Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
Dehydrierung: ὕδωρ = Wasser ("Entwässerung")
hyperton: ὑπέρ = über (hinaus), τόνος = (An)spannung
Hypovolämie: ὑπό = unter, volumen = Krümmung, αἷμα = Blut
Osmoregulation: ὠσμός = Antrieb, Eindringen; regula = Maßstab, Regel
subfornikales Organ: sub = unter, fornix = Bogen, Wölbung
Vasopressin: vas = Gefäß, premere = drücken, pressen
Der Hypothalamus stellt die Osmolalität
der extrazellulären Flüssigkeiten auf 280-290 mOsm/l ein.
Steigt die osmotische Konzentration - etwa infolge Dehydration -, nimmt die
Produktion von Vasopressin
zu; dieses "Wassersparhormon" fördert in der Niere die Rückgewinnung
von (glomerulär filtriertem) Wasser, was die Osmolalität im Körper wieder
senkt.
Die Schwelle, ab der osmotisch bedingte Vasopressinsekretion
anspricht, liegt bei etwa 280 mOsm. Erst bei höheren Werten (~290 mOsm)
wird zusätzlich der Durstmechanismus ausgelöst, was den Trinkmechanismus aktiviert (zusätzlich
zur verringerten Wasserausscheidung).
Kardiopulmonäre Rezeptoren beeinflussen die osmotische Regulationsschwelle:
Vasopressin beginnt bereits bei niedrigeren Osmolalitätswerten
anzusteigen, wenn das zentrale Blutvolumen abnimmt; umgekehrt ist die
Schwelle bei Hypervolämie zu höherer Osmolalität verschoben. Zweck dieses Einflusses ist die integrierte Kontrolle von
Herz-Kreislauf-System und Salz-Wasser-Haushalt: Der Salzgehalt des
extrazellulären Volumens steuert über die - präzise geregelte - Osmolalität
das Volumen des Extrazellulärraums sowie das Plasmavolumen.
Weitere Player sind das
Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (Volumen- und drucksteigernd,
salzsparend) und die natriuretischen Peptide (volumen- und
drucksenkend, natriuretisch).
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Abbildung: Vasopressin (=Adiuretin) und Regulierung der Flüssigkeitsbilanz
Nach einer Vorlage bei pharmacy180.com
Neurone
in den nuclei supraopticus und paraventricularis produzieren
Vasopressin, transportieren und speichern es anschließend im
Hinterlappen der Hypophyse.
Bei Erhöhung der extrazellulären Osmolalität (Ansteigen des
Natriumspiegels) werden diese Neuronen angeregt und geben gespeichertes
Vasopressin an den Kreislauf ab. In den Nieren bewirkt es verminderte
Wasserausscheidung (Antidiurese - Wasser verbleibt im Körper, die
Tonizität nimmt ab) und stabilisiert so die Osmolalität der
Körperflüssigkeiten.
Dies ist ein klassisches Beispiel für eine negative Rückkopplung unter Einbeziehung eines neuroendokrinen Regulationsechanismus
Osmolarität und Angiotensinkonzentration sind bei Dehydrierung erhöht,
was spezifische Neurone in OVLT und SFO anregt. Diese Neurone
projizieren auf eine dritte Region der lamina terminalis: Den medianen nucleus praeopticus (MnPO, s. unten). Dieser wiederum projiziert auf "klassiche" hypothalamische Kerne: Den nucl. supraopticus und nucl. paraventricularis ( Abbildung).
Diese sind ihrerseits neurosekretorisch aktiv: Sie bilden Vasopressin
(Aduiretin) und sind damit direkt in die Steuerung des renalen
Wasserhaushalts involviert (Adiuretin als "Wassersparhormon").
Die Regulation der Flüssigkeitsräume und die Funktion des Kreislaufs
sind eng miteinander verknüpft und Voraussetzung für den normalen
Stoffaustausch zwischen Geweben und Organen sowie mit der Umwelt.
Über Hunger und Sättigung: s. dort
Über Durst und Osmoregulation s. auch dort
Der Bestand an Natrium beträgt etwa 60 mmol/kg Körpermasse (für eine
durchschnittliche erwachsene Person ~10 Gramm) und ist ziemlich
konstant, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Davon sind etwa 2/3
frei und rasch mobilisierbar (exchangeable sodium),
1/3 im Knochen fixiert und nur über längere Zeiträume zugänglich.
Die
Konzentration in den extrazellulären Flüssigkeiten beträgt etwa 140
mM; dieser Wert (und damit das extrazelluläre Flüssigkeitsvolumen)
wird von der Osmoregulation in engen Grenzen stabil gehalten.
Der tägliche Flüssigkeitsbedarf beträgt beim Erwachsenen ~15%, beim Neugeborenen mindestens
50% seines extrazellulären Flüssigkeitsvolumens.
Zur
Bestimmung des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens s.
dort
Die tägliche Wasserbilanz einer erwachsenen Person (≥2 Liter pro Tag) sieht etwa so aus:
Abbildung: Wasserbilanz
Modifiziert nach einer Vorlage bei pharmacy180.com
Gerundete
Zahlenwerte für eine gesunde erwachsene Person (keine erhöhte Arbeits-
oder Hitzebelastung, normales Trinkverhalten) bei ausgeglichener
Flüssigkeitsbilanz (Zufuhr / 24h = Verlust / 24h).
Tägliche Zufuhr:
Trinken: ~1,5 Liter (bei Schweißverlust entsprechend mehr, bis >10 Liter pro Tag)
Wasser aus fester Nahrung (~0,7 l/d)
Oxidationswasser (Stoffwechsel; ~0,2-0,5 Liter / Tag)
Anderes (z.B. Infusionen)
Täglicher Verlust:
Harn (~1,5 Liter, je nach Flüssigkeitsbelastung, Osmoregulation )
Atmung (abhängig u.a. von Luftfeuchtigkeit, ~0,5 Liter/Tag)
Haut (ohne Schwitzen: perspiratio insensibilis; als Schweiß: perspiratio sensibilis - äußerst unterschiedlich, kann von Null bis mehrere Liter pro Tag betragen)
Stuhl (≥0,1 Liter/Tag)
Die supraoptische Region des Hypothalamus beinhaltet die Kerne,
welche die Hinterlappenhormone Oxytozin und Vasopressin produzieren
(magnozelluläre Neurone im nucl. supraopticus und paraventricularis)
und die u.a. auf Stressfaktoren reagieren. So kann hoher
Sympathikustonus die Mechanismen der Wasserausscheidung hemmen und
vorübergehend zu einer Erhöhung des Körpergewichts führen.
Stehen Aufnahme und Abgabe von Flüssigkeit nicht im Gleichgewicht, verändert sich
kurzfristig das Körpergewicht. Rasche Gewichtsänderungen sind also ein
Zeichen für Speicherung (Zunahme) oder Verlust von Körperwasser
(Abnahme).
Die Regelung des Durstempfindens
erfolgt über das organum vasculosum laminae terminalis sowie das subfornikale Organ - osmosensitive Zellgruppen in der Wand des III. Hirnventrikels, für die das Abdichtungsprinzip der Blut-Hirn-Schranke nicht gilt. Ausgelöst wird Durstempfinden und "primäres Trinken" durch
Erhöhung der Blut-Osmolarität (Dehydrierung)
Blutdruckabfall / Hypovolämie
Sekretion von Vasopressin
sowie weitere komplexe Einflüsse, wie Reize aus dem Mund-Rachen- sowie gastrointestinalen Bereich, soziale Faktoren u.a.
Die Blut-Osmolalität wird in Teilen des Gehirns gemessen, die nicht von der Blut-Hirn-Schranke betroffen sind: Dem organum vasculosum laminae terminalis und dem subfornikalen
Organ.
Zu zirkumventrikulären Organen s. dort
Osmolalitätsanstieg der extrazellulären Flüssigkeit stimuliert mechanosensitive
Kationenkanäle in der Membran osmorezeptiver Nervenzellen, depolarisiert diese und erhöht
ihre Aktionspotentialfrequenz. Das aktiviert z.B. Neuronen, die in den Hypothalamus projizieren.
Über den
Mechanismus der Osmorezeption s.
dort
Außer der Osmolalität wirken sich auch endokrine Signale auf die Aktivität osmorezeptiver Zellen aus:
Das organum vasculosum laminae terminalis (OVLT) - anterior und ventral zum 3. Ventrikel gelegen - und das subfornikale Organ (organum subfornicale) am Dach des dritten Ventrikels (unter der Fornix) sind zirkumventrikuläre Organe mit fenestriertem Endothel (mikrovilli- bzw. auch zilienhältige Tanycyten), die sich an der Elektrolyt- und Flüssigkeitsregulation beteiligen.
Zellen des Subfornikalorgans werden durch Anstieg des Angiotensinspiegels angeregt, im Hypothalamus die Bildung von Vasopressin zu stimulieren. Seine Neuronen steuern direkt das Trinkverhalten.
Dadurch ergibt sich ein (weiterer) Rückkopplungskreis zwischen Gehirn und Niere:
Einerseits regt der Hypothalamus über
Vasopressin (=Adiuretin) die Rückresorption von Wasser an, was das
Blutvolumen steigert und den Blutdruck stabilisiert;
andererseits
reagiert die Niere auf Volumenmangel / Blutdruckabfall mit Aktivierung
des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Mechanismus, und
Angiotensin II regt über das subfornikale Organ wiederum den Hypothalamus an.
Es gibt zwei Gruppen osmosensitiver Zellen:
Eine löst
Durstempfinden (und wahrscheinlich Salzappetit) und damit orale
Wasseraufnahme aus,
die andere projiziert auf das magnozelluläre System
im vorderen Hypothalamus (Vasopressinbildung).
Abbildung: Osmoregulation
Modifiziert
nach Brunton PJ, Arunachalam S, Russel SJA. Control of
neurohypophysial hormone secretion, blood osmolality and volme in
pregnancy. J Physiol Pharmacol 2008; 59: s8
Erhöhte extrazelluläre Natriumkonzentration (>145 mM -
osmotische Hypertonie ) regt die Elemente des Systems an und fördert
über Vasopressin den "Wassersparmechanismus" (Rückresorption in der
Niere).
Das organum vasculosum laminae terminalis (OVLT)
und der nucl. praeopticus (MnPO) sind in die Regelung von Körpertemperatur,
Hunger und Durst involviert, das subfornikale Organ am Boden des 3.
Ventrikels reagiert dazu besonders empfindlich auf Angiotensin II
(niedriger Blutdruck!).
Das magnozelluläre System (nucl. paraventricularis und nucl. supraopticus im Hypothalamus) bildet Adiuretin. Dieses wird bei Dehydration oder funktioneller Hypovolämie in den Blutkreislauf abgegeben.
Ab
einer Schwelle von 280 mOsm/kg lösen weniger als 1%
Änderung
der Plasmaosmolalität messbare Adiuretineffekte im Blut aus.
Diese osmotische Regulationsschwelle ist erniedrigt
Die osmotische Regulationsschwelle ist erhöht
bei
Hypervolämie (Rückkopplung über
kardiopulmonäre und arterielle Barorezeptoren).
In der Niere fördern V2-Rezeptoren die
Rückresorption von Wasser im Sammelrohrsystem (hormonabhängige
Einlagerung von Aquaporin-2 in die apikale Membran der Tubuluszellen).
Je höher die Adiuretinkonzentration, desto mehr mit Aquaporinmolekülen besetzte intrazelluläre Vesikel fusionieren mit der apikalen Membran und umso mehr Wasser wird rückresorbiert.
Fast 20 Liter Wasser täglich werden hormonabhängig rückresorbiert;
Adiuretin ist das "Wassersparhormon" des Körpers.
Mehr als 10% Abweichungen der Plasmaosmolalität vom Normalbereich sind lebensbedrohlich.
Vasopressin wird in Leber und Niere abgebaut; seine Halbwertszeit beträgt 2-5
Minuten.
Bei Leber- und Nierenerkrankungen kann die ADH-Konzentration
wegen mangelhaften Abbaus‚ ansteigen, was zu Wasseransammlung
im Körper führt.
Der Körper eines erwachsenen Menschen beinhaltet etwa 10 Gramm Natrium
(~60 mmol/kg) - davon 65% frei in den extrazellulären Flüssigkeiten
gelöst (~140
mM), 35% im
Knochen fixiert (und nur verzögert zugänglich). Natrium ist das
Leitkation extrazellulärer Flüssigkeit und lebensnotwendig für die
Erhaltung des Plasmavolumens
Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Kreislaufregulation sind eng miteinander
verknüpft. Der Hypothalamus reguliert Blutvolumen und
Salzkonzentration basierend auf Informationen von Volumenrezeptoren
(Kreislauf) und Osmorezeptoren (ZNS). Rasche Gewichtsänderungen resultieren aus Imbalancen des Flüssigkeitshaushaltes
Der mediale Hypothalamus enthält die supraoptische Region (magnozelluläre Neurone im nucl. supraopticus und paraventricularis: Vasopressin, Oxytozin); die tuberale Region (CRH, GnRH, Endorphine; Kontrolle von Nahrungsaufnahme, Körpergewicht, Verhalten); und die mamilläre Region (limbische Rückkopplungen). Der laterale Hypothalamus enthält das Hungerzentrum
Durst entsteht durch Erhöhung der Blutosmolarität (Dehydrierung),
Hypovolämie, Vasopressinwirkung, Mundtrockenheit. Das organum
vasculosum laminae terminalis und das Subfornikalorgan
enthalten Osmolaritätsrezeptoren. Steigende Osmolarität regt
hier mechanosensitive Kationenkanäle an und erhöht die
Aktionspotentialfrequenz osmorezeptiver Neurone. Das Subfornikalorgan
reagiert auch auf steigende Angiotensinspiegel (niedriger Blutdruck);
es
regt die Bildung von Vasopressin an (Wassersparmechanismus) und steuert
das
Trinkverhalten
Die osmotische Regulationsschwelle liegt bei 280 mOsm/kg, ab hier löst
schon geringe Erhöhung der Plasmaosmolarität deutliches Ansteigen der
Vasopressinsekretion aus. Volumenmangel (geringere Reizung
kardiopulmonärer Rezeptoren) reduziert diese Schwelle, Hypervolämie
erhöht sie (Rückkopplung über kardiopulmonäre und arterielle
Barorezeptoren). >10% Abweichungen der Plasmaosmolarität vom Normalbereich sind lebensbedrohlich
Renale V2-Vasopressinrezeptoren steigern die Rückresorption von Wasser
durch Einlagerung von Aquaporin in Tubuluszellen. An die 20 Liter
Wasser täglich werden hormonabhängig rückresorbiert; Vasopressin ist
das "Wassersparhormon" des Körpers
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Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie
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