: So nimmt es durch Wechsel von liegender zu aufrechter Körperposition um ~30% ab (hydrostatischer Effekt) und steigt nach dem Essen um ~25% (erhöhte Durchblutung des Splanchnikusgebietes), am Ende der Schwangerschaft um ~50% (erhöhtes Blutvolumen, Bedarf durch den Feten und zusätzliches Gewebe), oder durch körperliche Belastung bis 4-5-fach an (Autoregulation der Muskeldurchblutung). Die Anpassung der kardialen Förderleistung erfolgt vor allem durch das autonome Nervensystem.

Das Herz ist ein Zielorgan des autonomen Nervensystems
 
 
s. auch dort

Die Förderleistung des Herzens ist auf die Kreislaufsituation abgestimmt. Diese Harmonisierung erfolgt zum Teil durch das Herz selbst (autonom), zum Teil über das Vegetativum und hormonelle Steuerung.

Eine
unmittelbare Anpassung der Herzleistung an die aktuelle Kreislaufsituation erfolgt über die Volumenbelastung (preload): Auf eine Zunahme der diastolischen Füllung (Vorlast) reagiert der Herzmuskel mit erhöhter Schlagkraft. Dieser Mechanismus ist autonom, er funktioniert auch ohne nervöse oder humorale Beeinflussung. Durch ihn steigt entweder das Schlagvolumen (bei gleichbleibender Nachlast), oder es wird gegen einen höheren Druck im Arteriensystem (Nachlast) ausgeworfen.
 
Die Vorlast wurde früher als 'vis a tergo', also die Kraft von hinten - d.h. aus dem Niederdrucksystem (Venenraum) - bezeichnet. Die Nachlast nannte man 'vis a fronte', also die Kraft von vorne, d.h. aus dem Hochdrucksystem (Aorten- bzw. arteriellen Raum).
 
      Das autonome Nervensystem steuert Kreislaufreflexe zur Anpassung der Herzleistung bei: Ändert sich der arterielle Druck, wird er durch den Barorezeptorreflex (kurzzeitig) stabilisiert: Blutdruckerhöhung steigert den parasympathischen (Vagus → Herz) und senkt den sympathischen Einfluss, Herzzeitvolumen und Gefäßtonus nehmen ab (Vasodilatation), der Blutdruck sinkt. Bei Blutdruckabfall funktioniert der Reflex umgekehrt (negative Rückkopplung zur Stabilisierung der Regelgröße Blutdruck).

   
  Weiters wirken Hormone auf das Herz ein: So bewirkt Adrenalin eine Umverteilung des Herzzeitvolumens zur Muskulatur, auf Kosten von Eingeweiden und Haut. Das Herz wird angeregt, Herzfrequenz und Herzzeitvolumen nehmen zu. Natriuretische Peptide bewirken eine Reduktion des effektiven Blutvolumens und damit eine Entlastung der Druckprofile im Kreislauf; das Herz reguliert auf diese Weise auf endokrinem Weg seine Vorlast, was vor allem bei Überdehnung der Herzräume erfolgt.
 
     
Abbildung: Autonom-nervöse Beeinflussung der Herztätigkeit
Nach einer Vorlage in Martini FH. Fundamentals of Anatomy and Physiology. 8th ed. 2006

Das lateral gelegene kardioakzeleratorische (→ Sympathikus) und mediale kardioinhibitorische Areal (→ Vagus) sind Teile des Kreislaufzentrums in der medulla oblongata.
 
Die beiden Teile des autonomen Nervensystems innervieren das Herz mittels Fasern, welche in Herznähe (Aortenbogen) den plexus cardiacus bilden. Sympathische postganglionäre Neurone liegen in unteren zervikalen und oberen thorakalen Ganglien - also nahe dem Rückenmark -, parasympathische hingegen organnahe, d.h. im plexus cardiacus. Beide Systeme innervieren den Sinus- und AV-Knoten sowie die Vorhöfe, die Ventrikel sind fast ausschließlich sympathisch versorgt


Die Kontrolle sympathischer und parasympathischer Aktivität unterliegt Rückkopplungseffekten aus der Peripherie. Das Kreislaufzentrum liegt im Hirnstamm: Der nucl. tractus solitarii erhält Afferenzen aus der Peripherie (Gefäße, Herz, Skelettmuskeln) und der area postrema (chemorezeptorisches zirkumventrikuläres Organ hinter dem nucl. tractus solitarii).

Zum Kreislaufzentrum s. dort
 
Reizung von Barorezeptoren regt den dorsalen Vaguskern sowie den nucleus ambiguus an (Blutdrucksenkung, Herzbremsung) und hemmt das vasokonstriktorische Zentrum (Vasodilatation); Muskeltätigkeit regt umgekehrt den Sympathikus an.

Die autonom-nervöse Kontrolle des Herzens zeigt eine Besonderheit: Typischerweise übt im Organismus der Synpathikus (nicht der Parasympathikus) tonische Aktivität aus (Blutgefäße). Beim Herzen ist es umgekehrt: Der Parasympathikus ist es, der im Ruhezustand 
(über muskarinische M2-Rezeptoren) tonisch auf das Reizleitungssystem wirkt und die Entladungsfrequenz des Sinusknotens (der auf sich alleine gestellt - Spontanfrequenz - 100-120 Entladungen pro Minute produziert) auf 60-70 pro Minute drückt ("Normokardie").

Bei körperlicher Belastung nimmt der parasympathische Einfluss ab, allein das erhöht schon die Schlagfrequenz des Herzens. Zusätzlich steigt der Sympathikustonus, auch schüttet das Nebennierenmark Adrenalin aus, und über ß1-Rezeptoren wird das Herz gestärkt (positive Inotropie) und seine Schlagfrequenz erhöht (Tachykardie).
 
Herz und Sympathikus
 
s. auch dort
 
Der Sympathikus verstärkt und verkürzt die Systole - z.B. bei Stress, Aufrichten des Körpers (Orthostase), körperlicher Belastung oder Blutverlust. Mehrere Komponenten sind im Spiel:
 
     Erhöhte Schlagkraft (positive Inotropie) lässt den ventrikulären Druck stärker und rascher (dp/dtmax) ansteigen
 
     Das Schlagvolumen nimmt (ceteris paribus) zu, die Auswurffraktion (ejection fraction) kann bis um ~65% ansteigen, folglich nimmt das diastolische Volumen ab. Die Zunahme der Kontraktilität reduziert das Ventrikelvolumen (diastolisch und systolisch)

    Die Pulsfrequenz steigt (positive Chronotropie), die Dauer der diastolischen Füllungszeit nimmt ab
 
     Die Refraktärzeit nimmt ab (vermehrte Neigung zu ektopischen Herzschlägen)
 
     Der Quotient zwischen Sauerstoffbedarf und Herzarbeit wird geringer.

Erhöhter Sympathikuseinfluss stärkt also das Herz, hat aber auch problematische Wirkungen, wie die letzten beiden Punkte zeigen.
 
Präganglionäre sympathische Fasern verlassen das Rückenmark in T1-T4 und schalten in paravertebralen Ganglien um (
Abbildung oben). Die wesentlich längeren postsynaptischen Fasern erreichen das Herz über große Gefäße. Sie innervieren alle Teile des Herzens. Schrittmachergewebe wird vor allem von rechtsseitigen, die Ventrikel vor allem durch linksseitige Fasern versorgt. Die für den Herzmuskel charakteristischen ß1-Rezeptoren kommen an Kardiomyozyten des Menschen 4-mal häufiger von als ß2-Rezeptoren.
 

Abbildung: Effekt sympathischer Reizung auf eine ventrikuläre Herzmuskelzelle
Nach einer Vorlage in Herring / Paterson, Levick's Introduction to Cardiovascular Physiology, 6th ed. 2018

Blaue dünne Kurven: Kontrollsituation, rote Kurven: während Stimulation efferenter (kardiotroper) sympathischer Fasern. Die Stimulation hat die Herzfrequenz verdoppelt.
 
Oben: Der grüne Pfeil nach oben deutet auf die "Aufwölbung" des Aktionspotentials infolge verstärkten Calciumeinstroms in der Plateauphase, der grüne Pfeil nach links auf die Verkürzung des Aktionspotentials (kürzere Plateauphase) infolge verstärkten repolarisierenden Kaliumausstroms.
 
Mitte: Die Freisetzung von Calciumionen in das Sarkoplasma erfolgt während sympathischer Stimulation intensiver (verstärkte Kontraktion, positiv inotroper Effekt), aber für kürzere Zeit (raschere Entfernung / Entspannung, positiv lusitroper Effekt).
 
Unten: Die Kontraktion ist unter intensiver Sympathikuswirkung stärker und kürzer, die diastolische Füllung wegen der kurzen Diastolenzeit unter Umständen kompromittiert (Stern)


Die  Abbildung zeigt positiv chronotrope, inotrope und lusitrope Effekte sympathischer Reizung sowie die Verkürzung des Aktionspotentials der Kardiomyozyten. Die starke Verkürzung der Diastolendauer kann bei hoher Herzfrequenz die diastolischen Füllung der Ventrikel reduzieren: Überschreitet die Herzfrequenz einen Betrag von ~160/min, kann die Auswurffraktion abnehmen, und ein nunmehr sinkendes Herzminutenvolumen kann zu Hypotonie, zerebrale Unterdurchblutung und Kreislaufkollaps führen.

Die Aktivität sympathischer Fasern zum Herzen steigt in Situationen wie Orthostase, Stress, Muskelarbeit, Blutverlust.
Die sympathischen Transmitter (Noradrenalin, Adrenalin) wirken über ß1-Adrenozeptoren. Deren Gs-Protein aktiviert Adenylylcyclase, es entsteht cAMP (das die Na+-Leitfähigkeit von HCN-Kanälen erhöht und den Schrittmacherstrom I durch die Zellmembran verstärkt) und spannungsgesteuerte Ca++-Kanäle aktiviert (Calcium strömt in die Herzmuskelzelle ein). Proteinkinase A (PKA) wird aktiviert, das regulierende Protein Phospholamban phosphoryliert. Das hebt die Hemmung der muskulär-intrazellulären Calciumpumpe SERCA-2a auf (schnellere Erschlaffung - positive Lusitropie). Zusätzlich führt die stärkere SERCA-Funktion zu einer erhöhten Calciumfreisetzung bei der nächsten Systole (positiv inotroper Fffekt).
 

Abbildung: Wie Noradrenalin die Herzfrequenz steigert
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Von links: Noradrenalin bindet an ß1-Rezeptoren, das aktiviert Gs-Protein (eine Variante des Gα-Proteins; "s" steht für stimulierend), welches darauf hin Adenylatcyclase (AC) aktiviert. cAMP aktiviert wiederum Proteinkinase A: Diese besteht aus zwei regulatorischen (R) und zwei katalytischen Einheiten (C). Jede regulatorische Einheit hat zwei Bindungsstellen für cAMP und ist mit A-Kinase-Verankerungsprotein (AKAP) assoziiert - so bleibt der Komplex an der Innenseite der Zellmembran.
 
Sind alle vier Bindungsstellen mit cAMP besetzt, lösen sich die katalytischen Einheiten von diesem Komplex, diffundieren durch das Zytoplasma und werden aktiv (C*). Sie phosphorylieren ihre Substrate, wie spannungssensitive Calciumkanäle. Das erhöht deren Offen-Wahrscheinlichkeit und verstärkt den Calciumeinstrom in die Zelle


Die Effekte erhöhten Sympathikuseinflusses auf das Herz erfolgen hauptsächlich durch Aktivierung von ß1-Rezeptoren und damit über Erhöhung des [cAMP] in Kardiomyozyten - Proteinkinase A phosphoryliert Calciumkanäle, und diese lassen mehr Ca++ in die Muskelzelle einströmen ( Abbildung). Das wirkt sich auf die oben genannten Eigenschaften aus, auch beschleunigt es die Zurückbeförderung von Ca++ in das sarkoplasmatische Retikulum über SERCA.
 
Noradrenalin / Adrenalin binden an ß1-Rezeptoren. Das aktiviert Adenylylcyclase (cAMP erhöhter Schrittmacherstrom) und SERCA-2a (raschere Ca++-Rückführung in das sarkoplasmatische Retikulum → raschere Erschlaffung, indirekt positiv inotrope Wirkung), L-Typ- Ca++-Kanäle werden (über PKA) geöffnet (Einstrom von Calciumionen aus dem Extrazellulärraum)
 
Der Effekt an den Herzmuskelzellen ist eine Steigerung der zytosolischen [Ca++] und damit eine Erhöhung des Prozentsatzes systolisch aktivierter Myosin-Querbrücken (erhöhte Kontraktilität und Auswurffraktion, verringertes Restvolumen). Gleichzeitig steigt die Aktivität der SERCA-Pumpe durch Inaktivierung von Phospholamban, sodass sich der Muskel rascher entspannt (verkürzte Systolendauer). Auch der enddiastolische Druck nimmt ab.

 

Abbildung: Wirkung sympathischer Stimulation auf das Schrittmacherpotential
Nach Hutter OF, Trautwein W: Vagal and sympathetic effects on the pacemaker fibers in the sinus venosus of the heart. J Gen Physiol 1956; 39: 715-33

Tachykardie setzt nur verzögert (einige Sekunden) nach Einsetzen der erhöhten Sympathikusaktivität ein (Zeitmarke: 1 Sekunde). Auch die Rückkehr zur Ausgangsfrequenz nach Absetzen der Stimulation dauert mehrere Sekunden (rechts).
 
Die orange gefärbten Linien deuten die Zunahme der Anstiegssteilheit des Schrittmacherpotentials an - diese verkürzt die Zeit bis zum Erreichen des Schwellenpotentials und steigert die Herzfrequenz.
 
Die obere strichlierte Linie macht auf die Zunahme der Amplitude der Aktionspotentiale hin, erklärbar durch noradrenalinbedingte Steigerung des Calciumeinstroms


Im Gegensatz zu einer Schlagvolumensteigerung durch den Frank-Starling-Mechanismus - der vermehrte diastolische Füllung voraussetzt - nimmt der Ventrikeldurchmesser bei sympathischer Stimulierung ab (nicht zu), und zwar sowohl systolisch als auch diastolisch.

Die Steigerung des Schlagvolumens - insbesondere bei körperlicher Belastung - hängt von mehreren Faktoren ab (
Grad der Belastung, Alter der Person, Qualität der koronaren Durchblutung). Auch die Körperlage spielt eine Rolle: Während sich das Schlagvolumen bei aufrechter Körperposition deutlich steigern lässt, ist das im Liegen kaum möglich, weil dann die ohnehin schon starke diastolische Füllung nicht wesentlich erhöht werden kann.

Außer der Kontraktilität (positive Inotropie) steigen unter Sympathikuseinfluss Herzfrequenz (positive Chronotropie) und Überleitungsgeschwindigkeit (positive Dromotropie). Die Erregbarkeit nimmt zu (positive Bathmotropie), der Ventrikel erschlafft rascher und vollständiger (positive Lusitropie).

   Die Herztätigkeit kann über ß1-adrenerge Einflüsse angeregt werden, z.B. durch Isoprenalin, Dopamin oder Dobutamin (Beta-Agonisten). Ähnliche Effekte können auch unter Umgehung der Rezeptoren erzielt werden, z.B. durch Breitband- (wie Theophyllin oder Koffein) oder spezifische Phosphodiesterasehemmer (wie der PDE3-Hemmer Milrinon) - diese steigern [cAMP], das aktiviert Proteinkinasen und Ca++-Kanäle - dadurch steigt der Ca++-Einstrom in der Plateauphase und die Ca++-Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum (positiv inotroper Effekt).
 
Angiotensin II erhöht über AT1-Rezeptoren sowohl an zentralen Neuronen als auch an sympathischen Ganglien die sympathische Aktivität, sowie die Freisetzung von Noradrenalin in der Peripherie an den Varikositäten (Neuromodulation). Der Angiotensinspiegel steigt bei körperlicher Belastung; der positiv inotrope Angiotensineffekt auf das Herz geht zu einem beträchtlichen auf die neuromodulatorische Wirkung (Sympathikus) zurück, Angiotensin wirkt aber auch direkt verstärkend auf den Ca++-Einstrom in die Herzmuskelzelle.

Herz und Parasympathikus
 
 
s. auch dort

Der parasympathische dorsale Vaguskern und nucleus ambiguus senden mit dem Vagusnerven lange präganglionäre Fasern bis zum Herzen und wirken hier vor allem bremsend auf das Reizleitungssystem (rechter Vagus vorwiegend auf Sinusknoten, linker auf AV-Knoten, Abbildung oben). Diese Wirkungen erfolgen via M2-Rezeptoren, d.h. sie hemmen die Adenylatzyklase, öffnen über βγ-Untereinheiten von Gi-Protein KG (KACh) -Kaliumkanäle und hyperpolarisieren so die Herzmuskelzellen ( Abbildung). Das Membranpotential rückt näher an den Betrag des Kalium-Gleichgewichtspotentials von -94 mV, d.h. die Zelle wird hyperpolarisiert, die Spontanentlagungsfrequenz des Sinusknotens (oder einer anderen Schrittmacherregion) nimmt ab.
 

Abbildung: Wie Acetylcholin die Herzfrequenz senkt
Nach einer Vorlage in Liqun Luo, Principles of Neurobiology, 2nd ed. CRC Press 2021
Bindet Acetylcholin an einen metabotropen Acetylcholinrezeptor, dissoziiert der Gβγ- vom Gi-Anteil ("i" steht für inhibierend), lagert sich an Kaliumkanäle (GIRK) und steigert deren Öffnungswahrscheinlichkeit. Der resultierende Kaliumausstrom erhöht den Betrag des Membranpotentials und senkt dadurch die Herzfrequenz (negativ chronotroper Effekt)


Diese Umstellung erfolgt sehr rasch, was erklärt, wieso es zu respiratorischer Sinusarrhythmie (exspiratorische Frequenzabnahme), plötzlicher Bradykardie beim Tauchen oder bei vasovagaler Synkope, und sogar zu Herzstillstand bei übermäßiger vegetativer Reizung (Bolustod) kommen kann.

Muskarinerge Rezeptoren finden sich in großer Zahl in den Vorhöfen (Sinusknoten, AV-Knoten), aber kaum in den Ventrikeln.


Die Ruhefrequenz von
~60/min (bei hohem körperlichem Trainingsgrad wegen des erhöhten parasympathischen Tonus niedriger, bis etwa 30/min: training bradycardia) ist Vagustonus-bedingt - die Spontanfrequenz eines isolierten Sinusknotens bzw. eines denervierten Herzens liegt bei ~100/min (Reduktion des Vaguseinflusses erhöht sofort die Herzfrequenz). Hochtrainierte Sportler zeigen auch eine rasche Erholung (Reduktion) der Pulsfrequenz nach körperlicher Belastung, ebenfalls durch erhöhten Vagustonus erklärbar. Acetylcholin senkt vor allem das Tempo der spontanen Depolarisation (ein langanhaltender Effekt, der auch bei relativ geringer Acetylcholineinwirkung bestehen bleibt).
 

Abbildung: Wirkung parasympathischer Stimulation auf das Schrittmacherpotential
Nach Bolter CP, Wallace DJ, Hirst GDS. Failure of Ba2+ and Cs+ to block the effects of vagal nerve stimulation in sinoatrial node cells of the guinea-pig heart. Autonom Neurosci 2001; 94: 93-101

Bradykardie setzt sofort nach Einsetzen der erhöhten Sympathikusaktivität ein (Zeitmarke: 1 Sekunde). Die orange gefärbten Linien deuten die Abnahme der Anstiegssteilheit des Schrittmacherpotentials an.
 
Zusammen mit der Verflachung des Schrittmacherpotentials verlängert die Hyperpolarisierung (Pfeil) die Zeit bis zum Erreichen des Schwellenpotentials, was die Herzfrequenz reduziert.
 
Die Effekte veränderten parasympatischen Einflusses auf die Herzfrequenz erfolgen (im Gegensatz zu solchen der sympathischen Aktivität) ohne Verzögerung und ermöglichen damit rasche chronotrope Anpassung, z.B. im Rahmen respiratorischer Arrhythmie (Verlangsamung der Herzfrequenz während der Ausatmung).
 
Beendigung der Vagusreizung führt zu sofortigem Anstieg der Frequenz durch raschan Abbau des Acetylcholins im synaptischen Raum

Parasynpathische Efferenzen senken vor allem die Herzfrequenz (negativ chronotrope Wirkung), auch die Überleitung sowie Schlagkraft im Vorhofbereich (nicht in den Ventrikeln, zumindest nicht direkt).

Rascher Blutdruckanstieg bewirkt über den Barorezeptorreflex eine Aktivierung parasympathischer Efferenzen zum Sinusknoten, was Herzfrequenz und arteriellen Druck sofort senken kann.
 
Akute Zunahme des (zentralen) Blutdrucks führt reflektorisch zu erhöhter Freisetzung von Acetylcholin aus efferenten (parasympathischen) Fasern des Vagusnerven, die zum Herzen ziehen
 
Der frequenzsenkende Effekt des Acetylcholins beruht auf einer Förderung des Kaliumausstroms aus der Herzmuskelzelle; dadurch wird die Wirkung der HCN-Kanäle (Begünstigung von Na+-Einstrom) reduziert und die Spontandepolarisation der Schrittmacherzellen verlangsamt.
 
Acetylcholin fördert den K+-Ausstrom und senkt die Geschwindigkeit der spontanen Depolarisation von Schrittmacherzellen (negativ chronotroper Effekt). Werden muskarische Rezeptoren am Herzen blockiert (z.B. durch Atropin), steigt die Herzfrequenz
   

Abbildung: Nucleus tractus solitarii und zentrale Kreislaufsteuerung
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003

Afferenzen von Mechanorezeptoren in Carotissinus und Aortenbogen (Hochdruckrezeptoren) sowie dem Herzen senden an den nucleus tractus solitarii druckproportionale Aktionspotentialfrequenzen (PD-Fühler). Von hier gelangen Steuerimpulse an kardioinhibitorische und vasomotorische Neuronengruppen.

Die Efferenzen sind - bei Druckabfall - sympathisch (Herzanregung, Vasokonstriktion, Adrenalinausschüttung aus der Nebenniere) oder - bei Druckerhöhung - parasympathisch (sinkende Pulsfrequenz)



  Über das Vasomotorenzentrum s. dort

Barorezeptoren
in der Wand des Karotissinus und des Aortenbogens sind - wie die meisten Sinnesrezeptoren - PD-Fühler, d.h. sie antworten nicht nur entsprechend dem Betrag des Reizes (proportional), sondern sprechen auch auf dessen Änderung an (differentiell). Sie reagieren auf Dehnung der Gefäßwand (infolge arterieller Drucksteigerung) mit erhöhter Aktionspotenzialfrequenz.

Die Afferenz zum Kreislaufzentrum im Hirnstamm ( Abbildung)
 
     nucleus tractus solitarii:
Afferenz von Barorezeptoren, Efferenz zu nucl. ambiguus und ventrolaterale medulla;
 
     nucleus ambiguus: Afferenz von nucl. tractus solitarii, Efferenz zu N. vagus;
 
     ventrolaterale medulla: Efferenz zu Sympathikus
 
läuft über den IX. (von Carotisrezeptoren) und X. Hirnnerven (von Aortenrezeptoren).

Da der arterielle hydrostatische Indifferenzpunkt etwa auf Höhe des Aortenbogens liegt, reagiert vor allem der Karotissinus auf
Lageänderung des Körpers (liegend <=> aufrecht).

Vasodilatation führt zu stärkerer Füllung der Kapazitätsgefäße und damit Druckentlastung in den Vorhöfen.
 
Die Kontraktilität des Herzmuskels wird durch parasympathische Fasern nur schwach beeinflusst, eine maximale Parasympathikusaktivität kann jedoch die Schlagkraft der Ventrikel um bis zu 38% reduzieren. Parasympathische Fasern hemmen die Aktivität sympathischer Efferenzen; das gilt auch vice versa (cross-inhibition).

 
Herzqualitäten: Wie man die kardiale Funktion beurteilt
 
Inotropie Chronotropie Dromotropie Bathmotropie Lusitropie

Man unterscheidet folgende Kriterien zur Beurteilung der Herzfunktion ("Herzqualitäten") - vgl. dort:

     Inotropie : Einfluss auf die Schlagkraft ("herzstärkende" inotrope Wirkung). Mit zunehmender systolischer Ca++-Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum (SR) steigt die Zahl engagierter Myosin-Querbrücken und damit die Kontraktionskraft der Kardiomyozyten.

Zur Beurteilung der Inotropie wird die maximale Druckanstiegsgeschwindigkeit im Ventrikel (pd/dtmax) herangezogen. Diese kann mittels Herzkatheteruntersuchung festgestellt werden.

Ca++-Einstrom durch L-Kanäle (transversale Tubuli) regt den Ca++-Strom aus dem sarkoplasmatischen Retikulum in das Sarkoplasma via Ryanodinrezeptoren (calcium release channels) an (trigger Ca++). Anschließend wird Ca++ aus dem Sarkoplasma in das SR zurückbefördert (SERCA: Sarcoplasmic / endoplasmic reticulum calcium ATPase).

Steigender Calciumeinstrom in das SR über mehrere Herzschläge (vermehrter Affinität der SERCA-Calciumpumpe) erhöht den Calciumspeicher des sarkoplasmatischen Retikulums und wirkt so positiv inotrop.

Positiv inotrop wirken
Katecholamine, negativ inotrop ("herzschwächend") u.a. Sauerstoffmangel und Azidose.

Zu inotropen Auswirkungen auf ventrikuläre Druck-Volumen-Kurven s. dort
 

Abbildung: Autonom-nervöse Beeinflussung des Sinusknotenpotentialverlaufs
Nach einer Vorlage bei Mohrman DE / Heller LJ, Cardiovascular Physiology, 8th ed. McGraw Hill 2014

Das Vegetativum beeinflusst die Herzfrequenz (Chronotropie):
 
     Sympathische Wirkung (rot) erhöht die Depolarisationsgeschwindigkeit des Schrittmacherpotentials, das Schwellenpotential wird früher erreicht, die Herzfrequenz steigt (z.B. bei körperlicher Belastung);
 
     parasympathischer Einfluss (blau) verflacht hingegen das Schrittmacherpotential und erhöht zusätzlich das Ruhepotential (hyperpolarisierender Effekt), von dem aus die Depolarisation beginnt; das Schwellenpotential wird später erreicht, die Herzfrequenz sinkt (Ruhepuls).
 
Dadurch erreicht das Membranpotential das Schwellenpotential unter Einwirkung von Noradrenalin früher, unter Einwirkung von Acetylcholin später als im intrinsischen Zustand ohne autonom-nervösem Einfluss (schwarz, autonome Frequenz etwa 100/min)


Positiv inotrop wirkende Substanzen steigern die sarkoplasmatische (intrazelluläre) Konzentration freier Calciumionen ([Ca++]i) - durch Öffnung von Calciumkanälen, Hemmung des Na/Ca-Austausches (NCX), oder der Calciumpumpen, alles in der Außenmembran der Herzmuskelzelle (Sarkolemm). Dies erfolgt durch
 
      ß1-adrenerge Wirkung,
 
     Herzglykoside,
 
      Frequenzinotropie,
 
      Absinken des extrazellulären Natriumspiegels (verringert den Na-Gradienten für den Na/Ca-Austausch),
 
      Erhöhung des Serum-Calciumspiegels ([Ca++]o) - verstärkt das Einströmen durch L-Typ-Calciumkanäle und verringert den Ca-Gradienten für den Na/Ca-Austausch.
 
Negativ inotrop wirken Stoffe, die den [Ca++]i senken:
 
      Calciumkanalblocker hemmen L-Typ-Calciumkanäle,
 
      erniedrigter extrazellulärer Calciumspiegel reduziert den Gradienten für den Calciumeinstrom,
 
      erhöhter Natriumspiegel verstärkt den Na-Gradienten für den Na/Ca-Austausch.
 
     Die Abhängigkeit der Schlagkraft von der Herzfrequenz wird als Frequenzinotropie bezeichnet ("Bowditch-sche Herztreppe"; Anreicherung von Ca++ in den Myozyten durch transiente Überforderung des Rücktransportes erhöht wahrscheinlich die Kontraktion).
 
     Chronotropie : Einfluss auf die Steilheit der spontanen Depolarisierung, also des Schrittmacherpotentials ( Abbildung) - Beurteilung über die Schlagfrequenz (chronotrope Wirkung). Chronotrope Wirkung haben Einflüsse auf ( vgl. dort):
 
      Kaliumausstrom (iKv) - vermehrte Deaktivierung der Kaliumkanäle steigert Depolarisierungstempo und Herzfrequenz
 
      "Funny"-Natriumeinstrom (if) - wie die beiden folgenden senkt er das Membranpotential und steigert die Herzfrequenz
 
      Calciumeinstrom (iCa-L)
 
      Natriumeinstrom über 3Na/Ca-Austauscher (iNa-Ca).

Steigende Schlagfrequenz senkt, abnehmende steigert den diastolischen Zeitanteil am Herzzyklus (Ruhe: Systolen- / Diastolendauer 1:2), um bei Tachykardien über ~160/min eine ineffektive Ventrikelfüllung, sinkende Auswurffraktion, reduziertes Herzminutenvolumen zu bedingen; im Extremfall kann Bewusstlosigkeit auftreten (
s. oben).
  

  Tachykardie ist eine erhöhte, Bradykardie eine erniedrigte Herzfrequenz. Die Ruhefrequenz einer erwachsenen Person beträgt zwischen 60 und 80 bpm, im Liegen ist sie niedriger als im Stehen (orthostatische Belastung, reflektorische Anregung des Sinusknotenrhythmus).

Die parasympathische Wirkung erfolgt sofort; Acetylcholin beeinflusst das Schrittmacherpotential unverzüglich, und Cholinesterase entfernt den Transmitter umgekehrt auch sehr zügig aus dem Extrazellulärraum - der Parasympathikuseffekt lässt sich prompt beenden. Der Sympathikuseffekt ist verzögert und schließt auch eine Erhöhung des Spitzenpotentials ein ( Abbildung), bedingt durch ß-Rezeptor-bedingte Verstärkung des Ca++-Einstroms. Dazu kommen weitere Effekte auf Ionenkanäle (verstärkter Natriumeinstrom durch if-Kanäle, verstärkte Inaktivierung spannungsgesteuerter Kaliumkanäle).

Die Dauer der Plateauphase des Aktionspotentials hängt von der Herzfrequenz ab: Je höher letztere ist, desto kürzer dauert das Plateau, im EKG nimmt die Dauer der QT-Zeit ab.
 
     Dromotropie : Einfluss auf die Erregungsleitungsgeschwindigkeit (vor allem im AV-Knoten) - Beurteilung über das EKG (Länge des PR-Intervalls). Reizung von ß1-Rezeptoren im AV-Knoten beschleuningt die atrio-ventrikuläre Überleitung (positiv dromotroper Effekt).
 
     Bathmotropie : Einfluss auf die Erregbarkeit (bathmotrope Wirkung) - eine Veränderung des Schwellenpotentials wirkt sich bathmotrop aus: Je höher der Potentialbetrag (Hyperpolarisierung), desto länger dauert es bis zum Erreichen des Schwellenpotentials.
 
     Lusitropie (Genaueres s. dort): Wirkungen auf die diastolische Relaxation nennt man lusitrop (Zeit von Kontraktionsmaximum bis Erreichen der vollständigen Erschlaffung). Der lusitrope Effekt beruht vor allem (85%) auf der Wirkung von Phospholamban auf die Steuerung der Ca++-Aufnahme in das sarkoplasmatische Retikulum durch SERCA (15% gehen auf das Konto von Troponin I). Das heißt, er wird vor allem durch raschere Aufnahme von Ca++-Ionen aus dem Sarkoplasma in das sarkoplasmatische Retikulum bewirkt - durch die SERCA des Netzwerk-SR. Der lusitrope Effekt erhöht die Zeit für die diastolische Füllung der Ventrikel.
 
Das autonome Nervensystem beeinflusst die Herzqualitäten:
 
  
   Der (noradrenerge) Sympathikus (ß1-Adrenozeptoren) fördernd ("positiv"), z.B. steigen Schlagkraft und Herzfrequenz, die Förderleistung des Herzens nimmt zu
 
      Der (cholinerge) Parasympathikus (Vagus - muskarinische M2-Rezeptoren) dämpfend ("negativ") - er stellt das Herz auf "Schongang".
 
Blockade muskarinischer Rezeptoren führt zu Tachykardie
 
 
Abbildung: Autonom-nervöse Einflüsse auf eine kardiale Schrittmacherzelle
Modifiziert nach einer Vorlage in Herring / Paterson, Levick's Introduction to Cardiovascular Physiology, 6th ed. 2018

Oben: ß1-Rezeptoren (noradrenerg) aktivieren Gs-Proteine und Adenylylcyclase, [cAMP] nimmt zu. Erhöhter Schrittmacherstrom durch if-Kanäle depolarisiert die Zelle unmittelbar, über Proteinkinase A werden Ca++-Einstrom (iCa-L) und Repolarisierung (iKv) angeregt. Der Ca++-Pumpenhemmer Phospholamban wird inaktiviert, Ca++ zügig in das sarkoplasmatische Retikulum evakuiert, der Herzmuskel entspannt rascher (lusitroper Effekt).
 
Propranolol ist ein ß1-Blocker, Caesiumionen (
Cs+) hemmen den if-Natriumkanal, Verapamil den L-Typ Calciumkanal.

Unten:
M2-Rezeptoren (cholinerg, kardialer Subtyp) aktivieren Gi-Proteine, deren abdissoziierte ßγ-Untereinheit aktiviert Kaliumkanäle (inward rectifier KACh channel), die Zelle wird in Richtung K-Gleichgewichtspotential hyperpolarisiert.
 
Gleichzeitig reduziert die α-Untereinheit die Aktivität der Adenylylcyclase (hier nicht gezeigt), damit sinkt die Öffnungswahrscheinlichkeit der if- und iCa-L-Kanäle (Natrium- und Calciumeinstrom), was das Schrittmacherpotential abflacht (vgl. Abbildung oben)

 
      Der Sympathikus (T1-4) lässt den Sauerstoffverbrauch stärker ansteigen als die Herzarbeit, d.h. er erhöht zwar die Auswurfleistung, reduziert jedoch dabei die Effizienz der Herztätigkeit. Das limitiert die Nützlichkeit von ß-Agonisten zur Schockbekämpfung: gesteigerter Sympathikustonus - wie er bei Myokardinfarkt auftritt - hebt den Sauerstoffbedarf des (verletzten!) Gewebes an.
 
Katecholamine binden an ß1-Rezeptoren (
Abbildung), diese
 
      aktivieren die Adenylylcyclase (cAMP) und Proteinkinase A. Das öffnet L-Typ-Ca++-Kanäle und dies verstärkt den Calciumeinstrom aus dem Interstitium.
 
      Weiters wird SERCA-2a (eine Ca++-ATPase) in der Membran des sarkoplasmatischen Retikulums aktiviert; dadurch wird Calcium schneller aus dem Sarkoplasma zurückgepumpt, die Faser erschlafft schneller und die nächste Kontraktion wird durch erhöhte Calciumfreisetzung intensiviert.

Beides steigert die Kontraktionskraft des Myokards (positiv inotroper Effekt).
 
Katecholamine bewirken verbesserte Verfügbarkeit von Calciumionen und damit einen positiv inotropen (kontraktionsstärkenden) Effekt
 
Die ventrikuläre Funktionskurve (Schlagarbeit als Funktion des enddiastolischen Drucks) wird unter Sympathikuseinfluss bzw. Katecholaminwirkung steiler. Alle sympathischen Wirkungen auf das Herz werden über ß1-Rezeptoren (und damit über gesteigertes zelluläres cAMP) vermittelt. Der Sympathikus hat "positive" Wirkung auf die Herzqualitäten (chrono-, dromo-, ino-, lusitrop).

Sympathische Effekte beginnen verzögert und halten länger an.
 
      Parasympathische Einflüsse (nucl. dorsalis der medulla oblongata > N. vagus) werden über muskarinische M2-Rezeptoren vermittelt ( Abbildung), die reichlich an den Vorhöfen und am Reizleitungssystem vorkommen, kaum im Ventrikel. Die α-Untereinheiten reduzieren die Aktivität der Adenylylcyclase und senken die Konzentration an cAMP, damit sinkt die Öffnungswahrscheinlichkeit der if- und iCa-L-Kanäle (Natrium- und Calciumeinstrom), was das Schrittmacherpotential abflacht. Die ßγ-Untereinheiten aktivieren Kaliumkanäle (inward rectifier KACh channel), die Zelle wird in Richtung K-Gleichgewichtspotential hyperpolarisiert.

Die Ruhefrequenz hochtrainierter Menschen ist wegen ihres erhöhten Vagustonus herabgesetzt (Bradykardie: "Sportlerherz"). Hauptgrund ist die Verflachung des Schrittmacherpotentials, die Hyperpolarisierung hat einen geringeren Anteil am Bradykardieeffekt.

Parasympathische Effekte treten prompt auf und verschwinden mit dem raschen Abbau von Acetylcholin auch sehr schnell. "Respiratorische Arrhythmie" (Sinusarrhythmie - Abnahme der Herzfrequenz bei Ausatmung) ist durch Oszillationen des Vagustonus (nicht des Sympathikustonus) erklärbar. Vagal bewirkte Bradykardie ist auch Bestandteil des Tauchreflexes. Bei einer vasovagalen Synkope ist es der hohe Vagustonus, der den Herzschlag aussetzen lässt.

Intensive Parasympathikuswirkung kann
Dysrhythmien, Überleitungsblock oder Herzstillstand (Beispiel Bolustod: Herzstillstand durch Übererregung im Rachenbereich und extreme Parasympathikusstimulation) zur Folge haben.
 
Interagierende Einflüsse auf die Herztätigkeit
 
Sympathische und parasympathische Faktoren beeinflussen einander wechselseitig - teils auf präsynaptischer, teils auf postsynaptischer Ebene. Dazu kommt die Wirkung von Cofaktoren, wie Angiotensin, VIP, NPY, oder natriuretische Peptide.

      Sympathische Varikositäten setzen neben Katecholaminen auch die (längerlebigen) Faktoren Neuropeptid Y (NPY) und Galanin frei und hemmen die Transmitterfreisetzung an parasympathischen Endigungen - insbesondere bei hoher Belastung des Herzmuskels.

      Parasympathische Nervenfasern setzen neben Acetylcholin auch VIP und endogene Opioide frei, die physiologische Bedeutung dieses Mechanismus ist unklar.
 
 
Abbildung: Duale Innervation des Herzens und wichtigste Mechanismen der Informationsübertragung
Nach Gourine AV, Ackland GL. Cardiac Vagus and Exercise. Physiology 2019; 34: 71-80

Autonom-nervöse Faserverzweigungen wirken direkt auf die Herzmuskelzelle (beta-adrenerg und M2-cholinerg). Noradrenalin fördert, Acetylcholin hemmt - über G-Proteine - die Wirkung der Adenylylcyclase und damit die Bildung des second messenger cAMP.
 
Darüber hinaus wirken die Transmitter präsynaptisch (alpha-adrenerg und M2-cholinerg) wechselseitig hemmend aufeinander ein (reziproke Inhibition).
 
Die Wirkungsweise von Stickstoffmonoxid (NO) in Bezug auf Mechanismen zur Modulierung der Expression von G-Protein-gekoppelter Rezeptorkinase (GRK2) und Arrestin (ß-arr) wird gegenwärtig untersucht

      AC, Adenylylcyclase     sGC, lösliche Guanylatzyklase


Präsynaptische Interaktionen: Wie an zahlreichen anderen Stellen im Körper, dämpfen einander auch am Herzen entgegengesetzte Regelungseffekte wechselseitig. Das verhindert überschießende Reaktionen und stabilisiert das Systemverhalten (“accentuated antagonism”).

Diese reziproke Inhibition spielt sich zwischen sympathischen und parasympathischen Fasern auf präsynaptischer Ebene ab ( Abbildung). Noradrenalin (aus sympathischen Fasern) hemmt über α2-Adrenozeptoren parasympathische Neuronen, und Acetylcholin (aus parasympathischen Fasern) über muskarinerge Rezeptoren sympathische Nervenzellen - beides knapp vor der Herzmuskelzelle.

Autorezeptorvermittelte Selbsthemmung: Darüber hinaus inhibieren in den Extrazellulärraum freigesetzte Transmitter ihre eigene weitere Freisetzung: Noradrenalin über präsynaptische α2-, und Acetylcholin über präsynaptische M-Rezeptoren. Auch dadurch wird einem überschießenden Systemverhalten vorgebeugt.
  
Interaktion Barorezeptorreflex, Starling-Mechanismus, Bainbridge-Reflex
 
Das Herzminutenvolumen steigt proportional mit dem zentralen Blutvolumen. Das effektive / zentrale Blutvolumen (als funktionelle Füllungsreserve für das rechte bzw. linke Herz) beeinflusst die Herzleistung über die Kombination mehrerer physiologischer Mechanismen bzw. Reflexe (Abbildung):


Abbildung: Einfluss des (effektiven bzw. zentralen) Blutvolumens auf das Herzzeitvolumen
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003

Ordinate: % Abweichung vom Kontrollwert bei nominellem Blutvolumen (=Null).
 
Das Herzminutenvolumen nimmt mit dem (effektiven) Blutvolumen stetig zu - bei niedrigen Füllungsvolumina durch Steigerung des Schlagvolumens (Starling-Mechanismus), die sich stärker auswirkt als der Effekt des Barorezeptorreflexes auf die Herzfrequenz; bei höheren durch Ansteigen der Herzfrequenz (Bainbridge-Reflex)


Die Abbildung zeigt den Effekt des effektiven (zentral verfügbaren) Blutvolumens auf Herzfrequenz (f) und Schlagvolumen (SV) - und damit auf das Herzminutenvolumen (f x SV). Dabei zeigt sich, dass die Mechanismen je nach Größe des zentralen Blutvolumens unterschiedlich stark in den Vordergrund treten:

     Niedriger Volumenbereich (blaue Felder, links): Bei sinkendem zentralem Blutvolumen nimmt die Herzfrequenz wegen des Baroreflexes zu, das Schlagvolumen wegen des Starling-Mechanismus ab.

Der Baroreflex verstärkt den Effekt des Starling-Mechanismus noch, indem er die Vorlast des Herzens durch Tachykardie weiter senkt. Der Wirkungsbereich des Starling-Mechanismus konzentriert sich auf niedrige Füllungswerte des Ventrikels.

     Hoher Volumenbereich (gelbe Felder, rechts): Bei zunehmendem Herzminutenvolumen supprimiert der Baroreflex eine weitere Stärkung durch den Starling-Mechanismus und kompensiert dessen Effekt - die Schlagvolumenskurve verflacht (blau). Das Schlagvolumen nimmt mit zunehmender Hypovolämie ab, von Hypervolämie bleibt es unbeeinflusst.

Andererseits steigert der Bainbridge-Reflex die Herzfrequenz mit zunehmender kardialer Blutfüllung. Das bedeutet: Die Herzfrequenz ist am niedrigsten bei einem normalen Betrag des effektiven Blutvolumens. Sowohl Hypovolämie als auch Hypervolämie steigert die Herzfrequenz (bedingt durch den Barorezeptor- bzw. Bainbridge-Reflex).
 
Ergebnis dieser drei Mechanismen (Barorezeptorreflex, Starling-Mechanismus, Bainbridgereflex): Das Herzminutenvolumen (rote Kurve) nimmt mit dem zentralen Blutvolumen stetig zu. Man sieht, das dies nicht auf einen Mechanismus alleine, sondern auf das Zusammenwirken mehrerer Mechanismen zurückzuführen ist.

Baroreflex, Bainbridge-Reflex und Starling-Mechanismus sind nur drei von zahlreichen weiteren Einflüssen auf die autonome Herztätigkeit. Dazu zählen Vorlast und Nachlast, die wiederum abhängen von Faktoren wie Blutvolumen, Gefäßcompliances, und Strömungswiderstandswerten (
s. dort).

Diese Faktoren sind ihrerseits beeinflussbar durch den Blutspiegel vasoaktiver Stoffe - wie Angiotensin, Vasopressin, Adrenalin, oder lokalen Mediatoren (z.B. NO, Endothelin).

Weiters wirken Aldosteron und natriuretische Peptide auf den Elektrolythaushalt und damit einerseits auf Flüssigkeitsvolumina (Kochsalz ... extrazelluläres Volumen), andererseits auf Membranpotentiale und -erregbarkeit (Natrium: Einstrom erzeugt Aktionspotential; Kalium: Ausstrom erzeugt Ruhepotential; Calcium: Einstrom depolarisiert die Zelle, wirkt als second messenger sowie unmittelbar anregend, z.B. auf Kontraktion, Sekretion).
Der Starling-Mechanismus hat physiologischerweise kaum Bedeutung für die Anpassung der Herzleistung an die Bedürfnisse des Kreislaufs (insbesondere bei Muskelarbeit, bei der das Herzzeitvolumen bis zu etwa 5-fach ansteigen kann) - der Anstieg des Sympathikustonus erhöht die Pumpleistung bei praktisch unverändertem diastolischem Füllungsdruck. Anders ist das bei Menschen, die ein transplantiertes Herz haben (das über keine Nervenversorgung mehr verfügt) - hier ist keine sympathisch-noradrenerge positiv inotrope Wirkung mehr möglich, und der Starling-Mechanismus erhält eine wichtige Rolle für die Anpassung der Herzleistung (über gesteigerten diastolischen Füllungsdruck, der sich aus dem erhöhten venösen Rückstrom ergibt).
 

 
     Der nucleus tractus solitarii erhält Afferenzen von Barorezeptoren (Carotissinus, Aortenbogen, Herz) und projiziert auf den nucl. ambiguus (Efferenzen zu Vaguskernen) und die ventrolaterale medulla (Efferenzen zum Sympathikus). Sympathische Fasern (T1-T4) innervieren alle Teile des Herzens, ihre Aktivität steigt bei Orthostase, Stress, Muskelarbeit, Blutverlust. Sie erhöhen intrazelluläre [Ca++] und damit den Prozentsatz aktivierter Myosin-Querbrücken (erhöhte Kontraktilität, verringertes Restvolumen); die Aktivität der SERCA-Pumpe nimmt durch Inaktivierung von Phospholamban zu (verkürzte Systolendauer); der Ventrikeldurchmesser nimmt sowohl systolisch als auch diastolisch ab. Sympathische Effekte beginnen verzögert und halten länger an. Sympathische Varikositäten setzen Katecholamine, Neuropeptid Y und Galanin frei und hemmen die Transmitterfreisetzung parasympathischer Endigungen
 
      Der parasympathische dorsale Vaguskern wirkt bremsend auf das Reizleitungssystem (rechter Vagus: Sinusknoten, linker: AV-Knoten) und senkt die Herzfrequenz (Ruhefrequenz ~60/min: Spontanfrequenz des Sinusknotens ~100/min). Parasympathikusaktivität senkt auch die Schlagkraft der Ventrikel. Vasodilatation führt zu stärkerer Füllung der Kapazitätsgefäße und damit Druckentlastung der Vorhöfe. Parasympathische Effekte treten prompt auf und verschwinden auch rasch (Sinusarrhythmie durch Oszillationen des Vagustonus). Hochtrainierte Menschen haben in Ruhe einen erhöhten Vagustonus und sind bradykard ("Sportlerherz"). Parasympathische Nervenfasern setzen neben Acetylcholin auch VIP und endogene Opioide frei
 
      Kriterien zur Beurteilung der Herzfunktion ("Herzqualitäten") sind die Inotropie (Schlagkraft: mit dem Ca++-Einstrom steigt die Zahl aktivierter Myosin-Querbrücken) - Beurteilung über den maximalen Druckanstieg im Ventrikel (pd/dtmax); Chronotropie (Herzfrequenz: Steilheit des Schrittmacherpotentials); Dromotropie (Geschwindigkeit der Erregungsleitung, vor allem im AV-Knoten) - Beurteilung über Länge des PR-Intervalls im EKG); Bathmotropie (Erregbarkeit - über Veränderung des Schwellenpotentials); Lusitropie (diastolische Relaxation - Steuerung der Ca++-Aufnahme in das sarkoplasmatische Retikulum über Phospholamban). Die Herzqualitäten werden sympathisch (via ß1-Adrenozeptoren) positiv, parasympathisch (via M2-Rezeptoren) negativ beeinflusst (vermindert). - Frequenzinotropie ist die Abhängigkeit der Schlagkraft von der Herzfrequenz ("Bowditch- Herztreppe": Anreicherung von Ca++)
 
      Das zentrale Blutvolumen beeinflusst die Herzleistung über die Kombination mehrerer Mechanismen / Reflexe: Das Herzminutenvolumen nimmt mit dem effektiven Blutvolumen zu (Starling-Mechanismus); bei höheren Volumina durch Ansteigen der Herzfrequenz (Bainbridge-Reflex). Der Baroreflex verstärkt den Effekt des Starling-Mechanismus, indem er die Vorlast des Herzens durch Tachykardie weiter senkt. Im Ergebnis nimmt das Herzminutenvolumen mit dem zentralen Blutvolumen stetig zu
 

 




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