Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Humoral-neuronale Steuerung und Kontrolle von Organsystemen

Wirkungsweise lipophiler Hormone

© H. Hinghofer-Szalkay 

Östrogen: οἶστρος = Leidenschaft, Stachel
Retinsäure: retina = Netzhaut (rete = Netz)
Steroid: στερεός = fest, εἶδος = Aussehen - abgeleitet von Cholesterin, das im 18. Jh. in Gallensteinen gefunden wurde (χολή = Galle)
Testosteron: testis = Hoden, στερεός = fest (>Steroid)
Thyr-: θυρεός = türähnliches (
θυρα = Türe) Schild (Schilddrüse)



Fettlösliche Hormone - Steroidhormone, Vitamin-D-Hormon und Schilddrüsenhormone - wirken über intrazelluläre Rezeptoren, d.h. sie diffundieren in die Zelle und binden dort an ihren Rezeptor.

Steroidhormon-Rezeptoren haben Hitzeschockprotein (HSP) gebunden. Gelangt das passende Hormon in die Zelle, wird es gegen HSP getauscht, es entsteht ein Hormon-Rezeptor-Komplex. Dieser gelangt in den Zellkern, bindet an hormone response elements (HRE) und initiiert die Synthese bestimmter Zielproteine.

Die Superfamilie der Steroid- und Thyroidrezeptoren bindet Kortikoide (Aldosteron, Cortisol), Sexualhormone (Östrogene, Progesteron, Testosteron), Schilddrüsenhormone, Calcitriol.

Im Blutplasma werden lipophile Hormone an Protein gebunden transportiert (Transportproteine), gelangen deshalb nur eingeschränkt aus dem Blut zu den Gewebszellen - je intensiver die Bindung, desto langsamer. Der Transport erfolgt teils unspezifisch (an Albumin), teils spezifisch (sexualhormonbindendes Globulin SHBG, Transkortin CBG, thyroxinbindendes Präalbumin, thyroxinbindendes Globulin). Nur der freie Anteil ist biologisch aktiv; der gebundene Anteil stellt eine Hormonreserve dar.
 
 
Überblick Rezeptoren Bildung und Wirkung von Steroidhormonen

  StAR-Protein

Core messages
 
Besonderheiten fettlöslicher Signalstoffe

Steroid- und Schilddrüsenhormone sowie Vitamin-D-Hormon sind lipophil und können direkt in Zellen gelangen, nutzen aber sowohl für die Passage in das Zellinnere als auch für den Einfluss auf intrazelluläre Enzymsysteme membranständige Rezeptoren. In der Zelle binden sie an sogenannte nukleäre Rezeptoren und wirken damit sehr gezielt auf die Ablesung der Erbinformation ein - mit dem Ziel veränderter Transkription, Translation und Komplettierung entsprechender Proteine.
 

Abbildung: Steroidsynthese aus Cholesterin
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016

Für die Steroidsynthese wird als Ausgangsmolekül Cholesterin benötigt. Cholesterin stammt aus zwei Quellen:
 
     80% werden über LDL-Partikel aus dem Blut aufgenommen (rezeptormediierte Enozytose mittels coated pits)
 
     20% werden von Nebennierenrinde und Gonaden aus Acetyl-Coenzym A neu gebildet


Bildungsgeschwindigkeit: Dieser Vorgang (Einfluss auf die Transkription, Expression neuen Poteins) dauert entsprechend lang, und im Gegensatz zu raschen Reaktionen über Rezeptoren in der Zellmembran und deren second-messenger- Verstärkungsmechanismen (Neurotransmitter, Peptidhormone) tritt ihre Wirkung verzögert ein (Minuten bis Stunden).
 
Die "Superfamilie" der Steroid- und Thyroid- Rezeptoren umfasst mehr als 40 Mitglieder; sie alle verfügen über mehrere Domänen, darunter die
 
    
Ligandenbindungsdomäne LBD (hormone binding domain), die spezifisch für jedes Hormon ist und nur dieses bindet, und
 
     DNA-Bindedomäne DBD (DNA binding domain).

Das Rezeptormolekül ermöglicht so - wenn sich Hormonmoleküle in der Zelle befinden - eine präzise Aktivierung der betreffenden Hormonwirkung.

Transport im Blut: Steroidhormone (die lipophil sind) benötigen Bindungsproteine, um im Extrazellulärraum mobil zu sein. Sie lagern sich reversibel an Carrier an, wie das (glykosylierte) Transcortin (corticosteroid-binding globulin CBG). Transcortin befördert den Großteil des Cortisols und auch des Progesterons im Kreislauf. Sexualhormone (Testosteron, Östrogene) nutzen mehrere Carrier: Homodimeres Glycocoprotein, Sexualhormon-bindendes Globulin (SHBG), Albumin.
 
Rezeptoren
 
Steroidhormonrezeptoren sind intrazelluläre Rezeptoren, die vor allem im Zytoplasma und im Zellkern, aber auch in der Zellmembran von Zielzellen vorkommen. Aktiviert - also mit dem gebundenen Signalmolekül - binden sie an Zielproteine, insbesondere DNA-Sequenzen, die sie über Zinkfingerdomänen erkennen.

Die Rezeptoren dimerisieren nach Anlagerung "ihres" Hormons - dabei dissoziiert ein vorher gebundenes heat shock protein (HSP), und dann können sie den Zellkern betreten - und binden in dieser Form an DNA-Sequenzen, welche als Hormone response elements (HRE) bezeichnet werden. Dadurch werden Transkriptionsvorgänge aktiviert und die Synthese von Proteinen eingeleitet (Abbildungen).

 

Abbildung: Steroide lösen Proteinsynthese aus
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016

Hormone dieser Gruppe wirken nicht indirekt über membranständige Rezeptoren, sondern direkt in der Zielzelle.
 
Die meisten von ihnen (Steroidhormone, Vitamin-D-Hormon) können ohne weiteres durch Zellmembranen dringen: Sie sind lipophil und gelangen mittels Diffusion in die Zelle.
 
Nur die elektrisch polaren Schilddrüsenhormone bedürfen dazu eines membranständigen Transporters.
 
Das Hormon trifft auf einen zytoplasmatischen Rezeptor - dieser koppelt dabei Hitzeschockproteine (heat shock proteins) ab. Hitzeschockproteine zählen zur Gruppe der Chaperone; sie werden je nach Molekulargewicht gruppiert als Hsp60, Hsp70 etc.
 
Der Hormon-Rezeptor-Komplex wird in den Zellkern transloziert (oder das Hormon bindet direkt im Zellkern an seinen Rezeptor), bindet an ein Hormone response element der DNA und gibt an Zielgenen die Transkription frei (Proteinsynthese)


Die Gruppe der intrazellulären Rezeptoren umfasst

  
  Glukokortikoidrezeptoren (glucocorticoid receptor GR) - sie werden fast überall im Körper in z.T. organspezifischer Form ausgebildet. Sie regulieren den Stoffwechsel, aber auch körperliche Entwicklungs- und Immunfunktionen

  
  Mineralkortikoidrezeptoren (Aldosteronrezeptoren, mineralocorticoid receptor MR) - sie finden sich im Zytosol und binden an Mineral- und Glukokortikoide gleich gut. Sie werden von Zellen exprimiert, die am Flüssigkeitshaushalt beteiligt sind (Nieren, Colon, Schweißdrüsen), aber auch von anderen (ZNS, Herz, braunes Fettgewebe, Epithelzellen). Ihre Aktivierung erhöht u.a. das extrazelluläre Flüssigkeitsvolumen und den Blutdruck

  
  Östrogenrezeptoren (estrogen receptor ER) wirken vor allem als DNA-bindender Transkriptionsfaktor und beeinflussen so die Genexpression der Zielzellen

  
  Ähnliches gilt für Progesteronrezeptoren (progesterone receptor PR); ist kein Hormon gebunden, hemmt dies die Transkription der entsprechenden Genabschnitte

  
  Androgenrezeptoren (androgen receptor AR) werden in den meisten Geweben exprimiert. Sie erhalten nicht nur während der Entwicklung des Embryos und der Pubertät, sondern während des gesamten Lebens die Ausprägung des männlichen Erscheinungsbilds und Verhaltens

  
  Vitamin D- (Calcitriol)-Rezeptoren (vitamin D receptor VDR) treten in allelen Variationen auf (Polymorphismus) und binden vorzugsweise Vit.D3 - 1,25(OH)2 (um zwei Zehnerpotenzen stärker als 25(OH)D3 und 24,25(OH)2D3)
 
  
   Retinsäurerezeptoren (retinoic acid receptor RAR) treten in mehreren Formen auf (α, β, γ) und werden durch all-trans- sowie 9-cis-Retinsäure aktiviert, d.h. sie wirken dann als Transkriptionsfaktoren, was u.a. für die Funktionsfähigkeit des Nervengewebes wichtig ist
 
  
  Schilddrüsenhormonrezeptoren (thyroid hormone receptor TR) binden T3 und T4. Aktiviert wirken sie als Transkriptionsfaktoren, regulieren den Stoffwechsel, spielen eine kritische Rolle für die Entwicklung des Organismus und beeinflussen die Herzfrequenz (positiv chronotrop).
 
Bildung und Wirkung von Steroidhormonen
  
    Steroide entstehen in Zellen, welche über entsprechende Enzyme verfügen, welche die Neusynthese der Steroide ermöglichen ( Abbildung). Nur bei Bedarf werden sie aus Cholesterin (dessen Ester werden dazu hydrolysiert) neu gebildet und an den Exrazellulärraum abgegeben, nachdem sie durch Zytoplasma und Zellmembran diffundiert sind. Steroide gehören zur Gruppe der Isoprenoide, zu denen auch die Gallensäuren gehören. Beide - Steroide und Gallensäuren - werden von der Zelle aus Acetyl-CoA über die 5C-Zwischenstufe Isopentenyl-Pyrophosphat (IPP, "aktives Isopren") aufgebaut.


Abbildung: Steroidhormonbildung
Nach einer Vorlage bei Häggström M, Richfield D (2014). "Diagram of the pathways of human steroidogenesis". Wikiversity Journal of Medicine 1 (1)

Violett: Mineralkortikoide (Aldosteron), grün: Glukokortikoide (Cortisol), gelb: Gestagene (Progesteron), blau: Androgene (Testosteron), rosa: Östrogene. Enzyme in rechteckigen Kästchen gezeigt.
 
In Fettgewebe können aus Androgenen durch Aromatisierung erhebliche Mengen Östrogene gebildet werden


Cholesterin ist die Ausgangssubstanz aller Steroide ( Abbildung); es wird von der Zelle teils aus Acetat neu gebildet, teils aus dem Extrazellulärraum aufgenommen - über rezeptorvermittelte Endozytose hauptsächlich aus LDL-Partikeln -, z.B. in der zona fasciculata der Nebennierenrinde.

Die intrazelluläre Speicherung erfolgt als Cholesterinester (die Veresterung erfolgt durch ACAT: Acyl-CoA-Cholesterintransferase) in Form von Lipidtröpfchen im Zytoplasma.
Das im Zytoplasma gespeicherte Cholesterin kann dann jederzeit durch HSL (hormonsensitive Lipase) zu freiem Cholesterin zurückverwandelt werden (dieser Vorgang wird in der Nebenniere durch ACTH angeregt).
 
     ACAT wirkt also in Richtung Speicherung von Cholesterinestern in Fetttröpfchen, HSL in die Gegenrichtung (Mobilisierung von freiem Cholesterin).

Freies Cholesterin wird - offenbar über Wirkung des Transporters StAR-Protein - über die äußere Mitochondrienmembran gebracht, um an die innere Mitochondrienmembran zu gelangen (dies ist ein geschwindigkeitslimitierender Schritt).
An der inneren Mitochondrienmembran sitzt das (P-450 seitenkettenspaltende) Enzym CYP11A1, das aus Cholesterin Pregnenolon entstehen lässt. Dies ist die Ausgangssubstanz aller weiteren Steroidhormone, die in Nebennierenrinde, Ovar, Hoden oder Plazenta gebildet werden.
 
    das StAR-Protein
(StAR, STARD1, steroidogenic acute regulatory protein) ist der geschwindigkeitsbestimmende Faktor der Steroidsynthese. Es fördert den Cholesterintransport über äußere und innere Mitochondrienmembran und den dazwischen liegenden Intermembranraum (Mechanismus unklar: Shuttle? Cholesterinkanal? Membrankontakte?). Man findet das StAR-Protein in steroidbildenden Zellen: Ovarien (Theca-Zellen, Gelbkörperzellen), Hoden (Leydig-Zwischenzellen), Nebennierenrinde. Seine Synthese wird durch LH, ACTH und Angiotensin II angeregt.

Zur Verwandlung des Cholesterins zu einem bestimmten Steroidhormon bedarf es bestimmter Enzyme (
Abbildung). So entsteht aus Pregnonolon durch Einwirkung von 3ß-HSD2 (Hydroxysteroiddehydrogenase) Progesteron - einerseits selbst als Gestagen wirksam, andererseits eine Vorstufe für Mineral- und Glukokortikoide, Testosteron und Östrogene.

Produktions- vs. Sekretionsrate: Da Steroide nicht nur von "klassischen" hormonsezernierenden Drüsen, sondern auch von "peripheren" Körperzellen aus Vorstufen enzymatisch gebildet werden, unterscheidet man Sekretion (aus entsprechenden Drüsen) und zusätzliche Gewebsbildung. Die Summe ist die Produktionsrate, diese ist immer höher als die Sekretionsrate:
 
Hormon-Produktionsrate (gesamt) = Sekretionsrate (aus Hormondrüsen) + zusätzliche Synthese (Gewebe)
 
Steroidhormone entstehen in der Nebennierenrinde, in Ovarien, Testes, und in der Plazenta. Die Ausgangssubstanz für die Zellen, die sie produzieren, ist Cholesterin; dieses kann von der Zelle selbst produziert, aber auch von cholesterinreichen Lipoproteinen (LDL, HDL) gewonnen werden. Das erste Produkt ist immer Pregnenolon (>Abbildung), von dort divergieren die weiteren Synthesewege (bis zu 6 enzymatische Stufen).

Da Steroide fettlöslich sind und nicht in der Zelle gespeichert werden können, erfolgt die Regulation ihrer Synthese über Aufnahme, Speicherung (in Lipidtröpfchen) und Mobilisierung von Cholesterin andererseits, Expression und Aktivität von Enzymen andererseits. Diese Enzyme finden sich in der Wand des glatten endoplasmatischen Retikulums sowie in Mitochondrien (beide Zellorganellen sind in steroidhormon-produzierenden Zellen reichlich vorhanden). Die fertigen Hormone können die Zelle
aufgrund ihrer Fettlöslichkeit problemlos verlassen.

Manchmal werden primär sezernierte Steroidhormone dann noch weiter verändert (periphere Konversion). Beispielsweise wird Testosteron in Fett-, Muskel- und anderen Geweben durch Wirkung einer (peripheren) Aromatase zu Östradiol verwandelt; an der plazentaren Steroidsynthese wirken Mutter und Fetus mit.
 
Charakteristika von Steroidhormonen
Bei Bedarf / Anregung Synthese aus Cholesterin durch enzymatische Aktivität (regulierte Zwischenschritte)
Keine Speicherung in Vesikeln
Transport im Blut in eiweißgebundener Form (Bindungsproteine)
Rasche Wirkung über membranständige, verzögerte Wirkung über intrazelluläre Rezeptoren
Orale Gabe möglich (Resorption intakter Moleküle)
 
Man unterscheidet folgende Kategorien an Steroidhormonen:

     Progestine (21 C), z.B. Progesteron. Wirkung vor allem über den Progesteronrezeptor

     Mineralcorticoide (21 C), z.B. Aldosteron. Wirkung vor allem über den Mineralcorticoidrezeptor

     Glukocorticoide (21 C), z.B. Cortisol. Wirkung vor allem über den Glucocorticoidrezeptor

     Androgene (19 C), z.B. Testosteron. Wirkung vor allem über den Androgenrezeptor

     Östrogene (18 C), z.B. Östradiol, Östriol. Wirkung vor allem über den Östrogenrezeptor

     Cholecalciferol (Vitamin-D-Hormon, 1,25-(OH)2-D3), ein Secosteroid, d.h. einer von 4 Sechserringen ist aufgebrochen. Wirkung über den Vitamin-D-Rezeptor
 
Cross-talk:
In unterschiedlichem Ausmaß können Steroidhormone an Rezeptoren wirken, die Hauptangriffspunkt anderer Steroide sind (beispielsweise greifen synthetische Progesterone gut an Androgenrezeptoren an).
 
Rasche und verzögerte Hormonwirkung: Neben nukleären (intrazellulären) Rezeptoren gibt es auch Membranrezeptoren für Steroide, auf diese Weise sind rasche Wirkungen erklärbar (second messenger, intrazelluläre Verstärkung, Wirkung auf Ionenkanäle u.a. innerhalb von Sekunden bis Minuten). Wirkungen an "klassischen" nukleären Hormonrezeptoren funktionieren über Zellkern, Transkription und Proteinsynthese und machen sich entsprechend verzögert (Minuten bis Stunden) bemerkbar (  Abbildung).
 

 Abbildung: Rasche und verzögerte Steroidwirkungen
Nach einer Vorlage bei Silverthorn, Human Physiology, an integrated approach, 4th Int'l ed. 2007, Pearson / Benjamin Cummings

1: Hydrophobe Steroide sind im Kreislauf meist an Trägerproteine gebunden. In dieser Form können sie nicht aus dem Blut austreten. Nur ungebundene ("freie") Moleküle gelangen zur Zelle.
 
2: Steroidrezeptoren finden sich im Zytoplasma und im Karyoplasma.
 
2a: Einige Steroide binden an membranständige Rezeptoren. Diese aktivieren Second-messenger-Systeme zur raschen Wirkung.
 
3: Der Rezeptor-Hormon-Komplex bindet an DNA und beeinflusst (aktiviert / reprimiert) ein oder mehrere Gen(e).
 
4: Aktivierte Gene lassen mRNA entstehen, dieses gelangt in das Zytoplasma.
 
5: Translation erzeugt neue Proteine, dies wirkt sich auf die Funktion der Zelle aus


Transportproteine: Im Blutplasma werden hydrophobe Hormone an Plasmaproteine gebunden, entziehen sich dadurch teilweise einem raschen Abbau und haben eine Halbwertszeit von Minuten (Progesteron ~5, Testosteron , Östradiol und Aldosteron 10-20, Cortisol 50-100) bis Tagen (T3, T4).

Die Proteinbindung fettlöslicher Hormone im Kreislauf erfolgt teils unspezifisch (Albumin), teils spezifisch (sexualhormonbindendes Globulin SHBG, Transkortin CBG, thyroxinbindendes Präalbumin, thyroxinbindendes Globulin TBG). Diese Proteine regulieren Bioverfügbarkeit und Lebensdauer der Hormone. Der freie Anteil (Tabelle) ist der biologisch aktive, d.h. er gelangt zur Zelle und kann dort auf Rezeptoren wirken.

Der gebundene Anteil stellt einen rasch verfügbaren Speicher dar, die Bindung an Transporthormone ist unterschiedlich stark bzw. spezifisch (schwach an Albumin). Durch die starke Bindung von Steroiden an Trägerproteine im Plasma ergeben sich relativ lange biologische Halbwertszeiten (anders als bei den meisten Proteohormonen, die frei im Plasma vorliegen).
 

Transport von Steroidhormonen im Blutplasma

Modifiziert nach Wilkinson / Brown: An Introduction to Neuroendocrinology, 2nd ed., Cambridge University Press 2015
Zahlen gerundet

Steroid
Konzentration gesamt (nM) % frei (ungebunden)
% gebunden

an CBG
an Albumin
an SHBG
Halbwertszeit (min)
Cortisol
400
4
90
6
0,1
50-100
Aldosteron
0,4
40
20
40
0,1
~10
Progesteron
0,6
2,4
17
80
0,6
~5
Testosteron
20
2,0
3
40
55
~10
Östradiol
0,1
2,0
0
68
30
20


Steroidhormone wirken über nukleäre Rezeptoren - also solche, die im Zellkern die Ablesung bestimmter DNA-Sequenzen beeinflussen. Darüber hinaus sind weitere intrazelluläre Signalwege wirksam:
 

  Abbildung: Hormonelle Wirkmechanismen
Nach Prossnitz ER et al, Estrogen signaling through the transmembrane G protein-coupled receptor GPR30. Annu Rev Physiol. 2008; 70: 165-90

Steroidhormone (in diesem Beispiel Östrogene) sind lipidlöslich und diffundierem durch die Zellmembran, binden an Rezeptoren in Zytoplasma und Zellkern (ER = Östrogenrezeptor) und lösen damit Hormonwirkungen aus.
     
Zusätzlich aktiviert der Östrogenrezeptor GPR30 (G protein-coupled estrogen receptor 1) über G-Protein intrazelluläre Signalkaskaden, u.a. über cAMP, Src (eine Tyrosinkinase) und Sphingosinkinase (diese bildet Sphingosin-1-phosphat). Dieser Weg trägt zu raschen Östrogeneffekten bei, beispielsweise Vasodilatation und Blutdrucksenkung. In die Signalkaskade scheinen Matrix-Metalloproteasen, Hb-EGF (Heparin-binding EGF-like growth factor, ein mitogenes Glykoprotein) und Aktivierung von EGF-Rezeptoren involviert zu sein. Folge ist die Akltivierung von Phospholipase C, IP3 sowie die Mobilisierung von Calciumionen (IP3R: IP3-Rezeptor).
 
Weiters werden MAP-Kinasen und Phosphatidylinositol-3-Kinasen (PI3K) aktiviert, was zahlreiche Sekundärmechanismen im Zytosol sowie - zusammen mit "klassischen" Östrogenrezeptoren - Kernproteinen (Transkriptionsfaktoren) an der DNA beeinflusst.

Zum Vergleich: Peptidhormone (in diesem Beispiel EGF) sind nicht lipidlöslich, binden an der Zellmembran an Rezeptormoleküle und aktivieren sekundäre intrazelluläre Mechanismen (PLC = Phospholipase C)

 
   Inaktiviert werden Steroidhormone hauptsächlich über Sulfatierung und Glukuronierung, Jodothyronine (Schilddrüsenhomone) über Abspaltung der Jodatome (Dejodasen). Sie werden dadurch in eine biologisch inaktive und besser lösliche Form gebracht. Letzteres reduziert die Bindung an Plasmaproteine und erleichtert die Ausscheidung über den Harn, zu einem geringeren Teil auch über die Galle.

Steroidhormone werden je nach Typ von verschiedenen Enzymen inaktiviert, wie Cytochrom-P450-abhängigen Monooxygenasen. Anschließend kommt es auch hier zwecks Wasserlöslichkeit zu Sulfatierung, Glukuronierung und biliärer Ausscheidung.
 
Über molekulare Mechanismen der Wirkung von Östrogenen auf Zielzellen s. dort
 

Über Stoffwechsewirkungen von Cortisol und Aldosteron s. dort
 
Über die Physiologie der Schilddrüsenhormone s. dort
 
Über die Physiologie der Sexualhormone s. dort
 

 
      Cholesterin ist die Ausgangssubstanz aller Steroide. Zu ~4/5 wird es mittels rezeptormediierter Enozytose (coated pits) aus LDL-Partikeln aus dem Blut aufgenommen, ~1/5 wird bedarfsabhängig aus Acetat neu gebildet. Die intrazelluläre Speicherung erfolgt als Cholesterinester (ACAT: Acyl-CoA-Cholesterintransferase) in zytoplasmatischen Lipidtröpfchen. Hormonsensitive Lipase (HSL) setzt daraus freies Cholesterin frei (ACTH-Effekt in der Nebennierenrinde). Dieses gelangt an die innere Mitochondrienmembran (geschwindigkeitslimitierender Schritt), das Enzym CYP11A1 erzeugt daraus Pregnenolon, die Ausgangssubstanz aller weiteren Steroidhormone (bis zu 6 enzymatische Stufen in Mitochondrien und glattem endoplasmatischem Retikulum)
 
     Steroidhormone entstehen in Nebennierenrinde, Ovarien, Testes, Plazenta. Sie haben folgende Eigenschaftern: Synthese durch enzymatische Aktivität aus Cholesterin, keine Speicherung in Vesikeln, Regulation über enzymatische Zwischenschritte, Transport im Blut an Bindungsproteinen, Wirkung über intrazelluläre Rezeptoren, orale Gabe möglich
 
      Die Produktionsrate setzt sich zusammen aus der Sekretionsrate spezifischer Hormondrüsen und zusätzlicher Synthese im Gewebe. Sezernierte Steroidhormone können weiter verändert werden (periphere Konversion), z.B. verwandelt Aromatase in Fett-, Muskel- und anderen Geweben Testosteron zu Östradiol, beteiligen sich Mutter und Fetus gemeinsam an der plazentaren Steroidsynthese
 
      Steroidhormone können an Rezeptoren wirken, die Hauptangriffspunkt anderer Steroide sind (Cross-talk). Bei Anlagerung des Hormons dissoziieren die Rezeptoren HSP ab und dimerisieren; sie haben eine hormonerkennende und eine DNA-erkennende Domäne. Letztere lagert sich an HRE, das startet die Genexpression. Neben nukleären gibt es auch Membranrezeptoren für Steroide, sie wirken innerhalb von Sekunden bis Minuten (second messenger, intrazelluläre Verstärkung, Wirkung auf Ionenkanäle)
 
      Hydrophobe Hormone binden im Blutplasma an Transportproteine, teils unspezifisch (Albumin), teils spezifisch (sexualhormonbindendes Globulin SHBG, Transkortin CBG, thyroxinbindendes Präalbumin, thyroxinbindendes Globulin TBG). Sie entziehen sich dadurch raschem Abbau und haben eine Halbwertszeit von Minuten (Progesteron ~5, Testosteron / Östradiol / Aldosteron 10-20, Cortisol 50-100) bis Tagen (T3, T4). Diese Proteine regulieren Bioverfügbarkeit und Lebensdauer der Hormone und sind ein rasch verfügbarer Speicher. Der freie Anteil des Hormons ist biologisch aktiv
 
      Steroidhormone werden je nach Typ enzymatisch inaktiviert (z.B. Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen), Schilddrüsenhomone über Dejodierung, anschließend sulfatiert / glukoruniert, renal und biliär ausgeschieden
 

 



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