Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Blutdruck, Wasserhaushalt, Säure-Basen-Status

Osmolalität und Flüssigkeitsvolumina
© H. Hinghofer-Szalkay

Dehydrierung: ὕδωρ = Wasser ("Entwässerung")
gyrus cinguli: γύρος = Biegung, Runde, Saum (Windung), cingulum = Gürtel
hyperton: ὑπέρ = über (hinaus), τόνος = (An)spannung
Hypovolämie: ὑπό = unter, volumen = Krümmung, αἷμα = Blut
Osmoregulation: ὠσμός = Antrieb, Stoß, Eindringen; regula = Maßstab, Regel
Tomographie: τομή = Schnitt, γράφειν graphein ‚schreiben


Bis auf wenige Ausnahmen sind die Körperflüssigkeiten osmotisch isoton (~ 0,3 osmol/l) - entsprechend einer "physiologischen Kochsalzlösung" (0,9%ig, d.h. 9 g NaCl/l), die meist als Grundlage für Infusionslösungen dient. An physiologischen Grenzflächen können osmotische Effekte auftreten; Zellmembranen sind wasserdurchlässig und können so Unterschiede der osmotischen Konzentration durch Osmose ausgleichen. Treten unterschiedliche Konzentrationen osmotisch wirksamer Stoffe auf (intra- vs. extrazellulär), nehmen Zellen entweder Wasser auf (Zellschwellung oder Zytolyse in hypotoner Umgebung) oder sie schrumpfen (in hypertoner Umgebung).

Auf den ganzen Organismus bezogen ist die osmotische Konzentration wichtig, da von ihr das Milieu für biochemische und zellphysiologische Vorgänge abhängt. Sie wird präzise reguliert; das Zentrum dafür ist der Hypothalamus, der über neuronale und humorale Zugriffsmöglichkeiten verfügt, die Osmolalität - wenn nötig - zu korrigieren. Ansatzpunkte für diese Regulation sind einerseits die Aufnahme, andererseits die Ausscheidung von Wasser und Salz - also Durstempfinden, eventuell Salzappetit, und Nierenfunktion.

Dehydration bedeutet zu geringe, Hyperhydration erhöhte Flüssigkeitsmenge im Körper. Meist meint man damit den Zustand des Extrazellulärraums (bei intrazellulären Abweichungen sagt man das dazu). Hydrationsänderungen können isoton, hypoton, oder hyperton sein. Immer bewegt sich das Wasser über (zelluläre, epitheliale) Grenzschichten auf die Seite der höheren Konzentration der gelösten Stoffe (Osmose); für jede dieser Störungen gibt es charakteristische klinische Beispiele.

Der Normbereich der Osmolalität ist eng, etwa zwischen 280 und 295 mosmol/l (entsprechend einer Natriumkonzentration um die 145 mM). Sekretion und Blutspiegel von Vasopressin ändern sich mit der Osmolalität; unter ~280 mosmol/l betragen sie praktisch Null, darüber steigen sie an, und über ~290 mosmol/l beginnt zusätzlich Durstgefühl zu wirken (Trinken von Wasser reduziert die Osmolalität der Körperflüssigkeiten).


Osmose, Osmolarität, Osmometrie Wasserbilanz und Kompartimente Volumenregulation Osmoregulation Veränderte Regulationsschwelle Dehydration Vasopressin


Osmolarität / Osmolalität
    Iso-, Hyper- / Hypotonizität    Physiologische Kochsalzlösung

Praktische Aspekte       Core messages
   
Flüssigkeiten haben Charakteristika, die von der Konzentration (Anzahl pro Volumen) in ihr gelöster Teichen abhängen und nicht von deren Art: Gefrierpunkt, Siedepunkt, Schmelzpunkt, Dampfdruck und osmotische Konzentration. Da sich diese Größen direkt proportional zueinander verhalten, nennt man sie kolligative Eigenschaften. Steigt die Osmolalität einer Flüssigkeit an, erniedrigen sich der Betrag ihres Gefrierpunkts bzw. Schmelzpunkts und Dampfdrucks und erhöht sich derjenige des Siedepunkts. Aus diesen Veränderungen kann die osmotische Konzentration ermittelt werden (Osmometrie).

Üblicherweise sind Zellen des Körpers einem isotonen Medium (interstitielle Flüssigkeit) ausgesetzt. Es gibt aber Stellen, wo sie mit einer stark hypotonen (z.B. Magenschleimhaut nach Trinken von Wasser) oder hypertonen Umgebung ausgesetzt sind (z.B. im Nierenmark) oder auch beides (z.B. Blasenschleimhaut). Dann ist es wichtig, dass die betreffenden Zellen Gegenregulation ergreifen, um ihr Volumen zu stabilisieren bzw. einer osmotisch herbeigeführten Zerstörung (Lyse) zu entgehen.
 
Osmose ist die Passage von Wasser durch eine semipermeable Membran
 
Osmose ist die konzentrationsabhängige Strömung eines Lösungsmittels (im Organismus: Wasser) durch eine semipermeable (nur für das Lösungsmittel durchgängige) Trennschicht. Gelöste (größere) Moleküle / Ionen (z.B. Glucose, Elektrolyte) können die Trennschicht (genauer: eine Doppellipid-Lamelle ohne Permeasen) nicht durchdringen. Das Wasser bewegt sich also bei der Osmose dorthin, wo seine Konzentration geringer ist (die Konzentration gelöster Stoffe größer ist).

Anmerkung: Die oft geäußerte Formulierung "Osmose ist die Bewegung von Wasser auf die Seite der höheren Konzentration" ist irreführend, wenn nicht dazu gesagt wird, WESSEN Konzentration gemeint ist - nämlich des gelösten Stoffes (der zurückbleibt) und nicht des Lösungsmittels (das sich durch die Membran bewegt).

(Zellmembranen enthalten jede Menge von Ionenkanälen, Austauschern oder Pumpen, die 

Da die Bewegung des Lösungsmittels durch die Trennschicht den Strömungsgesetzen folgt, sagt man, es "strömt" (nicht: es "diffundiert"), obwohl der treibende Gradient nicht eine Druckdifferenz ist, sondern der Konzentrationsunterschied in den Lösungen beiderseits der Trennschicht. (Man kann sich vorstellen, dass die Lösungsmittelmoleküle einen entsprechenden Druck im Sinne ihrer Molekularbewegung auf die "Kanäle" ausüben, die sie für ihren Durchtritt durch die Trennschicht vorfinden - Abbildung.)

Osmose betrifft im Organismus die transmembranale Strömung von Wasser
(etwa wenn ein Blutkörperchen durch das hypertone Nierenmark wandert - Wasser tritt aus, es schrumpft vorübergehend, bis es in die Nierenrinde zurückgelangt und Wasser wieder durch die Zellmembran einströmt).


Abbildung: Osmose
Nach einer Vorlage bei arlenward.com

Unten: Die rot dargestellte semipermeable Trennschicht separiert zwei Kompartimente unterschiedlicher Konzentration gelöster Teilchen (und damit auch an Lösungsmittel).
 
Lösungsmittel (Wasser) strömt durch (Zell-) Membranen - nicht so gelöste Teilchen (grün). Wird dieser Durchtritt behindert, baut sich ein osmotischer Druck auf (oben) - Resultat der asymmetrisch auf die Membranporen einwirkenden Kollisionen durch Lösungsmittelmoleküle



Stehen sich zwei unterschiedlich konzentrierte Lösungen gegenüber, so strömt das Lösungsmittel (Wasser) dorthin, wo es weniger konzentriert ist (d.h. wo die in Wasser gelösten Teilchen stärker konzentriert sind, Abbildung) - es entsteht ein Netto-Strom von Lösungsmittel, d.h. eine osmotische Flüssigkeitsströmung.
 
   Osmotische Ausgleichsströme kommen im Körper vor, wenn die Osmolalität aneinander grenzender Kompartimente - z.B. Intra- versus Extrazellulärraum - sich unterscheidet.

Semipermeable Wände geben dabei nach, wenn sie Spielraum dazu haben; eine Seite schrumpft, die andere schwillt an. Dabei müssen keine wesentlichen Druckveränderungen auftreten. Nur wenn das nicht möglich ist (z.B. wenn das Gehirn wegen seiner Umkapselung in der Schädelhöhle nicht anschwellen kann), steigt der Druck auf der Seite mit niedrigerer Osmolalität, und das kann z.B. Gefäße komprimieren und die Durchblutung reduzieren (Beispiel Gehirnödem).
 

Abbildung: Wirkung von Lösungen verschiedener Tonizität auf die Gestalt von Erythrozyten
Nach einer Vorlage bei Thibodeau / Patton, Anatomy & Physiology (6th ed), Mosby Elsevier 2007
Links: Werden rote Blutkörperchen in eine hypotone Lösung verbracht, nehmen die Wasser auf und schwellen an - dabei können sie platzen (osmotische Hämolyse).
 
Rechts: In hypertoner Lösung verlieren die Erythrozyten Wasser, sie schrumpfen und nehmen "Stechapfelform" an


Die bei osmotischem Konzentrationsunterschied auftretenden Kräfte sind beachtlich: Wird der osmotische Strom verhindert (etwa wenn die semipermeable Grenzfläche starr ist und nicht ausweicht, wie bei einer Pfeffer-schen Zelle), bauen die auf diese "eintrommelnden" Moleküle - statt zu strömen - beachtliche Druckwerte auf ("osmotischer Druck"), nämlich knapp 2,6 kPa (~19 mmHg) pro
mosmol/l Osmolalitäts-Unterschied.

      Die Konzentration gelöster (osmotisch wirksamer) Substanzen wird in osmol/l bzw. osmol/kg angegeben ( s. dort). Ein Tausendstel osmol ist ein milli-osmol (mosmol).
Die Konzentration osmotisch wirksamer Teilchen in einer Lösung kann angegeben werden
als
Osmolarität (osmotische Konzentration) in osmol / Liter Lösung (z.B. Blutserum) - das Volumen nimmt mit der Temperatur zu, daher müsste man zur Osmolarität streng genommen die Messtemperatur angeben (meist ist Körpertemperatur gemeint); oder
als Osmolalität in osmol / Kilogramm Lösungsmittel (Wasser) - vorteilhaft, wenn die entsprechende Lösung zubereitet werden soll (z.B. Infusionslösung). Diese Größe ist unabhängig von der Temperatur.
 
Blutplasma weist eine Osmolalität von etwa 290 mosmol/kg auf (Referenzbereich etwa 280-300 mosmol/kg). Dies entspricht theoretisch - im Vergleich zu reinem Wasser - einem osmotischen Druck von ~745 kPa (eine 1-osmolale Lösung könnte einen osmotischen Druck von über 2000 kPa ausüben, d.h. mehr als das 20-fache des atmosphärischen Luftdrucks).

      Liegt der Wert der Plasma-Osmolalität (effektiv) über 300 mosmol/l, spricht man von Hypertonizität, bei unter 280 mosmol/l von Hypotonizität. Blutplasma hat etwa 290 mosmol/l, eine Lösung dieser osmotischen Konzentration (z.B. physiologische Kochsalzlösung) nennt man isoton (isos = gleich, gleich stark konzentriert wie Blutplasma).
 
    Osmolalität und Tonizität muss nicht das Gleiche bedeuten: Die Osmolalität bezieht sich auf die Konzentration osmotisch aktiver gelöster Teilchen in einer Lösung, die Tonizität auf deren physiologischen Effekt im Körper (effektive Osmolalität). So wirkt sich Glucose normalerweise kaum auf die Tonizität aus (intestinal resorbierte Glucose wird von den Zellen rasch aufgenommen und verstoffwechselt und ist dann osmotisch nicht mehr wirksam).

Kann Glucose nicht adäquat verarbeitet werden (Hyperglykämie bei Diabetes mellitus), spielt der Plasma-Glucosespiegel eine zunehmende Rolle als Tonizitätsfaktor.


Gelöste Teilchen (z.B. Natrium- und Chloridonen) können Zellmembranen schwerer durchdringen als das Lösungsmittel Wasser - dieses tritt bevorzugt durch die Membran (Aquaporine), entsprechend seinem Konzentrationsgefälle (Osmose).

Die Osmolalität des Blutplasmas hängt im Wesentlichen von der Konzentration folgender 5 Substanzen ab:

      Natrium (~140 mM)

      Chlorid (~105 mM)

      Bikarbonat (~25 mM)

      Glucose (~5 mM)

      Harnstoff (~5 mM)

Harnstoff ist osmotisch wirksam und kann Zellmembranen durchdringen. Zellmembranen verfügen dazu über Harnstofftransporter (urea transporter,UT-A findet man in der Niere (UT-A1 in der apikalen Membran von Sammelrohrzellen wird durch Vasopressin aktiviert und resorbiert 2/3 der filtrierten Harnstoffmenge; UT-A2 transportiert Harnstoff über die apikale Membran in das Luman der absteigenden Henle-Schleife; UT-A3 bringt Harnstoff aus inneren Sammelrohrabschnitten in das renale Intertstitium), UT-B in mehreren Geweben (Niere, Blut-Hirn-Schranke, Erythrozyten).

Osmotischer Effekt von Harnstoff: Harnstoff diffundiert langsamer durch Zellmembranen als Wasser. Gelangt eine Zelle in ein Medium mit erhöhter Harnstoffkonzentration (Nierenmark!), strömt Wasser aus der Zelle (osmotischer Effekt des Harnstoffs, der zunächst noch extrazellulär angereichert bleibt) und die Zelle schrumpft. Erst allmählich diffundiert der Harnstoff durch UT-Transporter in die Zelle (Konzentrationsausgleich: Gleichmäßig erhöhte Osmolalität im Extra- und Intrazellulärraum). Damit erlangt die Zelle auch wieder ihr ursprüngliches Volumen zurück.
  
Treten im Plasma weitere Stoffe in nennenswerter osmotischer Konzentration auf, dann ist die gemessene Osmolalität größer als die Summe der Anteile dieser fünf Komponenten ("osmotische Lücke").

Osmometrie ermittelt den Betrag der Osmolalität mittels Verfahren, die
 
      den Gefrierpunkt (Gefrierpunktserniedrigung plasmaisotoner Körperflüssigkeiten: 0,56°C) oder
 
      den Dampfdruck der Lösung (Osmolalität proportional Dampfdruckerhöhung) - beide sind von der Osmolalität abhängig, oder
 
      direkt mit einer Membran ermitteln (umständlich, im klinischen Labor nicht üblich).
 

 
    Wassermangel äußert sich in einer Zunahme der Natriumkonzentration und der Osmolalität im Blutplasma - und umgekehrt. Da Flüssigkeitsvolumina (in und außerhalb von Zellen) über Salzkonzentrationen reguliert werden, hilft die Osmometrie an Blut- oder Harnproben bei der Diagnostik von Störungen des Salz-Wasser-Haushalts.
 Insbesondere bei bewusstlosen oder verwirrten Patienten ist die Kontrolle des Wassergehalts (des Hydrationszustandes) von Bedeutung, um im Falle einer Entgleisung der Osmoregulation (in der Regel Dehydrierung) Gegenmaßnahmen einzuleiten.
 
Die Osmolalität der extrazellulären Flüssigkeit bestimmt die Wanderung von Wasser durch die Zellmembranen - unabhängig vom extrazellulären Volumen:
 

Abbildung: Tonizität und Zellvolumen
Nach einer Vorlage bei Roger TannerThies: Physiology - An Illustrated Review. Thieme 2012


Wasser dringt (dank der Anwesenheit von Aquaporinen) um Größenordnungen besser durch Zellmembranen als Ionen oder andere Moleküle.

Schrumpft eine Zelle (
Abbildung, links), steigt die Konzentration der gelösten Inhaltsstoffe. So kommt es zu einem "Zusammenknäueln" von Makromolekülen (Proteinen, Nukleinsäuren) und entsprechenden Behinderungen der Zellfunktion. Umgekehrt droht die Zelle bei Überdehnung ( Abbildung, rechts) zu zerreißen (osmotische Lyse).

Zur Bestimmung des extrazellulären und intrazellulären Flüssigkeitsvolumens s. dort
 
Maßnahmen der Gegenregulation beginnen sofort und können (wenn die Zelle überlebt) über Stunden und Tage anhalten. Zur Normalisierung des Volumens forciert die Zelle den Transport osmotisch wirksamer Substanzen (Kationen, Anionen, organische Osmolyte) und damit von Wasser (osmotischer Effekt):
 

Abbildung: Regulatorische Volumenzunahme von Zellen in Reaktion auf Schrumpfung
Nach einer Vorlage in Butler / Brown / Stephenson / Speakman, Animal physiology - An environmental perspective. Oxford University Press 2021

Das Schrumpfen der Zelle stimuliert volumensensitive Proteine: Na/H-Austauscher werden hinaufreguliert (durch Aufblähung der Zelle herunterreguliert), der Na/K/Cl-Cotransporter aktiviert und der osmotische Wassereinstrom in die Zelle dadurch angeregt. Zusätzlich nimmt der Einstrom (ebenfalls osmotisch wirksamer) Osmolyte wie z.B. Taurin zu

 
Zelluläre Osmoregulation: Einige Membrankanäle sind volumensensitiv, d.h. sie ändern ihre Durchgängigkeit mit der Dehnung und damit auftretenden Lateralspannung in der Zellmembran. Direkt oder indirekt kommt es so zu veränderten Durchtrittswahrscheinlichkeiten osmotisch aktiver Substanzen und damit auch der Osmolalität in der Zelle. Wie die Abbildungen zeigen, führt das insgesamt bei geschrumpften Zellen zu einem Netto-Einstrom gelöster Stoffe, Anstieg der Osmolalität und dadurch Wassereinstrom, der das Zellvolumen wieder normalisieren kann. Umgekehrt führt ein Aufblähen der Zelle zu einem Ausstrom von Osmolyten, dadurch verlässt Wasser die Zelle und das Zellvolumen nimmt wieder ab.
 

Abbildung: Reduktion des Zellvolumens in Reaktion auf Zunahme des Zellvolumens
Modifiziert nach einer Vorlage in Butler / Brown / Stephenson / Speakman, Animal physiology - An environmental perspective. Oxford University Press 2021

Steigt das Zellvolumen, nimmt auch der Ausstrom von Osmolyten zu. Die resultierende Abnahme der Osmolalität regt auch den Ausstrom von Wasser an, das Zellvolumen normalisiert sich


Bezogen auf die Verhältnisse im gesamten Organismus, stellt sich die Situation je nach der Osmolalität der Körperflüssigkeiten unterschieldich dar:

  Bei isotonen Veränderungen des extrazellulären Volumens (Hyper- oder Hypohydration) liegt kein Unterschied zwischen intra- und extrazellulärer Osmolalität vor, es kommt zu keiner Netto-Bewegung von Wasser durch die Zellmembranen, das Volumen der Zellen (Intrazellulärvolumen) bleibt unverändert.
  Nimmt z.B. die extrazelluläre Natriumkonzentration ab (hypotone Störung: [Na+] < 136 mM), dringt Wasser osmotisch in die Zelle ein (die ja jetzt relativ hyperton ist), es kommt zu Zellschwellung (Zellödem), was Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Übelkeit und Muskelkrämpfe bedingen kann. Bei hypotoner Hyperhydration ("Wasservergiftung") nimmt sowohl das Extra- als auch das Intrazellulärvolumen zu.
  Bei hypertoner Störung passiert das Gegenteil: Wasser verlässt die Zellen, diese schrumpfen ("zelluläre Exsikkose"), Unruhe, Fieber, Durst können die Folge sein. Bei hypertoner Dehydration ("Durstexsikkose") kommt es durch Wasserdefizit (Ausscheidung > Nachschub) zunächst zu Kontraktion des Extrazellulärraums, und die Hyperosmolalität (erhöhte Salzkonzentration) zieht Wasser aus den Zellen. Ein Beispiel dafür ist unkompensierter Schweißverlust:

Starkes Schwitzen → Verlust hypotoner Flüssigkeit → a) / b)
 
a) → extrazelluläres Volumen sinkt → Harnausscheidung nimmt ab
 
b) → Osmolalität steigt → Wasser strömt aus den Zellen → allgemeine Hypertonizität
 
  

Abbildung: Osmotischer Ausgleich bei De- oder Hyperhydration
Nach einer Vorlage in Thews / Mutschler / Vaupel: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen, WVG 1982

Dehydration : Abnahme, Hyperhydration: Zunahme des extrazellulären Volumens. Die Verhältnisse können - je nach Osmolatität - iso-, hyper- oder hypoton sein. Beispiele:
 
Isotone Dehydration: Erbrechen - Durchfall - Brandverletzungen - Diuretikaabusus
 
Hypertone Dehydration: Durst und Schweißverlust - unbehandelter Diabetes mellitus
 
Hypotone Dehydration: Kochsalzmangel - Nebennierenrindeninsuffizienz (Mb. Addison)
 
Isotone Hyperhydration: Übermäßige Infusionen - Herzversagen - Leberzirrhose
 
Hypotone Hyperhydration: Glucoseinfusion - Herzversagen - Leberzirrhose
 
Hypertone Hyperhydration: Infusion hypertoner Lösungen (Kochsalz, Mannit,..)


     Als physiologische Kochsalzlösung bezeichnet man eine dem Blutplasma isotone Lösung von 9 g NaCl pro Liter (0,9 %ige NaCl-Lösung). Diese hat die gleiche osmotische Konzentration wie Blutplasma bzw. interstitielle Flüssigkeit (290 mosmol/l) und wird als Grundlage für die meisten medizinischen Infusionsflüssigkeiten verwendet.

Würde man (in einem Gedankenexperiment, nicht real) den Extrazellulärraum durch Zufuhr von reinem Wasser, isotoner Kochsalzlösung oder unverdünntem Kochsalz erhöhen, wäre der Effekt auf das intrazelluläre Volumen unterschiedlich:
 
    Wasser würde den Intrazellulärraum erhöhen (osmotisch bedingter Einstrom von H2O in die Zellen), die Zellen schwellen an,
 
    die Zufuhr isotoner Kochsalzlösung würde das intrazelluläre Volumen unverändert lassen,
 
    löst man NaCl in extrazellulärer Flüssigkeit, wird diese hyperton, Wasser strömt osmotisch bedingt aus den Zellen, die Zellen schrumpfen.

Die Osmolalität des Blutplasmas entspricht der Osmolalität einer 0,9 %igen Kochsalzlösung
 
Da Natrium aus den Zellen weitgehend herausgehalten wird (Na/K-Pumpe), ist Natrium das Leitkation des Extrazellulärraumes, und die gelöste Natriummenge bestimmt den Betrag des extrazellulären Volumens (die Osmolarität - etwa 290 mosmol/l - wird vom Körper präzise reguliert). Die renale Natriumausscheidung wird nicht durch die extrazelluläre Na+-Konzentration, sondern das effektive Blutvolumen - physiologischerweise ein Maß für das extrazelluläre Volumen - gesteuert.
 
Meerwasser
hat eine 3-4mal höhere Kochsalzkonzentration (~30 g/l) als extrazelluläre Flüssigkeit (~8 g/l). Trinkt man derart konzentrierte Salzlösung ohne Zusatz von Wasser, ist die Konzentrationsfähigkeit der menschlichen Niere überfordert (Harnstoff ist ein wichtiges "Harnfixum", das renal ausgeschieden werden muss und einen wesentlichen Teil der Osmolalität des Harns ausmacht).

Trinkt eine Person Meerwasser, ergibt sich zunächst (vorausgesetzt, man startet im euhydrierten Zustand) eine hypertone Hyperhydration. Das überschüssige Kochsalz kann von der Niere nur unter Verbrauch von Wasser ausgeschieden werden, sodass sich rasch eine hypertone Dehydration einstellt.

Bei Wassermangel in einer entsprechenden Notsituation (lost at sea) nehmen daher extrazelluläres Volumen und Blutvolumen ab, lebensbedrohliches Kreislaufversagen kann sich einstellen.

Nur bei spezieller Langzeitadaptation (Wüstentiere) ist der Organismus in der Lage, mit derart hypertonen Bedingungen zurechtzukommen (besonders stark ausgeprägtes Nierenmark mit höher entwickelter Fähigkeit zu osmotischer Gegenstrom-Multiplikation und Bildung hochkonzentrierten Harns).

   
Infusion hypertoner Infusionslösungen (z.B. NaCl) steigert sowohl Osmolarität als auch Volumen im Extrazellulärraum (hypertone Hyperhydration) → Wasser diffundiert aus den Zellen (Osmose), die Zellen schrumpfen
 
Hyperhydration senkt die Plasma-Proteinkonzentration (Verdünnungseffekt)
   
Infusionslösungen
: Die osmotische Wirkung ist durch die Konzentration gelöster Teilchen bestimmt. ~95% der Osmolarität in Körperflüssigkeiten stammt von Salzen (Elektrolyten).
 
  
  Isotone Glucoselösung wirkt stark hypoton, da Glucose rasch von den Zellen aufgenommen wird und so aus dem Extrazellulärraum verschwindet.

Die Osmolalität der Körperflüssigkeiten beträgt um die 290 mosmol/kg und schwankt normalerweise nicht mehr als 2-3%; bei Abweichungen um 1% (3 mosmol/kg) setzt die Osmoregulation ein und gleicht die Störung durch Ausscheidung verdünnten oder konzentrierten Harns, und evt. Wasserzufuhr, aus.

Alkohol hemmt den Vasopressinmechanismus, führt zu Wasserverlust und zu starker (bis 20%) Zunahme der Osmolalität in den Körperflüssigkeiten ("Kater"). Erst mit vollständigem Abbau des Alkohols kehrt die Osmolalität in den Normalbereich zurück.

Schweiß besteht zu 99% aus Wasser, enthält ~50 mM/l Natrium und Chlorid, 5 mM/l Kalium, geringe Mengen Harnstoff, Laktat, Magnesium u.a., und ist hypoton (35% der Osmolalität von Blutplasma). Beim Schwitzen geht vorwiegend Wasser, aber auch Salz verloren. Die Körperflüssigkeiten werden hyperton, die Zellen verlieren infolge Osmose Wasser, Osmorezeptoren lösen Durst und Vasopressinfreisetzung aus.
 
Kompartimente und Flüssigkeitsbilanz
 
Der Mensch besteht  mindestens zur Hälfte aus Wasser - Frauen zu ~50%, Männer zu ~60%. Neugeborene bestehen zu ~75% aus Wasser; der Flüssigkeitsanteil an der Körpermasse nimmt mit zunehmendem Alter ab.

Die Partitionierung des Körperwassers in definierte Flüssigkeitsräume hat erhebliche praktische Bedeutung, denn die Distribution von Wirkstoffen (z.B. Hormonen, Medikamenten) richtet sich nach physiologischen interkompartimentellen Grenzen und Verteilungsgeschwindigkeiten.

Prozentuell kann man von folgenden mittleren Masseanteilen ausgehen (KG = Körpergewicht, alle Zahlen gerundet):


Männer
Frauen
Körperwasser
(total body water TBW)
60% KG
50% KG
Intrazelluläre Flüssigkeit
60% TBW
Extrazelluläre Flüssigkeit (EZF)
40% TBW
Interstitielle Flüssigkeit
75% EZF
Blutplasma
20% EZF
Blut
8% KG
7% KG
Transzelluläre Flüssigkeit
5% EZF


Für eine Referenzperson (70 kg) würden sich daraus etwa die folgenden Masseanteile ergeben (Zahlen gerundet):
  Gesamtkörperwasser, Mann 42 kg, Frau 35 kg
  Intrazelluläre Flüssigkeit, Mann 25 l, Frau 21 l
  Extrazelluläre Flüssigkeit, Mann 17 kg, Frau 15 kg
  Interstitielle Flüssigkeit, Mann 13 kg, Frau 10 kg
  Blutplasma, 3 kg
  Blut, Mann 5,5 kg, Frau 5 kg
  Transzelluläre Flüssigkeit, 1 kg
 
Die Geschlechtsunterschiede ergeben sich aus der für Männer und Frauen typischen Körperzusammensetzung (höherer Fettanteil am Körpergewicht bei Frauen, s. dort).
 
Bringt man z.B. eine Substanz in den Kreislauf ein (i.v. Injektion), verteilt sie sich zuerst im Blut (~5 l, mittlere Kreislaufzeit ~1 Minute oder weniger), gelangt dann allmählich über die Kapillarschranke (Endothelien) in das Interstitium und von dort z.T. zurück zum Kreislauf (Lymphwege), z.T. zu Zellen, an (oder in) denen es seine Wirkung entfaltet (soferne es dafür Rezeptoren / Transporter gibt).

Soferne es diese erlauben, kann die Substanz auch über
Zellmembranen aus dem Extrazellulär- in den Intrazellulärraum übertreten.

Flüssigkeit und in ihr gelöste Stoffe unterliegen ständigem Austausch; Substanzen werden um- und abgebaut (z.B. in der Leber) und ausgeschieden (z.B. über Nieren / Harn, Galle / Darm, Schweiß u.a.). Über Kinetik und Dynamik von Substanzen im Körper s. dort.

Das extrazelluläre Volumen spielt eine direkte Rolle für die Kreislauffunktion: Durch Flüssigkeitsaustausch über die Kapillarwände sind extrazelluläres (interstitielles) und Plasmavolumen und damit auch Blutvolumen direkt voneinander abhängig.

So führt z.B. Salzverlust (Beispiel Versagen der Nebennierenrinde → Aldosteronmangel → Kochsalzverlust → Hypovolämie
→ geringer venöser Rückstrom → reduzierte kardiale Vorlast → herabgesetztes Herzzeitvolumen) zu Problemen, den arteriellen Blutdruck aufrechtzuerhalten, damit zu Kreislauflabilität und schließlich Kreislaufversagen, das unbehandelt zum Tode führt (Mb. Addison).

Veränderungen der Blut- bzw. extrazellulären Osmolalität beeinflussen u.a. die Aktivität in der lamina terminalis (einer über der Sehnervenkreurung gelegenen, zum vorderen Hypothalamus gezählten dünnen Gewebeplatte an der Vorderwand des 3. Ventrikels, die das organum vasculosum laminae terminalis und
das subfornikale Organ - zirkumventrikuläre Organe -  enthält und eine Schlüsselrolle für die Steuerung des Trinkverhaltens spielt) und im vorderen gyrus cinguli. Dies lässt sich mittels Registrierung von BOLD-Signalen nachweisen ( Abbildung):

  
Abbildung: Aktivität in Hypothalamus und Großhirnrinde und Durstgefühl bei wechselnder Plasmaosmolalität
Nach Bourque CW, Central mechanisms of osmosensation and systemic osmoregulation. Nature Reviews Neuroscience 2008; 9: 519-31

Hirnaktivität - ermittelt über MRI-BOLD - im vorderen gyrus cinguli (ACC, anterior cingulate cortex) und der lamina terminalis sowie das subjektive Durstempfinden (Skala rechts oben) bei wechselnder Plasmaosmolalität.
 
Die Osmolalität wurde durch i.v.-Infusion einer hypertonen Kochsalzlösung gesteigert und das Durstempfinden (blaue Kurve oben) bei gleich bleibend hoher Osmolalität (rote Kurve) durch zweimaliges Trinken von Wasser gesenkt (Pfeile rechts).
 
Osmorezeptoren des Hypothalamus befinden sich im organum vasculosum der lamina terminalis sowie im subfornikalen Organ. Die Aktivität der osmosensiblen Zone im organum vasculosum (BOLD-Signal unten: aus lamina terminalis) steigt mit der Osmolalität. Die Aktivität der Rinde (aus ACC: vorderer gyrus cinguli) korreliert hingegen mit dem Durstempfinden.
 
  MRI (Magnetic resonance imaging): Bildgebendes Verfahren zur Darstellung von Struktur und Funktion von Geweben und Organen    BOLD (Blood-oxygen-level dependent contrast): Abhängigkeit des Bildsignals vom Sauerstoffgehalt in den Erythrozyten
 
MRI-BOLD zeigt die Topografie des Sauerstoffverbrauchs


Regionale Spezialisierung auf Signale des Wassermangels: Das Gehirn reagiert in unterschiedlichen Regionen auf Hypertonizität bzw. Durstempfinden: Während die Aktivität des vorderen gyrus cinguli vor allem mit dem Durstempfinden korreliert, nimmt diejenige der osmosensiblen Zone im organum vasculosum der lamina terminalis mit der Osmolalität des Blutplasmas (und damit der interstitiellen Flüssigkeit) zu ( Abbildung).

Eine erwachsene Person setzt jeden Tag ~3,5% seines Körpergewichts (~2,5 l/d) an Wasser (Säugling: ~10%) mit seiner Umgebung um:
 
     Aufnahme: 2,2 l/d per os, 0,3 l/d Oxidationswasser;
 
     Abgabe: Urin 1,5 l/d, Wasserverlust über Atmung und Haut 0,85 l/d, mit dem Stuhl 0,15 l/d

(gerundete Mittelwerte, können im Einzelfall stark unterschiedlich sein, z.B. bei starkem Schwitzen kann der Wasserverlust über die Haut mehrere l/d betragen).
 
 
  Die tägliche Wasseraufnahme beträgt beim Erwachsenen etwa 2-3 Liter, stark abhängig von Begleitumständen. Bei durchschnittlicher Ernährung fallen ~600 mosmol harnpflichtige Substanzen an. Da die Niere des Menschen auf maximal ~1200 mosmol konzentrieren kann, werden für die Ausscheidung dieser osmotischen Last mindestens 0,5 Liter Harn benötigt.

     Eine solche maximale Konzentrierung (negative Freiwasserclearance) erfolgt nur bei Wassermangel (Durstzustand). Als Freiwasserclearance bezeichnet man diejenige Plasmamenge, die (pro Zeiteinheit) als reines Wasser (also ohne gelöste Stoffe) ausgeschieden wird. Bei hypotonem Harn ergibt sich ein positiver, bei hypertonem ein negativer Betrag der Freiwasserclearance.

     Ist der 24-Stunden-Harn blutisoton, wird Wasser weder eingespart noch zusätzlich ausgeschieden (keine Freiwasserclearance).

     Ist der Harn hypoton, besteht eine positive Wasserclearance (z.B. infolge Zufuhr einer Wassermenge, die zur Erhaltung des osmotischen Gleichgewichts nicht nötig wäre - exzessives Trinken; sie kann im Fall eines voll ausgebildeten Diabetes insipidus bis ~20 l/d betragen).
 

            Zum Wasseranteil am Körpergewicht s. auch dort
 
Das Körperwasser (kann über Bestimmung des Verteilungsraums von schwerem Wasser oder anderen zellmembrangängigen Indikatoren ermittelt werden) ist folgendermaßen auf die Kompartimente verteilt:
  Intrazellulär ~60%
  Extrazellulär ~40%, bestehend aus:

     interstitiell (extravasale Gewebespalten) ~30%

     Blutplasma (intravasal) 6-8%

     transzellulär ('third space', anatomisch begrenzte extravasale Flüssigkeitsräume), z.B. Pleura-, Perikardial-, Peritoneal-, Liquorraum: 3-4%
  
Volumenregulation
 
Der Flüssigkeitsstatus des Körpers wird über zwei Achsen gesteuert: Das extrazelluläre Volumen über seinen Kochsalzgehalt und - eng damit verknüpft - das Blutvolumen und damit der Blutdruck einerseits, die Osmolalität der Körperflüssigkeiten (und damit die enge Korrelation Kochsalzgehalt - extrazelluläres Volumen) andererseits. Die beiden Systeme nutzen unterschiedliche Sensoren, Hormone und Effektoren, die in verschiedenen Abschnitten dieser Website behandelt werden:
 

Regulation extrazelluläres Volumen vs. Osmolalität

Nach Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology 2021

Regulation EZV / Blutdruck
Regulation Osmolalität
Was wird gemessen?
Effektives Blutvolumen
Osmolalität
Blutplasma
Sensoren
Barorezeptoren in Carotissinus, Aortenbogen, afferenten Nierenarterien, Atrien (Herz)
Hypothalamische Osmosensoren
Efferenzen
RAAS, Sympathikus, Vasopressin, ANP
Durst
Vasopressin
Effektoren
Kurzfristig: Herz, Blutgefäße
Langfristig: Niere
Niere
Trinkverhalten
Was wird beeinflusst?
Kurzfristig: Blutdruck
Langfristig: Natriumausscheidung
Wasserausscheidung
Wasseraufnahme
  
Die wichtigsten Schlüsseleffekte erfolgen über die Nieren: Natriumausscheidung einerseits (Kontrolle des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens), Wasserausscheidung andererseits (Steuerung der Osmolalität).
Das "Volumensignal" aus der Peripherie (Kreislaufrezeptoren) beeinflusst kurzfristig (Sekunden bis Minuten) den Sympathikustonus und kreislaufwirksame Hormone, langfristig (Stunden bis Tage) nervöse, humorale und hämodynamische Mechanismen zur Steuerung der Natriumausscheidung.

Änderungen der Plasmaosmolalität beeinflussen im Gehirn das Durstempfinden einerseits, die Sekretion von Vasopressin (ADH = antidiuretisches Hormon, Adiuretin, AVP = Arginin-Vasopressin) andererseits (Tabelle und Abbildungen).

Kardiovaskuläre Volumenrezeptoren - sowohl im Hochdrucksystem (arterielle Barorezeptoren) als auch im Niederdrucksystem (Vorhöfe des Herzens, Lungenkreislauf, große Venen) - vermitteln Information über die Füllung des Kreislaufs (systemische Druckwerte). Diese Rezeptoren haben PD-Eigenschaft, d.h. sie sprechen vor allem auf Änderungen von Dehnungszuständen von Gefäßen und Herzräumen an.



Abbildung: Vasopressinspiegel als Funktion abnehmenden Blutvolumens
Nach einer Vorlage in Greenspan FS, Strewler GJ, Basic and Clinical Endocrinology, 5th ed. Appleton & Lange 1997

Ab einer Hypovolämie um ~8% beginnt der Serumspiegel an Vasopressin (=Adiuretin) von seinem Basiswert um ~2,5 pg/ml nichtlinear anzusteigen, bei einem Volumenverlust von 20% auf mehr als das Zehnfache.


Sie geben aber auch Auskunft über absolute Volumenwerte, und bei Unterschreiten des Blutvolumens um mehr als ~8% unter den Normalwert (definiert über die optimale Funktionsweise des Kreislaufs) kommt es zu Erhöhung des Vasopressinspiegels im Blut ( Abbildung). Dieser Anstieg ist umso intensiver, je mehr das Blutvolumen abnimmt; bei einem Verlust von 15% des Referenzvolumens nimmt [Vasopressin] im Schnitt beinahe 10-fach zu, bei 20% Volumenverlust bis zu 20-fach.

Der erhöhte Vasopressinspiegel bewirkt Antidiurese (Vasopressin als "Wassersparhormon") und damit eine Normalisierung des extrazellulären und des Blutvolumens. Vor allem aber wirken höhere Vasopressin-Konzentrationen vasokonstriktorisch und damit direkt kreislaufstützend.

  Zum Wirkungsmechanismus des Vasopressins s. auch dort
 
Nicht das extrazelluläre Volumen als solches ist entscheidend für die Volumenregulation, sondern das im Kreislauf effektiv wirksame (effective circulating volume). Dieses ist nicht anatomisch, sondern funktionell definiert als die effektive Durchblutung spezifischer Gewebeareale. Die Dehnung ihrer Blutgefäße (Carotis, Aortenbogen, Gefäße in Lunge, Nieren, Leber, ZNS) sowie Herzvorhöfe entspricht dem Blutspeicher bzw. Perfusionsdruck, wird über Rezeptoren ermittelt und ist über Sympathikus und mehrere endokrine Systeme (s. Tabelle oben) regulatorisch wirksam.

Normalerweise gehen Änderungen in Blutvolumen und effektivem Volumen Hand in Hand; bestimmte Erkrankungen wie z.B. Herzinsuffizienz (congestive heart failure) können zu einer Entkopplung führen (Expansion des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens - Ödembildung - trotz niedrigen zirkulierenden Volumens).

 
Osmoregulation
  
Empfindlichkeitsvergleich Osmolarität / Kreislaufreiz: Das Vasopressinsystem reagiert auf osmotische Reize wesentlich sensibler als auf solche im Kreislauf: So bewirkt ein Anstieg der Osmolarität um 1-2% eine ähnlich starke Vasopressinausschüttung wie ein Blutverlust um ~10% oder eine Blutdrucksenkung um 20-30%.

Die Einstellung der Flüssigkeitsvolumina (und damit des Salzgehalts) im Körper ist mit der Osmoregulation verknüpft. Der (theoretisch mögliche) osmotische Druck, der sich bei Gegenüberstellung von reinem Wasser und Körperflüssigkeit (z.B. Blutserum) an einer perfekten semipermeablen Membran ergibt, beträgt ~750 kPa (7,5 bar). Es sind also beträchtliche Kräfte, die für osmotischen Druckausgleich z.B. entlang der Zellmembranen sorgen, sollte die Osmolalität auf beiden Seiten nicht gleich sein. Im Nierenmark, wo Hypertonizität bis zum ~4-fachen der Osmolalität besteht, sind die Kräfte noch größer.

Nimmt die Osmolarität der Körperflüssigkeiten ab, strömt Wasser in die Neuronen ein; nimmt sie zu, verlieren die Zellen Wasser. Im anterolateralen Hypothalamus (anterior und ventral zum 3. Ventrikel gelegen) sitzt eine Gruppe von Nervenzellen, die osmorezeptiv aktiv und mit besonderen Blutgefäßen ausgestattet sind: Sie verfügen über ein fenestriertes und damit gut durchgängiges Endothel (im Gegensatz zu den anderen Teilen des Gehirns mit tight junctions zwischen den Endothelzellen - Blut-Hirn-Schranke). Diese Region ist das organum vasculosum laminae terminalis (OVLT) sowie das Subfornikalorgan (SFO - vgl. Abbildung unten).



Mechanosensitive Kationenkanäle in der Membran der Osmorezeptorzellen reagieren auf deren Spannungszustand:

    Sinkt die Osmolarität (Zellen schwellen in hypotoner Umgebung an), sinkt auch die Öffnungswahrscheinlichkeit dieser Kanäle, es strömen weniger Kationen in die Zelle ein, sie hyperpolarisiert und die Aktionspotentvialfrequenz nimmt ab

    Steigt die Osmolarität (Zellen schrumpfen in hypertoner Umgebung), öffnen die Kanäle vermehrt, der Kationeneinstrom wird intensiver, die Zelle depolarisiert und die Aktionspotenzialfrequenz nimmt zu

Die Reaktion der Osmorezeptoren triggert entsprechende Reaktionen - bei Wasserdefizit Auslösung von Durstempfinden bzw. Harnkonzentrierung (Wasseraufnahme und vermehrte Wasserresorption korrigieren Hypertonizität). Neuriten aus dem OVLT projizieren auf den Hypothalamus (nucl. supraoptivus & paraventricularis) - dieser produziert, über glutamaterge Synapsen angeregt, Vasopressin (=ADH, Adiuretin):
 
 
Abbildung: Osmotische Schwellen für Vasopressinausschüttung und Durst
Nach Robertson GL, Vaptans for the treatment of hyponatremia. Nature Rev Endocrinol 2011; 7: 151-61

Im physiologischen Regulationsbereich (um 140 mM Natriumspiegel oder ~290 mosmol/kg Osmolarität) reagiert die Vasopressinsekretion empfindlich auf Änderung der Plasmaosmolalität (Gegenregulation durch Wasserausscheidung).
 
Die Durstschwelle liegt etwa bei diesem Punkt, intensiv wird das Durstgefühl erst ab Natriumwerten über ~145 mM (Osmolarität >300 mosmol/kg). Die beiden Schwellen liegen um 5-10 mosmol/kg auseinander.

Fazit: Wenn Durstempfinden auftritt, besteht bereits ein Wasserdefizit


Die Schwelle, ab der gesunde Personen ihre Vasopressinsekretion steigern, liegt zwischen 275 und 290 mosmol/kg (Mittelwert ~280 mosmol/kg); zwischen 285 und 305 mosmol/kg tritt Durstempfinden auf (Mittelwert ~290 mosmol/kg) ( Abbildung).

Durstempfinden kann außer einem Anstieg der Osmolarität durch verschiedene andere Reize ausgelöst werden, z.B. Renin und Angiotensin, die bei Blutverlust oder Blutdruckabfall freigesetzt werden (Signal eines Volumenverlustes!). Ähnliches gilt für Signale, die von Barorezeptoren ausgehen (Signal eines Blutdruckabfalls!). Umgekehrt kann Durstempfinden gestillt werden durch Signale, die Wasseraufnahme suggerieren (Befeuchtung der Lippen, Dehnung des Magens u.a.).

Eine bestimmte osmotische Konzentration (Osmolalität: osmol/kg Wasser) in einer Körperflüssigkeit bedeutet, dass sie eine entsprechende Menge osmotisch wirksamer (gelöster) Stoffe pro Volumeneinheit enthält. Hauptsächlich sind dies Salze - in der extrazellulären Flüssigkeit (und im Blutplasma) in erster Linie Kochsalz (NaCl).

Sowohl die Lage der Schwellen als auch die Empfindlichkeit der Vasopressinantwort ist individuell verschieden, so kann eine Veränderung um 0,5
mosmol/kg bei einer Person denselben Effekt haben wie die Veränderung um 5 mosmol/kg bei einer anderen. Das kann z.B. an Unterschieden im Kreislaufzustand ( Abbildung unten), Alter, Geschlecht, Calciumspiegel, Medikation u.a. liegen.

Verschiedene Reize, wie Übelkeit, vasovagale Synkope, Hypoxie oder Hypoglykämie, Alkohol, Nikotin und andere Drogen können die Vasopressinausschüttung rasch und sehr stark steigern.
 
Veränderte Regulationsschwelle für die Vasopressinausschüttung
 
Erniedrigte Osmolalität im Blut regt die Freisetzung von Aldosteron an, erhöhte Osmolalität die von Vasopressin.  Aldosteron (Nebenniere) ist das "Salzsparhormon", Vasopressin (=Adiuretin; Hypothalamus / Hypophysenhinterlappen) das "Wassersparhormon" des Körpers.
 
Die Empfindlichkeit des Hypothalamus, mit der er auf Änderungen der Plasmaosmolalität mit Vasopressinsekretion reagiert, hängt davon ab, welchen Volumenstatus die zuständigen Rezeptoren in Arterien, Venen und Herzräumen melden ( Abbildung):
   

Abbildung: Die Vasopressinkurve als Funktion der Osmolalität des Blutplasmas hängt vom Volumenstatus ab
Modifiziert nach Robertson GL, Aycinena P, Zerbe RL: Neurogenic disorders of osmoreguzlation. Am J Med 1982; 72: 339-53

Ist das extrazelluläre Volumen verringert (z.B. nach Blutverlust - Volumenkontraktion, grüne Kurve links), reagiert der Hypothalamus schon bei niedrigerer Osmolalität mit Vasopressinausschüttung auf Osmolalitätsanstieg. Ist des Volumen erhöht (z.B. nach Infusion eines Plasmaexpanders - Volumenexpansion, blaue Kurve rechts), erfolgt der Vasopressinanstieg erst bei erhöhten Ormolalitätswerten.

Rote Kurve (MItte): Normale (euvolämische) Vasopressinreaktion.

    Zum Vasomotorenzentrum s. dort


      Wenn Volumenmangel im Kreislauf und eine Reduktion des Vorhofdrucks zu einer Abnahme des Blutdrucks führen, so löst dies über den Baroreflex vermehrte Freisetzung von Vasopressin (AVP) aus dem Hypothalamus aus. Der Vasopressinspiegel schwankt (bei gleichbleibender Osmolarität) mit dem linksatrialen Druck.
 
       Zusätzlich regt ein reduziertes effektives Blutvolumen in den granulären Zellen des juxtaglomerulären Apparats (macula densa) vermehrte Reninfreisetzung an, sodass Angiotensin II entsteht. Dieses wirkt auf Rezeptoren im Gehirn (OVLT: organum vasculosum laminae terminalis, subfornikales Organ), was wiederum Vasopressinausschüttung zur Folge hat.
 

Abbildung: Vasopressinantwort auf Osmolalitätsänderung
Kombiniert nach Robertson GL, Aycinena P, Zerbe RL. Neurogenic disorders of osmoregulation. Am J Med 1982; 72: 339-53; und Rose DB. Clinical physiology of acid-base and electrolyte disorders. 4th ed. New York: McGraw-Hill 1994

Links: Die Plasmaosmolalität gesunder Probanden wurde über Veränderung des Hydrierungszustandes beeinflusst (vgl. Abb. rechts). Die Durstschwelle liegt höher als die Vasopressinschwelle.
 
Rechts: Das osmoregulatorische Verhalten hängt vom Kreislaufzustand ab. Die Zahlen in den Kreisen geben relative Änderungen von Blutvolumen bzw. Blutdruck an (N = 100%: normovolämisch, normoton; negative Zahlen: hypovolämisch / hypoton, positive Zahlen: hypervolämisch / hyperton).
 
Die Vasopressinantwort (jeweils linear dargestellt) ist sowohl in Lage als auch Empfindlichkeit (Steilheit der Kenngeraden) kreislaufabhängig


  Die osmotische Regulationsschwelle ist in folgenden Situationen erniedrigt:

     Volumenmangel (geringere Reizung kardiopulmonärer Rezeptoren)
 
     2. Zyklusphase der Frau
 
     Schwangerschaft (hormonelle Effekte auf Osmorezeptoren; Abbildung)

Die osmotische Regulationsschwelle ist erhöht bei

     Hypervolämie (über den Input von kardiopulmonären / arteriellen Barorezeptoren).
  
 
Abbildung: Vasopressin-Ansprechcharakteristik und Durstschwelle als Funktion der Plasmaosmolalität bei prägraviden (grün) und Frauen am Ende des 3. Schwangerschaftsmonats (rot)
Nach Daten bei Davison JM, Shiells EA, Philips PR, Lindheimer MD. Serial evaluation of vasopressin release and thirst in human pregnancy. J Clin Invest 1988; 81: 798–806

Der Anstieg des Vasopressinspiegels beginnt um ca. 8 mosmol früher, die Durstschwelle sinkt um etwa 10 mosmol - die Osmolalität der Körperflüssigkeiten sinkt um ~3%


Osmorezeptoren im Hypothalamus steuern einerseits das Durstempfinden (Wasseraufnahme), andererseits die Vasopressinfreisetzung (Wasserresorption). Beides wirkt sich auf die Ausscheidung von freiem (osmotisch ungebundenem) Wasser aus.

Inwieweit "Salzhunger" (salt craving) beim Menschen eine physiologische Rolle spielt ist unklar.

Ein besonders plakatives Beispiel für gestörte Osmo- / Volumenregulation ist der Diabetes insipidus, verursacht durch ein Versagen des Vasopressinmechanismus ("Wassersparhormon"). Pro Tag können bis zu ~20 Liter Wasser mit dem Harn verlorengehen (Polyurie). Folge ist - bei unzureichender Wasserzufuhr - nicht nur ein Volumenmangel, sondern auch Hyperosmolarität. (Notwendig ist eine erhöhte Wasseraufnahme: Polydipsie.)
 
Störungen des Wasserhaushalts
  
Dehydration: Verliert der Körper Wasser (z.B. durch starken Schweißverlust), ist die Frage, wie sich die osmotischen Konzentrationen (Tonizitäten) intra- und extrazellulär einstellen:

      Hypertone Dehydration - extrazelluläre Hypertonie bei (zunächst) intrazellulärer Normotonie. Diese Form der Dehydration entsteht durch Verlust von Wasser, z.B. bei Fieber bzw. intensivem Schwitzen ohne entsprechende Wasserzufuhr (Schweiß ist hypoton). Normalerweise führt Durst zur Aufnahme einer entsprechenden Wassermenge; wenn nicht, muss bewusst getrunken oder das fehlende Wasser per infusionem zugeführt werden.

      Isotone Dehydration - z.B. bei Durchfall oder Erbrechen: Die Osmolalität des Extrazellularraums bleibt gleich, da die verlorene Flüssigkeit isoton ist. Zufuhr salzhaltiger Flüssigkeit ist angesagt.

      Hypotone Dehydration - infolge Salzverlust, z.B. wenn nach starkem Schwitzen nur Wasser getrunken wird. Mineralwasser kann das fehlende Salz liefern, überschüssiges Wasser wird von den Nieren rasch ausgeschieden.

 

Abbildung: Osmotische Toleranzgrenzen
Nach einer Vorlage in H. Hinghofer-Szalkay: Praktische Physiologie, 3. Aufl. Blackwell Berlin 1994

Osmolalität (oben) und Natriumkonzentration (unten) im Blutplasma geben Hinweise auf Wasserintoxikation (links) oder Dehydrierung (rechts)


Als Folge der osmotischen Druckgradienten bewegt sich Wasser durch die Zellmembranen (Osmose - z.B. bei hypertoner Dehydration aus den Zellen in das Interstitium, es erfolgt ein Ausgleich mit Zunahme des extrazellulären Volumens - was für Blutvolumen und Kreislauf gut ist).
  
Regulatorische Reaktionen auf Wassermangel und Hypertonizität
 
Zwei Kerne in der lamina terminalis detektieren Dehydration: Das subfornikale Organ (SFO) und das organum vasculosum laminae terminalis (OVLT). Diese Organe unterliegen nicht der Blut-Hirn-Schranke und ihre Neurone können direkt sowohl die Osmolalität als auch die Konzentration an Angiotensin II im Blut messen. Beide Größen sind bei Dehydration erhöht; dies aktiviert sowohl Neurone in diesen Organen als auch im nucleus praeopticus, der ebenfalls in der lamina terminalis liegt. Wie auch der nucleus paraventricularis, produziert dieser - bei osmotischer Reizung vorgeschalteter hypothalamischer Kerne (SFO, OVLT) - das "Wassersparhormon" Vasopressin.

Nimmt die osmotische Konzentration der Körperflüssigkeiten zu, entsteht Durstgefühl; die nachfolgende Wasseraufnahme korrigiert die Hypertonizität und die Dehydration.

Periphere Feed-forward-Inhibition: Interessanterweise sinkt die Aktivität durstaktivierter Neurone mit beginnender Wasseraufnahme rasch, noch bevor die Osmolalität der Körperflüssigkeiten messbar abnimmt. Der Vorgang des Trinkens wirkt bereits dämpfend auf den hypothalamischen Durstantrieb, Trinken regt "Wassersensoren" in Mundhöhle und Verdauungstrakt an, die entsprechenden Signale werden an das Gehirn gemeldet, der zu erwartende Verdünnungseffekt wird gewissermaßen vorweggenommen (Vorwärtskoppelung). Offenbar sind dabei GABAerge Neuronen im Spiel, die auf Zellen des subforkikalen Organs projizieren. (Nach demselben Prinzip funktioniert der durstmildernde Effekt, der auftritt, wenn eine durstgeplagte Person an einem feuchten Textil nuckelt, ohne dass dabei Wasser aufgenommen wird.)
 
Hyperhydration
 
Bei Hyperhydration laufen die Mechanismen umgekehrt ab. Ziel der vom Hypothalamus ausgehenden Regelungen ist eine Normalisierung von Osmolalitäten und Flüssigkeitsvolumina.

Die
hypothalamische Regulierung der Osmolalität erfolgt sehr exakt. Sie stabilisiert Salz- und Wasserhaushalt, intra- und extrazelluläres Volumen, Blutvolumen und damit Kreislauffunktion. Dieser Mechanismus baut auf der Tatsache auf, dass die Zellmembranen in erster Näherung semipermeablen Membranen entsprechen und hier aus diesem Grund das Phänomen der Osmose genützt werden kann.
   
Vasopressin bewirkt, dass Wasser im Körper zurückgehalten wird
  
Vasopressin (antidiuretisches Hormon, ADH), ein im Hypophysenhinterlappen zwischengespeichertes Peptidhormon des Hypothalamus, beeinflusst durch seine "Wassersparwirkung" den Flüssigkeitshaushalt.

In der Niere fördert Vasopressin die Rückresorption von Wasser - beim Erwachsenen macht diese Wirkung ca. 1 Liter pro Stunde (!) aus.



Der Mechanismus funktioniert über
Transportsysteme im Tubulus- und Sammelrohrsystem. V2-Rezeptoren und Aquaporin-2 ermöglichen die Wasser-Rückresorption.
 

Abbildung: Rückkopplungskreise bei der Kontrolle der Osmolarität
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 1st ed. Saunders 2003

Stehen die Ausscheidung / Aufnahme von Wasser und Salzen nicht in Einklang, verändert sich die Osmolalität und/oder das Volumen der Körperflüssigkeiten.
 
Beides kann durch Reflexe behoben werden. Angriffspunkte sind Wasser / Salzaufnahme einerseits (Durst, Natriumappetit?), Ausscheidung andererseits (Nierenfunktionen)

    AVP, Vasopressin    OVLT, organum vasculosum laminae terminalis    PVN, paraventrikulärer Kern    SFO, Subfornikalorgan    SON, nucl. supraopticus des Hypothalamus

  Vasopressin (ADH, Adiuretin)
Plasma > Serum
0,5-5 pM (1 pmol = 0,4 mU = 1,1 ng)
Abhängig von Plasma-Osmolalität: Bei ≤280
mosmol/l unter 1,4 pM, über 280 mosmol/l bis 5 pM
Alkohol-, Koffein-, Nikotinabstinenz für 48 Stunden vor der Abnahme
Blutabnahme im Liegen und in entspannter Situation
Bei aufrechter Körperlage und/oder Stresseinwirkung höhere Werte
Bei kardiovaskulären Reizen und insbesondere präkollaptisch steigen die Werte stark an (um ~1 Zehnerpotenz)


Biologische Halbwertszeit ~10 min
 
Bei unterschiedlicher osmotischer Konzentration in Intra- und Extrazellulärflüssigkeit führt die transmembranale Strömung von Wasser zu Verdünnung der jeweils konzentrierteren Flüssigkeit (=Osmose).

So führt z.B. (extrazelluläre) Dehydration zum Austritt von Wasser aus den Zellen, was folglich einerseits die extrazelluläre Wassermenge erhöht, andererseits aber zu intrazellulärer Dehydration führt. Hydration (Wassergehalt) und Konzentration (Gehalt an gelösten Teilchen) sind so miteinander verknüpft.


Man unterscheidet hypo-, iso- und hyperosmotische Volumenstörungen (Hypo- und Hypervolämie) sowie (isovolumetrischen) Salzmangel oder -überschuss.

Ein Beispiel: Ein hyperosmotischer Volumenüberschuss (z.B. durch Infusion hypertoner Kochsalzlösung) führt gleichzeitig zu herabgesetztem intrazellulärem Volumen, da Wasser osmotisch bedingt aus den Zellen ins Interstitium übertritt.



 
Für die Verträglichkeit von Infusionslösungen spielt deren osmotische Konzentration (Tonizität) eine wichtige Rolle. Sie sind meistens isoton, nur in Ausnahmefällen hypo- oder hyperton. In letzterem Fall - z.B. bei Zufuhr konzentrierter Glucoselösung im Rahmen parenteraler Ernährung - muss die Lösung in einen zentralen Teil des Kreislaufs eingebracht werden, damit sie rasch (in einem großen Strömungsvolumen) verdünnt wird (zentraler Venenkatheter) und keinen osmotischen Schaden anrichtet.

"Plasmaexpander" sind Infusionslösungen mit erhöhter Osmolalität (hypertone Flüssigkeiten), sie "saugen" Gewebsflüssigkeit in die Blutbahn und erhöhen dadurch
vorübergehend das Blutvolumen.

Erhöhter Blutzuckerspiegel bei Patienten mit Diabetes mellitus löst in der Niere die Ausscheidung zusätzlichen Wassers aus (osmotische Diurese) - betroffene Personen nehmen auffällig viel Flüssigkeit zu sich (Polydipsie).
 

 
      Semipermeable Membranen sind durchgängig für Moleküle eines Lösungsmittels, nicht aber für gelöste Stoffe. Zellmembranen haben ähnliche Eigenschaften: Sie lassen Wasser leichter hindurchtreten als Ionen, Glucose, Aminosäuren etc. Die Konzentration gelöster Teilchen nennt man Osmolarität (Blutplasma ~290 mosmol/l), die Wanderung des Lösungmittels (Wasser) durch eine selektiv durchgängige Grenzfläche Osmose; diese erfolgt nach dem Konzentrationsgradienten des Lösungsmittels, also von der Seite niedrigerer zur Seite höherer Osmolarität (das Wasser folgt seinem Konzentrationsgefälle, wie bei der Diffusion). Die Zellwände geben der osmotischen Strömung nach, soferne sie Spielraum dazu haben (eine Seite schrumpft, die andere schwillt an), ohne dass wesentliche Druckänderungen auftreten müssen; ist ein Ausweichen nur begrenzt möglich (z.B. Gehirn), steigt der Druck auf der Seite mit niedrigerer Osmolalität (maximal ~19 mmHg / mosmol/l Unterschied), das kann Gefäße komprimieren und die Perfusion behindern
 
      Die osmotische Wirkung ist durch die Konzentration gelöster Teilchen bestimmt. ~95% der Osmolarität in Körperflüssigkeiten stammt von Salzen (Elektrolyten). 5 Substanzen bestimmen den Großteil der Plasma-Osmolalität: Natrium (~140 mM), Chlorid (~105 mM), Bikarbonat (~25 mM), Glucose (~5 mM), Harnstoff (~5 mM). Treten weitere Stoffe in nennenswerter osmotischer Konzentration auf, ist die Osmolarität entsprechend höher ("osmotische Lücke"). Von Hyperosmolarität (Hypertonizität) spricht man bei Plasma-Osmolarität >300 mosmol/l, von Hypoosmolarität (Hypotonizität) bei <280 mosmol/l. Osmometrie ermittelt Gefrierpunktserniedrigung oder Dampfdruckerniedrigung (Serum- oder Harnproben: Abschätzung des Hydrationszustandes). Bei isotoner Hyper- oder Hypohydration bleibt das Intrazellulärvolumen unverändert. Sinkt die extrazelluläre Osmolalität (hypotone Störung), schwellen die Zellen an, nimmt sie zu (hyperton), schrumpfen sie. Isotone Glucoselösung wirkt stark hypoton, da Glucose rasch von den Zellen aufgenommen wird. Schwitzen macht die Körperflüssigkeiten hyperton, die Zellen verlieren Wasser, Osmorezeptoren lösen Durst und Vasopressinfreisetzung aus
 
      Frauen bestehen zu ~50%, Männer zu ~60%, Neugeborene zu ~75% aus Wasser; der Flüssigkeitsanteil an der Körpermasse nimmt mit zunehmendem Alter ab. Die Verteilung von Wirkstoffen richtet sich nach Kompartmentgrenzen und Verteilungsgeschwindigkeiten; injiziert man sie, verteilen sie sich zuerst im Blut (~5 l, mittlere Kreislaufzeit ≤1 min), gelangen dann über die Endothelien in das Interstitium und zu den Zellen (Wirkort) oder zurück in den Kreislauf (Lymphe). Meist werden sie um- und abgebaut (z.B. Leber) und ausgeschieden (Nieren u.a.)
 
      Bei durchschnittlicher Ernährung fallen ~600 mOsmol harnpflichtige Substanzen zur renalen Ausscheidung an. Da die Niere des Menschen auf maximal ~1200 mosmol/l konzentrieren kann, sind dafür mindestens 0,5 Liter Harn notwendig (maximale Konzentrierung, negative Freiwasserclearance). Ist der 24-Stunden-Harn blutisoton, beträgt die Freiwasserclearance Null; ist er hypoton, ist sie positiv. Bei Abweichungen der Osmolarität um 1% (±3 mosmol/l) setzt Osmoregulation ein. Reduktion des Blutvolumens um >8% unter den Normalwert erhöht den Vasopressinspiegel - bei einem Volumenverlust von 15% fast 10-fach, von 20% ~20-fach. Das bewirkt Antidiurese ("Wassersparhormon") mit Blutvolumenerhöhung sowie Vasokonstriktion (Kreislaufstabilisierung)
 
      Das Vasopressinsystem reagiert auf osmotische Reize sensibler als auf solche aus dem Kreislauf: Ein Osmolaritätsanstieg um 1-2% erhöht den Vasopressinspiegel gleich stark wie ein Blutverlust um ~10% oder eine Blutdrucksenkung um 20-30%. Das organum vasculosum laminae terminalis und das Subfornikalorgan enthalten osmorezeptive Nervenzellen, die Kapillarwände haben hier fenestriertes ("offenes") Endothel (keine Blut-Hirn-Schranke). Nimmt die extrazelluläre Osmolarität zu, verlieren die Neuronen Wasser, mechanosensitive Kationenkanäle erhöhen ihre Öffnungswahrscheinlichkeit, die Zellen depolarisieren und die Aktionspotenzialfrequenz nimmt zu (bei Osmolaritätssenkung sinkt ihre Aktivität), Durstempfinden und Vasopressinsekretion ändern sich entsprechend. Durst wird auch ausgelöst durch Blutverlust, Blutdruckabfall, Renin, Angiotensin. Die Vasopressinschwelle liegt bei ~280 mosmol/l, die Durstschwelle bei ~290 mosmol/l (wenn Durst auftritt, besteht schon ein Wasserdefizit). Sowohl die Lage der Schwellen als auch die Empfindlichkeit der Vasopressinantwort sind individuell verschieden
 
      Osmolaritätsabfall regt die Freisetzung von Aldosteron an, Osmolaritätsanstieg die von Vasopressin. Auf kritische Situationen im Kreislauf (Hypovolämie, Hypotonie) reagieren die beiden Hormone gleichsinnig. Hypovolämie und die Lutealphase senken die osmotische Regulationsschwelle, Hypervolämie lässt sie ansteigen
 

 




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