Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

     
Humoral-neuronale Steuerung und Kontrolle von Organsystemen

  Hormone, Rezeptoren, wirksame Konzentration

© H. Hinghofer-Szalkay
 
Affinität: affinitas = Schwägerschaft
Chaperone: chaperone (engl) = Anstandsdame (cappa = Kappe) - "bewahren unreife Proteine vor schädlichen Kontakten"
Dissoziation: dis-associare = trennen, scheiden
endokrin: ἔνδον = innen, κρίνειν = abscheiden
Hormon: ὁρμᾶν = antreiben, erregen
Inositolphosphat:
ς, νος = Muskel ("Muskelzucker"), φωςφορος = lichttragend
Organ, Organismus: ὄργανον = Werkzeug
Rezeptor:
recipere = behalten, erlangen, aufnehmen


Die Affinität eines Hormons gibt seine Bindungsstärke zu seinem Rezeptor an. Sie kann als Beziehung zwischen Hormonkonzentration und Bindungsgrad quantifiziert werden. Die Dissoziationskonstante ist reziprok zur Affinität, sie ist definiert als Quotient von Geschwindigkeitskonstanten (Dissoziation / Assoziation).

Hormone, Zytokine, Transmitter, Mediatoren binden in der Regel an Rezeptoren in der Außenmembran der Zielzelle. Rezeptorkinetik beschreibt die Gesetzmäßigkeiten, mit denen ein Hormon spezifisch gebunden und allenfalls inaktiviert wird (Endozytose, receptor downregulation). Transformationskinetik (Transduktion) untersucht die Umsetzung des biologischen Effekts, z.B. Veränderungen von Ionenpermeabilitäten und Second-messenger-Mechanismen, Enzymaktivierungen etc.

Hormone, die intrazellulär an ihren Rezeptor binden, beeinflussen die Ablesung von DNA-Strecken, die als hormone-responsive elements (HREs) bezeichnet werden. Rezeptoren für Steroidhormone, Schilddrüsenhormone, Retinsäure finden sich in Zellkern und Zytoplasma.

Für die Wirkung eines Hormons ist der langsamste Prozess der jeweiligen vorgeschalteten Wirkungskette geschwindigkeitsbestimmend, weiters seine Verteilung im Körper (Distribution), Metabolisierung und Ausscheidung.



Allgemeines und Übersicht
Hormonrezeptoren Hormonkinetik  Affinität, Kompetition

   Rezeptorkinetik    Affinität

Core messages
  
Signalstoffe, die von Zellen in ihre Umgebung freigesetzt werden, um an anderen Zellen spezifische Effekte zu erzielen, werden unterschiedlich bezeichnet - als Mediatoren, die nur in der engeren Umgebung der "Senderzellen" wirken; Neurotransmitter, die nachgeschaltete Nervenzellen anregen oder hemmen; Zytokine, welche die Kommunikation im Immunsystem unterstützen; oder Hormone aus endokrinen Drüsen.

Was sind Hormone, wo entstehen und wie wirken sie?

Hormone   sind Botenstoffe, die von endokrin  aktiven Zellen in regulierter Weise in Extrazellulärraum und Blutkreislauf abgegeben werden. Sie beeinflussen die Aktivität ihrer Zielorgane (die über entsprechende Rezeptoren verfügen). Hormondrüsen im engeren Sinne sind die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), Thyreoidea (Schilddrüse), Epithelkörperchen (Nebenschilddrüsen), Nebenniere (Adrenaldrüse) sowie die Hoden bzw. Ovarien (Geschlechtsdrüsen).

Dazu kommen zahlreiche weitere vereinzelt positionierte Zellen in fast allen Geweben: Zellen der Langerhans'schen Inseln im Pankreas und andere Zellen im Gastrointestinaltrakt; in Nieren, Herz, Fettgewebe, Muskeln, Leber, Lunge, Haut; im Gehirn (Hypothalamus, Zirbeldrüse); und schließlich bei schwangeren Frauen in der Plazenta (Mutterkuchen).

Zum endokrinen System zählen auch Enzyme - zellgebunden oder frei im Kreislauf zirkulierend, sie aktivieren in der Peripherie Hormone aus inaktiven Vorstufen. Beispielsweise wird aus Angiotensinogen (aus der Leber) durch das Nierenenzym Renin Angiotensin I abgespalten, und aus diesem durch das hauptsächlich aus der Lunge stammende ACE schließlich Angiotensin II - beides erfolgt in der Blutbahn.
 
 
Endokrin aktive Gewebe und von ihnen erzeugte Hormone
 
Gebildet und sezerniert von spezialisierten Hormondrüsen
Hypophyse
Wachstumshormon, Prolaktin, ACTH, TSH, Gonadotropine
Schilddrüse
T3, T4, Calcitonin
Epithelkörperchen
Parathormon
Langerhans-Inseln
Insulin, Glukagon, Somatostatin
Nebenniere
Katecholamine, Cortisol, Aldosteron, DHEAS
Gonaden
Ovarien: Östradiol-17ß, Progesteron, Inhibin
Testes: Testosteron, AMH, Inhibin
Gebildet in Organen mit nicht-endokriner Hauptfunktion Hypothalamus
Vasopressin, Oxytozin, CRH, TRH, GnRH, GHRH, Somatostatin, Dopamin
Zirbeldrüse
Melatonin
Herz
Atriales natriuretisches Peptid
Nieren
Erythropoetin
Fettgewebe
Leptin, Adipokine
Muskelgewebe
Myokine
Magen
Gastrin, Somatostatin, Ghrelin
Darm
Sekretin, Cholezystokinin, GLP, GIP
Leber
IGF-1
Hauptsächlich durch periphere Aktivierung gebildet
Lungen
Angiotensin II
Nieren
1,25-(OH)2-Vit- D3
Fettgewebe / Brustdrüsen / andere Organe
Östradiol-17ß
Leber / andere Organe
Testosteron
Haut / Prostata / andere Organe
5-Dihydrotestosteron (DHT)
Zahlreiche Organe
T3
 
Die Freisetzung von Hormonen unterliegt in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle einer stabilisierenden Rückkopplung (feedback), die Hormonkonzentrationen auf bestimmte Sollwerte (set-points) hin regulieren. Diese Sollwerte können von Umgebungseinflüssen, Stress, Alter, Geschlecht oder sich zyklisch verändernden Faktoren (jahreszeitlich, täglich) abhängen.
 
Nach der chemischen Struktur unterscheidet man Proteine und Peptide (die meisten Hormone), Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin), Steroidhormone (Geschlechtshormone, Nebennierenrindenhormone, Vit. D-Hormon) und Jodothyronine (Schilddrüsenhormone). Nach dem Wirkungsmechanismus unterscheidet man Hormone, die an Rezeptoren der Zelloberfläche andocken (wie Peptidhormone, Katecholamine) und solche, die in die Zelle diffundieren und dort an intrazelluläre Hormonrezeptoren binden (Steroidhormone, Schilddrüsenhormone).
 
Protein- bzw. Peptidhormone müssen nach ihrer Synthese aus der Zelle geschleust werden, indem sie in Vesikel gespeichert und von dort exozytiert werden. Deshalb werden sie zunächst als (meist aus 100-250 Aminosäuren bestehende) Präprohormone gebildet. Ein Präprohormon verfügt an seinem N-Ende über ein 15 bis 30 Aminosäuren langes, lipophiles Signalpeptid, das es durch die Membran des endoplasmatischen Retikulums hindurch "lotst" - gefolgt von einer Sequenz unbekannter Funktion sowie peptid-codierenden Abschnitten. Nach Entfernung des Signalpeptids (durch eine Signalpeptidase) bleibt das sekretionsbereite Hormon (z.B. GH) oder eine Vorstufe, ein Prohormon, übrig. "Aktive Peptide" innerhalb des Prohormons sind durch Paare basischer Aminosäuren abgegrenzt (Lys-Lys oder Lys-Arg). Hier liegen die Angriffspunkte für trypsinähnliche Proteasen (Prohormon-Convertasen), welche die Peptide - im Golgi-Apparat oder in sekretorischen Vesikeln - aus dem Prohormon freisetzen (endoproteolytische Spaltung). Zwischen den aktiven Peptiden können Aminosäuresequenzen bisher unbekannter Funktion ('junk peptides') liegen.

Werden die Peptide vor ihrer Sekretion verändert, spricht man von posttranslationaler Modifikation. Diese erfolgt im endoplasmatischen Retikulum, im Golgi-Apparat und/oder im sekretorischen Vesikel ( s. dort). Solche Modifikationen ermöglichen Anpassung an sich ändernde Anforderungen des Zellstoffwechsels. Beispielsweise enthält Pro-Cholecystokinin die Sequenzen für mindestens 5 CCK-ähnliche Peptide mit einer Länge von 4 bis 58 Aminosäuren, alle mit der gleichen C-terminalen Aminosäuresequenz. Der Darm produziert vorwiegend CCK-33 (33 Aminosäuren), das Gehirn CCK-8.
 
Gene splicing: Peptidhormone können schon auf der Ebene von Veränderungen ihrer mRNA variiert werden. Das primäre Transkript (hnRNA, heterologous nuclear RNA) enthält (nicht-codierende) Introns und (peptid-codierende) Extrons. Das Spleißen (Entfernung von Introns, Zusammenfügen mehrerer Extrons) kann unterschiedliche Peptidvarianten ergeben. Beispielsweise kann aus der Bearbeitung der hnRNA des Calcitoningens sowohl Calcitonin als auch das (ganz anders zusammengestellte) CGRP resultieren.
 
Die Sekretion von Protein / Peptidhormonen erfolgt nicht kontinuierlich (wie z.B. die Freisetzung von Plasmaproteinen durch Hepatozyten), sondern reguliert, d.h. auf spezifische Reize hin (Reiz-Sekretions-Kopplung, stimulus-secretion coupling) - typischerweise über Depolarisierung der endokrin aktiven Zelle (Aktionspotentiale). Dabei steigt intrazelluläres [Ca++] und andere Konzentrationen, sodass einige Speichervesikel mit der Zellmembran fusionieren und ihren Inhalt an den Extrazellulärraum freigeben. Dort können sich die gut wasserlöslichen Proteo/Peptidhormone weitgehend frei gelöst bewegen (mit Ausnahme von GH und IGFs, die stark eiweißgebunden transportiert werden). Da sie rasch durch rezeptormediierte Endozytose und intrazellulären (lysosomalen) Abbau wieder entfernt werden, ist ihre biologische Halbwertszeit relativ gering (GH und IGFs bleiben länger im Blut).

Manche Peptidhormone sind klein genug, um in biologisch aktiver Form und messbarer Konzentration in anderen Körperflüssigkeiten als dem Blut - wie im Harn, Speichel oder Schweiß - aufzutauchen (Beispiele: Die Gonadotropine LH und FSH, auch hCG, was die Durchführung von Schwangerschaftstests mit Urinproben ermöglicht). Peptidhormone dringen auch über Schleimhäute in den Körper ein und können daher intranasal oder sublingual appliziert werden. Peptid/Proteohormone werden im Verdauungssystem abgebaut, eine orale Gabe bleibt daher wirkungslos.
 
Hormonrezeptoren
Über Rezeptortypen s. auch dort

Ist ein Hormon in den Extrazellulärraum freigesetzt worden und gelangt in den Kreislauf, dann ergibt sich aus seiner Verteilung im Körper, der Intensität und dem Zeitverlauf (Kinetik) der Rezeptorbindung, Wiederaufnahme in die "sendende" Zelle (reuptake), Abtransport, Abbau und Ausscheidung ein bestimmter zeitlicher Verlauf des Auftretens und Abklingens seiner Effekte.
 

Abbildung: Wege der Signaltransduktion in das Zellinnere
Nach einer Vorlage in Wikipedia

Zellen reagieren auf extrazelluläre Botenstoffe u.a. mittels des Signaltransduktionsweges hedgehog

CREB, cAMP-responsives Element-Bindeprotein
    JAK - STAT, Januskinase /  Signal transducer and activator of transcription    PKA, Proteinkinase A     PKC, Proteinkinase C    PLC, Phospholipase C    Die Wnt-Genfamilie codiert Signalproteine ("Wnt" aus Wingless und Int-1: Mutierte wingless-Gene bei Taufliegen produzieren eine flügellose Variante; das Int-Gen spielt bei genetischen Manipulationen im Mausmodell eine Rolle)

 
  Über Apoptose s. dortWachstumsfaktoren s. dort, Zytokine s. dort     

Um wirksam werden zu können, müssen Hormone an Rezeptormoleküle binden - an der Zellmembran der Zielzelle oder intrazellulär. Dabei fungieren sie als Liganden für den Rezeptor. Stoffe, welche ebenfalls an den Rezeptor binden und ähnliche Wirkung wie das Hormon ausüben, nennt man Agonisten; solche, welche die Hormonwirkung behindern (z.B. indem sie binden, ohne eine Folgereaktion auszulösen), Antagonisten. Konkurrieren Liganden um die Bindung am Rezeptor, können sie - indem sie Bindungsstellen besetzen - die Wirkung des jeweils anderen wechselseitig beeinflussen.

Die Konzentration
eines Hormons im Blut (dieser Wert ist labormedizinisch erfassbar) sagt noch nicht aus, ob oder wie stark es wirkt. Es muss aus dem Kreislauf hinaus an die Zielzellen gelangen, und an diesen müssen spezifische Rezeptoren verfügbar sein, damit das Hormon - über Bindung an Rezeptoren und Aktivierung nachfolgender Mechanismen - seine Wirkung entfalten kann.

Einfluss auf Enzymaktivitäten: Ist das Signal eines wasserlöslichen Hormons - das an seinen Rezeptor in der Zellmembran gekoppelt hat - durch die Membran gedrungen (d.h., hat es am Rezeptor entsprechende Konformationsänderung hervorgerufen und z.B. G-Proteine aktiviert), dann folgen enzymatische Schritte in der Zelle, z.B. werden Proteine oder Lipide durch Kinasen (ATP
-abhängig) phosphoryliert (dadurch wird das betreffende Molekül stärker negativ geladen) oder durch Phosphatasen dephosphoryliert.

Was das bewirkt, hängt vom jeweiligen Stoffwechselweg ab: Phosphorylierung (an Serin, Threonin oder Tyrosin) kann Enzyme aktivieren oder inaktivieren, z.B. in Abhängigkeit davon, ob der Vorgang anabol oder katabol ist. Proteine verfügen oft über mehrere Stellen, an denen sie phosphoryliert werden können. Phosphorylierung kann den Abbau eines Proteins (durch Ubiquitinierung und proteasomalen Abbau) beschleunigen. Auch kann Phosphorylierung die Position eines Proteins in der Zelle beeinflussen, z.B. wenn phosphorylierte Transkriptionsfaktoren eher im Zytoplasma verbleiben bzw. aus dem Zellkern auswandern.

Die Aktivität extranukleärer Proteine kann auch über den Grad ihrer Acetylierung reguliert werden: Acetyltransferasen fördern, Deacetylasen reduzieren sie. Histone und andere Chromatinproteine im Zellkern können durch Acetylierung und Phosphorylierung so beeinflusst werden, dass sich die Ablesbarkeit von DNA-Strecken verändert.
 
Hormonkinetik
 

Unter Kinetik des Hormons versteht man dabei die Vorgänge, die nach seiner Freisetzung zu einer bestimmten örtlich-zeitlichen Verteilungsdynamik in den diversen Verteilungsräumen (compartments) des Körpers führen.

Als Biophase bezeichnet man dabei den Raum, von dem aus das Hormon direkt mit seinen Bindungsstellen reagieren kann.
 
  
Abbildung: Schlüssel-Schloss-Prinzip

Der Signalstoff bindet spezifisch an seinen Rezeptor

 
   Zu Rezeptoren s. dort
 
    Die Rezeptorkinetik beschreibt die Gesetzmäßigkeiten, mit denen das Hormon an bestimmten spezifischen Orten gebunden und gegebenenfalls inaktiviert wird (hier spielt u.a. die Endozytose hormonbeladener Rezeptoren mit intrazellulären Folgevorgängen wie Dissoziation / Abbau eine Rolle).  Transformationskinetik beschäftigt sich mit der Umsetzung des biologischen Effekts. Dieser auch als Transduktion bezeichnete Vorgang umfasst z.B. Veränderungen von Ionenpermeabilitäten und second-messenger- Mechanismen (Enzymaktivierungen etc).

Oft wurden die Rezeptoren, über die Signalstoffe (Hormone, Transmitter, Zytokine, Mediatoren) an ihren Zielzellen wirken, erst viele Jahre später entdeckt und analysiert als die Signalstoffe selbst. Manchmal ist es auch umgekehrt: Dann werden Rezeptoren beschrieben, für die noch kein passender Wirkstoff bekannt ist ("orphan receptors"). Es können auch Rezeptoren mutiert sein und funktionslos bleiben (man sagt dann, sie werden durch "Pseudogene" codiert).
 
 
Abbildung: Die Rezeptorausstattung der Zelle bestimmt darüber, auf welche Hormone sie anspricht


Hormone wirken an Rezeptoren der Zellmembran, oder direkt im Zellinneren, dann meist durch Eingriff in die Verwertung der Erbinformation im Zellkern (Rezeptoren im Zellinneren). Dies kann anhand folgender Beispiele erläutert werden (Abbildungen):

    Beispiel 1: Der aktivierte Rezeptor verändert die Ionen-Durchlässigkeit von Permeasen oder aktiviert Membran-G-Proteine. Dies bewirkt die Bildung eines zweiten Botenstoffs, entweder zyklisches Adenosin-Monophosphat (cAMP) oder Diacylglycerin (DAG) plus Inositoltriphosphat (IP3). cAMP wird durch das Enzym Adenylylcyclase aus ATP gebildet, DAG und IP3 durch Phospholipase C aus Molekülen der Zellmembran ( s. dort).
  
 
Abbildung: Molekulare Wirkungsweise von Steroidhormonen
Nach einer Vorlage bei Benjamin Cummings 2001

Nachdem das Steroidhormon in die Zelle gelangt ist, "befreit" es Rezeptormoleküle von Chaperonen (Eiweißen, welche die korrekte Faltung neu gebildeter Proteine beschleunigen) und bildet Hormon-Rezeptor-Komplexe.
 
Diese binden an chromatinständige Rezeptoren im Zellkern (rot) und initiieren so Transkription, Proteinsynthese und Hormonwirkung


Schließlich werden Proteinkinasen in der Zelle aktiviert (und Ca++ aus dem endoplasmatischen Retikulum freigesetzt), diese vermitteln die Hormonwirkung. Ca++-Ionen können auch über aktivierte Kanäle in der Zellmembran aus dem Extrazellulärraum einströmen.

In beiden Fällen bindet
Calcium an intrazelluläre Vermittlungsmoleküle (z.B. Calmodulin), welche enzymatische Aktivierung vermitteln, wie

     Ca++-abhängige Kinase,
 
     Adenylylcyclase,
 
     Myosinleichtkettenkinase,
 
     die Phosphatase Calcineurin oder
 
     endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS).

Dieser Mechanismus wird von der Großzahl der Hormone, insbesondere von Peptid- und Proteohormonen, benützt.

    Beispiel 2: Steroid- und Schilddrüsenhormone koppeln sich - an einer Zelle angekommen - von ihrem extrazellulären Transportermolekül ab, durchdringen die Phospholipidschichten der Zellmembran und gelangen in das Zytoplasma ( Abbildung oben; s. auch dort). Hier werden sie von Trägereiweißen in Empfang genommen und in den Zellkern befördert, wo sie auf die Ablesung der Erbinformation (Transkription) einwirken.
 
Schilddrüsenhormone wirken über Rezeptoren im Zellkern, Steroidhormonrezeptoren liegen schon im Zytoplasma vor.

DNA-Sequenzen, an die der Hormonkomplex bindet, heißen hormone-responsive elements (HREs). Das zu beeinflussende Gen liegt weiter "stromabwärts" (meist einige 100 Basenpaare) und ist üblicherweise ein Schlüssenenzym im betreffenden Stoffwechsel. So wird die Menge des jeweiligen Enzyms in der Zelle erhöht (Induktion) oder erniedrigt (Repression).

Neusynthese von Proteinen braucht einige Zeit, um zu greifen, lipophile Hormone wirken daher meist verzögert und eignen sich vor allem für eher langfristige Anpassungen.

  
Affinität und Kompetition
  
Affinitäten und Gleichgewichtskonstanten spielen überall dort eine Rolle, wo es um spezifische Anlagerung geht - bei der Bindung von Mediatoren, Transmittern oder Hormonen an ihre Rezeptoren, oder in der Immunologie (Antigen-Antikörper-Reaktion). Zentrale Bedeutung im gegebenen Zusammenhang hat die Affinität zwischen den Reaktionspartnern. Diese läßt sich über die Kinetik der Reaktionen quantifizieren:

 
   Als Affinität bezeichnet man die Stärke der Bindung zwischen einer singulären Bindungsstelle (z.B. eines Rezeptors oder Antikörpers) und einem Liganden (z.B. Hormon oder Antigen). Sie ist quantifizierbar über die betreffende Assoziations- oder Dissoziationskonstante:

Bei einer Reaktion der Stoffe A und B entsteht AB; die Reaktion A + B
→ AB bezeichnet man als Assoziation, die Reaktion AB → A + B als Dissoziation. [A], [B] und [AB] sind die Konzentrationen von A, B und AB.

Die Reaktionsgeschwindigkeit v einer Reaktion ist proportional zur Konzentration der Stoffe und der Geschwindigkeitskonstante k:

v = k . [A] . [B]

Eine Geschwindigkeitskonstante kennzeichnet also die Geschwindigkeit einer Reaktion;
 
     die Assoziationsgeschwindigkeitskonstante (ka) die der Assoziation,
 
     die Dissoziationsgeschwindigkeitskonstante (kd) die der Dissoziation.
 
Eine Gleichgewichtskonstante K ist nach dem Massenwirkungsgesetz gegeben aus dem Verhältnis der Konzentrationen der Reaktionspartner und des Reaktionsprodukts. Man kann sie sowohl für die Assoziations- als auch für die Dissoziationsreaktion angeben, oder als das Verhältnis der gegenläufigen Geschwindigkeitskonstanten:

Die Assoziationskonstante ist definiert als

KA = [AB] / ([A] . [B]) = ka / kd

und die Dissoziationskonstante als

KD = ([A] . [B]) / [AB] = kd / ka

     Die Dissoziationskonstante wird häufig zur Quantifizierung der Affinität verwendet: Je geringer [KD], desto stärker ist die betreffende molekulare Interaktion und umso höher ist die Affinität.

An dem
Punkt, an dem ein bestimmtes Verhältnis der Reaktionspartner (Hormon - Ligand, Antigen - Antikörper u.ä.) keine Netto-Reaktion mehr ergibt (Bindungsrate = Lösungsrate), besteht ein Reaktionsgleichgewicht, d.h. die Konzentrationen der Reaktionspartner ändern sich nicht (gleiche Reaktionsgeschwindigkeit in beide Richtungen).

Die Affinität   quantifiziert die Beziehung zwischen der Konzentration eines Liganden (Signalstoff, Antikörper) und der Wahrscheinlichkeit seiner spezifischen Bindung (an seinen Rezeptor bzw. sein Antigen). Je höher die Affinität, desto eher und intensiver erfolgt die Bindung. Beispielsweise beträgt die Affinitätskonstante primärer Immunglobuline etwa 105 bis 107 l/M, diejenige sekundärer Immunglobuline (nach Affinitätsreifung) um die 1011 l/M.
 

Abbildung: Isoflavon - Agonist oder Antagonist?
Nach einer Vorlage bei foodrevolution.org

Stoffe, die an Hormonrezeptoren binden, können verschiedene Wirkungen haben: Agonisten üben einen "klassischen" Effekt aus (wie das "eigentliche" Hormon, z.B. Östrogen), Antagonisten verhindern diesen Effekt kompetitiv oder nichtkompetitiv (s. Text). Die Grenze zwischen agonistischer und antagonistischer Wirkung kann unscharf sein.
 
So binden Isoflavone (z.B. aus Sojabohnen) - die eine ähnliche Form wie Östrogene haben, aber keine Steroide sind - an Östrogenrezeptoren, aktivieren diese nur schwach, werden aber als Phytoöstrogene ("Pflanzenöstrogene") bezeichnet


Kompetition und Verdrängung. Oft sind Rezeptormoleküle mit mehreren Signalstoffen gleichzeitig konfrontiert, die an ihn (orthosterisch, also an einen definierten Ort am Molekül) binden können. Da die Anlagerung der einzelnen Hormon-, Transmitter-, Mediatormoleküle an den Rezeptor reversibel ist und meist nur kurz dauert, findet ein ständiger Wechsel der Bindungspartner statt. Bei gegebener Rezeptorzahl entscheidet bei Anwesenheit berschiedener Liganden (z.B. eines Agonisten und eines Antagonisten) einerseits die jeweilige Affinität, andererseits die jeweilige Konzentration der Signalstoffe, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass an einem Rezeptormolekül gerade ein bestimmter Signalstoff gebunden ist (occupancy: Rezeptorbesetzung).

Diese wechselseitige Verdrängung der Signalstoffe am orthosterischen ("klassischen") Bindungsort des Rezeptors nennt man kompetitiven Antagonismus. Antagonisten können auch an anderen Bindungsorten des Rezeptormoleküls
(allosterisch) andocken und auf diese Weise die Signalübertragung hemmen, man nennt sie dann nichtkompetitive Antagonisten. Jeder molekulare Bindungsort kann zu einem gegebenen Zeitpunkt jeweils nur von einem Bindungspartner besetzt werden, nicht von mehreren gleichzeitig.

   Die Wahrscheinlichkeit der (reversiblen) Bindung eines Antagonisten an Rezeptormoleküle kann durch Erhöhung der Konzentration von Agonisten verringert und damit die Blockade der Rezeptorwirkung durch den Antagonisten gesenkt (die intrinsische Aktivität des Agonisten erhöht) werden. Das Prinzip der Kompetition gilt allgemein, Kombinationen physiologischer und/oder pharmakologischer Agonisten / Antagonisten können so um Bindungsorte an zellulären Rezeptoren konkurrieren.
  
Nachdem ein Hormon an seinen Rezeptor gebunden hat, muss der biologische Effekt in der Zelle - seine intrinsische Aktivität - ausgelöst werden; diese Umsetzung wird als Transduktion oder Transformation bezeichnet und die entsprechende Kinetik als Transformationskinetik. Je nach involvierten Vorgängen kann dies rasch (z.B. Membranpotentialänderung) oder langsam erfolgen (z.B. Genaktivierung → Proteinsynthese).
 
     Der jeweils langsamste Prozess der betreffenden Wirkungskette ist für das Auftreten der Hormonwirkung geschwindigkeitsbestimmend.

Insgesamt spielen für die Wirksamkeit von Hormonen und deren Zeitverlauf auch andere Faktoren eine Rolle, wie

     Verteilung im Körper (Distribution),
 
     Umwandlung und Verstoffwechselung (Metabolisierung) und
 
     Ausscheidung (Exkretion).

Zur Quantifizierung der zeitabhängigen Konzentrations- und Wirkungsprofile können mathematische Modelle herangezogen werden, in denen der kompartimentelle Aufbau des Organismus  
und diverse Kenngrößen für Sekretion, Distribution, Kinetik, Metabolisierung und Ausscheidung Berücksichtigung finden. Solche Modelle stehen insbesondere als Instrument der Pharmakokinetik zur Verfügung.
 

 
      Hormone werden kontrolliert gebildet, gespeichert, freigesetzt und abgebaut / ausgeschieden. Dabei ist ihre Sekretion an die aktuellen Anforderungen geknüpft (Steuerung, Rückkopplung). Die Sollwerte hängen von Alter, Geschlecht, Umstands- (Umgebungseinflüsse) und zeitabhängigen Faktoren (zirkadian, jahreszeitlich) ab. Die meisten Hormone sind Proteine / Peptide; sie werden synthetisiert (Translation), modifiziert, gespeichert (Vesikel) und freigesetzt (Exozytose) - letzteres Ca++-getriggert. Andere Hormone werden aus Vorgängermolekülen enzymatisch hergestellt, z.B. biogene Amine, die ebenfalls in Vesikeln gespeichert werden; Schilddrüsenhormone extrazellulär, im Kolloid der Schilddrüsenfollikel. Kleine Hormonmoleküle (inklusive Peptidhormone) gelangen in messbarer Konzentration in den Harn (z.B. Schwangerschaftstest für hCG)
 
      Hormone müssen an Rezeptoren binden, um wirken zu können. Hormonrezeptoren sind für eine Hormonwirkung unerlässlich. Agonisten binden ebenfalls an den Rezeptor und wirken hormonähnlich, Antagonisten behindern die Hormonwirkung. Hormone wirken an Rezeptoren der Zellmembran, oder direkt im Zellinneren, dann meist durch Eingriff in die Verwertung der Erbinformation. Hydrophile Hormone binden an membranständige Rezeptoren und bewirken z.B. Phosphorylierung von Enzymen. Histone und andere Chromatinproteine im Zellkern können durch Acetylierung, Phosphorylierung u.a. so beeinflusst werden, dass sich die Ablesbarkeit von DNA-Strecken verändert
 
      Ca++ kann Hormonwirkungen vermitteln - es wird auf Reizung hin aus dem endoplasmatischen Retikulum freigesetzt oder dringt über die Zellmembran aus dem Extrazellulärraum ein (Calciumkanäle). Es aktiviert z.B. Kinasen, Adenylylcyclase, Myosinleichtkettenkinase, Phosphatasen, endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS). Dieser Mechanismus wird von der Großzahl der Hormone, insbesondere von Peptid- und Proteohormonen, benützt
 
      Steroid- und Schilddrüsenhormone dissoziieren am Zielort vom Transportermolekül, durchdringen die Zellmembran, binden im Zytoplasma an Trägerproteine und beeinflussen die Transkription von Zielgenen. Hormonresponsible Elemente sind DNA-Sequenzen, an die der Hormonkomplex bindet und die Expression bestimmter Schlüssenenzyme beeinflusst. So wird die Menge der jeweiligen Enzyme erhöht (Induktion) oder erniedrigt (Repression); solche Hormonwirkungen erfolgen verzögert. da die Neusynthese von Proteinen einige Zeit benötigt
 
      Die Gleichgewichtskonstante eines Hormons bestimmt den Punkt, an dem ein bestimmtes Verhältnis der Reaktionspartner (z.B. Hormon - Rezeptor, Antikörper - Antigen) keine Netto-Reaktion mehr ergibt (Bindungsrate = Lösungsrate). Die Affinität gibt die Beziehung Hormonkonzentration / Rezeptorbindungswahrscheinlichkeit an; der reziproke Wert zur Assoziationskonstanten ist die Dissoziationskonstante (diese wird häufig zur Quantifizierung der Affinität angegeben). Transduktion (Transformation) betrifft den biologischen Effekt nach der Rezeptorbindung (Transformationskinetik) - das kann rasch (z.B. Hormonbindung Membranpotentialänderung) oder langsam erfolgen (z.B. Genaktivierung → Proteinsynthese). Der jeweils langsamste Prozess der Wirkungskette ist für das Auftreten der Hormonwirkung geschwindigkeitsbestimmend
 

 




  Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen: Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und Erkenntnissen anregen. Soferne Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die Grenzen sind aus biologischen, messmethodischen und statistischen Gründen nicht absolut. Wissenschaft fragt, vermutet und interpretiert; sie ist offen, dynamisch und evolutiv. Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.