

Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert

Physiologie
des Knochens - zellulär, lokal
© H. Hinghofer-Szalkay
Cathepsine: καθεψειν = verdauen (Proteasen!)
Compacta: pangere = befestigen, dichten
Osteoblast: ὀστέον = Knochen, βλάστος = Spross, Keim
Osteoklast: κλάστειν = (zer)brechen
Osteonectin: nectere = anbinden, verknüpfen
Osteoprotegerin: protegere = beschützen
Spongiosa: spongia = Schwamm, weicher Panzer
WNT: Nach Wingless und Int-1 benannter Signaltransduktionsmechanismus (Mutation bedingt Flügelverlust bei Taufliegen)
Mechanische. metabolische und hormonelle Einflüsse steuern den Knochenstoffwechsel: Belastungen steigern, Inaktivität senkt die Knochenmasse; Azidose kann den Knochenabbau fördern; osteoblastenstimulierende Faktoren (z.B. Calcitonin) fördern die Knochenbildung, osteoklastenanregende (z.B. Parathormon) den Abbau (dabei wird Ca++ frei, das hebt den Calciumspiegel im Blut).
Es gibt drei knochenspezifische Zelltypen: Osteoblasten bauen frische Knochensubstanz ein; Osteoklasten lösen an Resorptionslakunen Knochensubstanz auf; Osteozyten detektieren im Knochen auftretende Kräfte (Mechanosensoren).
Diese Zellen kooperieren: So aktivieren Osteoblasten Osteoklasten - das erfolgt über den RANK-RANKL-Mechanismus. RANK ist ein Membranprotein auf Osteoklasten, das durch Bindung von Liganden (RANKL) auf Osteoblasten oder Stromazellen aktiviert wird. RANK aktiviert einen für Bildung und Überleben der Osteoklasten unverzichtbaren Transkriptionsfaktor.
Ein weiterer RANKL-Rezeptor konkurriert um die Bindung: Das Osteoprotegerin.
Das Gleichgewicht Osteoprotegerin / RANKL (beide werden von
Osteoblasten exprimiert) steuert die Balance zwischen Neubildung und
Abbau des Knochens.
Dieses Gleichgewicht wird zusätzlich beeinflusst durch lokale Einflüsse einerseits (cross-talk zwischen Osteoblasten und Osteoklasten), systemische Faktoren andererseits (Parathormon, Geschlechtshormone,
Glucocorticoide, Vitamin-D-Hormon, Zytokine, Wachstumsfaktoren).
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Das Einwirken von Kräften beeinflusst das Gleichgewicht von Auf- und Abbau im Knochen
Etwa 75% der Knochensubstanz besteht aus Compacta
(cortical / compact / lamellar bone) in den Außenzonen der Röhren- und flachen Knochen, der die Hauptlast
der Kräfte trägt, die auf das Skelett einwirken; innen finden sich die
maschenartig angeordneten Bälkchen des trabekulären Knochens (Spongiosa) (trabecular / cancellous / medullary bone),
dessen Struktur ebenfalls von einwirkenden Kräften bestimmt wird (~25%
der Knochenmasse). Hier steht eine wesentlich größere Oberfläche für
dynamischen Austausch zur Verfügung, und die Spongiosa ist besonders
anfällig für osteoporotische Schwächung (z.B. in Wirbelknochen).

>Abbildung: Regelkreise der Calciumhomöostase
Nach einer Vorlage bei Pearson Education / Benjamin Cummings 2001
"Calcium-Schaukel":
Das Gleichgewicht von Einbau in den Knochen, und Mobilisierung aus dem
Knochen wird durch das Zusammenwirken hormoneller Faktoren -
insbesondere Calcitonin aus parafollikulären Zellen und Parathormon aus
den Epithelkörperchen - geregelt. Dies zeigt die zentrale Bedeutung der
Schilddrüse für die Calciumhomöostase in Blutplasma und interstitieller
Flüssigkeit
Jedes Knochenbälkchen und jedes Modul kompakten
Knochens (basic multicellular unit, BMU) passt die
Tragfähigkeit seiner
Strukturelemente laufend an mechanische
Belastungen an. Man schätzt die Zahl der jeweils aktuell aktiven BMUs im Skelett eines Menschen auf insgesamt 2 Millionen.

Die auftretenden Spitzenkräfte (Maximalbelastbarkeit des Lamellenknochens ~1 Tonne je cm2; Tragfähigkeit des Femur über 1,6 Tonnen) sind die maßgebliche Größe
für das Gleichgewicht von Abbau (Osteoklasten
) und Neubildung (Osteoblasten
). An jeder betreffenden Stelle besteht dadurch gerade das richtige Maß an Knochensubstanz; Neubildung erfolgt an Orten der Materialermüdung bzw. -beschädigung (microdamages).
Calciumphosphate sind relativ schwer löslich und bilden bei Überschreitung des Löslichkeitsproduktes Kristalle (Apatit u.ä.). Das Löslichkeitsprodukt - Produkt der Konzentrationen von Ca++ und HPO42-,
das gerade noch volle Löslichkeit erlaubt - ist ein Maß für die
Löslichkeit; groß bei leicht löslichen, klein bei schwer löslichen
Salzen.
Im Knochen ist diese Überschreitung notwendig, um neue Knochensubvstanz bilden zu können. Für extrazelluläre Flüssigkeiten gilt ansonsten, dass der Phosphatspiegel bei Erhöhung des Ca++-Spiegels gesenkt werden muß (und vice versa), um ein Ausfallen von Kristallen (Verkalkung, Steinbildung) zu verhindern.
Das Knochenzellsystem reagiert auf physikalische und biochemische Zustandsvariable:
Mechanische
Kräfte in der unmittelbaren Umgebung (Röhren- und Trabekelknochen: Zu-
oder Abbau je nach Belastungsmuster). Stärker
belastete Elemente nehmen an Masse zu (z.B. auch nach einer Fraktur), während andere,
weniger belastete abnehmen. Der Knochen kann so auch seine Form modifizieren (Callusbildung nach Knochenbrüchen).
Hormonelle Einflüsse. Der Knochen ist ein
Calcium- und Phosphatspeicher (70 kg schwerer Mensch: ~1000 g Calcium - über 99% der Menge im Körper - und ~600 Gramm Phosphor - 85%);
calciumsensitive Rezeptoren (
CaSR) an verschiedenen Zellen messen Veränderungen des extrazellulären Ca
++-Spiegels.
Dies führt zur Ausschüttung entsprechender Hormone, welche wiederum die
Knochenzellen zur Korrektur des Calciumspiegels veranlassen, indem sie
Calcium mobilisieren oder die Speicherung im Knochen zu erhöhen
trachten:
Parathormon
Vit-D3-Hormon
Calcitonin
FGF23
Die Homöostase im Knochen wird durch drei Zelltypen bewerkstelligt:
Osteoblasten
Osteozyten
Osteoklasten
Der
Knochen dient als Calciumpuffer für den gesamten
Organismus. Die An- und Abbauvorgänge wirken sich einerseits auf den
Calcium- und Phosphatspiegel in der extrazellulären Flüssigkeit aus
(kurzfristig), andererseits (langfristig) auf die Festigkeit der
Knochenstruktur.
Osteoblasten
Osteoblasten entwickeln sich aus
mesodermalen Stromazellen, aus denen auch Muskel-, Fett- oder
Knorpelzellen werden können. Verschiedene parakrine und endokrine
Faktoren steuern diese Entwicklung. Beispielsweise spielt der
knochenspezifische Transkriptionsfaktor Runx2 (Runt-related transcription factor 2) eine Schlüsselrolle für die Differenzierung der Osteoblasten (dieser Faktor ist bei Patienten mit kleidokranialer Dysplasie - einer seltenen Unterentwicklung des Schlüsselbeins - mutiert).

<Abbildung: Knochenzellen
Nach Riddle RC, Clemens TL. Bone Cell Bioenergetics and Skeletal Energy Homeostasis. Physiol Rev 2017; 97: 667-98
Knochen wird durch drei hauptsächliche Zelltypen geformt und remodelliert: Osteoblasten (Neubildung), Osteozyten (Mechanosensoren, Produktion von RANKL und Sclerostin) und Osteoklasten (Resorption). Osteoklasten entstehen aus Vorläuferzellen unter der Kontrolle von RANKL (receptor activator of nuclear factor κB ligand).
Der WNT-Signaltransduktionsweg - und damit die Knochenbildung - wird durch das von Osteozyten gebildete Sclerostin gehemmt

Osteoblasten bewerkstelligen die Knochenbildung. Sie sind in Gruppen angeordnet, die funktionellen Einheiten werden als Osteone bezeichnet. Zwei Komponenten der Knochenstruktur ermöglichen (ähnlich wie bei Stahlbeton) mechanische Belastbarkeit sowohl im Sinne von Druck als auch von Zug:

Bildung einer
organischen Matrix (das zunächst nicht-mineralisierte
Osteoid), einer Gerüststruktur, die vorwiegend aus
Typ-I-Kollagen besteht. Die organische Matrix verleiht dem Knochen
Zugfestigkeit und Elastizität.

Herstellung einer Mikroumgebung, welche die Kristallisation von Calciumphosphat fördert. Bestimmte Eiweiße (z.B. das
Vit-K-abhängige GLA-Protein) verhindern das Ausfällen von Calciumphosphat, die
Ionenkonzentrationen liegen im Bereich des Löslichkeitsprodukts;
alkalische Phosphatase an der Oberfläche von Knochenzellen begünstigt hingegen die Bildung und Ablagerung von
Hydroxylapatit. Die entstehende Apatitstruktur verleiht dem Knochen seine
Druckbelastbarkeit.

Synthese des Calciumphosphat-regulierenden
FGF 23.
Osteoblasten synthetisieren weiters
das Zytokin M-CSF (monocyte colony-stimulating factor), das über Bindung an seinen Rezeptor an Vorläuferzellen von Osteoklasten deren Expression von RANK und damit die Reifung zu aktiven Osteoklasten anregt
Proteoglykane, stark glykosylierte Proteine der extrazellulären Matrix, die Zellverbände stabilisieren

>Abbildung: Osteocalcin als multifunktionales Hormon
Nach Karsenty G, Ferron M, The contribution of bone to whole-organism physiology. Nature 2012; 481: 314-20
Osteocalcin
aus Osteoblasten bindet Calcium im Knochen, es gilt als Aufbaumarker.
Es wirkt aber auch endokrin auf zahlreiche weitere Gewebe: der Knochen
ist ein Hormonproduzent

Der Knochen ist ein endokrin aktives Organ
Osteocalcin
(auch: bone gamma-carboxyglutamic acid-containing protein BGLAP) ist ein von Knochen (Osteoblasten) und Zähnen (Odontoblasten) gebildetes
6-kDa Peptid, das von Osteoblasten an Stellen der Knochenneubildung synthetisiert wird. Es bindet intensiv Calciumionen, abhängig von Vitamin K (die Knochenmatrix
enthält ca. 2% Osteocalcin) und gilt als Knochenaufbaumarker. Calcitriol (Vit. D) regt seine Synthese an.
Osteocalcin stimuliert darüber hinaus die ß-Zellen im Pankreas, regt den Stoffwechsel von Muskel-, Leber- und Fettgewebe im Sinne vermehrter
Energiefreisetzung an (verbesserte Insulinempfindlichkeit) und
stimuliert beim Mann Testosteronproduktion, Spermienbildung und
Fertilität
(>Abbildung).
Osteocalcin wirkt über Osteocalcinrezeptoren, die zur Gruppe der G-Protein-assoziierten Rezeptoren gehören. Man findet sie u.a. in Myozyten des Skelettmuskels, Adipozyten, Leydig-Zwischenzellen, Pankreas- und Leberzellen.
Osteocalcin (Plasma / Serum)
Frauen: 21-30 Jahre 4-20 µg/l, ≥31 Jahre 4-12 µg/l
Männer: 21-30 Jahre 6-20 µg/l, ≥31 Jahre 4-12 µg/l
Kinder: 1-10 Jahre 10-50 µg/l, 11-15 Jahre 10-100 µg/l, 16-20 Jahre 10-50 µg/l
Biologische Halbwertszeit 4 Minuten
Osteoprotegerin
(OPG) ist ein von zahlreichen Zellen (u.a. Osteoblasten, Stromazellen, Leukozyten,
Gefäßwandzellen) exprimiertes, lösliches Zytokinrezeptorprotein, das an RANKL bindet, dadurch die Bindung an RANK verhindert ("decoy receptor") und die Differenzierung von Vorläuferzellen zu aktiven Osteoklasten hemmt (den Knochen dadurch vor Abbau schützt, daher der Name).
Sowohl bei Östrogenmangel als auch bei erhöhtem Glucocorticoidspiegel scheint das Gleichgewicht zwischen der OPG- und RANKL- Bildung durch Stroma- bzw. Osteoblastenzellen ein wichtiger Faktor für das Osteoporoserisiko zu sein: In beiden Fällen sinkt die Produktion von OPG und steigt diejenige von RANKL.
Osteonectin
ist
ein 35-kDa Glykoprotein, das an zahlreiche extrazelluläre Matrixmoleküle sowie Calciumionen bindet, Wechselwirkungen zwischen Matrix und Zellen
reguliert, die Zellmigration beeinflusst, Angiogenese hemmt und sich an
Knochenstoffwechsel und Wundheilung beteiligt. Osteonectin wird auch als SPARC (secreted protein acidic and rich in cysteine) bezeichnet.

<Abbildung: Knochenbildung und -resorption
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep: Concise Medical Physiology, Elsevier 2021
Parakrine Mechanismen regulieren Bildung und Aktivität von Osteoklasten. Die Kristallisationszone (Bildung von Apatit) ist rot angedeutet (links)
Osteoklasten - und ihre Vorläufer - verfügen über einen Rezeptor, der den nukleären Faktor κB aktivieren kann und als RANK (receptor activator of nuclear factor κB) bezeichnet wird. Das heisst, Osteoklastenvorläufer werden über Bindung eines Liganden (RANK-L)
auf Osteoblasten aktiviert und differenzieren sich zu reifen
Osteoklasten.
Osteoprotegerin (OPG) interagiert mit dieser Bindung und läßt
die Osteoklasten "ausgeschaltet"

Osteoblasten aktivieren Osteoklasten über den RANK-RANKL-Mechanismus (<Abbildung). Dieser sorgt für ein Gleichgewicht von Auf- und Abbau im Knochen.
RANK (Receptor activator of nuclear factor κB) ist ein Membranprotein auf Osteoklasten, das durch Bindung eines Osteoblasten-Membranproteins (RANKL, L für Ligand) aktiviert wird. RANKL gehört zur Familie der Tumornekrosefaktoren
und kann wiederum durch Osteoprotegerin antagonisiert werden (s. oben).
Auf diese Weise dämpfen Osteoblasten durch Produktion von
Osteoprotegerin selbst die Differenzierung von Osteoklasten, die sie
andererseits durch RANKL anregen. Aktives Vitamin D3 fördert die
Bildung von RANKL und inhibiert die von Osteoprotegerin - der
Knochenumbau wird angeregt.
Ein
zweiter essentieller Faktor für die Aktivierung von Osteoklasten ist
der Makrophagen-Wachstumsfaktor M-CSF, der von Stromazellen im roten
Knochenmark gebildet wird
Endokrine Achse Muskel - Knochen - Muskel: Osteoblasten reagieren (mittels ihres IL-6-Rezeptors) auf Interleukin 6.
IL-6 stammt u.a. aus Myozyten in aktiven Skelettmuskeln. Sie geben es
in den Kreislauf ab, und Osteoblasten bilden RANKL. Osteoklasten
steigern darauf die Freisetzung von Osteocalcin (s. oben), und Osteocalcin regt wiederum den Stoffwechsel der Skelettmuskulatur an.
Der Knochen ist demnach Teil eines hormonellen Regelkreises, der den Bewegungsapparat stärkt (>Abbildung).

>Abbildung: Interleukin 6 erhöht die Leistungsfähigkeit der Muskulatur via Osteocalcin
Nach Chowdhury S et al, Muscle-derived interleukin 6 increases exercise capacity by signaling in osteoblasts. J Clin Invest. 2020; 130: 2888-902

NF-κB ist ein weit verbreiteter Transkriptionsfaktor, er ist für Bildung und Überleben der Osteoklasten essentiell - so wie auch M-SCF (Macrophage colony-stimulating factor) und der WNT-Signalweg
, einer von zahlreichen Signaltransduktionswegen, der Zellen auf extrazelluläre Signale reagieren lässt. Die
Signaltransduktion des WNT-Signalweges ist u.a. auch essentiell für die
normale Embryonalentwicklung.
Parathormon stimuliert die Expression von M-SCF und RANKL durch Osteoblasten (diese tragen Parathormonrezeptoren), und fördert so die Osteoklastentätigkeit. Parathormon steigert den Ca++-Spiegel indirekt, indem es (via Osteoklasten) Calcium aus dem Knochen mobilisiert.
Intermittierende Parathormongabe (eine Injektion / Tag) fördert die
Osteoblastenaktivität, steigert die Knochendichte und reduziert die
Frakturgefahr. Dieser Effekt beruht auf multiplen Mechanismen, wie vermehrter Bildung von IGF-1, verringerter Apoptose der Osteoblasten, sowie verringerter Produktion von Sclerostin:
Das von Osteozyten und Osteoblasten exprimierte Protein Sclerostin (SOST) inhibiert den WNT-Signalweg und hemmt die Knochenbildung (<Abbildung oben). Bei mechanischer Belastung führt die Repression von SOST zu vermehrter Osteoblastendifferenzierung und Knochenbildung. Mutationen des SOST-Gens mit Funktionsverlust führen zu exzessivem Knochenanbau (Sklerostose).
Neben
RANK gibt es einen zweiten RANKL-Rezeptor: Das Osteoprotegerin.
Es konkurriert um die Bindungsstelle und kann RANKL so "abfangen". Über
das Gleichgewicht Osteoprotegerin / RANKL
(beide werden von Osteoblasten exprimiert) wird die Balance Neubildung
/ Abbau gesteuert. Dieses Gleichgewicht wird zusätzlich beeinflusst
durch lokale parakrine Einflüsse (cross-talk zwischen Osteoblasten, Osteoklasten, wahrscheinlich auch Osteozyten)
durch
zahlreiche systemische Faktoren (Parathormon, Geschlechtshormone,
Glucocorticoide; Vitamin D; Zytokine, z.B. IL-1; Wachstumsfaktoren).
Osteozyten haben sich in die Knochensubstanz in Lakunen "eingemauert". Sie kommunizieren mittels Zellkontakten (die in canaliculi liegen) über gap junctions untereinander und sind - zusammen mit Osteoblasten - mechanorezeptiv tätig:

>Abbildung: Osteozyten
Zahlreiche Zellfortsätze; diese sind aus den canaliculi herausgelöst dargestellt
In
den canaliculi sind die Osteozytenfortsätze mittels Filamenten an
der Wand befestigt, dazwischen kann sich extrazelluläre
(interstitielle) Flüssigkeit bewegen - entsprechend den Verformungen
des Knochens, die bei Belastung auftreten. Vibration bewirkt Hin-
und Herbewegung kanalikulärer Flüssigkeit und hat auf diese Weise
ebenfalls einen anabolen Effekt auf den Knochen.
Mechanosensible Membranrezeptoren
setzen die auftretenden Kräfte im Osteozyten so um, dass dieser Knochensubstanz anbaut (Osteozyten verfügen über spannungsgesteuerte Calciumkanäle vom T-Typ). Das Osteozyten-Netzwerk funktioniert
insgesamt wie ein mechanosensibler Computer: Knochenmasse wird dort gebildet, wo die Belastungen zunehmen.
Parakrine Faktoren: Osteozyten bilden RANKL sowie Sclerostin (einen Hemmer des WNT-Signalweges), das hemmend auf die Neubildung von Knochen wirkt (anti-anaboler Effekt).
Die Sclerostinbildung der Osteozyten wird gehemmt durch mechanische Belastung, Parathormon und mehrere Zytokine.

Die Sclerostinbildung der Osteozyten wird angeregt durch Calcitonin.
Auf diese Weise ist die Aktivität der Osteozyten durch endokrine Feedback-Schleifen reguliert.
Osteoklasten
fusionieren zu vielkernigen Riesenzellen, diese bauen "alte" bzw.
verletzte Knochensubstanz ab - es entstehen Lakunen, Lücken in der
Knochensubstanz. Dazu sezernieren sie
hydrolytische Enzyme, wie Kathepsin B

, zum Abbau der
organischen Matrix. Dabei werden im Osteoid "gefangene" Zytokine - wie
IGF-1
- frei, die wiederum Osteoblasten aktivieren, bevor an den betroffenen Stellen
neues Osteoid deponiert wird
H+ zur Auflösung der
Apatitkristalle (<Abbildung unten).
Osteoid nennt man die Proteinmatrix des Knochens - bestehend aus Kollagen (Typ-I-Kollagen:
~90% der Proteinmasse des Osteoids) und anderen extrazellulären
Matrixproteinen. Die Bestandteile des Osteoids stammen zum größten Teil
aus Osteoblasten. Die Klolagenfasern sind hochorganisiert angeordnet
und bilden Startpunkte für die Mineralisierung des Knochens:
Hydroxyapatitkristalle formieren sich mit ihrer Längsachse parallel zu
den Kollagenfasern.
Zu Osteocalcin und Osteonectin (anderen Proteinen des Osteoids)
s. dort.
"Auffüllen" von Lakunen (remodeling): Nach Resorption einer Lakune durch Osteoklasten (Abbildungen) lagern sich in diese Präosteoblasten
ein, entwickeln sich zu Osteoblasten und bilden frische Knochenmatrix.
Hat das neue Osteoid ein Ausmaß von ~20 µm Durchmesser erreicht,
beginnt die Calcifizierung. Ein kompletter Erneuerungszyklus nimmt etwa 6 Monate
in Anspruch. Dabei entstehen kleine strukturelle Defizite, die sich im
Laufe des Lebens addieren und - beginnend mit dem Abschluss der
Wachstumsphase - altersabhängige Knochenschwächung (age-related bone loss) bedingen.
Osteoklasten sind über
Parathormon (Anregung) / Calcitonin (Hemmung) in die Ca++-Homöostase eingebunden: Sie lagern Calcium in frischen Knochen ein, entziehen es dem Plasma und senken dadurch den Ca++-Spiegel im Blut. Dazu kommen Monozyten / Makrophagen, Lymphozyten und Endothelzellen, welche vor Ort Zytokine und andere Mediatoren freisetzen.
Östrogene und Knochen:
Östrogene hemmen die Bildung und Reifung von Osteoklasten und senken
(mit TGF-ß) ihre Anzahl, indem sie auf aktive Osteoklasten
apoptosefördernd wirken. Auf diese Weise wirken sie osteoanabol und
antiosteoporotisch, sie erhalten die Integrität des Knochens. Östrogene
sind weiters für den Schluss der Epiphysenfugen verantwortlich
(peripubertärer Konzentrationsanstieg sowohl bei Frauen als auch bei
Männern). Östrogenrezeptoren wirken hauptsächlich transkriptionsfördernd.
<Abbildung: Osteoklast und Knochenresorption
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016
Der
Osteoklast bewegt sich über die Oberfläche der Knochenmatrix, an
"reparaturbedürftigen" Stellen bleibt er stehen und bildet eine
kreisförmige Integrin-Vitronektin- Abdichtungszone. Innerhalb dieser Zone (Resorptionslakune) sezerniert er Salzsäure (Protonenpumpe: H+, Chloridkanal: Cl-) und Proteasen, z.B. Kathepsin (Lysosomen). Das löst sowohl die Mineralphase als auch Kollagen auf. Die Funktion der tartratresistenten sauren Phosphatase (TRAP) wird noch untersucht.
Karboanhydrase (CA) im Osteoklasten sorgt für den Nachschub an Wasserstoffionen, die sezerniert werden, um Calciumcarbonat (CaCO3) aufzulösen. Bicarbonat wird mittels HCO3--Cl--Austauscher
in das Interstitium befördert. Der gesamte Vorgang wird durch weitere
Systeme am Bürstensaum, wie Natrium-Calcium-Austauscher oder
Natrium-Protonen-Austauscher (nicht gezeigt) unterstützt.
ClC7, Chloridkanal-Isoform
IL-6, Interleukin
Zu diversen Transportern s. dort

Geregelt wird die Aktivität dieser Zellen durch mechanische Belastung und Zytokine / Wachstumsfaktoren wie Osteocalcin, alkalische Knochenphosphatase, TGF-ß. Faktoren wie Osteocalcin und alkalische Phosphatase sind für den Mineralisierungsprozess im Knochen besonders
bedeutsam, gelangen auch in das Blut und können als Marker für
veränderten Knochenstoffwechsel herangezogen werden.
Die Bildung von Osteoklasten wird von Osteoblasten und Osteozyten über osteoklasten-induzierende Faktoren gesteuert, vor allem
M-CSF (macrophage colony-stimulating factor) und
RANKL (receptor activator of NF-κB ligand) - früher auch
osteoclast differentiation factor
Knochengewebe als Calcium-Speicher des Körpers (>99%) ist Angriffsort
zahlreicher Hormone / Signalmoleküle. Insgesamt sind an der Steuerung des Knochenstoffwechsels zahlreiche Faktoren beteiligt:
Parathormon
Calcitonin
D-Vitamine
Östrogene, Testosteron, andere Steroide
GH / IGFs. Wachstumshormon wird für das Knochenwachstum benötigt; Chondrozyten gehen nach Proliferations- und Hypertrophiezyklen zugrunde (Apoptose), an ihre Stelle treten Osteoblasten. Insulinähnliche Wachstumsfaktoren (IGFs) werden zu ~3/4 unter Wirkung des Wachstumshormons (GH)
hepatisch synthetisiert. GH stimuliert teils selbst, teils über IGFs
die Entwicklung und Reifung der Knorpelzellen in wachsendem
Röhrenknochen. Das Osteoklasten / Osteoblastensystem wird durch GH und
IGFs aktiviert.
Neben GH / IGF und anderen Hormonen (s. oben) müssen Wachstumsfaktoren wie FGF, PTHrP (parathormone-related peptide), Ihh (Indian hedgehog), Faktoren der TNF-Familie
und weitere Mediatoren (bone morphogenic proteins - parakrin wirkende Zytokine, welche Nachbarzellen steuern können) wirksam werden, um die Abfolge der für geordnetes Knochenwachstum nötigen Differenzierungsschritte zu gewährleisten.

>Abbildung: Aufbau der Spongiosa
Normale Spongiosa (links), rarefiziert durch Inaktivität (rechts)

Inaktivität führt zu Knochenabbau
Knochenabbau kann die Folge geringer Belastung (Inaktivitätsatrophie) oder hormoneller Fehlversorgung sein:
Mangelnde mechanische Reizung (Immobilisierung),
Calciummangel (Fehlernährung, Schwangerschaft),
Vitamin-D-Mangel (Mangelernährung oder intensiver
Knochenaufbau, UV-Mangel),
Östrogenmangel (Postmenopause: Östrogene sind RANKL-Suppressoren, die
Osteoklastendifferenzierung wird daher in der Postmenopause weniger
gehemmt) oder
hohe Dosen an Glucocorticoiden (anti-anabole Wirkung; Cushing-Syndrom)
gefährden Festigkeit und Wachstum des
Knochens.
Die Regulation der Knochendichte bleibt lebenslang
erhalten, auch nach Abschluss des Längenwachstums.
Der Verlust von Knochensubstanz beginnt im 4. Lebensjahrzehnt
(~0,5-1% p/a), beschleunigt sich bis auf das ~10fache in der
Postmenopause (erhöhte Aktivität der Osteoklasten, betrifft
hauptsächlich Spongiosa - >Abbildung) und stabilisiert sich schließlich bei 1-3% p/a
(verringerte Zahl an Osteoblasten, betrifft hauptsächlich Compacta
).
Inaktivität (Bettlägerigkeit, Raumflug) kann den Calciumverlust
tragender Strukturen (Oberschenkelhals, Wirbelkörper..) auf über 1% per
Monat steigern.
Langdauernde Inaktivität (Jahre, Jahrzehnte) kann im Extremfall zum
weitgehenden Verlust des Knochens führen, wie Einzelbeispiele gezeigt
haben. Betroffene sind in solchen (seltenen) Fällen nicht mehr in der Lage, unter
1G-Bedingungen in aufrechter Körperlage Kraft zu entfalten bzw. sich
fortzubewegen, ohne Knochenbrüche zu riskieren.

Knochensubstanz besteht zu 3/4 aus Compacta, 1/4 Spongiosa
(besonders anfällig für osteoporotische Schwächung - z.B.
Wirbelknochen). Mechanische (Belastung), nutritive und hormonelle
Komponenten (D3-Hormon,
Parathormon, Somatotropin, Schilddrüsenhormone u.a.) bestimmen die
Knochengesundheit. Jedes Knochenelement (basic multicellular unit,
BMU) passt seine Tragfähigkeit an die aktuelle Belastungssituation an.
Neubildung erfolgt bei Materialermüdung bzw. -schädigung (microdamages). Insgesamt sind jeweils ~2 Millionen BMUs aktiv
Calciumphosphate sind schwer löslich und bilden bei Überschreitung
des Löslichkeitsproduktes Kristalle. Im Knochen ermöglicht dies die
Bildung neuer Knochensubstanz, ansonsten wird ein Ausfällen von
Kristallen (Verkalkung,
Steinbildung) durch Steuerung des Ca++- bzw. Phosphatspiegels verhindert
Osteoblasten bilden neue Knochensubstanz: Organische
Matrix (das zunächst nicht-mineralisierte Osteoid) vorwiegend aus
Typ-I-Kollagen verleiht dem Knochen Zugfestigkeit und Elastizität. Spezielle Proteine (wie GLA) verhindern, alkalische
Phosphatase begünstigt das Ausfällen von Calciumphosphat
(Hydroxylapatit); dieses macht den Knochen druckbelastbar. Osteocalcin
aus Osteoblasten bindet Calcium im Knochen, es gilt als Aufbaumarker
(die Knochenmatrix enthält ~2% Osteocalcin). Osteoblasten bilden
ferner M-CSF, das über Bindung an Osteoklasten-Vorläufer deren
Expression von RANK und damit die Reifung zu aktiven Osteoklasten
anregt
Osteoprotegerin ist ein Rezeptorprotein, das durch Koppelung an RANKL dessen Bindung an RANK verhindert ("decoy receptor").
Das hemmt die Differenzierung zu aktiven
Osteoklasten und schützt den Knochen vor Abbau (daher "protegerin"). Osteonectin bindet anorganische (Apatit) und organische Komponenten (Kollagen) und fördert die Mineralisierung des Knochens
Osteoklasten verfügen über RANK, einen membranständigen Rezeptor,
dessen Aktivierung - über Bindung eines Liganden auf Osteoblasten,
RANKL - Osteoklastenvorläufer zu aktiven Osteoklasten reifen lässt.
Osteoprotegerin interagiert mit dieser Bindung und hält
Osteoklasten inaktiv. RANK bedeutet receptor activator of nuclear factor κB; letzterer ist ein Transkriptionsfaktor, der für das Überleben von Osteoklasten essentiell ist. Parathormon steigert den Ca++-Spiegel,
indem es die Expression von RANKL durch Osteoblasten anregt und so
Osteoklasten dazu bringt, Calcium aus dem Knochen zu mobilisieren
Osteozyten
kommunizieren
mittels gap junctions untereinander, das Netzwerk funktioniert wie ein
mechanosensibler Computer: Mittels Filamenten mit der
Wand der canaliculi verankert, reagieren Osteozyten auf Scherkräfte,
die bei belastungssynchroner Strömung kanalikulärer Flüssigkeit
auftreten. Über Mechanorezeptoren und spannungsgesteuerte Calciumkanäle werden intrazelluläre Signalwege aktiviert und der
Knochenaufbau entsprechend angeregt
Osteoklasten bauen Knochensubstanz ab. Sie bilden Integrin-Vitronektin- Abdichtungszonen, lösen Calciumphosphat auf (H+)
und bauen organische Matrix hydrolytisch ab (Resorptionslakunen) -
dabei werden im Osteoid gespeicherte Zytokine freigesetzt, die
Osteoblasten aktivieren. Die Lakunen werden dann durch Osteoblasten
wieder aufgefüllt, frische Knochenmatrix calcifiziert.
Der komplette Erneuerungszyklus (remodeling) dauert etwa 6 Monate. Osteoklasten
werden durch Parathormon angeregt, durch Calcitonin gehemmt. Östrogene
hemmen Osteoklasten und
wirken damit antiosteoporotisch; sie triggern (auch beim Mann) den Schluss der
Epiphysenfugen
Osteocalcin, alkalische Phosphatase und andere für den
Mineralisierungsprozess im Knochen bedeutsame Faktoren gelangen in das
Blut und sind Marker für veränderten Knochenstoffwechsel
Somatotropin (GH) fördert das Knochenwachstum. Die Leber bildet
unter GH-Wirkung insulinähnliche Wachstumsfaktoren (IGFs), diese
fördern die Entwicklung und Reifung von Knorpel- und Knochenzellen in wachsenden
Röhrenknochen. Zusätzlich regen Wachstumsfaktoren (FGF, PTHrP, Ihh,
TNF, bone morphogenic proteins) für das Knochenwachstum
nötige Differenzierungsschritte an
Mangelnde mechanische Reizung (Inaktivität,
Immobilisierung), Calciummangel (Schwangerschaft), Vitamin-D-Mangel,
Östrogenmangel, hochdosierte Glucocorticoide (Cushing-Syndrom) bedingen Knochenabbau
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