



| Der
Ablauf der Kohabitation hat teils geschlechtsspezifische, teils
generelle Merkmale. Zu letzteren zählen Kreislaufeffekte (Blutdruck-
und Herzfrequenzanstieg), Tachypnoe, Mydriasis; man unterscheidet
eine Erregungs-, Plateau-, Orgasmus- und Rückbildungsphase. Unmittelbar zuständig für die Koordination der Vorgänge sind Zentren im Lumbal- und Sakralmark: ![]() -- Bei der Frau ein lumbales Orgasmuszentrum mit motorischen und sympathischen Efferenzen ![]() -- beim Mann ein lumbales Ejakulationszentrum, ebenfalls mit motorischen und sympathischen Efferenzen Beide Geschlechter haben ein sakrales Erektionszentrum mit parasympathischen Efferenzen und sensorischen Afferenzen. Das Gehirn beteiligt sich an der Aktivierung des Orgasmus, insbesondere das limbische System (sensorische Afferenzen, motorische und vegetative Efferenzen). Am Aufbau der sexuellen Erregung sind insbesondere der gyrus cinguli, die Insel, das Putamen und der Hypothalamus beteiligt. Die Entwicklung des Gehirns unterliegt ab der frühen Fetalphase einem prägenden Einfluss durch Sexualhormone; in einigen Regionen ergibt sich daraus ein geschlechtsabhängiger Dimorphismus. |
Sexuelle Erregung
Funktionsmuster beim Mann
Funktionsmuster bei der Frau
Transport der Spermien
im engeren Sinne,
mehrere Gebiete im Gehirn (insbesondere limbisches
System) und Rückenmark (lumbal: Orgasmus-
bzw. Ejakulationszentrum,
sakral: Erektionszentrum) sind gemeinsam an der Steuerung von Sexualreflexen beteiligt.
Abbildung: Sexualdimorphismus des Gehirns
Graue Substanz ist z.T. geschlechtsabhängig unterschiedlich ausgeprägt:
Bei Männern stärker im Bereich des limbischen Systems (amygdalae,
Hippokampus, Parahippokampus, frontopolaler Kortex), bei Frauen stärker
im oberen und ventrolateralen Frontalhirn, mittleren gyrus cinguli,
Teilen des parietalen und okzipitalen Kortex (
Abbildung).
Sexueller Dimorphismus (unterschiedliche Neuronenzahl) wurde zuerst im
Bereich des medialen präoptischen Areals (MPOA) festgestellt - beim
Menschen im dritten interstitiellen Kern des nucleus hypothalamicus anterior (INAH-3), der bei Männern signifikant größer als bei Frauen und homosexuellen Männern ist.
Der Nucleus striae terminalis (bed nucleus of the stria terminalis BNST, extended amygdala) ist bei Männern doppelt so
stark ausgeprägt wie bei Frauen und enthält doppelt so viele
Somatostatin-Neurone. Wie auch der mediale Amygdalakern, beteiligt sich der BNST an der Regulierung männlichen Verhaltens.
Hypothalamuskerne (nucleus praemamillaris posterior, 3rd interstitial nucleus of the anterior hypothalamus - INAH-3) sind beim
Mann größer als bei der Frau, während
Frauen zahlreiche Östrogen-ß-Rezeptoren
im anteroventralen Hypothalamus
aufweisen. Der anteroventrale periventrikuläre Kern (AVPV) des
Hypothalamus ist bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern (er hat
eine wichtige Rolle bei der Steuerung des Zyklus).
Balkenfasern sind bei Frauen
zahlreicher als bei Männern;
Männer haben ein stärker "lateralisiertes" Gehirn als Frauen
Abbildung: Östrogeninduzierte Plastizität in kortikalen Neuronen
So haben Östrogene einen intensiven
Aktivierungseffekt auf Struktur und Funktion von Neuronen: Östradiol
kann die neuronale Erregbarkeit in zahlreichen Hirnregionen innerhalb von
Minuten erhöhen; viele Neuronen werden unter Östrogenwirkung
depolarisiert (Kaliumausstrom reduziert) und feuern mehr
Aktionspotentiale ab. Östradiol bewirkt die Aussprossung neuer
Dendritenfortsätze (
Abbildung), z.B. im Hippokampus; die
Kombination mit zusätzlicher Stimulation bewirkt langanhaltende (~24
Stunden) Verstärkung der Konnektivität zwischen betroffenen Neuronen.
Dieser Mechanismus erklärt wahrscheinlich auch Aspekte zyklusabhängiger
Verhaltensänderungen.
Androgene
(Testosteron) haben einen frühen prägenden Einfluss auf die Entwicklung
des Gehirns und stimulieren Verhaltenselemente wie Appetit,
Aggressivität, psychosexuelle Verhaltensmuster, Libido u.a.
Einschlägige Reizmuster (taktil, optisch, akustisch u.a.) werden über
die Sinnesorgane vermittelt und lösen zusammen mit inneren
Vorstellungen, Wünschen und Erwartungen körperliche Reaktionen hervor -
motorische, autonom-nervöse und endokrine Muster, wie sie bei der
Kohabitation zu beobachten sind. Ein zentraler Ort der Integration
dieses Geschehens ist das limbische System, und hier insgesondere der Hypothalamus.
Der Ablauf der typischen Funktionsmuster unterliegt dabei weiteren -
äußeren und inneren - Einflüssen, wie z.B. Störungen der Intimität,
moralischen Bedenken usw. usf.
Abbildung: Hämodynamische Effekte eines Orgasmus
Erregungsphase (Erektion von Penis / Mamillen, Anschwellen von Schamlippen und Klitoris)
Plateauphase
(Drüsenaktivierung: bei Mann Cowper-Drüsen
, bei der Frau Vaginaldrüsen)
Orgasmusphase
(Muskelkontraktionen im Genital- und Analbereich, Ejakulation /
Kontraktionen der orgasmischen Manschette, maximale
Sympathikusaktivität)
Rückbildungsphase.
Anschwellen von Penis / Clitoris. Parasympathische Fasern setzen Acetylcholin, NO und VIP frei und bewirken dadurch Vasodilatation und Rückstau von Blut in den corpora cavernosa
Pupillenweitung (Mydriasis; Merkspruch: Bei Sympathie gehen dem Betrachter die Augen auf
)
Erhöhung der Herzfrequenz bis zu 180 bpm (wie bei körperlicher Ausbelastung)
Anstieg des Blutdrucks
(systolisch um bis zu 100 mmHg, diastolisch um bis zu 50 mmHg - Werte
können also für kurze Zeit physiologisch auf über 200/120 steigen)
Atemfrequenz
steigt bis auf ~40/min
Aktivierung der Skelettmuskulatur
"Sexflush": Rötung der Haut
evt. Schweißsekretion
Weiters kommt es zu hormonellen Reaktionen, z.B. Ausschüttung von Oxytozin und Prolaktin.
Erektion:
Sexuelle Vorstellungen (imaginäre Reize), erotische Reize (visuell,
olfaktorisch - Pheromone! -, akustisch) und somatisch-afferente Impulse von Haut (erogene Zonen) und
Genitalbereich (insbesondere der glans penis), die über den N. pudendus
geleitet werden, sowie von erogenen Hautzonen regen das parasympathische Erektionszentrum im Sakralmark (S2-4) an.
Abbildung: Neurophysiologische Steuerung der Kohabitation beim Mann

| Parasympathische Aktivität dilatiert die Aa. helicinae und steigert die Blutmenge in den corpora cavernosa |

Abbildung: Innervation der männlichen Geschlechtsorgane
Sensorische
Afferenzen über den dorsalen Penisnerv und N. pudendus vermitteln die
einzige bewusst wahrnehmbare taktile Information aus dem Penis
Präganglionäre parasympathische
Fasern aus dem Sakralmark gelangen via N. hypogastricus zum plexus
pelvicus. Von hier ziehen postganglionäre Fasern über den N. cavernosus
zu Gefäßen und Penisgewebe
Präganglionäre sympathische
Fasern aus dem Thorakolumbalmark schalten in prävertebralen Ganglien
auf postganglionäre Neurone. Deren Neuriten ziehen über N.
hypogastricus, plexus pelvicus und Nn. cavernosi in die Peripherie
Somatomotorische
Fasern kommen aus Vorderhornzellen des Sakralmarks und ziehen über den
N. pudendus zu quergestreiften Muskelzügen des Penis
Emission: Sympathische Fasern regen ab einer Erregungsschwelle genitale
Drüsenzellen - in Nebenhoden, ductus deferens, Bulbourethral- (Cowper-) Drüsen, paraurethralen Drüsen sowie in der
Prostata - zur Sekretion an. Dabei werden Spermien und Samenflüssigkeit in die Prostata abgegeben (Emission).
Ejakulation (vgl. dort):
Sensorische Afferenzen aus Prostata und Harnröhre (Dehnung der
Urethralwand) lösen daraufhin über das Ejakulationszentrum im
Lumbalmark (L2-3) und efferente sympathische Fasern
rhythmische Kontraktionen des Samenleiters, der Harnröhre (Mm.
bulbocavernosus / ischiocavernosus) sowie des Beckenbodens aus. So wird
das Ejakulat (=Spermien + Samenflüssigkeit) aus der Urethra befördert
(Zusammensetzung des Sperma s. Tabelle). Das Volumen des Ejakulats
beträgt normalerweise etwa 3-4ml; es enthält rund 20 Millionen Spermien
/ ml (>40 Millionen pro Ejakulat). 50% der Spermien sollten
Vorwärtsbewegung zeigen, ~25% rasche Bewegung ("Kategorie a").
Abbildung: Neurophysiologische Steuerung der Kohabitation bei der Frau
In der Erektions- (Erregungs-) phase werden afferente Nervenimpulse ebenfalls vom Genitalbereich (insb. Klitoris) über den N. pudendus
geleitet, sowie von erogenen Hautzonen über sensible afferente Fasern.
Diese regen das parasympathische Erektionszentrum im Sakralmark (S2-4) an. Von den
höheren Sinnen gelangen erotische Stimuli zum Gehirn, das auch sexuelle
Imaginationen erzeugen kann.
und die der Prostata analoge Paraurethraldrüse.
Die Plateauphase
ist eine Verlängerung der Erregungsphase. In dieser Phase vergrößern
und erweitern sich die inneren zwei Drittel der Vagina, die Wand des
äußeren Drittels wird stark durchblutet, füllt sich venös mit Blut und
verengt sich um etwa ein Drittel. Die Muskeln des unteren
Scheidendrittels vollziehen rhythmische Kontraktionen ("orgastische
Manschette").
Anhaltende sexuelle Stimulation des oberen Lumbalmarks (sympathisches "Orgasmuszentrum") durch auf- und absteigende Fasern (somatosensorisch und vegetativ) löst die Orgasmusphase aus, in der intensive sympathische Efferenzen wirksam werden (3 bis 15
rhythmische Kontraktionen der orgastischen Manschette). Im selben
Rhythmus kontrahieren sich auch der Uterus (ausgelöst durch Oxytozin - das hypothalamisch-hypophysäre System ist in den Vorgang integriert) und der Beckenboden.
Abbildung: Spermientransport
vgl. dort).
Über die Physiologie des männlichen Reproduktionssystems s. dort
Über die Physiologie des weiblichen Reproduktionssystems s. dort
Über Empfängnis, Befruchtung und Frühschwangerschaft s. nächste Seite
Sexualhormone beeinflussen Ausprägung von Geschlechtsmerkmalen, Wachstum
und
Differenzierung von Neuronen und Synapsen, und Expression von Transmitter- und Hormonrezeptoren. Unterschiedliche
Ausprägungsmuster erklären Dimorphismus und Sexualverhalten und äußern
sich in unterschiedlich betonten funktionellen Fähigkeiten. Geschlechtshormone aktivieren Neuronen und die Erregbarkeit
zahlreicher Hirnregionen, bewirken die Aussprossung neuer
Dendritenfortsätze und intensivieren die interneuronale Konnektivität Visuelle, akustische, taktile und andere Sinnesreize lösen zusammen mit
Vorstellungen, Wünschen und Erwartungen körperliche Reaktionen aus.
Die Integration erfolgt im limbischen System und unterliegt äußeren und
inneren Einflussfaktoren. Sexuelle Aktivität korreliert mit mäßiger
Stimulierung des Ventromedialkerns im Hypothalamus (starke Reizung
dieses Kerns provoziert aggressives Verhalten)
Der sexuelle Reaktionszyklus des Menschen wird gegliedert in
Erregungsphase (Erektion von Penis / Mamillen, Anschwellen von
Schamlippen und Klitoris), Plateauphase (Aktivierung der Cowper- bzw.
Vaginaldrüsen), Orgasmusphase (Muskelkontraktionen im Genital- und
Analbereich, Ejakulation / Kontraktionen der orgasmischen Manschette,
hohe Sympathikusaktivität) sowie Rückbildungsphase. Hoher
Sympathikustonus bewirkt Mydriasis,
Tachykardie, Blutdruckanstieg, Tachypnoe, Ausschüttung von Oxytozin und
Prolaktin
Beim Mann wirkt das parasympathische Sakralmark (S2-4) als
Erektionszentrum (Efferenz über Nn. splanchnici pelvini, plexus
hypogastricus inferior, Nn. cavernosi), das sympathische Lumbalmark
(L2-3) als Ejakulationszentrum. Afferenzen aus dem Genitalbereich
gelangen über den N. pudendus zum Rückenmark. In den corpora cavernosa
setzen Nervenfasern NO frei (Vasodilatation, Bluteinstrom,
Kompression abführender Venen), der Gefäßdruck steigt bis auf 10 kPa.
Im corpus spongiosum ist der Druckanstieg gering, die
Urethra bleibt durchgängig. Bei der Emission regen sympathische Fasern
Nebenhoden, ductus deferens, Bulbourethraldrüsen und Prostata an,
Spermien und Samenflüssigkeit werden abgegeben. Die Ejakulation erfolgt
durch Kontraktionen des Samenleiters, der Harnröhre und des
Beckenbodens. Das Ejakulat (3-4 ml) sollte >40
Millionen Spermien beinhalten: ~50% mit Vorwärts-, ~25% mit
rascher Bewegung. Postorgiastisch finden sich erhöhte Prolaktin- und
Oxytozinspiegel
Bei der Frau wirkt das parasympathische Sakralmark (S2-4) als
Erektionszentrum, das sympathische Lumbalmark
(L2-3) als Orgasmuszentrum. Die physiologischen Grundmuster und
koordinierenden Zentren des sexuellen Reaktionszyklus sind bei Mann und
Frau analog strukturiert. Afferenzen von Klitoris und erogenen
Hautzonen regen das Erektionszentrum an. Erweiterung der Gefäße lässt
labia minora und Klitoris anschwellen, venöse Stauung bewirkt
verstärkte vaginale Transsudation (Lubrikation). In der Plateauphase
sind die inneren zwei Drittel der Vagina erweitert ("receptaculum
seminis"). Das äußere Drittel kontrahiert in der Orgasmusphase
mehrfach, der Uterus ebenfalls, angeregt durch Oxytozin |
